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Tanjas Traum

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13.09.2007
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Tanjas Traum

Flugmaus Tanja hängt kopfüber an der Decke ihrer Höhle im Tannenforst Nummer 7.
Im Traum fliegt sie durch die Vollmondnacht, gleitet hoch oben über den Tannenspitzen bis hin zum Meer. Sie taucht ein in die schäumenden Wellen, will zu den silbernen Fischen schwimmen, doch, etwas hält sie fest, zerrt sie aus dem Wasser. Sie schreit, beißt, versucht sich, der Umklammerung zu entwinden. Mutter, es sind die Fänge ihrer feixenden Mutter: „Tanjuschka! Alles Liebe zum 113. Geburtstag, meine kleine Maus!"

Tanja fällt von der modrigen Höhlendecke direkt auf das verstaubte Eichhörnchenfell, erwacht, hustet. Keuchend wälzt sie sich hin und her, rammt sich eine Eichhörnchenkralle tief in die rechte Schulter. Jammernd rappelt sie sich auf. Sie denkt an Viktor. Vor langer Zeit schenkte er ihr dieses Fell. Damals waren sie blutjung und irrsinnig verliebt. Viktor ist längst tot und sie - 113!
Sie blickt an sich herab, sieht jedes einzelne Jahr: an ihrer runzeligen Haut, den hängenden Brüsten, dem Fettbauch und dem schlaffen Hintern. Täglich fühlt sie ihr Alter, am Keuchen während des Fluges, am unscharfem Radar und den schmerzhaft knackenden Knochen bei jeder Landung. Beim gestrigen Flugmausseniorenkreis schätzte Iwan sie auf 111..., dieser Schleimer.
Warm kleckert ihr Blut über den rechten Flügel. Nicht hinsehen! Panisch sucht sie das Fass mit dem vergorenen Rattenblut, sie muss die Wunde desinfizieren. Links hinten, zwischen Säften und Pökelfleisch, sollte das Fass zu finden sein. Ist es nicht.
"Ordnung ist das halbe Leben!“, ermahnt die Mutter sie im Geiste. Da verfängt sich Tanja mit ihren Hinterkrallen in dem Gewirr aus Herbstlaub und toten Würmern und fällt auf Mutters Grab. "‘tschuldigung, Mama!", murmelnd kriecht sie nach rechts: "Wo hab ich‘s nur? Zwischen den Häuten und Knochen kann‘s nicht sein.“ Doch genau hier findet sie das Fass. Sie desinfiziert die Stichwunde, es brennt höllisch, aber dieser süßliche Duft. Tanja lässt den dicken Saft über ihre Zunge in den Rachen rinnen. Wärme durchströmt sie, sie trinkt weiter. Die Schärfe des Rattenblutes treibt ihr die Tränen in die Augen, verbrennt ihre Kehle, ihren Leib. Sie fühlt sich federleicht, kickt das leere Fass bei Seite, schwebt an die Höhlendecke, verkrallt sich dort.
Langsam fängt die Decke an zu kreisen, legt an Geschwindigkeit zu und schleudert sie von sich. „Nicht schon wieder!“, schluchzt Tanja und fliegt aus ihrer Höhle in den Wald. Im Zickzack schießt die Flugmaus durch die Vollmondnacht, prallt gegen Tannenspitzen, flattert weiter, hin zum Meer. Sie glaubt sich in ihrem Traum, sieht die silbernen Fische, will zu ihnen, doch, jählings kracht etwas frontal gegen ihren Schädel. Ausgeknockt plumpst sie zu Boden und schläft traumlos bis zur nächsten Nacht und zum nächsten Morgen.

Flugmaus Tanja erwacht mit Brummschädel. Ihre Eingeweide fühlen sich an wie prall gefüllte Schläuche. Das Blut sprintet durch ihren kleinen Körper, hält unversehens an und wirbelt wieder los. Vorsichtig, sehr vorsichtig versucht sie ihre Augen zu öffnen. Doch es geht nicht. Ein heftiger Schmerz schießt vom linken Auge direkt ins Hirn. Sie ertastet mit ihren Mausekrallen eine Beule, groß wie ein Kuckucksei, mindestens. Und sie blutet. Sie kann ihr eigenes Blut sehen. Kann sie eben nicht. Tanja sackt weg. Ohnmächtig hört sie etwas tönen: "Sorry, das ging nicht anders. Ich, Andreas, der oberste Schutzengel aller Flugmäuse, musste es tun. Mein Auftrag lautet, Dich zu retten. Du wirst gebraucht, Tanja, gebraucht… braucht."
"Was?“, murmelt Tanja, „Pst! Mein Schädel!“ Sie tastet blinzelnd um sich: „Wo bin ich nur, verdammt noch mal. Hab ich mich verflogen? Denk nach, Tanja!“, nuschelt sie vor sich hin. „Aber das tut weh!“, jammert sie. „Was hab ich nur getrunken? Rattenblut, nie wieder Rattenblut! Ach, und dann bin ich zum Meer. Also, das Rauschen kommt gar nicht vom Saufen. Und das Veilchen“, zischt sie, „das war mein Schutzengel. He, Andy, spinnst Du? Tust Deine Flugmäuse k.o. hauen und erzählst was von ‘nem Auftrag.“ Tanja kreischt: „Keine Maus braucht mich, keine! So, und jetzt flieg – ich – heim!“
Sie hält in ihrer Bewegung inne. Das Meer heult zum Erbarmen? Nein, es sind die Wale! Ihr Heulen mischt sich mit Johlen und Lachen von Walfängern.
„Andy, kann es sein?“, Tanja schaut fragend um sich: „Ist das mein Auftrag?“ Sie blickt in den Himmel und lauscht. Jäh richtet sie sich auf, breitet ihre Flügel aus und schreit: „Flugmäuse aller Länder, her zu mir!"
Ein Heer von Vampiren schwärzt die Luft. Sie stürzen sich auf die Walfänger, saugen Ihnen das Rote aus dem Inneren. Jetzt heulen diese, rudern brüllend weg von den Walen. Die Männer springen aus ihren Booten, flüchten um sich schlagend in Richtung Ufer. Doch die Flugmäuse lassen sich einfach nicht abschütteln.
Taumelig fällt Tanja hinter ihren Artgenossen zurück. Selig benommen trudelt sie aufs Meer zu, auf die Oberfläche, ins Wasser. "Hilfe!“, brustet sie zappelnd, „Andy!"
Plötzlich hat sie wieder festen Boden unter ihren Krallen, wird hochgehoben an die Luft. Sie schüttelt sich und ruft: "Was ist das denn?"
"Frag besser: Wer ist denn das! Ich bin der kleine Wal Benjamin. Du hast mich gerettet, mich und meine Familie! Bitte komm mit zu meiner Herde. Die warten schon, dort draußen. Siehst Du?"

Schutzengel Andreas schaut all dem zu und schmunzelt. Der Auftrag ist erledigt. Flugmaus Tanja lebt. Sie lebt ihren Traum. Nun gut, sie schwimmt nicht mit den Fischen, doch sie zieht mit den Walen über die Meere. Und dieses Abenteuer hat gerade erst begonnen.

 

Hi Damaris,
sorry, aber damit kann ich nichts anfangen. Ist mir irgendwie zu verworren...
Grüße,
Maeuser

 

Hallo Maeuser,
das macht doch nichts.
Wäre schön, wenn Du mehr ins Detail gehen würdest. So kann ich mit Deiner Kritik nichts richtiges anfangen.
LG Damaris.

 

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