Vier Buchstaben (Zeit des NS-Regimes)
Ich sehe auf die vielen Menschen, die hier in aller Frühe zusammengepfercht wurden. Jetzt hocken sie da. Schwer zu sagen, wie viele es sind. Hundert? Zweihundert? Ich habe den Überblick verloren.
Es ist kalt. „Die Menschen frieren bestimmt“, denke ich. Zusammengekauert, zitternd und weinend hocken sie da im Schmutz und warten darauf, dass etwas passiert.
Ich kann den Blick nicht abwenden. Wie gebannt starre ich in die Menge. Mir fällt auf, wie viele Kinder unter ihnen sind, mindestens die Hälfte von ihnen sind Kinder. Verängstigt und weinend. Zu jung, um zu begreifen, was hier passiert.
Und ihre Mütter. Verzweifelt und hilflos. Unfähig, ihre Kinder zu beruhigen.
Es sind nur wenige Männer unter ihnen. Warum sind eigentlich nur so wenige Männer unter ihnen? Ich suche eine Antwort, finde aber keine.
Alle tragen sie den Stern. Gelb leuchtet er mir von Hemden und Mänteln entgegen. Bestickt mit vier Buchstaben, mit den vier Buchstaben, die für alle diese Menschen den Tod bedeuten.
Sie haben verstanden – verstanden, dass sie hier sind, um zu sterben. Ich kann es in ihren Augen sehen.
Ich ertrage ihre Blicke nicht, das Leid, die Angst. Ich weiche ihnen aus, sehe hinab auf meine Stiefel, meine Uniform, mein Maschinengewehr.