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Tod in der Tiefe

Beitritt
14.07.2007
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Tod in der Tiefe

„Dieser verdammte Hurensohn! Er hat mich reingelegt!“ tobte Serina los und schmiss den Hörer so heftig auf, das das ganze Telefon mit lautem Scheppern vom Tisch fiel.
„Karl, wo steckst du? Ich reiß dir den Kopf ab du Arsch!“ schrie sie wild durch die Wohnung. Eine Tür fiel ins Schloss. Zitternd und schnaubend vor Wut rannte sie hinterher, riss die Tür auf und brüllte hinter ihrem schweigend das Haus verlassenden Freund her. „Warum hast du mir nichts von den Anruf erzählt, du Scheißkerl? Wer verdient denn hier das Geld, he? Wer? Ich rede mit dir!“ Er sah nur einmal vorwurfsvoll zurück und dann klappte die Haustür hinter ihm ins Schloss. Kein Ton, keine Rechtfertigung, nichts. Nur Schweigen, wie immer.
Außer sich vor Zorn verpasste sie der Tür einen wilden Tritt, so dass sie mit einem ohrenbetäubenden Knall zufiel. Frau Schenke, die alte Meckerziege von nebenan, fing sofort wieder an zu keifen. Serina war es egal.
Ein Anruf von Cathal war Gold wert, brachte Kohle. Karl wusste das, aber er wollte nicht, das sie ging und für ihn arbeitete, hasste es, sie auf den immer äußerst riskanten Tauchgängen zu wissen, die fast nie legal waren. Immer noch wütend packte sie ihre stets bereite Tasche mit ihrer Tauchausrüstung und verließ die Wohnung. „Schwing sofort deinen Arsch her, wenn dir dein Job was wert ist“ hatte Cathal in den Hörer gebrüllt. „Soll ich etwa jedes Mal eine Extraeinladung für unsere Madam schreiben, wenn ich dich brauche oder was? In einer Stunde bist du auf meinem Schiff oder du bist aus dem Team raus, verstanden?“
Cathal war Schatzjäger, ein 1,95 großer, muskelbepackter Ire mit mehr Metall im Gesicht als ein Vietnamveteran. Er liebte Tätowierungen und Piercings über alles, fast so sehr wie die riskanten Unternehmungen, zu denen er seine 4 köpfige Mannschaft in unregelmäßigen Abständen zusammen zu trommeln pflegte. Und wehe dem, der nicht rechtzeitig auftauchte!

Raus aus dem Team war man schnell und Cathal war weder für seine Geduld noch für seine menschenfreundliche Gesinnung bekannt. Wahrscheinlich, weil er immer vor irgendeiner Regierung auf der Flucht war, dachte Serina sarkastisch, trat voll aufs Gas und ließ die Räder ihres schnittigen Sportwagens auf der Straße durchdrehen. Sie musste sich beeilen.
Cathals Schiff, die Nautilus II, lag derzeit im Hafen von Marseilles vertäut und der war einige Kilometer Landstrasse von ihr entfernt.
Motiviert durch ihren Zorn schaffte sie die Strecke in Rekordzeit.
Als sie mit quietschenden Reifen den Wagen parkte und mit ihrer schweren Tasche zum Schiff rannte, konnte sie Cathal schon weitem sehen. Hoch aufgerichtet stand er an der Reling, die obligatorische Kippe im Mundwinkel und auf die Uhr sehend. Als sie 2 Minuten später die Tasche aufs Schiff warf und hinterher sprang, grinste er sie nur wissend an und gab den Befehl zum Ablegen. Serina hasste den Kerl so sehr wie sie ihn brauchte und das machte es nicht besser. Sie war arbeitslos und seit sie sich von Cathal einmal zu einer illegalen Tauch- und Stehlaktion hatte überreden lassen, war sie ihm ausgeliefert und er wusste das. Und nutzte es eiskalt gegen sie aus.

Wenige Minuten später legte das kleine Schiff ab und nahm Kurs aufs Mittelmeer. In der engen Kajüte holte Serina erst mal tief Luft und machte sich dann auf, ihre 3 Kollegen aufzuspüren, die wie schon so oft mit ihr runtergehen würden. Alles Draufgänger und Abenteurer wie Cathal selbst einer war und nur deswegen anheuern würde, waren sie doch ein Haufen Vollprofis mit der gesunden Gier nach einem netten kleinen Nebenverdienst, wie sie es nannten. In Wahrheit waren sie süchtig nach dem Kick, grade zu übermäßig begierig auf die Gefahr dort drunten; sie scherten sich nicht um Recht und Gesetz sondern nur eine große Ausbeute an Schätzen.

Serina fand die 3 Männer und zuckte bei Bills Anblick vor Schreck zusammen. Er grinste sie unverschämt an. „Na Süße, auch wieder dabei?“ und begaffte sie müßig von oben bis unten, lüstern weitergrinsend. Es schauderte sie. „Na Bill, hat Cathal dich mal wieder aus irgendeinem Knast freigekauft oder bist du diesmal freiwillig dabei?“ Sein Grinsen verschwand.
Es war kein Geheimnis, das er Cathal sehr viel Geld schuldete und dieser ihn nicht aus der Schuld entkommen ließ, nicht solange er als Taucher von Nutzen für ihn war. Es würde ein sehr gefährlicher Tauchgang werden. Charlie und Steven sagten nichts, so wie sie es immer taten. Dennoch hatten beide die Freundlichkeit eines durchschnittlichen Hammerhais mit Tollwut.

Cathal hatte wie immer die richtigen Männer für seine tollkühnen Abenteuer gefunden. Eine neue Zigarette brannte gemächlich in dessen Mundwinkel vor sich hin, als er viel später zu ihnen stieß und sie mit seinem Machogehabe über das neueste Ziel seiner Gier unterrichtete. Juwelen einer – ehemals – reichen Reederwitwe, die sich auf dem Wrack der Queen of the Pearls, einer in einem Sturm vor Gibraltar gesunkenen Vergnügungsyacht.
Das Wrack lag am Außenriff in 42 Metern Tiefe in der Straße von Gibraltar und war nur schwer zu erreichen, da an dieser Stelle meist starke Strömung herrschte. „Haltet Ausschau nach einem Safe oder ähnliches. Darin solltet ihr ein Schmuckkästchen finden, in dem die olle Schabracke ihre ganzen Klunker aufbewahrt hat. Sie konnte sie beim Untergang nicht mehr rechtzeitig einpacken. Es soll ein Diamantring von unschätzbarem Wert darunter sein, 20 Karat.“ „Warum hat denn dann noch keiner vor uns versucht, die Juwelen zu bergen?“ meldete sich Bill zu Wort. Cathal starrte ihn lange wissend an.
„Sie haben! Und sind alle ersoffen da unten.“ Lächelte er böse und ließ die Worte in der Stille wirken.
„Das Schiff liegt instabil am Riff in reißender Strömung.“ Bill nahm einen großen Schluck Whisky, Serina starrte Cathal fassungslos an, währen Charlie und Steven einen langen Blick wechselten. Keiner sagte was, keiner konnte was sagen. Sie alle waren ihm ausgeliefert und sie wussten es. Und Cathal wusste es und er wusste, das sie es wussten.
Instabil! Sabrina schluckte hart. Und das bei der reißenden Strömung. Na lecker!

Dann war es soweit. Am Tauchplatz angekommen, verankerte Cathal sein Schiff fest am Riff und schoss dann mit seinem selbstgebasteltem Harpunenwerfer eine etwas veränderte Harpune in den Rumpf des Wracks. Die Nautilus II erbebte heftig unter dem Rückstoß des Geschosses. Die Harpune zog ein Tau hinter sich her, an dem sie sich zum Wrack hinunterhangeln konnten. Wortlos zogen sich die 4 Taucher um. Es gab nichts mehr zu sagen. Dort unten war jeder auf sich allein gestellt, sie würden einander nicht helfen. Jeder der absoff, würde die Gewinnspanne der anderen erhöhen. Auch Cathals Leute waren nicht für ihre Menschlichkeit berühmt. Serina biss die Zähne zusammen und bereute wieder einmal, damals nicht auf Karl gehört zu haben, der sie vor Cathal gewarnt hatte. Jetzt hatte sie meist nur noch Angst um ihr Leben.

Einer nach dem Anderen sprangen sie und tauchten sofort ab. Serina spürte den Sog der Strömung sofort und strebte mit aller Macht gegen die Strömung nach unten, hinter den anderen Tauchern her.
Die Strömung verstärkte sich, je tiefer sie kamen. Langsam glitten sie am Seil entlang, Meter für Meter. Serina konnte die Anspannung in den Gesichtern ihrer Kollegen sehen.
Ob sie es inzwischen mehr als sonst bereuen, heute hierher gekommen zu sein? dachte sie bei sich.
Nach weiteren 10 Metern und weiter zunehmender Strömung wechselte sie die Antwort auf diese Frage von wahrscheinlich zu ganz sicher.

Dann wurde es trüb im Wasser. Der eisige, reißende Strom aus der Tiefsee brachte große Mengen Schlick mit sich und die Sicht verschlechterte sich zusehends. Man konnte kaum einen Meter weit sehen und als Serina sich umsah, war nur noch ihr unmittelbarer Vorgänger in Sicht. Ihr fröstelte. So etwas hatte sie noch nie erlebt.
Wie im Wind flatternde Fahnen hingen sie in der tobenden Strömung, nur ihre Hände hielten sie am Seil und trennte sie vom Abgetriebenwerden. Die Finger wurden ihr langsam taub und trotz des kalten Wassers fing sie an, vor Anstrengung zu schwitzen. Weiter und weiter hangelten sie sich und es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis sie endlich die schwärzlichen Umrisse des Schiffswracks unter sich erkennen konnte.

Das Seil war mit einem Widerhaken, der auch als eine Art Senkblei diente, am Riff verkantet und von dort aus kämpften sie sich in den schützenden Rumpf. Sie schwebten erschöpft im Kreis, zündeten ihre Taucherlampen an und sahen sich an. Einer fehlte bereits. Im trüben und undurchsichtigen Wasser hatte keiner bemerkt, das Charlie den Halt verloren hatte und von der Strömung weggerissen worden war.
Die Ankunft am Wrack war gespenstisch. Wie ein unheimlicher dunkler Schatten kam das Schiff nur langsam in Sicht, getrübt und verzerrt durch die Schwebeteilchen im Wasser. Aufrecht gegen das Riff gelehnt, die Harpune wie eine pervertierte Praunüle in der Seite, hatte die einstige Luxusvergnügungsyacht einiges an Glanz verloren. Sie war für einige Diener bei ihrem Untergang zu deren Grab geworden und hatte noch viele Leben gekostet. Taucher, die ihre Schätze plündern wollten „so wie ich eine bin“
Dachte sie sich und schauderte bei dem Gedanken.

Sie zwang sich zur Disziplin und folgte den anderen ins Innere des Schiffes und durch alte, Korallenüberwucherte Türen und Gänge.
Sie machten sich einzeln an die Erkundung des Wracks. Das Kräftemessen mit der tobenden Naturgewalt hatte sie Kräfte gekostet und auch die Erschöpfung durch den Streit mit ihrem Freund kam immer heftiger durch. Serina schloss kurz die Augen und begann mit der Suche nach dem Gegenstand von Cathals Gier. Vielleicht hätte sie es doch besser drauf ankommen lassen sollen. Ihr wurde schummrig und sie konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Keine Chance jetzt, sie musste durchhalten.
Dann sah sie diese mysteriöse Öffnung in der Seitenwand des Wracks. Sie runzelte die Stirn.

Durfte denn an dieser Stelle eine sein? wunderte sie sich. Auf den Plänen des Schiffes, die sie beim Briefing gesehen hatte, war keine eingezeichnet. Sie sah sich nach ihren Tauchpartnern um, die gerade 2 Meter hinter ihr einer Riesenmuräne auswichen.
Sie zuckte mit den Achseln. Ihre Neugier, diese Öffnung zu erkunden wurde übermächtig. Kurz vergewisserte sie sich, das Bill und Steven – scheiße, wo war bloß Charlie? – grade nicht hersahen und wandte sich wieder um.
Kurzentschlossen leuchtete sie hinein und tauchte dann flink hindurch und verschwand in der Dunkelheit. Ihre Tauchpartner bemerkten nichts.

Fasziniert leuchtete sie sich ihren Weg durch das Korallengewirr. Immer tiefer drang sie in den schmalen, tiefen Raum ein, schreckte einen ruhenden Ammenhai auf und bewunderte die unglaubliche Artenvielfalt. Wie ein dichter Dschungel wucherten die Korallen und Pflanzen hier an dieser geschützten Stelle und unter all dem waren teilweise noch uralte Gerätschaften zu erkennen. Völlig gefangen von dieser Entdeckung tauchte sie immer tiefer und vergaß, sich den Rückweg zu merken. Sie bemerkte etwas, das irgendwie entfernte Ähnlichkeit mit einem Schrank hatte und rüttelte daran. Nichts passierte. Sie tauchte drum herum und fand einen dunklen Zwischenraum, in dem es silbrig glitzerte. Sie leuchtete rein und versuchte dann, hinzulangen.
Mist! Zu weit weg! fluchte sie innerlich. Sie passte nicht hinein.

Sie überlegte und schnallte dann ihre Tauchweste ab, montierte die Flasche ab und schob sie vor sich her in die Nische hinein. Nach ca. 2 Metern hatte sie beinahe die Stelle erreicht. Tiefer als ich dachte. Na mal sehen! dachte sie und versuchte wieder, hinzulangen. Jetzt war sie nah genug, aber die Flasche war im Weg. Sie klemmte sie zwischen ihren Bauch und dem Grund ein und kratzte das glitzernde Ding frei. Ein alter Safe! Das war die Mühe schon wert! Mit einiger Anstrengung gelang es der Frau, den alten Safe zu öffnen, die Tür war nicht verschlossen, bloß verklemmt, und fand in seinem dreckigen Inneren einen Beutel mit funkelnden Geschmeide.

Und noch etwas fiel ihr aus dem Beutel entgegen: der herrlichste Diamant, den sie jemals gesehen hatte. Verzückt und fasziniert von seiner Reinheit drehte sie ihn hin und her im Licht ihrer Taucherlampe und steckte ihn schließlich an ihren rechten Ringfinger. Er saß bombenfest, als ob er dort hingehören würde.
Serina schob sich rückwärts. Sie kam nicht weit. Sie klemmte fest. Sie ruckte und drückte, doch sie konnte sich nicht mehr bewegen. Panik stieg in ihr auf und sie atmete schneller. `Nur nicht den Kopf verlieren! Bleib cool!` sagte sie sich und fing an, wild an ihrer Flasche zu zerren. Sie gab keinen Millimeter nach.
Die Erschöpfung ließ nun ihre Glieder zittern und sie begann zu frieren. Sie musste hier raus!

Wieder spannte sie ihren Körper an und wand sich. Vergeblich. An einer schmalen Öffnung vor sich konnte sie den riesigen Leib eines großen Weißen Hais erkennen. Ach du Scheiße, auch das noch! Fluchte sie innerlich und verdoppelte ihre Anstrengungen.
Sie versuchte, mit der Lampe ihre Umgebung abzuleuchten, doch sie konnte den Kopf nicht weit genug drehen. Sie keuchte vor Entsetzen. Luft! Wie viel Luft ist noch in der Flasche? ging es ihr durch den Kopf. Sie suchte den Schlauch mit dem Druckmesser, doch der war irgendwo unter ihr eingekeilt. Alles was sie greifen konnte, war das kleine Schreibbrett, das sie immer am Ärmel hängen hatte.
Dann konnte sie plötzlich spüren, wie sich das Wrack bewegte. Ganz leicht nur zuerst, doch dann einige wenige Herzschläge wieder.....und wieder. Stärker diesmal. Es bestand kein Zweifel, das Wrack war tatsächlich instabil.
Ihr ganzer Körper verkrampfte sich und sie fühlte eiskalte Wogen der Angst in sich aufwallen.

Ihre Muskeln strahlten den Schmerz durch ihren Leib und zum zerreißen gespannte Nerven traktierten ihr Bewusstsein. Sie stöhnte innerlich auf.
Dann hörte sie das Klopfen im Wasser. Immer wieder dieses Klopfen. Rhythmisch, dröhnend, wie Urwaldtrommeln trieb es sie fast in den Wahnsinn und Serina versuchte zu schreien. Ihr Mund und ihre Maske füllten sich mit eiskaltem Meerwasser und ließ sie fast in Panik verfallen. Sie spuckte und blies ihre Maske aus.
Wieder spannte sie ihre Muskeln an und versuchte, sich aus der tödlichen Falle zu befreien, als sie auf einmal ein Ziehen an ihrer linken Flosse spürte, und dann eine sachte Berührung. Etwas stupste sie an. „Hoffentlich ist es nicht der große Weiße, der eben hier vorbeigeschwommen ist“ dachte sie ängstlich und hielt den Atem an.

Ein Ruck ging durchs Wrack. Dann krängte es plötzlich, legte sich mit dröhnendem Geknirsche wie in Zeitlupe schräg. Schwankend pendelte es in der tobenden Strömung träge hin und her. Bill und Steven wurden von Todesangst befallen und tauschten hektische Blicke miteinander. Beide wussten, wenn sie hier lebend rauskommen wollten, mussten sie ihre Kollegin vergessen. Sie hatten das Mädchen schon seit einiger Zeit nicht mehr gesehen und wahrscheinlich hatte die Kleine die Nerven verloren und war getürmt. Na, auf den Empfang von Cathal konnte sie sich jedenfalls schon mal freuen, dachten die Beiden und machten, das sie wegkamen.

Serina weinte, als ihr die Flucht ihrer Kollegen dämmerte. Immer verzweifelter versuchte sie, sich zu befreien. Vergeblich. Sie war gefangen in der erbarmungslosen Umarmung der Korallen. Etwas stach ihr schmerzhaft in den Rücken und mit jedem Befreiungsversuch wurde es schlimmer. Dann war da wieder die sachte Berühung, und noch mal. Sie erstarrte und wartete. 3 Herzschläge später kam die unerwartete Attacke; sie spürte auf einmal diesen starken Druck auf ihrem linken Schienbein, ein heftiges Zerren und Reißen, kein Schmerz – noch nicht – dann war alles voller Blut. Noch mal ein Zerren, diesmal am Knie, ein Reißen, noch mehr Blut. Serina tobte und schrie, was die Lungen hergaben. Es war der Weiße – und er hatte sie gefunden.

Es wurde kälter und kälter. Das Wrack taumelte immer mehr unter der Belastung der enormen Kräfte des Wassers. Das Knirschen und Krachen schien von überall her zu kommen und war ihr wie das kalte, gleichgültige Schlagen einer Höllentrommel. Serinas Muskeln zitterten durch die Überbeanspruchung unkontrolliert und schürten die Panik und das Entsetzen. Sie stöhnte vor Schmerz und Angst. Sie konnte im Geiste förmlich sehen, wie sich das alte Wrack auf seinem Sims am Riff mehr und mehr neigte, sich den unauslotbaren Tiefen der Tiefsee zuneigte. Sie wusste nur zu gut, wie unendlich tief es hier herunterging. Oder hatte der Hai sie schneller zerlegt?
Ich will hier raus! schluchzte sie innerlich. ICH WILL HIER RAUS! schrie sie im Geiste.

Serina schloss die Augen und weinte heftig. Der Schmerz in ihren verstümmelten Beinen und gezerrten Muskeln wurde übermächtig und betäubte ihren gequälten Verstand. Sie griff ihre Lampe und begann, sinnlos um sich und auf die Korallen vor ihrer Nase einzuschlagen. Sie brachte ihnen kaum Kratzer bei.
Dann war der Augenblick da, in dem das alte Wrack der ungeheuren Naturgewalt nicht mehr standhalten konnte und sich mit ohrenbetäubendem, metallischem Dröhnen von der Riffkante löste und langsam der Tiefsee entgegensank. Serina fühlte das Bersten und Brechen von Korallen und Metall, spürte, wie sich das Wrack überschlug und entgültig abdriftete. Der Hai ließ sofort von ihr ab und verschwand.

Ihre Ohren knackten unaufhörlich und auf einmal war sie frei, konnte ihren Tauchcomputer fassen und blickte fassungslos und ohne wirklich zu begreifen auf den Tiefenmesser, der mit rasender Geschwindigkeit ihr Todesurteil sprach. 50 Meter, 60 Meter 70 Meter, es wurde dunkel. Das Wrack schlug irgendwo auf einem Riff auf und verharrte kurz, nur um dann durch die eigene Wucht weiterzusinken. Der enorme Druck des Wassers presste sie wie eine hohle Blechbüchse zusammen und machten das Atmen fast unmöglich. Mühsam zwang sie ihre protestierenden Lungenflügel zu jedem Atemzug. 80 Meter. Ich sterbe! Keiner kommt aus solcher Tiefe wieder hoch. dachte sie erstaunt. Sie dachte kurz an ihren Freund und daran, das sie ihren Streit nicht mehr beilegen konnten. Vollgepumpt mit Adrenalin verdrehte sich ihr Geist und spürte, wie der Sauerstoff in ihrer Flasche und ihrem Blut umkippte, sich durch den ungeheuren Druck in Gift verwandelte und jeden Atemzug in eine endlose Qual verwandelte.

Stumm und betäubt starrte sie ins dunkle Nichts, bis sie spürte, das der Atemwiderstand immer größer wurde. Die Luft ist alle, dachte sie. Merkwürdig, sie fühlte nichts bei dem Gedanken. Es war ihr gleich. `Seltsam` dachte sie und fühlte, wie sich ihr der Tod mit Riesenschritten näherte. Ihr sterbendes Gehirn gaukelte ihr Farben vor, alle Regenbogenfarben, Formen, Muster.....und ein Paar strahlender, kalter Augen, die sie ansahen. Gleichgültig, abwartend, prüfend. Mama? rief sie stumm, bist du das? Doch dann korrigierte sie sich. Nein, du hast ja Angst vorm Wasser. Sie schloss die Augen, nur kurz, dann stierte sie wieder blicklos und gepeinigt vom Schmerz ins Nichts.
Sie stierte auf das blitzende Ding an ihrem Ringfinger. Ein hübsches Ding ist das! dachte sie verwundert. Der Diamant funkelte gleichgültig.
Sie starrte ihn an. Dann nahm sie den letzten Atemzug aus ihrer Flasche und als der Schmerz in ihren Lungen nicht mehr zu ertragen war, riss sie sich im Todeskampf Maske und Lungenautomat weg und füllte ihre berstenden Lungenflügel mit eiskaltem Meerwasser.

Der grelle, scharfe Schmerz schnitt wie ein grobes Fleischermesser in ihr Bewusstsein und ihr ganzer Körper verkrampfte sich in heftigen, spastischen Zuckungen. Dann wurde es Still und schwarz.
Sie sah nicht mehr, das das hinabstürzende Wrack Cathals Schiff mit hinunterriss. Die Harpune löste sich nicht mehr aus dem Rumpf und Cathal konnte, als er die Gefahr bemerkte, das dicke Tau nicht mehr rechtzeitig lösen. Mit großem metallischen Aufröhren zerrte das Wrack der Queen of the Pearls die kleinere Nautilus II mit in die Tiefe. Charlie und Steven jagten blindlings an die Oberfläche, ohne ihre Dekozeiten einzuhalten. Beide erstarrten vor Entsetzen, als sie ihr eigenes Schiff an sich vorbeisinken sahen. Dann durchbrachen die Beiden die Oberfläche und ließen sich die warme Mittelmeersonne ins Gesicht scheinen. Bleich vor Angst und Erschöpfung bemerkten sie nicht mehr, wie sie langsam ohnmächtig wurden, sich der Stickstoff in ihrem Blut in Bläschen sammelte und die Adern verstopfte. Sie waren schon in tiefer Ohnmacht, als der Tod zu ihnen kam und sie in seine Arme nahm.

Cathal schwamm ernstlich verstört im Wasser und sah sich fassungslos um. Er beobachtete zuerst, wie sein geliebtes Schiff hinabgezerrt wurde und dann, wie nur 2 seiner Leute wieder hochkamen. Und diese Beiden kamen nur hoch, um zu sterben. Cathal begann sich zu fürchten. Vielleicht war ja doch was dran an dem Fluch auf dem Diamanten. Aber noch lebte er. Mit einer kleinen Drehung orientierte er sich und begann, aufs nächstgelegene Festland zuzuschwimmen. Nach nur wenigen Zügen begann er schon im Geiste, die nächste Tour zu planen, ein neues Schiff zu ergaunern und neue Leute anzuheuern. Das berechnende Lächeln auf seinem Gesicht wich eisigem Entsetzen, als er die Haifischflossen aus dem Wasser ragen sah, die sich ihm in weiten Bogen näherten. In diesem Moment wusste er, das er das Festland nicht mehr erreichen würde.
Einen Augenblick später spürte er schon die erste sachte Berührung an seinen Beinen.

 

Hallo Christy!

Sirena muss Geld verdienen, nicht nur für sich, sondern auch für ihren mittellosen Freund.
Ein nicht legales „Job-Angebot“ kommt zur rechten Zeit. Doch bevor ihr Ziel, der Lohn überhaupt in Sicht kommt, legen sich ihr Hindernisse in den Weg: Eine unzuverlässige Mannschaft, heftige Unterströmung im Tauchgebiet, ein Wrack in unbeständiger Lage, ein hungriger Hai und so weiter.
Dieser Handlungsablauf ist beispielhaft. So baut man Spannung auf!
Umso ärgerlicher, wenn einige Details nicht stimmig sind oder nachlässig beschrieben wurden.

Sie war arbeitslos und seit sie sich von Cathal einmal zu einer illegalen Tauch- und Stehlaktion hatte überreden lassen, war sie ihm ausgeliefert und er wusste das. Und nutzte es eiskalt gegen sie aus.
= Ein Gauner erpresst den anderen womit? Will Cathal vielleicht zur Polizei gehen und Sirena anzeigen?
+++

Keiner sagte was, keiner konnte was sagen. Sie alle waren ihm ausgeliefert und sie wussten es. Und Cathal wusste es und er wusste, dass sie es wussten.
= Warum sind sie ihm ausgeliefert? Höchstens Bill ist eine Ausnahme, wegen seiner Schulden bei Cathal.
+++

Dort unten war jeder auf sich allein gestellt, sie würden einander nicht helfen. Jeder der absoff, würde die Gewinnspanne der anderen erhöhen.
= Zunächst muss der Schatz gefunden werden, bevor man an Gewinnspannen denken darf. Je weniger Leute suchen, desto geringer die Chance, überhaupt einen Gewinn zu erzielen.
Gerade Berufsverbrecher entwickeln in solchen Belangen eine schon fast unheimliche Intelligenz.
+++

Ein Anruf von Cathal war Gold wert, brachte Kohle. Karl wusste das, aber er wollte nicht, das sie ging und für ihn arbeitete, hasste es, sie auf den immer äußerst riskanten Tauchgängen zu wissen, die fast nie legal waren.
= „ging“, kann raus, ist klar, das Tauchgänge keine Heimarbeit sind.
„äußerst“, ich hab (hier) noch keine Ahnung, was der Unterschied zwischen einem „äußerst riskanten“ und einem „riskanten“ Tauchgang sein könnte. Selbst unter Berufstauchern dürfte das Auslegungssache sein.
+++

… ließ die Räder ihres schnittigen Sportwagens auf der Straße durchdrehen.
= hier sollte sich der Autor doch wenigstens die Mühe machen, Marke und/oder Model zu benennen.
+++

waren sie doch ein Haufen Vollprofis mit der gesunden Gier nach einem netten kleinen Nebenverdienst, wie sie es nannten. In Wahrheit waren sie süchtig nach dem Kick, grade zu übermäßig begierig auf die Gefahr dort drunten; sie scherten sich nicht um Recht und Gesetz sondern nur eine große Ausbeute an Schätzen.
= „sondern nur eine große Ausbeute an Schätzen.“ Das muss raus, denn es stimmt nicht. Ausbeute ist Nebenverdienst, Hauptsache ist, laut deinem Text, der Kick.
+++

schoss dann mit seinem selbstgebasteltem Harpunenwerfer eine etwas veränderte Harpune in den Rumpf des Wracks.
= da die Modifizierung offenbar nur gering ist, beschreibe sie doch. Sonst klingt das sehr an den Haaren herbeigezogen.
Beispiel: Eine Harpune mit doppelter Treibladung, oder so ähnlich.
+++

Immer tiefer drang sie in den schmalen, tiefen Raum ein, schreckte einen ruhenden Ammenhai auf und bewunderte die unglaubliche Artenvielfalt. Wie ein dichter Dschungel wucherten die Korallen und Pflanzen hier an dieser geschützten Stelle
= sie taucht schon noch im Wrack, oder nicht? Welche Korallenart wächst in der Dunkelheit eines Wracks? Und dann auch noch an „geschützter“ Stelle? Mir fällt keine ein.
Gorgonien brauchen zwar kein Licht, aber starke Strömung (Keine Strömung: keine Nahrung!) und wachsen nicht in der Nähe wuchernder Pflanzen (was für Pflanzen, meinst du Seegras?) Tang, Blatt- oder anderer Algen.
+++

„Hoffentlich ist es nicht der große Weiße, der eben hier vorbeigeschwommen ist“ dachte sie ängstlich und hielt den Atem an.
= ein Makrelenhai schwimmt „mal eben so“ durch die dunklen, engen Gänge, Türen und Schotts eines Wracks. Ich hoffe, du hast das recherchiert! Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein drei Tonnen schwerer Sechsmeter-Koloss so etwas tun könnte. Sein Revier ist das freie Wasser und dort setzt er auf seine Kraft und Schnelligkeit.
+++

wie der Sauerstoff in ihrer Flasche und ihrem Blut umkippte, sich durch den ungeheuren Druck in Gift verwandelte und jeden Atemzug in eine endlose Qual verwandelte.
= Das Ding wird zwar oft Sauerstoffflasche genannt, enthält aber nur gewöhnliche Atemluft mit entsprechend geringem Sauerstoffanteil. Und mit dem passiert was?


Gruß

Asterix

 

Dein Kommentar zu "Tod in der Tiefe"

Hi Asterix,

autsch!! Vielen Dank dass du dir die Zeit und Mühe gemacht hast, dich so intensiv mit meiner Story auseinander zu setzen.
Ich weiss, das dies eine meiner schwächsten, wenn nicht die Schwächste meiner Stories ist und hätte sie vielleicht am besten garnicht erst eingestellt.
Aber mir ist es sehr wichtig, konstruktives Feedback zu bekommen, da es mir mit der Schreiberei sehr ernst ist und mir leider die Erfahrung und ein grammatikalisch begabter Lektor fehlt.

Ich werde deine Kommentare und Anregungen sehr genau lesen und mir Mühe geben, sie umzusetzen.

Viele Grüsse,

Christiane

 

Hallo!

Also, ich mag Archäologen und Taucheraction, seid ich als Kind die Barracuda Comics von Albert Weinberg verschlungen habe. Grundsätzlich finde ich Deine Geschichte nicht schlecht, aber wirklich merkwürdig fand ich die Harpunengeschichte (Wie schafft es der Typ überhaupt mehr als dreißig Meter in die Tiefe zu sehen?), und wie das Boot der Gauner mit in die Tiefe gerissen wird... da muss die Harpune aber mächtig fest in dem Wrack drinnstecken:D! Ich würde auch den Ammenhai rausnehmen. Ein großer weisser ist doch mehr als genug. Ich habe auch keine Ahnung, ob es in der Gibraltarstrasse Korallen gibt. Sind das recherchierte Details? Wenn ja, gut gemacht, wenn nicht, schlecht gemacht;). Oder wuchern Korallen automatisch an Wracks? Ich weiss es wirklich nicht.

Gruß,
Satyricon

 

Hi Satyricon,

vielen dank für deinen Kommentar. Also, Korallen wachsen an Wracks und zwar sehr gut. Bin selber Wracktauchen gewesen, daher weiss ich das.
Wie man ne Harpune 30 Meter tief schiesst, hat mich schlaflose Nächte gekostet, ich weiss es leider auch nicht. Aber irgendwie musste ich dieses deppe Seil zum Runterhangeln da hinkriegen und was bessres ist mir einfach nicht eingefallen, sorry. Da hätte ich vielleicht doch mal in meiner Tauchschule nachfragen sollen.
Aber gut, nobodys perfect. Freut mich aber, das sie dir ansonsten gefallen hat.

Viele Grüsse

Christiane

 

Na!

Für das Seil hätte ich vielleicht eine Idee. Lass doch vorweg den Obermacker runtertauchen, und die Vorbereitungen treffen. Das wäre in meinen Augen besser, als die Harpune praktisch blind in die Tiefe zu jagen.

Gruß,
Satyricon

 

Hi Christy,

Gute Idee, aber zu hastig hingeschrieben. Tortzdem einiger Logikfehler noch immer spannedn:

Wie schon gesagt, das Ding mit der Harpune und dass ein Wrack in 30 m Tiefe recht einfach zu finden sein sollte, dann das die Nautilus vom untergehenden Wrack mitgerissen wird: sehr unwarhscheinlich, immerhin sind da Profis am Werk und natürlich überhaupt der Umstand, dass sich das Schiff gerade jetzt löst, dass sie den Safe findet ...

HAt auch schon mein Vorredner angemerkt

hinterher, riss die Tür auf und brüllte hinter
wortwiederholung

Serina war es egal.
Ein Anruf von Cathal war Gold wert, brachte Kohle. Karl wusste das, aber er wollte nicht, das sie ging
irgendwie kommt mir da was durcheinander. Warum ist sie auf Karl wütend, wenn sie zu einem Tauchgang eingeladen wird ???

Sie war arbeitslos und seit sie sich von Cathal einmal zu einer illegalen Tauch- und Stehlaktion hatte überreden lassen, war sie ihm ausgeliefert und er wusste das. Und nutzte es eiskalt gegen sie aus.
das hat vorher am Telefon anders geklungen...
olle Schabracke ihre ganzen Klunker aufbewahrt hat.
klingt nach zwanghaft eingeführtem Gangsterslang
Tiefer als ich dachte. Na mal sehen! dachte sie und versuchte wieder, hinzulangen
die Gedanken würde ich in Anführungszeichen setzen
Es bestand kein Zweifel, das Wrack war tatsächlich instabil.
das kann ich nicht lgauben. Da liegt es Jahrelang ohne Problem und kaum kommt der erste Taucher, wird es instabil ...
Einen Augenblick später spürte er schon die erste sachte Berührung an seinen Beinen.
find ich super

Als großes Plus finde ich die exotische Atmosphäre, dass sofort Spannung aufkommt, die vielen Konfliktpotentiale,... hab ich gerne gelesen und durch eine gründliche ÜBerarbeitung könnte das eine ganz tolle Geschichte werden.

LG
Bernhard

 

Hi Satyricon,

super idee!!! werd ich umsetzen,sobald ich Zeit für die Überarbeitung habe..... das ist doch mal eine einfache, logische und durchführbare Lösung.
Danke dir vielmals.!!!!

Hi Bernhard,

freue mich riesig, das sie dir gefallen hat. Ich weiss, die Geschichte hinkt ein bissi im Detail und die Grammatik ist etwas holprig... aber das kann man ändern.
Werde mich bessern :o)

Christiane

 

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