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Torheit schützt vor Altern nicht.

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13.09.2007
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Torheit schützt vor Altern nicht.

Also ich muss schon sagen, ich kann nicht verstehen wie sich die Leute nur so gehen lassen können. Klar, wir werden alle älter, aber wenn ich meine Altersgenossen so betrachte, finde ich es einfach schockierend wie sie aussehen. Kein Wunder, sie tun ja auch nichts anderes, als sich über ihre Wehwehchen und eingebildeten Krankheiten zu beklagen. Ja, sie brüsten sich sogar damit.
Mensch, da sehe ich doch noch ganz anders aus. Das ist auch nicht weiter erstaunlich. Ich habe ja auch ganz anders gelebt als die Mehrheit meiner Mitmenschen, die jahrzehntelang nichts anderes taten, als von ihrer Eigentumswohnung immer ins selbe Büro zu fahren und von dort wieder zurück zur gleichen Wohnung immer zur gleichen Frau.
Wenn ich das mit meinem Leben vergleiche. Abwechslung ist mein Credo. Überall auf dem Erdball habe ich gearbeitet. In Dallas, Acapulco, Barbados, Bogotá, Sao Paulo, Rom, München, Stockholm. Helsinki, Yokohama. Ja, Abwechslung ist mein Credo. Überall hatte ich eine Frau. Immer eine Einheimische. Nur so kan man wirklich hautengen Kontakt mit der lokalen Bevölkerung aufnehmen und ihre Eigenheiten verstehen, geniessen und dulden. Nur so hält man sich jung. Immer am Ball bleiben.
Sport ist die zweite Säule meiner geistigen und körperlichen Gesundheit, Geheimnis meines zeitlosen Aussehens. Nicht irgendein Sport . Kein sogenannter Volkssport, nicht Fussball, nicht Tennis und schon gar nicht Golf, ein Altherren Zeitvertreib. Nein, nein, Fallschirmspringen, Surfen, Tiefseetauchen, Gipfelstürmen, Triathlon. Bei den Ironman- Wettbewerben bin ich so oft ich kann dabei. Muss zugeben, habe noch nie gewonnen, was bei meiner sportlichen Vielseitigkeit und beruflichen Anspannung auch gar nicht verwunderlich ist.
Meine Braut ist beim Fallschirmspringen ums Leben gekommen.Vielleicht wäre das nicht passiert, wenn wir nicht vor dem Springen LSD geschluckt hätten. Wahrscheinlich hat sie vergessen den Fallschirm aufzumachen. Jetzt rauche ich nicht einmal mehr, abgesehen von einem gelegentlichen Joint.
Meine Kollegen sind alle mindestens 20 Jahre jünger. Mit den Älteren habe ich nichts gemeinsam. Sie haben ja auch ganz andere Jobs. Sie sind sogenannte leitende Angestellte, wahrend ich mein ganzes Leben lang hands-on Arbeiten ausgeführt habe. Vielleicht habe ich etwas verpasst, ganz bestimmt den Tratsch und die Intrigen auf den Bürogängen. Manchmal habe ich schon das Gefühl, ich sei sitzen geblieben. Jetzt bin ich so etwas ähnliches wie ein Feuerwehrmann. Wo es brenzlig wird, wo immer ein “unlösbares” Problem ein Projekt gefährdet, werde ich hinbeordert.
Und so kam ich auch wieder einmal nach München, in meine Heimatstadt.
Und da ist mir diese gänzlich unverständliche Geschichte passiert.
Also, weil ich schon mal da war, und die Gelegenheit hatte, deutsche Wertarbeit zu nutzen, beschloss ich Reperaturen an meinen Kauwerkzeugen vornehmen zu lassen.
Kollegen empfahlen mir die Zahnärztin. Ihr Name kam mir irgendwie bekannt vor. Nicht aussergewöhlich, war ja nicht unmöglich, dass ich ihr schon mal begegnet war. Schliesslich bin ich doch Münchner. Hat nichts mit Gedächtnisschwäche zu tun. Habe einfach in meinem Leben zuviele Leute kennengelernt.
Am Morgen vor dem Zahnarztbesuch erwachte ich und wusste plötzlich, wer Frau Dr. Ammer war. Eine Schulkameradin. Nicht irgend eine. Der Schwarm von 98% der männlichen Schüler, das heisst eigentlich allen hetero- und bisexuellen.
Das erste Mal in meinem Leben ging ich mit freudiger Erwartung zum Zahnarzt.
Die Sprechstundenhilfe war nicht nach meinem Geschmack, aber das tut ja nichts zur Sache. Ich muss gestehen, dass mein Herz ein wenig schneller schlug als ich schlieslich in den Ort der gehassten Martern vordrang.
Frau Dr. Ammer hatte Hängebacken, ihr kurzgeschittenes, blond gefärbtes, an den Wurzeln ergrautes, Haar war dünn und wie mit Schweiss an ihren Schädel geklebt, ihr mächtiger Busen blähte den Umfang ihres weissen Labormantels, der gnädig den Rest ihrer Proportionen verbarg. Sie konnte nicht Susanna Ammer sein. Vielleicht eine ältere Schwester oder eine Kusine.
“Verzeihen Sie meine Neugier”, fragte ich dennoch, “ist Ammer Ihr Mädchenname?”
“Ja, ich habe ihn nach meiner Scheidung wieder angenommen”, erklärte sie unaufgefordert.
“Haben Sie das Brecht Gymnasium besucht?”
“ Stimmt, da habe ich das Abitur gemacht.”
“Du warst in meiner Klasse”, sagte ich und wartete auf den Impakt, welchen diese Eröffnung zweifelslos auslösen würde..
Sie musterte mich eingehend. Dann lächelte sie entschuldigend und fragte:
“ Welche Fächer haben Sie denn da gegeben?”

 

Hallo Onivido,

eigentlich geht deine Geschichte erst ab "Am Morgen vor dem Zahnarztbesuch ..." los. Alles andere davor ist fuer den Plot mehr oder weniger irrelevant. Und was dann kommt, ist im Grunde ein langgezogener Witz, eine Pointengeschichte.
Ich muss sagen, haette mir jemand diesen Zahnarztteil als selbst erlebt berichtet - es haette mich amuesiert, eben als Anekdote, die man gern weiter erzaehlt. So als Geschichte wirkt es aber nicht richtig , besonders nicht mit diesem ganzen Krams vorher, der so ueberzogen wirkt. ( Fallschirmspringen mit LSD? Come on!)
Als eigenstaendige Geschichte ist das Zahnarztteilchen einfach zu mager.


Viele Gruesse,

sammamish

 

Hallo onvidio

Leider auch mein Eindruck: Ein gestreckter Witz mit laaaangatmiger Einführung.
Auch kann er nicht wissen, nur vermuten, dass es sich bei Frau Ammer um eine ehemalige Schulkameradin handelt. Und durch die überzogene (Selbst-)Darstellung erscheint mir dein Protagonist unnatürlich und die Pointe verpufft.

Gruss.dot

 

Die laaaangatmige “Einfuehrung” sollte eigentlich der Kern der Geschichte sein. Er sollte die vollkommen falsche Einschaetzung des Erzaehlers gegenueber seiner eigenen Person darstellen, der Schluss ist ja nur das Puenktchen auf dem “I”. Daneben gegangen. Geschichten, die erklaert werden muessen, taugen ja nun wirklich nichts.Nur Kunstwerke von Picasso duerfen das. Vielen Dank fuer die ueberzeugenden Komentare
Viele Gruesse
Onivido

 

Hallo,

Die Pointe am Ende der Geschichte fand ich schon witzig. Dass er die Mutter des Mädchens trifft, von der er denkt, sie sei die Tochter. Aber irgendwie musste er doch den Altersunterschied merken, oder ist es die Torheit, von der du sprichst? Und die ganze Vorgeschichte ist eigentlich überflüssig, wenn sie nur noch einem Zweck dient - dem Leser seinen Fehler zu erklären. Dennoch musste ich bei einigen Phrasen lächeln, die du in die Vorgeschichte eingebunden hast. Es hat ein wenig Gesellschaftsktitik auf die Alltagsereignisse des Arbeitslebens. Die Einstellung, dass man das Leben lustiger gestalten kann, wenn man in jedem Land sich eine einheimische Frau zulegt, finde ich ein wenig zu schräg. Ich habe auf jeden Fall köstliche Unterhaltung beim Lesen bekommen.

Die Lebenssonde

 

Hallo Lebenssonde

Dass er die Mutter des Mädchens trifft, von der er denkt, sie sei die Tochter.
Meintest du das nicht umgekehrt?
Ich sah den Schluss (man möge mich korrigieren) eher so, dass die Frau Doktor den gleichen Jahrgang wie unser Prot hat, aber der sieht so alt aus, dass es sich für Frau Ammer nur um einen ihrer damaligen Lehrer handeln muss.

Gruss.dot

 

ja so wie dot das sagt, war das eigentlich gemeint.
Gruesse///Onivido

 

Hi, Onivido,
ich fand die Geschichte schwungvoll und gar nicht langatmig erzählt. Ja, Menschen überschätzen sich sehr oft. Sicher war kein allzu großer Tiefgang dabei, aber wozu auch? Sie sollte amüsieren, und das hat sie getan. Mir hat's gefallen.
Ein paar kleine Rechtschreib- und Zeichenfehler waren drin, aber die findest Du sicher selbst, wenn Du noch einmal sorgfältig darüber liest.
Grüße
Hannah

 

Hallo onivido,

als Neuling in der KG bin ich immer wieder froh, wenn ich hier auch
Geschichten entdecke, die ich als "einfacher" Leser verstehe und
Deine hat mir gut gefallen!

Liebe Grüße
Darkeyes

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo onivido,

als erstes: der Titel ist toll! Ich wollte sofort wissen, was sich dahinter verbirgt.
Und ich teile die Kritik meiner Vorredner nur zum Teil - ich mag diese Art Geschichten. :D

Ich denke, dass deine Geschichte einfach noch ein bisschen Schliff vertragen kann. Damit meine ich als erstes: radikales Kürzen.
Aus "Also ich muss schon sagen, ich kann nicht verstehen wie sich die Leute nur so gehen lassen können. " könntest du zum Beispiel bequem "Wie können sich manche Leute nur so gehen lassen?" (oder noch dramatischer: "Wie können sich manche Leute nur so gehen lassen!") machen. Wenn es so knapp wie möglich ist, wird es sofort fesselnder, finde ich. Danach kannst du vielleicht ein oder zwei Beispiele von alten(!) Bekannten nehmen und zeigen wie sie sich haben gehen lassen. (Aber natürlich auch kurz und knapp und mit einer ordentlichen Portion Unverständnis und Überheblichkeit)

Dann würde ich den ersten Hinweis auf ein Treffen mit Frau Dr. Ammer möglichst früh im Text bringen.
Du könntest es sogar als besonderes Bonbon nutzen, dass Mr. Everyoung trotz all seines jugendlich-dynamischen Smart-Seins Probleme mit den Beißerchen hat (was er natürlich niemals mit dem Alter in Verbindung gebracht haben möchte.)

Die Anekdötchen aus seinem Leben sollten ihm meiner Meinung nach zwar durchaus Raum zum Prahlen geben, aber ausschließlich dem Zweck dienen, auf seine Jugendlichkeit hinzuweisen und, je näher der Zahnarzttermin rückt, desto deutlicher durchblicken zu lassen, dass er vielleicht doch schon nicht mehr so taufrisch ist, wie er selber denkt.
Auch hier würde ich maximal zwei oder drei Beispiele nehmen, dafür die markantesten, die dir einfallen. :D

Vor allem würde ich aber alles zusammenstreichen, wo du (böse ausgedrückt) ins labern kommst.
Vielleicht lohnt es sich, mal einen Blick auf die Füllwörter zu werfen? Wenn du "Füllwörter zählen" in die Suchmaschiene deines Vertrauens eingibst, solltest du eine Zitronenbaumseite finden, die ich für diesen Zweck wirklich gut finde)
(OT: Darf man hier links posten?)

Ich hoffe, meine Meinung zu deiner Geschichte ist nützlich :)

 

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