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Taubenherz

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10.09.2016
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Taubenherz

Fünfunddreißig Häuser. Alle Straßen hier trugen Vogelnamen: Amsel, Drossel, Fink und so weiter. Der Kuckuck bringt das Hochzeitskleid, hatte Papa mal gesagt. Langsam ließ er den Wagen ausrollen. Vor der Garage stand Opas Mercedes, der nur noch zur Pflege ausgefahren wurde.

Wir liefen durchs Gartentor, stiegen die Treppenstufen hinauf und Papa klingelte. Nach einer Weile sah ich einen Schatten hinter der Glastür. Die Tür öffnete sich und Oma Fine stand vor uns. Sie lächelte, drückte Papa und presste ihre Lippen auf seine Wange. Dann sah sie mich an. Ich wusste, dass ich ihr nun einen Kuss schuldete, und den gab ich ihr, auch wenn ihre Haut nach altem Apfel schmeckte.

Wir traten ein; drinnen war es kühl und dunkel und es roch nach dem Schrank in Papas und Mamas Schlafzimmer, der von Opa und Oma war. Opa stand im Flur und begrüßte uns. Er umarmte mich, nannte mich seinen Jungen. Ob wir Hunger hätten, fragte Oma; Papa sah mich an und ich schüttelte den Kopf und dann schüttelte auch er den Kopf.

Unsere Koffer brachten wir ins Schlafzimmer meiner Großeltern. Sie schliefen in getrennten Zimmern und wir in ihrem alten Ehebett. Das war gut gefedert und das Bettzeug immer kühl und glatt. Aus irgendeinem Grund waren die Rollläden dauerhaft verschlossen, sodass immer nur ein feiner Lichtstreifen hindurchfiel. Papa ging in die Küche und ich machte ein paar Liegestütze und Sit-ups auf dem Teppich. Mit vierzehn, spätestens, wollte ich Muskeln haben. Ich spürte, dass es darauf ankommen würde.
Irgendwann kam Papa zurück und sagte, dass wir jetzt doch einen Teller Suppe äßen. Ich nickte.
Oma Fines dünne Lippen tasteten nach dem Löffel. Ich rührte um, roch und sah zu, wie die Fleischklümpchen in der Suppe kreisten.
»Das ist Taube«, sagte Opa.

Wir aßen und hinterher räumten Papa und Oma den Tisch ab. Opa und ich gingen in den Waschkeller und trugen einen Korb nasser, duftender Wäsche nach oben und in den Garten. Gemeinsam zogen wir ein Laken straff, schüttelten es aus, dass die feinen Tropfen in der Sonne glitzerten, und warfen es über die Wäscheleine. Opa bedankte sich und sagte, ich könne mir etwas Süßes aus der Küche holen. Zwar kannte ich den Geschmack meiner Großeltern für Süßigkeiten bereits, doch schaden konnte es nicht. Opa ging ins Fernsehzimmer.
Ich fand ein paar Sahnebonbons, das war alles. Ich nahm eins, löste das Goldpapier und steckte es in die Hosentasche. Während ich mir das Bonbon in den Mund steckte, blieb mein Blick an etwas hängen.

Das Taubenherz lag auf einem Porzellanteller auf dem Küchentisch. Es war klein und grau, und dass es ein Herz war, erkannte ich an seiner Form. Eine Weile blieb ich dort stehen, betrachtete es, schluckte gelegentlich süßen Speichel herunter. Warum lag es hier und wer hatte es dort hingelegt? Ich vernahm das Ticken der Uhr, sonst war es still.

Es stellte sich heraus, dass das Herz für Papa war. Oma hatte es ihm gebraten und ich lernte, dass es ein gutes Stück sei. Opa schaute Fernsehen. Ich setzte mich zu ihm und gemeinsam sahen wir Conan der Barbar. Conan kämpfte gegen eine Echse. Er befreite einen Mann und gemeinsam flohen sie durch ein Labyrinth.
»Können wir Sechsundsechzig spielen«, fragte ich.
Opa nickte. Dann schaltete er den Fernseher aus.

Ich liebte es, Opa beim Mischen zuzusehen. Erst hielt er die Karten locker zwischen Daumen und Zeigefinger. Dann ließ er sie gleichmäßig in die andere Hand fallen. Den Rest konnten meine Augen nicht auseinanderhalten. Ich kannte niemanden, der so schön mischte wie Opa. Er teilte jedem von uns sechs Karten aus. Zum ersten Mal sah ich, dass etwas mit seinem rechten Daumennagel nicht stimmte.
»Was ist damit?«, fragte ich und berührte seine Hand.
»Da ist mir mal ein Pferd drübergelaufen«, sagte er.

Wir spielten einige Runden, und so wie ich wusste, dass Opa mich mochte, obwohl ich nur sein Stiefenkel war, so wusste ich auch, dass er beim Kartenspielen schummelte. Nicht ein Mal ließ er mich gewinnen.
»Hast du eigentlich ein paar Freunde im Fußballverein«, fragte er.
»Ja«, sagte ich.
»Und eine Freundin?«
Ich schüttelte den Kopf.

Bevor wir aufs Feld gingen, machte ich noch ein paar Liegestütze und Sit-ups. Ich befühlte meinen Bauch, hielt die Falte in der Hand und drückte mit den Fingerspitzen tiefer, um zu eventuellen Muskeln vorzudringen. Dann ging ich in die Küche und machte mir einen Kakao. Oma fragte, wo Papa sei und ich sagte, im Garten, beim Pflaumenbaum. Als ich die Milch in den Kühlschrank zurückstellte, sah ich das Taubenherz dort auf dem Teller liegen. Anscheinend hatte er es nicht angerührt.

»Wir gehen zum Schlag«, sagte Opa zu Oma und hielt mir meine Jacke hin.
»Ich war nie dort«, sagte ich, als hätte sie danach gefragt.
Oma nickte.
Im Garten stand Papa mit einem Weidenkorb, pflückte Pflaumen. Der Baum war zu seiner Geburt gepflanzt worden, das hatte er mir mal erzählt. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass wir nur zum Ernten und Stutzen der Äste herfuhren. Opa und ich liefen durch den Kuckucksweg, durch Amsel- und Adlerstraße. Ich zählte zwölf Briefkästen.

Über dem Feld hingen graue Wolken und das Getreide leuchtete. Es war nicht mehr ganz warm. Opa zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und ich auch.
»Wie viele Tauben hast du?«, fragte ich.
»Dreiundzwanzig«, sagte Opa.
»Macht es Spaß, Tauben zu haben?«
»Es ist ein Hobby«, sagte er. »Außerdem schmecken sie gut.«
»Kann man auch Briefe mit ihnen versenden?«
»Ja, das geht auch.«
»Aber wie finden sie zurück?«
»Die haben GPS«, sagte Opa. Wir lachten.

Der Taubenschlag war anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Ein hoher, von Wellblech zusammengehaltener Kasten, vor dem ein Jeep parkte.
»Herri ist da«, sagte Opa.
Wir traten durch die offene Tür. Ein Mann mit weißer Schürze grüßte uns. Vor ihm auf dem Tisch stand ein Käfig, indem einige Tauben scharrten, daneben lag ein Messer.
»Wir teilen uns das hier«, sagte Opa. »Na, Herri. Guck’ mal, wer da is’.«
Herri sah mich an, wischte sich eine Hand an der Schürze ab und hielt sie mir hin.
»Mein Enkel.«
Herri nickte. »Das seh’ ich.«
Kurz überlegte ich, ob man da wirklich etwas sehen konnte.
Herri öffnete den Käfig, griff hinein und zog eine braune Taube heraus. Seine großen Hände umschlossen ihre Flügel. Er überreichte sie mir und ich gab mir Mühe, die Flügel nicht zu fest gegen den Körper zu drücken. Mit beiden Händen hielt ich sie. Ihre schwarzen Augen starrten mich an oder an mir vorbei; ihr Bauch fühlte sich warm an, die Federn waren weich und ich spürte ihren Herzschlag.

Es roch nach Kuchen, als wir zurückkamen. Oma stand im Flur und nahm uns die Jacken ab. In der Küche lief Radio, Eintracht gegen Mainz. Papa hatte Omas karierte Schürze an und die Hände in der Teigschüssel.
»Du kannst mir helfen«, sagte er.
»Willst du etwa noch einen backen?«, fragte ich.
Papa antwortete nicht.
Draußen begann es zu regnen, Papa kippte das Fenster. Schweigend lauschten wir dem Kommentator und dem Regen. Papa drückte Teig in die Springform und ich entkernte die übrigen Pflaumen.

Abends aßen wir kalt. Ich mochte das Brot meiner Großeltern nicht. Es war gräulich und trocken und alles schmeckte darauf gleich. Zu trinken gab es Wasser, sodass sich nach langem Kauen ein Matsch aus Brot und Wurst in meinem Mund bildete, den ich im Ganzen herunterschluckte.
»Darf ich aufstehen?«, fragte ich und schaute in die Runde.
Papa nickte.

Als Papa kam, hatte ich die Zähne schon geputzt. Ich lag im Bett und blätterte in einem Spawn Comic. Spawn hatte sich in Satans rechtem Arm vergraben und bohrte sich nun von innen ein Loch durch seinen Bizeps. Satan schrie, sein Bizeps platzte und er blutete grünen Schleim.
»Wolltest du kein Fernsehen mehr schauen?«, fragte Papa und knöpfte sein Hemd auf.
»Heute nicht«, sagte ich.
»Ich hab’ mit Mama telefoniert und ihr erzählt, dass du mit Opa bei den Tauben warst.«
Ich legte den Comic beiseite.
»Warum hat Opa einen schiefen Daumennagel?«, fragte ich.
»Ich glaube, von der Kriegsgefangenschaft«, sagte Papa. »Habt ihr darüber gesprochen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Er war nur ein paar Jahre älter als du.«
»Glaubst du, er hat mal wen umgebracht?«, fragte ich.
»Weiß ich nicht«, sagte Papa. »Er hat darüber nicht gesprochen.«
»Also hat er es vielleicht getan«, sagte ich.
»Erzähl nicht so einen Mist. Du kannst froh sein, nicht im Krieg aufzuwachsen.«
»Woher willst du das wissen?«
Papa sah mich verwundert an, dann knipste er das Licht aus.

Als ich erwachte war es dunkel. Nur ein schmaler Streifen Tageslicht fiel von den verschlossenen Rollläden ab. Barfuß schlich ich mich aus dem Zimmer.
In der Küche saß Oma. Vor ihr auf dem Tisch lagen die zwei Pflaumenkuchen und ein dickes Buch mit dem Gesicht von Papst Benedikt, dessen Mund durch die Gläser ihrer Lesebrille verzerrt wirkte.
»Möchtest du einen Kakao?«, fragte Oma.
Ich nickte.

Das Glas in der Hand ging ich ins Fernsehzimmer. Opa stand in Unterhemd und Boxershorts da und machte Kniebeugen. Er atmete stoßweise aus und sah mich nicht an. Ich stellte den Kakao beiseite, kniete mich hin und machte ein paar Liegestütze.
»Das hier ist gut«, sagte Opa und machte eine Bewegung, die an das Schlagen großer Schwingen erinnerte. Die Ellbogen raus, dann die Arme spreizen. Ich probierte es ein paarmal, bis ich die Lust verlor.
»Ich geh’ Papa wecken«, sagte ich.
Opa schaute weiter geradeaus.

Ich schob die Tür einen Spalt auf und sah Papa mit halb geöffnetem Mund daliegen. Er schnarchte. Ich beschloss, ihm noch zehn Minuten zu geben, nahm mir das Spawn Heft vom Nachttisch und zog die Tür leise hinter mir zu.
»Ich setz’ mich zu dir«, sagte ich.
Oma nickte.

Wir achteten nicht auf die Zeit, bis Papa irgendwann von selbst kam. Er wirkte grummelig, noch nicht ganz wach. Oma setzte Wasser für einen Tee auf.
»Na, du Bengel«, brummte er.
Ich beäugte ihn kritisch.
»Willst du deiner Oma nicht mal helfen?«
»Doch«, sagte ich.
»Wo ist Opa?«
»Macht Sport.«

Zuerst dachte ich, Papa würde uns rufen, aber dafür war seine Stimme zu laut. Sofort rannte ich ins Fernsehzimmer; ich sah Papa über Opa gebeugt, er drückte auf seine Brust.
»Ruf einen Notarzt!«, schrie er.
Ich stand da, konnte an nichts denken.
»Los!«

Ich rannte zum Telefon. Ein Mann mit ruhiger Stimme nahm ab.
»Sie müssen sofort kommen«, sagte ich. »Mein Opa stirbt.«
»Wo ist er denn?«, fragte der Mann.
»Im Kuckucksweg ..."

Ich hatte Papa noch nie weinen gesehen. Er drückte noch immer auf Opas Brust, während Oma da kniete und seine Hand hielt. Er weinte und ich verstand zum ersten Mal, dass Opa sein Vater war.

Der Krankenwagen nahm Opa mit. Oma weinte in Papas Schulter hinein. Papa deutete mir herzukommen und nahm mich in den Arm. Ich weinte und dachte kaum darüber nach, wie es gewesen wäre, jetzt nicht weinen zu können. Opa war weg; und das war etwas Endgültiges. Was gestern gewesen war, wirkte bereits fern. Ich hielt mich an Papa fest.

Omas Augen schauten leer. Wir tranken Tee und Papa telefonierte. Es gab nichts zu bereden. Papa kam in die Küche und nickte. Sofort brach Oma in Tränen aus. Papa setzte sich zu ihr und ich legte meine Hand auf ihre.

Wir aßen eine Kleinigkeit. Das graue Brot schmeckte; weil ich hungrig war und traurig. Niemand sagte etwas. Omas Lippen bebten beim Kauen, sie sah in meine Richtung, aber an mir vorbei. Wir blieben lange sitzen. Papa fragte, ob er Tante Irmela anrufen solle, und Oma nickte. Ich wollte nicht mit ihr allein in der Küche sein. Etwas an ihr machte mir Angst.
»Ich muss in den Garten«, sagte ich.
»Bleib bei deiner Oma«, sagte Papa.

Ihr graues, faltiges Gesicht wirkte ausdruckslos. Still musterte sie mich.
»Bist ein guter Junge«, sagte sie, und: »Der Papa hat dich lieb.«
Ich wusste, dass ich darauf nichts antworten brauchte.
»Die Oma hat dich auch lieb«, sagte sie.
Die Pflaumenkuchen lagen auf der Anrichte. Ich fragte mich, ob wir sie noch essen sollten.

Am Nachmittag kam meine Tante Grete zu Besuch. Sie küsste Papa auf die Wange, sie weinten, und das war ansteckend. Zusammen aßen wir fast einen halben Kuchen. Wir hatten sogar Schlagsahne. Ich dachte an Opa und die GPS-Tauben und so musste ich, den Kuchenbrei im Mund, schon wieder weinen.

Grete wollte sich alte Fotos anschauen, als müsste sie sich Opa erst in Erinnerung rufen, dachte ich. Papa wollte das nicht und ich spürte, dass es kurz davor war, Streit zu geben. Später kam mein Onkel und brachte meine Cousine und Tante Irmela mit. Alle umarmten sich. Meine Cousine weinte viel. Es war klar, dass Opas Tod auch andere Personen außer Papa, Oma und mich traurig machte. Trotzdem erstaunte es mich auf eine Art.

Am Abend fuhren wir in ein Restaurant. Oma saß bei uns im Auto. Ich beobachtete sie im Rückspiegel. Sie sah klein aus und beengt, obwohl sie die ganze Rückbank für sich hatte. Sie schaute nur auf ihre Hände.
Der Schotter knirschte unter den Reifen. Mit den drei Autos war der Parkplatz belegt. Ich erinnerte mich, dass wir hier schon einmal gegessen hatten. Papa sagte, ich solle mir etwas Gutes aussuchen. Ich entschied mich für Lende vom Schwein mit Pilzen und Ofenkartoffeln. Papa sagte, ich dürfe auch ein Glas Wein trinken, aber ich wollte nicht.

Als sie den Nachtisch brachten, kam meine Mutter. Sie hielt meine Schwester auf dem Arm. Ihre Haare waren glatt und sie trug Lippenstift. Den ganzen Weg hatte sie auf sich genommen.
Wir blieben, bis alle ihren Nachtisch gegessen hatten. Mama bestellte nichts. Papa trank einen Kaffee und der Kellner brachte die Rechnung.

Wir fuhren in den Kuckucksweg zurück. Mama saß neben Oma auf der Rückbank und Lisa auf Omas Schoß. Ich freute mich, dass Mama da war. Mit ihr war es immer am schönsten bei Oma und Opa. Die Erwachsenen setzten sich in die Küche und Papa brachte Lisa ins Bett. Ich spielte Uno mit meiner Cousine. Mehrmals sagten wir, dass wir es traurig fänden.

Papa schlief in Opas Zimmer und ich teilte mir das Bett mit Mama und Lisa. Es fiel mir nicht schwer, einzuschlafen. Träume zogen vorbei, blieben nicht lang. Wieder erwachte ich im Dunkeln. Kurz hatte ich das Gefühl, in Papas Körper zu stecken, doch als die Füße den Teppich berührten, war ich wieder ich.
Ich ging in die Küche. Oma war nicht da. Ich setzte Wasser auf und warf einen Blick in den Kühlschrank. Das Herz war nicht mehr da, vielleicht hatte Papa es gegessen.

Für heute nahmen wir uns vor, einen Spaziergang zu machen. Trauerkarten mussten verschickt und eine Todesanzeige aufgegeben werden. Papa fuhr zum Bestatter und ich blieb mit Mama, Oma und Lisa zu Hause. Als Papa wiederkam, wollte niemand mehr spazieren gehen. Er hatte die Karten mitgebracht. Kondolenzkarten.
Überall setzte ich meinen Namen mit dazu. Schließlich war ich Opas Enkel, und auch wenn die Verwandtschaft noch nicht allzu viel über mich wissen konnte, so war ich doch froh, dass zumindest hierüber kein Zweifel bestand.

 

Hallo Carlo,

Deine Geschichte finde ich berührend und sie wirkt sehr authentisch, fast autobiografisch auf mich. Sie hat mich an vieles erinnert.

Deine Sprache hat mich durch den Text begleitet, unauffällig und klar. Ich finde die Figuren alle sehr glaubwürdig beschrieben.
Vom Spannungsaufbau finde ich die Geschichte nicht ganz so spannend wie andere Texte von Dir, aber hier geht es eher um die Liebe zum Opa, die durchschimmert.

Carlo schrieb:
Vor der Garage stand Opas grauweißer Mercedes, der seit Jahren im Ruhestand war, wie es hieß, und nur noch zur Pflege ausgefahren wurde.
>>> herrlich: ein Mercedes im Ruhestand. Und gleichzeitig funktioniert die Textstelle als Vorausdeutung. Hier ahne ich schon, dass etwas mit dem Opa geschehen wird.
Carlo schrieb:
Das Taubenherz lag auf einem Porzellanteller auf dem Küchentisch.
>> da war ich geschockt.
Carlo schrieb:
Zum ersten Mal sah ich, dass etwas mit seinem rechten Daumennagel nicht stimmte.
»Was ist damit?«, fragte ich und berührte seine Hand.
»Da ist mir mal ein Pferd drübergelaufen«, sagte er.
>>> toller Dialog.
Carlo schrieb:
Wir spielten einige Runden, und so wie ich wusste, dass Opa mich mochte, obwohl ich nur sein Stiefenkel war, so wusste ich auch, dass er beim Kartenspielen schummelte. Nicht einmal ließ er mich gewinnen.
>>
Carlo schrieb:
»Aber wie finden sie zurück?«
»Die haben GPS«, sagte Opa und wir mussten lachen.

Carlo schrieb:
»Glaubst du, er hat mal jemanden umgebracht?«, fragte ich.
»Das weiß ich nicht«, sagte Papa. »Er hat darüber nicht gesprochen.«
»Also hat er es getan«, sagte ich.
>> stark. Als Leser stelle ich mir die Frage auch. Und die Antwort des Ich-Erzählers kann nur von einer sehr jungen Person kommen...
Carlo schrieb:
»Willst du deiner Oma nicht helfen?«
»Doch«, sagte ich.
»Wo ist Opa?«
»Macht Sport.«
>> gefällt mir in dieser totalen Verknappung.
Carlo schrieb:
Das graue Brot schmeckte; weil ich hungrig war und traurig.
>>> die Ambiguität berührt mich.

lg petdays

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola @Carlo Zwei,

auch wenn es ein tatsächliches Taubenherz ist, wie es sich beim Lesen herausstellt, dachte ich beim ersten Blick auf den Titel ein wenig an „Tintenherz“ und Konsorten. Titel dieser Art sind mir meist nicht ganz geheuer – die klingen nach Auflage.

... so parkte mein Stiefvater das Auto direkt vorm Bungalow. Vor der Garage stand Opas grauweißer Mercedes, der seit Jahren im Ruhestand war, wie es hieß, und nur noch zur Pflege ausgefahren wurde. Papa öffnete das Gartentor, ...
Die zwei Herren sind ein und dieselbe Person?
ein kaum süßer Matsch aus Brot und Wurst
Das könntest Du nochmals überdenken. Wieso 'kaum süß'?

»Ich glaube, von der Kriegsgefangenschaft«, sagte Papa. »Habt ihr darüber gesprochen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Er war nur zwei, drei Jahre älter als du.«
Hier schleift es bei mir: Angenommen, der Junge ist zwölf, dann wäre Opa mit fünfzehn in Gefangenschaft ... ?
Vor ihr auf dem Tisch lagen die zwei Pflaumenkuchen ...
Nur eine Korinthe, aber mit dem ‚liegen’ komme ich nicht klar.

»Na, du Bengel«, raunte er.
Ich beäugte ihn kritisch.
»Willst du deiner Oma nicht helfen?«
Helfen wobei? Und ‚beäugen’? Und 'raunen' :sconf:?

Omas Augen schauten leer.
Oma schaute ihn an ...
sie sah in meine Richtung, ...
aber schaute ihn nicht an.
Wir schauten uns an.
Diese Schauerei drängt sich auf wenigen Zeilen. Bisschen eintönig, mMn.

Es erschien mir nicht ohne Zusammenhang ...
Klingt eher wie Autor, nicht wie Junge: ‚erscheinen’, ‚nicht ohne’.

Die Pflaumenkuchen lagen auf der Anrichte. Ich fragte mich, ob Papa sie jetzt noch essen wollte.
sie = zwei Pflaumenkuchen!

Sie sah klein aus und beengt, obwohl sie die ganze Rückbank für sich hatte. Sie schaute nur auf ihre Hände.
Das ist richtig schön.

Papa schlief in Opas Bett und ich mit Mama und Lisa zusammen.
Der Bub schläft mit Mama & Lisa? Nichts im Text gibt einen Hinweis auf das Alter des Protas, wenn der zu Mutter und Schwester kuschelt ... ... Ich bekomm das nicht unter einen Hut mit der Rede von der Kriegsgefangenschaft. Plus zwei o. drei Jahre? Dann wäre Opa fast noch ein Kind gewesen.

Kurz hatte ich das Gefühl in Papas Körper zu stecken, ...
Ach nee ... – Papa ist doch der Stiefvater ...

Ich machte mir einen Kakao und stellte die Milch zurück in den Kühlschrank.
Das wird mir zu eintönig, drei- oder viermal Kakao brauch ich nicht.

Er hatte die Karten mitgebracht.
Ja, natürlich – Ansichtskarten.
Kondolenzkarten.
Ach!?

Lieber Carlo Zwei, dieser Text erfüllt nicht meine Erwartungen. Auch wenn es nur private Empfindung ist, so kenne ich doch Texte von Dir, die mir mehr Spaß gemacht haben.

Es liest sich monoton. Vielleicht schwebt Dir vor, dem Leser einen Text zu bieten, der sehr ähnlich geschrieben ist wie ein pflichtschuldigst geführtes Tagebuch.

Nur komme ich über eine so lange Strecke als Leser nicht auf meine Kosten: Der Opa macht dies, Vater sagt das, Oma schaut so, die Tante kommt, und der Onkel, ich immer mittendrin, Pflaumenbaum und Pflaumenkuchen.

Vielleicht wäre ‚Pflaumenkuchen’ der bessere Titel gewesen, denn das Taubenherz auf dem Tisch, liebevoll gebraten, doch vergessen – oder gar verschmäht? – hat überhaupt keine Funktion.

Allerdings fällt mir noch die Metaebene ein: Könnte es sein, dass Du hier etwas erzählst, was ich beim ‚einfachen Lesen’ nicht kapiere, dass ich wegen des lapidaren Stils die feinen Andeutungen übersehe? Dann Schande auf mein Haupt!

Ansonsten soll uns nichts aufhalten bei unserem Streben nach literarischem Ruhm.
Schönen Gruß!
José

 

Liebe @petdays ,

danke für deine Zeit und deinen Kommentar.

Deine Geschichte finde ich berührend und sie wirkt sehr authentisch, fast autobiografisch auf mich.

Das freut mich. Klar gibt es da autobiografische Bezüge.

Deine Sprache hat mich durch den Text begleitet, unauffällig und klar. Ich finde die Figuren alle sehr glaubwürdig beschrieben.

Danke dafür

Vom Spannungsaufbau finde ich die Geschichte nicht ganz so spannend wie andere Texte von Dir, aber hier geht es eher um die Liebe zum Opa, die durchschimmert.

ja, so sehe ich es auch. Außerdem finde ich es (bislang) auch nicht verkehrt, dass die Geschichte ruhig anfängt und dann plötzlich umschlägt.

>>> herrlich: ein Mercedes im Ruhestand. Und gleichzeitig funktioniert die Textstelle als Vorausdeutung. Hier ahne ich schon, dass etwas mit dem Opa geschehen wird.

Interessant. Hatte ich gar nicht auf dem Schirm, dass das so gelesen werden kann. Aber stimmt schon. Man kann es auch als Stagnation lesen.

>> da war ich geschockt.

Hehe, schön. So soll es sein.

>>> die Ambiguität berührt mich.

Finde ich eine interessante Überlegung, dass das an der Ambiguität liegt, also daran, dass das implizite Regeln anspricht, die aber nicht deutlich gemacht werden. Ich denke, so funktionieren die meisten Details.

Danke nochmal!

---

Hey @josefelipe ,

danke für deinen Kommentar.

auch wenn es ein tatsächliches Taubenherz ist, wie es sich beim Lesen herausstellt, dachte ich beim ersten Blick auf den Titel ein wenig an „Tintenherz“ und Konsorten

vielleicht sollte ich es das nächste Mal 'Das Taubenherz in Zeiten der Cholera' nennen. Da finde ich einmal einen Titel selbst passend und dann mag José ihn nicht.

Die zwei Herren sind ein und dieselbe Person?

Ja. Das dürfte klar sein.

Angenommen, der Junge ist zwölf, dann wäre Opa mit fünfzehn in Gefangenschaft

Ja. Das hat es in Russland gegeben. Mal schauen, ob sich noch jemand daran stört. Beobachte ich.

aber mit dem ‚liegen’ komme ich nicht klar.

was hättest du geschrieben. Wollte es schlichthalten. Etwas anderes fällt mir zumindest gerade nicht ein.

Das ist richtig schön.

danke

Nichts im Text gibt einen Hinweis auf das Alter des Protas

meinst du wirklich?

Das wird mir zu eintönig, drei- oder viermal Kakao brauch ich nicht
das Taubenherz auf dem Tisch, liebevoll gebraten, doch vergessen – oder gar verschmäht? – hat überhaupt keine Funktion.

Doch, es hat ganz sicher eine Funktion; aber das will ich dir ungern vorkauen, weil ich denke, dass man das schon verstehen kann.

dieser Text erfüllt nicht meine Erwartungen

Das tut mir leid, kann ich nicht ändern.

Allerdings fällt mir noch die Metaebene ein: Könnte es sein, dass Du hier etwas erzählst

Ja, das könnte sein.

Danke für deine Zeit, José, und bis bald.

 

Hallo @Carlo Zwei,

deine Sprache, die bildlichen Vergleiche, die gewählte Perspektive gefällt mir auch sehr gut. Der Stil liest sich gefällig. Da macht Lesen Spaß.
Mich rührt die Beschreibung der Beziehung zwischen Enkelkindern und Großeltern häufig sehr, insofern hast du mich mit dem Thema schon mal am Haken.

Trotz des Lobes bzgl. deiner Sprache, glaube ich, dass es für eine Geschichte nicht reicht, gut schreiben zu können. Mir sind zu viele Handlungen zu genau beschrieben und ich weiß nicht immer, wozu das für den Inhalt relevant ist. Da könntest du etwas kürzen (ich weiß, dass man das nicht gern hört, aber kann natürlich auch Geschmackssache sein).
Was mir jedoch fehlt ist ein Konflikt. Das liest sich alles sehr realistisch, aber mE braucht es mehr Disharmonien bzw. widerstreitenden Interessen oä, weil man sonst den Text z.T. überfliegt.
Und wenn ich den Komm. von AWM nicht gelesen hätte, würde ich auch noch schreiben, dass ich nicht wirklich verstehe, was die Message ist. Aber das kann natürlich daran liegen, dass ich kein Zwischendenzeilenleser bin und es gern einfach gestrickt bekomme.

Wir spielten einige Runden, und so wie ich wusste, dass Opa mich mochte, obwohl ich nur sein Stiefenkel war, so wusste ich auch, dass er beim Kartenspielen schummelte. Nicht ein Mal ließ er mich gewinnen.

Das macht den Opa so menschlich, weil ich eigentlich dachte, jetzt kommt, dass er den Kleinen gewinnen lässt. Aber nix ... Und den Ich-Erzähler so liebenswert, weil er nichts dazu sagt.

»Aber wie finden sie zurück?«
»Die haben GPS«, sagte Opa und wir mussten lachen.

Herrlich!

Ich rannte zum Telefon. Ein Mann mit ruhiger Stimme nahm ab.
»Sie müssen sofort kommen«, sagte ich. »Mein Opa stirbt.«
»Wo ist er denn?«, fragte der Mann.
»Im Kuckucksweg.«

Dieser Dialog kommt mir nicht so realistisch vor. Gibt es im Kuckucksweg nur ein Haus? Sonst müsste zumindest eine Nr. genannt werden. Weiß nicht genau, aber ich glaube, es werden auch noch ein paar andere Sache abgefragt. Aber ich bin da auch nicht vom Fach.

Es war klar, dass Opas Tod auch andere Personen außer Papa, Oma und mir traurig machte.
mich

Abschließend kann ich nur sagen, dass ich das sprachlich und auch von der Figurenzeichnung sehr gut fand, nur mir war das zu lang und auch etwas zu zahm und hatte zu wenig Höhen und Tiefen. Da kannst du mehr draus machen.

Schönes Wochenende wünsche ich Dir
Aurelia

 

Servus Carlo,

Im Kuckucksweg war immer etwas frei und so parkte mein Stiefvater das Auto direkt vorm Bungalow. Vor der Garage stand Opas grauweißer Mercedes, der seit Jahren im Ruhestand war, wie es hieß, und nur noch zur Pflege ausgefahren wurde. Papa öffnete das Gartentor, stieg die Stufen zur Tür hinauf und klingelte.
1. Kürzungsvorschläge; grauweiß ist mir ein wenig zu aufgebläht in dem Satz und das Narrative „wie es hieß“ ist sehr redundant. Was sagt der Satzeinschub aus?

Nach einer Weile sah ich einen Schatten hinter der Glastür. Ich lief durchs Tor, die Tür öffnete sich und Oma Fine stand vor uns. Es sah aus, als lächelte sie. Sie drückte Papa und presste ihre Lippen auf seine Wange. Dann sah sie mich an und kam die Stufen herab. Ich wusste, dass ich ihr einen Kuss schuldete, und den gab ich ihr gern, auch wenn ihre Haut nach altem Apfel schmeckte.
Der Anfang ist mir zu konfus. Erst ist es der Stiefvater, dann der Vater. Ok, kann man machen - da muss man allerdings sehr konzentriert lesen und eins und eins beim Lesen zusammenzählen. Es kommen vor: Vater, Opa, Stiefvater. Kurz danach Oma und wieder Papa. Gleichzeitig hab ich im zweiten Absatz ein Perspektivproblem, denn irgendwie hatte ich den Erzähler zuvor im Haus nach draußen blickend gesehen; jetzt steht er plötzlich neben dem Vater und blickt von draußen durch die Milchglastür nach drinnen, wo er die Oma sieht. Ich dachte zuerst, der Junge steht drinnen, der Vater oder Stiefvater (oder beide in einer Person) steigt draussen aus dem Auto aus, der Junge sieht irgendwie die Oma durch die Tür und dann erscheint sie hinter dem Rücken des Vaters. Also, da sind viele Figuren und zwei Uneindeutigkeiten auf engem Raum gleich zu Anfang, da solltest du noch mal ausdünnen, meiner Meinung nach. Gerade das Papa Stiefvater-Ding braucht jedenfalls bei mir große kognitive Ressourcen, wenn dann noch viele andere Dinge auftauchen und auch unklar sind, wie die Perspektive wer drinnen und draußen ist, überfordert das schnell.

Ansonsten hat mir der Text gut gefallen. Gerade das Herz der Taube, das in der Familie gegessen wird, finde ich sehr gut. Im Grunde geht die Geschichte auch um Herzen - der Großvater stirbt später an einem Herzanfall. Ich empfinde das als sehr symbolisch, dass sie das zuvor als Ritual essen und es charakterisiert auch sehr schön und macht einzigartig.

Was mich diesmal etwas genervt hat, war, dass der Junge sich wieder an die Speckröllchen fasst. Das kommt bei deinen Texten echt oft vor :D Im letzten Text machte das auch Sinn und war kohärent, da es auch um Mobbing, Scham und die Überwindung dessen ging; hier steht die Szene leer im Raum und hat daher eher die Wirkung einer Selbstbemitleidung.

Die Trauer, das Danach, wirkt für mich sehr authentisch.

Zwei Punkte.
Vielleicht liegt es an mir, aber ich habe das Gefühl, sehr viele junge Leute, die mit dem Schreiben anfangen oder es eben tun, schreiben früher oder später von ihren Großeltern bzw. eben von literarischen Figuren „Großeltern“, die aber immer damit spielen und auch nur deshalb funktionieren, weil man als Leser an seine eigenen Großeltern denkt und sich dort an Emotionen bedient, anstatt dass sie der Text erzeugen muss. Ich muss sagen, ich bin kein Fan davon. Nimm es mir nicht übel, ich hoffe, ich trete dir da nicht zu nahe, aber das Thema Großeltern und Vergänglichkeit ist für mich - und ich lege die Messlatte für dich jetzt mal höher an - irgendwo auch in Teilen „banal“. Deine Figuren wirken alle lebendig und du machst vieles sehr richtig, gerade die Sportszenen haben mir außerordentlich gut gefallen, aber irgendwo wirken Großelternfiguren in Texten für mich immer als Projektionsfläche für eigene Verwandte, sie sind sich immer verdammt ähnlich (die Figuren) und damit auch irgendwo stereotyp, und ich werfe ihnen irgendwo auch vor, nur deshalb zu funktionieren, weil ich eigene Großeltern habe, von denen ich welche verloren habe oder die Angst und das Wissen um diese Vergänglichkeit habe. So schmerzt mich beim Sterben deiner Figur eher mein eigener Großvater, an den mich deine Figur natürlich erinnert - weil sie bewusst oder unbewusst wie DIE Großvaterfigur gezeichnet ist - als das Ableben deiner literarischen Figur. Kann man machen, aber ich schreibe dir das, dass es dir vielleicht bewusst wird, wie dein Text, seine Figuren und Funktionalität aufgebaut ist, da ich denke, dass du das evtl. nur in Teilen bewusst gestaltet hast (was natürlich nicht schlimm ist).

Der Text ist gut, er funktioniert, liest sich. Ich bin mir sicher, er wird seine Leser finden, aber ich möchte dir einen Anstoß geben, bei deinen Figuren nachzulegen und dich nicht allzu sehr auf nostalgische Gefühle zu verlassen, sondern deine eigenen, starken Figuren zu schaffen, weil ich weiß, dass du es kannst. Der Vater hier, der aggressive Junge deiner letzten Story, das sind starke, lebendige und eigenständige Figuren; die Großeltern und in größeren Teilen auch dein Erzähler sind für mich nicht so (kraft-)volle Figuren, sondern sie leben zu stark von der Projektion deiner Leser aus ihrem eigenen Leben. Mir gefällt auch das Thema oder die Prämisse „Großeltern sterben“ nicht, ich finde es irgendwo banal, nimm es mir nicht übel. Vllt liegt das wie gesagt auch an mir, aber ich habe das Gefühl, es ist ein ähnliches Thema wie „Mann begeht Selbstmord“-Geschichten, die Autoren zu einem bestimmten, frühen Punkt ihrer Karriere magisch anzieht.

Nur mein Senf dazu.

Gern gelesen.

Viele Grüße,
zigga

 

Hallo CarloZwei,

Taubenherz

Schöner Titel. Weckt auf jeden Fall mein Interesse.

Vor der Garage stand Opas grauweißer Mercedes, der seit Jahren im Ruhestand war, wie es hieß, und nur noch zur Pflege ausgefahren wurde.

Noch so ein toller Satz, und das gleich am Anfang. Die Doppeldeutigkeit gefällt mir gut.

auch wenn ihre Haut nach altem Apfel schmeckte.

Tolles Bild! Gut vorstellbarer Geruch.

»Hast du eigentlich eine Freundin«, fragte er.

Fragezeichen fehlt.

Das war's schon. Sprachlich also sauber, mit ein zwei schönen Bildern, aber danach empfinde ich den Text als schwächer, nahezu belanglos. Die Verbindung Taubenherz und Tod des Opas finde ich dann doch zu konstruiert, und zu sehr auf Effekt getrimmt. Das Taubenherz hat m.E. keine größere Bedeutung, vielleicht verstehe ich etwas auch nicht.

Du benutzt häufig viele, kurze Sätze. Dadurch bekommt der Text etwas Stakkatohaftes, was mir persönlich mißfällt.

Omas Augen schauten leer. Wir tranken Tee und Papa telefonierte. Es gab nichts zu bereden. Papa kam in die Küche und nickte. Oma schaute ihn an und brach erneut in Tränen aus. Papa setzte sich zu ihr und ich legte meine Hand auf ihre.

Diesen Absatz habe ich jetzt mal willkürlich ausgewählt. Sechs Sätze auf engem Raum und alle beschreiben Banalitäten, alltägliche Handlungen: Tee trinken, schweigen, telefonieren, Hand auflegen, etc. Ich vermute, dass du bewußt kurze Sätze mit der Beschreibung von Handlungen statt Gefühlen geschrieben hast, um ja nicht gefühlsduselig zu wirken, was ich prinzipiell gut finde (bei @zigga 'Grillfest' hat das gut funktioniert, der Text hat mich erreicht, ich hatte beim Lesen 'einen Moment'). Aber der Opa bleibt bis zu seinem Tod insgesamt zu blass, es wird nicht klar, was der Enkel so sehr an ihm schätzt, und ich als Leser bin dann auch nicht erschüttert. Der Junge weint dann, was nachvollziehbar ist aber im Rahmen deiner Geschichte nicht spannend, sondern eben normal ist. Möglich wäre ja auch, dass alle um den Jungen herum weinen und er die Tragik zunächst nicht versteht, bis er am Abend oder Tage später durch ein scheinbar irrelevantes Ereignis den Tod und das Sterben verstehen lernt.

LG,

HL

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Carlo,
Es ist schon einiges geschrieben worden, dem ich zustimmen möchte, zum Beispiel über Spannung und stellenweise allzu akribische Wiederholungen. Ich gehe daher vor allem auf zwei Aspekte ein, die mich etwas irritieren. Da ist zum einen das Alter des Ich-Erzählers, zum andern das Verhältnis, in dem er zu der "Oma" steht.
Hier einige Textstellen zu Punkt eins:

Er umarmte mich, nannte mich seinen kleinen Jungen.

Ich schätze, unter zehn

»Hast du eigentlich eine Freundin«, fragte er.
Ich schüttelte den Kopf.

Da würde ich eher nach seinen Freunden fragen lassen. Oder seinen Sportskameraden;).

Zu Fuß liefen Opa und ich den Kuckucksweg hinab, vorbei an Bungalows und manchen Villen. Ich fragte mich, wie Opa es vom Gemüsehändler zu so etwas gebracht hatte.

Für mich zu altklug. Wie soll ein kleiner Junge das einschätzen können?
Oder hat er es von den Erwachsenen aufgeschnappt? Ich verweise auf deinen letzten Satz.

»Ich glaube, von der Kriegsgefangenschaft«, sagte Papa. »Habt ihr darüber gesprochen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Er war nur zwei, drei Jahre älter als du.«
»Glaubst du, er hat mal jemanden umgebracht?«, fragte ich.
»Das weiß ich nicht«, sagte Papa. »Er hat darüber nicht gesprochen.«

Opa in Kriegsgefangenschaft als Kind? Oder ist der Prota doch schon zwölf oder dreizehn? Und Krieg ist ein Tabuthema in der Familie?

Er weinte wie ein Kind, und ich verstand, dass Opa sein Vater war.

Was meinst du damit? Auch mit zehn wissen Kinder in der Regel, dass der Opa Vater von Papa oder Mama ist.

Papa sagte, ich dürfe auch einen Schluck Wein trinken, aber ich wollte nicht.

Als Kind durfte ich in der Weingegend Südbaden ab dreizehn mittrinken ...

Papa schlief in Opas Bett und ich mit Mama und Lisa zusammen.

Doch wieder eher zehn oder darunter! Drei zu eins, das ist ungerecht!

Die zweite Irritation geht von der "Oma" aus. Hier einige Textstellen:

Oma Fine stand vor uns. Es sah aus, als lächelte sie.

Oma stand im Flur und ihre Augen schienen zu lachen.

Omas Augen schauten leer.

Der Prota hat ein sehr distanziertes , fast misstrauisches Verhältnis zu ihr. Er beobachtet sie unentwegt.

Omas Lippen bebten beim Kauen, sie sah in meine Richtung, aber an mir vorbei.

Da stimmt was nicht zwischen "Oma Fine" und dem Prota. Vielleicht wirft sie ihm was vor, weil der Opa "Sport" gemacht hat.

Oma nickte, aber schaute ihn nicht an. Ich wollte nicht mit ihr allein in der Küche sein. Etwas an ihr machte mir Angst.

Wir schauten uns an. Ihr graues, faltiges Gesicht wirkte beinahe ausdruckslos. Sie musterte mich still und ich beobachtete sie.

Oma saß bei uns im Auto. Ich beobachtete sie im Rückspiegel.

beide fast in einer "Lauerstellung" ...

Ich setzte meinen Namen überall mit dazu. Schließlich war ich Opas Enkel, und auch wenn die Verwandtschaft noch nicht allzu viel über mich wissen konnte, so war ich doch froh, dass zumindest hierüber kein Zweifel bestand.

Tja, hier schwelt ein Familienkonflikt, kann ich mir vorstellen. Wer weiß, die liebe Verwandtschaft und vielleicht das Erbe ... Das Testament wird es zeigen.:D

Schöne Geschichte, sie passt gut zu der vorigen.

Liebe Grüße
wieselmaus

 

Hallo @Carlo Zwei,

mir gefällt dein Text nicht so gut. Mir erscheint das zu konstruiert, zu gewollt. Das erreicht mich irgendwie nicht.

Zum Beispiel diese Stelle:

Ich wusste, dass ich ihr einen Kuss schuldete, und den gab ich ihr gern, auch wenn ihre Haut nach altem Apfel schmeckte.
Das erscheint mir überhaupt nicht natürlich. Das klingt nach Autor. Wieso schuldet er ihr einen Kuss? Er gibt ihr einfach immer einen, wenn er sie sieht. Ende. Und die Haut „schmeckt“ nach Apfel? Wie küsst der denn seine Oma? Leckt der an ihr? Ich glaube nicht, dass man die Haut bei so einem Küsschen mit spitzen Lippen schmeckt. Dass er den Geruch wahrnimmt, das würde ich glauben.

Ich habe auch das Gefühl so einen Einstieg schon oft gelesen zu haben. Dieses Begrüßen, dieses Wahrnehmen von Gerüchen/ Geschmäckern. Das soll beim Leser ein wohliges Heimatgefühl auslösen. Ich fühle mich da zu sehr gedrängt. Ich würde mir etwas neues und subtileres wünschen.

Das Taubenherz lag auf einem Porzellanteller auf dem Küchentisch. Es war klein und grau, und dass es ein Herz war, erkannte ich an seiner Form. Eine Weile blieb ich dort stehen und betrachtete es. Warum lag es hier und wer hatte es dort hingelegt?
Das mit dem Taubenherz kauf ich auch nicht. So schockierend finde ich es nicht Innereien zu essen. Und wieso sieht der Junge das anscheinend zum ersten Mal, wenn der Opa doch Tauben züchtet?

Eine Weile blieb ich dort stehen und betrachtete es. Warum lag es hier und wer hatte es dort hingelegt?
Sollte sich nicht der Leser über diese Dinge wundern? Warum lässt du es den Jungen tun?

so wie ich wusste, dass Opa mich mochte, obwohl ich nur sein Stiefenkel war, so wusste ich auch, dass er beim Kartenspielen schummelte.
Wieso sollte er ihn nicht mögen, nur weil er der Stiefenkel ist? Macht sich der Enkel wirklich über so etwas Gedanken? Warum? Da muss ihm ja irgendjemand doch das Gefühl geben nicht dazuzugehören, als Stiefenkel/sohn. Das kann ich in der Geschichte allerdings nicht erkennen.

»Warum hat Opa einen schiefen Daumennagel?«, fragte ich.
Wie alt ist der Junge? So wie er redet und denkt, würde ich auf sechs oder sieben tippen. Aber in dem Alter macht man wohl keine Situps …

»Er war nur zwei, drei Jahre älter als du.«
»Glaubst du, er hat mal jemanden umgebracht?«, fragte ich.
Wie alt musste man sein, um eingezogen zu werden? 16? Dann wäre der Junge auf jeden Fall über 10, eher ein Teenager. Das passt überhaupt nicht zu dem Bild, was ich durch die Geschichte von ihm bekomme.

Die Handlung plätschert so daher, auch der Tod des Opas kann mich nicht erreichen. Es tut mir leid, @Carlo Zwei, ich kann mit dieser Geschichte nichts anfangen. Viele Szenen erscheinen mit zu zielgerichtet, zu konstruiert. Hinzu kommt der unstimmige Protagonist, dessen Handlungen und Gedanken ich oft nicht nachvollziehen kann.

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

He José,

kleiner Nachtrag

Die zwei Herren sind ein und dieselbe Person?

Das geht wahrscheinlich in eine ähnliche Richtung wie das, was auch andere Kommentatoren angemerkt haben. Dieser erste Absatz ist irgendwie sehr dicht geraten. Den werde ich definitiv nochmal neu schreiben. Danke für den Hinweis.

Das könntest Du nochmals überdenken. Wieso 'kaum süß'?

ich mag die Stelle gerne. 'Kaum' süß wird etwas Süßes selten genannt. Das ist so ähnlich wie 'süßlich' und in der Kombination mit Brot und Wurstgeschmack eher eklig als appetitlich süß. Außerdem sagt es etwas über den Jungen aus, der die Dinge (trotz seines Alters) sinnlich reflektiert.

Hier schleift es bei mir: Angenommen, der Junge ist zwölf, dann wäre Opa mit fünfzehn in Gefangenschaft ... ?

Ja, dass ist eine zweite Stelle, um die ich mich nochmal kümmern muss. Ich denke, dass muss ich einfach nochmal für mich klar bekommen. Hier hatten auch einige andere was zu geschrieben. Das berücksichtige ich in der ersten Überarbeitung. Danke.

Helfen wobei? Und ‚beäugen’? Und 'raunen' :sconf:?

Das mit dem Helfen stimmt. Das hängt so ein bisschen in der Luft. Was hast du gegen 'beäugen' und 'raunen'? :lol: Das eine mag ich insofern, als er ihn ja 'kritisch' beäugt. Ich sehe ihn da mit gerunzelter Stirn seinen Papa anschauen, wo ein bisschen auch das Gespräch von letztem Abend (der kleine Streit, wenn man so will) verhandelt wird. Das raunen ist einfach der frühen Tageszeit geschuldet. Der Vater ist noch nicht ganz wach und die Stimme scheinbar auch noch nicht ganz auf der Höhe.

Diese Schauerei drängt sich auf wenigen Zeilen. Bisschen eintönig, mMn.

Da hast du schon auch recht. Das spiele ich nochmal in der Überarbeitung durch. Es hat aber auch eine Funktion, was Wieselmaus, finde ich, gut auf den Punkt gebracht hat. Dass diese Blicke auch ein gegenseitiges Sichbeobachten sind.

Klingt eher wie Autor, nicht wie Junge: ‚erscheinen’, ‚nicht ohne’.

stimmt schon. Aber ich finde des eigentlich schon konsistent. Es gibt ja auch andere Stellen, an denen er zeigt, dass er über eine gewisse Intelligenz verfügt (ähnlich wie die Sache mit dem Wurstbrot). Aber das kommt auch auf die Liste. Werde den Text nochmal gründlich daraufhin lesen ...

Der Bub schläft mit Mama & Lisa? Nichts im Text gibt einen Hinweis auf das Alter des Protas, wenn der zu Mutter und Schwester kuschelt ...

Das sehe ich im Zusammenhang mit der Altersfrage und werde mir das dann auch gemeinsam vorknöpfen.

Danke José für deinen Kommentar. Musste den wohl erstmal sacken lassen.
Viele Grüße

----


Hey @AWM ,

vielen vielen Dank, dass du gleich noch die nächste Geschichte kommentiert hast. Habe mich sehr über dein Feedback gefreut und warte auf eine Möglichkeit, mich zu revanchieren :D (vielleicht gibt es da ja zufällig demnächst wieder einen Text von dir. Bin gespannt. Ansonsten wurde ja gerade auch nochmal einer aufgewärmt ...)
Mit deinen Hinweisen konnte ich eine Menge anfangen. Ich gehe sie mal einzeln durch.

ich habe deine Geschichte gerne gelesen

danke! Das freut mich sehr (und auch die Stellen die du rausgepickt hast).

Für mich geht es hier ums Fremdbleiben. Er ist der Stiefenkel und spürt unterbewusst, dass diese Familie und diese Trauer im Grunde nicht seine ist und er in einer solchen Extremsituation Außenstehender bleibt

Das finde ich gut auf den Punkt gebracht. Ich würde ergänzen, dass er ja am Ende schon auch diesen Zusammenhalt zu spüren bekommt und dass er seinen Opa ja auch gerne hatte. Aber ja, die Fremdheit, oder zumindest die Frage, inwiefern er wirklich ein Teil dieser Familie ist, bestimmt diese Geschichte mit.

Diesen ersten Absatz würde ich ein wenig ausbauen. Das sind zu viele Infos für mich (Stiefvater, Opa, Papa) und ich bräuchte ein wenig mehr Setting, um das zu verorten.

Das hat Zigga auch nochmal stark gemacht (und vor ihm José). Danke für den Hinweis! Da kümmere ich mich bei der Überarbeitung drum.

Aber es ist mir zu eng am Apfelgeruch. Beides sind sehr konkrete und ungewöhnliche Sinneseindrücke. Und dadurch, dass sie so nahe beieinander stehen, schwächen sie sich gegenseitig ein wenig ab,

Das ist auch ein sehr guter Hinweis. Hatte mir dazu auch schon Gedanken gemacht; aber anderer Art. Ich fand nämlich, dass die 'Vorratskammer' auch sehr abstrakt bzw. ungenau ist. Ich überlege Teppich, alte Möbel oder so etwas zu nehmen. Werde das berücksichtigen.

Finde den ersten und zweiten Satz in der Kombination nicht geschickt. Das liest sich für einen kurzen Moment wie ein Perspektivenfehler.

Ich glaube, ich weiß, was du meinst. Auch da gehe ich nochmal ran. Wahrscheinlich ist es nur ein Wort, was die Perspektive wiederherstellt. Danke auch dafür.

Klassischer Carlo :D

Hehe, ja, ich glaube, den habe ich mir nach der letzten Story dann gleich nochmal gegönnt. Wurde aber auch schon von Zigga dafür gerügt. Vielleicht ists wirklich ein bisschen viel 'Carlo' an der Stelle.

Würde unbedingt mit "Schließlich war ich Opas Enkel" schließen.

Wahrscheinlich hast du recht. Ich muss mir das aber nochmal ein bisschen durch den Kopf gehen lassen, es mal ausprobieren und schauen, wie das wirkt.

Also, tausend Dank dir für deinen Kommentar!
Bis ganz bald
Carlo

 

Manchmal hatte ich den Eindruck, dass wir nur zum Ernten und Stutzen der Äste herfuhren.

Aber hallo, da kommt anfangs einiges an geballter Symbolik daher, das man trotz des bitteren Endes nennen darf: Taube (Friede) + Herz (Liebe), Kuckuck/sweg mitsamt Stiefvater nebst Großeltern und natürlich findet der Kuckuck immer einen freien Platz zur Eiablage, und als Höhepunkt ein Mercedes in Ruhestand, der zur Pflege ausgefahren wird und der Pflaumenbaum, der schon im Eingangszitat verschwiegen genannt wird,

lieber Carlo,

und als Ruhrpöttler (in den ehemaligen Werkssiedlungen wird das „Rennpferd“ des kleinen Mannes auch nach dem Ende von Bergbau und Schwerindustrie unter den Dächern ehem. Arbeiterkolonien gehalten. Aber der Opa ist wohl eher als Kfm. ein "Aufsteiger", wenn ich das richtig sehe) weiß ich,
Taube schmeckt ebenso gut wie das fußläufige Geflügel – aber wer wird von einem gebratenen Herz einer Taube satt? (Selbst wenn sich herausstellt, dass es „anscheinend“ nicht angerührt wurde.) Erschlossen hat sich mir auf Anhieb allein der

Schatten hinter der Glastür.

Symbole, die mich fragen lassen, wie alt der kleine, Liegestütz-pflegende und Kakao-trinkende Icherzähler war – wenn Conan in den Kinos ab 18 freigegeben ist. Nun gut, wesentlich ältere Cousins schleppten seinerzeit den nicht mal zehnjährigen Friedel mit in den „Speer der Rache“ (Stichwort: Little Big Horn und in der Folge dem Mord Little Big Man‘s – der ja später noch mal von Hollywood geehrt wird - an Crazy Horse) und es hat ihm nicht geschadet.
Bild ich mir zumindest ein.

Aber es geht um zwo Todeserfahrungen, die erste noch mit dem Opa gemeinsam, wenn es heißt

Wir traten durch die offene Tür. Ein Mann mit weißer Schürze grüßte uns. Vor ihm auf dem Tisch stand ein Käfig, in[...]dem einige Tauben scharrten, daneben lag ein Messer.

Bissken Flusenlese

Oma fragte, wo Papa sei[,] und ich sagte, im Garten, beim Pflaumenbaum.

Es war nicht mehr warm. Opa zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und ich tat dasselbe.
Nein, tat der Kleine nicht, den Reißverschluss von Opas Jacke hochziehen. Er tat eher desgleichen an seiner Jacke ...

»Wie[...]viele Tauben hast du?«, fragte ich.
Ein hoher[,] von Wellblech zusammengehaltener Kasten, vor dem ein Jeep parkte.
Kurz hatte ich das Gefühl[,] in Papas Körper zu stecken, doch als die Füße den Teppich berührten, war ich wieder ich.

Sicherlich nicht das letzte Mal gelesen vom

Friedel

 

Liebe @Aurelia ,

wir sind uns hier noch nicht allzu oft über den Weg gelaufen. Vielen Dank für deinen Kommentar. Habe mit deinem Kommentar viel anfangen können und so meine Schlüsse daraus gezogen, vor allem für kommende Stories.

deine Sprache, die bildlichen Vergleiche, die gewählte Perspektive gefällt mir auch sehr gut. Der Stil liest sich gefällig. Da macht Lesen Spaß.

Danke :-)

insofern hast du mich mit dem Thema schon mal am Haken.

Auch das freut mich. Auch wenn ich mittlerweile denke, dass da schon mehr ginge. Es ist nicht nur ein wenig ausgelutscht, sondern auch einfach nicht wirklich was Besonderes. Aber es freut mich, dass es eben auch funktioniert.

Mir sind zu viele Handlungen zu genau beschrieben und ich weiß nicht immer, wozu das für den Inhalt relevant ist. Da könntest du etwas kürzen (ich weiß, dass man das nicht gern hört, aber kann natürlich auch Geschmackssache sein).

Ich verstehe, glaube ich, deinen Leseeindruck, und danke dir erstmal dafür. Persönlich denke ich, dass das auch an dem von dir erwähnten fehlenden Konflikt liegt, der die Sprache gewisserweise ins Leere laufen lässt. Ich sehe den Text mittlerweile recht kritisch, denke, dass ich das nicht mehr so schreiben würde. Grundsätzlich meine ich aber, dass genaues Beschreiben eine hohe Qualität ist, die hier aber eben aus genannten Gründen nicht immer ganz zündet.

Was mir jedoch fehlt ist ein Konflikt. Das liest sich alles sehr realistisch, aber mE braucht es mehr Disharmonien bzw. widerstreitenden Interessen

Danke für den Hinweis. Bin ja schon darauf eingegangen. Da gebe ich dir recht.

wenn ich den Komm. von AWM nicht gelesen hätte, würde ich auch noch schreiben, dass ich nicht wirklich verstehe, was die Message ist

Und da sprichst du auch etwas an. AWM hat das sehr gut herauskristallisiert. Trotzdem ist es keine Qualität, dass diese 'Message', ich hasse den Begriff :lol:, hier eher versteckt oder einfach undeutlich ist. Zwar hat der Erzähler hier so etwas wie eine Position, die er am Ende klar macht. Aber eben fadenscheinig und entsprechend zu schwach.

weil ich eigentlich dachte, jetzt kommt, dass er den Kleinen gewinnen lässt. Aber nix ... Und den Ich-Erzähler so liebenswert, weil er nichts dazu sagt.

hehe, freut mich, dass du das so gelesen hast.

Dieser Dialog kommt mir nicht so realistisch vor. Gibt es im Kuckucksweg nur ein Haus?

vielleicht muss ich da noch Auslassungszeichen hinsetzen. Ich wollte den Fokus auf den Kuckucksweg legen, damit er dadurch so eine gewisse Aufladen bekommt als ein mythischer Ort, der überall sein könnte; und natürlich weil der Progonist in gewisser Weise auch ein Kuckuckskind ist. Aber danke für den Hinweis.


ich glaube, beides müsste möglich sein. Aber vielleicht gehe ich wieder zum 'mich' zurück.

Abschließend kann ich nur sagen, dass ich das sprachlich und auch von der Figurenzeichnung sehr gut fand, nur mir war das zu lang und auch etwas zu zahm und hatte zu wenig Höhen und Tiefen.

Danke für das Kompliment und ja, über die Länge und mögliche Gründe dafür hatte ich ja etwas geschrieben. Das mit den Höhen und Tiefen, denke ich, ist einerseits der Spannung geschuldet; aber auch der eher schwachen Figurendynamik.

Danke, Aurelie, für diesen schönen Kommentar.
Gruß
Carlo


-----


Hey @zigga ,

hatte dir ja schon vorläufig ein Dankeschön hierfür ausgesprochen. Da stößt du wirklich eine Menge denkwürdiger Aspekte an, die mein Schreiben sicherlich voranbringen werden oder mir zumindest Futter zum Nachdenken geben.

grauweiß ist mir ein wenig zu aufgebläht in dem Satz und das Narrative „wie es hieß“ ist sehr redundant. Was sagt der Satzeinschub aus?

Gebe dir bei beidem recht

Der Anfang ist mir zu konfus.

ja, das ist ein Jammer. Leider bin ich echt mit meinen Anfängen noch lang nicht da, wo ich gerne sein würde.

Es kommen vor: Vater, Opa, Stiefvater. Kurz danach Oma und wieder Papa

Ein ähnliches Problem hatte ich bei dem Friedhofstext in einer frühen Version. Das knöpfe ich mir auf jeden Fall vor und reduziere das.

Perspektivproblem, denn irgendwie hatte ich den Erzähler zuvor im Haus nach draußen blickend gesehen

ja, das hat José auch nochmal an anderer Stelle bekräftigt. Das ist natürlich peinlich, aber ich kümmre mich drum.

Ich empfinde das als sehr symbolisch, dass sie das zuvor als Ritual essen und es charakterisiert auch sehr schön und macht einzigartig.

cool. Danke :-)

Was mich diesmal etwas genervt hat, war, dass der Junge sich wieder an die Speckröllchen fasst. Das kommt bei deinen Texten echt oft vor :D Im letzten Text machte das auch Sinn und war kohärent, da es auch um Mobbing, Scham und die Überwindung dessen ging; hier steht die Szene leer im Raum und hat daher eher die Wirkung einer Selbstbemitleidung.

haha. Ja, was soll ich sagen, erwischt. Kommt raus.

„Großeltern“, die aber immer damit spielen und auch nur deshalb funktionieren, weil man als Leser an seine eigenen Großeltern denkt und sich dort an Emotionen bedient, anstatt dass sie der Text erzeugen muss.

Da sprichst du was Wichtiges an. Das ist, denke ich, auch eines dieser gewissen Quäntchen, die den Text zum Beispiel von dem Freundschaftsspiel unterscheiden bzw. ihn im Vergleich abfallen lassen. Ich hatte da auch schon etwas entworfen. Aber der Kern dieser Figuren, die darunterliegenden Archetypen sind hier einfach sehr dominant, denke ich.

as Thema Großeltern und Vergänglichkeit ist für mich - und ich lege die Messlatte für dich jetzt mal höher an - irgendwo auch in Teilen „banal“

jaja, du hast ja recht. Das ist nicht wirklich ein interessantes Thema, das stimmt. Das hatte das Freundschaftsspiel ja auch nicht. Zumindest war das spannend.

So schmerzt mich beim Sterben deiner Figur eher mein eigener Großvater, an den mich deine Figur natürlich erinnert

das verstehe ich

aber ich möchte dir einen Anstoß geben, bei deinen Figuren nachzulegen und dich nicht allzu sehr auf nostalgische Gefühle zu verlassen

Ja, das nehme ich mir vor. Danke

Mir gefällt auch das Thema oder die Prämisse „Großeltern sterben“ nicht

Das sind für mich zwei verschiedene Dinge, aber trotzdem kann ich verstehen, dass weder das eine noch das andere hohen Ansprüchen wirklich gerecht wird. Das Thema haben wir ja weiter oben verhandelt. Die Prämisse fällt hier für mich in gewisser Weise mit der schwachen Figurenzeichnung des Protagonisten zusammen.

„Mann begeht Selbstmord“-Geschichten

willst du, dass ich mich schäme?:lol: Leider hast du recht.

Nur mein Senf dazu.

Löwensenf, vielen Dank dafür!

Gruß
Carlo

 

Hallo @HerrLehrer (Tja, dieser Namen hast du dir selbst ausgesucht :lol:)

vielen Dank auch dir für deine Einschätzungen. Ich denke, du sprichst vieles nochmal kritisch an, was andere auch schon gesagt hatten, aber auf deine Weise, so dass ich es nochmal anders einordnen kann. Fand ich gut.

Schöner Titel. Weckt auf jeden Fall mein Interesse.

danke dir

Noch so ein toller Satz, und das gleich am Anfang. Die Doppeldeutigkeit gefällt mir gut.

auch hierfür. Ich werde diesen ersten Absatz nochmal stark überarbeiten. Da ist einfach viel zu viel Info drin. Aber auf diese Stelle bin ich auch ein bisschen stolz.

Das war's schon. Sprachlich also sauber, mit ein zwei schönen Bildern, aber danach empfinde ich den Text als schwächer, nahezu belanglos

Danke für das Kompliment und ja. Du hast ja recht, auch wenn 'belanglos' immer so ein bissschen vernichtend klingt. Aber ich will dich nicht falsch verstehen. Es ist in gewisser Weise belanglos. Und damit fehlt dem Text auf jeden Fall auch etwas, das ist jedenfalls keine gute Startbedingung. Ich merke da auch, dass ich mal wieder selbst ein bisschen mehr lesen sollte ... Danke für den Anstoß.

Die Verbindung Taubenherz und Tod des Opas finde ich dann doch zu konstruiert, und zu sehr auf Effekt getrimmt.

das sehe ich ganz anders, was ja nicht schlimm ist. Ich denke, das ist einfach ein Charakteristikum dieses Textes, diese Symbolik. Ich kann jedoch verstehen, dass das 'effekthaft' auf dich wirkt. Ich glaube aber, das liegt eher daran, dass hier einiges fehlt, es gibt ja hier nicht mal wirklich einen Konflikt. So ist diese Sache mit dem Taubenherz einfach sehr präsent und es wirkt, als müsste sie den Text zusammenhalten. Wäre der Rest stärker, würde das m. E. n. auch mehr noch als Qualität, für die ich es auch halte, auffallen.

echs Sätze auf engem Raum und alle beschreiben Banalitäten, alltägliche Handlungen: Tee trinken, schweigen, telefonieren, Hand auflegen, etc. Ich vermute, dass du bewußt kurze Sätze mit der Beschreibung von Handlungen statt Gefühlen geschrieben hast, um ja nicht gefühlsduselig zu wirken, was ich prinzipiell gut finde

verschiedene Anmerkungen hierzu. Ja, das stimmt. Das ist alles etwas ziellos. Ich würde das auch darauf schieben, dass dieser Story einfach ein bisschen der Motor fehlt. An sich halte ich genaue Beschreibungen für eine Qualität.
zweite Sache: "... dass du bewußt kurze Sätze mit der Beschreibung von Handlungen statt Gefühlen geschrieben hast, um ja nicht gefühlsduselig zu wirken ..." Das sehe ich anders. Es geht mir nicht darum nicht gefühlsduselig zu wirken. Ich denke nicht, dass ich mit diesem Problem irgendwie zu kämpfen hätte. Die kurze Syntax halte ich hier für zweckmäßig. Aber der Urgrund für diesen Zweck, nämlich, dass diese Story irgendwie ohne Zugpferd läuft, halte ich für das hier zugrunde liegende Problem.

bei @zigga 'Grillfest' hat das gut funktioniert

Der Text ist auch aus verschiedenen Gründen besser als meiner bzw. nicht dasselbe Niveau.

Aber der Opa bleibt bis zu seinem Tod insgesamt zu blass

Ja, das stimmt. Es fehlt da einfach auch an Figurendynamik.

Der Junge weint dann, was nachvollziehbar ist aber im Rahmen deiner Geschichte nicht spannend

auch hier muss ich dir recht geben. Fand ich übrigens die beste Stelle in deinem Kommentar; weil du das auf Spannung zurückführst. Ich denke, dass du damit nicht Spannung als Suspense meinst; werte das eher als eine Kritik an der Spannung wieder im Sinne davon, dass hier ein treibende Kraft fehlt.

Möglich wäre ja auch, dass alle um den Jungen herum weinen und er die Tragik zunächst nicht versteht, bis er am Abend oder Tage später durch ein scheinbar irrelevantes Ereignis den Tod und das Sterben verstehen lernt

finde ich eine gute Idee. Wäre mir jetzt selbst für eine Überarbeitung zu viel. Da schreibe ich tatsächlich lieber eine neue Geschichte. Aber ja, gute Idee.

Danke dir. Ich muss mal bei deiner Auferstehung vorbeischauen. Habe den Text schon vor einer Weile gelesen, aber aus welchen Gründen auch immer noch nicht kommentiert.
Gruß
Carlo


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Liebe @wieselmaus ,

vielen vielen Dank, dass du schon wieder vorbeischaust :gelb: Super, wie du das Problem mit dem Alter noch mal auseinanderklamüsert hast. Damit hast du mir für die Überarbeitung echt was abgenommen und natürlich weiß ich nicht, ob ich es so hinbekommen hätte. Danke!

zum Beispiel über Spannung und stellenweise allzu akribische Wiederholungen

ja, ich habe dazu auch einiges geschrieben mittlerweile. Gut, dass du auf was anderes zielst.

Da ist zum einen das Alter des Ich-Erzählers
Ich schätze, unter zehn

Ich wollte ihn tatsächlich als 12-Jährigen. Aber das passt an einigen Stellen, die du ja auch herausgearbeitet hast, nicht.

Da würde ich eher nach seinen Freunden fragen lassen. Oder seinen Sportskameraden;).

finde ich eine gute Idee. Nehme ich.

Für mich zu altklug. Wie soll ein kleiner Junge das einschätzen können?

auch das.

Opa in Kriegsgefangenschaft als Kind? Oder ist der Prota doch schon zwölf oder dreizehn? Und Krieg ist ein Tabuthema in der Familie?

genau. An der Stelle ist das Alter für die Logik des Textes am wichtigsten, denke ich.

Was meinst du damit? Auch mit zehn wissen Kinder in der Regel, dass der Opa Vater von Papa oder Mama ist.

das muss ich noch etwas deutlicher machen. Es geht um Erkenntnis im Gegensatz zu Wissen. Klar weiß er, dass sein Papa der Sohn seines Opas ist. Aber in diesem Moment erkennt und erfährt er es.

Als Kind durfte ich in der Weingegend Südbaden ab dreizehn mittrinken ...

jaja, was ihr da alle im Süden treibt :lol:
Naja für ihn ist es trotzdem eine Ausnahme.

zum andern das Verhältnis, in dem er zu der "Oma" steht.

Das fand ich ein paar interessante Beobachtungen, auch wenn das nicht wirklich von mir so intendiert war,

Der Prota hat ein sehr distanziertes , fast misstrauisches Verhältnis zu ihr. Er beobachtet sie unentwegt.

da gehe ich schon noch mit. Gerade als er ihr den Kuss gibt. Es ist ja eben für ihn auch eine ein stückweit fremde Familie.

Da stimmt was nicht zwischen "Oma Fine" und dem Prota. Vielleicht wirft sie ihm was vor, weil der Opa "Sport" gemacht hat.
hier schwelt ein Familienkonflikt, kann ich mir vorstellen

Das kann man auf jeden Fall so interpretieren. Vielmehr zeigt mir das aber auf, was der Geschichte fehlt: Ein wirklicher "Familienkonflikt". Klar interpretiert man als LeserIn da was rein, wenn einem nur Ansätze angeboten werden. Diese Lücke ist zu groß und ich möchte sie nicht auf diese Weise von den LeserInnen füllen lassen; da muss ich mir an die eigene Nase fassen. Ich denke, die besten Texte (Peeperkorn ist da für mich zum Beispiel eine Adresse) schaffen es dir mehrere kohärente Lesarten anzubieten im Gegensatz zu dem, was hier passiert: Aufgrund der Ermangelung eines Konflikts muss dieser vom Leser hinzugedacht werden. Das ist dann ein 'schwacher' Text.
Das klingt jetzt alles ein bisschen nach Selbstkasteiung. Ist es wie jede Reaktion auf Kritik sicher auch. Dazu muss ich aber auch sagen, dass ich meinen Text immer noch vor mir selbst als einen guten oder sehr guten wahrnehme. Trotzdem ist er Meilen von so einem Peeperkorn-Text entfernt.

Schöne Geschichte, sie passt gut zu der vorigen.

Danke dir! :herz:

Dein Feedback hat mir auch weitergeholfen.

Liebe Grüße
Carlo

 

Hey @Nichtgeburtstagskind ,

oh man, ich hab schon gemerkt, dass ich mich für dein Feedback warm anziehen muss :lol: Finde es gut, dass du auf den Text bzw. Autor zugegangen bist. Ganz schmerzfrei ist die Berührung vielleicht ja auch für dich nicht, aber das Leben ist ja auch kein Sandkasten.

mir gefällt dein Text nicht so gut

das kann ich, gemessen an deinen mir schon bekannten, hohen Ansprüchen, verstehen. Es ist wirklich nicht mein bester Text. Aber abgesehen davon (ich bin mir natürlich überhaupt nicht im Klaren darüber, was für Kriterien du an Texte ansetzt) glaube ich, dass für dich 'gefallen' auch vor allem mit persönlichen Vorlieben zu tun hat. Ist ja auch überhaupt nicht schlimm.

Mir erscheint das zu konstruiert, zu gewollt. Das erreicht mich irgendwie nicht.

deinen Eindruck teilt Herr Lehrer, glaube ich. Ich habe ihm dazu etwas ausführlicher geantwortet. Ich sehe das Problem woanders, verstehe aber, dass die Ursache dort gesucht wird.

Das erscheint mir überhaupt nicht natürlich. Das klingt nach Autor.

Hmm, ich glaube, das ist Geschmackssache. Ich mag diese Beobachtung gerne und denke, ein Text muss einen stark beobachtenden Blick auf die Dinge haben, wenn er in irgendeiner Weise sprachliche Qualität erreichen will. Jeder bessere Jugendroman klingt an der oder der Stelle ein bisschen nach Autor. Ein Autor hat ihn geschrieben. Das ist ein Grundproblem von Jugendprosa, dass die Figuren durch das, was sie sagen – selbst in einem Text wie dem neuen von Zigga – in gewisser Weise intelligibel sein müssen. Ich denke schon, dass man dieses Problem theoretisch mit so etwas wie Rollenprosa oder anderen eher aufgelösten Formen bewältigen kann. Aber das ist absolute Königsklasse und darüber verhandel ich bei diesem Text nicht, davon ist er leider zu weit entfernt.

Wie küsst der denn seine Oma? Leckt der an ihr?

Willst du mich vereiern? Fühlt sich ein bisschen so an.
Vielleicht könnte ich das noch präzisieren, etwa indem ich nicht schmecken/sondern fühlen schreibe. Weil die Schale eines schrumpeligen Apfels schon an diese alte Haut rankommt. Insofern denke ich nochmal darüber nach.

Ich habe auch das Gefühl so einen Einstieg schon oft gelesen zu haben. Dieses Begrüßen, dieses Wahrnehmen von Gerüchen/ Geschmäckern. Das soll beim Leser ein wohliges Heimatgefühl auslösen. Ich fühle mich da zu sehr gedrängt. Ich würde mir etwas neues und subtileres wünschen.

Ich finde den Anfang auch nicht so besonders. Aber ich glaube, in anderem Sinne als du es meinst. Für mich ist der einfach noch zu vollgepackt, aber bei dir geht es darum nicht. Ich habe Angst, dass ich dich missverstehe, und du einfach nur eine sehr hohe Erwartung an Texte von mir stellst. Wenn das so ist, dann will ich dir dafür danken und mich auch ein bisschen für den Text schämen, dass er nicht die Qualität von anderen Sachen von mir erreicht. Trotzdem glaube ich, auch wenn ich denke, dass das hier schon ein gefälliger Text ist, der sich mit einigem messen kann, erreicht er zum Beispiel nicht meinen letzten. Der ist zwar auch noch lang nicht Meisterklasse, aber schon ein gutes Level besser als das hier. Ich denke, dass du daher mit deiner Kritik etwas übers Ziel hinausschießt. Es gibt ganz andere Sachen, die in diesem Text noch nicht so gut laufen. Das was du ansprichst, sind Qualitätsmerkmale von 'Bomben'-Texten; ist das hier leider einfach nicht. Klar auf eine Weise stimmt es, was du sagst. Ich nehme das auch in gewisser Weise dankbar auf, weil ich es für mich einordnen kann. Ich hoffe, dass ich irgendwann mal so richtig richtig geile Einstiege schreiben werde.

Edit: Das mit dem Heimatgefühl kommt mir eher spekulativ vor

Das mit dem Taubenherz kauf ich auch nicht. So schockierend finde ich es nicht Innereien zu essen. Und wieso sieht der Junge das anscheinend zum ersten Mal, wenn der Opa doch Tauben züchtet?

was heißt hier 'kaufe ich nicht'? Versteh ich nicht. Es hat auch keiner gesagt, dass ich 'schockieren' wollte. Ein Taubenherz liegt nicht jeden Tag auf dem Tisch. Vor allem wenn man nur alletage da ist. Ein Problem sehe ich da aber tatsächlich, weiß nicht, ob es dir damit auch so erging. Ich glaube, es kommt nicht rüber, dass als der Prot das Taubenherz entdeckt, das nicht mehr dieselbe Szene ist. Das ist nach dem Mittagessen. Ein Zeitsprung. Das zusammenzukriegen hat, glaube ich, bei einigen nicht gezündet. Das werde ich nochmal überarbeiten.

Sollte sich nicht der Leser über diese Dinge wundern? Warum lässt du es den Jungen tun?

Das sehe ich anders. Klar darf sich der Leser wundern, aber erstmal tut es natürlich auch der Junge, sonst müsste es ja für ihn etwas völlig Normales sein. Vielleicht hängt das ja mit deiner Anmerkung weiter oben zusammen, dass du dich natürlich auch berechtigt fragst, warum das mit den Taubenherzen beim Hobbyzüchter jetzt was Besonderes ist.

Wieso sollte er ihn nicht mögen, nur weil er der Stiefenkel ist? Macht sich der Enkel wirklich über so etwas Gedanken? Warum? Da muss ihm ja irgendjemand doch das Gefühl geben nicht dazuzugehören, als Stiefenkel/sohn.

Verstehe den Einwand nicht so richtig. Das ist für mich eine Form einfühlsamen Erzählens und eher eine Stärke als eine Schwäche.
Es sagt insofern was über den Enkel aus, als er sich scheinbar schon auch als Stiefenkel wahrnimmt.

Wie alt ist der Junge? So wie er redet und denkt, würde ich auf sechs oder sieben tippen. Aber in dem Alter macht man wohl keine Situps …

Das haben einige angesprochen. Aber sechs, sieben? Hmm.
Werde das in der Überarbeitung klären.

Die Handlung plätschert so daher

Ja, das stimmt leider. Es fehlt irgendwie an einer Triebfeder und auch an Spannung.

ich kann mit dieser Geschichte nichts anfangen

Das habe ich dir, um ehrlich zu sein, übel genommen, dass du mir das so ins Gesicht klatschst. Als hätte ich dich beleidigt mit dieser Geschichte, oder so. Geht mir da nur um die Art. Dass du damit nichts anfangen kannst, dagegen kann ich ja gar nichts haben. Es zeigt mir nur, dass du entweder extrem hohe Ansprüche an Texte stellen musst, damit sie dir gefallen, was ich nicht denke (soll nicht negativ klingen, meint nur, dass einem ja auch mal ne Schmonzette oder irgendwas Leichtes gefallen kann – ist bei mir nicht anders). Ich nehme also davon mit, dass dir das vor allem inhaltlich nichts gibt.

Hinzu kommt der unstimmige Protagonist, dessen Handlungen und Gedanken ich oft nicht nachvollziehen kann.

Ich glaube, dieses Problem kriege ich durch die Bearbeitung raus. Ist mir natürlich peinlich, dass das mit dem Alter so drunter und drüber läuft, aber das lässt sich ja bearbeiten.


Danke in gewisser Weise für dieses kleine Sparring :lol: war jetzt nicht wirklich angenehm, aber ich bin trotzdem unterm Strich froh drum. Also Schwamm drüber.
Gruß
Carlo


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Lieber @Friedrichard und

Ruhrspöttler

danke, dass du wieder dabei warst. Beim zehnten Mal gibt's 'ne große Dankes-Grußkarte mit ausgewählten Lieblingszitaten :p
Freue mich immer über deine Kommentare.

Kuckuck/sweg mitsamt Stiefvater nebst Großeltern und natürlich findet der Kuckuck immer einen freien Platz zur Eiablage

Juchhu, es ist also doch nicht umsonst gewesen :lol:

Höhepunkt ein Mercedes in Ruhestand, der zur Pflege ausgefahren wird

Danke, falls das ein Kompliment ist, hehe. Mit der Stelle baue ich mein Selbstbewusstsein auch auf.

das „Rennpferd“ des kleinen Mannes auch nach dem Ende von Bergbau und Schwerindustrie unter den Dächern ehem. Arbeiterkolonien gehalten

gut gesagt.

Aber der Opa ist wohl eher als Kfm. ein "Aufsteiger", wenn ich das richtig sehe

ja, so kann man das sagen. Obwohl ja auch nicht ganz klar wird, in welcher Weise das Obst nun an die Kundschaft gebracht wird.

Taube schmeckt ebenso gut wie das fußläufige Geflügel – aber wer wird von einem gebratenen Herz einer Taube satt?

Ja, guter Punkt. Da ist ein kleiner Zeitsprung drin, der nicht angemessen gekennzeichnet ist. Er sieht das Taubenherz später (nach dem Mittagessen) für den Vater auf dem Tisch bereitliegen. Da mache ich was in der Überarbeitung.

Symbole, die mich fragen lassen, wie alt der kleine, Liegestütz-pflegende und Kakao-trinkende Icherzähler war – wenn Conan in den Kinos ab 18 freigegeben ist.

Auch das ein wichtiger Punkt. Auch weil ich die Brutalität gar nicht thematisiere. Allerdings gab es, so weit ich weiß, auch fürs Nachmittagsfernsehen geschnittene Versionen.

um zwo Todeserfahrungen

Sehr gut! Danke, dass du so genau gelesen, drüber nachgedacht hast. Das stimmt.

Bissken Flusenlese

Pars pro toto: vielen, vielen Dank! Du weißt, dass ich da immer noch nicht ganz flügge bin.

Nein, tat der Kleine nicht, den Reißverschluss von Opas Jacke hochziehen. Er tat eher desgleichen an seiner Jacke ...

ist es nicht andersherum? Dasselbe statt das Gleiche?

Sicherlich nicht das letzte Mal gelesen vom

Danke dir für deinen Besuch, Friedl!

Lieben Gruß
Carlo

 

Hallo @CarloZwei,

Aber abgesehen davon (ich bin mir natürlich überhaupt nicht im Klaren darüber, was für Kriterien du an Texte ansetzt) glaube ich, dass für dich 'gefallen' auch vor allem mit persönlichen Vorlieben zu tun hat.
Bei den allerwenigsten Texten würde ich mir zutrauen zu sagen: Das ist ein schlechter oder ein guter Text. Dafür habe ich einfach viel zu wenig Ahnung. Das heißt, natürlich gehe ich erstmal nur nach meinem persönlichen Geschmack. Wenn ich merke, ich komm in den Text nicht rein, dann frage ich mich, warum das so ist. Ich versuche dem Autor meine Probleme mit dem Text zu erklären und hoffe, dass er damit irgendetwas anfangen kann. Bei den meisten meiner Kommentare lerne ich selbst wohl am meisten.

Leider kann ich meine Kritik immer noch nicht so verpacken, dass alles so ankommt, wie ich es meine. Da muss ich immer noch an mir arbeiten. Ich merke auch, dass das mit Autoren, die ich bereits kennengelernt habe, viel besser klappt. Die können meine Schreibe wahrscheinlich einfach besser einschätzen. Vielleicht ändert sich das bei uns ja auch im August. :)

Jeder bessere Jugendroman klingt an der oder der Stelle ein bisschen nach Autor. Ein Autor hat ihn geschrieben.
Klar, jeder Text hat einen Autor. Wenn ich als Leser diesen Autor aber höre, dann stimmt doch etwas nicht, oder? Ich sollte doch bei den Figuren sein, den Autor vergessen. Wenn ich also sage, eine Stelle klingt nach Autor, dann meine ich damit, dass diese Stelle für mich nicht in den Text passt, sich mit der sonstigen Sprache beisst.

Willst du mich vereiern? Fühlt sich ein bisschen so an.
Klaro, ich zickel gerne mal etwas. Ich sollte mir vielleicht angewöhnen mehr Smilies zu setzen, sonst versteht keiner meinen Humor … :silly:

Der ist zwar auch noch lang nicht Meisterklasse, aber schon ein gutes Level besser als das hier. Ich denke, dass du daher mit deiner Kritik etwas übers Ziel hinausschießt.
Mhh, ich verstehe nicht, warum du diese Kritik so abtust. Natürlich geht man an solche Texte nicht ganz unbedarft ran, wenn man den Autor schon kennt, aber damit hat meine Kritik an dieser Stelle nichts zu tun.
Es ist das, was ich wahrnehme. Was ich fühle, wenn ich den Text lese. Mehr kann ich dir leider nicht bieten. Klar ist das Heimatgefühl spekulativ, das sind meine Empfindungen beim Lesen. Das kannst du mir nicht absprechen. Ob das dem entspricht, was du erreichen wolltest, ist ja eine andere Sache.

Wenn bestimmte Bilder zu oft verwendet wurden, macht es vielleicht Sinn diese aufzubrechen, um der ganzen Sache etwas Pepp zu geben. Die Oma ist weich, riecht nach Kuchen/ Waschmittel, umarmt einen liebevoll stopft einen mit Essen voll. Der Opa ist grummelig, zurückhaltend, aber natürlich innerlich auch voller Liebe.
Wenn du die Großeltern so charakterisierst, dann erwartest du, dass der Leser die beiden mag, oder? Das sind eben die typischen liebevollen Großeltern. Und das ist es was mich stört. Mich ganz persönlich. Das sagt nicht, dass das schlecht ist oder das du das anders machen musst.

Vielleicht sind meine Kommentare generell zu persönlich und bringen den Autoren wenig. Muss ich mir Gedanken zu machen und schauen, wie ich das für beide Seiten ertragreicher gestalten kann.

was heißt hier 'kaufe ich nicht'? Versteh ich nicht.
Damit meinte ich, dass mir auch hier zu sehr der Autor durchscheint. Ich halte es für unglaubwürdig, dass diese Szene so entsteht und der Junge so reagiert.

Es hat auch keiner gesagt, dass ich 'schockieren' wollte.
>> da war ich geschockt.
Hehe, schön. So soll es sein.
Hatte diese Rückmeldung so interpretiert, dass es deine Intention war zu schockieren.

Ein Problem sehe ich da aber tatsächlich, weiß nicht, ob es dir damit auch so erging. Ich glaube, es kommt nicht rüber, dass als der Prot das Taubenherz entdeckt, das nicht mehr dieselbe Szene ist. Das ist nach dem Mittagessen.
Achso, ja, ich dachte auch, dass das Herz dort während des Essens liegt.

Es sagt insofern was über den Enkel aus, als er sich scheinbar schon auch als Stiefenkel wahrnimmt.
Genau! Ich frage mich nur woher das kommt. Das lässt sich im Text nicht erkennen bzw. ich konnte dazu nichts erkennen.

Das habe ich dir, um ehrlich zu sein, übel genommen, dass du mir das so ins Gesicht klatschst. Als hätte ich dich beleidigt mit dieser Geschichte, oder so.
Das tut mir leid! So war das auf keinen Fall gemeint. Da bin ich manchmal einfach zu unsensibel.

Es zeigt mir nur, dass du entweder extrem hohe Ansprüche an Texte stellen musst, damit sie dir gefallen, was ich nicht denke (soll nicht negativ klingen, meint nur, dass einem ja auch mal ne Schmonzette oder irgendwas Leichtes gefallen kann – ist bei mir nicht anders). Ich nehme also davon mit, dass dir das vor allem inhaltlich nichts gibt.
Mir gefallen ja gerade die seichten, unterhaltsamen Texte. Ich denke dann eher, ich bin für anspruchsvolle Literatur zu doof. Es passiert so oft, dass Texte hier gelobt werden, und ich sitze vor dem Laptop und wundere mich. Was gibt es in dem Text, das ich nicht erkenne? Eine vernichtende Kritik von mir ist also wahrscheinlich eher ein gutes Zeichen. :p

So ich hoffe, ich konnte die Unklarheiten beseitigen. Tut mir leid, wenn ich zu schroff war. Davon hat ja dann keiner was.

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Hey NGK,

das hat ja jetzt auch fast schon Sitte, unsre klärenden Gespräche danach :D
Danke dir sehr für deinen Kommentar und dass du da so auf mich zugehst. Hat wirklich gut getan.

Bei den allerwenigsten Texten würde ich mir zutrauen zu sagen: Das ist ein schlechter oder ein guter Text. Dafür habe ich einfach viel zu wenig Ahnung

Das kann ich verstehen. Ich glaube, dass ist auch allgemein ein Problem hier. Weil wir ja hier alle, zumindest die meisten von uns, keine Vollprofis sind. Ein grundsätzliches Problem; wahrscheinlich gabs dazu schon mal einen Thread ... muss ja fast schon so sein. Letztlich kann man dafür nur ein Bewusstsein schaffen und sich dazu positionieren.

Das heißt, natürlich gehe ich erstmal nur nach meinem persönlichen Geschmack

das klingt für mich komplett schlüssig. Ich finde auch, dass man das so machen kann. Mal mache ich es so, mal so. Das Problem, dass ich dabei sehe, ist, dass es dadurch viel schwerer wird, sich eine Art Sachurteil im Gegensatz zu einem Werturteil zu bilden, weil man ja im prinzip gleich schon weiß, dass das nichts für einen ist. Ich denke, man kann das schon trainieren, da sozusagen einigermaßen neutral dran zu gehen und sich eben mehr auf bestimmte Kriterien zu fokussieren. Aber es ist ein Dilemma. Einerseits will man einer Person vielleicht ja auch einfach eine Rückmeldung geben, andererseits wie, wenn man dem nichts abgewinnen kann.
Danke jedenfalls für deine Offenheit.

Bei den meisten meiner Kommentare lerne ich selbst wohl am meisten.

geht mir auch so.

Leider kann ich meine Kritik immer noch nicht so verpacken, dass alles so ankommt, wie ich es meine.

und das auch. Habe neulich etwas zu Linktoflink geschrieben. Ich glaube, im Grunde eine ähnliche Sache.

Ich merke auch, dass das mit Autoren, die ich bereits kennengelernt habe, viel besser klappt. Die können meine Schreibe wahrscheinlich einfach besser einschätzen. Vielleicht ändert sich das bei uns ja auch im August.

jaa! :-) Darauf freue ich mich. (Dann zahle ich's dir heim :lol: ;))

Klar, jeder Text hat einen Autor. Wenn ich als Leser diesen Autor aber höre, dann stimmt doch etwas nicht, oder?

ja, sehe ich auch so. Ich will mich da auch nicht fein rausreden. Ich weiß nur, dass es an dieser Stelle wirklich sau schwer ist. Es hieße an der Stelle auf etwas qualitativ Wichtiges zu verzichten. Ich hatte das auch bei Herndorf, bei John Green oder Bov Bjerg (bei ihm am wenigsten). Irgendwann habe ich darüber hinweggelesen; aber natürlich bleibt es ein Problem und das ist Ansporn, eine Lösung dafür zu finden. Ich glaube ja, dass Textformen, die sich vom klassisch dialogischen und szenischen Erzählen wegbewegen so etwas leisten könnten.

Ich sollte mir vielleicht angewöhnen mehr Smilies zu setzen, sonst versteht keiner meinen Humor …

haha. Ja, das kann wirklich Wunder bewirken! Andererseits ist es, glaube ich, gerade hier, wo jeder gerne wortgewandt auftritt, verpönt. Aber was solls? :lol:

Es ist das, was ich wahrnehme. Was ich fühle, wenn ich den Text lese. Mehr kann ich dir leider nicht bieten. Klar ist das Heimatgefühl spekulativ, das sind meine Empfindungen beim Lesen. Das kannst du mir nicht absprechen. Ob das dem entspricht, was du erreichen wolltest, ist ja eine andere Sache.
Mhh, ich verstehe nicht, warum du diese Kritik so abtust.
Wenn bestimmte Bilder zu oft verwendet wurden, macht es vielleicht Sinn diese aufzubrechen, um der ganzen Sache etwas Pepp zu geben.

Das will ich dir auch gar nicht absprechen. Ich finde es sogar eine sehr gute Richtung, auch wenn ich es jetzt vielleicht nicht oder nur mittelbar mit 'Heimat' in Verbindung gebracht hätte (was ja im großen Bild bei dem Text schon Sinn ergeben würde).
Auch die Kritik will ich nicht abtun. Ich sehe den Zusammenhang nur anders. Ich glaube erstmal, dass die Figuren aufgrund der fehlenden Dynamik insgesamt zu schwach wirken. Man kann sie vielleicht für klischiert halten, aber ich glaube, dass ist nur die Kehrseite dieser fehlenden Dynamik. Es wäre was anderes, wenn die Figuren Funken sprühen würden und du sie darin als klischiert wahrnehmen würdest. Dann hätte sich die Geschichte eines Konfliktes oder etwas anderem bedient, dass auf ein Klischee hinausläuft. Hier fehlt aber dieses Element, also der Konflikt oder Motor oder wie auch immer der Geschichte. Deswegen, glaube ich, sehe ich das anders. Wenn ich mir die Geschichte zum Beispiel mit einem Konflikt vorstelle, wie Wieselmaus ihn gesehen hat. Ein Familiendrama, bei dem es um die Distanz zwischen Enkel und Großmutter geht. Wenn ich dann auf deine Anmerkung zurückkomme, dann ändert das nichts daran, dass du dich ja eigentlich vielmehr an der Art störst, wie das gemacht ist. Also über Gerüche etc. Was das aber angeht, denke ich: das ist bereits eine wirkliche Qualität des Textes. Sinnlich schreiben ist kein Anfängertrick oder sowas. Und weil du also quasi schreibst, dass dich das stört, denke ich mir: Alter, was für ein Anspruch. Also ich bin beeindruckt einerseits. Ich kenne Texte, die es noch weiter treiben. Aber das ist für mich wirklich Königs- oder Meisterklasse. Das können ja nicht mal die allermeisten sehr guten Romane, die ich gelesen habe. Das nur mal so als 'winzige' (:D) Darlegung meiner Sicht darauf.

Vielleicht sind meine Kommentare generell zu persönlich und bringen den Autoren wenig.

Ich denke, sie bringen bislang auf jeden Fall den Autoren mehr, mit deren Texten du etwas anfangen kannst. Wie beim letzten Mal bist du in der Rückmeldung zu meiner Antwort auf deinen Kommentar viel genauer geworden. Das hat mir zum Beispiel geholfen das einzuordnen. Eine andere Sache wäre es wahrscheinlich mit deinen ganz eigenen Kriterien an so einen Text ranzugehen, die über die Vorliebe für bestimmte Themen und so hinausgehen. Nun ja, da habe ich dir nicht viel angeboten :-p Spannung, Konflikt oder dergleichen sucht man hier eher.

Damit meinte ich, dass mir auch hier zu sehr der Autor durchscheint. Ich halte es für unglaubwürdig, dass diese Szene so entsteht und der Junge so reagiert.
Achso, ja, ich dachte auch, dass das Herz dort während des Essens liegt.

vielleicht hat sich das ja schon dadurch geklärt. Muss ich auf jeden Fall in der Überarbeitung umsetzen und dann nochmal Feedback einholen. Dass es unlogisch wirkt, will ich natürlich nicht.

Hatte diese Rückmeldung so interpretiert, dass es deine Intention war zu schockieren.

ja, da hast du natürlich recht mit. Ich hab mich ja auch ehrlich gesagt gefreut. Aber ich wollte damit keine Effekthäscherei betreiben. Das ist, was ich meinte. Es hat ja schon eine symbolische Bedeutung im Text.

Genau! Ich frage mich nur woher das kommt. Das lässt sich im Text nicht erkennen bzw. ich konnte dazu nichts erkennen. [Über seine Stiefenkel Gefühle]

Das ist natürlich schon etwas ganz anderes. Hier geht es um ein möglicherweise fehlendes Motiv. Da muss ich dir auch recht geben. Das ist, denke ich, in guten Zügen schon vorhanden (es ist logisch, dass ein Stiefkind sich immer ein Stück weit so fühlen wird) aber es könnte noch stärker herausgearbeitet werden. Das werde ich in der Überarbeitung berücksichtigen. Danke dafür.

Das tut mir leid! So war das auf keinen Fall gemeint. Da bin ich manchmal einfach zu unsensibel.

alles gut. Schon verziehen.

Ich denke dann eher, ich bin für anspruchsvolle Literatur zu doof.
Es passiert so oft, dass Texte hier gelobt werden, und ich sitze vor dem Laptop und wundere mich. Was gibt es in dem Text, das ich nicht erkenne? Eine vernichtende Kritik von mir ist also wahrscheinlich eher ein gutes Zeichen.

hahah. Immer diese Ausreden :lol: aber sympathisch ist mir das. Es muss auch nicht jede/r auf diesen arty Literaturzug aufspringen. Obwohl ich mir auch vorstellen kann, dass es da nur das richtige Thema bräuchte.

So ich hoffe, ich konnte die Unklarheiten beseitigen. Tut mir leid, wenn ich zu schroff war. Davon hat ja dann keiner was.

wie gesagt, alles gut. Und vielen Dank dir für dein Statement. Freue mich aufs Gathering; danke, dass du es nochmal in Erinnerung gerufen hast

LG
Carlo

 

Opa zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und ich tat dasselbe.

Kurz zum Problem desselben und des Gleichen,

lieber Carlo,

wo ich weißgottwo den Spruch gefunden hab "zwo verschiedne Dinge können sich nur gleichen - nicht selben", aber warum nicht das Problem umgehen etwa der Art "Opa zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und ich (tat's mit) meine(r)."

Bis bald,

Friedel

 

aber warum nicht das Problem umgehen etwa der Art

Ja, das hab ich jetzt auch so gemacht. Danke, dass du das nochmal nachgetragen hast.

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Ich habe den Text jetzt nochmal anhand der vielen guten Kommentare überarbeitet und glaube, er hat dadurch nochmal an Qualitäten gewonnen. Viele Dinge müssten klarer sein und damit ist die Story schon viele ihrer Logikprobleme los; dazugekommen ist ein knackigerer Anfang und ein paar schöne Stellen. Auch wenn es nicht mein Lieblingstext ist, gefällt er mir jetzt zumindest.

@josefelipe habe letztlich fast alle deine Anmerkungen umgesetzt, auch wenn ich anfangs so gemosert habe :lol: Außer die Kondolenzkarten, die habe ich drin gelassen, sie dafür aber kursiv gesetzt, es ist/war ja ein neues Wort für den Erzähler. Ein zwei monotone Stellen sind ausgebessert und vor allem das Alter des Protagonisten geklärt; das Taubenherz jetzt besser im Text eingebettet. Über die Änderung des Titels habe ich nachgedacht. Aber bislang bin ich okay damit. Danke für deine guten Anmerkungen.
@AWM den Schluss habe ich jetzt vorerst doch so gelassen. Ich finde, er bringt die Haltung ja rüber, auch wenn die ja insgesamt etwas dünn ist, finde ich. Wenn ich das Ende weiter kürze, dann entsteht da so ein merkwürdiges Vakuum ... Bislang ist mir keine bessere Lösung eingefallen, auch durchs Ausprobieren nicht. Den ersten Absatz habe ich ausgebaut und die zwei von dir markierten Stellen verbessert. Nochmal vielen Dank dir!
@zigga habe den Anfang ausgedünnt und auch anders gestaltet. Die 'nervige' Speckrollenstelle bleibt drin, dafür müsste sie jetzt viel klarer im Text verortet sein (das ist jetzt mehr Ausdruck seiner Pubertät) und dadurch vielleicht auch weniger nervig. An der Thematik habe ich hier natürlich keine großen Operationen vorgenommen, trotzdem hat mich das inspiriert und zum Umdenken für künftige Stories angeregt. Danke dir!
@wieselmaus Deine direkten Hinweise konnte ich natürlich ganz bequem am Text durchgehen, das hat Spaß gemacht :D Deine Anmerkungen habe ich eigentlich ausnahmslos umgesetzt. Vielen Dank nochmal dafür! Das mit dem Alter dürfte jetzt klar sein. Das mit der Oma habe ich nicht weiter bearbeitet. Ich denke, das ist fürs erste okay so, dass da eventuell dieser Konflikt besteht. Ich glaube, es ist weder gut noch schlecht; und um keine Tretminen zu zünden, gehe ich diesmal lieber außen rum.

Danke auch an die anderen für die gute Kritik. Habe wieder viel dazugelernt.

Viele Grüße
Carlo

 

Fünfunddreißig Häuser. Opas Bungalow mit einberechnet. Alle Straßen hier trugen Vogelnamen: Amsel, Drossel, Fink und so weiter. Der Kuckuck bringt das Hochzeitskleid, hatte Papa mal gesagt, so könnte ich es mir merken. Er hätte genau so gut sagen können: Du bist das Kuckucksei; aber so etwas machte er nicht. Langsam ließ er den Wagen ausrollen. Vor der Garage stand Opas Mercedes, der seit Jahren im Ruhestand war und nur noch zur Pflege ausgefahren wurde.

Es wird klar, wohin sie fahren. Das mit den Vogelnamen ist super. Ich habe sofort Bilder vor Augen. Man kennt das: Musikerviertel, Vogelviertel, etc. Sehr gut. Dann zuviel Information: Warum direkt im ersten Absatz alles verraten? Lieber sich langsam entwickeln lassen, auf den Kern zu, nicht dem Leser alles verraten, nicht die Stimmung versauen.Dann: ein Auto im Ruhestand, das habe ich noch nie gehört. Stillgelegt oder so. Aber nicht Ruhestand.

Wir liefen durchs Gartentor, stiegen die Treppenstufen hinauf und Papa klingelte. Nach einer Weile sah ich einen Schatten hinter der Glastür. Die Tür öffnete sich und Oma Fine stand vor uns. Sie lächelte, drückte Papa und presste ihre Lippen auf seine Wange. Dann sah sie mich an. Ich wusste, dass ich ihr nun einen Kuss schuldete, und den gab ich ihr, auch wenn ihre Haut nach altem Apfel schmeckte.

Ich weiß nicht. Das klingt irgendwie falsch, auch überhastet. Erstmal laufen die doch nicht. Die gehen doch viel eher. Papa klingelte. Oma Fine öffnete die Tür. Den Rest empfinde ich als redundant, weil du auch keine Details lieferst. Würde da jetzt etwas über ein Beet stehen oder sonst was, woraus ich etwas schließen kann, dann würde das eine Berechtigung im Text haben, aber so sehe ich das nicht. Dann der letzte Satz: Warum schuldet er ihr einen Kuss? Und das mit dem alten Apfel - alte Menschen riechen ja eher seifig, und das was du meinst, ist ja eher ein Geruch, als ein Geschmack. Mir wird das auch nicht klar, warum das da steht, welchen Zweck hat das genau? Es ist eben so, wenn es ihm unangenehm ist, wenn da eine Abneigung drin steckt, was ja oft der Fall ist, so nach dem Motto: Gib der Omma jetzt mal 'n Kuss!, komm schon, also dieses Übergriffige, dann finde ich das da nicht. So wirkt es jetzt, als würde da mehr im Satz drin stecken, als es eigentlich tut.

Wir traten ein; drinnen war es kühl und dunkel und es roch nach dem Schrank in Papas und Mamas Schlafzimmer, der von Opa und Oma war.

Alter! Jetzt muss erstmal geklärt werden, wie die Erzählposition ist. Wer erzählt hier genau? Ist der Erzähler immer noch jung? Oder erzählt er das in der Retrospektive? Eins nach dem anderen: Es riecht in dem ganzen Haus nach dem Schrank im Schlafzimmer? Ist das wirklich so? Und wenn - wie genau riecht der Schrank? Nach alter Wäsche? Carver schrieb einmal: es riecht nach Pfefferminzbonbons, die man in alte Zeitungen eingewickelt hat. SO muss das sein, ansonsten wird es nie konkret. Jetzt hast du aber ein Problem, ähnlich wie ich in meinem neuen Text: Wenn du jetzt total präzise wirst und sagt, es roch nach der Beize, die aus dem Schlafzimmerschrank dünstete und sich mit der Unterwäsche vermischte, dann könnte man schlussfolgern: NIEMAND erinnert sich so. Hier merke ich: der Text hat keine entschlossene Erzählposition. Im erste Absatz klingt es nach einer Retrospektive, dann wird aber die Distanz verkürzt, kommt der Erzähler auch sprachlich näher an das Kindliche heran. Auch der Klang ist hier katastrophal: Opa, Oma, Papa, Mama - außer, du wolltest das so haben, aber dann muss auch der Rest des Textes in dieser linearen Stimme bleiben, darf das Terroir nicht verlassen.

Das war gut gefedert und das Bettzeug immer kühl und glatt.
Wie schön wäre hier eine Szene, wie er sich auf das Bett fallen lässt, DANN das kühle und glatte Bettzeug an den Fingern fühlt, und dann muss es doch etwas sein, was er gegen etwas stellen kann: bei ihm zuhause ist es nicht so, deswegen fällt ihm das auf, das Gewöhnliche gegen das Außergewöhnliche, sonst ist es nicht erwähnenswert, oder?

Papa ging in die Küche und ich machte ein paar Liegestütze und Sit-ups auf dem Teppich. Mit vierzehn, spätestens, wollte ich Muskeln haben. Ich spürte, dass es darauf ankommen würde.

Hier ist das Problem. Er hat das erlebt, als er zwölf war oder dreizehn. Das ist ein vollkommen anderer Unterbau. Perfekt gelöst ist das, meiner Meinung nach, von King in "Stand by me." Da geht es nur, weil der Erzähler ein Autor ist. Ich frage mich: Warum will er Muskeln haben? Weil es drauf ankommt? Auf was? Ich habe eben "Townie" gelesen, von Andre Dubus III, und da pumpt er Gewichte, weil er ewig gebullied wurde. Dann wird er zum Schrank und haut ständig Leute um, es wird zu einer richtigen Sucht, er kann nicht anders. Du musst es nicht so lösen, aber diesen Faden aufmachen, ohne eine vage Idee zu lassen, ich weiß nicht ... das ist halt auch ein Problem der Erzählposition, die ist recht unentschlossen. Du kannst es eben richtig auswalzen, wie bei King, wo dann auch Nebensächlichkeiten wichtig werden, weil sie eine Atmo erzeugen, etwas Zwingendes - und das ist ja auch etwas Gruseliges, ich erinnere mich an die Buden meiner Großeltern, die hatten immer etwas Dunkles, Unheimliches, etwas Endgültiges - woraus du dann die Narrative entwickelst. Du nimmst hier einfach eine Abkürzung, du willst zu viel zu schnell.

Das Taubenherz lag auf einem Porzellanteller auf dem Küchentisch. Es war klein und grau, und dass es ein Herz war, erkannte ich an seiner Form. Eine Weile blieb ich dort stehen, betrachtete es, schluckte gelegentlich süßen Speichel herunter. Warum lag es hier und wer hatte es dort hingelegt? Ich vernahm das Ticken der Uhr, sonst war es still.

Nur woher weiß er, dass es ein Taubenherz ist? Nein, er sieht doch erstmal nur etwas auf dem Teller liegen, dann erkennt er, es ist ein Herz. Ich behaupte, es könnte auch das Herz eines Marders gewesen sein oder einer Ente, und er würde den Unterschied nicht erkennen. Da liegt also noch ein Diskurs dazwischen, irgendwo wird Wissen produziert. Der Opa sagt: Ist ein Taubenherz, oder sonstwas. Die Verschränkung der Süßigkeit als Ausdruck von Genuss und Lebensfreude, und dem Herz als Symbol des Todes als auch des Lebens, der Lebenskraft ist gut: mich bringt dann das Wort gelegentlich heraus. Das wirkt wie Beamtendeutsch. Ich würde hier viel näher ran gehen, das Hez beschreiben, die Adern, die Oberfläche, und dann, wie genau schmeckt der Bonbon, wie fühlt sich das in der Kehle an, wie verhält er sich? Steht er da nur rum, guckt sich das Herz an und schluckt den Bonbonsaft runter? Oder betastet er es doch viellleicht, oder er will es, traut sich aber nicht? Das Herz ist doch ein Kuriosum. Hier wirkt es so, als ob der Junge durch das Haus von Ed Gein laufen könnte und mit dem Achseln zuckt: Och ja, ein Lampenschirm aus Menschenhaut.
»Es ist ein Hobby«, sagte er. »Außerdem schmecken sie gut.«

Sind Brieftauben Ringeltauben oder einer ähnlichen Rasse zugehörig? Kann man die einfach so essen? Ich bin mir nicht sicher.

Wir spielten einige Runden, und so wie ich wusste, dass Opa mich mochte, obwohl ich nur sein Stiefenkel war, so wusste ich auch, dass er beim Kartenspielen schummelte. Nicht ein Mal ließ er mich gewinnen.

Die Tatsache mit dem Stiefenkel - das kann man eleganter lösen. Das schiebst du hier so einfach dazwischen, aber damit könnte man doch auch beginnen. Das liegt eben alles daran, dass du dich nicht für eine Position entscheiden kannst. Wo steht der Erzähler? Stell dir vor, es ist zwanzig Jahre her, und du hast die sprachlichen Möglichkeiten. Ich würde mit dem Daumennagel beginnen, wo ein Pferd drübergelaufen ist. Das ist herausragend, weil es kein Fakt ist, es ist vielleicht eine Lüge, und nach und nach wird es klar, vielleicht ist es auch eine Verletzung aus der Kriegsgefangenschaft.

Also, du verbastelst hier viele Themen auf wenig Raum. So ein Text könnte auch 30 Normseiten haben. Vielleicht sollte er das auch. Du hastest hier mit einer ungemeinen Geschwindigkeit durch, der Text wird nie nah, bleibt immer auf Distanz, und obwohl du alle Sensorik bemühst, kann ich nichts riechen, nichts schmecken, weil ich das Gefühl habe, es ist eine Fassade, und du verdeckst damit eigentlich nur, dass die Statik nicht stimmt. Auch den Tod des Großvaters hätte ich nicht gebraucht - mehr von den Tauben, mehr von diesem eigentümlichen Menschen, und dann den Leser mit einem offenen Ende entlassen. Tauben, Kriegsgefangenschaft, das Herz, das ist schon ausreichend, der Tod ist nur nochmal die Fallhöhe, die du künstlich erhöhst, aber das hat der Text gar nicht nötig.

Gruss, Jimmy

 

Hey Jimmy,

vielen Dank für deinen Kommentar. Konnte mit diesen Anmerkungen viel anfangen.

Dann zuviel Information: Warum direkt im ersten Absatz alles verraten? Lieber sich langsam entwickeln lassen, auf den Kern zu, nicht dem Leser alles verraten, nicht die Stimmung versauen.

Das stimmt. Ist mir nicht aufgefallen, dass ich hier doch so viel Info reinstecke. Wollte das eigentlich erstmal über diese Straßennamen ansprechend einleiten, aber es ist wirklich etwas voll geworden. Ich hatte da bereits so einen ganzen Wust an Infos rausreduziert. Aber beim Umschreiben war ich wahrscheinlich nicht konzentriert genug oder einfach zu schnell zufrieden ...

Dann: ein Auto im Ruhestand, das habe ich noch nie gehört. Stillgelegt oder so. Aber nicht Ruhestand.

Es ist ja eine Metapher. Aber wenn das schräg klingt, bring das ja auch nichts. Vorher hatte ich das so: "Vor der Garage stand Opas grauweißer Mercedes, der seit Jahren im Ruhestand war, wie es hieß, und nur noch zur Pflege ausgefahren wurde."

Da ist es dann klar, dass er das aufgeschnappt hat und sich so etwas nicht selbst ausdenkt.

Ich weiß nicht. Das klingt irgendwie falsch, auch überhastet. Erstmal laufen die doch nicht. Die gehen doch viel eher. Papa klingelte. Oma Fine öffnete die Tür. Den Rest empfinde ich als redundant, weil du auch keine Details lieferst. Würde da jetzt etwas über ein Beet stehen oder sonst was, woraus ich etwas schließen kann, dann würde das eine Berechtigung im Text haben, aber so sehe ich das nicht.

Ja, das sind leider wieder so Unsauberkeiten. Ich hab mich zu schnell mit dem Text zufrieden gegeben, gewisse Stellen nicht nochmal überarbeitet. Es hat mich schon wieder so geritten, den Text unbedingt rauszuhauen. Ist eigentlich immer das Falsche. Egal. Werde ich auf jeden Fall nochmal überarbeiten. Danke.

Dann der letzte Satz: Warum schuldet er ihr einen Kuss? Und das mit dem alten Apfel - alte Menschen riechen ja eher seifig, und das was du meinst, ist ja eher ein Geruch, als ein Geschmack. Mir wird das auch nicht klar, warum das da steht, welchen Zweck hat das genau?

Ich glaube, dass hier auch durch die Überarbeitung einige Nuancen verloren gegangen sind. Der Erzähler sollte schon so etwas in seiner Wahrnehmung Autistisches aufweisen. Nicht übertrieben, aber eben dass da so eine in ständiger Analyse begründete Distanz ist. Dass er ihr einen Kuss 'schuldet' ist auch wieder so etwas Metaphorisches, weil es wie ein Geschäft ist zwischen den beiden. Aber ja, das habe ich nicht wirklich rausgearbeitet. Da bin ich zu schnell drüber und habe das nicht nochmal richtig durchdrungen.

Das mit dem Apfel und dem Geruch stimmt. Ich werde das nochmal überarbeiten und dann auch endgültig so schreiben, wie ich es mir eigentlich vorgestellt habe. Es ging mir nämlich ursprünglich um die schrumpelige Haut alter Äpfel, weniger um den Geruch. Tja, einfach zu schnell runtergeschrieben und die Widerstände nicht genommen ...

So wirkt es jetzt, als würde da mehr im Satz drin stecken, als es eigentlich tut.

Das ist ja auch so ein Kartenspielertrick, den ich mir eigentlich schon abgewöhnt haben wollte. Ich finde schon, die Stelle hat Potential. Eben genau wegen dieses Tausches zwischen den beiden. Er gibt ihr den Kuss und dafür ist sie Oma. Die materielle Seite der Rollenbeziehung. Und auch weil der Vergleich irgendwie gemein ist und auch sensorisch. Aber gerade ist das irgendwie noch zu undefiniert.

Alter! Jetzt muss erstmal geklärt werden, wie die Erzählposition ist. Wer erzählt hier genau? Ist der Erzähler immer noch jung? Oder erzählt er das in der Retrospektive?

Sehr gut, dass du mich darauf hinweist. Ich kann dir nicht sagen wieso, aber das ist irgendwie ein blinder Fleck bei mir, diese Erzählposition. Ich habe da in ein zwei Geschichten ganz genau drauf geachtet und es sonst immer wieder vernachlässigt. Dabei ist es so etwas Basales und es bereitet nachträglich einfach immer Schwierigkeiten, wenn man darüber vorher nicht nachdenkt. Das muss ich mir irgendwie einhämmern oder tätowieren; solche Sachen sollten eigentlich selbstverständlich sein.
Du hast deine Frage ja schon an anderer Stelle selbst beantwortet. Das Ich erzählt das anfangs retrospektiv, aber geht zeitlich immer wieder ganz nah ran. Es passt einfach nicht ...

Es riecht in dem ganzen Haus nach dem Schrank im Schlafzimmer? Ist das wirklich so? Und wenn - wie genau riecht der Schrank? Nach alter Wäsche? Carver schrieb einmal: es riecht nach Pfefferminzbonbons, die man in alte Zeitungen eingewickelt hat. SO muss das sein, ansonsten wird es nie konkret.

Die Stelle ist einfach noch nicht so prickelnd. Hatte vorher (ebenso unpräzise) geschrieben, dass es nach Voratskammer riecht. Das Beispiel von Carver ist cool. Ich denke, es muss nicht mal so konkret sein; das kann nicht der einzige Anspruch sein. Solche Stellen müssen einfach mit Aufmerksamkeit und Wachheit geschrieben werden. Ich glaube die Genauigkeit ist das eine Prinzip, dass andere ist sprachliche Rafinesse. Für mich sind das zwei verschiedene Dinge. Das eine ist eben präzise Beobachtung, das sind gute, sprachliche Ideen.

Wenn du jetzt total präzise wirst und sagt, es roch nach der Beize, die aus dem Schlafzimmerschrank dünstete und sich mit der Unterwäsche vermischte, dann könnte man schlussfolgern: NIEMAND erinnert sich so.

Das stimmt. Da finde ich halt, gehört zu der Präzision eben auch dazu, dass sie zumindest in der Sprache und den Wissensbeständen der jeweiligen Figur bleibt. Ich war da ein bisschen faul, weil ich es einfach auf seine altersbedingte sprachliche Ungenauigkeit geschoben habe, anstatt nach seiner Art von Präzision zu bohren und herauszufinden, wie er das sagen würde, wenn er es ganz genau sagen würde. Letztlich für mich dasselbe Problem. Immer noch zu sehr mit der heißen Nadel gestrickt.

Auch der Klang ist hier katastrophal: Opa, Oma, Papa, Mama - außer, du wolltest das so haben, aber dann muss auch der Rest des Textes in dieser linearen Stimme bleiben, darf das Terroir nicht verlassen.

:lol: 'katastrophal'. Ja, irgendwie schon. Ich finde, das ist so eine Stelle, hinter der auf jeden Fall ein sprachlich verdichtetes Prinzip steckt. Die Verbindung von all diesen Figuren ihrem zweisilbigen Aufbau. Aber die zwei Silben, die hier zur Geltung kommen, sind natürlich andererseits, wie du schon sagst, semantisch irgendwie furchtbar.

Wie schön wäre hier eine Szene, wie er sich auf das Bett fallen lässt, DANN das kühle und glatte Bettzeug an den Fingern fühlt, und dann muss es doch etwas sein, was er gegen etwas stellen kann

Das finde ich eine sehr gute Idee und werde das auch bei der nächsten Überarbeitung versuchen. Ich sehe das jetzt nicht unbedingt als Schwäche, dass das eben nur beiläufig passiert. Es ist immerhin eine genaue Beobachtung. Allerdings finde ich das eine super Idee, das szenisch auszuarbeiten. Danke für den Hinweis!

Das mit dem "gegen etwas stellen" finde ich auch einen interessanten Punkt. Das ist für mich auch der Kern der Szene, die du da siehst. Allein die Erwähnung dieser Haptik zeugt ja davon, dass es zu Hause bzw. normalerweise anders ist.

Ich frage mich: Warum will er Muskeln haben? Weil es drauf ankommt? Auf was?
Ich habe eben "Townie" gelesen, von Andre Dubus III, und da pumpt er Gewichte, weil er ewig gebullied wurde. Dann wird er zum Schrank und haut ständig Leute um, es wird zu einer richtigen Sucht, er kann nicht anders.

Du hattest an späterer Stelle noch geschrieben: "du verdeckst damit eigentlich nur, dass die Statik nicht stimmt" .
Da triffst du m. E. n. auch das Problem der Sache mit den Muskeln bzw. dem Training. Du sagst so ungefähr: Mach das länger, erzähl das einfach mehr aus.
Da gehe ich mit. Du sagst damit ja eigentlich auch, dass hierin das Erzählenswerte steckt. Im Umkehrschluss denke ich da auch an Ziggas Kommentar und daran, dass die Figuren hier nicht deutlich genug gezeichnet sind. Es ist bis zuletzt recht unklar, welche Haltung der Junge eigentlich zu all dem einnimmt. Natürlich auch im Sinne der Erzählperspektive. Aber vor allem ist er schon auch recht passiv. Es ist grundsätzlich gerade in seiner Distanz auch eine Stärke, würde ich sagen, weil da auch der Wunsch drin steckt, dem allen fern zu bleiben. Problematisch ist aber, dass das so ins Leere läuft. Die Distanz wird nicht im Verhalten der übrigen Figuren, des Vaters, der Großeltern verständlich. Sie weist immer auf den Protagonisten zurück und auf etwas Unbekanntes, das außerhalb des Textes liegt. Und so sehe ich auch deinen Hinweis auf die Sache mit dem Training. Die 'Statik', um bei deinem Kommentar zu bleiben, ist einfach mal nicht wirklich vorhanden, und überall da, wo Möglichkeiten für eine solche Statik denkbar sind (eben bei der Sache mit dem Herzen, den Tauben, den Muskeln und vielleicht noch der Kriegsgefangenschaft) wird das sichtbar. Ich habe mir jetzt im Nachgang zu meinen letzten Geschichten so etwas wie eine Checkliste gemacht, anhand der ich beim Entwurf neuer Stories prüfen möchte, ob wichtige Dinge grundsätzlich funktionieren, damit es nicht solche schwierigen Geburten werden, damit solche Essentials nicht immer wieder spontan in einigen Geschichten von mir fehlen ... das ärgert mich.

diesen Faden aufmachen, ohne eine vage Idee zu lassen, ich weiß nicht ... das ist halt auch ein Problem der Erzählposition, die ist recht unentschlossen.

Ja, das ist genau das, was ich meine.

Du kannst es eben richtig auswalzen, wie bei King, wo dann auch Nebensächlichkeiten wichtig werden, weil sie eine Atmo erzeugen, etwas Zwingendes - und das ist ja auch etwas Gruseliges
Also, du verbastelst hier viele Themen auf wenig Raum. So ein Text könnte auch 30 Normseiten haben. Vielleicht sollte er das auch. Du hastest hier mit einer ungemeinen Geschwindigkeit durch,

Ich glaube, das auszuwalzen würde nur mit reichlich Glück dieses Problem der 'Statik' lösen. Klar, vielleicht treten dann wirklich starke Figuren daraus hervor. Aber letztlich, finde ich, sollte das auch in 15000 Zeichen möglich sein. Das Problem ist hier einfach die unklare Erzählposition.

Nur woher weiß er, dass es ein Taubenherz ist? Nein, er sieht doch erstmal nur etwas auf dem Teller liegen, dann erkennt er, es ist ein Herz. Ich behaupte, es könnte auch das Herz eines Marders gewesen sein oder einer Ente, und er würde den Unterschied nicht erkennen. Da liegt also noch ein Diskurs dazwischen, irgendwo wird Wissen produziert.
Ich würde hier viel näher ran gehen, das Hez beschreiben, die Adern, die Oberfläche, und dann, wie genau schmeckt der Bonbon, wie fühlt sich das in der Kehle an, wie verhält er sich? Steht er da nur rum, guckt sich das Herz an und schluckt den Bonbonsaft runter? Oder betastet er es doch viellleicht, oder er will es, traut sich aber nicht? Das Herz ist doch ein Kuriosum.

Tja, das sind einfach verschenkte Chancen, da gebe ich dir recht. Das kann man viel genauer Beschreiben, da ist richtig Raum. Gerade weil, wie du auch richtig sagst, das nicht so eindeutig zu identifizieren ist. Ich denke, das geht schon, weil er ja schon auch weiß, dass sein Opa Tauben hat, auch wenn er jetzt vielleicht noch nicht mit ihm beim Taubenschlag war. Es wäre also eine recht logische Schlussfolgerung. Allerdings ist es hier überhaupt nicht nötig, dass er gleich weiß, was das für ein Herz bzw. Organ ist. Weil es ja gerade interessant ist, sich diesem 'Kuriosum' langsam anzunähern.

Hier wirkt es so, als ob der Junge durch das Haus von Ed Gein laufen könnte und mit dem Achseln zuckt: Och ja, ein Lampenschirm aus Menschenhaut.

:lol:

Sind Brieftauben Ringeltauben oder einer ähnlichen Rasse zugehörig? Kann man die einfach so essen? Ich bin mir nicht sicher.

Ich denke, das geht. Die gehören auch zu den Haustauben. Wirklich dafür vorgesehen sind sie nicht, außerdem sind Brieftauben, glaube ich, wertvoller als Masttauben. Ein guter Hinweis jedenfalls. Ich könnte den Opa das in dem Gespräch noch etwas differenzieren lassen. Sie können ja auch beides im Schlag haben. Oder eben gelegentlich eine von den Tauben essen, wenn sie auch keine Masttauben sind.

Die Tatsache mit dem Stiefenkel - das kann man eleganter lösen. Das schiebst du hier so einfach dazwischen, aber damit könnte man doch auch beginnen. Das liegt eben alles daran, dass du dich nicht für eine Position entscheiden kannst.

ja, dazu brauche ich ja nicht mehr viel zu schreiben. Das ist das Problem, dass du schon richtig benannt hast.

Ich würde mit dem Daumennagel beginnen, wo ein Pferd drübergelaufen ist. Das ist herausragend, weil es kein Fakt ist, es ist vielleicht eine Lüge, und nach und nach wird es klar, vielleicht ist es auch eine Verletzung aus der Kriegsgefangenschaft.

Ob ich das jetzt so oder so stelle, spielt, glaube ich, erst dann wirklich eine Rolle, wenn ich mich auch für eine Position entscheide bzw. deinem Rat folgen würde und das, anstatt den Text halbwegs neu zu schreiben, einfach auswalze und die Position(en) auf diese Weise kläre.

der Text wird nie nah, bleibt immer auf Distanz, und obwohl du alle Sensorik bemühst, kann ich nichts riechen, nichts schmecken, weil ich das Gefühl habe, es ist eine Fassade, und du verdeckst damit eigentlich nur, dass die Statik nicht stimmt

Das ist dann die traurige Folge davon. Dass die ganze Sprache dann irgendwie ins Leere läuft. Klar kann das so nicht funktionieren.

Auch den Tod des Großvaters hätte ich nicht gebraucht - mehr von den Tauben, mehr von diesem eigentümlichen Menschen, und dann den Leser mit einem offenen Ende entlassen. Tauben, Kriegsgefangenschaft, das Herz, das ist schon ausreichend, der Tod ist nur nochmal die Fallhöhe, die du künstlich erhöhst, aber das hat der Text gar nicht nötig.

Das ist natürlich eine fast schon absurde, aber trotzdem auch richtige Feststellung. Der Tod verändert das Thema interessanterweise nicht wirklich. Es betrifft tatsächlich nur die Fallhöhe. 'Künstlich' vielleicht deshalb, weil das gemessen am Textumfang innerhalb dieses Themas übertriebenes Drama ist.

Danke für deinen sehr ausführlichen und sehr guten Kommentar, Jimmy. Ich weiß das sehr zu schätzen. Gerade ist die Zeit etwas knapp. Ich würde gerne neue Geschichten schreiben, möchte Dinge anders machen, gerade beim Entwurf der Geschichten, und bin gespannt, was davon aufgehen wird und was nicht. Aber alles zu seiner Zeit. Die Geschichte werde ich früher oder später nochmal anpacken. Es lässt sich nach den tollen Hinweisen auf jeden Fall noch etwas rausholen; hätte ich nicht gedacht.

Viele Grüße
Carlo

 

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