Schlampe - Der Blick
Sein Blick bohrt sich für einen kurzen Augenblick in ihrem Rücken fest, bevor er sich wieder zwingt seiner Arbeit nachzugehen. Obwohl er sich selbst in seiner Arbeit als Kellner, DJ und Barbesitzer als Profi bezeichnen würde, fällt es ihm schwer, weiter die durstigen Gäste zu bedienen, für die richtige Musik zu sorgen und sich vor allem nicht in ihrem Anblick zu vergessen. Denn wenn er das tut, dass weiß er aus Erfahrung, verliert er sich in Erinnerungen an sie. Ihr kehliges Stöhnen, ihre weiche Haut, der blumige Duft, ihr Geschmack und was am schlimmsten ist: Ihr kecker Blick, wenn Sie weiß, dass sie ihn verrückt macht vor Lust.
Er ist froh, dass er für diese Erinnerungen im Alltag wenig Zeit hat. Seine Arbeit als Besitzer einer Kneipe und der gleichzeitige Aufbau einer Zweitexistenz frisst die gesamte Zeit. Die wenige Freizeit, die er hat, verbringt er mit seiner Tochter. Und trotzdem schafft es diese Frau bisher immer wieder, ihm auch noch seinen wenigen Schlaf zu rauben. Indem sie ihn in den kurzen Stunden bis zum Morgengrauen, wenn er seine Bar schließt, zwischen ihre Schenkel einlädt – und ihre Blicke laden ihn immer wieder dazu ein. Er liebt sie nicht. Soviel ist ihm klar. Doch ihr Aussehen, ihr Art und immer wieder ihr Blick ziehen ihn in ihren Bann. Sie faszinieren ihn und sind auch das Erste gewesen, was ihm aufgefallen ist.
Es war an Karneval und liegt schon sechs Monate zurück. Lara Croft hatte an diesem Abend zu ihm geschaut und es war ihm gleichzeitig warm und kalt den Rücken runter gelaufen. Und er hat gewusst, dass es über kurz oder lang passieren würde. Und dass er dann nicht nein sagen könnte, wenn sie die Einladung offiziell macht. Es war ihm aber genauso bewusst, dass er sich auf diese Geschichte nicht einlassen sollte. Nicht, wenn die ehrgeizigen Pläne seine Tochter inklusive Exfreundin zurück zu gewinnen beibehalten will. Doch wenn er ehrlich mit sich ist, war es nicht dieser Gedanke, der ihm sagte, dass er sich von ihr fern halten sollte. Er ist schon lange getrennt und somit eigentlich frei zu tun, was er will. Es ist ihr Verhalten. Dieser Blick damals und auch an diesem Tag gilt nicht allein ihm.
Ihr Lachen lässt die Männer aufschauen. Ihre Hüfte wiegt sich keck von einer Seite zur anderen, wenn sie durch die Kneipe geht. Und ihre Augen versprechen, dass Mann es nicht bereut, wenn er es zwischen ihre Laken schafft. Dass es die unvergesslichste Nacht in seinem Leben wird. Und er weiß, dass sie mit diesem Blick die Wahrheit sagt – was es nicht besser für ihn macht. Manchmal, falls doch seine Gedanken zu ihr wandern, fragt er sich, wie viele Männer sie wohl schon in ihr Bett gelassen hat. Doch seitdem sie das erste Mal mit ihm geschlafen hat, hat sie ihm nichts geliefert, womit er eine Rechtfertigung gehabt hätte, diese Affäre zu beenden. Er behält sie immer im Auge, wenn sie da ist, ohne dass sie es merkt. Zumindest hofft er das. Es gibt jedes Mal Typen, die sie anbaggern oder sogar antatschen, doch bis auf ein paar Flirts hat sie ihm nichts geliefert, dass er ihr ernsthaft schlampiges Verhalten unterstellen kann. Doch es macht ihn wahnsinnig, wie die Männer auf sie regieren. Wie sie immer wieder darauf eingeht, mit ihnen spielt, um sich dann am Ende einer Nacht ihm mit all ihrer aufgestauten sexuellen Energie zuwendet. Das ist jedoch immer gleichzeitig der Moment, wo er sich wie Gorilla auf die Brust trommeln könnte. Doch das tut er nur im Geheimen. Klar weiß sie, dass es ihm schmeichelt, dass sie ihn begehrt. Nicht nur im Bett zeigt er ihr, wie sehr sie ihm gefällt. Das ist nicht seine Art. Er sagt es ihr auch.
Und dann gibt es den Moment, wo ihr Blick weich wird. Nachdem er sich aus ihr zurück und sie in seine Arme zieht. Wenn er ihren Rücken streichelt und sie sich unterhalten. Dann kommt der Moment indem sie für einen kurzen Augenblick ihr Gesicht nicht mehr in seiner Halsbeuge versteckt. Ihre riesigen braunen Augen blicken aufmerksam und sanft in seine und versprechen ihm ungesagt Dinge, über die er nicht nachdenken möchte. Und gleichzeitig sagt ihr Mund, dass sie nicht mehr von ihm will, als diese kurzen Stunden im Morgengrauen. Er weiß nicht, was ihm mehr Angst macht – ihr Mund oder ihre Augen.