Mitglied
- Beitritt
- 13.03.2015
- Beiträge
- 10
Schattenwerfer sind auch keine Leuchten
O´Brian werde ich beim nächsten Treffen die Eier durch die Nase ziehen und sie dann an den zwei einsamen Zellen seines Hirns festtuckern. Hohlraumversiegelung vom Feinsten.
Aber wozu eigentlich, es könnte ja eh nur heiße Luft aus diesem irischen Kanisterkopp entweichen.
Angenommen, man könnte Grillfleisch dazu bringen, im Kühlschrank das Licht einzuschalten und dabei aus dem Homer zu zitieren. O´Brian kennt nur Homer Simpson. Er würde dem dichtenden Fleisch die plappernden Poren zuhalten und es stumpf auf den Grillrost legen, danach noch Bernd das Brot mit Kräuterbutter bestreichen und damit die Evolution zweier einzigartiger kultureller Lebensformen durch eine Ladung Senf im Keim ersticken.
Mein Name ist Angus Fender Mc Humbucker, Privatdetektiv, wie man so schön sagt. Wobei alles, was ich in den Fingern hatte, danach eigentlich nie wieder so richtig privat war. Ich knipse für jeden Idioten, der im Trüben fischt, den Lichtschalter an, verticke gefälschte Ming Vasen im Dunstkreis der Sozialhilfe-Dynastien und habe mir oft genug die Nase an rostigen Regenrinnen aufgeschlitzt, um die Dame des Hauses mit Mister Flagranti zu erwischen. Danach schnell noch ein Selfie von „Nase an Regenrinne“ und dann beim Herrn des Hauses abkassieren. Ums kurz zu machen. Meine Devise: Mach alles was Geld bringt, aber lass dich nicht dabei erwischen.
Beim letzten Treffen im „Kilkenny“ hatte ich versucht O´Brian zu erklären, das „unauffälliges Beschatten“ einer Zielperson, in diesem Fall Miss Maite Kelly, NICHT bedeutet: Sie um ein Autogramm zu bitten! sabbernd aus dem Mundwinkel triefend ihre super geile Figur beim letzten „Let´s Dance“ zu erwähnen! und sie dann auch noch auf einer Schleimspur kriechend nach dem Verbleib des Familien-Hausbootes zu fragen. Der Auftraggeber Joey Kelly hatte drei Tage vorher mit einem dicken Scheck und einem Gutschein für „Extremfitness am Hidalgo-Pass“ vor meinem Gesicht herum gewedelt. „Bring mir das Manuskript von Maites neuem Buch ´Die dicke Hummel Bommel` und vernichte es!“ Familiengeheimnisse halt. Aber was macht O´Brian? Ein Treffer – alles versenkt.
O´Brian ist nun auch nicht nicht gerade das, was man eine unauffällige Persönlichkeit nennen könnte. Aber in unserem Geschäft muss man nehmen, was auf dem Marktplatz so rumliegt. Ist ein harter Job - und immer auf die Fresse kriegen ist halt nicht Jedermanns Ding. O´Brian war da mit seinen 150 kg Trockenmasse scheinbar noch das Beste, was die „Agentur für Beschattungswesen“ zu bieten hatte.
„Ausgesuchtes Personal für die dunkle Seite des Twilights“ säuselte mir das Zuckerpüppchen am Empfang in den Gehörgang und klimperte dabei mit ihren säbelscharfen Wimpern. Sie war auch ansonsten ziemlich scharf, aber natürlich dachte ich nur ans Geschäft.
Der geblümte Minirock lenkte mich für den Bruchteil einer Sekunde ab und schon hatte mir Ruby Mc Wimper-Klimper diesen Vollhonk auf Auge gedrückt.
O´Brian hatte natürlich auch seine guten Seiten: Wenn ihm einer seiner Kontrahenten die Augenbrauen zupfen wollte, zerdrückte er sie wie die Fruchtfliegen im Weißburgunder. Nach Tatortbesichtigungen wurde in den Nachrichten von einem mysteriösen Origami-Talent berichtet, dass seine Opfer für die Sanitäter als unauflösbares Knotenrätsel hinterließ. Der gordische „O´Brian“ Knoten sozusagen.
Na was solls. Seine Eier sind trotzdem dran. Oder ich gebe ihm eine letzte Chance.
„Finde den Heiligen Gral!“
„Den was, Chef?“ Ich hatte vergessen, dass jemand Honki Donk ein lila Veilchenmuster um seine treudoofen blauen Augen geklöppelt hatte und er seitdem einen Buckel auf der Nase hatte, von dem Quasimodo nur träumen konnte. Es war also eh schon schwer genug, ernst zu bleiben und gleichzeitig mit ihm zu „kommunizieren“.
„Das war ein Scherz“
„Der Gral war ein Scherz, Chef? Ist das was adliges, der Gral Scherz, der Scherz Gral? Hast du nicht was einfacheres für mich, Chef?“
Licht und Schatten, schwarz und weiß, Hass und Liebe erfüllten plötzlich mein Herz und ich dachte: „Meine Fresse, why me, ich trete Ruby Mc Wimper-Klimper morgen in ihren kleinen süßen Arsch“.
„Pass auf O´Brian“ . Im Joga-Kurs für Burn-out gefährdete Privat-Detektive hatte ich gelernt, in der Schildkröte zu atmen und nicht gleich mit der Faust zu antworten.
„Also - pass auf O´BRIAN“. „Ja Chef?“ „Nenn mich noch einmal Chef..“ „Ja Chef, aber gerne doch Chef.“
Ich gab´s auf. Ich fühlte mich plötzlich klein und unbedeutend, wollte mich an meinen abgegrabbelten einäugigen Teddy drücken und Zuckerwatte knabbern.
Zuckerwatte? Wieso denn Zuckerwatte? Die mochte ich doch noch nie. Das holte mich zurück in den Blues. One, two, three …
„O´Brian“. In einem Musikgeschäft in der Upper East werden ständig Gitarren geklaut. Wertvolle Einzelstücke, mit oder ohne Saiten. Dem Dieb ist der Zustand völlig egal, aber er weiß, auf dieser Klampfe hat irgendwann mal Keith Richards seinen Joint ausgedrückt oder Curt Cobain sein Süppchen gekocht…“
„Süppchen gekocht, Chef? Auf n´er Gitarre?“
Atme die Schildkröte Mc Humbucker, … Schildkröte atmen…
„Ist nur so ne Redenswendung, O´Brian.“ Ich grinse ihn an, damit ich ihm nicht das Veilchenmuster für immer unter die Triefaugen tätowieren muss.
„Es gibt eine verdächtige Person, die sich regelmäßig in dem Laden aufhält und den Verkäufern Löcher in die Instrumente fragt.“
„Löcher in die…?“
„Es handelt sich um eine Frau.“ Ein klarer Satz, eine klare Aussage. Ein klares Schweigen.
„O´Brian, hast du die Leiter zu deinem Oberstübchen schon eingefahren, oder was? „Es ist eine Frau!!“
„Was?“
„Fraaaauuuu“
„äh – Frau? Können Frauen denn Gitarre…?“
Die Schildkröte war nun kurz vor der Schnappatmung und ich gab ihm, entgegen meinem impulsiven Naturell kommentarlos den Namen der verdächtigen Frau, die, wie auch immer – ca. 20 wertvolle Gitarren aus diesem Laden geschleppt haben musste.
In dem dunklen Bewusstsein, dass Schattenwerfer nicht zwangsläufig auch große Leuchten sein müssen, öffnete ich die Bürotür zum Flur und winkte demonstrativ dem Weberknecht hinterher, den ich vorher mit der Schuhspitze Richtung Fahrstuhl geschupst hatte. Der winkte fröhlich zurück.
Ein letzter verzweifelter 150 Kilo-Hobbit-wassollichnjetztmachenwiesollichdenndasElbenlandalleinvordenOrksretten-Blick, dann machte ich die Tür zu. Dafür war sie ja da.
„Gute Reise, ihr Beiden“ grinste ich, bis die Mundwinkel am Ohrläppchen aufschlugen.
Nun konnte ich endlich die Füße auf den Tisch legen und entspannen. Wofür ist man schließlich Chef und hat Personal? Gut gemacht Mc Humbucker und gleich ein Selfie mit Hot Dog und Jim Beam Black Label ins Netzwerk posten.
Eigentlich hätte ich es wissen müssen. Das Schicksal bestimmt deinen Geburtstermin und drückt dir gleich nach dem Schlüpfen einen der beiden Stempel auf den kleinen kahlen Babyarsch: „Lucky Hand“ oder „Looser, from dusk till dawn“.
Ich könnte während der – im Reiseführer als „verdammt niederschlagsfrei“ beschriebenen – Trockenzeit mitten im australischen Outback stehen.
Die Regenwolke, die sich vom Kopenhagener Tivoli über sieben Monate nachlässig nach Süden hatte treiben lassen, würde garantiert dort über dem Kontinent inkontinent abregnen, wo ich am Ayers Rock gerade in Kängeru-Kacke trete.
Die Sunday Business Post berichtete 5 Tage später, nachdem ich O´Brian aus dem Büro befördert hatte, von der Blitzhochzeit einer millionenschweren Popdiva der Extraklasse. Er hätte sie in einem Musikladen in einem kleinen Kaff in Irland kennengelernt, während sie interessiert ihre grazilen Finger über Gitarrenhälse gleiten ließ. „Klaust du Gitarren?“ hätte der massige, mit einem interessanten Ethnomuster unter den Augen tätowierte Enddreißiger gefragt. Während ich das lese und und ein lautes „Nein!!!“ schreie, haucht SIE in Las Vegas gerade ein leises „Ja“.
Ich schwör es dir O´Brian: Beim nächsten Treffen … scheiss was auf die Schildkröte!