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Text- contra Autorenintention

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Text- contra Autorenintention

Nina schrieb:

Interpretation AM TEXT kann nie Überinterpretation sein. Oder anders: Ich will wissen, was der TEXT mir zu sagen hat, und nicht der AUTOR. Das ist eh immer nur Spekulation. Wenn es Dich interessiert: Dazu kannst Du Habermas lesen, der hat diese Richtung in der Hermeneutik angestoßen. Stichwort: Spuren in Texten.

 

Ich versteh mal wieder kein einziges Wort von dem, was da steht... :( Gibt's hier vielleicht ein Dolmetscher, der mir die Worte übersetzen könnte??? <img src="graemlins/rolleyes.gif" border="0" alt="[rolleyes]" />

 

Ich glaube das soll bedeuten, dass ein Text nicht Sprachrohr des Autors zum Leser sein soll, sondern eine eigenständige Kraft entwickeln soll, die es dem Leser erlaubt, den Text ohne Kommentare zu verstehen und ihn so zu lesen, wie er ihn für "richtig" erachtet.
Die "Überinterpretation" weist somit darauf hin, dass der Leser am Text interessiert ist und ihn als sein eigenes Gedankengut abzeptiert, sonst würde er sich nicht damit auseinander setzen.

Entweder so in der Art ... oder es soll einfach bedeuten, dass Milkaschokolade besser schmeckt wie jene von Suchard... <img src="graemlins/rolleyes.gif" border="0" alt="[rolleyes]" />

 

Ich habe meinen einschränkenden Standpunkt ja bereits lang und breit erklärt (siehe Sighards Eine Art Prolog des Chaos). Grundsätzlich gilt:
Je mehr ich über etwas weiß, desto genauer kann ich es beurteilen. Wenn ich jetzt also völlig ohne Vorbildung versuche, z.B. Dantes göttliche Komodie zu interpretieren, wird das Ergebnis nur für mich und meinen begrenzten Horizont zutreffen. Wenn ich hingegen weiß, wer wer Dante war, wie er dachte, in welcher Zeit er lebte, was Religion damals bedeutete, wie sie aussah, historischer Kontext, etc.pp. blabla, dann werde ich den Texst genauer zu interpretieren in der Lage sein. So gesehen, ist die Autorintention wichtig. Sighards Prolog des Chaos ist doch ein prima Beispiel: Gut geschrieben, voller Metaphern und Similes, jeder kann sonstwas hineindeuten, er ist wie ein Haufen Hologrammsplitter, doch erst wenn wir wissen, dass der Autor da selbst ziemlich planlos war (Autorintention gegen Null <img src="graemlins/smilewinkgrin_ron.gif" border="0" alt="[smilewinkgrin_ron]" /> , hehehehe), können wir den Text richtig einordnen.

Sich ausschließlich auf den Text zu beziehen ist gewiss sehr akademisch, ist wie Hermeneutik, dreht sich um tote Dinge. Literatur LEBT IMMER in ihrem Kontext. Genau wie Sprache! Es macht begrenzten Sinn, sie isoliert zu betrachten.

 

Ich sage auch mal, alleine die Tatsache, dass Autoren auf dieser Seite ihre Texte selbst in Kategorien einordnen, sagt schon etwas über ihre Intention aus. Diese Information kann ich dann bei der Interpretation nicht einfach wieder aus meinem Hirn löschen. Wenn ein Autor seine Geschichte unter "Humor" einordnet, so werde ich diese Tatsache bei der Kritik wohl oder übel miteinbeziehen.

Aber, wie ich an anderer Stelle bereits sagte, die von Nina angesprochene Art der Interpretation ist nur eine von verschiedenen Literaturtheorien. Und da Literaturwissenschaft keine Naturwissenschaft ist, gibt es da eigentlich keine "richtige" und "falsche" Literaturtheorie. Durch wiederholbare Experimente lässt sich jedenfalls keine davon verifizieren oder falsifizieren.

Was für fürchterliche Worte gebrauch ich da! <img src="graemlins/heilig.gif" border="0" alt="[heilig]" />

 

Ach Gottchen.
Da gibt es ja einiges zu schließen.
Aber heute geht das nicht mehr. Zu kaputt. <img src="graemlins/cool.gif" border="0" alt="[cool]" />

 

Beides sollte geschehen. Erst einmal für sich selbst lesen und Gedanken treiben lassen. Und dann aber einen Schritt weitergehen, Kontext berücksichtigen, Schriftsteller etc.
Ich denke, die erste Art zu lesen entscheidet, ob überhaupt ein Text gefällt und die zweite Art geht weiter, setzt Interesse voraus, um sich mit ihm genau auseinanderzusetzen.
Das ist lesen, verstehen und lernen.

 

Ausnahmsweise - und nur, weil ich ihren Beitrag als Einzigen verstanden habe - gebe ich @Zaza recht. ;) :D

Grizze!
stephy

 

Das muss dich ja Überwindung gekostet haben, stephy! <img src="graemlins/tongue2.gif" border="0" alt="[tongue2]" />

 

Öhm, möchte ich mal wieder zur Diskussion stellen....

 

wo's mir grad mal ins Auge springt:

Milkaschokolade besser schmeckt wie jene von Suchard...
Milka IST von Suchard! :D :D und lecker natürlich!

jetzt mal zum Thema:
ich hab in der Schule ( lang lang ist's her! ) immer ein Problem mit der Frage gehabt: "What does the author want to tell us?"
ich fand immer, es muß heißen: "was sagt uns der Autor", nicht, "was will er sagen".
Wenn ich danach die Frage erörtern soll, was er sagen wollte , dann brauche in Sekundärmaterial und kann mich gern damit auseinandersetzen.
Dann kommt die Frage: und? hat er's geschafft? Deckt sich seine Absicht mit dem Ergebnis?
das würde ich bei einem wissenschaftlichen Experiment doch genauso machen. Oder bei einem Bild. Schönes Photo von einer Katze neben meinen Füßen. Ach so, Du sagst, Du hättest MICH photographieren wollen? ja, bin ja drauf, klar. Findest Du, daß meine Füße wichtig sind? warum? Ach so! mein Gesicht! nein, dann liegst Du daneben...

ob die Geschichte gut oder schlecht ist, ist aber von der Intention des Autors unabhängig. Ich muß den Text bar jeder Information verstehen können. Alles muß im Text stehen, oder sich aus meinen Gedanken dazu ergeben. Dann bewerte ich nur den Text.
Wenn ich weitere Informationsquellen auswerten muß - also etwa ein Statement des Autors - dann kann ich nicht mehr den Text, sondern nur noch den Kontext darüber beurteilen.

Es ist schade, wenn der Autor etwas anderes sagen wollte, als er es tatsächlich tut. Und für den Autor selbst ist es eminent wichtig, nicht nur einen guten, vielleicht sogar ausgezeichneten, Text fabriziert zu haben, sondern vor allem seine Intention verwirklicht zu haben. Also gehört das - soweit möglich - durchaus in Kritiken.
( man könnte es mit einer Wahlkampfrede vergleichen: was nützt der mitreißendste Text, wenn er nicht meine Auffassung widergibt? Ich werde zwar gewählt, kann damit aber kaum richtig glücklich sein. - nur Bundeskanzler! :D Der Sache, für die ich eintrete hilft das keinen Zentimeter weiter...also hatte ich Erfolg nach außen, aber nicht nach innen.)

Daher: die Autorenintention ist wichtig. Aber sie ergibt sich nicht aus dem Text und definiert auch nicht seine ( innere ) Qualität.

Lieben Gruß,
Frauke

 

Also Frauke, weißt du... jetzt hast du schon alles so klar und deutlich dargelegt. Jetzt gibt's ja gar nichts mehr zu diskutieren hier! Sowas. :(
.
Allerhand einfach... da macht's ja gar keinen Spaß mehr hier. ;) :D

 

entschuldige vielmals. Ich habe nur meine Gedanken zum Thema aufgeschrieben. ich dachte auch, mir widerspricht jemand. Dann kann man anfangen zu diskutieren. Also bitte! auf ans Werk! ich warte darauf, daß jemand mich damit in der Luft zerflückt. :D

Lieben Gruß,
Frauke

 

Da hat die Zaza das ewige Thema ausgegraben...
Was ich sagen wollte (sofern ich meine eigene Autorintention noch richtig erinnere :susp: ):
Die Intention des Autors ist etwas, das gar nicht feststellbar ist.
Zu dem was Alpha damals geschrieben hatte:
Dass der Entstehungskontext zum besseren (historischen) Verständnis eines Werkes beiträgt iss klar, genauso wie ästhetischer Genuss nur durch Kennerschaft des Bezugsrahmens möglich ist. Über Dantes Intention wird trotzdem niemand was rausfinden können. Dazu hätte man ihm zum Zeitpunkt des Schreibens in den Kopf gucken müssen. :naughty:

 

Hi Frauke!

Woher hast Du denn den von Dir zitierten Satz genommen? Ich finde ihn nirgends... :confused:

Milka IST von Suchard!
Suchard hat Milka aufgekauft, vorher war es eine eigenständige (österreichische) Marke. Oder hat Nestlé Suchard gekauft? So irgendwas...

Aber davon abgesehen, ist die Milka (Alpenmilch!) natürlich die einzige Schokolade, die es sich überhaupt lohnt, zu essen. Ich esse keine andere mehr, nicht einmal als Ersatz, denn danach war ich immer nur enttäuscht. Wenn ich keine Milka habe, brauche ich gar keine Schokolade.

So, zum Thema:

Ich denke, jeder hat andere Erfahrungen und andere Ansichten, so kann es natürlich sein, daß ein Text mal bei jemandem anders ankommt, als der Autor dies gewünscht hat. Bei irgendeiner Geschichte ist es mal passiert, daß die Autorin für ihre Protagonistin Mitleid erwecken wollte, die KritikerInnen aber mit jemand anderem aus der Geschichte mitfühlten.

Aber eigentlich denke ich schon, daß eine Geschichte dann gelungen ist, wenn man nachher weiß, was einem der Autor sagen wollte.
Der Leser muß deshalb noch nicht einer Meinung sein mit den Anschauungen des Autors, er kann auch z.B. noch weiterdenken....

Es heißt ja nicht, daß die geschriebene Geschichte die einzige Wahrheit in sich birgt. Wenn ein Text zum Denken anregt, ist er sicher gut. Irgendjemand (möglicherweise Neil Postman) sagte einmal sowas ähnliches wie, daß ein Buch eine Art Diskussion der Vergangenheit mit der Gegenwart ist. - In einer Diskussion kann ja auch niemand sagen, meine Meinung ist die einzig richtige und Du darfst das nicht anders interpretieren.

Natürlich muß man interpretieren dürfen, auch überinterpretieren, sonst wäre uns ja das Denken verboten.

Liebe Grüße
Susi

[ 06.05.2002, 19:07: Beitrag editiert von: Häferl ]

 

Original erstellt von Armelle:

Die Intention des Autors ist etwas, das gar nicht feststellbar ist.
Zu dem was Alpha damals geschrieben hatte:
Dass der Entstehungskontext zum besseren (historischen) Verständnis eines Werkes beiträgt iss klar, genauso wie ästhetischer Genuss nur durch Kennerschaft des Bezugsrahmens möglich ist. Über Dantes Intention wird trotzdem niemand was rausfinden können. Dazu hätte man ihm zum Zeitpunkt des Schreibens in den Kopf gucken müssen. :naughty:
Das ist ja genauso wahr wie die Aussage: Der Mensch kann nicht objektiv sein.
Und nebenbei genauso nützlich.

Welche Konsequenz soll ich nun daraus ziehen? Erst gar nicht mehr über die Autorenintention nachdenken? Sondern, so weise wie ich bin, nur die textimmanente Aussage herauslesen?

Nein, danke. Selbst wenn der Autor keine Intention hatte, für ihn das Schreiben nur Onanie ist, selbst dann kann ich wenigstens herausfinden, dass es so ist.

Mein Problem liegt einfach darin, dass mir Deine Aussage, Armelle, nichts sagt. Sie ist so selbstverständlich. Natürlich kann ich mir nie dessen sicher sein, dass meine Interpretation sich mit der Intention des Autors deckt. Aber welcher Mathematiker kann seine stochastischen Berechnungen als sicher anerkennen? Trotzdem werden sie durchgeführt, da die Wahrscheinlichkeit eben groß ist, dass sie der Realität entsprechen. So ähnlich verhält es sich meiner Meinung nach mit der Literatur. Du weisst es nicht! Du kannst aber mit Hilfe von Belegen eine beliebig gute Annäherung erreichen. Und darauf sollte man sich konzentrieren. Und nicht von vornherein jegliche Bemühungen zunichte machen.

Der Witz ist doch einfach, dass man gar nicht über Deine Aussage diskutieren kann, da sie wahr ist. Das ENTSCHEIDENDE ist das daraus abgeleitete Leseverhalten. Dazu hast Du Dich ja nun nicht geäussert. Machst Du das?

 

@Häferl

Das Zitat hab ich mir bei Rainer geholt. Posting vom 23.10.01 ( ziemlich oben )... ganz am Ende des Postings.

Wer da wen gekauft hat, weiß ich nicht, aber es heißt jetzt Nestlé Suchard und stammt von Kraft ... manchmal hab ich das dumpfe Gefühl, daß es kaum mehr als 7 Konzerne auf dieser Welt gibt, und die machen heute alles..

( seht Euch mal an, was Johnson & Johnson alles machen!?

Sag mal, Häferl, darf ich mal fragen, was für andere Schokolade es gibt? alles andere ist doch keine Schokolade! Ostereier von Lind, die kommen mir noch unter. Aber sonst nur Milka. Ehrensache! neben Alpenmilch kommt mir auch noch Weiße in die Tüte. ( aber ich hab mir in letzter Zeit Schoko sowieso fast ganz abgewöhnt. Kein Witz, ich hab das auch nie gedacht!)

Lieben Gruß,
Frauke

Diese Kritik wurde mit ProfiKritik 1.0 erstellt und soll nochmal an meine Hochachtung für das Programm ausdrücken!

 

Nur ganz kurz, weil ich gerade Besuch habe, Zaza.
Leseverhalten, ich lese nicht auf eine (aus dem historischen Kontext vermutete) Autorintention hin, sondern messe meine Interpretation mit dem Code stimmig/ nicht stimmig. Das funktioniert bei den Texten, die universale Probleme behandeln, in unzähligen möglichen Welten, nicht nur in der, auf die der Autor sich bezogen hat.
Die Textintention geht also bei "besseren" Texten weit über das Vorstellungsvermögen des Autors hinaus. Also konkreter: Seneca war nach dem 11. September plötzlich ganz aktuell.
Hast Du sowas gemeint?

 

Zaza, ich habe nach unserem Chat-Gespräch jetzt nochmal geguckt, wo ich zu dem Thema schonmal abgelassen habe: Das war der Thread zu Kabessas Geschichte Die Töter .
Was mir noch eingefallen ist: Wir reden womöglich von unterschiedlichen Dimensionen und deshalb aneinander vorbei. Deshalb eine Frage: Trennst Du zwischen Autorintention und Textintention? Inwiefern unterscheiden die beiden Begriffe sich in Deinem Sprachgebrauch?

 

Huha, gut gebrüllt, Löwe! Was visuelle Kunst angeht, unterschreibe ich das glatt. Was das Schreiben angeht, bin ich im Zwiespalt. Ich kann mich über abstrakte Kunst informieren, über die Epoche (das gilt auch für Literatur), über den Künstler, seine Werke etc.pp. und so ein genaueres Verständnis dafür erwerben. Wenn ich jedoch einen Text betrachte, dann steht dieser für sich allein, zumindest wenn es sich um einen unbekannten Autor handelt. Ich will auch nicht die alte Diskussion um Autorenintention und ihre Relevanz bei der Textanalyse wieder aufwirbeln, doch hier ist kurzgeschichten.de, nicht neodada.com oder writingakandinski.org. Die Kurzgeschichte als Genre unterliegt gewissen Definitionen, die ich jetzt nicht alle wieder hervorkramen will, doch der gesunde Menschenverstand sagt mir, dass bei Prosa eine minimale Transparenz der Handlung für den Leser dazu gehört. Es gibt ja Leute hier (z.B.), die seitenlange Gebrauchsanweisungen für ihre Texte schreiben (so isses zu verstehen, das will ich sagen, bla) und somit ebenfalls das Thema verfehlen, weil ihr Text dies allein zu leisten nicht imstande ist. Vielleicht ist auch unser aller Auffassung des Genres zu eng, wer weiß? Bin gerne bereit, darüber zu diskutieren. Aber dann nicht hier, sondern im Autorenthread, wo es hingehört.
Yo, also in meinem Posting im anderen Thread ging's ja auch eher um bildende Kunst und den Text, unter allgemeinen, und nicht den engeren KG Kriterien. Dass ein Autor nicht vom Leser erwarten kann den Text, genauso wie von ihm geplant, zu lesen, und der Leser eben so wenig vom Autor eine klare Intention erwarten kann - da stimme ich Dir schon zu. Aber so einfach wie
Wenn ich jedoch einen Text betrachte, dann steht dieser für sich allein, zumindest wenn es sich um einen unbekannten Autor handelt.
ist es auch nicht. Ein Text ist keine vollkommene Tabula Rasa, sondern Du bringst immer auch Dein eigenes Gepäck mit in die Interpretation einer Geschichte. z.B. Die Tatsache, dass eine Geschichte vielleicht unter Humor veröffentlicht wurde, oder ein naheliegender Zeitbezug (z.B. eine Story über ein High-School shooting), oder es heisst eine Figur im Text, in einer offensichtlichen Anspielung, Samson Gregorius, oder etc. Da wären wir auch schon bei den Texten, die womöglich eine bestimmte kulturelle, sprachliche oder thematische Vorkenntnis erfordern. So z.B der Text von hexachord in Sci-Fi.

 

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