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Schmetterlinge

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02.05.2020
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Schmetterlinge

"Aber dieses Mal gleich länger!“, mahne ich unsere Dreijährige genervt. Sie will mit dem Plastilin spielen. Vor zwei Tagen verlor sie schon nach kurzer Zeit das Interesse und ich konnte die Knetteige in zig verschiedenen Farben, die Ausstechformen vom Krokodil bis zum Weihnachtsbaum und all das andere Zeug wieder in die Schachtel räumen.

Ich modelliere ein blaues Auto mit grünen Rädern. Marie will für unsere Katze ein „Essen“ zubereiten und sticht Brokkoli, Erdbeeren, Fisch und Weihnachtskekse aus.
Irgendwann schalte ich das Radio ein und suche den Kultursender. Ich hoffe auf einen interessanten Beitrag, meinetwegen auch über das Corona-Virus. Es kommt klassische Musik. Die ist zwar weniger mein Fall, ich schalte aber trotzdem nicht um, achte aber kaum darauf.

Nach einem Klavierstück, ich glaube von Mozart, hören wir ungewohnte Töne: Dagaduga dagaduga dagaduga daaaga, singt eine weibliche Stimme. Das wird ständig wiederholt, sehr schnell, nur von ein bisschen energischer Musik begleitet. Marie springt sofort auf.
„Tanz, Papa! Tanz!“, feuert sie mich an und ich merke, diese Musik beflügelt sogar mich, den Tanzmuffel! Ich versuche nachzutanzen, was sie vormacht, ziehe Kreise auf dem Teppich, rudere mit den Hüften, schlenkere mit den Armen.
Mein Blick wandert zum Fenster, um zu kontrollieren, ob die Gardine zugezogen ist. Es muss furchtbar aussehen, was ich mache. Dann überlege ich es mir anders: Was kümmert mich das überhaupt?
Das Lied ist kurz, etwas länger als eine Minute. Dann ist es vorüber. Wir blicken uns an.
Da kommt mir eine Idee: Ich suche in der Radiothek und tippe den Namen Aziza Mustafa Zadeh und den Titel Butterflies in die Youtube-Suchleiste. Dann drehe ich das Handy ganz laut auf. Butterflies, wir tanzen, ich kann nicht sagen, ob Marie die Schmetterlinge auch sieht. Ich jedenfalls sehe sie! Sie sind überall um mich herum. Der Titel passt perfekt!

Als die Musik verstummt, schreit die Kleine sofort: „Noch einmal, Papa! Noch einmal!“ Und dann gleich wieder: „Noch einmal!“.
Ich tapse ihre Tanzschritte nach. „Ja, Papa, genauso!“, lobt sie mich mit glühenden Wangen. Die Frauenstimme flattert über die Noten und wir hüpfen, wir laufen und wedeln mit Händen und Füßen. Dabei sehe ich die glänzenden Augen meiner Tochter und mir ist ganz egal, wo ich bin, was ich bin oder wer mich vielleicht gerade dabei sieht.

 

Hallo Palina Blau,

Es klingt wie eine Beschreibung von seinem persönlichen Glücksmoment
Stimmt, so hatte ich es gedacht.

Aber nicht wieder nur für fünf Minuten!
Versteht eine Dreijährige was fünf Minuten sind?
Guter Hinweis, obwohl man es einer Dreijährigen vielleicht das eine oder andere Mal genauso sagt, aber hab's geändert.

Doch eigentlich ist es mir egal!
Warum interessieren ihn dann die Gardinen?
Die Gardine interessiert ihn, dann überlegt er es sich anders. War vielleicht so nicht verständlich. Ich hab es umformuliert.

Schmetterlinge
?
Der Gesang vermittelt, was der Titel verspricht: Schmetterlinge. Kommt es so nicht heraus?

Vielen Dank für Deine Hinweise!
Tschüss, Orion

 

Hey @Orion,

Es klingt wie eine Beschreibung von seinem persönlichen Glücksmoment
Stimmt, so hatte ich es gedacht.

Und genau das gefällt mir an Deiner kleinen, aber feinen Szenenbeschreibung. Du schilderst nämlich etwas, das sich sehr individuell liest, was aber im Gunde genommen sehr gut verallgemeinert werden kann und damit über einen privaten Tagebucheintrag (als Beispiel) hinaus geht. Hier wird gezeigt, dass ein erwachsener (!) Mann (!) mit Hilfe seiner Tochter und Musik für einen Moment wieder "Kind sein" kann.
Vielleicht übertreibe ich, aber ich habe den Text so gelesen, dass mir hier ein Vater gezeigt wird, der durch die Corona Situation mehr Zeit mit seiner Tochter verbringen muss bzw. darf. In dem Zusammenhang fand ich das mit den fünf Minuten eigentlich gut als Einstieg - quasi als Hinweis darauf, dass er sich gedanklich und sprachlich in der Erwachsenenwelt bewegt und das auch nicht ohne Weiteres ablegen kann.

Mein Blick wandert zum Fenster, um zu kontrollieren, ob die Gardine zugezogen ist.

Die Stelle finde ich diesbezüglich auch super - er lässt sich auf die Musik ein, aber es fällt ihm schwer ... loszulassen, nenne ich das mal.

Es ist zwar logisch und nachvollziehbar, dass die Beiden das Lied dann mehrmals hören, aber möglicherweise wäre der Text präziser, wenn sie es nur einmal hören und sich alles innerhalb dieser neunzig Sekunden abspielt.

Irgendwann schalte ich das Radio ein und suche den Kultursender. Ich hoffe auf einen interessanten Beitrag, meinetwegen auch über das Corona-Virus. Dann möchte ich aber informiert werden und nicht eingelullt oder auf plumpe Art ruhiggestellt.
Es kommt klassische Musik. Die ist zwar weniger mein Fall, ich schalte aber trotzdem nicht um. Zuerst Konzertmusik, dann ein Klavierstück, ich glaube Mozart. Ich achte kaum darauf.

Diesen Teil finde ich persönlich nicht so gelungen. Da wird viel behauptet, was vielleicht auch gezeigt werden könnte. Zudem bin ich nicht sicher, ob "dann möchte ich aber informiert werden" usw. einen Mehrwert bringt, oder ob man das nicht auch weglassen könnte.
Die dann folgenden Sätze ließen sich meiner Meinung nach auf:
"Es kommt ein Klavierstück, ich glaube Mozart" oder ähnlich reduzieren. Da steckt doch drin, dass es nicht so sein Fall ist/er sich nicht damit auskennt/er kaum drauf achtet.

Zum Schluss noch was zum Titel: bei englischen Titeln gibts glaube ich häufig Stirnrunzeln, warum also nicht einfach "Schmetterlinge" oder was ganz anderes? Außerdem würde das Deinen Text dann irgendwie auch besser von dem Lied abheben. Ich kann das nicht so gut beschreiben, aber das Lied heißt ja "Butterflies" und in Deinem Text kommt das Lied vor - bei gleichem Titel wirkt das so, als würde der Text nur von dem Lied handeln, dabei ist der Inhalt Deines Textes ja nicht der Inhalt des Liedes, wenn Du verstehst, was ich meine.:lol:

Soweit erstmal. Beste Grüße
s.

 

Willkommen im Forum, @Orion. Was als erstes auffällt und gerade bei Neulingen nicht selbstverständlich ist: Du machst keine Rechtschreibfehler, jedenfalls habe ich keine gefunden.

"Aber dieses Mal gleich länger!“, mahne ich unsere Dreijährige genervt. Sie will mit dem Plastilin spielen. Vor zwei Tagen verlor sie schon nach kurzer Zeit das Interesse und ich konnte die Knetteige in zig verschiedenen Farben, die Ausstechformen vom Krokodil bis zum Weihnachtsbaum und all das andere Zeug wieder in die Schachtel räumen.
Finde ich als Startpunkt sehr schön und bin gespannt, was du damit machst. Krokodil, Weihnachtsmann, werden die Figuren zum Leben erweckt, erzählen sie eine Geschichte, oder ein Geheimnis, gar etwas, das auf andere Art nicht gesagt werden kann?

Dann kommt das Radio ins Spiel und die tolle Vorlage wird weggeblendet.

Dann möchte ich aber informiert werden und nicht eingelullt oder auf plumpe Art ruhiggestellt.
Die Info verrät mehr über Autor/-in als über das, was deinen Prota bewegt.

Dann hören wir ungewohnte Töne: Dagaduga dagaduga dagaduga daaaga
Auf welchem Klassik-Sender läuft sowas? Dann nennst du einen konkreten Song, schwierig, denn wenn ich keine Lust habe, den zu suchen, bin ich raus.
Daraus entwickelt sich eine schöne Szene, abzappeln mit der kleinen Tochter, kurzes Elternglück mit einem Hauch Selbstreflexion.

Dein kurzer Text liest sich wie eine Tagebuchseite oder ein Blogeintrag. Zu einer Kurzgeschichte fehlt noch was, da müsste mehr passieren. Wenn du andere Texte liest und kommentierst, wirst du da schnell weiterkommen. Tipps
Viel Spaß im Forum, Peace, ltf.

 

Hallo @sodrecas!
Danke für Deine Hinweise!

Hier wird gezeigt, dass ein erwachsener (!) Mann (!) mit Hilfe seiner Tochter und Musik für einen Moment wieder "Kind sein" kann.
Vielleicht übertreibe ich, aber ich habe den Text so gelesen, dass mir hier ein Vater gezeigt wird, der durch die Corona Situation mehr Zeit mit seiner Tochter verbringen muss bzw. darf.
Ja, genauso war es gedacht. Schön, dass es bei Dir so rübergekommen ist!

Diesen Teil finde ich persönlich nicht so gelungen. Da wird viel behauptet, was vielleicht auch gezeigt werden könnte. Zudem bin ich nicht sicher, ob "dann möchte ich aber informiert werden" usw. einen Mehrwert bringt, oder ob man das nicht auch weglassen könnte.
Die dann folgenden Sätze ließen sich meiner Meinung nach auf:
"Es kommt ein Klavierstück, ich glaube Mozart" oder ähnlich reduzieren. Da steckt doch drin, dass es nicht so sein Fall ist/er sich nicht damit auskennt/er kaum drauf achtet.
Danke für die Hinweise zu dieser Passage: Ich habe jetzt den Satz "Dann möchte ich aber informiert werden …" gestrichen. Ich wollte damit die "Corona-Thematik" noch ein bisschen mehr ins Spiel bringen. Aber eigentlich klingt der Satz ziemlich schulmeisterhaft und Corona wird eh auch schon vorher angesprochen.
Die "Aufzählung" der klassischen Musik habe ich auf Mozart reduziert: Da gebe ich Dir recht, das braucht nicht mehr.

Zum Schluss noch was zum Titel: bei englischen Titeln gibts glaube ich häufig Stirnrunzeln, warum also nicht einfach "Schmetterlinge" oder was ganz anderes?
Muss zugeben, Butterflies habe ich ohne lange zu überlegen ausgewählt. Mit Titeln habe ich es nicht so. Habe deshalb einfach Deinen Vorschlag "Schmetterlinge" übernommen, wenn Dir das recht ist. Erscheint mir in der Tat besser.

aber möglicherweise wäre der Text präziser, wenn sie es nur einmal hören und sich alles innerhalb dieser neunzig Sekunden abspielt.
Diesen Hinweis habe ich nicht übersehen, @sodrecas! Es hat ja durchaus etwas für sich, denn zum Ende hin (und ich nehme an, das meinst Du) wiederholt sich alles ein bisschen. Das behalte ich mir jedenfalls im Hinterkopf, falls ich mal Zeit habe, den Text als ganzes zu überarbeiten.

Vielen Dank!

Hallo @linktofink!
Danke auch für Deine Zeit und Deine Hinweise!

Folgendes dazu:

Die Info verrät mehr über Autor/-in als über das, was deinen Prota bewegt.
Zwar gilt Autor/in = Prota, aber Du hast recht, der Satz ist entbehrlich, siehe oben!

Auf welchem Klassik-Sender läuft sowas? Dann nennst du einen konkreten Song, schwierig, denn wenn ich keine Lust habe, den zu suchen, bin ich raus.
Mir ist bewusst, dass sich "Dagaduga ..." etwas komisch anhört. Wollte damit den Song etwas "greifbarer" machen, als nur zu schreiben, da werden dieselben Silben immer wieder gesungen. Trotzdem reicht es wohl nicht, den/die Leser/in dauerhaft bei der Stange zu halten. Hab mir überlegt, viel mehr auf den Song selber einzugehen bzw. den mehr zu beschreiben. Aber so richtig weitergekommen bin ich dabei noch nicht, muss ich zugeben...

Danke für den Link mit den Tipps!

Tschüss, Orion

 

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