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Traumwächter

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10.02.2019
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Anmerkungen zum Text

Das ist ein erster Versuch für eine Kurzgeschichte an der ich derzeit arbeite. Ich habe mich mit dem Thema vorher nur wenig befasst und baue daher auf offene Kritik.

Traumwächter

Die Sonne schien durch von Osten durch die große Fensterfront des modern eingerichteten Büros. Die vor ihm sitzende Person konnte Lars wegen des Gegenlichts nur als Schattenriss sehen, erkannte aber an der Form der Silhouette, dass er eine Frau vor sich hatte.
„Es freut mich sehr, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind Herr Reeb.“
Aha, also wirklich eine Frau. Ihre Stimme war zwar recht tief, aber eindeutig weiblich.
„Sie werden sehen, sie haben diesen Weg nicht umsonst auf sich genommen. Wir haben ein sehr lukratives Angebot für Sie, dass Sie interessieren wird.“
Lars richtete sich ein wenig in seinem Stuhl auf und rückte die Brille mit den großen schweren Gläsern zurecht.
„Ein Angebot? Was für ein Angebot?“, fragte er und merkte schon im Ansatz, dass sein Versuch seine Stimme ruhig und tief klingen zu lassen gescheitert war.
„Na ein Jobangebot Herr Reeb. Dies ist eine Firma und wir vergeben Arbeit. Wir möchten, dass Sie für uns arbeiten. Sie scheinen ausgezeichnet zu uns zu passen und – Nun ja, haben die entsprechenden Qualifikationen.“
„Und was für Qualifikationen sollen das bitte sein?“
Die Silhouette schien sich leicht nach vorne zu beugen und sprach ganz leise.
„Herr Reeb, haben Sie schon einmal was von den Traumwächtern gehört?“

Lars nahm einen großen Schluck aus seinem Kaffeebecher und warf einen Blick auf die Uhr. Sie zeigte 4:45 an. Noch vier Stunden, dachte er bei sich. Er rieb sich über die Augen. An die neuen Arbeitszeiten hatte er sich immer noch nicht gewöhnt.
Seine Augen schmerzten von dem kaltweißen Licht der vielen Bildschirme, die vor ihm an der Wand hingen. Jeder zeigte eine völlig andere Szenerie. Auf dem Ersten war eine Wüste zu sehen. Ein Mann, vermutlich der Träumer, grub in eine Düne hinein. Vielleicht suchte er Wasser, vielleicht hatte er auch einfach nur Spaß am Buddeln. Lars hatte aufgehört, die Träume der Menschen verstehen zu wollen. Die meisten waren ohnehin zu verworren, um auch nur einen roten Faden erkennen zu lassen.
Einige Monitore waren schwarz. Entweder die betreffenden Personen waren noch wach oder befanden sich derzeit in einer traumfreien Phase. Gut für mich, dachte Lars. Je weniger Monitore er auf einmal im Auge behalten musste, desto besser konnte er sich auf die anderen konzentrieren.
Sein System zeigte für Bildschirm Zweiunddreißig eine gelbe Warnstufe an. Er betrachtete die Szenerie.
Ein Junge kämpfte in einer Art Supermarkt gegen ein Riesiges mit gigantischen Klauen bewehrtes Geschöpf, das ihn geifernd zu packen versuchte.
Lars öffnete das Menü des Monitors und klickte auf die Schaltfläche „Selbstverteidigung“. Die Warnmeldung verschwand und das System arbeitete wieder normal.
Lars stellte seinen Becher bei Seite und erhob sich. Es war Zeit für einen kleinen Spaziergang. Die ganze Nacht nur sitzen, das machten seine Knochen einfach nicht mit. Schließlich war er auch schon ende 40.
Er stand bereits im Türrahmen, als eine Veränderung der Lichtverhältnisse seine Aufmerksamkeit weckte. Er drehte sich wieder zu den Monitoren um und sah, dass im Bedienfeld eine rote Anzeige aufgetaucht war.
Ihm wurde flau im Magen. Natürlich hatte man ihm gesagt, was in diesem Fall zu tun war, für solche Fälle war er schließlich ausgesucht worden, aber in dem einen Monat, den er hier arbeitete, war der Ernstfall noch nie eingetreten. Er näherte sich dem Bedienfeld.
„Warnung! Erhöhtes Gewaltpotential für Übertragung 46 festgestellt. Manuelle Eingabe erforderlich.“
Sein Blick wanderte zu der Tafel mit der Aufschrift 46 und dem dazugehörigen Bild.
Eine Frau war zu sehen. In ihrer Hand hielt sie eine Schere und öffnete eine mit bunten Aufklebern dekorierte Tür. Jetzt war schnelles Handeln gefragt.
Er öffnete die oberste Schublade seines Schreibtisches und entnahm das darin enthaltene Headset. Er steckte es in den Monitor und zögerte kurz.
Er schob das Mikrophon vor seinen Mund und sagte: „An Ihrer Stelle würde ich das nicht tun.“
Die Frau im Video sah sich um. Dann bewegten sich ihre Lippen. Lars drehte den Ton lauter.
„… Sünde, aber es muss getan werden. Bist du es Gott?“
Er hatte sie kurz abgelenkt, aber es war noch nicht überstanden. Er würde nach Handbuch vorgehen und persönlich eingreifen müssen.
Lars nahm eine grüne Kugel aus der Schublade, steckte sie in den Mund und biss darauf.
Augenblicklich drehten sich seine dunklen Augen ins Schädelinnere und sein gesamter Körper verkrampfte sich. Es dauerte nicht lange, aber es war sehr unangenehm. Als er spürte, dass die Krämpfe nachließen, atmete er kurz durch und öffnete dann die Augen.
Nun stand er selbst direkt vor der Tür mit den Aufklebern und die Frau mit der Schere war neben ihm.
„Sie werden beobachtet. Wenn Sie tun, was auch immer Sie da vorhaben muss ich diese Aufzeichnung veröffentlichen. Bitte gehen Sie noch einmal in sich und denken Sie gut darüber nach, ob Sie das wirklich tun wollen.“
„Du bist nicht Gott“, sagte die Frau und sah ihn mit ihren schönen braunen Augen an. Sie war höchstens dreißig und ziemlich attraktiv.
„Nein, ich bin ein Traumwächter. Sie sollten das nicht tun. Sie würden es bereuen.“
„Ich muss“, stammelte sie, „Das Kind raubt meinem Mann und mir den letzten Nerv. Sie raucht und nimmt Drogen. Und letzte Woche ist sie beim klauen in einer Drogerie erwischt worden. Wie sollen wir denn so leben?“
„Wenn Sie mich zwingen dieses Video zu veröffentlichen, werden alle erfahren, was Sie getan haben. Sie könnten ihre Arbeit und ihre sozialen Kontakte verlieren. Ist ihnen das klar?“
Die Frau sah ihn lange ungerührt an. Dann, im Bruchteil eines Augenblicks, blitzte die Schere in Lars Sichtfeld auf und versank bis zum Griff in seinem linken Ohr. Kurz schrie er vor Schmerz, dann verkrampfte sich sein Körper und er fiel um.
An die Sache mit den Krämpfen würde er sich gewöhnen müssen, dachte er, als er sich langsam aufrappelte. Er war von seinem Bürostuhl gefallen. Er setzte sich wieder hin und beobachtete das Video weiter. Manchmal war eben nichts zu machen.
Er sah ihr dabei zu, wie sie die Tür öffnete und das Zimmer betrat. Die Schere hatte sie hinter dem Rücken versteckt. Sie ging langsam auf das Bett zu, in dem sich ihre schlafende Tochter verbarg. Liebevoll streichelte sie ihr mit der linken Hand über die Wange. Dann richtete sie sich auf, nahm die Schere in beide Hände und stach zu.
Die Situation war alles andere als angenehm für Lars. Dennoch wendete er sich nicht ab. Seine „Speziellen Qualifikationen“, die ihm diese Beschäftigung erst eingebracht hatten, bestanden unter anderem in einer hohen Toleranz für solche Dinge. Jahre lang hatte er sich Splatterfilme angesehen. Und schließlich war auch diese Übertragung nicht wirklich real. Es passierte nur in dem Kopf der Frau. Schlimm genug, dachte er bei sich und speicherte den Clip im dafür vorgesehenen Ordner ab. Dann drückte er die Senden-Taste.
Innerhalb eines Augenblicks war das Video auf allen staatlichen Plattformen verfügbar. Jeder würde es sehen können. Freunde und Nachbarn würden sich von der Frau abwenden. Sie würde vermutlich ihre Arbeit verlieren. Und ob ihr Mann danach noch bei ihr bleiben wollte, war fraglich. Die Tochter würde wohl in ein Heim kommen.
Alles immer noch besser, als wenn Sie wirklich die Schere benutzt hätte. Lars war sich in diesem Moment zum ersten Mal darüber bewusst, dass die Arbeit die er hier erledigte wichtig war. Die meiste Zeit saß er zwar nur rum, aber im Ernstfall konnte er zumindest versuchen, den Menschen ihr Leid zu ersparen, und wo das nicht mehr möglich war, zumindest den Schaden begrenzen.
Natürlich wusste er, dass seine Position scharf kritisiert wurde. Man war sich durchaus nicht einig darüber, ob eine im Traum begangene Gewalttat tatsächlich bedeutete, dass der gleiche Mensch im wachen zustand, ebenfalls die Hand gegen jemanden erheben würde. Aber das Programm lief gut an und schon nach wenigen Monaten fiel die Anzahl der Gewaltverbrechen. Öffentliche Bloßstellung ist ein wirksames Mittel, um Leute in ihr ganz persönliches Gefängnis zu bringen, ohne dafür Unmengen staatlicher Gelder auszugeben.
Vor dem Gebäude ging allmählich die Sonne auf und die ersten warmen Strahlen des Tages vielen auf die am Dach der Büroeinheit angebrachte Leuchtreklame.
In großen blauen Lettern prangte dort das Wort „Dreambook“.

 

Hallo @Muschnik ,
Ich finde deine Geschichte echt gut aber ich glaube, man hätte ein bisschen mehr daraus machen können, dass Lars ein Neuling ist. Abgesehen vom Anfang und von den Zeilen,

aber in dem einen Monat, den er hier arbeitete, war der Ernstfall noch nie eingetreten
Bemerkt man nicht, dass er keine Erfahrung hat. Wie er mit dem Schicksal der Frau umgeht, passt eher zu einem abgestumpften Profi. So eine Person hätte man natürlich auch verwenden können aber bei einem Charakter wie Lars, der beim Bewerbungsgespräch nicht mal seine Stimme ruhig halten kann, hätte ich mir mehr Gewissensbisse, Emotionen und Fehltritte gewünscht.
Liebe Grüße,
Träumerle

 

Hallo @Muschnik ,
Ich finde deine Geschichte echt gut aber ich glaube, man hätte ein bisschen mehr daraus machen können, dass Lars ein Neuling ist. Abgesehen vom Anfang und von den Zeilen,

Bemerkt man nicht, dass er keine Erfahrung hat. Wie er mit dem Schicksal der Frau umgeht, passt eher zu einem abgestumpften Profi. So eine Person hätte man natürlich auch verwenden können aber bei einem Charakter wie Lars, der beim Bewerbungsgespräch nicht mal seine Stimme ruhig halten kann, hätte ich mir mehr Gewissensbisse, Emotionen und Fehltritte gewünscht.
Liebe Grüße,
Träumerle


Hallo Träumerle,

Vielen Dank für deine Kritik. Beim erneuten lesen muss ich dir da auch recht geben, und werde den Anfang vermutlich noch einmal ein wenig umarbeiten und etwas feiner gestalten. Meine Absicht dahinter war eigentlich einen unbedarften Menschen zu zeigen, der in die Situation versetzt wird, schwerwiegende und grausame Entscheidungen treffen zu müssen. Ich merke, das geht noch nicht ganz auf und kümmere mich darum.

Liebe Grüße,

Muschnik

 

Hallo, @Muschnik

Und willkommen hier! Entschuldige, dass ich ein paar Tage verspätet bin. Habe mich sehr gefreut, hier mal wieder den SF-Tag zu finden, und die Geschichte auch gleich gelesen, aber beim Schreiben eines Kommentars ist mir dann das Leben dazwischengekommen.

However, hier bin. Und ich muss leider sagen, dass mich Deine Geschichte noch nicht so ganz überzeugt hat. Das liegt vor allem daran, dass sie wenig Besonderheit zeigt, wie ich finde. Die Idee, dass man Verbrechen irgendwie vorhersagen und Menschen im Vorhinein bestrafen könnte, ist ja höchst generisch, haben Fans des Genres also schon oft gesehen. Das ist natürlich kein Argument, komplett die Finger davon zu lassen. Du toppst das auch schon mit der Idee, die Vorhersage quasi durch den Traum zu machen. Gut!

Aber die Geschichte selbst, der Charakter, seine Umgebung, die Details, das fehlt. Du hast ein, wie ich finde, sehr geeignetes Setting, um eine Geschichte erzählen zu können. Aber die Geschichte fehlt mir. Ich bekomme nur sehr wenig von Deinem Prot zu sehen. Wer ist er? Was will er? Was ist seine persönliche Motivation, sein Ziel, sein innerer Antrieb? In welcher Umgebung befindet er sich?

Ich glaube, das ist im Bereich der Fantastik ein häufiger Fehler, dass man als Autor/in intuitiv dazu neigt, dass Worldbuilding über das Storytelling zu stellen. Das ist auch, was die Fantastik in meinen Augen so schwierig macht. Es gelten die gleichen Regeln wie außerhalb der Fantastik: Die Leser/innen wollen lebendige Charaktere, mit denen sie mitfühlen können und die eine spannende Entwicklung in einer bewegten Umgebung durchmachen. ZUSÄTZLICH aber erwarten Fantasy- und SF-Leser/innen ein fantastisches Setting, eine andere Welt oder eine andere Zeit mit anderen Möglichkeiten.

Das, was wir zwei als SF-Autor/inn/en jetzt nicht vergessen dürfen, und das, was so hart ist, ist, dass wir beides brauchen: Worldbuilding und Storytelling. Ich vergesse häufig das Worldbuilding, also ... :lol: Ich glaube, was Du nicht vergessen darfst, ist das gute Storytelling. Du brauchst einen Spannungsbogen und einen lebendigen Charakter. Beides gehört zusammen. Wenn Dein Charakter etwas will, was er nicht sofort erreichen kann, dann entfaltet sich die Spannung durch die Versuche, die er unternimmt.

Momentan ist Dein Prot passiv. Er wurde irgendwie angeheuert, hat keine Ahnung von nüscht, will mal tief durchatmen, ist unsicher, macht dann alles richtig. Mir würde es besser gefallen, wenn er eine Richtung hätte, in die er strebt. Überspitzt gesagt: Er könnte ein militanter Traumwächter sein, der total überzeugt vom System ist und selbst bei Kleinigkeiten drastische Maßnahmen ergreift. Als er entlassen werden soll, weil er mal wieder über die Stränge geschlagen hat, muss er alles daran setzen, seinen Job zu behalten. Er könnte auch jemand sein, der diesen Job machen muss, weil er nichts anderes kann und das Geld braucht. Er hat Mitleid mit den Leuten und findet die eingesetzten Methoden falsch. Was tun?

Die Formel geht also relativ einfach so: Wollen + Hindernis = Spannung. Das fehlt Deiner Geschichte momentan noch, weil ich keine Ahnung habe, was Dein Prot will. Ja, er scheint sogar ziemlich ... wankelmütig. Als Leserin kann ich das nicht durchschauen und ergo nicht mitfühlen. Das ist nicht gut.

Ich habe außerdem noch einen riesigen Haufen Kleinigkeiten mitgebracht:

Die Sonne schien durch von Osten durch die große Fensterfront des modern eingerichteten Büros.

"Never open a [story] with weather", so heißt es in Elmore Leonard's Ten Rules of Writing. Ich habe auch eine Weile gebraucht, um zu verstehen, warum es diese Empfehlung gibt. Aber eigentlich ist es ganz einfach, es hat sehr viel mit dem zu tun, was ich oben schon ausgeführt habe: Menschen sind Menschen, und wofür interessieren sie sich besonders? Genau. Für Menschen. Du kannst die Aufmerksamkeit Deiner Leser/innen viel leichter wecken, wenn Dein erster Satz mit Deinem Prot zu tun hat. Und nicht mit dem Smalltalk-Thema Nr. 1: dem Wetter. Gähn.

Die vor ihm sitzende Person konnte Lars wegen des Gegenlichts nur als Schattenriss sehen, erkannte aber an der Form der Silhouette, dass er eine Frau vor sich hatte.

Ich frage mich, wie es zu dieser Situation gekommen ist, dass Lars vor einer Person sitzt, die er nicht sehen kann und vor der er nicht einmal weiß, wer sie ist. Er hat nicht einmal den Hauch einer Ahnung. Wie ist das passiert? Wie ist er dahingekommen? Offensichtlich hat er keinen Termin gemacht, keine Sekretärin hat ihn irgendwo hingeführt, niemand hat ihm die Tür aufgemacht, und an der Tür stand kein Schild mit dem Namen der Person, zu der er geht. Seltsam.

„Es freut mich sehr, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind Herr Reeb.“

Komma vor "Herr".

Noch seltsamer ist, dass er eine Einladung bekommen haben soll. Zu wem denn? Was hat er am Empfang gesagt? "Ich habe einen Termin mit ... äh ..." Und dann hat die Person im Büro ihm nicht die Tür aufgemacht und ihm die Hand hingehalten, sondern er ist reingegangen, hat sich hingesetzt, und da sind sie nun? Sehr seltsam.

„Sie werden sehen, sie haben diesen Weg nicht umsonst auf sich genommen.

Wenn das "Sie" als Höflichkeitsanrede fungiert, wird es groß geschrieben.

Lars richtete sich ein wenig in seinem Stuhl auf und rückte die Brille mit den großen schweren Gläsern zurecht.

"groß" und "schwer", ich denke, eines von den beiden Wörtern kannst Du einsparen. Ich würde "groß" kicken und nur "schwer" schreiben. Es ist doch recht unwahrscheinlich, dass schwere Brillengläser klein sind.

„Ein Angebot? Was für ein Angebot?“, fragte er und merkte schon im Ansatz, dass sein Versuch seine Stimme ruhig und tief klingen zu lassen gescheitert war.

Komma vor "seine". Abgesehen davon hast Du vorher schon eine tiefe Stimme beschrieben. Das erzeugt Wiederholungen.

„Na ein Jobangebot Herr Reeb.

Komma vor "ein" und vor "Herr". Wobei ich das "Na" auch streichen würde.

Sie scheinen ausgezeichnet zu uns zu passen und – Nun ja, haben die entsprechenden Qualifikationen.“

Da nach dem Gedankenstrich kein neuer Satz anfängt, markiert er ja eher eine Pause, ne? Und deshalb würde ich danach auch klein weiterschreiben. Eigentlich fände ich es auch besser, Du würdest das "Nun ja" streichen. Klingt so hölzern. Einen Gedankenstrich als Pause in eine wörtliche Rede zu setzen, das finde ich raffiniert. Das "Nun ja" – nun ja, nicht so.

Die Silhouette schien sich leicht nach vorne zu beugen und sprach ganz leise.
„Herr Reeb, haben Sie schon einmal was von den Traumwächtern gehört?“

Hier würde ich den Zeilenumbruch weglassen, eventuell sogar einen Doppelpunkt zwischen den beiden Sätzen setzen. Und dafuq, es ist so verdammt dunkel in diesem blöden Büro (aka das Gegenlicht so stark), dass Lars sich nicht einmal sicher sein kann, dass die Frau sich vorbeugt? I don't get it.

Was ich außerdem nicht verstehe, ist, dass so ein großer Wirbel und anscheinend auch Geheimniskrämerei (geheimnisvolle Einladung, unsichtbare Arbeitgeberin, man hat nicht unbedingt davon gehört) um die Traumwächter gemacht wird, während es gleichzeitig Dreambook und es einen Traumpranger gibt, wo Träume von Leuten online verfügbar gemacht und sie daraufhin sozial abgeurteilt werden. Traumwächter sind unbekannt, aber sie machen Traumdenunziation (wofür man viele Wissende braucht, eben auch Wissen verbreitet). Das passt doch nicht zusammen.

Oder ist in dem Monat, in dem Lars da zwischendurch arbeitet, das alles erst passiert? Gab es davor kein Dreambook? Das wäre für mich die einzige Erklärung, denn ich sehe keinen Grund, aus dem die Traumwächter im Geheimen operieren sollten. Im Gegenteil: Ihre Arbeit lebt doch von Öffentlichkeit.

Auf dem Ersten war eine Wüste zu sehen.

Da sich "dem ersten" ja noch auf den Bildschirm bezieht, wird es klein geschrieben.

Die meisten waren ohnehin zu verworren, um auch nur einen roten Faden erkennen zu lassen.

Warum so verworren? ;) Was spricht gegen: "um auch nur einen roten Faden zu erkennen."

Je weniger Monitore er auf einmal im Auge behalten musste, desto besser konnte er sich auf die anderen konzentrieren.

You don't say. Wenn man weniger Sachen angucken muss, kann man sich besser konzentrieren? Ach guck, deshalb kriege ich immer von meiner Serie nichts mit, während ich gleichzeitig Handyspiele spiele. Ein großes Rätsel der Menschheit wurde gelöst. Das, liebe/r Muschnik, sind Erklärungen, die Du vermeiden solltest. Denn es wirkt lächerlich.

Was Du tatsächlich machen kannst, ist, emotionale Nähe zu Deinem Prot herzustellen, indem Du zum Beispiel schreibst: "Endlich nur noch drei Bildschirme. Die letzten Stunden waren acht aktiv gewesen. Lars rieb sich die Augen." So könntest Du zeigen, dass er müde und nun erleichtert ist, weil seine Arbeit einfacher geworden ist. Viel lebendiger, näher am Prot, mitfühlbarer als eine Erklärung über etwas, was jeder Mensch weiß.

Ein Junge kämpfte in einer Art Supermarkt gegen ein Riesiges mit gigantischen Klauen bewehrtes Geschöpf, das ihn geifernd zu packen versuchte.

"eine Art Supermarkt", muss das so umständlich? Wäre der Satz nicht deutlich ansprechender, wenn es einfach ein Supermarkt wäre? Und wenn er sich irgendwie unterscheidet (und der Unterschied wichtig ist), dann zeig doch die Unterschiede. "riesiges" klein, vor "mit" würde ich ein Komma setzen.

Lars stellte seinen Becher bei Seite und erhob sich.

"beiseite" zusammen.

Schließlich war er auch schon ende 40.

"Ende" groß. Die "vierzig" würde ich ausschreiben. Generell sind ausgeschriebene Zahlen in literarischen Texten angenehmer fürs Auge. Es gibt eine Ausnahme, die ich machen würde, und Du benutzt sie schon:

Erhöhtes Gewaltpotential für Übertragung 46 festgestellt.

Das finde ich hier angemessen. Warum aber schreibst Du in einem vergleichbaren Fall die Zahl dann plötzlich aus:

Sein System zeigte für Bildschirm Zweiunddreißig eine gelbe Warnstufe an.

Hier würde ich "Bildschirm 32" schreiben.

Bist du es Gott?

Komma vor "Gott".

Augenblicklich drehten sich seine dunklen Augen ins Schädelinnere und sein gesamter Körper verkrampfte sich.

Für mich sieht es wie ein Perspektivfehler aus, wenn ein personaler Erzähler plötzlich das Aussehen der Figur (in diesem Falle die dunklen Augen) beschreibt, aus dessen Perspektive erzählt wird. Seine eigenen Augen wird Lars wohl kaum sehen, also ist das offensichtlich nicht mehr seine Perspektive, aus der Du da schreibst.

Nun stand er selbst direkt vor der Tür mit den Aufklebern und die Frau mit der Schere war neben ihm.

"stehen" und "sein" sind so ziemlich die langweiligsten Verben, die man benutzen kann, um zu sagen, dass eine Person sich im Raum befindet ("sich im Raum befinden" wäre auch ziemlich langweilig). Mit Verben kannst Du so viele tolle Dinge tun! Dafür musst Du aber tolle Verben benutzen. So was wie: "Er tauchte direkt vor der Tür auf", oder: "Seine Füße schlugen auf den kalten Holzboden, und als er den Blick hob, sah er die Aufkleber auf der Tür. Neben ihm schwankte die Frau auf den Fußballen, das Messer erhoben." So was. Dadurch zeigst Du nicht nur, dass die Leute da sind, sondern auch wie sie da sind.

Wenn Sie tun, was auch immer Sie da vorhaben muss ich diese Aufzeichnung veröffentlichen.

Komma vor "muss". Und Moment: "was auch immer Sie da vorhaben" ... Heißt das, dass Lars und sein Programm gar nicht genau wissen, was als nächstes passiert? Sie könnte ja auch basteln gehen mit ihrer Tochter, stimmt. Aber das Programm muss es ja recht sicher wissen, oder auf welcher Grundlage schlägt das Alarm? Wann immer ein Messer oder eine Schere in einem Traum auftauchen? Himmel, die Traumwächter müssen alle Hände voll zu tun haben. Ich träume ja häufig von Schamrasur, taucht dann immer, wenn ich einen Rasierer in die Hand nehme, ein Traumwächter auf und warnt mich, noch einmal über das nachzudenken, "was auch immer ich da vorhabe"?

Dein Prot und sein Computerprogramm müssen sich SICHER sein für das, was sie da tun. Diese Verunsicherung verunsichert mich. Mindestens der Computer muss sich sicher sein, und dies sollte Deinem Prot die Sicherheit geben, dass diese Frau einen Traummord verüben will. Und nicht "was auch immer sie da vorhat". Streich das. Bitte. :D

„Ich muss“, stammelte sie, „Das Kind raubt meinem Mann und mir den letzten Nerv. Sie raucht und nimmt Drogen.

Entweder schiebst Du den Redebegleitsatz ein, dann wird nach dem Redebegleitsatz klein mit der wörtlichen Rede fortgefahren ("das Kind raubt ..."), oder Du machst tatsächlich nach dem Redebegleitsatz einen Punkt und fängst einen neuen Satz in der wörtlichen Rede an (stammelte sie. "Das Kind raubt ...").

"Das Kind" irritiert mich übrigens. Zusammen mit den bunten Aufklebern und der hübschen (ich nehme deshalb an "jungen") Frau denke ich an ein Kind. Dann aber raucht es und nimmt Drogen, ist also wahrscheinlich mindestens zwölf, eher ein Teenager. Ich muss also das Bild in meinem Kopf zwischen diesen beiden Sätzen korrigieren. Das ist nicht gut. Du als Autor/in möchtest doch, dass die Leser/innen stets ein deutliches Bild vor Augen und es nicht ständig austauschen müssen. Ich würde deshalb vorschlagen, dass Du statt "das Kind" einfach "unsere Tochter" schreibst.

Und letzte Woche ist sie beim klauen in einer Drogerie erwischt worden.

"Klauen" groß, und der Satz ließe sich vereinfachen: "Und letzte Woche wurde sie beim Klauen in der Drogerie erwischt."

Wenn Sie mich zwingen dieses Video zu veröffentlichen, werden alle erfahren, was Sie getan haben.

Komma vor "dieses".

Kurz schrie er vor Schmerz, dann verkrampfte sich sein Körper und er fiel um.
An die Sache mit den Krämpfen würde er sich gewöhnen müssen, dachte er, als er sich langsam aufrappelte.

Er hat Schmerzen, er hat Krämpfe, schüttelt sich, stürzt ... Und diese Ausführung von mir ist schon fast so lang und detailliert wie die Beschreibung, die Du diesem unfassbaren Schmerz gönnst, im Traum getötet worden zu sein. Da geht mehr. Ich will mit Deinem Prot mitfiebern, mitleiden, ächzen, mir eine Hand auf den Hals drücken. Aber dafür musst Du wirklich auf diese Gefühle eingehen. Sie nicht einfach in einem Satz abhandeln.

Die Situation war alles andere als angenehm für Lars.

Auch hier. Wie äußert sich das? Sein Magen krampft sich zusammen, er will blinzeln, zwingt sich aber, die Augen offenzuhalten. So was. Nimm keine Abkürzungen an den Gefühlen vorbei. Das sind genau die Stellen, wo Deine Leser/innen etwas erleben können.

Jahre lang hatte er sich Splatterfilme angesehen.

"Jahrelang" zusammen.

Und schließlich war auch diese Übertragung nicht wirklich real. Es passierte nur in dem Kopf der Frau.

Genau! Und deshalb ist alles, was er da tut, Blödsinn. So denke ich mir, als ich das lese. Genau mein Reden.

Alles immer noch besser, als wenn Sie wirklich die Schere benutzt hätte.

Richtig!

Lars war sich in diesem Moment zum ersten Mal darüber bewusst, dass die Arbeit die er hier erledigte wichtig war.

Komma vor "die er hier" und vor "wichtig". Und nachdem ich vorher zustimmend genickt habe (endlich wird gesagt, was ich darüber denke), bin ich nun irritiert. Wie kommt er zu der Schlussfolgerung? Die ist entgegen allem, was ich (und wahrscheinlich die meisten von uns) darüber denken. Und entgegen dem, was davor ausgeführt wurde.

Natürlich wusste er, dass seine Position scharf kritisiert wurde. Man war sich durchaus nicht einig darüber, ob eine im Traum begangene Gewalttat tatsächlich bedeutete, dass der gleiche Mensch im wachen zustand, ebenfalls die Hand gegen jemanden erheben würde. Aber das Programm lief gut an und schon nach wenigen Monaten fiel die Anzahl der Gewaltverbrechen. Öffentliche Bloßstellung ist ein wirksames Mittel, um Leute in ihr ganz persönliches Gefängnis zu bringen, ohne dafür Unmengen staatlicher Gelder auszugeben.

Und das ist für mich das zweite große Manko dieser Geschichte. Die Erklärung. Denn ich kaufe das nicht. Da ich ja nun endlich meine Modulprüfung in Forensischer Psychologie abgelegt habe, schwinge ich mich einfach mal zur Expertin auf und sage: Die soziale Entwurzelung einer Person wird sie wahrscheinlich eher zu einem/einer Straftäter/in machen als ein sicherer, geordneter, liebevoller sozialer Raum. Und ich vermute, dass man keine Expertin sein muss, um das zu denken.

Das darf nicht passieren. Dass Deine Leserschaft aus der Geschichte rausgeht und denkt: Die Geschichte hat unrecht, das ist nicht gut. Nun ist die SF und bin ich als SF-Leserin mit dem Prinzip einer Dystopie, in der Menschen fertiggemacht werden aus Gründen, die uns heutzutage falsch erscheinen, durchaus vertraut. Diese Art der Dystopie verleitet mich zu der gewagten (und durchaus angreifbaren) These, dass SF politisch sein muss. Sie ordnet aktuelle gesellschaftliche Strömungen (in diesem Falle zum Beispiel die zunehmende Überwachung der Bevölkerung durch staatliche und vor allem private Organisationen) ein, indem es sie überspitzt entweder in einer dystopischen oder utopischen Zukunft darstellt. Und aus einer Dystopie gehe ich raus und sage: Die Gesellschaft/diese Organisation/Immortan Joe/wer auch immer hat unrecht. Das darf nicht passieren. Das ist etwas anderes, als wenn ich mir denke: Die Geschichte hat unrecht. Das kann nicht passieren.

ABER: Dein Prot lebt in einer Welt, in der nicht alle Menschen (so wie wir alle hier) entsetzt aufschreien, wenn sie das lesen. Für ihn ist das logisch und richtig. Er wurde überzeugt. Er oder zumindest die Gesellschaft, die Welt, seine Umgebung müssen dieses System überzeugend vertreten. So überzeugend, dass ich schaudere angesichts dieser Zukunft. Dass ich es glaube. Dass ich es Dir abkaufe.

Das heißt natürlich nicht, dass Dein Prot selbst überzeugt sein muss. "Minority Report" dreht sich ja auch um einen Rebellen. Aber damit sich das System der Traumüberwachung durchsetzen konnte, muss ein Großteil der Gesellschaft davon überzeugt sein, muss Dein Prot also in einer Umgebung leben, die im höchsten Maße überzeugt ist. Ein eindrückliches Beispiel dafür ist natürlich "1984". Die Wissenschaftler/innen, die die Technik entwickelt und ihre positiven Effekte auf die Kriminalität belegt haben. Die Unternehmen, die die Technik gekauft und vermarktet haben. Die Politiker/innen, die es auf die gesamte Gesellschaft angewendet haben. Die Arbeitgeber/innen und Familienmitglieder, die Leute aufgrund ihrer Träume ausgrenzen.

Du hast die Möglichkeit, mich von diesem System zu überzeugen. Momentan kaufe ich es nicht. Es wirkt auf mich schlecht recherchiert und konstruiert. Aber da kannst Du dran drehen. Ich finde, die Idee hat Potenzial.

Vor dem Gebäude ging allmählich die Sonne auf und die ersten warmen Strahlen des Tages vielen auf die am Dach der Büroeinheit angebrachte Leuchtreklame.

"fielen" statt "vielen".

Und nun bleibt mir nichts weiter zu sagen als: Ich hoffe, ich habe Dich nicht erschreckt. Das sieht nach viel aus, aber wenn Du daran arbeitest, kannst Du so eine schöne Geschichte schreiben. Es liegt in Deiner Hand. Make it work!

Überzeugende Grüße,
Maria

 

Hallo @Muschnik,
Ich kenne mich in dem Sci-Fi Genre noch nicht so sehr aus, also weiß ich nicht, was alles schon erzählt wurde, aber für mich klingt deine Geschichte originell. Die Idee, dass man potenzielle Gewaltakte in den Träumen der Menschen vorhersehen kann habe ich noch nicht gehört. Also dafür schonmal einen Pluspunkt.

Was ich nicht so gut finde ist, dass du die Situation am Ende erklärst. Das hätte man finde ich weglassen können, oder vielleicht zeigen können, wie weit diese Methode schon in der Gesellschaft fortgeschritten ist.

Liebe Grüße, Lorenz

 

Hallo, @Muschnik

Und willkommen hier! Entschuldige, dass ich ein paar Tage verspätet bin. Habe mich sehr gefreut, hier mal wieder den SF-Tag zu finden, und die Geschichte auch gleich gelesen, aber beim Schreiben eines Kommentars ist mir dann das Leben dazwischengekommen.

However, hier bin. Und ich muss leider sagen, dass mich Deine Geschichte noch nicht so ganz überzeugt hat. Das liegt vor allem daran, dass sie wenig Besonderheit zeigt, wie ich finde. Die Idee, dass man Verbrechen irgendwie vorhersagen und Menschen im Vorhinein bestrafen könnte, ist ja höchst generisch, haben Fans des Genres also schon oft gesehen. Das ist natürlich kein Argument, komplett die Finger davon zu lassen. Du toppst das auch schon mit der Idee, die Vorhersage quasi durch den Traum zu machen. Gut!

Aber die Geschichte selbst, der Charakter, seine Umgebung, die Details, das fehlt. Du hast ein, wie ich finde, sehr geeignetes Setting, um eine Geschichte erzählen zu können. Aber die Geschichte fehlt mir. Ich bekomme nur sehr wenig von Deinem Prot zu sehen. Wer ist er? Was will er? Was ist seine persönliche Motivation, sein Ziel, sein innerer Antrieb? In welcher Umgebung befindet er sich?

Ich glaube, das ist im Bereich der Fantastik ein häufiger Fehler, dass man als Autor/in intuitiv dazu neigt, dass Worldbuilding über das Storytelling zu stellen. Das ist auch, was die Fantastik in meinen Augen so schwierig macht. Es gelten die gleichen Regeln wie außerhalb der Fantastik: Die Leser/innen wollen lebendige Charaktere, mit denen sie mitfühlen können und die eine spannende Entwicklung in einer bewegten Umgebung durchmachen. ZUSÄTZLICH aber erwarten Fantasy- und SF-Leser/innen ein fantastisches Setting, eine andere Welt oder eine andere Zeit mit anderen Möglichkeiten.

Das, was wir zwei als SF-Autor/inn/en jetzt nicht vergessen dürfen, und das, was so hart ist, ist, dass wir beides brauchen: Worldbuilding und Storytelling. Ich vergesse häufig das Worldbuilding, also ... :lol: Ich glaube, was Du nicht vergessen darfst, ist das gute Storytelling. Du brauchst einen Spannungsbogen und einen lebendigen Charakter. Beides gehört zusammen. Wenn Dein Charakter etwas will, was er nicht sofort erreichen kann, dann entfaltet sich die Spannung durch die Versuche, die er unternimmt.

Momentan ist Dein Prot passiv. Er wurde irgendwie angeheuert, hat keine Ahnung von nüscht, will mal tief durchatmen, ist unsicher, macht dann alles richtig. Mir würde es besser gefallen, wenn er eine Richtung hätte, in die er strebt. Überspitzt gesagt: Er könnte ein militanter Traumwächter sein, der total überzeugt vom System ist und selbst bei Kleinigkeiten drastische Maßnahmen ergreift. Als er entlassen werden soll, weil er mal wieder über die Stränge geschlagen hat, muss er alles daran setzen, seinen Job zu behalten. Er könnte auch jemand sein, der diesen Job machen muss, weil er nichts anderes kann und das Geld braucht. Er hat Mitleid mit den Leuten und findet die eingesetzten Methoden falsch. Was tun?

Die Formel geht also relativ einfach so: Wollen + Hindernis = Spannung. Das fehlt Deiner Geschichte momentan noch, weil ich keine Ahnung habe, was Dein Prot will. Ja, er scheint sogar ziemlich ... wankelmütig. Als Leserin kann ich das nicht durchschauen und ergo nicht mitfühlen. Das ist nicht gut.

Ich habe außerdem noch einen riesigen Haufen Kleinigkeiten mitgebracht:

"Never open a [story] with weather"


"Never open a [story] with weather", so heißt es in Elmore Leonard's Ten Rules of Writing. Ich habe auch eine Weile gebraucht, um zu verstehen, warum es diese Empfehlung gibt. Aber eigentlich ist es ganz einfach, es hat sehr viel mit dem zu tun, was ich oben schon ausgeführt habe: Menschen sind Menschen, und wofür interessieren sie sich besonders? Genau. Für Menschen. Du kannst die Aufmerksamkeit Deiner Leser/innen viel leichter wecken, wenn Dein erster Satz mit Deinem Prot zu tun hat. Und nicht mit dem Smalltalk-Thema Nr. 1: dem Wetter. Gähn.

Ich frage mich, wie es zu dieser Situation gekommen ist, dass Lars vor einer Person sitzt, die er nicht sehen kann und vor der er nicht einmal weiß, wer sie ist. Er hat nicht einmal den Hauch einer Ahnung. Wie ist das passiert? Wie ist er dahingekommen? Offensichtlich hat er keinen Termin gemacht, keine Sekretärin hat ihn irgendwo hingeführt, niemand hat ihm die Tür aufgemacht, und an der Tür stand kein Schild mit dem Namen der Person, zu der er geht. Seltsam.

Komma vor "Herr".

Noch seltsamer ist, dass er eine Einladung bekommen haben soll. Zu wem denn? Was hat er am Empfang gesagt? "Ich habe einen Termin mit ... äh ..." Und dann hat die Person im Büro ihm nicht die Tür aufgemacht und ihm die Hand hingehalten, sondern er ist reingegangen, hat sich hingesetzt, und da sind sie nun? Sehr seltsam.

Wenn das "Sie" als Höflichkeitsanrede fungiert, wird es groß geschrieben.

"groß" und "schwer", ich denke, eines von den beiden Wörtern kannst Du einsparen. Ich würde "groß" kicken und nur "schwer" schreiben. Es ist doch recht unwahrscheinlich, dass schwere Brillengläser klein sind.

Komma vor "seine". Abgesehen davon hast Du vorher schon eine tiefe Stimme beschrieben. Das erzeugt Wiederholungen.

Komma vor "ein" und vor "Herr". Wobei ich das "Na" auch streichen würde.

Da nach dem Gedankenstrich kein neuer Satz anfängt, markiert er ja eher eine Pause, ne? Und deshalb würde ich danach auch klein weiterschreiben. Eigentlich fände ich es auch besser, Du würdest das "Nun ja" streichen. Klingt so hölzern. Einen Gedankenstrich als Pause in eine wörtliche Rede zu setzen, das finde ich raffiniert. Das "Nun ja" – nun ja, nicht so.

Hier würde ich den Zeilenumbruch weglassen, eventuell sogar einen Doppelpunkt zwischen den beiden Sätzen setzen. Und dafuq, es ist so verdammt dunkel in diesem blöden Büro (aka das Gegenlicht so stark), dass Lars sich nicht einmal sicher sein kann, dass die Frau sich vorbeugt? I don't get it.

Was ich außerdem nicht verstehe, ist, dass so ein großer Wirbel und anscheinend auch Geheimniskrämerei (geheimnisvolle Einladung, unsichtbare Arbeitgeberin, man hat nicht unbedingt davon gehört) um die Traumwächter gemacht wird, während es gleichzeitig Dreambook und es einen Traumpranger gibt, wo Träume von Leuten online verfügbar gemacht und sie daraufhin sozial abgeurteilt werden. Traumwächter sind unbekannt, aber sie machen Traumdenunziation (wofür man viele Wissende braucht, eben auch Wissen verbreitet). Das passt doch nicht zusammen.

Oder ist in dem Monat, in dem Lars da zwischendurch arbeitet, das alles erst passiert? Gab es davor kein Dreambook? Das wäre für mich die einzige Erklärung, denn ich sehe keinen Grund, aus dem die Traumwächter im Geheimen operieren sollten. Im Gegenteil: Ihre Arbeit lebt doch von Öffentlichkeit.

Da sich "dem ersten" ja noch auf den Bildschirm bezieht, wird es klein geschrieben.

Warum so verworren? ;) Was spricht gegen: "um auch nur einen roten Faden zu erkennen."

You don't say. Wenn man weniger Sachen angucken muss, kann man sich besser konzentrieren? Ach guck, deshalb kriege ich immer von meiner Serie nichts mit, während ich gleichzeitig Handyspiele spiele. Ein großes Rätsel der Menschheit wurde gelöst. Das, liebe/r Muschnik, sind Erklärungen, die Du vermeiden solltest. Denn es wirkt lächerlich.

Was Du tatsächlich machen kannst, ist, emotionale Nähe zu Deinem Prot herzustellen, indem Du zum Beispiel schreibst: "Endlich nur noch drei Bildschirme. Die letzten Stunden waren acht aktiv gewesen. Lars rieb sich die Augen." So könntest Du zeigen, dass er müde und nun erleichtert ist, weil seine Arbeit einfacher geworden ist. Viel lebendiger, näher am Prot, mitfühlbarer als eine Erklärung über etwas, was jeder Mensch weiß.

"eine Art Supermarkt", muss das so umständlich? Wäre der Satz nicht deutlich ansprechender, wenn es einfach ein Supermarkt wäre? Und wenn er sich irgendwie unterscheidet (und der Unterschied wichtig ist), dann zeig doch die Unterschiede. "riesiges" klein, vor "mit" würde ich ein Komma setzen.

"beiseite" zusammen.

"Ende" groß. Die "vierzig" würde ich ausschreiben. Generell sind ausgeschriebene Zahlen in literarischen Texten angenehmer fürs Auge. Es gibt eine Ausnahme, die ich machen würde, und Du benutzt sie schon:

Das finde ich hier angemessen. Warum aber schreibst Du in einem vergleichbaren Fall die Zahl dann plötzlich aus:

Hier würde ich "Bildschirm 32" schreiben.

Komma vor "Gott".

Für mich sieht es wie ein Perspektivfehler aus, wenn ein personaler Erzähler plötzlich das Aussehen der Figur (in diesem Falle die dunklen Augen) beschreibt, aus dessen Perspektive erzählt wird. Seine eigenen Augen wird Lars wohl kaum sehen, also ist das offensichtlich nicht mehr seine Perspektive, aus der Du da schreibst.

"stehen" und "sein" sind so ziemlich die langweiligsten Verben, die man benutzen kann, um zu sagen, dass eine Person sich im Raum befindet ("sich im Raum befinden" wäre auch ziemlich langweilig). Mit Verben kannst Du so viele tolle Dinge tun! Dafür musst Du aber tolle Verben benutzen. So was wie: "Er tauchte direkt vor der Tür auf", oder: "Seine Füße schlugen auf den kalten Holzboden, und als er den Blick hob, sah er die Aufkleber auf der Tür. Neben ihm schwankte die Frau auf den Fußballen, das Messer erhoben." So was. Dadurch zeigst Du nicht nur, dass die Leute da sind, sondern auch wie sie da sind.

Komma vor "muss". Und Moment: "was auch immer Sie da vorhaben" ... Heißt das, dass Lars und sein Programm gar nicht genau wissen, was als nächstes passiert? Sie könnte ja auch basteln gehen mit ihrer Tochter, stimmt. Aber das Programm muss es ja recht sicher wissen, oder auf welcher Grundlage schlägt das Alarm? Wann immer ein Messer oder eine Schere in einem Traum auftauchen? Himmel, die Traumwächter müssen alle Hände voll zu tun haben. Ich träume ja häufig von Schamrasur, taucht dann immer, wenn ich einen Rasierer in die Hand nehme, ein Traumwächter auf und warnt mich, noch einmal über das nachzudenken, "was auch immer ich da vorhabe"?

Dein Prot und sein Computerprogramm müssen sich SICHER sein für das, was sie da tun. Diese Verunsicherung verunsichert mich. Mindestens der Computer muss sich sicher sein, und dies sollte Deinem Prot die Sicherheit geben, dass diese Frau einen Traummord verüben will. Und nicht "was auch immer sie da vorhat". Streich das. Bitte. :D

Entweder schiebst Du den Redebegleitsatz ein, dann wird nach dem Redebegleitsatz klein mit der wörtlichen Rede fortgefahren ("das Kind raubt ..."), oder Du machst tatsächlich nach dem Redebegleitsatz einen Punkt und fängst einen neuen Satz in der wörtlichen Rede an (stammelte sie. "Das Kind raubt ...").

"Das Kind" irritiert mich übrigens. Zusammen mit den bunten Aufklebern und der hübschen (ich nehme deshalb an "jungen") Frau denke ich an ein Kind. Dann aber raucht es und nimmt Drogen, ist also wahrscheinlich mindestens zwölf, eher ein Teenager. Ich muss also das Bild in meinem Kopf zwischen diesen beiden Sätzen korrigieren. Das ist nicht gut. Du als Autor/in möchtest doch, dass die Leser/innen stets ein deutliches Bild vor Augen und es nicht ständig austauschen müssen. Ich würde deshalb vorschlagen, dass Du statt "das Kind" einfach "unsere Tochter" schreibst.

"Klauen" groß, und der Satz ließe sich vereinfachen: "Und letzte Woche wurde sie beim Klauen in der Drogerie erwischt."

Komma vor "dieses".

Er hat Schmerzen, er hat Krämpfe, schüttelt sich, stürzt ... Und diese Ausführung von mir ist schon fast so lang und detailliert wie die Beschreibung, die Du diesem unfassbaren Schmerz gönnst, im Traum getötet worden zu sein. Da geht mehr. Ich will mit Deinem Prot mitfiebern, mitleiden, ächzen, mir eine Hand auf den Hals drücken. Aber dafür musst Du wirklich auf diese Gefühle eingehen. Sie nicht einfach in einem Satz abhandeln.

Auch hier. Wie äußert sich das? Sein Magen krampft sich zusammen, er will blinzeln, zwingt sich aber, die Augen offenzuhalten. So was. Nimm keine Abkürzungen an den Gefühlen vorbei. Das sind genau die Stellen, wo Deine Leser/innen etwas erleben können.

"Jahrelang" zusammen.

Genau! Und deshalb ist alles, was er da tut, Blödsinn. So denke ich mir, als ich das lese. Genau mein Reden.

Richtig!

Komma vor "die er hier" und vor "wichtig". Und nachdem ich vorher zustimmend genickt habe (endlich wird gesagt, was ich darüber denke), bin ich nun irritiert. Wie kommt er zu der Schlussfolgerung? Die ist entgegen allem, was ich (und wahrscheinlich die meisten von uns) darüber denken. Und entgegen dem, was davor ausgeführt wurde.

Und das ist für mich das zweite große Manko dieser Geschichte. Die Erklärung. Denn ich kaufe das nicht. Da ich ja nun endlich meine Modulprüfung in Forensischer Psychologie abgelegt habe, schwinge ich mich einfach mal zur Expertin auf und sage: Die soziale Entwurzelung einer Person wird sie wahrscheinlich eher zu einem/einer Straftäter/in machen als ein sicherer, geordneter, liebevoller sozialer Raum. Und ich vermute, dass man keine Expertin sein muss, um das zu denken.

Das darf nicht passieren. Dass Deine Leserschaft aus der Geschichte rausgeht und denkt: Die Geschichte hat unrecht, das ist nicht gut. Nun ist die SF und bin ich als SF-Leserin mit dem Prinzip einer Dystopie, in der Menschen fertiggemacht werden aus Gründen, die uns heutzutage falsch erscheinen, durchaus vertraut. Diese Art der Dystopie verleitet mich zu der gewagten (und durchaus angreifbaren) These, dass SF politisch sein muss. Sie ordnet aktuelle gesellschaftliche Strömungen (in diesem Falle zum Beispiel die zunehmende Überwachung der Bevölkerung durch staatliche und vor allem private Organisationen) ein, indem es sie überspitzt entweder in einer dystopischen oder utopischen Zukunft darstellt. Und aus einer Dystopie gehe ich raus und sage: Die Gesellschaft/diese Organisation/Immortan Joe/wer auch immer hat unrecht. Das darf nicht passieren. Das ist etwas anderes, als wenn ich mir denke: Die Geschichte hat unrecht. Das kann nicht passieren.

ABER: Dein Prot lebt in einer Welt, in der nicht alle Menschen (so wie wir alle hier) entsetzt aufschreien, wenn sie das lesen. Für ihn ist das logisch und richtig. Er wurde überzeugt. Er oder zumindest die Gesellschaft, die Welt, seine Umgebung müssen dieses System überzeugend vertreten. So überzeugend, dass ich schaudere angesichts dieser Zukunft. Dass ich es glaube. Dass ich es Dir abkaufe.

Das heißt natürlich nicht, dass Dein Prot selbst überzeugt sein muss. "Minority Report" dreht sich ja auch um einen Rebellen. Aber damit sich das System der Traumüberwachung durchsetzen konnte, muss ein Großteil der Gesellschaft davon überzeugt sein, muss Dein Prot also in einer Umgebung leben, die im höchsten Maße überzeugt ist. Ein eindrückliches Beispiel dafür ist natürlich "1984". Die Wissenschaftler/innen, die die Technik entwickelt und ihre positiven Effekte auf die Kriminalität belegt haben. Die Unternehmen, die die Technik gekauft und vermarktet haben. Die Politiker/innen, die es auf die gesamte Gesellschaft angewendet haben. Die Arbeitgeber/innen und Familienmitglieder, die Leute aufgrund ihrer Träume ausgrenzen.

Du hast die Möglichkeit, mich von diesem System zu überzeugen. Momentan kaufe ich es nicht. Es wirkt auf mich schlecht recherchiert und konstruiert. Aber da kannst Du dran drehen. Ich finde, die Idee hat Potenzial.

"fielen" statt "vielen".

Und nun bleibt mir nichts weiter zu sagen als: Ich hoffe, ich habe Dich nicht erschreckt. Das sieht nach viel aus, aber wenn Du daran arbeitest, kannst Du so eine schöne Geschichte schreiben. Es liegt in Deiner Hand. Make it work!

Überzeugende Grüße,
Maria


Moin Maria!

Vielen Dank erste einmal für deine ausführliche Kritik, die mich sicherlich um einiges weiter bringen wird!

Vor allem für einige deiner Allgemein gültigen Tipps möchte ich dir danken.

"Never open a [story] with weather"
Solche Regeln haben eine Allgemeine Gültigkeit, die mir auch beim schreiben zukünftiger Texte im Gedächtnis bleiben werden. Du hast dir also deinen Platz in meinem Kopf bereits erarbeitet.
Auch Stilistisch konntest du mir schon sehr weiter helfen. Grade an der Menge und Art der Adjektive muss ich noch ein wenig arbeiten, aber dafür bin ich ja hier.
Was die Inhaltliche Kritik angeht, stimme ich nicht vollständig mit dir überein. Trotzdem sehe ich durchaus einige Punkte, die Verbesserungswürdig sind, und die ich auch noch einmal angehen werde. Ich kann zum Beispiel verstehen, dass dich die Sache mit der Schere verwirrt hat. Der grundlegende Gedanke dahinter ist aber nicht: Schere/Rasierer/Messer = Alarm!, sondern vielmehr: Erhöhte Gewaltbereitschaft + gefährliches Szenario (Also zum Beispiel ein Messer in die Hand zu nehmen, ohne offensichtlich die Absicht zu haben etwas zu schneiden) = Alarm.
Ich muss aber nach erneutem lesen zugeben, dass das noch nicht so richtig raus kommt. Da muss ich nochmal ran und werde mich damit beschäftigen.
Da das mein erster Ausflug in das Genre SF war, bin ich umso dankbarer direkt an eine so ausführliche Kritikerin wie dich geraten zu sein. Das wird mir noch viel Arbeit machen, aber ich denke sie wird sich lohnen!

Ich wünsche dir noch einen schönen Tag,

Muschnik

 

Hallo @Muschnik,
Ich kenne mich in dem Sci-Fi Genre noch nicht so sehr aus, also weiß ich nicht, was alles schon erzählt wurde, aber für mich klingt deine Geschichte originell. Die Idee, dass man potenzielle Gewaltakte in den Träumen der Menschen vorhersehen kann habe ich noch nicht gehört. Also dafür schonmal einen Pluspunkt.

Was ich nicht so gut finde ist, dass du die Situation am Ende erklärst. Das hätte man finde ich weglassen können, oder vielleicht zeigen können, wie weit diese Methode schon in der Gesellschaft fortgeschritten ist.

Liebe Grüße, Lorenz


Hallo Lorenz,

Auch dir danke ich erst einmal für deine Kritik! Das Ende stört mich selbst mittlerweile auch. Mit jedem Lesen fällt mir mehr auf, wie sehr das herausfällt. Deshalb werde ich das auch noch einmal umarbeiten.

Liebe Grüße,

Muschnik

 

Hi, @Muschnik

Nur ganz schnell, nicht dass wir uns falsch verstehen:

Ich kann zum Beispiel verstehen, dass dich die Sache mit der Schere verwirrt hat. Der grundlegende Gedanke dahinter ist aber nicht: Schere/Rasierer/Messer = Alarm!, sondern vielmehr: Erhöhte Gewaltbereitschaft + gefährliches Szenario (Also zum Beispiel ein Messer in die Hand zu nehmen, ohne offensichtlich die Absicht zu haben etwas zu schneiden) = Alarm.

Was mir nicht sauer aufgestoßen ist, ist die Art, auf die das System arbeitet. An der Technik bin ich nicht wirklich interessiert, ehrlich gesagt, und mich stören auch lange Erklärungen (weshalb ich auch finde, an das Ende solltest Du definitiv nochmal ran, aber das hast Du ja auf dem Schirm). Was mich an der Stelle gestört hat, ist, dass der Prot sagt: "Was auch immer Sie da tun."

Das hat etwas mit der Überzeugungskraft des Systems zu tun, die ich am Ende meines letzten Kommentars aufgegriffen habe. Der Prot lebt in dieser Welt, in der wichtige Entscheidungen über die Zukunft eines Menschen auf Grundlage von Träumen getroffen werden. Und diese Träume werden aufgrund des Alarmsystems überwacht und veröffentlicht. Das heißt aber, dass ein Großteil der Menschen davon überzeugt sein muss, dass der Alarm zuverlässig arbeitet. Nix: "Was auch immer Sie da tun." Die Traumwächter/innen müssen doch das Gefühl haben, auf Grundlage einer zuverlässigen Vorhersage zu arbeiten. Wie sonst sollten sie ihre Arbeit rechtfertigen?

DAS ist, was mich an der Stelle stört. Nur die Unsicherheit Deines Prots über die Vorhersage. Wahrscheinlich reine Schludrigkeit beim Schreiben des Dialogs, würde ich vermuten (sorrynotsorry für die Annahme über Deinen Schreibprozess). Wenn Du schreibst, musst Du Dir bei jedem Halbsatz bewusst sein, was das für Deinen Prot, für den/die Sprecher/in, für die Welt bedeutet und was das bei den Leser/inne/n auslöst.

In mir hat dieser Halbsatz ausgelöst, dass ich noch viel weniger von der Welt, die Du da kreierst, überzeugt bin. Denn wenn die Traumwächter/innen sich nicht sicher sind, aufgrund einer zuverlässigen Vorhersage zu arbeiten, wie kann dann die ganze Gesellschaft aufgrund dieser Vorhersage arbeiten? Das wäre doch Wahnsinn. Und wenn die Vorhersage ständig unzuverlässig und der Alarm hypersensibel wäre, wer würde den Quatsch dann noch ernstnehmen?

Beispiel: In meinem Büro ist der Feueralarm mit dem System des gesamten Gebäudekomplexes verbunden, zu dem auch mehrere Studentenwohnheime gehören. Das heißt, mehrmals im Monat wird wegen Qualm in irgendeiner Küche der Feueralarm im gesamten Komplex ausgelöst. Die meisten Leute bleiben im Büro sitzen. Das ist es, was ein unzuverlässiges und hypersensibles System mit Menschen macht. Sie nehmen es nicht ernst. Die Menschen in Deiner Welt müssen sicher sein, dass Alarm wirklich ALARM bedeutet. Und nicht: "Was auch immer Sie da tun."

That's it. Hoffe, Du hast nun besser verstanden, worauf ich hinauswill. Make it work!

Zuverlässige Grüße,
Maria

 

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