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10.10.2001
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Er wollte einschlafen. Ein ganz normaler Tag war zuende gegangen. Nichts war passiert. Nichts außergewöhnliches. Es war außergewöhnlich wenig passiert. Und jetzt lag er da und kein Sternezählen half, er konnte einfach nicht einschlafen. Es waren wieder die leichten Kopfschmerzen, ganz in der Mitte des Kopfes, die ihm sofort die Gewissheit gaben, keine Ruhe finden zu können, jedenfalls nicht in den nächsten Stunden. So war es schon einmal gewesen, einige Wochen zuvor. Es war auch ein arbeitsreicher, aber zu normaler Tag gewesen. Und dann hat er einfach in der Nacht weitergearbeitet.
Das geht heute nicht. Die Bibliothek schließt um neun Uhr abends. Und ohne Bücher gab es kein Weiterkommen in der Hausarbeit. Aber das ist auch nicht der Grund dafür, dass er nicht einschlafen kann. Nein, die Hausarbeit läuft. Ja, das Studium läuft sogar bestens, kein Grund sich Sorgen zu machen. Oder doch, es hat ihn nämlich sehr verändert. Solche leeren Tage hat es früher nicht gegeben. Sie gab es auch vor kurzem noch nicht. Was war passiert, auf diese Frage weiß er keine richtige Antwort zu geben. Er könnte eigentlich mit sich zufrieden sein. Den ganzen Tag hat er in der Bibliothek verbracht, die Hausarbeit war anderthalb Wochen vor Abgabe schon in einem guten Stadium. Aber es fehlte etwas, es gab nichts Neues an diesem Tag, schon die ganze Woche nicht. Und das war ungewöhnlich.
Die ganze Woche hatte er keine neue Frau kennen gelernt und dabei sah es vor einer Woche noch so gut aus. Vielversprechend war das letzte Wochenende. Drei Partys, vier Telefonnummern, dazu in der vergangenen Woche ein Date, das allerdings sehr an der Oberfläche geblieben ist. Aber da war ja noch diese andere Frau, Vera, die er auf einer Orchesterparty angesprochen hatte. Sie waren sofort in ein sehr tiefes Gespräch eingestiegen. Schnell hatte er Vertrauen gefasst, diese Fähigkeit stammen wahrscheinlich aus der Großfamilie, in der er aufgewachsen ist. Schon nach kurzer Zeit berichteten sie Dinge, die man sonst nur besten Freunden anvertraut. So fing es in den letzten Jahren häufiger an, daraus war aber noch nie eine Partnerschaft entstanden. Nein, Partnerschaften entstanden immer viel oberflächlicher, schnell und kurz. Kurz, vier Wochen hatte die längste gehalten. Alles waren Frauen, mit denen er an sich nicht viel anfangen konnte. Durch sein Gefühl der Überlegenheit wirkte er attraktiv. Ohne dieses Gefühl hatte es noch nie geklappt. Meistens stand er sich dabei selbst im Weg, am Ende lehnte bei der einen er bei der nächsten sie ab. Schließlich war es eine gute Freundschaft geworden, eine sehr gute.
Und nun wollte er beides verbinden, endlich eine Frau finden, bei der beides funktionierte. Noch hoffte er, wohlwissend, dass er von beiden schon einen Korb erhalten hatte. Als sie von der Party nach Hause fuhren, hatte er recht plump und doch meist erfolgreich gefragt, ob sie sich nicht in der nächsten Woche mal Treffen wollten. Er musste auf irgendeine Weise ihre Telefonnummer erhalten, ein zufälliges Wiedersehen schien ausgeschlossen. Er wusste noch nicht, dass sie auch am nächsten kleinen Konzert teilnehmen würde.
"Wie meinst Du das ?"
"Wie soll ich das meinen, ob du Lust hast, mich nächste Woche wiederzusehen."
"Wie, nur wir beide ?"
"Exakt !"
"Oh, da musst Du erst mal wissen, dass ich einen Freund habe und den eigentlich auch noch behalten will."
"Mmh."
Pause. Das hätte er sich doch denken können.
"Hast Du denn keine Freundin ?"
"Zurzeit nicht !"
Zurzeit. Seit drei Monaten nicht mehr. Und auch das hatte nur vier Wochen gedauert.
"Findest Du das schön?"
Klar.
"Weißt Du, am Anfang war das ja o.k., aber mit der Zeit mag ich das nicht mehr so."
Es war banal geworden. Zwei Minuten später gab sie mir dann aber doch ihre Telefonnummer, wir verbrachten die letzten Minuten damit, dass sie mir Eselsbrücken baute, damit ich sie mir merken konnte.
Ich war schon in die Seitenstraße eingebogen, sie musste geradeaus weiter: "Wie heißt Du eigentlich?"
"Klaus. Und Du ?"
"Vera."

 

Der Schuß ist etwas komisch, finde ich... Hat mich ein bißerl verwirrt... Muß ich zugeben... :rolleyes:
Vom Stil her eine echt gelungene Geschichte, meiner Meinung nach! Und auch die Erzählung ist interessant, nicht langweilig! <IMG SRC="smilies/thumbs.gif" border="0">

Griasle!
stephy

 

Zurzeit gerade nur ein kurzes Statement von mir selbst zu der Geschichte: Sie stellt Gedanken vorm Einschlafen dar, sie ist damit nicht immer logisch, es treten Personen auf, die eigentlich gar nichts mit der Geschichte zu tun haben. Aber es ist meine erste Geschichte und ich räume ein, dass sie nicht in sich geschlossen ist und vielleicht mehr fragen schafft. Zum Hintergrund: Sie war eigentlich als Anfang zu einer längeren Geschichte gedacht, nun dachte ich aber, dass sie so allein auch schon Aussagekraft hat. Details kann ich später noch aufklären.
Gruss!

 

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