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Tupperparty

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23.01.2002
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Tupperparty

Tupperparty

Tupperparties sind ein ‘muß’ für jede rechtschaffene Hausfrauenseele. Mindestens einmal im Leben. Bis der Haushalt jedoch durchgetuppert ist, bedarf es dazu natürlich mehrerer solcher konspirativer Treffen.

An die Einladung gelangt man für gewöhnlich in einem Nebensatz der Nachbarin oder ähnlicher Insider. Und beim ersten Mal stiefelt man ahnungs-los zum Mal-gucken-was-es-dagibt-Stelldichein. Der Hausherr hat mit wehenden Fahnen die Flucht in die Kneipe ergriffen und die Kinder dürfen bei Oma endlich in Ruhe fernsehen.

Irgend jemand spielt den Türöffner, während ein weiteres Blech Butterkuchen mit der Hausfrau ins Wohnzimmer schaukelt. Ein rotwangiges, etwas gestreßtes Hallo und “Häng dich da hinten irgendwo auf“ huscht an mir vorbei. Aus der Wohnstube dringt angeregtes Geschnatter und Tassengeklapper. Noch etwas scheu schreite ich der Geräuschquelle entgegen.

Die Tupperpriesterin zaubert gerade aus ihrer Reisetasche Mary Poppins-artig gigantische Berge von Tupperdosen und baut ihren Altar auf.

Der Eßtisch, der sonst normalerweise von fünf hungrigen Mäulern umzingelt wird, freut sich über den Aufstieg zum spirituellen Mittelpunkt. Die dicken Noppen des beige-braunen Tisch-überwurfes lassen die Türme bedenklich wackeln. Schon wird gemutmaßt, ob eventuell die marzipanrosa Deckel vom letzten Jahr gegen die neuen azurblauen einzutauschen seien.

Das zeitlos-eiche-rustikale Wohnzimmer ist von allen zur Verfügung stehenden Sitzgelegenheiten in einen belagerungsähnlichen Zustand versetzt worden. Unzählige schwere Hausfrauenbeine umrahmen den dadurch zierlich wirkenden Couchtisch. Die Bleche mit dem besagten Butterkuchen müssen sich mit den Tellerstapeln, den Tassen und den von der halben Umgebung zusammengeliehenen Thermoskannen den Platz auf dem Tischchen teilen. Für die ganz verwöhnten Schlemmerkatzen steht noch eine Schale mit Pralinen bereit.

Kenne ich außer der Gastgeberin noch jemand? “Ah, hallo, auch da? Wie geht’s? Was macht der Kleine?“ “Danke, gut. Und selber?“ “Ha, ja, auch.“ “Braucht noch jemand Milch?“ “ Du, dein Kuchen ist echt gut. Da krieg ich mal das Rezept.“ Die Schnittchen sind so handlich zerteilt, daß es nicht un-bescheiden wirkt, wenn man sich noch eines holt.

Nachdem die Tuppergemeinde das rituelle Mahl beendet hat und die Krü-melteller auf den strammen Schenkeln schwanken, gemahnt die Tuppergebieterin zur Einhalt. Dann verteilt sie zum Einstimmen erst mal die kleine Tupperbibel unter das erwartungsfrohe Volk. In aufopfernder Heimarbeit hat die Selbstlose bereits die Schreibta-feln mit Bestellzetteln bestückt und die Bleistifte diensteifrig gespitzt. Nun heften sich entgültig 26 Augen an ihre rotgetupperten Lippen, die sich zu-nächst die Novizinnen vornehmen und sie in die Geschäftsidee und -philosophie einweihen.

Mit einfachen Worten, ohne ihren Dialekt zu leugnen, versteht sie es, die Sprache der Gläubigen zu treffen und sie in einer großen geistigen Tupperfamilie zu vereinen. Besonders das Aufschließen der Neuen zum “Ich sage Ja zu Tupper“ erfordert ein besonders geschicktes und liebevolles Einfühlungsvermögen, da diese Ahnungslosen nämlich auch die stille Hoffnung der Hausfrau sind, die dann mit möglichst vielen Bestellsternchen ihren Tupperbestand aufstocken darf.

Die Trickkiste der Tupperzauberin ist schier unerschöpflich und es überfällt mich tiefe Scham, nicht schon eher die Erleuchtung durch die Kunststoffboxen empfangen zu haben.

Das der Kühlschrank durchgetuppert gehört, versteht sich von alleine. Da können Bakterien und anderes Getüm noch so an den bunten Deckeln zerren, da geht nichts raus und nichts rein, was nicht schon vorher drin war. Für die tumben Ehemänner, die alle Deckelchen aufreißen, ohne sie wieder ordnungsgemäß zu verschließen, wurden jetzt Klarsichtblenden zur Seiteneinsicht hineinkonstruiert. Als kleine Hilfestellung ließe sich dazu geschickt die Übersicht über die diversen Deckel mit Anleitung zum Öffnen und Verschließen in wiederverwertbarer Klarsichthülle an der Kühlschranktüre anheften. Dieser Hinweis befindet sich übrigens umsichtig-papiersparend auf der Rückseite des Bestellzettels.

Um die Lebensmittelüberwachung zu optimieren, wird daran gearbeitet, die Kühlschranktüren transparent zu konstruieren und Küchen- Kühl- und Tief-kühlschränke mit dem Heimcomputer zu vernetzen. Man hätte dann einen sofortigen Überblick über Inhalt, Ein-tupperdatum, Verzehrfrist und den Sauerstoffgehalt in allen gefüllten Vorratsboxen.

Sollte nun Person A aus der großen Hit-Parade eine Scheibe Wurst ent-nommen haben, würde Person B auf dem Bildschirm die kleine Hitparade oder wahlweise Julchen vorgeschlagen werden mit dem freundlichen Hin-weis, die Wurst herunterzutuppern in die nächst kleinere Einheit. Zur Optivakuumierung sollte Tupper an den Lebensmitteln anliegen wie eine zweite Haut.

Ein Anklicken auf ‘Menü’ würde aus den Nahrungsmittelbeständen die le-ckersten Rezeptvorschläge kreieren. Ist eine Box dann entgültig geleert, wird der gewonnene Stauraum sofort elektronisch errechnet und der virtuelle Kühlschrank kann mit dem Joystick neu eingerichtet werden.

Die daraus resultierende, täglich ausgedruckte Einkaufsliste soll in Zukunft mit dem nächstgelegenen Supermarkt verbunden werden, sodaß man nur noch zum Umtuppern, Abholen und Bezahlen zu kommen bräuchte.

Als Übergangslösung soll zunächst auf sämtlichen Lebensmittelverpackungen auf der Aufreißlasche ein Umtuppervorschlag vermerkt sein. Langfristig wird aber angestrebt, gleich ab Werk in Tupper hineinzuproduzieren und im Pfand-Tauschverfahren auf andere Verpackungsarten ganz zu verzichten.

Im Mehrpersonenhaushalt ist es rat-sam, sich zur Tuppersoftware auch gleich die praktische Lichtschranke für die Küchentüre mit integriertem Bewe-gungsmelder mitzubestellen, die alle Veränderungen anzeigt. Durch die ständige Verbindung zum Großrech-ner der Bestellabteilung bei Tupperware in Frankfurt könnten eventuelle Sortimentslücken sofort ausgeglichen werden.

Dann schreitet die Redselige zur buntschwankenden Kunststoffkulisse und führt mit geschickter Fingerfertigkeit die bedeckelten Behältnisse vor: Da gibt es die Familie der Eidgenossen, die sich so praktisch aufeinandersta-pelt, daß dem Kühlschrank die Luft wegbleibt. Daneben hält sich der Frissée im Frische-Pavillon knackig und das Kleingemüse aalt sich im Super-Star. Die Runden konkurrieren mit den Quadratischen, Julchen und Clarissa mit Naschkätzchen und Vesperle.

Und wenn die Küche zugetuppert ist, breiten sich Heinerle, Doppeltes Lottchen und Co. heimlich in Aktentaschen, Schulranzen und Handschuh-fächern aus. Ja, Schlemmerpagen und die Tischfeinen können sogar den lie-bevoll gedeckten Tisch zieren und glanzvolle Runden drehen auf dem in frechem beige gehaltenen Servier-Karussell. Endlich können die schnöden Porzellan-Platzteller durch die eleganten Plastikdeckel und gleichzei-tig Platzteller der großen Tafelperle ersetzt werden. Und das Himmelreich jeder Hausfrau ist nah, wenn sie als Gastgeberin in unerschöpflicher Krea-tivität mit Noblesse, Baronesse und Hostess die entzückensten Etageren voll leckerem Allerlei auf den Tisch zaubert.

Damit den lieben Kleinen nicht das gleiche Schicksal widerfährt wie ihren spätreifen Müttern, bekommen sie vom ersten Atemzug an bereits die F 17 Zauberkette oder das F 09 Backe-backe-Kuchen-Set, um der Mutti schon früh an die Hand oder aus dem Weg zu gehen; denn mit dem Kombi-Ball können sie sich bis zum Schulalter jahrelang alleine beschäftigen.

Die umweltbewußte Hausfrau fährt mit stolzgeschwellter Brust Groß-Kompaktus, den kleinen Eidgenossen und die Gefrierzwillinge wie einen Wurf Neugeborener im Einkaufswagen in den Supermarkt, um sich Wurst und Käse gleich servierfreudig in die Dosen drapieren zu lassen. Die Inhalte von Schachteln, Bechern und Umverpackungen werden an Ort und Stelle herausgeschält und in Klärchen, Campanile oder Panorama verstaut. Da mögen die anderen schuldbewußt und neidisch in den Boden versinken und sich nichts Sehnlicheres wünschen als auch in den Kreis der Betupperten aufgenommen zu werden.

Und wie friedlich könnte Weihnachten verlaufen: Der nimmermüden Hausfrau würde der lockerste Hefeteig in der Pengschüssel gelingen, die Zutaten säuberlich mit Maßliebchen vermes-sen und mit Frau Holle bestäubt. Candy würde den feinsten Teig bereiten und wenn das Plätzchen-Quintett die Teigplatte durchlöchert hätte, könnte Klein-Kevin mit seinem F 19 Kreativ-Mal-Studio die Plätzchen mit lustigen Motiven betuppern. Sie könnte Tag und Nacht backen, denn das zeitraubende Problem der Weih-nachtseinkäufe wäre mit der Tupperbi-bel schon längst gelöst.

Da wäre für jeden etwas Hübsches dabei: Für Papa die Aktentasche R 13 Büro-boy, die - mit warmen Wasser gefüllt - als Gesäßwärmer im Stadion ebensogute Dienste leisten könnte wie aufgeklappt unter dem Schreibtisch im Sommer als kühles Fußbad - eine wahrlich frische Idee. Für den Heran-wachsenden den formschönen spül-maschinenfesten Joint L 19 Hasch-mich - wahlweise in brombeer oder mint - mit Sicherheitsverschluß. Die Damen würden beim Anblick des Tuppercolliers
Q 03 in rasende Verzückung geraten. In kreativen Musestunden könnte die künstlerisch begabte Hausfrau die bunten Perlen zu unerschöpflichen Variationen zusammenfügen und damit immer farblich korrekt gekleidet sein.

Wer etwas mehr anlegen wollte, dem wäre zum ovalen Eidgenossen in et-was größerer Ausführung zu raten, der sich hervorragend dazu eignen könnte, den menschlichen Körper vor Ansteckung, Austrocknung und Alterung zu schützen und zu konservieren. Das könnte eine Lösung zum Schutz vor vielen bösartigen Krankheiten bedeuten. Natürlich dann mit dem vielseitigen Abtropfgitter und dem Deckel des Kompaktsystems, wobei man dann nach dem Ableben nur den Sonnendeckel nachzubestellen hätte. ...Mit dem Handballen kräftig auf die Mitte drücken. Sie hören, wie sich der Deckel schließt und die Luft entweicht - pfffffff.

Nachdem mit Beantwortung einiger Fragen die letzten Zweifel ausgeräumt werden können, ist der run zum Altar freigegeben, wo die Schächtelchen gierig aufgerissen, fachmännisch aufeinandergesetzt und nachgemessen werden, ob sie dem heimischen Küchenschrank nicht doch noch den letzten Kubikzentimeter Luft entlocken können. Hinter Klärchen wäre noch ein Plätzchen für die schöne Müllerin.

Eine Haushaltseinsteigerin scheint von ihrem frisch Angetrauten einen Freibrief bekommen zu haben und droht beinahe hemmungslos der Tuppermanie zu verfallen, wären da nicht ein paar weise Frauen, die sich ihrer annehmen und sie über die unabdingbare und notwendige Grundausstattung aufklären.

Mit gemischten Gefühlen verfolgen Gastgeberin und Tupperfee die ge-schäftsschädigenden Ratschläge, um ihr dann doch noch sanft zu gewissen Ergänzungen zu raten. Und wer weiß, wann die nächste Party stattfindet. “Sie können mich aber auch jederzeit anrufen und nachbestellen.“

Dann zittern die Bleistifte auf den Bestelldokumenten. Stolz diejenigen, die sich mit ansehnlicher Bestellung der Gastgeberin erkenntlich zeigen und ihr damit zu vielen Sternen auf der Tuppergewinnleiter verhelfen; sie führen oftmals heimlich eine Sammelbestellung des gesamten weiblichen Verwandten- und Bekanntenkreises mit sich. Etwas verlegen die anderen, die nur für sich und nur vier Wichtel und den kleinen Goldquell ankreuzen. O-der vielleicht doch noch das Tischlein-Deck-Dich? Der Neffe hat doch bald Taufe und wer weiß, wann die nächs-te... .

So, rien ne va plus. Die Damen schrei-ten artig und einzeln zur Lehrerin vor, um ihre Noten zu erwarten. Die rech-net flinkfingrig die Beträge zusammen und nennt vernehmlich die Summe. ‘Mensch, daß die sich so viel leisten kann, so sieht die gar nicht aus’.

Die Dame des Hauses unterdrückt mühselig ihre Erwartungsfreude und schenkt unterdessen mit gespitzten Ohren nochmal Kaffee nach. Die bei-den Größen 46 und 48 greifen sich noch ein Stückchen Kuchen und flö-ten: “Aber nur ein halbes, ich schaff kein ganzes mehr, sonst platz ich.“

Murmelnd bewegen sich die Lippen der Wahrtupperin und dann gebährt sie die Zahl: “1867 D-Mark. Anerken-nend raunend richten sich alle Augen auf die Gastgeberin. Die errötet leicht ob soviel Aufmerksamkeit und ihre Augen verwandeln sich in strahlend-kleine Sonnendeckel, die zum Tuppe-raltar hinüberwandern. Das muß ein trefflich Sümmchen an Sternen sein.

Auch die Tupperfee ist’s zufrieden, bemißt sich doch auch ihr Lohn nach der Tuppergläubigkeit ihrer treuen Fan-Gemeinde. Rasch erläutert sie die Modalitäten von Lieferung und Zah-lung und reißt dabei die Deckelchen von den Boxen, um sie wieder platzsparend in die Tasche zu schrumpfen.

Die Gastgeberin packt siegestrunken die Kuchenbleche und jongliert tupperschwanger in ihre Küche. Sie öffnet den Oberschrank und die Eidgenossen blinzeln ihr dankbar entgegen. Die Hausfrauenprozession ergießt sich wieder schnatternd ins Treppenhaus und Mary Tuppins läßt sich vom Ost-wind davontragen.

[Beitrag editiert von: Annettemeyer am 23.01.2002 um 20:08]

 

Hallo Annette!

Hab nicht viel gelesen (liegt am Thema), aber mir sind die Trennzeichen aufgefallen. Mach sie doch raus. Die stören beim Lesen.

Ansonsten viel Spaß auf kg.de!

 

Was mir anfänglich als Möglichkeit für eine köstliche Satire erschien, die ich erwartungsfroh zu lesen begann, entpuppt sich jedoch leider zu einer langatmigen Beschreibung einer Tupperparty. Mit anderen Worten, du hast deine Geschichte zugetuppert.Es fehlt mir der Biß,die Schärfe und Kürze, denn zwischendrin, ich hab die Geschichte stoisch Satz für Satz durchgekämpft, möchte man anfangen darum zu betteln, dass nicht noch mehr Produkte von Tupper beschrieben werden mögen. Auf meiner persönlichen nach oben offenen Satireskala würde ich dir allenfalls 0,5 Punkte geben, denn Ansätze von Satire sind schon erkennbar und das läßt hoffen, dass es von dir vielleicht bessere Satire gibt. ;)

 

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