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Tod des Japaners
Erstaunt blickte Raoul Koller auf den leblosen Körper seines Vorgesetzten. Wäre da nicht die kleine Blutlache, die sich unter dessen Kopf hervor bildete, könnte man denken, er sei vor Erschöpfung eingeschlafen. Ein Opfer seines hyperaktiven Arbeitslebens. Doch da lag auch die Pistole, hart an der Kante des Schreibtisches, neben seiner rechten Hand. Wie in Zeitlupe verdichtete sich das Bild zur Information, die Koller suggerierte, Watanabe sei tot. Zaghaft begannen seine Nerven zu flattern, ein leichtes Zittern erst in seinen Händen, um dann beschleunigt den ganzen Körper zu erfassen. Fluchtartig rannte er aus dem Büro.
Man ließ ihn warten. Endlos schien die Zeit sich hinzuziehen, bis endlich der Polizeibeamte ohne anzuklopfen eintrat. Honegger, so hatte er sich vorgestellt, blickte ihn scharf an.
»Nun erzählen Sie mal präzis, was vorgefallen ist.«
Koller hatte bereits bei Eintreffen der Polizisten kurz ausgesagt, wie er den Toten vorgefunden hatte. Was konnte er da ergänzen, sein Kopf fühlte sich leer an. »Ich klopfte an die Tür meines Vorgesetzten, und da keine Antwort kam, trat ich ein. Da sah ich ihn über dem Pult gebeugt liegen, dachte erst, er sei vor Müdigkeit eingeschlafen. Erst allmählich begriff ich, dass da eine Blutlache war und eine Pistole dort lag.«
»Was wollten Sie denn um diese Zeit von Herrn Watanabe? Es war doch immerhin gegen Mitternacht. Und wieso wussten Sie überhaupt, dass er da war?«
»Ich hatte ein Projekt abgeschlossen, die letzten Kontrollen waren einwandfrei. Herr Watanabe wollte in solchen Fällen stets umgehend informiert werden. In der Projektentwicklung ist Nachtarbeit nicht ungewöhnlich, da Termine drängen. Weil ich ihm gegenüber ankündigte, heute noch fertig zu werden, war ich mir sicher, dass er darauf wartete.«
»Hörten Sie den Schuss nicht? Im Haus herrschte Stille, war da nicht zumindest ein gedämpfter Knall zu hören?«
»Nein, ich hörte gar nichts. Vielleicht war ich zu sehr auf meine Arbeit konzentriert oder es geschah, als ich die Unterlagen ausdruckte. Der Druckvorgang könnte einen gedämpften Laut übertönt haben. Sein Büro liegt ja auch am andern Ende des Korridors.«
»Wie lange dauerte denn der Druckvorgang und wieviel Zeit verstrich, bis Sie ihm die Unterlagen bringen wollten.«
»Der Drucker benötigte etwa fünfzehn Minuten. Dann … äh …«, Koller stammelte unvermittelt.
»Ja, was dann?«
»Während des Druckvorgangs trat ein Kurzschluss im normalen Stromnetz auf, das Licht erlosch. Es ist jedoch unmöglich, dass dieser vom Drucker ausgelöst wurde, da die Stromversorgung für die Computerinfrastruktur über eine separate Leitung erfolgt. Auch schalteten nur das Raumlicht und die Klimaanlage aus.«
»Was taten Sie aufgrund dieses Vorfalls? Orientierten Sie den Sicherheitsdienst? Deren Büros im Parterre sind ja immer besetzt.«
»Nein, nein. Es war nicht das erste Mal, dass es in der normalen Stromversorgung einen Kurzschluss gab. Da ich wusste, in welchem Raum die Sicherungen untergebracht sind und welche für meinen Arbeitsraum zuständig sind, ging ich selbst ins Kellergeschoss.«
»War die Tür zu ihrem Arbeitsraum offen, als sie in den Keller gingen?« Mit dem Kopf wies Honegger auf den Keil, der offensichtlich als Stopper neben dem Türrahmen am Boden lag.
»Nein, das ist strikt verboten, wenn niemand Befugter anwesend ist. Ich hatte die Tür ordnungsgemäß geschlossen. Einzig Herr Watanabe und Franz Hartmann, ein Arbeitskollege, haben auf ihren Batches die Zutrittsberechtigung.«
»Ist Ihnen nichts aufgefallen, als sie in den Keller gingen.«
»Nein, gar nichts. Ich nahm den hinteren Lift, mit dem man direkten Zugang ins Untergeschoss hat. In den Gängen war die übliche Nachtbeleuchtung eingeschaltet und zum Sicherungsraum hatte ich mit dem Batch Zutritt. Wie erwartet, war der Sicherungshebel für meinen Arbeitsraum herabgekippt. Ich rastete ihn wieder ein und wartete einen Moment. Wenn ein Defekt in einer Leitung gewesen wäre, die den Kurzschluss auslöste, wäre er erneut herabgekippt. Doch es war alles in Ordnung. Wahrscheinlich war es einfach ein Stromimpuls, der den Kollaps auslöste.«
»Und als sie wieder hochkamen, war da nichts Ungewöhnliches?«
»Nein, überhaupt nichts. Es herrschte die gewohnte Stille, die normal ist, wenn niemand mehr in unserer Etage anwesend ist.«
»Und dann?«
»In meinem Arbeitsraum war wieder Licht, der Drucker hatte seinen Auftrag inzwischen beendet und ich stellte die Dokumente zusammen. Einen Moment saß ich noch da, die letzten Arbeitsschritte rekapitulierend, dann ging ich zu Herrn Watanabe. Wie bereits gesagt, ich dachte erst er sei eingeschlafen, als ich ihn in dieser Stellung erblickte.«
»War es schon mal vorgekommen, dass Sie Herrn Watanabe vor Erschöpfung schlafend vorfanden?«
»Nein, nie. Er war stets auf Etikette bedacht, so etwas wäre für ihn wohl eine Schmach gewesen. Er legte höchsten Wert auf einen korrekten Auftritt und sein Ansehen in der Öffentlichkeit.«
»Können Sie sich vorstellen, dass Herr Watanabe einen Grund hatte, sich selbst umzubringen?«
Die Frage kam für Koller überraschend, er zögerte einen Moment.
»Ich weiß nicht. Einen Grund wüsste ich nicht, aber Japaner haben, wie man so hört, ihre eigenen Vorstellungen von Ehre. Vielleicht hatte er mit der Erreichung von Geschäftszielen oder im Privatleben irgendwelche Probleme, doch darüber weiß ich überhaupt nichts.«
»Sie erwähnten seine Korrektheit und sein Ansehen in der Öffentlichkeit. Galt dies auch Ihnen gegenüber als Ihr Vorgesetzter oder waren da noch andere Wesenszüge, die ihn prägten?«
Die Verlegenheit war Koller anzusehen, seine Augäpfel wanderten unstet hin und her.
»Er war im Betrieb immer sehr korrekt, das meinte ich auch mit Öffentlichkeit. Wenn es um die Präzision der Arbeiten und die Einhaltung von Zeitplänen ging, konnte er jedoch knallhart sein. Vermutlich gab er den Druck, den der Konzern auf ihn ausübte, auf die Mitarbeitenden weiter. Wenn jemand seinen Anforderungen nicht entsprach, konnte er direkt gemein werden, jedoch nie in Gegenwart von Dritten. Auch ließ er niemandem einen Verhandlungsspielraum, entweder man parierte oder konnte auf der Stelle gehen. Ich selbst kam damit zurecht, da meine Arbeit ohnehin höchste Präzision erfordert, war dies mir kein nennenswertes Problem.«
»Haben Sie konkrete Namen von Personen, die mit Watanabe in solch krasse Konflikte kamen?«
»Nein … nein. Ich hörte nur davon. Man sprach unter vorgehaltener Hand darüber, wenn bekannt wurde, dass jemand die Firma von einer Stunde auf die andere verlassen hat.«
»Sie arbeiten bereits achtzehn Jahre in dieser Firma, wie man mir sagte. Gibt es da nicht auch einen Verschleiß, wird die Routine nicht allmählich nervenaufreibend?«
Verwundert lachte Koller auf. »Routine? Dies mag für Außenstehende so wirken, doch bei meiner Arbeit ist beständige Innovation entscheidend. Die Entwicklungen verändern sich nicht nur über die Jahre, sie kommen häufig kurzfristig und verlangen ständige Anpassung. Da bleibt keine Zeit für Routine. Es fordert einen natürlich schon, doch ist es zugleich auch höchst interessant, in diesen Bereichen an vorderster Front mitzuwirken. Ich könnte mir auch keinen anderen Beruf vorstellen, der mich derart erfüllen würde.«
»Als sie im Büro von Herrn Watanabe waren, hatten sie da etwas berührt?«
»Nein!«
»Auch die Pistole oder Herrn Watanabe selbst nicht?«
»Nein. … Ich nahm an, dass er tot ist. In dem Moment konnte ich keinen klaren Gedanken fassen. Ja, vielleicht hätte ich erst prüfen sollen, ob er nicht einfach verletzt ist. Doch ich war mir sicher, wollte nur raus und informierte umgehend den Sicherheitsdienst.«
Die Polizei sprach in den folgenden Wochen noch dreimal mit Koller, hinterfragte ihm unwichtig scheinende Details. Aufgrund der Fragestellungen vermutete Koller, dass es keinen Rückschluss auf Fremdeinwirkung gab. Honegger erwähnte zwar einmal wie beiläufig, dass die Schmauchspuren am Kopf des Toten nur schwach ausgeprägt seien, was ungewöhnlich sei. Normalerweise presse ein Suizident den Lauf der Waffe direkt an die Schläfe. Bei diesen Worten hatte er Koller beobachtet, wie er reagiert. Dieser hatte sich nie Gedanken gemacht, wie jemand eine Waffe hält, der sich erschießt, weshalb er nichts zu erwidern wusste. Beim letzten Gespräch erwähnte Honegger, dass sie von einem Suizid ausgehen, da keinerlei konkrete Hinweise auftraten, die dagegen sprechen. Da Watanabe jedoch keinen Abschiedsbrief hinterlassen habe, werde es wohl einer dieser ungeklärten Fälle bleiben.
Ein Sicherheitsspezialist, der direkt vom Konzernsitz her angereist war, sprach auch sehr ausführlich mit Koller. Anscheinend hatte man sowohl das Privatleben von Watanabe als auch das von Koller sehr genau unter die Lupe genommen. Die Fragen waren viel nervenaufreibender als jene der Polizei, da dieser Mann nicht davor zurückschreckte, peinlichste Fragen zum Intimleben zu stellen. Detailliert wollte er auch wissen, ob es zwischen ihm und Watanabe auch private Kontakte gab, was natürlich nicht der Fall war. Watanabe ging völlig in seiner Rolle auf und war ein traditionsverbundener Japaner, der sein Gesicht unter allen Umständen wahrte. Aus den gestellten Fragen zog Koller jedoch den Rückschluss, dass man Watanabe verdächtigte, mit einem Konkurrenzunternehmen heimliche Kontakte gepflegt zu haben. Da Koller sich seiner Unbescholtenheit sicher sein konnte, überstand er dieses Verhör zwar strapaziert, aber doch ohne Widersprüche oder ernsthafte Zweifel mit seinen Antworten auszulösen.
Koller war in einem neuen Projekt engagiert, dass seine Aufmerksamkeit voll in Anspruch nahm. Sein neuer Vorgesetzter, ein Schwede, hatte sich befriedigt über das vorgehende Projekt gezeigt. So konnte er nahtlos ein weiteres ambitioniertes Vorhaben angehen.
Die Zahlengruppen am Bildschirm verblassten kurz, ließen imaginär Watanabe ins Bild treten. Koller schüttelte seinen Kopf, rieb sich die Augen, stand auf und trat zur Kaffeemaschine. Seine Augen waren wohl etwas überanstrengt, dies war der Nachteil bei ständiger Arbeit am Bildschirm. Der Espresso tat seine Wirkung, das Aroma löste im Gaumen ein Wohlgefühl aus und ließ Kollers Gedanken schweifen. Noch dreieinhalb Wochen, dann hatte er Urlaub. »Verschleißerscheinungen?«, hatte ihn Honegger seinerzeit gefragt, was er verneinte. Jetzt war er sich nicht mehr sicher. Na, vielleicht ein wenig. Doch wer hat dies nicht, wenn man sich im Beruf mehr als hundertprozentig einbringt. Watanabe war in seiner Gedankenwelt in den Hintergrund getreten, sein visionärer Auftritt am Bildschirm soeben kam völlig überraschend.
Er gönnte sich noch einen zweiten Espresso, genüsslich schlürfend. In Gedanken rief er sich den Ferienprospekt in Erinnerung, das Bild des Hotels, den Swimmingpool, den Sandstrand. Es waren inzwischen fünfzehn Monate her, seit er letztmals richtig ausspannte. Als sein Blick aus der Distanz zum Bildschirm wanderte, meinte er die Zahlenreihen wandelten sich in Striche mit einem unruhigen Wellengang. Er schloss die Augen, um sie einen Moment einfach ruhen zu lassen, ihnen Entspannung zu gönnen. Einige Sekunden hatte er das Büro von Watanabe vor Augen, die Waffe lag auf dem Pult. Der Japaner war eben dabei die Reinigungsutensilien beiseite zu räumen, ein beinah zeremonieller Akt, den er da abschloss, wie Koller wusste. Watanabe legte Wert darauf, dass die Pistole wie alles in seiner Umgebung perfekt funktionierte.
»Vergiss ihn, verdammt nochmal«, sprach Koller zu sich selbst. Er wunderte sich, dass er so plötzlich wieder an Watanabe dachte, dieser verrückterweise gar als Einbildung in Szenen gegenwärtig wurde. In den letzten Wochen war es ihm gelungen, eine innere Distanz zu seinem früheren Vorgesetzten aufzubauen. Warum sich dieser selbst umbrachte, darüber wollte er nicht nachdenken oder urteilen. In seiner Erinnerung sollte er jene Respektsperson bleiben, die er zu Lebzeiten verkörperte. Sein neuer Vorgesetzter war auch knallhart, doch umgänglicher, seitdem dieser sich selbst ein Bild von den Leistungen Kollers gemacht hatte.
Nach einer Stunde intensiver Bildschirmarbeit verblassten die Zahlen erneut in seiner Wahrnehmung. Watanabes Gesicht schien sich abzubilden, wutverzerrt. Imaginäre Bildfetzen fügten sich zusammen. Die Pistole war in seiner, Kollers Hand, nicht weit von Watanabes Kopf entfernt. In Watanabes Augen trat ein ungläubiger Blick, als könnte er nicht fassen, dass Koller sich ihm zu Widersetzen wagte. Weitere Bruchstücke fügten sich in wilder Unordnung ein. Watanabe behauptete, Koller habe dieses Projekt durch eine schlechte Arbeit unbrauchbar gemacht. Das stimmte so nicht. Ein Fehler, der sich in einer Schlüsselstelle eingenistet hatte, war ihm bei den Kontrollen aufgefallen und er konnte ihn glücklicherweise eliminieren. Drei Kontrollläufe hatte er noch vorgenommen, nach verschiedenen Methoden ausgerichtet, die alle ein einwandfreies Ergebnis lieferten. Aber woher wusste Watanabe überhaupt von diesem Vorfall? Koller wollte die definitiven Kontrolldaten ihm erst vorlegen, als er ihn aufsuchte.
Erschöpfung überkam ihn. Koller fühlte sich schlagartig unwohl, er stand auf, setzte sich nach wenigen Schritten jedoch wieder auf den nächstbesten Stuhl. »Ich muss überarbeitet sein, dass ich solche Hirngespinste habe«, murmelte er vor sich hin. Er versuchte sich zu erinnern, ob an diesem Abend des Projektabschlusses doch etwas ungewöhnlich gewesen war. Er hatte die ordentlichen Kontrollprogramme aktiviert, welche er für dieses Projekt geschaffen hatte. An keiner der involvierten Schnittstellen trat mehr eine Unregelmäßigkeit auf. Unregelmäßigkeit? Dieser Gedanke lauerte tiefer in seinem Gedächtnis, doch in welchem Zusammenhang war dies. Dass bei den Schlusskontrollen noch diese oder jene Verbesserung anstand, das kam vor und war nicht so ungewöhnlich. Wesentlich war der Schlusslauf, da durfte es keine noch so minimale Abweichung geben. Vergeblich versuchte er, sich zu erinnern.
Die Tür ging auf, Hartmann trat ein. »He, was ist mit Dir los, Raoul? Du siehst kreidebleich und verschwitzt aus.«
»Es muss ein Virus sein, wohl eine Grippe.« Koller fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, was ein paar Tropfen die über sein Gesicht perlten, auslöste.
»Geh nach Hause, ich melde Dich krank.«
Mühsam erhob sich Koller vom Stuhl, er fühlte sich, als ob er körperlich Schwerstarbeit geleistet hätte.
Mitten in der Nacht schreckte Koller auf. Ein Schrei hatte ihn geweckt. Verwirrt blickte er ins Dunkle, seine Hand tastete nach dem Knopf der Nachttischlampe. Der gedämpfte Lichtschein offenbarte nichts Außergewöhnliches. Das spartanisch eingerichtete Schlafzimmer zeigte die Konturen des Kleiderschranks und den Stuhl, auf dem Kleider lagen, sonst nichts. Da erst spürte er die Feuchtigkeit, er war völlig verschwitzt. Er griff zum Fieberthermometer, das auf dem Nachttisch neben Medikamenten lag. Ein Schluck Wasser netzte seine trockene Schleimhaut im Mund.
Die digitale Anzeige wies 37,6° auf, das Fieber war gesunken. Erschöpft legte er seinen Kopf wieder auf das Kissen. Der Schrei war markerschütternd gewesen, beinah übermenschlich. In seiner nun bewussten Erinnerung setzte sich der Schluss eines Traums zusammen, aus dem er gerissen wurde. Schemenhaft die Gestalt eines Mannes in der Rüstung eines Samurai. Mit beiden Händen ein Schwert umklammernd, mit dem er zielgerichtet auf ihn zuschritt. Seine Augen konnten den Bewegungen des Schwerts dann nicht mehr folgen, so rasch schwang die Klinge hoch um dann mit einem sirrenden Ton die Luft durchschneidend, auf seinen Hals zu zielen. Er war es selbst, Koller, der in panischem Entsetzen geschrien hatte. Den Moment, wie sein Kopf vom Rumpf abgetrennt wurde, konnte sein träumendes Bewusstsein nicht ertragen, - er erwachte. Doch da war noch etwas, Koller war sich sicher, im letzten Augenblick das Gesicht des Samurais schemenhaft wahrgenommen zu haben, es war Watanabe.
Stöhnend erhob sich Koller. »Dieser verfluchte Mistkerl, ich habe ihm doch nichts getan. Soll er doch im Reich der Toten bleiben, falls es so etwas bei den Japanern gibt.«
Nach einer Dusche und in frischer Nachtkleidung fühlte er sich körperlich ein wenig behaglicher, doch zunehmend wütend. Im obersten Regal des Küchenschranks griff er zu dem Päckchen Zigaretten und Streichhölzern, die er vor knapp einem Jahr dort deponiert hatte. Es sollte nur für den Notfall sein, er wollte endgültig damit aufhören. Zwei, drei Monate zur Sicherheit, dann wollte er sie wegwerfen. Doch dann vergaß er sie – bis jetzt. Umständlich zündete er sich die Erste an, der Geschmack war ihm fremd, doch das vertraute Gefühl, wie er den Rauch ausstieß, empfand er als beruhigend.
Auf dem Unterteller tummelten sich die Zigarettenstummel. Koller war hellwach und er fühlte sich körperlich soweit fit. Seine Gedanken kreisten um das Geschehen, als er Watanabe auf dem Schreibtisch liegend gefunden hatte. Dieses Bild war es, das ihn verfolgte, da war er sich nun sicher. In jener Nacht hatte er sich nicht traumatisiert gefühlt, zutiefst erschrocken, doch nur in der Art wie, wenn man unerwartet an einen Unfallort kommt. Dieses Bild musste weg. Er fasste einen Entschluss.
An Briner und den Raum hatte er sich inzwischen längst gewöhnt. Als er vor vier Monaten erstmals einen Termin bekam, hatte er eine in klinisch sterilem-weiß gehaltene Praxis erwartet. Eine Liege, auf der er sich wehrlos ausgeliefert hinstrecken müsste, während er hinter sich einen gestrengen Psychiater wusste, der sein überspanntes Unbewusste wieder in Ordnung bringen sollte.
Es war anders gekommen, als sein Unbehagen und seine Vorurteile ihm vorgaukelten. Die in sanft pastellfarben gehaltene Räume waren modern möbliert, das Sprechzimmer angenehm mit Fauteuils eingerichtet, freistehend eine Corbusier-Liege, und alles weit entfernt von steril. Briner entpuppte sich als Mittvierziger, von der Erscheinung und seinen Umgangsformen her sympathisch auftretend, eine Übervater-Figur konnte er in ihm nicht wahrnehmen.
Briner hatte ihm ruhig zugehört, als er von seinen Einbildungen und dem Samurai-Traum erzählte, inzwischen waren noch weitere Visionen aber auch Trauminhalte dazugekommen. Auf eine Deutung dieser Erscheinungen hatte Briner sich nicht eingelassen, einzig eingeräumt, dass ein solches Erlebnis wie es Koller widerfahren war, durchaus eine Belastung darstellen konnte, umso mehr, da vorgehend schon ein Spannungsfeld bestand.
In etlichen Sitzungen, auf der Liege musste Koller nie Platz nehmen, hatte er Gelegenheit auch Dinge auszusprechen, denen er sich selbst bis anhin nicht so recht bewusst war. Briner unterbrach ihn nie, stellte ab und zu gezielte Fragen oder führte das Gespräch in eine bestimmte Richtung. Wenn sich für Koller eigentlich auch nichts spürbar bewegte, gewann er dennoch das Gefühl, innerlich mehr Freiraum gegenüber Watanabe gewonnen zu haben. Dieser selbst erschien ihm nun auch in einem etwas anderen Licht. Die Fassade des Managers bröckelte nicht, doch teilte sie sich mehr und mehr mit dem Individuum dahinter, das er auch gewesen sein musste. Der kulturelle Hintergrund und die Erziehung, welche dieser erfahren haben mochte, waren in Gedanken nicht einfach nachvollziehbar, aber Koller ahnte nun, dass dies das Prägende war, das ihn ausmachte. Die Härte und Disziplin, die er präsentierte, schien ihm in der Erinnerung nun weichere Konturen zu erlangen.
Wären die Visionen und gelegentlich Träume, an die er sich erinnerte, nicht immer noch intensiv und lästig gegenwärtig, würden ihm die Therapiestunden zunehmend überflüssig erscheinen. Doch das Geschehnis drehte sich noch im Kreis, der Geist des toten Watanabe hatte Besitz von ihm.
Heute setzte Koller sich wieder in den von ihm bevorzugten Fauteuil. Gelegentlich hatte er auch schon andere gewählt, doch aus diesem bot die Raumtiefe seinem Blick eine Rückzugsmöglichkeit. Eine innere Unruhe ergriff ihn, ohne deren Ursache deuten zu können. Sein Blick auf Briner wurde unstet, während dieser ihm ruhig gegenübersaß. Kein Wort, das Koller erlöste, ihm eine Brücke gab, um dieser Bedrückung zu entkommen. Koller öffnete den Mund, als wollte dieser einen Schrei formen, wie damals im fiebernden Schlaf. Sein Blick wanderte herum, all die vertrauten Gegenstände, Chrysanthemen in einer Vase, daneben – sein Blick erstarrte – auf einem schlichten Holzträger, ein Samurai-Schwert. Er meinte jenes aus dem Büro von Watanabe zu erkennen, da hatte ein solches auf einer Anrichte an der einen Wand gestanden.
Sein Blick wurde glasig, in seinem Kopf verdichteten sich Bilder. Müde aber gutgelaunt war er mit den Kontrollergebnissen zu Watanabe geeilt. Ein gelungener Projektabschluss bereitete ihm jeweils ein Hochgefühl, wie einem Marathonläufer der allen Strapazen zum Trotz als Erster das Ziel durchläuft.
Watanabe hatte ihn kühl gemustert, als er eintrat. Anscheinend war er damit beschäftigt gewesen seine Pistole zu reinigen. Wie Koller wusste, gab Watanabe diese Handlung Entspannung und tat es, wenn wichtige Entscheidungen anstanden. Er versorgte die Utensilien und ein Poliertuch in einer der Schubladen im Pult, die neu geladene Waffe lag noch entsichert auf der sonst leeren Fläche.
»Herr Watanabe, ich habe hier die Kontrollergebnisse, es ist alles bestens.« Er hielt Watanabe die Blätter entgegen.
Dessen bis dahin versteinertes Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, während er aufschrie: »Pfusch! Sie haben das Projekt verpfuscht. In mindestens einer Schaltstelle hat es Fehler, die das ganze Projekt wertlos machen.« Watanabe geiferte beinah, während er mit einer heftigen Handbewegung die Blätter welche Koller ihm entgegenstreckte, wegfetzte.
»Dies ist nicht möglich, ich habe alle Kontrollverfahren durchgespielt.« Kollers Gedanken zirkulierten nur noch in Zeitlupe, während er die Worte sprach. Watanabe musste Zugriff auf seinen Computer haben, was nicht möglich war. Aber wieso konnte er davon wissen, dass vor wenigen Stunden noch Schwächen drin waren.
»Sie sind entlassen! Für den ungeheuren Schaden werde ich sie persönlich haftbar machen und dafür besorgt sein, dass sie in diesem Beruf keine Aussichten mehr haben.« Watanabe hatte sich richtiggehend in eine Hasstirade hineingeredet. Er gab Koller keine Möglichkeit sich zu erklären.
In Koller hatte der Schock eine momentane Blutleere im Kopf erzeugt, die bewirkte, dass sein klares Bewusstsein sich in eine Trance verflüchtigte.
Wie es geschehen konnte, vermochte sich auch jetzt nicht zu kristallisieren. Er sah Watanabe vor sich, der ihn entgeistert ansah. An seiner Schläfe sickerte Blut, langsam beugte er sich vor, um dann heftig mit dem Kopf auf der Pultplatte aufzuschlagen.
Mechanisch sammelte Koller die verstreuten Blätter zusammen, ging um das Pult herum und öffnete die Schublade mit dem Poliertuch. Sorgsam putzte er die Metallflächen der Waffe und drückte sie Watanabe in die rechte Hand um sie alsdann auf der Pultfläche abzulegen.
Tränen lösten sich aus Kollers Augen, ein Zucken erfasste ihn, heftiger noch als damals, als er Watanabe fand. »Ich war es! Ich muss es gewesen sein, die Pistole war in meiner Hand, als sich der Schuss löste.« Ein Weinkrampf schüttelte ihn.
Briner wartete schweigend, dass Koller weitersprach. Er wusste, der Damm war gebrochen, das Verdrängte war dem Bewussten wieder zugänglich. Das Samurai-Schwert vermochte den geplanten Zweck, einen heilsamen Schock auszulösen, erfüllen.
»Ich … Ich war erregt, sehr erregt, da ich nicht verstand, warum Watanabe über mich derart aufgebracht war und mich entlassen wollte. Von dem Fehler, der vor der Schlusskontrolle noch vorhanden war, konnte er eigentlich gar nichts wissen. Dennoch wusste er davon und meinte, es hätte noch mehr. Reflexartig hatte ich die Pistole, die auf seinem Pult lag, ergriffen und hielt sie in der Hand, da ich glaubte, er stürze sich auf mich. Meine Hand verkrampfte sich, die Hasstirade von Watanabe erzeugte mir panische Angst. Wie es passieren konnte, verstehe ich nicht, der Schuss löste sich für mich völlig unerwartet. Was folgte, tat ich mechanisch, ohne einen Gedanken fassen zu können.
Ich kam erst zu mir, als ich an meinem Arbeitsplatz vor dem Computer saß. Der Bildschirm zeigte noch immer die Schlussdaten der Kontrollen an. Ich rieb mir die Augen, atmete einmal tief durch, der Meinung, wohl kurz eingenickt zu sein. Die Blätter der abschließenden Kontrollen lagen sorgsam gebündelt vor mir. Da war einzig der Gedanke, ich muss sie Watanabe bringen, der wartet darauf.«
Briner hatte ihn nicht angezeigt. In den Monaten der Nachbehandlung wurde Koller zusehends bewusst, dass es nicht einzig das Berufsgeheimnis sein konnte, welches seinen Therapeuten dabei leitete. Er brachte ihn dazu, es selbst zu erkennen. Sein Leiden war nun, dass er künftig mit dem Wissen, dass er Watanabe tötete, leben musste. Er kam in Versuchung, dieses schwer Erträgliche abzuwerfen, eine Selbstanzeige vorzunehmen, um Buße zu tun. Briner redete es ihm nicht aus, noch nahm er ihm die Entscheidung ab, sondern führte ihn einen Schritt weiter. Die Resozialisierung, der Sinn welcher über einer jeden Strafe zu stehen hat und nicht einfach als begleitendes Moment verstanden werden darf, ist nur in sich selbst erreichbar. Er hatte versucht Briner zu bewegen, ihm diesen Weg zu ebnen, indirekt eine Absolution zu erlangen. Dieser sagte jedoch nur knapp: »Leben Sie bewusst!«
Dann kam der Tag, an dem er ihn aus der Behandlung entließ.
»Ich fühle mich nicht geheilt!«, wandte Koller ein. Doch sein Sträuben, seine Angst auf sich selbst zurückgeworfen zu sein, nutzte nichts.
»Sie wehren noch immer vehement ab, die ganze Wahrheit zuzulassen. Der Moment in jener Nacht, als sich die Ereignisse überstürzten, war sicher der Auslöser zur Tat. Doch der eigentliche Grund, dass sie überhaupt fähig waren Watanabe zu töten, muss viel tiefer liegen. Wenn Sie Klarheit darüber gewinnen, ebnet sich Ihnen auch der Weg dies seelisch aufzuarbeiten und Rehabilitation zu erlangen. Sollten Sie es dann, aber erst dann, nicht selbst bewältigen, können Sie sich wieder bei mir melden.«
Koller fürchtete sich vor jeder Nacht, die ihn mit seinen Gedanken allein ließ. In seinen Träumen war Watanabe nicht mehr gegenwärtig, auch die kurzen Visionen am Tag blieben aus, doch fand er in seiner freien Zeit keine Ruhe. Er vergrub sich noch intensiver in seine Arbeit, als er es bis anhin tat, nur um seine Gedanken unter Kontrolle zu halten. Der Versuch, das verborgene Motiv zu finden, wie Briner es ihm nahegelegt hatte, scheiterte ebenso wie die Vorgabe bewusst zu leben. Die nackte Angst, welche von ihm Besitz hatte, qualifizierte ihn in seinem Denken in Endlosschleifen als Mörder. Obwohl dies sich verinnerlichte, wollte er es nicht wahrhaben, er war kein schlechter Mensch. Dies erzeugte eine nagende Ungewissheit, die weder durch Demut noch einem Versuch in religiösem Geistesgut Erleichterung zu finden, sich kompensieren ließ. Er kam immer an den gleichen Ausgangspunkt, einem starken Schuldgefühl, das in seiner Erinnerung den Konflikt weiter schürte.
Zum Firmenjubiläum wurde ein Festanlass für die Angestellten durchgeführt, der mit einer Rede eines Delegierten des Verwaltungsrates eingeleitet wurde. Er war vom Konzernsitz angereist. Die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens übertraf noch die Prognose, wofür er allen Mitarbeitenden des hiesigen Unternehmens dankte. Danach erhob sich Watanabe und trat an das Rednerpult. Nach einem allgemeinen Dank seinerseits bat er Koller zu sich.
»Herr Koller, es ist mir eine große Ehre, dieses Jubiläum zum Anlass zu nehmen, um Ihnen für Ihre stets brillanten Leistungen, die Sie zum Wohl der Firma einbrachten, herzlich zu danken. Den Gepflogenheiten meiner Heimat folgend, überlegte ich mir lange, mit welcher Würde die Firma diese Hochschätzung Ihnen gegenüber zum Ausdruck bringen könnte. Ich überreiche Ihnen hiermit ein Samurai-Schwert, einen Wert, der seinen Besitzer adelt, da es noch für Shōgun Tokugawa Iemochi in der ausgehenden Edo-Periode geschmiedet wurde.« Mit beiden Händen hielt Watanabe zeremoniell das leicht gebogene Schwert in die Höhe, damit es jeder der Anwesenden sehen konnte, bevor er es mit einer Verneigung an Koller überreichte.
Er fühlte sich zutiefst befriedigt, als die Intensität des eben erlebten ihn aufwachen ließ. Das Wohlgefühl hatte ihn voll im Griff. Er war in den Olymp der Begnadeten aufgestiegen, ein Mitglied der Elite. Diese Auszeichnung aus Watanabes Hand, ihn den er trotz oder vielleicht gerade wegen seiner harten Disziplin nahezu verehrte, war gleichwertig einem Ritterschlag. Sie waren nun beide auf gleicher Augenhöhe.
Nur langsam dämmerte ihm im Halbschlaf, dass Nacht war und er geträumt hatte, - von Watanabe! Erst aufkommendes Entsetzen legte sich sofort wieder, es war ein guter, ein versöhnlicher Traum. Watanabe wusste um seine enorme Leistungen für den Konzern, aber auch, dass er sich in einer Führungsposition nicht wohlgefühlt hätte, er nicht zum Manager berufen war. Die Würde, welche er mit diesem Akt vollzog, war wohl die höchste Auszeichnung, die ein Japaner in dieser Position verleihen konnte. Er musste lange warten, doch hatte er, die Sprossen überspringend, die Leiter nun erklommen.
Seine Fantasien brachen abrupt ab, er war nun hellwach. Watanabe ist wieder da, wie ein Donnerschlag traf ihn diese Erkenntnis nun. Er lachte bitter auf, ausgerechnet sein Opfer sollte ihn auszeichnen, ihm die Hand zur Gleichstellung reichen.
Werde ich verrückt?, dieser Gedanke setzte quälend und unerbittlich ein. Er versuchte sich an Briners Worte zu erinnern, der einzige Strohhalm an den er sich klammern konnte. Bewusst zu leben und Klarheit zu erlangen, um die Geschehnisse aufarbeiten zu können, hatte er gesagt. Nur wie? Koller versuchte sich an die Sitzungen zu erinnern, welche Mechanismen es waren, die damals das Unbewusste teilweise wieder zugänglich machten. Wie hatte Briner es geschafft, dies in ihm auszulösen?
Die Tagesdämmerung setzte ein, den Traum als auch seine Fantasien im Halbschlaf danach hatte er systematisch hinterfragt, versucht Briners analytische Kompetenz anzuwenden. Jedes Detail hatte er beachtet, das Schwert war ähnlich dem, wie das in Watanabes Büro.
… musste lange warten … die Leiter! Verflucht, hinter dieser Kaschierung versteckte es sich. Seine Gedanken wirbelten aufgeregt durcheinander, Erinnerungen tauchten auf, Enttäuschungen, die er immer wieder seinem fehlenden Ehrgeiz zugeordnet und unterdrückt hatte. Die jahrelang gestauten Gefühle brachen durch, der Schutzwall des Unbewussten war eingebrochen.
Deprimiert lag Koller noch Stunden im Bett, reagierte nicht auf das mehrmalige läuten des Telefons. Die Gewissheit, Watanabe aus dem niederen Instinkt seiner Egozentrik und bitterer Enttäuschung getötet zu haben, hatten ihn in einen dumpfen Zustand versetzt. Während vieler Jahre hatte er auf die ihm zustehende Anerkennung gewartet, dass man seine überdurchschnittlichen Leistungen honoriert, nein, nicht einfach mit Geld. Ihm schwebte der Rang eines Direktors vor, quasi in der Position eines Ministers ohne Portefeuille, er wollte dabei seine Arbeit weiter ausüben können. Forschen und entwickeln, das war seine Stärke, nicht als Manager die Zeit in Sitzungen unnütz vertun. Die Beförderungen waren jedoch immer an ihm vorbeigegangen, als wäre er inexistent, zumindest ungeeignet und nicht berufen.
Es war dieser Traum, der ihm den Schlüssel zum letzten Geheimnis überreicht hatte. Nur empfand er es nicht als befreiend, den Weg ebnend, wie Briner es vorhersagte.
»Das bin doch nicht ich«, flüsterte er. Danach gellend: »Ich war es nicht, ich war es nicht!« Sein Aufschrei verhallte im kleinen Raum. Kein antwortendes Echo, das ihm die Illusion erlaubte, ein anderer könnte die Schuld tragen, zwar abwehrend, aber doch hörbar.
Er versuchte sich Watanabe vorzustellen, wie dieser sich die Pistole selbst gegen den Kopf richtet, doch es gelang ihm so nicht.
In schwachen Konturen nur, verzerrt durch einen Schleier seiner Tränen, projizierte sich kurz dessen Gesicht. »Das werden Sie mir büßen«, Watanabes Stimme wandelte sich in schallendes Gelächter, dann entzog er sich.
Schweißgebadet versuchte Koller sich von allen Gedanken abzukapseln, doch in Sekundenbruchteilen unterliefen diese immer wieder sein Bemühen. Watanabes Gelächter verfolgte ihn.
Dabei, ja so ist es! Ein aufgekommener Gedanke gab ihm das Gefühl sich der Umklammerung von Watanabes Rache entziehen zu können. Laut rief er: »Ich habe Watanabe getötet, doch er ist Schuld nicht ich, er hat mich dazu gebracht.«
Vor Erschöpfung mühsam, doch beschwichtigt, rappelte sich Koller auf. »Ich werde Briner anrufen, er muss mir helfen diesen Fluch loszuwerden, das hat er mir versprochen!«
Der Gedanke, dass Watanabe dann endgültig tot ist, löste ihm ein bitteres Lachen aus. Er hatte immer noch Respekt vor ihm, doch nur auf gleicher Augenhöhe könnte er ihn ertragen.