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Schenkt euren Kindern Frieden (Eine Weihnachtsgeschichte)

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11.06.2002
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Schenkt euren Kindern Frieden (Eine Weihnachtsgeschichte)

Weihnachten ist das Fest der Freude und des Friedens. Die Menschen zeigen einander, wie sehr sie sich mögen, sich lieben und einander respektieren. Leider kommt dieses Gefühl während des ganzen Jahres oft zu kurz. Nicht selten machen Streß und Hektik aus Menschen kleine Roboter, die nur genau das ausführen, wozu man sie programmiert, ohne ein Gefühl zu äußern, ohne nachzudenken, warum sie überhaupt so reagieren. Diese Art der Erwachsenen können viele Kinder nicht verstehen. Kinder haben ihre eigene Vorstellung von Weihnachten. Doch sie freuen sich nicht nur über die schönen Geschenke, die ihnen das Christkind bringt, nein, für viele Kinder ist gerade dann Weihnachten, wenn sie zusammen mit ihren Eltern am großen Weihnachtstisch sitzen und spüren, die Eltern haben in diesem Moment Zeit für sie, Zeit für sich selber.
Der zehnjährige Simon hatte diese Freude nie kennengelernt. Er wußte nicht einmal, wer seine Eltern waren. Er lebte in einem Kinderheim, und Weihnachten war für ihn ein Tag wie jeder andere. Weihnachten war immer dann, wenn in der großen Halle der schöne Weihnachtsbaum stand und wenn alle Kinder um den Baum herum standen und mit fröhlichen Gesichtern Weihnachtslieder sangen. Doch niemand hatte ihm je vom Christkind erzählt, das an jedem Weihnachtsfest vom Himmel herabkam und die Leute beschenkte. Er kannte das Gefühl des Friedens nicht; wenn er nach den Weihnachtsliedern zu Bett ging, fühlte er sich so wie jeden Tag. Noch nie hatte ihm jemand mit strahlendem Lächeln und liebevollem Blick ein schönes Fest und alles Gute gewünscht.
Doch an seinem zehnten Geburtstag, zwei Monate vor dem großen Fest, entdeckte er durch Zufall einen alten Zeitungsartikel, der sich "Brief an das Christkind" nannte. Neugierig nahm er das Blatt an sich und begann, den kurzen Text zu lesen. "Liebes Christkind! Heute wünsche ich mir kein neues Spielzeug, keine neuen Kleider oder Geld. Nein, ich möchte, daß sich meine Eltern wenigstens am Heiligen Abend vertragen. Ich möchte mit ihnen an einem Tisch sitzen und das tiefe Gefühl des Weihnachtsfriedens spüren. Nur so wird das Weihnachtsfest für mich zu einem Erlebnis innerer Freude." Darunter stand, in kleinen Buchstaben, als Anmerkung der Redaktion, geschrieben: "Schenkt euren Kindern Frieden!" Plötzlich überkam Simon ein eigenartiges Gefühl. Er spürte, daß ein richtiges Weihnachtsfest anders sein mußte, als er es bisher kennengelernt hatte. Wer waren seine Eltern? Hatten sie auch einmal so sehr gestritten, wie jene, von denen in diesem Kinderbrief die Rede war? Was bedeuteten die Worte Frieden und Freude? War Weihnachten in Wirklichkeit mehr, als nur schöne und festliche Lieder und ein geschmückter Baum? Fragen über Fragen, doch Simon nahm sich vor, auf möglichst viele davon eine Antwort zu finden. Außerdem wollte er dieses Jahr Weihnachten einmal anders zu verbringen.
Am Abend des 23. Dezembers war es dann soweit: Simon beschloß, seinen Plan, aus dem Waisenhaus abzuhauen, in die Tat umzusetzen. Er wußte nicht genau, was er suchte, aber insgeheim wünschte er sich, seine Eltern zu finden und mit ihnen einige schöne Tage zu verbringen. Die Tatsache, daß er seine Eltern noch nie gesehen hatte, störte ihn kaum. Wie alle Kinder hoffte er einfach auf ein Wunder. Sobald die Nachtschwester ihre letzte Runde durch die Zimmer gegangen war, stand er leise auf, zog sich an, packte die wichtigsten Sachen zusammen und ging auf das Fenster zu. Er war froh, daß das Glück schon am Anfang seiner Reise ins Ungewisse auf seiner Seite stand: Sein Zimmerkollege war vor kurzem krank geworden und lag jetzt auf der Krankenstation. Sein Verschwinden würde also unbemerkt bleiben. Zweitens lag sein Zimmer im ersten Stock, sodaß er bequem beim Fenster hinaussteigen konnte. Draußen war es kalt, doch Simon hatte seinen warmen Wintermantel und die Schneestiefel an. Der Marsch durch den tiefen Schnee würde ihm also auch keine Schwierigkeiten bereiten. Bald war das Kinderheim außer Sichtweite und mit einem Mal fühlte sich der Junge noch einsamer als bisher. Doch umkehren konnte er nun nicht mehr.

Die Wohnung duftete nach Lebkuchen und Kerzen. Im Wohnzimmer stand bereits ein kleiner Weihnachtsbaum, der, obwohl noch 24 Stunden bis zum Heiligen Abend fehlten, schon geschmückt war. Für Sara war der 23. Dezember jedes Jahr ein ganz besonderer Tag: An diesem Tag durfte sie mit ihrer Mutter immer den Christbaum schmücken. Das tat sie für ihr Leben gerne. Es gab ihr stets die Hoffnung, daß Weihnachten anders, friedlicher, verlaufen würde. Doch auch dieses Jahr würde sich kaum von den vergangenen unterscheiden: Abends würde ihr Vater aus der Kneipe nach Hause kommen, ihre Mutter würde zu zittern beginnen und Sara in ihr Zimmer schicken. Doch das Mädchen war bisher niemals zu Bett gegangen; immer hatte sie ihre Eltern streiten gehört: Die Mutter schimpfte, weil der Vater nicht einmal an Weihnachten auf seinen Stammtisch verzichten konnte, und der Vater, der wie immer besoffen war, schrie zurück, sie solle sich gefälligst nicht stets in seine Angelegenheiten einmischen. Meistens schlug er seine Frau dann noch, bevor beide in getrennten Zimmern verschwanden. Den 24. Dezember verbrachte das Mädchen meistens bei seiner Freundin Irene, und wenn sie am Christtag nach der Heiligen Messe wieder heim zu ihren Eltern gebracht wurde, waren die ganzen Streitereien zu Ende und scheinbar vergessen.
Doch dieses Jahr würde Sara nicht zu ihrer Freundin gehen: Irenes Großvater war vor kurzem gestorben, und die Familie feierte Weihnachten bei Irenes Großmutter, damit diese nicht alleine wäre. Saras Hoffnung auf ein friedliches Fest, darauf, daß ihr Vater wenigstens dieses Jahr nüchtern aus der Kneipe heimkommen würde, war daher umso größer. Daß aber Hoffnung und Wirklichkeit zwei getrennte Dinge waren, mußte das Kind bald feststellen. Spätestens, als sie das gewohnte Poltern im Treppenhaus hörte, als die Fröhlichkeit im Gesicht ihrer Mutter Zorn und Angst Platz machte, wußte sie, daß es dieses Jahr nicht anders sein würde. Nun aber wollte sie selbst etwas unternehmen. Als ihre Mutter sie in ihr Zimmer schickte, ging sie nicht. Sie wartete an der Türe, bis ihr Vater hereintaumelte. Die Mutter fing an zu schimpfen, der Vater schrie durch die Wohnung, und Sara stellte sich mit verängstigtem aber entschlossenem Gesichtsausdruck zwischen die beiden Erwachsenen. Sie würde den Streit schlichten, koste es, was es wolle. Doch ihre Eltern gaben ihr gar keine Gelegenheit dazu. Der Vater lallte plötzlich: "Steck' doch das Kind ins Bett..." Er packte seine Tochter am Arm und zog sie in Richtung Zimmer. Aber er kam nicht weit; die Mutter stellte sich ihm in den Weg: "Rühr' meine Tochter nicht an, du Trunkenbold!" rief sie mit lauter Stimme und sah ihrem Mann dabei fest in die Augen. Doch er beachtete sie gar nicht, sondern stieß sie grob beiseite. In diesem Augenblick riß Sara sich los und lief aus dem Zimmer. Während sie zur Wohnungstüre lief, hörte sie noch, wie sich ihre Eltern gegenseitig beschuldigten, ihr eigenes Kind aus dem Hause gejagt zu haben. Herzzerreißend schluchzend verließ sie das Haus, und rannte hinaus in die dunkle Nacht.

Irgendwo im Wald trafen sie dann aufeinander, zwei Kinder auf der Flucht vor Zank und Streit, auf der Suche nach Liebe und Frieden. Sie mußten einander nichts erklären; jeder fühlte das Schicksal des anderen. In ihren Augen brannte der Wunsch nach Zuneigung und Geborgenheit. "Es fängt wieder an zu schneien; komm, wir setzen uns ein wenig hin und warten, bis es nachläßt." Sie setzten sich auf eine kleine Bank im Schutz einer großen Tanne, und Simon legte seinen Arm um das zitternde Mädchen. Doch die Kälte des Dezembertages übertraf die Wärme in seinem Herzen bei weitem, und bald fing auch er leicht zu zittern an. Inzwischen schneite es stärker; immer mehr Schneeflocken drängten sich unbarmherzig durch die Zweige auf die beiden Kinder herab, und wie ein großer weißer Mantel deckte der Schnee sie langsam zu. "Fröhliche Weihnachten", flüsterten beide einander zu - es waren die letzten Worte, die von ihren Lippen kamen.
Waldarbeiter fanden sie am nächsten Morgen, zwei Kinder, die eng nebeneinander auf der kleinen Bank saßen, und deren Gesichter Frieden ausstrahlten, den ewigen Frieden.

 

Hallo Luke!

Eine Geschichte, die eine deutliche Aussage hat - aber sie richtet sich eindeutig an Erwachsene, nicht an Kinder. In dieses Forum gehören aber nun mal Kindergeschichten, ich würde also vorschlagen, sie ins Weihnachtsforum (falls es noch existiert) oder in ein anderes Forum (z.B. Gesellschaft) zu verschieben.

Inhaltlich ist es mir etwas zu moralinsauer, es gibt von Anfang an keine Hoffnung. Ach ja: Dass Heimkinder keine Geborgenheit erfahren, gehört zum Glück einigermaßen der Vergangenheit an!

Lieben Gruß

chaosqueen :queen:

 

Weihnachten existiert noch. ;)
(Stell Dir vor, alle Geschichten wären mit der Rubrik nach Weihnachten gelöscht worden :eek: )

 

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