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Trunken

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19.03.2003
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Trunken

Es ist dunkel und der Himmel zeigt, was er hat. Die Sterne sind beschwipst und Karin zerquetscht ihre Zigarette im Kirschlorbeerkübel. Eigentlich raucht sie nicht. Sie findet den Geschmack der Zigaretten ekelig. Sie steckt sich noch eine an. Trotzig zieht sie tief am Filter, als ob sie beweisen muss, dass die Zigarette ein Gaumenschmaus ist. Karins Beine fühlen sich schwer an. Das Make up ist verschmiert, aber ihr ist es egal. Sie inhaliert den Rauch, wischt sich noch mehr Wimperntusche mit dem Handrücken über die Wangen, nach außen bis zu den Ohren. Am Haaransatz kleben weiße krümelige Reste. Wie viele sind es gewesen?

Die Glut der Zigarette hat den Filter erreicht und Karin nimmt trotzdem einen weiteren Zug, versengt sich ihre Lippen. Wie idiotisch! Heiße Schwaden aus Nikotin und Sangria wabern in ihrem Bauch. Wenn Karin die Augen schließt, dröhnt das Blut in den Ohren. Nichts mehr fühlen, nichts mehr sehen, nur noch angenehme Leere will sie in sich tragen. Geht zurück in das Haus, über den Flur auf die Gästetoilette und übergibt sich.

Die anderen Partygäste liegen währenddessen mehr oder weniger bekleidet auf dem mit Chips und Erdnüssen übersäten Boden und schnarchen weinselig ihren Rausch aus. Oder lümmeln auf dem verschmierten Sofa herum. Einige der Halbnackten umlagern die knallroten Eimer, aus denen Strohhalme heraus ragen. Einige der Frauen kichern, als einer der schlafenden Kerle einen Steifen bekommt. Eine dralle Brünette öffnet dem Ahnungslosen den Reißverschluss und befreit seinen Schwanz aus der engen Hose und sich vom String. Die anderen Frauen lachen grölend, als das Luder sich auf den Mann setzt, den Schwanz wie einen Dildo in sich hineinschiebt. Sie bumst ihn lautstark stöhnend. Durch den Krawall animiert, steht einer der Männer wankend von seinem Lager auf, lässt seine Hose fallen und besteigt eine schlafende Frau, deren blondes Haar wie ein Fächer ausgebreitet ist. Sie heißt Magda und ist Karins Reisebekanntschaft. Magda hat Karin mitgenommen.

Wie viele sind es gewesen?

Karin erinnert sich, dass sie den ersten Brandy gleich nach Ihrer Ankunft getrunken hat. Sie hat niemanden außer Magda gekannt. Vor ein paar Tagen kam sie angereist. Ein Geschenk zum vierzigsten Geburtstag, der Kurzurlaub für Mama in den Süden.

Die Männer sehen ganz passabel aus und die Frauen taxieren sie, als würden sie Karin pfundweise einschätzen. Karin findet sich durchschnittlich hübsch, doch Magda meint, die Männer würden bestimmt auf sie fliegen. Es dauert nicht lange und Karin ist von Tänzern umlagert, die sich aufreizend zum Beat bewegen, als seien sie in Musik gegossen. Es ist heiß und das Kleid plötzlich eng wie eine zweite Haut. Wenn Karin tanzt, ist es, als sei sie nackt. Die Männer sehen zu, wie Karin das Kleid lupft, als wolle sie der heißen Haut darunter die kühle Luft des Meeres zufächeln. Karin sieht die Männer gierig an den Strohhalmen saugen. Streckt den Busen vor und wippt mit dem Po. Die Männer sollen jede Wölbung an ihr sehen. Schließt die Augen und fühlt Hände, die ihre Handgelenke umschließen. Ein Körper schmiegt sich an den ihren. Lippen berühren ihren Hals, eine Zungenspitze gleitet, streichelt.

Karin öffnet die Augen. Der Mann ist klein und gedrungen, hat schwarze Augen, einen Dreitagebart, sehr weiße Zähne. Er duftet nach Oliven und Sangria. Er reibt sich an ihrem Kleid, an ihren Schenkeln, an ihrem Schoß.

Karin küsst diesen Mann, den sie nicht kennt. Sie lässt sich von ihm ficken und von einem anderen. Alle diese Männer sind auf eine tolle Weise hässlich und sinnlich zugleich. Sie ist vollkommen ausgelaugt und wund, zwischen den Beinen, auf den Lippen, an den Brustwarzen und doch nicht satt. Plötzlich entdeckt sie ihn. Sein Haar trägt er lang. Es ist schon weiß, aber trotzdem voll. Seine Kiefer mahlen aufeinander, sein Blick ist fest auf sie gerichtet. Wie lange hat er sie angestarrt? Er fließt mit der Musik auf sie zu.
Greift ihren Schopf, zieht Karin wie ein unartiges Kind hinter sich her, drängt sie in die Küche, küsst sie brutal, nimmt ihre Hand und legt sie auf sein Glied. Es ist groß und hart.

Als er in sie hineinstößt, schreit Karin wie erlöst auf. Die Schwere seines Körpers nimmt ihr die Luft. Sie gibt sich ihm hin, fordert mit spitzer Stimme, er solle sie zu Tode ficken.
Die kalten Fliesen im Rücken, sieht Karin das Mondlicht durch die Küchenfenster kriechen, keucht knisternd, ist wie ein Blitz, kurz vor der Entladung aus verhangenem Himmel.

Karin ist betrunken und sie weiß, wie man kotzt. Der Morgen graut. Karin nennt es die Blaue Stunde, wegen des besonderen Lichts. Es ist die wenige Zeit, die sich Karin gelegentlich nimmt, bevor ihre Familie in den Tag platzt. Es ist zu wenig Zeit, wenn man vierzig ist. Bald wird sie wieder nach Hause fliegen. Sie kotzt ins Klo und daneben. Sie wird nächstes Jahr wieder kommen. Nach ihrem Geburtstag.

 

Tabuthema

Verehrte Goldene Dame,
verehren paßt so schön zu golden. In Anbetracht der vielen "Geschichten", die hier hochgeladen werden, habe ich mich gefreut, deinen Text lesen zu können. Alkohol und Sex - eine derbe Mischung.
Mir hat es gefallen, wie du so langsam den Spannungsbogen aufbaust, bis du dann den Blick auf das Geschehen ins kappe Sachliche drängst ohne jede emotionale Beteiligung:

Karin küsst diesen Mann, den sie nicht kennt. Sie lässt sich von ihm ficken und von einem anderen.

Gut auch so ein abgeklärtes Fazit:
Karin ist betrunken und sie weiß wie man kotzt.

Es gibt immer Sachen, die einem nicht gefallen, weil die persönlichen Assoziationen im Nachhineinein eher störend wirken:
Die Sterne sind beschwipst und Karin zerquetscht ihre Zigarette im Blumenkasten. Eigentlich raucht sie nicht

Beschwipste Stimmung auf einem Balkon? Party im Altbau, die Küche ist voll... Irgendwo in einer deutschen Großstadt. Klar - Kippen im Bluemtopf ausdrücken. Findet sich nicht ein Hinweis auf eine südlichere Stimmung?

Und kann ich noch nicht sagen, wie ich es finde:

Karin nennt es die blaue Stunde. Es ist die wenige Zeit, die sich Karin gelegentlich nimmt, bevor ihre Familie in den Tag platzt. Es ist zu wenig Zeit, wenn man vierzig ist.
Da öffnest du noch eine persönliche Sphäre mehr. Etwas Altersschwermut? Wo bleibt das Persönliche?
Ist der Stoff nicht schon hart genug?

Hoffentlich soll das nicht zu sehr nach Alkoholikerin klingen:

Es ist nicht das erste Mal.
Muss das sein? Reicht nicht ein einfaches Geschehen? Da kann der Leser sich zu sehr auf Abhängigkeit einstellen und sich distanzieren: Das ist nicht mein Problem!

Und zu viele Ks - Absicht?

Karin das Mondlicht durch die Küchenfenster kriechen und sie keucht knisternd.

Vielleicht noch ein Komma?
Karin ist betrunken und sie weiß wie man kotzt.
..,wie leitet Nebensatz ein

Das wäre es zunächst.
Sehr gelungen!
Gruß vom Papui

 

Salve Goldene Dame,

die Geschichte ist weder romantisch noch erotisch, und sie gefällt mir doch; Gangbang und Gruppensex von seiner nüchtern-realistischen Seite, dass man sich nach der Lektüre nur noch mit dem/der Liebsten unter die kochfesten Baumwolllaken verkriechen und einander ewige Treue und Alkoholabstinenz schwören möchte - Midlifecrisis ist doch was grausames :D!

Was mich irritiert: weiße krümelige Reste am Haaransatz. Kokain? Zigarettenasche?

Die vielen Ks sind klasse - nur das knisternd stört mich, das klingt nach offener Lungen-Tbc - wer will sie da noch ficken :D?

Sonst, wie gesagt, hat es mir gefallen!

Gruß und gute Zeit,
Pardus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Papui

Verehrte Goldene Dame,
verehren paßt so schön zu golden. In Anbetracht der vielen "Geschichten", die hier hochgeladen werden, habe ich mich gefreut, deinen Text lesen zu können. Alkohol und Sex - eine derbe Mischung.
Meinen Nick habe ich mir ausgedacht, weil eine sehr verruchte Malerin aus dem letzten Jahrhundert so bezeichnet wurde. :)


Mir hat es gefallen, wie du so langsam den Spannungsbogen aufbaust, bis du dann den Blick auf das Geschehen ins kappe Sachliche drängst ohne jede emotionale Beteiligung:

Ich habe mir beim Schreiben vorgestellt, nur zu beobachten.
Karin küsst diesen Mann, den sie nicht kennt. Sie lässt sich von ihm ficken und von einem anderen.
Gut auch so ein abgeklärtes Fazit:
Ja aus der Rolle des Beobachters heraus
Karin ist betrunken und sie weiß wie man kotzt.
Es gibt immer Sachen, die einem nicht gefallen, weil die persönlichen Assoziationen im Nachhineinein eher störend wirken:
Ich wollte drastisch sein.
Die Sterne sind beschwipst und Karin zerquetscht ihre Zigarette im Blumenkasten. Eigentlich raucht sie nicht
Beschwipste Stimmung auf einem Balkon? Party im Altbau, die Küche ist voll... Irgendwo in einer deutschen Großstadt. Klar - Kippen im Bluemtopf ausdrücken. Findet sich nicht ein Hinweis auf eine südlichere Stimmung?
Doch gibt es: Blumentopf raus, der Kirschlorbeer im Kübel rein
Und kann ich noch nicht sagen, wie ich es finde:
Vielleicht ja später
Karin nennt es die blaue Stunde. Es ist die wenige Zeit, die sich Karin gelegentlich nimmt, bevor ihre Familie in den Tag platzt. Es ist zu wenig Zeit, wenn man vierzig ist.
Da öffnest du noch eine persönliche Sphäre mehr. Etwas Altersschwermut? Wo bleibt das Persönliche?
Ist der Stoff nicht schon hart genug?
Der Stoff ist hart, daher sollte hier eigentlich eine Weichheit anklingen.
Hoffentlich soll das nicht zu sehr nach Alkoholikerin klingen:
Nein, die blaue Stunde ist die Morgendämmerung und blau ist auf die Lichtverhältnisse bezogen.
Es ist nicht das erste Mal.
Muss das sein? Reicht nicht ein einfaches Geschehen? Da kann der Leser sich zu sehr auf Abhängigkeit einstellen und sich distanzieren: Das ist nicht mein Problem!
Eigentlich geht es darum, dass die Protagonistin sich etwas gönnt, ob das problembeladen ist, kann der Leser für sich entscheiden.
Karin das Mondlicht durch die Küchenfenster kriechen und sie keucht knisternd.
Und zu viele Ks - Absicht?
Ja, ich finde es hört sich so schön knallig an.

Karin ist betrunken und sie weiß wie man kotzt.
..,wie leitet Nebensatz ein. Vielleicht noch ein Komma?
Das habe ich jetzt drauf, Danke dafür :)
Das wäre es zunächst.
Sehr gelungen!

Danke Schön! :)


Hallo Pardus

die Geschichte ist weder romantisch noch erotisch,
Das stimmt wohl, wenn man die Geschichte insgesamt betrachtet
und sie gefällt mir doch; Gangbang und Gruppensex von seiner nüchtern-realistischen Seite, dass man sich nach der Lektüre nur noch mit dem/der Liebsten unter die kochfesten Baumwolllaken verkriechen und einander ewige Treue und Alkoholabstinenz schwören möchte - Midlifecrisis ist doch was grausames !
Jo, das ist es , wenn es eine echte Krise ist ;)
Was mich irritiert: weiße krümelige Reste am Haaransatz. Kokain? Zigarettenasche?
hier darf der Leser assozieren, was er meint. Schließlich war die Party eine Orgie
Die vielen Ks sind klasse - nur das knisternd stört mich, das klingt nach offener Lungen-Tbc - wer will sie da noch ficken ?
Wie viele Frauen, die ich nicht mal mit der Kneifzange anfassen würde, werden wohl doch noch gefickt, nur weil sie sich dafür hinhalten.

Na ja und die Lunge knistert auch so, wenn man einem die Luft abdrückt. ;)

Sonst, wie gesagt, hat es mir gefallen!
Danke schön :)

Guten Rutsch und so! :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Prost Neujahr, Goldene Dame!

Zuerst dachte ich, Karin sei von etlichen Männern vergewaltigt worden (Sperma im Haar, gerade noch davongekommen oder irgendwohin abgehauen, wo sie jetzt versucht, sich zu sammeln).
Dann dachte ich: Sie ist im Urlaub in was reingeraten, betrunken auf so einer Party gelandet, womöglich hat jemand sie dann gegen ihren Willen - nein: Sie hat mitgemacht. Das weiß ich spätestens ab hier:

Karin küsst diesen Mann, den sie nicht kennt. Sie lässt sich von ihm ficken und von einem anderen.
Ihr Verhalten vorher könnte, obwohl sehr eindeutig, noch als Tanzbodenspiel durchgehen (zur Musik darf man auch gackern, ohne nachher zu legen).
Und dann, während die Party in den Nachwehen liegt, fährt Karin ein Selbstrettungsprogramm, so klassisch, als habe sie es eingeübt: Sie erlaubt sich erst einen einsamen kleinen hysterischen Anfall mit Zigaretten, Tränen und Sternenhimmel zum Streßabbau, dann, als der Körper sich daran erinnert, wie sie ihn vergiftet hat, geht sie kotzen, schließt so mit der Situation ab und denkt an die Zukunft und ans Heimfahren. Da war ich mir sicher: Sie hat das genauso gewollt, hat es jetzt hinter sich und kann mit ihrem normalen Leben weitermachen.

Als ich die Geschichte neulich zum ersten Mal las, beeindruckte mich erst der letzte Abschnitt; der allerdings so sehr, daß ich beschloß, die Geschichte nach dem Neujahrstrubel nochmal zu lesen. Der letzte Abschnitt klingt so wunderbar trocken, desillusioniert und pragmatisch, daß ich dachte: Die Frau ist klug und weiß, daß sie weder dem Alter noch den Familienbanden entkommen kann. Trotzdem will sie manchmal ausrasten. Sie rastet also gutorganisiert aus, heimlich und fern der Heimat, holt sich auf brutale Weise (sie hat ja nicht viel Zeit) das, was sie will und nimmt in Kauf, daß sie sich nachher schlecht fühlt. Sie hat ein Geheimnis, dachte ich, eine gut verwaltete Schattenseite, die sie nicht aufgeben kann, obwohl sie mit ihrem Alltagsleben nicht zu vereinbaren ist. Das berührte mich; ich dachte: Tapferes Mädchen. Ich dachte sogar an die Leidenschaftsersatzkur aus „Schöne Neue Welt“.

Der Alkohol spielte in der Geschichte für mich nur eine Nebenrolle, da ich herauszulesen glaubte, dass die Heldin solche Exzesse zwar kennt, jedoch keinesfalls regelmäßig erlebt. Ich dachte: Wenn sie so was wieder mal braucht, gehört es eben dazu, sich zu betrinken. Man muß zugeben, dass auf solchen Parties selten jemand nüchtern ist.

Inzwischen hat die Geschichte Kommentare; ich habe den Fehler gemacht, die auch zu lesen und habe gelernt:

Eigentlich geht es darum, dass die Protagonistin an einen Punkt angekommen ist, an dem Sie erkennen muss, dass Sie süchtig ist. Der Leser erkennt es, aber die Protagonistin ist nicht soweit, verleugnet.
Das missfällt mir jetzt. Daß „Der Leser erkennt es“ auf mich nicht zugetroffen hat, fresse ich ja noch. Viel schlimmer aber: Du reduzierst die Heldin auf das, was sie ohne den tollen Schluß wäre: Eine willenlose Schlampe mit Alkoholproblem (die armen, armen Kinder, das endet in Tränen!), die besoffen grauenhaften Sex mit billigen, öligen Strandgiovannis hat und nachher besoffen heult. Wenn es aber so sein soll: Warum heißt die Geschichte dann „Trunken“ und nicht „Betrunken“?

(Falls Du jetzt denkst: Mensch, ein tapferes alterndes Mädchen mit einem besonderen Leidenschaftsgeheimnis ist ja viel besser als ein doofes verdrängtes Alkoholproblem!, dann muß Du nichtmal die Geschichte, sondern nur Deinen Kommentar editieren. Ich editier dann noch meinen, und niemand wird es je erfahren).

Details:


Es ist dunkel und der Himmel zeigt alles, was er hat. Die Sterne sind beschwipst und Karin zerquetscht ihre Zigarette im Kirschlorbeerkübel.
alles würd ich streichen. Das bringt so eine unfreiwillige, über-unlogische Naivromantik rein. Dafür hast Du ja noch die beschwipsten Sterne, die reichen dicke.
Karins Beine fühlen sich schwer an. Tränen laufen ihr übers Gesicht, verschmieren es, aber Karin ist es egal.
Ich finde, daß der Name in der ganzen Geschichte zu oft vorkommt. Hier würde auch einmal reichen. Die Tränen verschmieren nicht das Gesicht, sondern die Schminke.
Die Glut der Zigarette hat den Filter erreicht und Karin versengt sich ihre Lippen. Wie idiotisch! Wie heiße Schwaden wabern Nikotin und Sangria in ihrem Bauch.
Man merkt, daß sie nicht raucht. Sowas würde einem echten Raucher auch betrunken nicht passieren. Hat sie den ganzen Filter im Mund? Finger verbrennen, das wäre logischer.
Nichts mehr fühlen, nichts mehr sehen, nur noch angenehme Leere in sich tragen kein Komma will sie.
Geht zurück in das Haus, über den Flur auf die Gästetoilette und versucht sich zu übergeben.
hier würde ich - im Hinblick auf den Schluß - unbedingt schreiben: übergibt sich. Sie weiß doch, wie man kotzt.
Einige Leiber liegen währendessen mehr oder weniger bekleidet auf dem Boden und schnarchen weinselig ihren Rausch auf Chips und Erdnüssen aus.
Das liest sich zuerst so, als wären die alle auf Chips und Erdnüssen (voll krass, so'n Erdnußrausch), auf jeden Fall holprig. Das könntest Du anders besser einbauen.
Zwei Frauen liegen halbnackt neben den Eimern, aus denen die Strohhalme wie geknickte Autoantennen stechen.
Strohhalme, die aus Eimern stechen: Klingt komisch. Ragen wäre eine Alternative.
Eine vollschlanke Brünette öffnet dem Ahnungslosen den Reißverschluss und befreit den Penis von der engen Hose. Dann zieht sie sich ihr Höschen aus und setzt sich auf den Entblößten. Die anderen Frauen lachen grölend, als das Luder mit einer imaginären Peitsche ihren Hengst auffordert, sie durchzuficken.
Das gefällt mir gar nicht. Nicht weil die Aktion brummdumm und daneben ist, das seh ich ja vollkommen ein. Aber es ist so formuliert, als solle es ein kleines frivoles Element reinbringen, ich sag nur: Höschen! Befreiter Penis! Dann aber: Vollschlank und entblößt. Da paßt irgendwie gar nichts. "Eine dicke Frau holt seinen Schwanz aus der Hose und setzt sich darauf" wäre ehrlicher und ebenso direkt. Das Luder und den Hengst würde ich auch höchstens in Form von wörtlicher Rede bringen; so, wie es dasteht, ist es albern.
Karin erinnert sich, dass sie den ersten Brandy getrunken hat, weil sie sich unbehaglich gefühlt hat.
wenn Du da aus einer Zeit zwei machst (z.B. fühlte statt gefühlt hat), stört es nicht.
Sie hat niemanden, bis auf Magda, gekannt.
beide Kommata raus. Außer ist eine gute Alternative zu bis auf.
Ein Geschenk zum 40. Geburtstag, der Kurzurlaub für Mama in den Süden.
40 bekommt mehr Gewicht, wenn man es ausschreibt.
Karin findet sich selbst durchschnittlich hübsch aussehend, doch Magda meint, dass ihre grünblauen, großen Augen ein attraktiver Kontrast zu ihrem seidigen, glatten, braunem Haar sind und dass die Männer bestimmt auf sie fliegen.
Schauerlicher Satz! Würde ich zusammenstreichen, Vorschlag:
Karin findet sich durchschnittlich hübsch, doch Magda meint, die Männer werden (würden) bestimmt auf sie fliegen.

Es dauert auch nicht lange und Karin ist von eifrigen Tänzern, die sich aufreizend zum Beat bewegen, als seien sie in Musik gegossen, umlagert.
klingt verwurstet. Mein Vorschlag:
auch streichen. eifrigen streichen. Den Satz umstellen: ... von Tänzern umlagert, die sich etc
Wenn Karin tanzt, ist es, als wäre sie nackt.
sei wäre schöner.
Die Männer sehen zu, wie Karin das Kleid lüftet, als wolle sie der heißen Haut darunter kein Komma die kühle Luft des Meeres zufächeln.
lüftet klingt nach ausziehen und vors Fenster hängen. Klingt nach Muff. Ich weiß, was gemeint ist, aber auch nicht, wie man es besser formulieren könnte, da das Lüpfen, Wedeln und Schütteln von Teilen der Kleidung bei verschwitzten Frauen ein komplexer Bewegungsablauf ist.
Drückt ihren Rücken ins Hohlkreuz und hebt den Popo ein wenig.
das geht nicht. Sie drückt den Rücken/das Kreuz durch oder macht ein Hohlkreuz. Und Popo ist gruselig. Po geht gerade noch.
Karin schließt ihre Augen und fühlt Hände, die ihre Handgelenke umschließen und so ihre Arme hinter ihrem Rücken verschränken.
holpriger Satz. Wieder vollkommen klar, was gemeint ist, aber ungeschickt formuliert.
Sie ist vollkommen ausgelaugt und wund, zwischen den Beinen, die Lippen, und ihr Herz.
würd ich streichen
Ich bin deine Hölle, kratzt eine Stimme in ihrem Kopf.
Da würd ich den ganzen Satz streichen. Der ist doof.
Die kalte Fliesen im Rücken spürend, sieht Karin das Mondlicht durch die Küchenfenster kriechen und sie keucht knisternd.
Da Du die Alliteration liebtest, will ich daran nicht mäkeln. Aber das fette könnte gut raus.
Karin nennt es die blaue Stunde, wegen des besonderen Tageslichts.
warum nicht ... die Blaue Stunde? Sieht schöner aus. Aus Tageslicht würde ich Licht machen.

Ich hab die Geschichte falsch verstanden, aber so, wie ich sie verstanden habe, hat sie mir gefallen.

Liebe Grüße!
Makita.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Makita,,
Lieben Dank für deinen Kommentar. Weißt du was? Mir gefällt deine Interpretation der Dinge. Ja, warum soll Karin nicht auf die Pauke hauen, weil sie sonst nicht dazu kommt. Gut organisiert ausrasten. Jawohl. Ich glaube ich war nur ein wenig beschämt, dass meine Prot so ungeniert die Sau rausgelassen hat. Daher habe ich sie mit hochrotem Gesicht in die Therapieecke rein und wieder raus geschoben ;)

Deine Fehler- und Stilliste finde ich super. Dankee!

PS: Habe (fast) alles bis auf die versengten Lippen, weil sie tatsächlich noch dran zieht, als die Glut am Filter ist, berücksichtigt was du angemerkt hast. Vielleicht schaust du noch mal drüber?

LG
GD

 

Hey Goldene Dame,

eine starke Geschichte, die du hier zum besten gibst.
In meiner Lesart lässt sich deine Protagonistin -vermutlich aus dem Grund heraus dem tristen Alltag zu entfliehen und noch einmal das Leben zu spüren- zu diesem Trip verleiten (?). War etwas irritirt, dass es nicht das erste Mal gewesen ist, denn die Schilderungen, die du abgibst, wirkten auf mich schon so, als betrachte sie die Dinge nun durch die leicht angewiderte Brille, die sie, nachdem der Rausch abeklungen ist, unweigerlich wieder gezwungen ist aufzusetzen.
Habe den Anfang mit den Zigaretten auch als eine Analogie dazu gelesen.
Der erste Satz ist sowieso klasse, bezieht er sich doch klar auf das Thema.

Gut, wie du in die Geschichte einführst. Tatsächlich gibt es zu Beginn mehrere Möglichkeiten, worum es denn eigentlich geht. Schön finde ich die Ambivalenz herausgearbeitet, die irgendwie in diesem Satz zu gipfeln scheint:

Sie wimmert, er solle sie zu Tode ficken und er solle in der Hölle schmoren.

Die kalte Fliesen im Rücken, sieht Karin das Mondlicht durch die Küchenfenster kriechen und keucht knisternd.
hier übertreibst du es, zudem geht mir der Sinn abhanden. Worauf bezieht sich denn jetzt das knisternd?
Sie schluchzt laut, inhaliert den Rauch, wischt sich noch mehr Wimperntusche mit dem Handrücken über die Wangen, nach außen bis zu den Ohren hin
dieses hin ist nur Ballast. Kann ruhig weg.

Ansonsten fand ich deinen Schreibstil sehr angenehm und dem Thema absolut angemessen. Die geschichte wird mir bestimmt noch ein Weilchen im Kopf rumspuken.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer

War etwas irritirt, dass es nicht das erste Mal gewesen ist, denn die Schilderungen, die du abgibst, wirkten auf mich schon so, als betrachte sie die Dinge nun durch die leicht angewiderte Brille, die sie, nachdem der Rausch abeklungen ist, unweigerlich wieder gezwungen ist aufzusetzen.

Es gibt Situationen im Leben, die wiederholen sich. Unbewusst oder bewusst bringt man sich immer und immer wieder in ähnliche Situationen. Praktisch um sich selbst zu verdeutlichen, das etwas immer so abläuft. Irgendwann hat man die Situation so oft durchgelebt, dass man schon von vornherein weiß wie es endet. Das gibt dann diesen schalen Beigeschmack. Das Bild des Hamsters im Hamsterrad macht das deutlich. ;)

Die Geschichte wird mir bestimmt noch ein Weilchen im Kopf rumspuken.

Soetwas lese ich natürlich gerne :)


Danke fürs Lesen und deine Gedanken dazu.

LG
Goldene Dame

 

Hallo Goldene Dame,

ich habe noch keine Kritik gelesen und wiederhole mich vielleicht.

Drogen lassen die Protagonistin und die anderen drumherum zügellos werden. Es ist aber keine Befreiung, die sie dadurch erlebt, sondern letztendlich eine Marter. Nicht nur, dass man den eigenen Körper mißbraucht, sondern auch noch im Dilirium andere. Es ist ätzend und du hast das gut geschildert. Die überdrehte, widerliche Stimmung kommt bei mir an.

Der Protagonistin sollte es gutgehen mit ihrem Geschenk, jedoch genau das Gegenteil ist eingetreten. Man weiß als Leser nicht, warum sie nicht mit ihrer Freiheit umgehen kann und wünscht sich nur, dass es nicht das ist, was sie sich insgeheim gewünscht hat, natürlich mit besserem Ausgang.

Eine gute Momentaufnahme ist dir hier mit dieser KG gelungen.

Einzelheiten:


Die Glut der Zigarette hat den Filter erreicht und Karin versengt sich ihre Lippen.
War das ein selbstgebastelter Filter, der brennt? Die herkömmlichen brennen ja nicht runter, so kann ich mir das Lippenversengen nicht gut vorstellen. Wenn du den Satz so läßt, dann aber bitte ansengen.

Wie idiotisch! Wie heiße Schwaden wabern Nikotin und Sangria in ihrem Bauch.
Zweimal wie

Nichts mehr fühlen, nichts mehr sehen, nur noch angenehme Leere in sich tragen will sie.
Ist diese Satzkonstellation Absicht?

Geschmeidiger fände ich:
Nichts mehr fühlen, nichts mehr sehen, nur noch angenehme Leere will sie in sich tragen.

Einige Leiber liegen währendessen mehr oder weniger bekleidet auf dem mit Chips und Ernüssen übersäten Boden und schnarchen weinselig ihren Rausch aus. Zwei Frauen liegen halbnackt neben den Eimern, aus denen die Strohhalme wie geknickte Autoantennen ragen.
Da gibts doch für ein liegen sicher eine Alternative.

Die Aufzählung von einerseits Leibern (Geschlecht unklar) und dann der Frauen (Geschlecht definiert) finde ich nicht so geschickt.

Eine dralle Brünette öffnet dem Ahnungslosen den Reißverschluss und befreit seinen Schwanz von der engen Hose und sich vom String.
aus der engen Hose

Die anderen Frauen lachen grölend, als das Luder sich auf den den Mann setzt, den Schwanz wie einen Dildo in sich hineinschiebt. Sie bummst den Mann lautstark stöhnend.
bumst / dann würde ich im zweiten Satz statt den Mann -> ihn nehmen

Ein Geschenk zum Vierzigsten Geburtstag, der Kurzurlaub für Mama in den Süden.
vierzigsten
Sie ist vollkommen ausgelaugt und wund, zwischen den Beinen, die Lippen, ihr Herz.
Der Satz ist für mich nicht stimmig. ... die Lippen, ihr Herz paßt für mich nicht zum vorderen Satzteil. Wenn du zwischen den Beinen schreibst, dann auch auf den Lippen, in ihrem Herzen. Ansonsten stolpere ich zu sehr. Dann würde ich auch nach wund ein Semikolon setzen.

Liebe Grüße
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo bernadette

War das ein selbstgebastelter Filter, der brennt? Die herkömmlichen brennen ja nicht runter, so kann ich mir das Lippenversengen nicht gut vorstellen. Wenn du den Satz so läßt, dann aber bitte ansengen.

Mir ist es passiert, als ich meine ersten Raucherfahrungen mit 14 gemacht habe. Ich habe mir die Lippen versengt, weil die Glut beim Ziehen an den Filter gekommen ist. ;):)

Vielen Dank fürs Lesen und deine stilistischen Anmerkungen. Ich lasse sie mir noch durch den Kopf gehen.


LG
GD

 

Hallo bernadette

Vielen Dank fürs Lesen und deine stilistischen Anmerkungen. Ich lasse sie mir noch durch den Kopf gehen.

So,endlich habe Zeit gehabt. :) Ich habe die Geschichte nochmals aufgrund deiner Anmerkungen überarbeitet. Was meinst Du?

LG
GD

 

Hallo Goldene Dame

Starkes Stück - Sinnfrage inklusive.
Sexualität verkommt zur exotischen Obsession, Deine Bilder massieren den Spagat zwischen Ehre, Selbstwertgefühl und Glaubensfreiheit. Wir haben alles gewinnbringend vermarktet, selbst die Privatsphäre. Fiedeln als letzten Lebensinhalt. Das goldene Kalb.
Es liest sich so, wie es geschrieben steht. Jedes Wort eine Wucht für sich, der Realität so nah wie der Satire. Ich bin beeindruckt.
Liebe Grüße
Detlev

 

Hallo Detlev,

Dein Kommentar liest sich wie ein Gleichnis. Ich deute es und fühle mich geschmeichelt. :)

Lieben Gruß zurück
GD

 

Hej Goldene Dame,

ich finde die Geschichte gut geschrieben, toll aufgebaut und sehr angenehm zu lesen.

Nur mit der Überschrift habe ich Probleme.
Ich verstehe schon, dass Du "Trunken" nicht im Sinne von einem ekstatischen, rauschartigen und grundsätzlich eher positiven Zustand verstanden haben willst, aber für mich klingt er danach (oder sehr altmodisch, fällt mir gerade auf) ganz im Gegenteil zum Zustand der Protagonistin, die auf der Suche nach Betäubung zwar eine Art Rausch erlebt, von dem sie aber - so ist mein Eindruck - schon vorher weiß, wohin er sie führen wird.

und keucht knisternd
Ich kenne Knisterbäder und Knisterkaugummis. Sogar Knisterschokolade. Aber knisterndes Keuchen? Ich schaffe es nicht, mir das vorzustellen.

Karin nennt es die Blaue Stunde
Nicht nur sie ;)

Viele Grüße
Ane

 

Hallo Ane

Nur mit der Überschrift habe ich Probleme.
Ich verstehe schon, dass Du "Trunken" nicht im Sinne von einem ekstatischen, rauschartigen und grundsätzlich eher positiven Zustand verstanden haben willst, aber für mich klingt er danach
Ich verstehe nicht, wie du darauf kommst, dass ich Trunken im Sinne von
begeistert, entzückt, schwärmerisch, euphorisch, verzückt nicht gemeint haben könnte.

Die Protagonistin ist trunken. Sie sucht nicht Betäubung.

Es geht um völlige Hingabe, um Kontrollverlust, um Selbstauflösung, die die Protagonistin in dieser "Orgie" auslebt.

Sie lebt es aus, indem sie dieses aus dem Alltagsleben heraushält.

Danke für deine Worte

LG
GD

 

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