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Serie Schnee und Blut - Tharkos

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02.11.2009
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Schnee und Blut - Tharkos

Ein lautes Donnern übertönte für einen Moment den Schlachtenlärm und das Licht des Blitzes erhellte die Nacht. Bis zu den Knien im Schlamm eingesunken konnte Tharkos gerade noch seine Axt hoch reißen, um den mächtigen Schlag seines Gegners abzuwehren. Seinen Schild hatte er schon vor Stunden irgendwo verloren. Die riesigen Klauen des Warun hinterließen tiefe Kerben im Schaft seiner Waffe, aber besser dort als in ihm selbst.
Während sein Gegner erneut ausholte, drehte Tharkos sich ein wenig und rammte dem Wolfswesen mit voller Kraft die Stoßspitze der Axt in die Brust. Es heulte auf und schlug um sich, einer der Hiebe traf ihn am Kopf und schickte ihn zu Boden. Wild mit den Armen rudernd fiel es nach hinten und krümmte die Glieder. Tharkos hatte jedoch weder Zeit noch Lust sich den Todeskampf anzusehen, er hatte seinen eigenen zu bestreiten. Mit dem Gewicht der Rüstung auf den Schultern versuchte er sich wieder aufzurichten. Verwundbarer konnte er kaum werden, doch wieder einmal war das Glück ihm hold. Zumindest stand er wieder, doch seine Waffe war verloren. Er konnte in der Dunkelheit kaum etwas erkennen, doch die Reihen lichteten sich bereits, die Schlacht würde bald vorbei sein. Stolpernd lief er einige Schritte weit und zog ein Schwert aus der Brust eines toten Warun, nicht eben seine Lieblingswaffe, doch man musste nehmen, was man kriegen konnte.
Wieder donnerte es ohrenbetäubend. Es dauerte einen Moment, bis Tharkos danach das Signal zum sammeln hörte. Irgendjemand hatte entschieden, dass es für Heute genug war. Mit einem müden Nicken wandte er sich um und versuchte den Feldherrenhügel auszumachen. Irgendwann hatte er die Orientierung verloren. Endlich entdeckte er ihn und schleppte sich müde darauf zu, ein dumpfer Schlag auf den Hinterkopf hielt ihn auf. Die Welt schwankte und wurde dunkel.

Er öffnete die Augen wieder und wunderte sich Tharkos zunächst, dass er noch lebte. Eigentlich hätte ihn ein solcher Schlag töten sollen, und wenn nicht so hätte er im Schlamm ertrinken müssen. Das Licht des neuen Tages blendete ihn und ein widerlicher Geschmack im Mund ließ ihn würgen. Die heftige Bewegung ließ ihn erkennen, dass er den Schlag doch nicht unverletzt überstanden hatte, sein Kopf fühlte sich an, als stecke er in einer Schraubzwinge.
Als seine Augen sich an das Licht des neuen Tages gewöhnt hatten, erkannte er warum er noch am Leben war und woher der Geschmack in seinem Mund kam. Er war auf einem toten Warun gelandet, dessen Fell so erbärmlich stank, dass er sofort noch einmal würgen musste. Da drangen Stimmen an sein Ohr, unnatürlich gedämpft.
„Hey, hier lebt noch einer! Feldscher zu mir.“
Einen Moment später zogen ihn kräftige Arme auf die Füße.
„Nun, wie geht es Soldat? Beide Arme noch da? Gut.“
Vor seinen Augen tauchte das lächelnde Gesicht eines jungen Mannes auf, dessen Nase wohl schon mehr als einmal gebrochen worden war. Seine schwarzen Haare waren kürzer geschoren, als der Bart mancher anderer Männer. Es dauerte einen Augenblick, bis Tharkos klar genug war ihn zu erkennen.
„Vargun.“ murmelte er vor sich hin.
„Ah du kennst mich noch, dann kann dein Kopf auch nicht viel abbekommen haben, auch wenn dein Helm ne ordentliche Beule hat, das wird Gerly gar nicht schmecken.“
Vargun redete schon immer zuviel, wahrscheinlich war er deshalb kein richtiger Soldat geworden, da hätte er auch mal die Klappe halten müssen.
„Sei still ja, bring mich einfach ins Lager.“
Einen Moment blickte der Feldscher den Soldaten, noch zweifelnd an, drückte hier hin und dort hin, dann nickte er seinem Helfer zu.
„Bring ihn zurück, er wird es auch so überleben.“
Gestützt von einem anderen Soldaten überstand Tharkos den Weg zum Lager recht gut. Doch als sie dort ankamen war er geschockt, er zählte kaum einhundert Zelte, es hätten fünfmal so viele sein sollen.
„So viele sind gefallen?“ fragte er seinen Helfer ungläubig. Dieser nickte.
„Ja, wenn ihr euch auf dem Schlachtfeld noch einmal umgesehen hättet wüsstest ihr, dass wir mindestens ebenso viele von den Bestien mitgenommen haben.“
Bestien… So nannten sie in den „zivilisierten Gebieten“ die Tierwesen, die in den Grenzlanden lebten. Sie überfielen immer wieder Grenzorte, raubten Frauen, töteten die Männer und Kinder. In manchen Gegenden wie hier führten sie einen echten Krieg gegen das Reich.
Tharkos Blick fiel auf die Standarte vor dem Lager, auf die er seine Treue geschworen hatte und musste schnauben. Kaum einer der Männer war hier um für „das Reich“ zu kämpfen. Die Hälfte waren Sträflinge die man in den Dienst gezwungen hatte, andere waren von einem sicheren Posten im Zentrum hier her strafversetzt worden und viele waren wie er selbst hier um ihre Familien zu schützen und den Krieg von ihnen fern zu halten.
Das Reich konnte auf keine Loyalität unter den Menschen hoffen, denn es gehört den Elfen. Die Menschen waren nur Vieh, von den Elfen selbst geschaffen für niedere Arbeiten und um den Krieg dorthin zu tragen, wo ihre empfindlichen Körper die Witterung nicht vertrugen. In diesem Land könnte kein Elf länger als eine Woche überleben, die Kälte würde sich in seinen Gliedern einnisten und ihm das Leben Stück für Stück entziehen. Doch die Menschen hatten sich schnell daran gewöhnt, innerhalb weniger Generationen waren sie wie Tharkos und brauchten nicht einmal mehr dicke Kleidung um hier zu leben. Die wenigen schneefreien Tage im Jahr verbrachten die meisten Leute hier halb nackt weil sie die Hitze kaum ertrugen.
Sein Blick wanderte von der Standarte zu den Offizierszelten, der General trat gerade heraus. Kleiner als die meisten anderen, schlanker und mit leichten Spitzen auf den Ohren war er leicht als Halbblut zu erkennen. Die Aufseher der Menschen. Gezüchtet um die Arbeiter und Soldaten zu überwachen. Etwas zäher als die Elfen konnten sie dem Wetter stets eine Weile trotzen und die Magie, die ihnen das elfische Blut gab machte sie mächtig genug die Menschen im Zaum zu halten. Die meisten Menschen hassten sie, die Elfen verachteten sie, Tharkos hatte meist nur Mitleid für sie übrig. Kaum einer von ihnen hatte Familie oder Freunde, sie lebten nur um den Elfen zu dienen, mit kaum mehr freiem Willen als ein Hund.
Aber jetzt wollte er nicht darüber nachdenken. Sein Helfer, nach dessen Namen er zu fragen vergessen hatte, brachte ihn in ein Zelt. Bei so vielen Gefallenen hatte sich die Belegung natürlich geändert. Als er sah, mit wem er nun das Zelt teilen sollte erschrak er ein wenig.
„Sianya?“
Sie machte tatsächlich Anstalten aufzustehen.
“Wenn du es jetzt wagst zu salutieren degradiere ich dich zur Rekrutin.“ grummelte Tharkos.
Warum ausgerechnet sie? Das korrekteste, genaueste, perfektionistischste Weibsstück in der ganzen verfluchten Armee. Entspannung konnte er nun wohl vergessen. Etwas verschüchtert blieb sie liegen, eigentlich blieb ihr auch kaum etwas anderes übrig, wenn man den blutgetränkten Verband an ihrem Bein in betracht zog.
„Natürlich Korporal, zu Befehl.“
Bei dieser Antwort konnte Tharkos nur stöhnen, verbarg es aber indem er sich genau in diesem Moment auf das Lager sinken ließ. Erst jetzt ging ihm auf, dass er die vollkommen verdreckte Rüstung vielleicht vorher hätte ablegen sollen. Seufzend streckte er den Arm aus und ließ sich wieder hoch helfen. In solchen Momenten war er froh dass er es nie zum Ritter gebracht hatte, was er sich in seiner Jugend immer erträumte. Ein Kettenhemd mit Unterzeug war schnell abgelegt, ebenso der offene Helm, ganze anders als die schweren Plattenrüstungen.
Als er das Unterzeug ablegte, drehte Sianya sich demonstrativ um, das brachte ihn selbst jetzt noch zum Grinsen. Fast jede andere der wenigen Soldatinnen im Lager hätte sich zurückgelehnt und den Anblick demonstrativ genossen, aber das kam für Fräulein Regelbuch natürlich nicht in Frage. Wahrscheinlich wäre sie schon zum Kommandanten gelaufen und hätte sich beschwert, das Zelt mit einem Mann teilen zu müssen, wenn sie da eine Chance sähe, aber zumindest soviel hatte sie schon gelernt.
Zum zweiten Mal ließ Tharkos sich aufs Lager fallen, die weiche Decke fühlte sich himmlisch an, für einen Moment waren alle Strapazen der letzten Wochen vergessen und fast wäre er eingeschlafen, aber das durfte er jetzt noch nicht. Er drehte sich auf den Rücken und sah den Soldaten an.
„Bring mir Wasser und etwas zu essen, dann meldest du dich wieder beim Feldscher.“
Der Mann deutete eine Verbeugung an und entfernte sich aus dem Zelt. Tharkos ließ seinen Kopf aufs Kissen sinken und schloss ruhig die Augen.
Sofort waren die Bilder von der letzten Nacht wieder da. Es war bei weitem nicht seine erste Schlacht gewesen, aber eine der heftigsten. Er hatte noch nie erlebt, wie sich Schlachtreihen so schnell auflösten, wie alles so sehr im Chaos versank. Niemand hatte die Signale sehen können, es hatte nur Augenblicke gedauert und er war von seinen Leuten getrennt gewesen. Der Regen hatte alles nur noch verschlimmert. Die gerüsteten Menschen waren in den Schlamm gesunken und noch langsamer geworden, während die leichten Warun einfach durch ihre Reihen gefegt waren. Stets schien das Wetter auf ihrer Seite zu sein.
Es wurde gemunkelt dass sie ebensolche Zauberkräfte hatten wie die Elfen, aber auf solches Gewäsch gab Tharkos nichts, ihre Gegner wussten nur die Zeit ihres Kampfes zu wählen. Aber eine Schlacht an den heißesten Tagen des Jahres zu wagen, konnte es wirklich deren Wunsch gewesen sein? Mit einem Kopfschütteln verwarf er solche Gedanken. Woher sollte er wissen was diese Bestien dachten, und warum sollte es ihn interessieren? Als Mensch würde er in der Armee sowieso nie etwas zu sagen haben. Sollten sich die Offiziere darum Gedanken machen.
Er öffnete die Augen wieder. Wo blieb dieser Junge nur? Sianya hatte sich ebenfalls wieder auf den Rücken gedreht. Sah sie etwa zu ihm herüber? Ja, wirklich. Wieder umspielte ein Grinsen seinen Mund. Scheinbar war sie doch nicht ganz so unschuldig wie sie tat. Oder sie war nur von den vielen Narben fasziniert. Vargun behauptete immer, Tharkos wäre schon lange tot, niemand könne so viele Wunden überleben und noch immer kampffähig sein. Tatsächlich war es einmal wirklich knapp gewesen, doch der Feldscher selbst war es, der ihn gerettet hatte.
Endlich kam der Soldat wieder herein und brachte einen Wasserschlauch, einen halben Laib Brot und etwas Wurst. Für eine echte Mahlzeit war es wohl noch zu früh. Ohne weitere Worte drehte der Junge sich um und eilte zu seinem Posten zurück. Vielleicht hätte Tharkos nach seinem Namen fragen sollen, nun ja beim nächsten Mal.
Mit dem Wasser spülte er sich endlich den Warungeschmack aus dem Mund, erst dann wagte er es ein paar Bissen zu essen. Er spürte förmlich, wie ein wenig Kraft in seinen Körper zurückkehrte, genug um zu der Frau hinüber zu sehen.
„Hungrig?“
Die Zeit für viele Worte war immer noch nicht. Sie nickte und er gab ihr den Rest des Brotes.
„Danke, Sir.“
Er schlug sich die Hand vor die Stirn, wie konnte diese Frau nur so förmlich bleiben?
„Solange wir das Lager teilen nennst du mich nicht mehr so, klar?“
Das hatte den gewünschten Effekt, sie wurde erst blass, dann rot und ein wütender Ausdruck trat auf ihr Gesicht.
„Ich werde sicher nicht mit euch… also das kommt gar nicht... ARG!“ stotterte sie, bis er anfing laut zu lachen. Eine Weile sah sie ihn finster an, aber schließlich musste auch sie lächeln.
„Nagut, ihr habt gewonnen… Tharkos.“ Sie zögerte einen Moment. „Das klingt komisch. Also nicht der Name, mein Vetter heißt auch so, aber den benutzt bei euch doch niemand.“
„Ach nein, wie nennen sie mich dann?“ fragte er mit einer Menge Belustigung in der Stimme.
„Ähm.. ich weiß nicht… Korporal meistens,“ den Rest ihrer Antwort verbarg sie in einem Husten.
„Wie war das?“
„Nun, äh.. den Dachs nennen sie euch.“
Den Namen hatte er selbst schon oft genug gehört, im Prinzip hatte er nichts dagegen, besonders wenn die Leute wussten woher er kam. Er war gespannt, was die Neulinge sich so erzählten.
„Ach ja, warum das? Wegen der Haare?“ fragte er mit einem weiteren Grinsen.
Die Erklärung hörte er schon, seit seine Schläfen weiß geworden waren, langsam wurde er alt. Aber der Name war schon um einiges älter. Scheinbar wusste sie das auch, denn sie schüttelte den Kopf.
„Nein, es heißt ihr hättet einmal 5 Warun eigenhändig getötet, als sie euch umzingelt hatten. Ihr wärt oft verwundert worden,“ bei diesen Worten wanderte ihr Blick über die vielen Narben auf seinem Körper, „aber hättet sie alle noch erwischt, bevor ihr das Bewusstsein verloren habt.“
„Nette Geschichte.“ Und nahe an der Wahrheit, näher als Tharkos erwartet hätte.
„Ist sie wahr?“
„Beinahe“ antwortete er in einem Tonfall, der ihr klarmachen sollte, dass er nicht vorhatte, ihr zu erzählen, wie es wirklich gewesen war.
Statt noch etwas zu sagen sah er sie an, ein hübsches Mädchen, besonders im Vergleich zu den anderen Soldatinnen. Innerlich seufzte er. Vor 10 Jahren und etwa 100 Schlachten hätte er das mit dem Lager teilen vielleicht sogar ernst gemeint. Jetzt war er zu alt, zu müde und sein Tod zu überfällig, um sich auf so etwas einzulassen. Sie hatte seinen Blick wohl richtig gedeutet und errötete wieder ein wenig, wandte sich jedoch dann wieder um. Diesmal seufzte Tharkos wirklich ein wenig und schloss wieder die Augen. Dieses Mal gelang es ihm nicht wach zu bleiben und eine traumlose Schwärze umfing ihn. Alpträume nach Schlachten hatte er schon lange nicht mehr.

Ein markerschütterndes Heulen weckte Tharkos. War es ein Wolf oder ein Warun? Sofort sah er zu Sianya, auch sie war aufgewacht und saß aufrecht auf ihrem Lager. Sie sahen sich in die Augen und jeder wusste, was der andere dachte. Sofort war er auf den Füßen und streifte sich das Kettenhemd über, seine Muskeln protestierten leise, doch das ignorierte er. Sie brauchte ein wenig länger, doch kam ebenfalls auf die Beine, wenn auch humpelnd. Einen Moment wollte er ihr befehlen zurückzubleiben, doch dann verwarf er den Gedanken, wenn es wirklich ein Angriff war, wäre sie hier drinnen noch schneller tot als draußen. Sie griff nach ihrem Schwert, was ihm erst richtig klar machte, dass er sich erst eine Waffe suchen musste.
Ein Blick nach draußen verriet ihm, dass das Lager in Aufruhr war, kein Wunder bei dem, was bevor stand, doch der Angriff hatte noch nicht begonnen. Konnten die Bestien sich so schnell erholt haben? Oder hatten sie Verstärkung erhalten?
Mit Sianya hinter sich machte er sich auf den Weg zur Mitte des Lagers. Hier lagerten Vorräte und Waffen. Gerly begrüßte ihn mit einem Grunzen. Es war jedes Mal eine Freude zu sehen, wie Neulinge beim Anblick des Veteranen erschraken. Bei diesem Namen erwartete jeder ein altes Muttchen und keinen zwei Schritt großen, bärtigen Haudegen mit Brandnarben im Gesicht und Armen wie Baumstämmen.
„Na, mal wieder gute Handwerksarbeit zerstört? Oder diesmal nur verloren?“
„Du kannst auch nur meckern oder? Wenn wir die Nacht überleben, schwöre ich, dass ich aufs Schlachtfeld zurückgehe und dir deine Sachen zurückbringe.“
Gerly verzog kurz das Gesicht reichte ihm aber Schild und Axt. Tharkos bedankte sich mit einem knappen Nicken und sah sich nach einem Offizier um. Es dauerte, bis er einen fand, dafür sammelten sich die Reste seiner Einheit um ihn.
Sie hatten die Schlacht überraschend gut überstanden, vielleicht die Hälfte von ihnen war sogar noch kampffähig, normalerweise ein schlechter Schnitt, im Verhältnis zu den anderen eine beeindruckende Leistung. Nicht ohne Stolz sah er zu seinen Leuten, aber er wunderte sich auch, wenn dies ein Angriff sein sollte, warum hatten die Bestien sie vorgewarnt? Und warum tagsüber wenn nachts alle Vorteile auf ihrer Seite lagen?
Endlich sah Tharkos, was er suchte, einen Hauptmann der Befehle durch die Gegend brüllte, noch ein Halbelf, aber das war ja nicht anders zu erwarten. Bevor sich dieser jedoch Tharkos zuwenden konnte, begann der Angriff. Die Bestien hatten wirklich Verstärkung bekommen, es waren hunderte, die den Hang hinauf zum Lager stürmten. Die Verteidiger formierten sich so gut sie konnten, doch jedem war klar, dass sie es nicht schaffen würden. Tharkos reihte sich mit den seinen an vorderster Front ein, dies war nicht die Zeit für Vorsicht, es hieß nur noch, so viele von ihnen mitzunehmen wie möglich. Alle Müdigkeit war von ihm abgefallen und die Männer um ihn konnten ein Glitzern in seinen Augen sehen.
Bald waren die Bestien so nahe dass er einzelne Haare erkennen, die Mordlust in ihren Augen sehen und ihren Gestank riechen konnte. Als sie noch fünfzig Schritte entfernt waren begannen die wenigen Bogenschützen, die die Menschen noch hatten, mit dem Beschuss. Etwas später warfen die Warun ihre kurzen Wurfspeere und in beiden Reihen öffneten sich Lücken. Die der Bestien schlossen sich sofort wieder, doch die Zahl der Menschen war zu gering, jeder Gefallene war einer zuviel.
Als die Reihen aufeinander trafen, verlor Tharkos den Überblick. Die Welt bestand nur noch aus Fell, Schreien und Blut. Krallen gruben sich in seine Schulter und er trennte den Arm ab. Eine Bestie versuchte ihm in den Hals zu beißen und er rammte ihr seinen Schild in den Rachen. Die geschärfte Unterkante durchtrennte ihre Sehnen, Fleisch und schließlich ihr Rückgrat.
Neben ihm fiel Horad zu Boden, die Klauen seines Gegners hatten sein Kettenhemd einfach zerfetzt. Mit einem Brüllen hieb er seine Axt auf dessen Schädel und das Knacken von Knochen belohnte ihn. Doch die Strafe folgte sogleich. Eine weitere Bestie hatte sich unter seinem Schild durchgeduckt und in sein Bein gebissen. Er ließ den Schild herabsausen und zertrümmerte noch einen Schädel.
Einen Moment hatte er Ruhe und konnte erschrocken feststellen, dass schon nach Minuten die Reihen der Verteidiger wankten, sie würden nicht mehr lange durchhalten und dann? Dann hatten die Warun keinen Gegner mehr zwischen hier und den Grenzstädten. Zwischen hier und seiner Familie.
Er spürte, wie sich ein Brennen in seinem Magen ausbreitete. Wut versorgte seine Arme mit neuer Kraft und jeder seiner Hiebe forderte nun ein Opfer. Zur Abwehr erhobene Arme wurden abgetrennt, die schwere Axtklinge fuhr mitten in die Brust seiner Feinde. Das Feuer breitete sich durch seinen ganzen Körper aus, er wusste, was es zu bedeuten hatte, es war schon einmal geschehen. Diesem Brennen verdankte er seinen Spitznamen.
Der Dämon in seinem Inneren war erwacht und kein Feind würde ihn aufhalten. Doch das hatte seinen Preis. Damals hatte Tharkos sich noch gewehrt, doch dieses Mal hieß er Arkoth willkommen. Es war Jahrzehnte her, dass sie ihren Pakt geschlossen hatten und er hatte nur zweimal davon Gebrauch gemacht, bis jetzt. Jetzt brach das Brennen aus seinem Körper hervor und Flammen überzogen seine Haut. Er ließ die Waffen fallen, denn jetzt brauchte er sie nicht mehr. Knochenspitzen schossen aus seiner Haut und ersetzten sie. Er sah die Bestien um ihn herum in Furcht zurückweichen und sie taten gut daran. Keine von ihnen war ihm jetzt noch gewachsen.
Seine Wahrnehmung von dem was kam verblasste, als der Dämon die Kontrolle übernahm, doch er hörte die Schreie und das Heulen seiner Feinde, schmeckte ihr Blut und spürte ihre Klauen wirkungslos über seine Haut kratzen. Schließlich klärte sich sein Blick wieder für einen Moment und er sah, was er erreicht hatte. Die Bestien flohen und das Lager stand noch. Wenige hatten diesen Tag überlebt, doch es waren genug.
Nun war es an der Zeit, den Preis zu bezahlen. Tharkos wurde schwarz vor Augen, dann kamen die Schmerzen. Als er wieder sehen konnte, sah er nichts als Flammen. Sie verbrannten seine Haut, seine Knochen, seine Seele und doch starb er nicht. Dies war der Preis, den er zu zahlen hatte. Für jeden Dienst, den der Dämon ihm tat, musste Tharkos mit in das Reich des Dämons.
Es hieß, die Anwesenheit eines Menschen würde ihnen die gleiche Macht verleihen wie umgekehrt, doch niemand wusste es genau. Es gab nicht viele, die einen solchen Pakt eingingen, doch war es die einzige Möglichkeit für Menschen, an die Macht der Magiebegabten heranzureichen, sie vielleicht sogar zu übertreffen. Nur die stärksten überlebten den ersten Preis und nur wenige von diesen riskierten es, ihn ein zweites Mal zahlen zu müssen.
Die größten Helden in der Geschichte der Menschen waren Paktierer. Sie hatten das Reich vor dem Untergang bewahrt oder sich Freiheiten von den Elfen erkämpft. Doch noch immer galt es vielerorts als böse oder als ein Zeichen von Wahnsinn sich mit einem Dämon einzulassen. Viele wurden tatsächlich verrückt dabei. Doch Tharkos konnte es aushalten, er war sich sicher. Die Zeit kam ihm vor wie eine Ewigkeit, Jahre oder Jahrzehnte, doch schließlich hatte er seine Schuld beglichen und die Schmerzen verschwanden. Es wurde dunkel um ihn und als er die Augen öffnete, sah er nichts.
Er lag auf dem Rücken, der Boden war weich und angenehm kühl, langsam formte sich das weiße Nichts zu einer Zimmerdecke. Im ersten Moment war er schwach, doch er fühlte seine Kräfte bereits zurückkehren. Er wusste, dass er stärker sein würde als zuvor. Arkoth war kein undankbarer Freund. Ein Blick in seine Umgebung offenbarte ihm, dass er in einem prächtigen Gemach lag. Er musste lange Zeit bewusstlos gewesen sein, lange genug das seine Einheit die nächste Grenzstadt erreicht hatte. Korandaal.
Überraschend leicht erhob er sich ganz und begutachtete seinen Körper. Es gab einige neue Narben, doch dafür waren einige Anzeichen des kommenden Alters verschwunden. Ein naher Spiegel zeigte ihm, dass auch die weißen Schläfen wieder so schwarz waren wie früher, doch der Dämon hatte noch andere Spuren hinterlassen. Eine Reihe von fünf knöchernen Dornen wuchs nun aus jedem seiner Unterarme. Scheinbar wollte Arkoth nicht, dass er noch einmal unbewaffnet vor einem Gegner stand. In seinen Augen leuchtete noch immer das Feuer. Von nun an würde jeder wissen, was er war und welchen Preis er für sein Leben gezahlt hatte.

 

Hallo,
das ist die erste von drei Geschichten die ich geschrieben habe um eine Fantasywelt zu veranschaulichen die ich mir ausgedacht hatte. Ich hoffe es macht Spaß sie zu lesen.

 

Sehr schöne Geschichte bis jetzt. Obwohl sehr viel Unbekanntes in der Geschichte vorkommt wird man behutsam hinein geführt und man hat keine Probleme der Geschichte zu folgen. Würde gerne die 2 weiteren Teile lesen. Vielen Dank

 

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