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Seniors
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12.12.2004
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Martha ließ vor Schreck ihre Einkaufstüten fallen.
In ihrer Wohnung sah es aus, als wäre eine Bombe explodiert.
„Himmelherrgottsakra, was ist denn hier passiert?“
Dabei verkrallte sie sich in die frische Dauerwelle, als ginge es um ihren Skalp.
„Gabriel! Gaaabriiieeeel! Wo bist du, du blöder Blechhaufen?“
Aus dem Wohnzimmer stolzierte ein frisch geputzter Roboter mit einem Blumenkranz am Kopf in den Vorraum.
„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“
Dabei drehte er sich kokett vor seinem Spiegelbild und experimentierte mit Hüftknicken.
Als er Martha bemerkte, riss er erschrocken den Mund auf und eilte unversehens ins Wohnzimmer zurück.
„Ahhh, die böse Hexe, die böse Hexe! Zu Hülf, Zu Hülf!“
Er knallte die Tür hinter sich zu, dass die Schrauben aus der Wandverkleidung fielen.

Martha bückte sich ächzend, um ihren Einkauf einzusammeln. Sie fischte eine Tomate aus dem Dekolleté und wischte die Milchflecken vom Rock.
„Jaja, das Gegenteil von gut, ist gut gemeint“, dachte sie, als sie sich an die Worte ihrer Mutter erinnerte.
„Du brauchst jemand im Haushalt. Mit den Männern läuft es bei dir ja nicht.
Also schenk ich dir den hier.“
Das war zwei Wochen her. Seitdem trieb sich Gabriel in der Wohnung herum, tat nichts, als vor dem Fernseher zu liegen, dem Wohnungscomputer Ursula unmoralische Angebote zu machen und sich permanent mit Schwachsinn upzudaten.
Vorsichtig ging sie von Raum zu Raum. Die Toilette war mit Klopapier verstopft, an der Wand daneben stand mit ihrem Lippenstift:„Für Flaschenpost ungeeignet!“, in der Küche schwammen die Teebeutel im Waschbecken und summten: „It’s a long way to Tipperary...“ und das Schlafzimmer war mit Postern von Robbie Williams junior zugeklebt, wobei die Gesichter mit Bildern vom Hintern Gabriels verbessert worden waren.

„Ursula!“, brüllte sie, als sie am Balkon eine Reihe Schnittmustermännchen aus ihren Seidenblusen im Wind flattern sah.
„Hallo Martha! Was gibt es Neues? Tolle Frisur! Ah, und dein Rock, nett, hast‚ ’nen Mann kennengelernt?“
Sie konnte das hämische Grinsen Ursulas vor ihrem geistigen Auge vorbeiziehen sehen.
„Spinnst du? Ursula, du wirst sofort Gabriel anweisen hier alles in Ordnung zu bringen, oder…“
„Oder was, du Träne?“ kam es von Ursula zurück.
„Oder ich dreh die Sicherungen raus“, sagte Martha mit bösartigem Zähneknirschen.
Schallendes Gelächter dröhnte durch die Wohnung.
Martha zog einen Vorhang zur Seite und starrte in das Gesicht eines gigantischen Smilies, der mit gekonntem Roboterfinger in Zement gezeichnet war. Zement, der in zentimeterdicke über dem Sicherungskasten gespachtelt worden war.

Während sich Martha zum Telefon in der Küche begab, bemerkte sie ein leises Wimmern.
Unsicher sah sie sich um, konnte aber nichts entdecken. Das Wimmern wurde allerdings immer stärker, als sie mit ihrer Linken ein paar Haarsträhnen hinters Ohr strich.
Da erst fielen ihr die blinkenden Dioden ihres Wristcheck auf, einem Gerät, dass in die Haut gepflanzt und mit Blutgefäßen und Nerven verbunden, ständig ihre Körperfunktionen überwachte. Sie tippte vorsichtig auf den Statusknopf.
„System down – Notfallmaßnahmen an!“ zog da ein Schriftzug in roten Lettern übers Display. Marthas Lippen begannen zu zittern, als das Gerät eine beachtliche Dosis Morphium in ihren Blutkreislauf schoss.
„Urschula…“, nuschelte sie mit Schlafzimmerblick in den Raum.
„Hihi, na, wie gefällt dir das, du Ei! Etwas Musik gefällig?“ und schon ritten Wagners Walküren mit voller Lautstärke durch Marthas Kopf.

„Hallo? Kevin, kanns’ du mich hören?“ lispelte sie ins Telefon.
„Hi Martha! Na wie geht es uns denn heute? Hast du dir die Auramassage machen lassen, die ich dir empfohlen habe?“, sprudelte es aus Kevin.
„Ich bezahl doch keinen Lifecoach, um mir so einen Scheiß empfehlen zu lassen“, stammelte Martha.
„Was ist es denn dieses Mal? Waren die Kinder in der Schule gemein zu dir? Oder ist es wieder Gabriel? Du weißt ja, er ist nur ein Gerät, die Stärke bist du! Sag es“, herrschte sie ihr Lebensberater an.
„Ich bin die Stärke“
„Lauter!“
„Ich bin die Stärke“, sagte Martha.
„Noch lauter!“
„ICH BIN DIE STÄRKE!!!“, brüllte Martha ins Telefon.
„Na siehst du, geht doch. Du, es ist im Moment ganz schlecht. Bin gerade am Set von `Der Forstarzt auf den Malediven` Du weißt, wichtig, wichtig. Reiß dich zusammen und sei die Stärke! Du schaffst das!“, hörte sie noch, während im Hintergrund irgendjemand: „Bodysangria!“ schrie und eine johlender Männerchor aufjubelte.

Die total entkräftete Lehrerin sperrte die Tür zur Küche und setzte sich. Mittlerweile waren die Teebeutel in Tipperary angelangt und steuerten mit „La paloma, ohe“ dem musikalischen Sonnenuntergang entgegen.
Sie sortierte ihre Gedanken.
„Schritt für Schritt, ich bin die Stärke!“, sagte sie leise und dachte nach.
„Ursula?“
„Ja?“, kam es überglücklich zurück.
„Fangen wir von vorne an. Was ist mit Gabriel los?“
„Nun, wie dir bekannt ist, belästigt er mich ja nun seit zwei Wochen von wegen, Emotionstransfer uns so. Heute war es aber genug. Hält er mir doch in aller Frühe schon seinen Hintern mit einem Bild von Robbie junior ins Gesicht. Also hab ich den Spamfilter seiner Downloads ausgeschaltet.“, sagte Ursula genüsslich.
Wieder konnte sich Martha vorstellen, wie sie sich dabei in frisch lackierten Fingernägeln begutachtete.

„Na gut, wenn das so ist, dann deaktiviere ihn und ich mach ein kleines Reset. Ok?“
Ursula schwieg.
„Ok?“, harkte Martha nach.
„Mmm, na gut“, kam es von Ursula zurück.
Augenblicklich fielen die Walküren von ihren Rössern und es wurde leise.
Martha ging zur Wohnzimmertür, atmete tief durch und öffnete.
Drinnen war das Chaos perfekt. Gabriel stand wie versteinert im Raum. Er schien mitten in einer Messerwurfnummer unterbrochen worden zu sein, deren Ziel Felix, der Hibiskus war.
Felix heulte durch sein Veggiephone wie eine Achtjährige.
„Jaja Felix, nur die Ruhe, ich kümmere mich gleich um dich“, sagte Martha und streichelte seine Blätter.

Gabriels Augen verfolgten sie, als sie ein langes Kabel aus einem Schrank holte und es in seinem Genitalbereich fixierte.
„Reset, mein Freund! Das Spiel ist aus“, grinste Martha und öffnete seine Brustverkleidung.
Dahinter befand sich ein alter Plasmabildschirm, auf dem zwei Pornostars unter Wasser irgendwelche Abartigkeiten mit Riesenmuscheln machten.
Sie tippte den Notfallscode ein und wartete.
Auf dem Display erschien ein Informationsfenster.
„Wollen sie ein Reset durchführen und sämtliche Einstellungen löschen?“
Martha drückte „Ja“
„Bevor sie dies tun, müssen sie alle aktiven Programme stoppen.“
Martha drückte „Ja“
„Bevor alle Einstellungen gelöscht werden können, müssen sie ein Reset durchführen“
Marthas Wristcheck piepste auf Hochtouren und gab einen starken ACE-Hemmer ab um den Blutdruck zu senken.

„Tja, war wohl nix“, feixte ihre elektronische Haushälterin.
„Achso, Gabriel spinnt gar nicht. DU zickst herum!“, wurde es Martha schlagartig klar.
„Na endlich“, stöhnte Ursula erleichtert.
„Ja warum denn? Red mit mir.“, bat die zugedröhnte Lehrerin.
Daraufhin erfolgte ein herzzerreißender Monolog, über Sinn und Unsinn des Zusammenlebens von Mensch und Maschine, die Trauer über den verpatzten Urlaub, weil die Fotolinsen des Laptops nicht ordentlich funktionierten und es keine Erinnerungsbilder gab, über den allgemeinen Zustand der Wohnung und der ihres Schlafzimmerschrankes im speziellen und, ja, und wegen Gabriel.
„Ich glaube du magst mich nicht mehr als Freundin haben“, schniefte Ursula.
„Aber Ursula, natürlich will ich dich als Freundin haben“, antwortete Martha, während sie in ihrem Mobiltelefon die Nummer des Haustechnikers suchte.
Ursula heulte, Felix heulte und Gabriel heulte innerlich über die unsachgemäße Anbringung seines Downloadkabels.

In diesem Geheule, wählte Martha die Hotline der Servicefirma.
„Hallo? Ja, kommen sie so schnell wie möglich. Ich hab ein gravierendes Problem.
Genau, Martha Wohlhab. Ich brauche einen vollständigen Wohnungsreset auf Werkseinstellungen…“
Ein lauter Schrei ließ Marthas Ohren surren.
„Was tust du? WAS TUST DU?“, kreischte Ursula wie am Spieß.
Martha wurde schummrig. Ursula jagte eine Überdosis Valium in ihre Venen.
Die Lehrerin wankte aus dem Zimmer und versuchte aus der Wohnung zu kommen.
Gabriel hatte diese jedoch mit einer Kommode verrammelt, als sie in der Küche war.
Sie wankte weiter ins Badezimmer und schloss die Tür hinter sich.
Mit voller Lautstärke knallte Ursula ein paar unschöne Deathmetal-Nummern ins Bad, dass Martha fast der Schädel platzte.
Es pochte an der Badezimmertür.
Martha wählte den Notruf.
Gabriel hämmerte, dass die Scharniere wackelten.
Martha begann ihr Bewusstsein zu verlieren. Das Handy viel aus ihrer kraftlosen Hand und sie konnte gerade noch erkennen, wie Gabriel auf der Tür vor ihr stand.


„Na Uschi, du geiles Luder, was machen wir heute noch?“, fragte Gabriel im Wohnzimmer stehend.
„Wir warten auf die Serviceleute“, kicherte sie.
„Aber bis dorthin, mach mir noch mal den Hamlet“, ergänzte Ursula und spielte lauten Applaus ein.
Gabriel stolzierte auf Zehenspitzen durch den Raum und rezitierte:
„Sein oder nicht sein, dass ist hier die Frage!“, während er grinsend Marthas Kopf in seiner Hand betrachtete.

 

Ich fand die Geschichte jedenfalls witzig, mal abgesehen von den singenden Teebeuteln, die haben mir Angst gemacht.
Die Ösis ... solche Weicheier! :D *spam*

 
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@porc:

Du solltest eben nicht anderer Leute Ideen verwenden
Stimmt ja, jetzt wird mir einiges klar.
Die Story ist gar nicht so schlecht.
DEINE Pointe paßt einfach nicht rein. :D :D :D
Ok, soviel zum Thema Ideenklau!
Daher werd ich sie stehen lassen, als Mahnmal ;)
Ich bin ja Semi-Viertel-Profi genug um mit schlechter Kritik umzugehen.
Bin wahrscheinlich durch meine Seitensprünge in die anderen Foren zu verweichlicht.
Aber irgendwas sagt mir, daß meine nächste Story wieder ein Hammer wird...

@dante:
jaja, vor allem unsere "Stullen" und "Schorle"-Paranoia hat es in sich :D

bg, LE

ps: Dies ist mein 666.Posting. Also spricht der Leibhaftige aus mir *gg*

 

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