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VL - eine Cyberpunk Geschichte

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17.08.2001
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VL - eine Cyberpunk Geschichte

Titel: VL
Genre: SF (Cyberpunk) / Spannung / Action
Kurzinhalt: Dodger macht den größten Hack seines Lebens, begeht aber dabei einen entscheidenden Fehler.
Länge: 63.500 Zeichen / 16 DIN A4 Seiten

VL

Der Nachthimmel hatte ein krankes schwarzgrau. Es erinnerte Dodger an einen übertakteten Grafikchip, der nur noch unerkennbare Artefakte ausspuckte. Aus dem Dead Dancin´ Monkeys Club drangen die Bässe bis auf die Straße.

Der Monkeys Club war eine Art Asyl, ein Zufluchtsort für alle, die das RL, das Real Life, das "echte Leben" nicht lange genug aushalten konnten. Der Eintritt in den Club verminderte zumindest kurzzeitig den Schock, den man erlitt, wenn man wieder in die erste Realität ausgeworfen wurde, mit all ihren Behinderungen und Einschränkungen.

"Konban ha, Dodger-san."
"Kein Grund übertrieben freundlich zu werden", entgegnete Dodger dem Türsteher scherzend, "Was gibt’s neues?"
"Baby Bell hat schon nach dir gefragt. Er wartet drinnen auf dich."

MJ Calysto legte heute auf. Die Beats schoben einen langsam vorwärts in die Menge während Außerirdische in ihrer Elektrosprache dazu kommunizierten. Aufgepeppt wurde das ganze noch durch den merkwürdig passend-unpassenden Einsatz von Jazzsaxophonen. Der Club war relativ klein. Auf der zentralen Fläche wurde eng getanzt, Laser feuerten in die Menschen. Der holographische Projektor zeigte ein Video mieser Qualität, daß jemand aus aktuellen Nachrichten, Katastrophenbildern und Werbeschnipseln geschickt zusammengesetzt hatte. Baby Bell befand sich hinten in einem abgeschiedeneren Bereich, der für die eigentliche Szene vorbehalten war.

Chris "Dodger" Jamestown war ein unauffälliger Typ. Ein durchschnittlicher Weißer mit durchschnittlicher Größe und durchschnittlichem Aussehen. Letzteres war sogar etwas unterdurchschnittlich verglichen mit den Gesichtern und Körpern von der Kleiderstange der kosmetischen Chirurgie. Sein leicht asiatischer Einschlag war gerade nicht in Mode, was sich in ein paar Monaten wieder leicht ändern konnte. Sollte japanischer Retro-Pop der Trend des kommenden Herbstes werden mußten sich wieder alle umschneiden lassen. Selbst sein Outfit war ordinär öde - Shirt und Jeans aus synthetischem Baumwollduplikat. Bei den meisten Läden wäre er damit nicht einmal an der Gesichtskontrolle vorbeigekommen. Anders im Dancin´ Monkey, hier war er König. Mit 23 Jahren gehörte er schon zu den aussterbenden Veteranen. Kaum war er in der Lounge angekommen heftete sich ein kleiner Trupp von Wannabees und Larven an ihn, die mit dem üblichen Chitchat besänftigt werden wollten. Stimmte es, daß er die First Hawaiian Bank gehackt hatte? Daß er das ganze Abendprogramm von ATC1 gekippt hatte, nur um seinen Lieblingsfilm sehen zu können? Daß selbst der Secret Service ihn nicht zu fassen kriegte? Solche Gerüchte wollte er weder bejahen noch dementieren. Es sollte nur klar sein: er war ein Wizard, einer von der Elite, der nur wenige angehörten, von der aber viele träumten dazuzugehören.

Joe "Baby Bell" Ledok machte seinem Namen alle Ehre. Er war ein fettes, schwitzendes Schwein. Seinen Nick hatte er von seinem Interesse an historischer Telekommunikation. Zur Hölle, er könnte sogar eine der alten Relaisstationen umprogrammieren wenn es sie noch gäbe. Sein eigentlicher Hauptberuf war aber die Datenschieberei. Information war alles was zählte. Ein AT&T T-Shirt mit dem Todesstern umspannte seinen dicken Wanst.

"Dodge, was hat dich solange aufgehalten?" Er schob sich zu ihm durch, allein seine Masse ließ die anderen respektvoll zurückweichen.
"Hi Baby! Hör zu, ich hab nicht viel Zeit. Laß uns gleich zum geschäftlichen kommen."
"Sicher, sicher." Joe machte ein leicht entrüstetes Gesicht. Wie konnte man nur die Gelegenheit für eine gute Party auslassen? "Dann darf ich sie in mein Büro bitten."
Chris warf noch einen kurzen Blick auf die Mädchen, die sich normalerweise in Babys Dunstkreis aufhielten. Die Kleine mit den schwarzen Haaren sah nicht schlecht aus.

Das Büro war nur ein einfaches Hinterzimmer mit einem alten Tisch, einer Konsole mit dem besten Zugang zum System, den man sich wünschen konnte, und genügend versteckten Abwehrmaßnahmen, um den Raum elektrisch schalldicht zu machen.
"Ich hoffe du hast meine Sachen."
Als Antwort darauf wühlte Baby in einer Schublade, aus der er einen Datenchip zutage förderte.
"So so, du willst dich also mit dem alten Finnen anlegen, hmmmm?" Aus Joes wulstigen Lippen klang es mehr nach einer Provokation als einer Frage. Der Chip war in einem Halterungsschlitten auf ein Styropor gesteckt und vakkumverschweißt. Das Tütchen sah noch winziger aus als es ohnehin war, als er es zwischen Daumen und Zeigefinger vor sich hinhielt. Als ob er direkt hinein schauen und es auslesen konnte.
"Das geht dich gar nichts an!"
"He, wohl etwas gereizt?" Die Tüte verschwand wieder in seiner Hand. Er ging um den Tisch herum und warf sich in den carbonverstärkten verfahrbaren Stuhl, der ohne zu ächzen sein Gewicht dämpfte. "Direkter Paßwortzugang zur Sicherheitsstufe Blau der NBCNA. Mindestens haltbar: 3 Tage. Haben meine Jungs für dich aus dem Müll gezogen. Chrisilein, ich habe den Eindruck, daß du einfach nur den Verstand verloren hast, oder ich sehe etwas grundsätzlich falsch."
"Ganz im Gegenteil. Das wird mein größtes Projekt, und es wird mein größter Erfolg werden", Chris sah sich die Scans alter NFL Spieler an, die auf altmodischem Papier ausgedruckt an der Wand hingen. Noch so ein historisches Hobby von Baby: Football, bevor die Verwendung leistungsteigernder kybernetischer Implantate legalisiert wurde. Selbst heute ist das Zeug noch so teuer, daß es in den fünf- bis sechsstelligen Bereich geht. Er warf einen imaginären Football weit über das Feld: "Ein Touchdown, von dem man noch in Jahren sprechen wird. 50 Yard, 60, 70!" Der Spieler war im gegnerischen Feld angelangt und vollführte seinen Freudentanz. Die Menge jubelte.
"Vielleicht wäre es nur einfach besser den Ball so weit wie möglich wegzutreten wenn der andere schon so dicht vor dem eigenen Feld steht. Dodge, hier hast du keine vier Versuche", aus seiner Stimme klang fast etwas wie väterliche Besorgnis, "Ich habe das Gefühl, daß wir uns so oder so lange Zeit nicht wiedersehen werden." Er reichte ihm das Päckchen hin. Dodger tauschte es gegen eine Cashkarte von 5000 Credits, clean, die sich nur auf ein anonymes Konto in Singapur zurückverfolgen ließen.
"Als ist doch etwas dran an dem Gerücht, daß man sich über Nokia erzählt?"
"Joey, Auskünfte über Spekulationen war nicht im Deal inbegriffen."
Noch bevor Dodger sich wehren konnte war der große Baby Bell herangekommen und umpackte ihn unbarmherzig an den Schultern.
"Dann laß uns zum Abschied wenigstens noch etwas feiern. Als ob ich es schon geahnt hätte habe ich dir etwas organisiert, daß dir gefallen könnte!"
"Ich hab dir doch gesagt, ich habe keine Zeit."
"He, enttäusche mich nicht. Dann bestätige mir wenigstens, daß ich noch guten Geschmack besitze, hmm?"

Kaum aus dem Büro herausgekommen bestellte Bell mit einem Wink Richtung Bar eine seiner üblichen Runden. Die Mädchen saßen zusammen und tuschelten. Eine hatte den aufgedrehten hypnotisierten Blick eines irren Honigkuchenpferdchens, daß sich zuviel der wieder aufgekommenen Magic Mushrooms eingeworfen hatte. Die Schwarzhaarige, die ihm gleich aufgefallen war, hielt sich etwas abseits von ihnen auf. Sie ging direkt auf ihn zu, als ob sie ihn erkannt oder auf ihn gewartet hätte.
"Hi, du mußt Dodger sein! Ich bin Lora. Können wir bald losgehen, ich halt’s hier nicht länger aus? Baby hat gesagt das alles in Ordnung geht?"
Wie ein erschrecktes Tier sprang Chris von ihr weg und zog Joe "Baby Bell" Ledok zur Seite: "Okay Joe, ich weiß deine Großzügigkeit zu schätzen, ich steh aber nicht auf deine üblichen Mädchen! Was soll das bitte schön?"
Joe bebte vor Lachen als er die Panik in seinen Augen sah. Ihn schien das köstlich zu amüsieren.
"Jetzt krieg dich mal wieder ein. Es ist nicht so wie du denkst. Sie braucht dringend einen Platz zum schlafen, weil sie sonst nirgends unterkommt. Hat mir den ganzen Abend irgendwas vorgeheult und mir irgendeine Story von was weiß ich erzählt. Da hab ich ihr gesagt daß sie bei dir pennen kann."
"Bitte was?"
Bell hatte fast Tränen in den Augen. Für ihn war das so eine Art Witz.
"Kleiner, entspann dich mal etwas. So wie ich das sehe brauchst du etwas Abwechslung. Gib’s doch zu, sie ist dein Typ. Man, du hängst soviel im Netz, du weißt wahrscheinlich nicht mal mehr wie eine echte Titte aussieht!"
Joe lachte noch mehr und verschüttete damit fast sein neues Bier. Die doppelte Anspielung auf das "echt" fand er besonders gelungen. Dodger lächelte gequält. Ihn beschäftigte gerade vielmehr ob der neue Code wirklich für einen unerkannten Zugang zu Ebene Blau reichte, oder ob er dafür eine mutierte Form brauchte. Als erstes mußte er ihr klarmachen, daß es nicht so lief wie sie sich das vorstellte. Seinetwegen konnte sie doch in der Gosse pennen, was kümmerte es ihn. Nokia hatte Vorrang. Er stellte sich ihr. Sie hatte große, flehende, rehbraune Augen.

In der U-Bahn, auf dem Weg zu ihm nach Hause, schwiegen sie sich an.

***

Im zweiten Stock angekommen zog Dodger seine ID-Karte durch das Türschloß, die sich mit einem leisen surren öffnete. Er hatte eine einfache, normale, mittelständische Wohnung. Mehr wäre einfach unnötiger Luxus gewesen. Normal, sah man einmal vom ständig herrschenden Chaos ab. Der zentrale Wohn- und Arbeitsbereich mit offener Küche war zu einer Werkstatt umfunktioniert worden. Die Hälfte der hinteren Wand wurde von einem großen und sehr teueren Flachbildschirm beherrscht - nach Norm kalibriert. Überall verteilten sich weitere Plasmamonitore und Rechner, meistens waren die Gehäuse nicht einmal mehr geschlossen. Von der Decke hing ein holographischer Projektor, eine für ihn weit sinnvollere Investition als etwa ein Sportwagen. Das Herzstück war allerdings die VR-Einheit, die in ihrer Black Box den Blick magisch auf sich zog. Dodger machte sich sofort an die Arbeit. Er schwang sich in seinen Stuhl, befreite das Styropor aus der Tüte und nahm den flachen Chip mit einer Pinzette vorsichtig aus der Halterung. Dann legte er es in den Schlitten eines Adaptermoduls, das zugeklemmt wurde. Das Modul war in einer Schublade montiert, die schließlich in eines der Gehäuse eingezogen wurde. Der Projektor erstellte daraufhin ein dreidimensionales, holographisches Abbild von Babys Codeschlüssel. Es entfaltete sich im Raum als eine Art molekulare Struktur, und in der Tat war seine Funktion der seines biologischen Vorbildes nicht unähnlich. Das Bild war absolut scharf und ruhig. Dodger startete mehrere Analyseprogramme um mehr über den Verschlüsselungsalgorithmus zu erfahren.

In Lora staute sich die Wut auf. Seit sie aus der Disco heraus waren hatte er sie ignoriert, und nun ließ er sie tatsächlich fünf Minuten völlig unbeachtet in der Ecke stehen. Als ob sie nichtexistent wäre.
"Aha, sehr interessant!"
"Es hat eine sehr instabile Struktur und wird sofort kollabieren, sobald man versucht an den Genen herum zuspielen. Aber davon verstehst du sowieso nichts." Er wendete seine Hauptaufmerksamkeit nun einem anderen Monitor zu, der die Rohdaten als simulierte Nukleotidfolge darstellte.
"Woher willst du das wissen? Vielleicht habe ich mehr ..."
"Du kannst auf dem Sofa schlafen", unterbrach er sie. Lora kämpfte mit den Tränen.
"Das war doch das, was du wolltest, oder?" Er sah sie scharf an. Trotzig hielt sie seinem Blick stand, dann gewann wieder ihre protestierende Seite die Oberhand.
"Okay! Wenn in diesem Haus mir nicht einmal was zu trinken angeboten wird muß ich mich wohl selbst bedienen." Zornig stapfte sie in die Küche um nach etwas alkoholhaltigerem zu suchen. Dodger verdrehte die Augen. Er versuchte zuerst einmal ein Backup des Codes zu machen, mit dem er gefahrlos experimentieren konnte.
"Verdammt, mußt du dabei so einen Krach fabrizieren?"
"Sag einmal, von was lebst du? Saft und Pepsi? Wo sind die Gläser?"
"In der Küche!"
Es war für sie unschwer erkennbar ein eindeutiger Singlehaushalt. Schließlich mußte sie sich doch mit Saft zufriedengeben. Es war echter!
"Und ich werde nicht auf dem Sofa schlafen! Wo ist dein Schlafzimmer?"
Dodgers Stirn legte sich in Falten. Wieso bitte eine korrupte Kopie? Mit was soll es dann Baby kopiert haben wenn es hier nicht geht? Trottel, er hatte vergessen ein paar Optionen einzuschalten.
"Kein Problem, ich werde es auch alleine finden! Und daß du nicht einmal auf den Gedanken kommst ... !"

Zufrieden lehnte sich Dodger zurück. Es würde nun kein Problem mehr sein die Sicherheitsstufe Blau zu überwinden. Getarnt als leitender Projektmanager Dean Ladavac konnte er fast hineinspazieren. Das mußte reichen, zumindest für den Anfang. Die persönlichen Daten und Bio des Managers hatte er sogar schon in seiner Datenbank gespeichert gehabt. Die vorbereitende Arbeit mehrerer Monate würde nun in kürze ihre Früchte tragen. Nokia Bio-Cybernetic Networking Amerika mußte ihm sein Geheimnis enthüllen. Während er so dahin träumte öffnete sich die Tür zum Schlafzimmer. Lora stand in der fahlen Lichtöffnung. Seine Augen hatten sich bereits an die Dunkelheit adaptiert. Sie hatte ein kurzes Nachthemd an, oder ein langes Shirt. Zum ersten mal fiel sie ihm so richtig auf. Eine zierlich schlanke Figur. Ein stupsnasiges Gesicht mit einem kecken Blick. Kurze, struwwelige Haare.
"Hörst du wohl auf zu glotzen! Wo ist dein verschießenes Bad?"
"Äh, da hinten." Er zeigte mit dem Finger in die ungefähre Richtung, an die er sich noch erinnern konnte. Das waren Beine! Er würde heute nacht von zwei Dingen träumen: Nukleotidketten und Beinen.
"Dann wünsche ich dir noch viel Spaß auf dem Sofa", lästerte sie.

***

Chris lag in einer merkwürdig verdrehten Position auf dem Sofa. Lora schlich im Zimmer umher. Man konnte nicht sagen ob die Sonne schon aufgegangen war weil hier scheinbar ewige Nacht herrschte. Es hätte sie nicht gewundert wenn es überhaupt keine Fenster gegeben hätte. Sie suchte zuerst in seiner Jacke. Dann tastete sie seine Hose, die er noch immer anhatte, nach Taschen ab. Sie zog mit Fingerspitzen seine Geldbörse heraus. Innen kamen ihr jede Menge Plastikkarten entgegen, die sich fast gleich auf dem Sofa verteilt hätten. Mit beiden Händen mußte sie die Chipkarten durchgehen. Chris stöhnte. Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Er wälzte sich nur in eine andere Position. Sie beeilte sich mehr, da, sie hatte die Karte gefunden. Sie steckte sie ein, stopfte dann die restlichen in einer möglichst gleichen Reihenfolge zurück in die Börse. Mist, er war jetzt mit seiner rechten Seite an der Rückenlehne. So kam sie schlecht wieder an seine Hosentasche heran. Notdürftig versuchte sie alles wieder hineinzustecken. Dann schlich sie zur Türe hinaus, sorgsam bedacht die Türe leise ins Schloß fallen zu lassen.

"Wie spät ist es?"
Eine eher unnötige Frage. Seine interne Uhr blendete im unteren Gesichtsfeld 10:13am an. Es schlief sich sau unbequem auf dem Ding. Sein Schädel pochte ein wenig. Das nächste mal würde er ein Liegesofa kaufen, das schwor er sich. Gequält stand er auf. Der Inhalt seines Geldbeutels verstreute sich auf dem gesamten Fußboden.
"So eine Scheiße!"
Lauter unnötiger Dreck hatte sich darin wieder angesammelt. Höchste Zeit einiges auf einer Karte wieder zusammenzupacken oder ganz wegzuschmeißen. Dazu war er nur zu faul, und irgendwie mußte er immer alles bei sich haben. Cashkarte. Visitenkarte. Irgendwelche Gespräche die er sich als Schnellmemo mit aufgezeichnet hat. Codeschlüssel für Lagerhallen, die er vor Ewigkeiten mal als Unterschlupf benutzt hatte. Jetzt hatte er alles eingesammelt. Nur das wichtigste fehlte. Er ging noch mal alles durch, er fühlte wie sein Puls anstieg.
"Ach Scheiße, das darf doch nicht wahr sein!"
Hatte er es irgendwo liegengelassen? Hitzig suchte er seinen Arbeitsplatz ab. Das gab’s nicht, er hatte seine ID Karte immer bei sich.
"He", wie hieß dieses Mädchen nochmal? "Lora! Hast du vielleicht meine goldene Chipkarte gesehen? Lora?"
Er klopfte an seine Schlafzimmertür.
"Verdammt, pennst du noch?"
Er schlug mit der Faust an die Tür.
"Laß die Witzchen! Ich komm jetzt einfach rein ..."
Er riß die Tür auf. Leer. Ein grauenhafter Verdacht kam in ihm auf. Er rannte fast zum Bad. Leer. Küche. Leer.
"Verdammt, die Schlampe hat mich beklaut!"
Dodger mußte das zuerst einmal in sein Hirn bekommen. Sie läßt sich von ihm einquartieren und beklaut ihn dann! Er war aufgeschmissen. Alles war drauf: Personalausweis, Kopien der Daten für seinen anonymisierter Netzzugang, Zugang zu seinen wichtigsten Konten, sogar der verdammte Haustürschlüssel. Was sollte er jetzt machen? Nokia konnte er damit glatt vergessen. Wenn seine Daten in die falschen Hände gerieten hinterließ er für denjenigen eine breite Leuchtspur wenn er ins Netzsystem eintrat, weil sie dann genau wußten nach was sie Ausschau halten mußten. Prima Rückverfolgungsmöglichkeit, damit hätten sie ihn mindestens 30 Sekunden früher am Wickel. Nein, so konnte er keinen Hack machen, das war ein zu großes Sicherheitsrisiko. Da konnte er sich gleich "Bitte nehmt mich fest!" mitsamt Wohnadresse auf den Rücken pinseln. Wo bekam er auf die schnelle einen neuen Zugang her? Zuerst einmal mußte er seine Konten sperren lassen! Plötzlich tat sich etwas an der Tür. Irgendjemand öffnete die Tür. Wahrscheinlich mit seiner ID. Dodger fuhr herum. Herein kam Lora, bepackt mit Tüten.
"Hi!"
Er stellte sich ihr in den Weg und schlug ihr mit dem flachen Handrücken ins Gesicht.
"Was machst du mit meiner verdammten ID Card? Wolltest du mich beklauen? Hat Baby dich geschickt?"
Sie ließ die Tüten fallen. Hamburger und Fritten verteilten sich über den Boden. Tränen schossen ihr in die Augen.
"Bist du jetzt völlig übergeschnappt?" brachte sie noch heraus.
"Wer hat dich geschickt? Los, sag es schon!"
"Du kannst mich mal! Ihr könnt mich alle mal! Hier hast du deine scheiß Karte." Sie warf sie irgendwo in den Raum hinein, möglichst so daß er danach suchen durfte. "Ich hab uns, ich hab uns Frühstück besorgt, irgendwie mußte ich doch wieder reinkommen in deine scheiß Wohnung."
Sie wäre jetzt weggelaufen hätte er sie nicht an ihrer Schulter festgehalten. Sie schlug seinen Arm weg, Tränen liefen ihr die Wangen runter. Verlegenes Schweigen füllte den Raum.
"He, Cheeseburger! Woher hast du gewußt ..." versuchte er die Stille zu brechen. Jetzt fing sie richtig zu weinen an.
"Was hast du? Okay, ich war ein Idiot, ich hätte dich nicht schlagen sollen."
"Das ist es nicht."
"Was ist es dann?"
"Das kann ich dir nicht sagen."
"Wieso nicht?"
"Weil du mich dann erst recht rausschmeißen würdest, das ist es!" schrie Lora ihn an. "Weil du es nicht verstehen würdest, deshalb. Es ist eh aus, es hat ohnehin keinen Zweck mehr. Kann ich nicht noch ein paar Tage bei dir bleiben?" flehte sie ihn an. Sie kramte ein paar zerknitterte Geldscheine heraus und hielt sie ihm hin. Die Währung der Straße. "Ich kann auch zahlen. Das letzte was ich habe."
"Was soll das? Natürlich kannst du bleiben. Du darfst auch meinetwegen das Bett haben."
Betreten starrte sie auf ihre Füße. Gern hätte er sie jetzt getröstet, aber er war hoffnungslos überfordert damit.
"Also komm, erzähl mir davon. So schlimm kann es schon nicht sein. Vielleicht kann ich dir helfen."
"Wie willst du mir helfen?"
"Hast du mein ganzes technisches Spielzeug nicht gesehen? Das steht nicht umsonst da. Ich bin ein Hacker, und ein verdammt guter dazu noch. Es gibt kaum etwas, was ich nicht damit regeln könnte."
"Wir haben einen Mann erschossen."
"Du meine Fresse, was hat Baby mir da nur angedreht."
"Ich hab's dir doch gesagt." Wieder weinte sie.
"Und wer ist wir?"
"Ich und die Jungs."

Lora erzählte ihm ihre ganze Geschichte. Wie sie meistens mit den Jungs zusammen herumhing. Die Jungs machten dabei vielmehr den Eindruck einer Gang. Vorgestern müssen sie dann ziemlich high gewesen sein - nur so kann er es sich erklären, wie man derart bescheuert gewesen sein kann nachts einfach so in eine in eine Tankstelle zu gehen und die Kasse zu fordern. Sie hätte das natürlich vorher nicht gewußt. Auf jeden Fall lief es nicht so wie sie es sich vorgestellt hatten. Einer hatte eine Waffe dabei und die Situation ist eskaliert, wobei sie den Kassierer erschossen haben. Das Ergebnis waren einige lausige Dollar, ein paar Dosen Bier, wahrscheinlich sehr nette Aufnahmen von den Überwachungskameras, Fingerabdrücke, Hautschuppen, Haarzellen und sonstiges genetisches Beweismaterial. Er hatte keine Ahnung wie sie dann auf Baby oder das Dancin' Monkeys gekommen ist. Sie wußte nicht wo sie unterkommen oder was sie jetzt überhaupt machen sollte.

"Okay, hör mal zu! Ich würde mir jetzt gar nicht mal so viele Gedanken darüber machen. Es gibt jede Menge solcher bewaffneter Überfälle. Das erste was sie tun ist die Beweismittel am Tatort aufzunehmen, sie zeichnen alles mit der Kamera auf, etcetera. Das ganze kommt dann in ihr riesiges Archiv und die Daten werden in ihr Rechnersystem eingespeist. Dann lassen sie einen Standardcheck darüber laufen, Vergleich mit FBI Akten, den meistgesuchten Kriminellen, Vorbestraften. Wenn das nichts hilft gehen sie alle Einwohnerdaten der Stadt durch und erweitern den Suchradius bis zu einem gewissen Bereich. Die Erfolgsquote liegt dabei bei 80%, wenn man nicht gerade eine gefälschte Idendität besitzt oder man sich sonstwie dem System entziehen konnte." Lora schaute ihn ganz verängstigt an. Dabei wollte er ihr nur sachlich die Lage verdeutlichen. "Da die Bullen so mit Arbeit überhäuft sind kann es oft mehrere Tage, wenn nicht gar Wochen dauern, bis ein richtiger Mensch die Akte über euren Fall wieder zu Gesicht bekommt."
"Scheiße, was mach ich jetzt? Die haben mich doch schon so gut wie!"
"Nein, du verstehst mich wohl nicht ganz", er grinste dabei über beide Backen, "Du bist wahrscheinlich schon eine aktenkundige Straftäterin. Beihilfe zu einem bewaffneten Raubüberfall mit Todesfolge. Das sind 3 bis 5 Jahre, vielleicht auf Bewährung wenn man Glück hat." Sie starrte ihn mit im Schock aufgerissenen Augen an.
"Aber es weiß noch kein Mensch! Außer dir, mir und dem Police Department Hauptrechner weiß es kein Mensch. Gut, deine Akte beim FBI muß auch noch frisiert werden. Spätestens jetzt hast du eine." Er sagte das alles mit solcher Begeisterung als würde er sich darüber freuen.
"Das heißt, dann dann kannst du was machen?" stotterte sie heraus.
"Kein Problem! Ich muß nur ..."
"Danke! Danke!" fiel sie ihm um den Hals. Fast verlegen drückte er sie von sich weg. Befreit kramte er eine seiner Karten heraus.
"Paß auf! Ich geb dir jetzt 1000 Credits auf dieser Karte. Kein Paßwort, ist cash. Davon gehst du jetzt schön einkaufen, besorgst uns was zum essen und gönnst dir was. Hau ruhig alles auf den Kopf. Vergiß die ganze Sache hier und laß mich meine Arbeit machen, ich brauch jetzt keinen der um mich herumtanzt und mich ablenkt, okay?!"
Sie wußte gar nicht wie sie sich einkriegen sollte. Es bedurfte noch ein wenig Überredungskunst bis er sie los war: "Die nächsten 5 oder 6 Stunden brauchst du gar nicht auftauchen, hast du mich verstanden? Hier, nimm den Zweitschlüssel. Und frag mich das nächste mal bitte, wenn du wieder einen brauchst!"
In was hatte er sich da nur wieder reingeredet! Es wäre einfacher gewesen hätte er sie einfach zum Teufel geschickt. Der Hack war machbar, keine Frage, nur kostete es Zeit. Zeit, die er eigentlich nicht hatte. Und das nur weil sie ihm versucht hatte den Kopf zu verdrehen. Wenn sich das nur einmal lohnen würde. Kurz kam ihm die Idee sie einfach ihrem Schicksal zu überlassen. Den Türcode konnte man schnell wechseln. Aber seine Konzentration war für anderes eh hinüber. Heute waren Beine wichtiger als Nukleotidketten.
Draußen legte sie ihre übertriebene Freude wieder ab. Männer waren doch so leicht zu beeinflussen.

***

Es gibt einige wenige, einfache Regeln, die man befolgen sollte, wenn man als Hacker draußen überleben will. Regel Nummer 1: Setze deinen Haufen niemals in die eigene Hundehütte. Regel Nummer 2: Gehe niemals ohne Schutz raus. Dodger wählte die Nummer von "Sams Muscle Shop".
"Ja, hallo?" meldete sich eine freundliche Standard-Sekretärinnenstimme. Möglicherweise synthetisch.
"Dodger hier. Ich bräuchte eine Eskorte für die nächsten sechs oder sieben Stunden, ab sofort. Könnte ich wieder Eric haben, ich war immer sehr zufrieden mit ihm."
"Guten Tag Herr Dodger. Sie haben Glück, Mister Eric ist gerade verfügbar. Soll er sie zuhause abholen?"
"Ja, bitte."
"Er wird in dreissig Minuten bei ihnen sein. Ich wünsche ihnen einen angenehmen Tag."
Bevor er sich noch verabschieden konnte hatte die Stimme aufgelegt. Regel Nummer zwei war erfüllt. Es war jetzt noch genügend Zeit einen Platz zu finden, wo er ohne Gefahr hacken konnte. Nichts war so dumm wie sich in seine eigene Wohnung zurückverfolgen zu lassen.

Es klingelte unten am Eingang ins Gebäude. Die von Dodger selbst installierte Minikamera zeigte ihm Eric. Ein bulliger Typ mit militärisch kurzem Haarschnitt und schwarzem Anzug. Genau so, wie man sich einen echten Bodyguard vorstellte. Dodger wußte eben guten Service zu schätzen.
"Kommen sie rauf."
Die Wohnungstür war offen. Wegen seiner Größe hatte man fast den Eindruck, daß Eric sich durch die kleine Öffnung hindurchzwängen mußte. Er war ein Riese.
"Mister Jamestown, ich bin ihre heutige Begleitung."
"Hi Eric. Laß dieses formelle Gequatsche. Nimmst du meine Sachen mit runter?"
"Selbstverständlich, Herr Jamestown."
Er war kalt wie ein Eisblock. Man konnte ihm nicht einmal ein Lächeln abringen. Es war wahrscheinlich sein Berufsethos nichts an sich herankommen zu lassen. In diesem Geschäft war kein Platz für Gefühle. Er hob den großen Lederkoffer, in der Art wie ihn manche Vertreter hatten, hoch wie einen leeren Pappkarton. Eigentlich war er nicht sonderlich schwer, aber Dodger hätte trotzdem keine gute Figur abgegeben, wenn er ihn selbst hätte tragen wollen. Unten wartete der Mercedes. Natürlich gepanzert.

Chris schob eine seiner magischen Karten durch das Türschloß.
"Ich hab uns ein nettes Plätzchen organisiert. Kabelanschluß mit allen 230 Kanälen. Voller Kühlschrank. Bad mit Dusche, Balkon nach draußen. Alles was man so braucht."
Der eigentliche Mieter war gerade nicht da. Auf Geschäftsreisen.
"Mal sehen wo mein Netzzugang ist. Ich denke im Arbeitszimmer."
Eric trug den Vertreterkoffer in Herrn Hanakins privates Büro.
"Danke Eric. Du kannst es dir jetzt gemütlich machen wenn du willst."
Der Bodyguard quittierte mit einem kurzen Kopfnicken. Ein Job bei Sams Muscle Shop erforderte, daß man wenn nötig stundenlang ohne Essen oder andere Bequemlichkeiten monoton in einer Ecke stehen konnte, und dann im Bruchteil einer Sekunde perfekt funktionieren mußte. Dodger konnte sich vorstellen wie hart und langweilig es manchmal für Leute wie Eric sein mußte. Deshalb versuchte er seine Eskorte auch immer so gut wie möglich zu behandeln. Schließlich mußten sie für ihn auch ihren Kopf hinhalten sollte es einmal eng werden. Erics ganze Wertschätzung dafür hatte sich in diesem minimalen Kopfnicken ausgedrückt.

Dodger hatte inzwischen seine Black Box, sein Virtual-Reality Maschinchen ausgepackt und an den Systemzugang angeschlossen. Aufbauend auf einem Fuchi Hurricane SIX war es noch mit anderen Komponenten aufgerüstet. Teilweise Prototypen oder andere, nicht auf dem freien Markt erhältliche Hardware, die über dunkle Kanäle zu ihm gelangt ist. Jeder andere hätte auf den Knien gewinselt um dieses Baby nur kurz antesten zu dürfen. Einen Marktwert konnte man dafür gar nicht angeben. Es war besser wie Sex! Den nötigen Stuhl für seinen Joyride hatte er nach einigem Suchen gefunden. Um sich richtig festzumachen brauchte er Armlehnen und vier richtige Stuhlbeine. Er positionierte ihn im richtigen Abstand zum Rechner, so daß das Kabel von der Länge gut ausreichen würde. Dann fixierte er sich selber mit Klettbändern am Stuhl, nur die rechte Hand liess er frei. Die brauchte er noch um sich zu verkabeln. Es sah ein wenig aus wie auf einem elektrischen Stuhl. Das ganze hatte mehrere Gründe. Seine körperlichen Sinneswahrnehmung waren in der Virtual Reality fast völlig ausgeschaltet. Durch die Ruhigstellung verhinderte er zusätzliche Reize, die ihn möglicherweise abgelenkt hätten. Außerdem war es möglich, daß man bei einem besonders intensiven Trip die Kontrolle über seinen Körper verlor. Wie ein Schlafwandler konnte man dann umherwandeln. Schlimm genug war, daß man sich dabei das Kabel herausriß. Aber Dodger hatte auch schon mal gehört, daß jemand wegen Cyberwandelns tödlich die Treppe heruntergestürzt ist. Andere Nebenwirkungen konnten Krämpfe oder unkontrollierte Bewegungen sein, wenn man Pech hatte schlug man sich selber K.O.
Mit seiner freien Hand faßte sich Dodger an seine rechte Stirnseite. Vorsichtig zog er den Plastikpropfen aus seiner Datenbuchse, die unter dem Haaransatz versteckt war. Mit dem Verschluß verhinderte man das Eindringen von Haaren, Fremdkörpern oder anderen Verunreinigungen. Er faßte jetzt das Glaserkabels des Fuchi SIX und klinkte sich ein. Sein Gesichtsfeld wurde schwarz. Direkter Zugang zur Gehirnrinde.

***

Zuerst durchlief er einen Routinecheck bevor er ins System eintreten konnte. Er leitete sein Signal zu einem Server in der Stadt um, den er illegalerweise für sich konfiguriert hatte. Sollte er zurückverfolgt werden wurde der andere spätestens ab diesem Punkt ins Niemandsland weitergeschickt. Ab hier war er nur noch ein Phantom. Er schlug noch einige Haken, bevor er im Rechner des Police Departments war. Ab jetzt war die VR Einheit zum ersten mal gefordert. Die sogenannte zweite Realität bildete sich plastisch um ihn herum aus. Er befand sich in einem großen Abfallcontainer. Eine Unmenge unsortierter gelöschter Dateien, die man noch nicht geschreddert hatte. Dodger ist durch eine Hintertür ins System gekommen, die er bei einem seiner letzten Aufträge hinterlassen hat. Er kletterte aus dem Container hinaus und war nun in einem Hinterhof eines des realen Police Departments nachgebildeten Gebäudes. Am Seiteneingang, durch den er ins Innere wollte, stand ein Cop. Eine Standardüberwachungs-Subroutine, welche die Zugriffsrechte aller kontrollierte, die hier passieren wollten. Dodger lächelte. Der Cop stellte für ihn kein Hindernis dar. Seine Software war mindestens drei bis vier Monate besser. Öffentliche Einrichtungen hinkten immer hinterher. Sein Avatar glitt durch den Türsteher einfach hindurch.
Dodger befand sich nun in einer allgemeinen Ebene. Sie stellte sich ihm als eine große Eingangshalle dar. User und Suchbots schwirrten fleißig umher, immer auf der Suche nach unnötiger Arbeit. Mittendrin stand er, ein großer Ork, den niemand bemerkte.
Die Halle und alles was man sehen konnte war natürlich ein Konstrukt. Eine visualisierte Darstellung von Daten. Damit der normale Lohnsklave intuitiver in einer natürlichen Umgebung arbeiten konnte, war alles realen Vorbildern nachempfunden. Wollte er Akten haben, mußte er zu einem Aktenschrank gehen. Wollte er eine Konferenz mit Mitarbeitern aus der ganzen Welt führen, mußte er sich nur einfach zu ihnen an den Tisch setzen. Solche Dinge konnte nun selbst der Laie ohne jegliche informationstechnische Kenntnisse bewältigen. Da der User meist ein dummer User ist, wurden ihm Beschränkungen auferlegt. Er darf zum Beispiel die Darstellung des Konstruktes nur in einem engen Bereich verändern. Die Visualisierung war ja nur eine subjektive Interpretation vorliegender Daten. Sämtliche Räume konnte man beliebig anordnen, oder das ganze als mittelalterliches Schloß darstellen lassen wenn man wollte. Um aber Bedienerfehler zu vermeiden und um die Synchronität der User untereinander aufrecht zu erhalten war das Konstrukt für die meisten deswegen starr ausgerichtet. Wollte sich jemand mit Mister Yamamoto über Videokonferenz unterhalten mußte er, wenn auch in sehr schnellem Tempo, tatsächlich in sein Büro gehen. Das kostete vielleicht zwei Sekunden mehr Zeit, aber dafür war Herrn Yamamotos Büro auch immer dort, wo man es erwartete, auch wenn man von einem anderen Terminal auf das System zugriff. Diese Art der "natürlichen" Fortbewegung und Bedienung gewährleistete zudem, daß man über mehrere Stunden hinweg streßfrei und effizient arbeiten konnte, weswegen die zwei Sekunden zu Herrn Yamamoto nicht ins Gewicht fielen.
Der Ork lief zu einer Informationstafel und berührte sie.
"Willkommen beim allgemeinen Informations- und Suchsystem. Bitte nennen sie mir ihre Wünsche."
"Ich will die Akten aller aktuell eingegangener Kriminalfälle sehen. Stichworte: Tötung, Diebstahl."
"Bitte warten, Daten werden erstellt. Bitte warten."
Der Singsang dauerte nur fünf Sekunden, bis sich die nervig-freundliche Stimme der Informationstafel wieder meldete: "Ihre Suchergebnise wurden bereitgestellt. Bitte begeben sie sich in das fünfte Stockwerk."
Der Ork zwängte sich in den Fahrstuhl zu anderen Usern, die ihm keine besondere Beachtung schenkten. Für sie stellte er sich als normaler, legitimer Mitarbeiter dar. Das Aussehen der Avatare im System war den echten Benutzern nachgestellt. Vielleicht mit der einen oder anderen kosmetischen Angleichung. Aber so wußte man sofort, um wen es sich handelte. Dodgers Tarnung paßte sich immer dynamisch an, abhängig von der Sicherheitsstufe und der Umgebung. Fünfter Stock.
Der Kampfork mußte seine Suche beschleunigen. Als erstes blendete er mit einem Wink alle User unterhalb einer gewissen Sicherheitsstufe aus. Die Flure leerten sich schlagartig. Dann ließ er sich sämtliche Räume hier auflisten, um nicht alle abgehen zu müssen: Mord, Diebstahl, Computerverbrechen ...
"Okay, ich will alles nach Datum sortiert haben." Büros lösten sich auf und rematerialisierten sich wieder an anderer Stelle. Der Kampfork flog mit rasender Geschwindigkeit die Türen ab und blieb an der für den vorgestrigen Tag stehen. Er trat ein, die Zugangsberechtigung war kein Problem. Innen war alles in einem modernen Stil gehalten, der die Benutzer oft die Durchschnittlichkeit ihrer wahren Einrichtung vergessen ließ. Ein persönlicher Assistent in Form einer Sekretärin schenkte ihm ihre Aufmerksamkeit. Dodger ging zu einem der Aktenschränke, öffnete ihn und blätterte etwas darin herum. Macht der Gewohnheit, oft findet man durch Zufall die unglaublichsten Dinge. Die Sekretärin sah ihn abwertend an: "Kann ich ihnen helfen?"
Durch die Wand schwirrte eine Sicherheitssonde. Ein normaler Benutzer hätte sie gar nicht wahrgenommen. Sie tastete Dodger ab, befand ihn für legitim, und verschwand wieder durch die andere Wand. Dodger schwang sich nonchalant auf den Tisch, der unter seinem Gewicht protestierend nachgab.
"Schätzchen, sicher kannst du mir helfen." Der Ork entblößte seine ganze Zahnreihe. Die Sekretärin zeigte sich von seinem Anmachversuch nicht sonderlich beeindruckt. Zwar sahen manche der persönlichen Assistenten zum anbeißen aus, aber man konnte leider nicht mehr mit ihnen anfangen.
"Hör zu, sortier mir alles nach Namen."
Der persönliche Assistent schloß kurz die Augen, als ob er sich konzentrieren müßte.
"Auftrag bearbeitet."
Dodger ging zum Aktenschrank mit der Aufschrift "St" - St wie Lora Sternby. Er griff hinein und ließ den Namen suchen. Kein Ergebnis. Das war schonmal gut, sie war noch nicht verzeichnet. Dann suchte er nach einem von Loras Mittätern, Jack Peters. Treffer. Er zog die Akte heraus. Ein längeres Vorstrafenregister. Der letzte Eintrag war in rot, was bedeudete, das er vom System als Täter zwar erkannt, der Fall aber noch nicht weiter bearbeitet wurde, so wie er es Lora erklärt hatte. Er warf dem Assistenten die Akte auf den Tisch.
"Stell mir ein Dosier zu dem letzten Eintrag zusammen."
Die Frau sah ihn mit verhaltener Gehässigkeit an, als ob sie sich für die vorherige Frivolität rächen wollte. Man hatte ihr ein minimales Gefühlsleben mitgegeben, um die Kommunikation mit den Menschen "humaner" zu gestalten.
"Darf ich ihre Berechtigung dafür sehen? Dies übersteigt ihre momentane Sicherheitsstufe."
Der Ork knirschte mit den Zähnen. Kleinkram. Er warf seinen Paßwortgenerator an und händigte ihr kurz darauf einen Durchschlag eines Dokuments aus, welches ihm den Zugriff erlaubte. Sie stempelte das Papier ab und legte es in eines ihrer Fächer. Dann konzentrierte sie sich wieder kurz. Sie griff in eine Schublade und holte eine weitere Akte heraus. Dodger kopierte sie sich und gab sie wieder zurück.
"Kann ich ihnen sonst noch irgendwie helfen?"
"Nein."
Der Ork war gerade im Begriff zu gehen. Dann drehte er sich noch um: "Ach, eins hab ich noch vergessen!" Mit einer mystisch anmutenden Handbewegung legte er eine "schalldichte" Blase um den Raum. Sämtliche Alarmmeldungen, die von diesem Zimmer aus dem System gemeldet wurden, wurden dadurch abgeblockt. Er nahm seine Axt aus seinem Rückenhalfter und trennte den Assistenten in einer flüssigen Bewegung in der Mitte durch. Ein von ihm installierter Blood-Patch sorgte dafür, daß sich Blut und Eingeweide an Boden und Wände verteilten. "Ach, jetzt ist es mir wieder entfallen." Anschließend vernichtete er noch das abgestempelte Dokument.

Dodger blätterte durch die Akte. Bei dem Überfall waren Lora und fünf Männer dabei gewesen. Drei davon waren schon identifiziert worden. Die Beweismittel der anderen beiden und von Lora sind noch nicht durch die genetische Analyse gegangen. Man konnte sich gut vorstellen, wie überfüllt die Labors mit Untersuchungsanfragen waren, und so ein Fall hatte keine allzu hohe Priorität.
"Okay, schauen wir uns mal die Kerle an!"
Der Hacker war nun in einem Raum, wie man ihn normalerweise für Gegenüberstellungen nutzte. Auf der anderen Seite der Scheibe sah man sechs Figuren. Drei davon waren nur gesichtslose Prototypen. Die anderen stellten möglichst genaue Rekonstruktionen dar, wie man sie aus Genen, Bildern und anderen Informationen gewonnen hatte. Trotzdem sahen sie noch sehr unrealistisch aus. Das Problem war jetzt, daß ihre Daten automatisch auch beim FBI vermerkt waren. Und dort reinzukommen war um einiges schwieriger. Er hatte dafür keine Zeit. Wollte er Lora helfen mußte er aber den gesamten Fall eliminieren ohne Spuren zu hinterlassen. Es half nichts, wenn später beim Verhör die anderen ihre ehemaligen Freunde dann verraten sollten. Dodger würde sich später darum kümmern. Jetzt löschte er erst einmal die Prototypen und tilgte sie somit aus der Akte. Als nächstes schaute er sich die Beweismittel an. Nun befand er sich in einem Lagerraum. Direkt vor sich in einem Regal war das Gesuchte. Er nahm den Karton und ging zu einem der großen Tische. Innen waren verschiedene Röhrchen, Videobänder und Proben in Plastik verpackt. Er nahm alles heraus und riß die Tüten auf. Den echten Beweismitteln passierte dadurch ja nichts. Wie Dodger sehen konnte waren die Originalaufnahmen der Sicherheitskameras nach der Überspielung gelöscht worden. Sehr gut. Er änderte die Beschriftung des Kartons und der verschiedenen Inhalte, so daß sie nicht mehr ihrem Ursprung zuzuordnen waren. Er datierte außerdem das Einlieferungsdatum auf drei Jahre zurück. Nach dieser Zeit wurden die Beweise aus dem Lager entfernt und vernichtet, wenn sie bis dahin keine nennenswerten Ergebnisse gebracht hatten.
Leicht erschöpft klinkte sich Dodger wieder aus.

Die ganze Aktion hatte nicht mehr als 5 Minuten gedauert. Mitsamt Vorbereitungen und Anfahrt sind ihm nur etwa zwei Stunden verloren gegangen. Hervorragend. Für seine drei übrig gebliebenen Problemkinder wählte er dann die schnelle Lösungsmethode, somit konnte er den Rest des Tages für Nokia aufwenden.
"Sind sie fertig, Mister Jamestown?" fragte ihn Eric.
"Ja, ich muß nur noch ein kurzes Telefonat führen und will dann noch kurz duschen. Ach, und willst du Pizza, ich bestelle bei Al Pincio."
"Nein, danke."
Al Pincio war ein Ristorante nach bester italienischer Familientradition mit einem besonderen Service.
"Ja, hallo. Ich hätte gerne eine Pizza Al Capone. Und zwar jeweils für Herrn Jack Peters, Frank Herby und Ajaf Harun. ... Ja ... ja ... ich bin mir sicher ... ja, mit allem ... zum üblichen Preis ... ich schicke ihnen die Adressen mitsamt der Überweisung. Ach, und für mich bitte eine Pizza Atlanta groß. Mit nicht so viel Zwiebeln." Er fragte nochmal bei Eric nach: "Bist du dir sicher, daß du nichts willst?" Er schüttelte nur minimal den Kopf. "Nein, das war dann alles. Ciao!"
"Al Capone, immer noch unter den gleichen Namen", meinte Eric plötzlich nachdem Dodger aufgelegt hatte. Normalerweise war der Bodyguard nie so redselig.
"Du kennst den ... Service?"
"Ja, ich habe selbst mal dort gearbeitet. Meine Zustellungen waren immer, hmmm, sehr bleihaltig, wenn sie mich verstehen." Dodger sah ihn zum ersten mal lächeln seit er ihn kannte.

***

Daheim angekommen arbeitete Chris an Projekt Nokia weiter. Nokia Bio-Cybernetic Networking America war der führende Konzern was die Erschaffung virtueller Welten betraf. Sie hatten bereits als erste das Tor zu einer direkten Mensch-Maschine Kommunikation geöffnet. Neue, DNA-orientierte Programmstrukturen ließen dabei eine nie geahnte Komplexität zu. Die bisherige Arbeitsweise in Netzwerken für Beruf und Freizeit wurde dadurch revolutioniert. Bald war die Technik so ausgereift und die damit im Gehirn hervorgerufenen Vorstellungen so glaubwürdig, daß es zu einer Art Volksdroge wurde. Immer mehr Menschen gaben ihr beschränktes Leben in der ersten Realität auf, um in der sogenannten zweiten, virtuellen Realität dauerhaft zu bleiben. Die Wirtschaft nutze das für sich aus, in dem sie immer mehr virtuelle Arbeitsplätze schuf. Es war fast nicht mehr nötig aus der eigenen Wohnung zu gehen. Und nun stand Nokia kurz davor eine weitere, noch revolutionärere Version herauszubringen, die alles bisher dagewesene in den Schatten stellen sollte. Und Dodger sollte es als erstes in die Hände bekommen. Die Vorbereitungen waren soweit abgeschlossen. In Übersee hatte er bereits einen Abnehmer, der für den Quellcode gut zahlen würde. Damit hätte Chris endgültig ausgesorgt. Aber was ihn vielmehr reizte war das Programm selber. Die Sicherheitsvorkehrungen waren natürlich superb. Manche Militärs hätten sich davon eine Scheibe abschneiden können.
Jetzt war es abend. Lora ist immer noch nicht zurückgekommen. Wahrscheinlich amüsierte sie sich gerade prächtig. Dodger machte ein paar physische Ausdrucke auf Papier die zeigten, daß der Fall Tankstelle für Lora endgültig abgehackt war. Da würde sie sich freuen wenn sie das sah. Von Müdigkeit überwältigt fiel Chris dann in einen tiefen Schlaf.

Er wachte auf. Irgend etwas stimmte nicht. Irgend etwas stimmte ganz und gar nicht. Chris wollte aufstehen, konnte aber nicht. Er war mit seinen Händen am Bett befestigt. Mit Handschellen. "Scheiße!" dachte er. Was sollte das bedeuten? Jemand hatte Wind von seiner Sache bekommen. Wahrscheinlich Baby. Er war der einzige, der davon gewußt hatte. Er hätte nicht so vor ihm rumprahlen sollen. "Hätte ich nur meine verdammte Klappe gehalten" schoß es ihm durch den Kopf. Er hätte dem Kerl nie trauen sollen. Sein Busenfreund war es ohnehin nicht gewesen. Hat er ihn an Nokia verpfiffen? Ist er direkt zum Secret Service gegangen? Nein, so wie es aussah arbeitete er wohl auf eigene Rechnung. Was war sein Kopf wohl wert? Gleich würde jemand reinkommen und ihn um ein Verhör bitten. Lora! Die Schweine haben sich wahrscheinlich Lora geschnappt. Nur so konnten sie herausgefunden haben wo er wohnte. Verzweifelt rüttelte er an den Handschellen. Kein Entkommen. Er hörte etwas an der Badezimmertür, aber er konnte nichts sehen. Es war stockdunkel. "Licht!" rief er. Der Hauscomputer reagierte nicht auf sein gesprochenes Kommando. Jemand hatte auf manuelle Schaltung umgestellt.
"Hi Dodger", kam eine verlegene Stimme.
"Lora! Was ist hier los?"
"Ich habe deine Ausdrucke gesehen."
Sie sprach nicht weiter. Dodger verstand noch nicht ganz.
"Weißt du, noch nie ist jemand so nett zu mir gewesen. Wie du mir geholfen hast, mit dem Geld und dem allen."
"Und deswegen hast du mich ans Bett gefesselt?"
"Ich brauche einfach Kontrolle. Ich wollte mich einfach nur bei dir ..."
sie konnte nicht weitersprechen. Langsam ging sie auf ihn zu, stieg dann auf das Bett. Er fühlte, wie sie ihren nackten Körper an ihn drückte und ihn küßte.
"Ich kann es einfach nicht ertragen wenn die anderen Kerle mich dabei befummeln."

***

Der Mercedes von Sams Muscle Shop wühlte sich durch den Verkehr.
"Sag mal, was hältst du von einem Trip nach Europa?" Dodgers Abnehmer bestand auf eine persönliche Überbringung seiner Ware. Anscheinend wurde dort noch auf altmodische Etikette wie physische Anwesenheit geachtet.
"Nicht schlecht", antwortete Lora, die mit Chris hinten im Wagen saß.
"Ich schlage vor sobald ich mit diesem Job fertig bin lassen wir alles hinter uns. Wir könnten ein neues Leben anfangen. Gemeinsam."
"Ist das so eine Art Angebot?"
"Seh es mal noch als unverbindlich an", grinste er.
Der Wagen fuhr auf den Parkplatz eines großen Einkaufszentrums. Eric trug den Vertreterkoffer. Drinnen herrschte das normale Treiben der Gläubigen dieses Konsumtempels. Zwei Rolltreppen weiter oben gab es eine ganze Reihe kleiner Läden, die sich die Räume hier gemietet hatten. Eines davon stand gerade leer, weil der vorherige Betreiber an einen günstigeren Standort gewechselt hatte. Mit Hilfe einer Karte war der Zutritt auch hier kein Problem. Alles war ausgeräumt. Nackte Drähte hingen von der Decke, halbvolle Farbeimer und eine Malerleiter standen noch herum, völliger Rohbau. Ein Tisch mit Stuhl waren aber im Hinterzimmer vorhanden. Dodger hatte den Anschluß schnell ausfindig gemacht und traf seine Vorbereitungen. Lora sah sich gelangweilt um.
"Es dauert höchstens eine halbe Stunde", Chris klopfte auf seine Brusttasche, "die Flugtickets für Europa habe ich bereits dabei. Wir können danach gleich losfliegen."
"Und was ist mit deiner Wohnung und deinen ganzen Sachen?"
"Die werde ich wohl verkaufen."
Unter Loras mitleidigem Blick fixierte er sich auf dem Stuhl. Die Programme waren hochgeladen. Dann ging es los.

Das Blut pulsierte in seinen Ohren vor Anspannung. Der Ork räumte die nötige Bandbreite frei, jagte zu dem von ihm manipulierten Server. Danach zu einer Satellitenstation, hoch hinauf in den geostationären Orbit. 120 Dezibel Signaldämpfung durch die Atmosphäre. Wieder herunter, Empfang in San Diego, Kalifornien. Bereits am Horizont zeichnete sich die stilisierte, antike Akropolis der NBCNA hervor. Früher Schatzkammer und Bollwerk der alten Griechen, jetzt gab es nicht einmal mehr Ruinen. Niedergerissen von Vandalen. Dodger fühlte sich heute wie ein Vandale. Das Eingangsportal war eingerahmt von einem wuchtigen Säulengang. Der Ork morphte sein Aussehen in das von Dean Ladavac, Projektmanager bei Nokia. Die grüne Haut wurde blasser, Hauer bildeten sich zurück. Das Gesicht bekam eine slawische, ausgeprägte Form. Äusserst schicker Anzug, Dodger haßte ihn. Riesige Torflügel öffneten sich, der Wachbot grüsste ihn freundlich. Dann schlossen sich die Portale wieder, verschlangen ihn. Innen nur feinstes Marmor. Imposante Wasserfälle stürzten sich aus hundert Metern Höhe in einen Teich, dessen Wasseroberfläche sich kunstvoll in einer Art und Weise plastisch verformte und kräuselte, die die realen Physikgesetze gar nicht zugelassen hätten. User wie Dean Ladavac wuselten geschäftig umher. Ihn hätte es gar nicht gewundert wenn sie Roben getragen hätten. Dodger mußte sich nun wie ein User bewegen und verhalten wollte er nicht ungeliebte Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dies war kein billiges Police Department. Hier war er nicht mehr an der Spitze der Nahrungskette. Eine Unaufmerksamkeit und die nächste Kampfdrohne würde ihn an die Wand klatschen wie eine parasitäre Fliege. Geröstetes Menschenhirn. Dodger hatte es schon einmal gerochen, es stank entsetzlich. Möglichst rasch, aber nicht gehetzt wirkend, lief er zu einem der Aufzüge, die wie gläserne Behälter ohne jegliche Mechanik an den Wänden auf- und abschwebten bis in schwindelerregende Höhen.
"Nicht hinsehen!" warnte er sich im stillen selber. Grazile, metallene Spinnenbeine klackten auf dem Marmorboden an ihm vorbei. Eine Kampfdrohne! Sie hatte die Form eines silbernen, insektoiden Zentauren. Acht hydraulisch gesteuerte Beine, die einen Menschen bereits überragten. Darauf thronte ein ab der Hüfte humanoider Körper. Kalte Augen suchten die Umgebung unablässig nach verdächtigen Bewegungen ab, die seine Minigun sofort ausgemerzt hätte. Ein Blick und Dodger hätte sich verraten - ein normaler User konnte die Abwehrmaßnahmen wie die Drohne gar nicht sehen. Mit pochendem Herzen rettete er sich in einen leeren Aufzug. Sein Ziel lag viele Stockwerke unter ihm. Im letzten Moment zwängte sich eine andere Person noch hinein. Ein junger Mann in der üblichen Schlipskleidung, der viel zu übereifrig wirkte. Der Glassarg senkte sich ab in die tiefen Katakomben Nokias. Fünf Etagen später sprach er ihn an.
"Herr Ladavac, hatten sie schon die Zeit meinen Bericht über den diesmonatigen Etat anzusehen?"
Wer war der Kerl? Er konnte sich nicht an ihn erinnern als er die Dossiers der für ihn am wichtigsten erscheinenden Personen zusammengestellt hatte. Schnell startete er eine Suchanfrage in seiner Datenbank. Jetzt galt es zu improvisieren:
"Nein, tut mir leid, ich bin einfach noch nicht dazu gekommen. Ich bin einfach überhäuft mit Arbeit."
"Sie haben ihn aber extra angefordert wegen der neuen Kalkulationen."
"Ach ja, die Kalkulationen!" Jetzt kam er ins schwitzen. Wenn dem Typ nicht bald die synthetisierte Stimme auffiel würde er sich anderweitig verraten. Er mußte ihn schnellstens loswerden ohne Verdacht zu erregen. Erste Informationen aus der Datenbank kamen herein. Joel Hardin. Ein neuer aus der Finanzabteilung.
"Herr Hardin. Unser neues Projekt läßt die alten Kalkulationen, äh, ich meine ... wahrscheinlich ist es hinfällig geworden."
"Verzeihen sie, ich verstehe sie nicht ganz. Ich dachte das wäre das neue Projekt."
Dodgers Nackenhaare stellten sich auf. Gut, wenn alles nichts half mußte er Autorität sprechen lassen.
"Herr Hardin, ich warne sie. Ihr Ton gefällt mir gar nicht. Sie haben erst vor wenigen Wochen hier angefangen. Sie wissen noch gar nicht wie alles hier läuft. Wenn ich sage ein neues Projekt meine ich auch das neue Projekt. Haben sie mich verstanden?"
Unzufrieden aber eingeschüchtert gab der Typ endlich Ruhe. Wenn er nicht gleich zu seinen Vorgesetzen rannte dürfte ihm genug Zeit bleiben, bis jemand wegen dieses Vorfalles Alarm auslöste. Der Aufzug blieb im fünfzehnten Untergeschoß stehen, obwohl er bis zum zwanzigsten wollte.
"Herr Ladavac, müssen sie nicht auch hier raus?"
Dodger durfte sich nichts mehr leisten wollte er nicht gleich hier und jetzt Alarmstufe Rot auslösen.
"Sie haben recht, ich bin heute etwas zerstreut."
Ratlos trat er aus dem Fahrstuhl. Ein fensterloser Bürokomplex. Es gab nun drei Richtungen in die er gehen konnte. Und Hardin wartete darauf, daß er sich für die richtige entscheidete. Wo mußte er überhaupt hin? Ladavacs Büro befand sich ...
"Herr Ladavac!"
Links. Fast einen Moment zu spät lief er los. Er drehte sich nicht um, erwartete daß gleich der Alarmruf von Hardin losging. Nichts passierte. Ein Schweißtropfen stahl sich seine Stirn herunter. Noch einmal Glück gehabt. Nach angemessener Zeit kehrte Dodger wieder um und fuhr runter in das zwanzigste Stockwerk. Ab dort würde sich entscheiden, ob er wirklich etwas auf dem Kasten hatte.

Ein rundes Stahltor, fünf Meter im Durchmesser, kennzeichnete das Ende vom Sicherheitsbereich Blau. Farbige Streifen an den Betonwänden markierten die Stufe der vorherrschenden Security. Stumpfes Blau würde bald von giftigem Rot abgewechselt werden. Hinter diesem Tor, der wie der Schlund eines gigantischen Tresors wirkte. Die Sicherheitssonde, eine kleine, schwebende Kugeln mit unzähligen Antennen und Senoren, tastete ihn mit einem dünnen Strahl ab. Dodgers Legitimation würde hier nicht ausreichen. Er mußte zumindest ein weiteres Paßwort liefern, und er hoffte daß sein Paßwortgenerator gut genug war für nur einen Versuch. Ansonsten mußte er sich eine Menge unangenehmer Fragen gefallen lassen, die er nicht beantworten konnte. Der Suchstrahl erlosch. Unentschlossen wirkend blieb die Sonde einfach vor ihm hängen.
"Na schön, dann eben auf die harte Tour", fletschte der Doppelgänger Ladavacs unhörbar zwischen den Zähnen hervor. Dodger griff unter sein Jacket um sein Kampfprogramm zu starten. Bevor es sich in Form einer Uzi materialisieren konnte wich die Sicherheitssonde aus. Geräuschvoll griffen Zahnstangen zu, das massive Tor rollte zur Seite. Vorsichtig zog Dodger seine leere Hand wieder heraus. Stirnrunzelnd wartete er kurz, bis sich der Betonblock des Durchgangs gesenkt hatte.
"Es läuft überraschend gut. Zu gut für meinen Geschmack. Oder Babys Schlüssel ist besser wie wir vermutet haben", schoß es durch seinen Kopf. Mißtrauisch beäugte ihn der Silberzentauer auf der anderen Seite.

Joel war reichlich irritiert. Ladavac hatte sich äußerst merkwürdig benommen. Zuerst der Bericht, den er extra im Eiltempo für ihn angefertigt hatte und den er dann gar nicht sehen wollte. Außerdem wirkte er irgendwie verwirrt. Ob er die Sicherheit verständigen sollte? Aber was sollte er ihnen sagen? Und was wenn er sich täuschte? Joel fuhr es bei diesem Gedanken in die Magengrube. Solch ein Ausrutscher wäre fatal für seine weitere Karriere. Dann entgleiste beinahe Joels Gesicht und er blieb mit offenem Mund stehen. Dean Ladavac selbst kam in Begleitung eines Sicherheitsoffiziers auf ihn zu. Er konnte nicht anders als sich ihnen in den Weg stellen.
"Herr Ladavac! Ich, ich ..." Hardin kam ins stottern, öffnete seinen Mund nur noch wie ein Fisch sein Maul auf dem Trockenen.
"Ja?" Ladavacs Blick tötete ihn beinahe.
"Ich, ich habe sie vorhin doch ... !"
"Ich weiß genau was sie sagen wollen. Vergessen sie am besten, daß sie mich vorhin gesehen haben. Haben sie mich verstanden?" seine Worte zerdrückten den kleinen Joel fast.
"Kein Wort zu niemandem, daß ihnen das klar ist", machte ihm der Sicherheitsoffizier unnachgiebig klar, "Diese Sache unterliegt strengster Geheimhaltung!"
Der entbehrliche Lohnsklave aus der Finanzabteilung versuchte zu verstehen. Freundschaftlich legte Ladavac plötzlich die Hand auf seine Schulter und lächelte wie ein Hai:
"Ich habe übrigens ihren Bericht gelesen. Hervorragende Arbeit, machen sie weiter so."

Dodger folgte dem roten Streifen an der Bunkerwand wie einer blutigen Spur. Er passierte mehrere Schleusen, die zu Laboratorien und Versuchshallen führten. Sie dienten meist zur Erforschung und Simulation verschiedener geographischer und klimatischer Erdzonen. Die Schleuse, vor der er gerade stand, war offen. Ein wahnsinniges Grün leuchtete daraus hervor.
"He du Freak! Was machst du hier? Das ist mein gottverdammtes Revier!"
Dodger drehte nur seinen Kopf. Das war keine Drohne. Das war ein Mensch.
"Verzeihen Sie. Ich bin legitimiert mich in diesem Bereich ..."
"Stirb!"
7.62mm Geschosse jagten ihm aus einem vollautomatischen "General Purpose" Maschinengewehr entgegen. Dodger machte einen instinktiven Satz durch die Schleuse. Der Söldner versuchte roten Alarm zu geben, eine schalldichte Blase um den ganzen Sektor verhinderte es aber.
"Elender Feigling! Dich bringe ich auch so zur Strecke!"
Dodger rannte durch das Unterholz des tropischen Regenwaldes, blind nach hinten Deckungsfeuer abgebend. Eine Gruppe Totenkopfäffchen kreischten ihre Warnrufe hoch oben in den Baumkronen. Der Söldner kam ihm hinterher, im Laufen feuernd. Dodger bekam einige Streifschüsse ab, die an seinem Schildprogramm nagten. Er schlug einen Haken nach rechts, weg aus seinem Sichtfeld. Sein Verfolger riß das Maschingewehr herum, den Finger dauernd am Abzug. Blätter und Holzsplitter bildeten eine dichte Partikelwolke. Dodger hatte ihn noch nicht abgeschüttelt. Dann entschied er sich kurzerhand für die "rohe Gewalt" Tour. Er wirbelte herum und entlud das Magazin seiner Uzi auf den Kontrahenten, als dieser überrascht um die Ecke bog. Der erwiderte das Feuer. Sie standen sich in nächster Nähe gegenüber. In Strömen prasselten die Patronen auf den jeweiligen Schutzschild des anderen, versuchten ihn zu durchdringen und zu zerstören. Es kam nicht darauf an wer die größere oder imposantere Knarre hatte. Nur die Software dahinter zählte - und wer sie benutzte. Hülse um Hülse wurde im monotonen Stakkato ausgeworfen. Dodger hatte ihn unterschätzt. Sein Schildprogramm würde bald kollabieren unter der massiven Attacke feindlicher Systembefehle. Er zog sich zurück, rannte so schnell er konnte in Deckung der Bäume. Er verzichtete darauf, eine neue Instanz seines Schutzschildes hochzuladen. Er hatte eine andere Idee. Der Söldner, in blinder Kampfeswut, ging sofort hinterher ... und hatte ihn verloren!
"Du Scheißkerl!" Sein Kopf zuckte hin und her, konnte ihn aber nirgends entdecken. "Zeig dich, du mieser Feigling!"
Einer der Bäume richtete eine Uzi direkt auf seinen Hinterkopf. Ein Tarnprogramm, das Dodger auf die schnelle modifiziert hatte.
"Kannst du haben!"
Das Dauerfeuer fraß sich durch das stark angeschlagene Schutzprogramm und brachte es zum Absturz. Dann machte es sich an dem Konstrukt des Söldneravatars zu schaffen, versuchte seinen Benutzer aus dem System zu werfen. Unter der gewaltigen Waffeneinwirkung platzte dessen Kopf, der User wurde so schlagartig vom Netz getrennt, daß er einen neuralen Schock erlitt.
"Anfänger!"

"Sir, einer unserer Jungs ist gerade aus dem Stuhl gekippt!"
"Bin ich von Idioten umgeben? Habe ich etwa schon den Befehl zum Angriff erteilt?"
"Nnnein, Sir!"
"Sie sollen sich gefälligst zurückhalten bis er an der Datei ist, ist das so schwer zu verstehen?"
Ladavac knirschte mit den Zähnen.

Die zwei menschlichen Wachen standen gelangweilt am Tor zur Sicherheitsstufe Schwarz, während Sonden die ankommenden Zivilisten scannten.
"Als ob die Zentauren nicht reichen würden. Ich würde lieber Jagd auf richtige Hacker machen als nur hier so dumm rumzustehen."
Eine Gruppe von drei Professoren wurde für legitim befunden und durchgewunken.
" 'Wenn sie etwas auffälliges sehen melden sie es sofort' ", äffte der andere Wachmann seinen Sicherheitschef nach.
Einer der Professoren grinste heimlich in sich hinein. Sein legitimer Benutzer mußte sich gerade etwas von der Begegnung mit einem grünen Ork erholen.

***

Ein kleines, strahlendes Licht senkte sich von der Kuppel herab.
"Professor Masubuchi, kann ich ihnen helfen?"
Chris "Dodger" Jamestown beäugte interessiert den Assistenten. Es war eine schöne, kleine, fast nackte Fee. Jetzt wußte er endlich was hochrangige Schlipse so in ihrer Freizeit trieben.
"Hmmm, ja. Ich brauche Zugriff zum aktuellen Sourcecode des Projektes VL."
Die Fee schwirrte aufgeregt um ihn herum und setzte sich kokett auf seine Schulter, um ihn etwas ins Ohr zu flüstern. Dodger mußte lächeln. Dann flatterte sie davon um ihm den Weg zu zeigen.
"He Kleine, hast du heute abend schon was vor?"
Das Dateiarchiv war wieder in antik griechischer Architektur gehalten. Er schritt endlose Säulenreihen korinthischen Baustils entlang, in den Wandnischen häuften sich Pergamentrollen. Sie erreichten schließlich einen Schrein, den die Fee umkreiste. Dodger startete ein Analyseprogramm nach eventuellen Gefahren hin. Dann öffnete er behutsam die Torflügel. Die Viper zischte gereizt. Die etwa ein Meter große Schlange beschütze die Schriftrolle in dem Schrein, bereit, sich und die ganze Datei bei unbefugem Zugriff zu löschen. Sie wandte sich enger um das Pergament, der breite, dreieckige Kopf richtete sich gefährlich auf ihn. Ein Paar langer, hohler Giftzähne klappte hervor. Um an die Datei heranzukommen mußte er das Viperprogramm dechiffrieren. Langsam und ganz vorsichtig führte er seine Hand an die Stelle hinter ihren Kopf und packte zu. Sie zappelte mit ganzer Kraft und versuchte seinem Griff zu entkommen. Dodger bewunderte die schöne Reinheit des Codes. Kein unnützes Bit, kein überflüssiger Gencode. Das war das Werk eines echten Hackers gewesen. Schade nur, daß er keine Zeit für so etwas hatte. Der Griff der Viper erschlaffte und gab die Datei frei. Er schleuderte sie davon wobei sie sich spurlos auflöste. Dodgers Augen weiteten sich. Er öffnete die Papyrusrolle und startete den Download. VL V1.0

Es war bei genau 20% als das Klackern der Spinnenbeine begann. Das Geräusch kreiste ihn von allen Seiten ein. In diesem Moment wußte Dodger genau, daß er hätte eigentlich aufgeben sollen. Daß er sich hätte ausklinken sollen um seinen Arsch zu retten. Aber er konnte nicht. Das war sein großer Coup, sein großer Hack. In diesem Moment hängte er an dieser Datei mehr wie an seinem Leben. Diese Tat würde in die Annalen seiner Zunft eingehen. Und er wollte Lora nicht enttäuschen, mußte an ihre flehenden, rehbraunen Augen denken. Reste von Carrara-Marmor spritzten vor seinen Füßen in einem Zick-Zack Muster weg. Dodger brachte sich hinter einer Säule in Deckung. Er ließ seine nutzlose Verkleidung fallen und wurde wieder zum Kampfork. Mit zwei altertümlichen Colt Walker Revolvern sprang er dann hervor und nahm zuerst die Suchsonden aufs Korn. Zwei konnte er im Lauf herunterholen bis er bei der nächsten Säule war. Eine weitere erwischte er während er kurz hervorlukte. Damit waren ihre Sensorfähigkeiten für kurze Zeit eingeschränkt. Er warf die beiden Walker weg um sein Duplikationsprogramm zu starten. Aus einem Ork wurde eine ganze Horde. Sechs identische Kopien, Spiegelbilder seiner selbst. Eines davon wurde gleich unscharf und verschwand, weil er es nicht mehr halten konnte. Dann warf sich die Horde in die Schlacht. Die Zentauren waren verwirrt ohne die Sonden und schossen blind auf die Doppelgänger, die, obwohl sie keinen Schaden anrichteten, das ganze Feuer auf sich zogen. Mit einem AK-98 Sturmgewehr versuchte Dodger gezielte Kopfschüsse zu verteilen. Einer der Silbermänner schrie in einer unverständlichen Sprache auf als eine Art Cytoplasma aus seiner Schädeldecke spritzte. Er klappte um und rollte sich wie ein Insekt auf seinem Rücken zusammen während die Beine noch wild zuckten. Der nächste nahm mehrere Treffer im Brustbereich hin bevor er zusammenbrach. Eine volle Ladung hüllenloser Munition prasselte plötzlich aus einem toten Winkel auf Dodger ein. Sein Schildprogramm war bis auf ein Drittel runter. Mit einer Rolle hinter den Schrein rettete er sich noch. 45%

"Was ist mit ihm?" schrie Lora. Chris Körper krampfte sich verzweifelt am Stuhl fest. Eric gab keine Antwort. Er war diesen Anblick schon gewohnt. Mit einer Hand drückte er die Plastikstreifen der Jalousie etwas herunter um die einkaufende Menschenmenge draußen nach Auffälligkeiten hin zu beobachten.

Dodger reinitialisierte drei der verlorengegangenen Orks. Die Texturen zogen sich über ihr Knochenmodell, dann waren sie wieder kampfbereit. Er wartete, bis sein Schild neu geladen war. Einer der Orks grunzte als sich seine Reste über den Boden verteilten. Der Hacker sprang auf. Neue Suchsonden waren angekommen, die er sofort unter Beschuß nahm.

Dodger war ein Antigen, eine Krankheit, ein Bakterium, daß sich in sein Immunsystem eingeschleust hatte. "Der Doktor" war früher selbst ein Datencowboy gewesen, bevor er Sicherheitsspezialist für Nokia wurde. Mit einer Geste entließ er einen Schwall kleiner, roter, komplexer Sterne, die sich über den ganzen Raum austeilten. Antikörper. Sie suchten alles nach Oberflächen ab, an die sie sich anheften konnten. Eines schwirrte zwischen den Beinen eines Zentauren hindurch, ließ sich bis an die hohe Decke treiben und dann langsam herunterfallen. Einer der Orks schlug danach, wie wenn es eine lästige Mücke wäre. Der Antikörper trudelte etwas in dem Luftwirbel bevor es sich auf seinen Rücken klebte. Das Gefühl was es verursachte war brennend, und der Ork versuchte jaulend nach hinten zu greifen um es wegzumachen. Die Killerdrohnen hatten nun ein klares Ziel und eliminierten Dodgers tapferen Soldaten mit wenigen Schüssen. Alle Duplikate waren in Bruchteilen von Sekunden ausradiert. Dodger konnte sich wieder verstecken. Ein Antikörper fand trotzdem seinen Weg und heftete sich an sein Bein. Es war unmöglich das Ding herauszuziehen. Dodger analysierte es kurz. Der Doktor versuchte sich zwischen den Kampfdrohnen zu verbergen. Chris hatte trotzdem die Gelegenheit ihn von seiner Position aus hinreichend zu scannen. Ein Zentauer stapfte nun genau auf seine Position zu, da er jetzt wußte wo er zu suchen hatte. Der Ork verlor plötzlich an Hautfarbe, aus der Fellkleidung wurde ein Laborkittel. Dodger morphte nun in die Form des Doktors. Der Spinnenzentauer kam um die Ecke und richtete seine Minigun auf ihn, war aber zu verwirrt um abzudrücken. Der Antikörper haftete noch an dem Bein und nahm die Veränderung war, die er sofort seinen ganzen Brüdern und Schwestern mitteilte, die wie eine dichte Wolke noch im Raum hingen. Der Hacker reagierte nun blitzschnell und zückte ein Skalpell, mit dem er die Silberspinne ansprang. Die umprogrammierten Antikörper hatten nun ein neues Ziel. Der Doktor begriff zu spät was geschah, rote Partikel stürzten sich von allen Seiten auf ihn. Die Kampfdrohnen wendeten sich nun ihrem neuen Gegner zu, sein Schrei wurde nur beinahe von den Maschinengewehren übertönt. Mit ihrem Besitzer verschwanden auch die Antikörper. Der Voodootanz von Dodgers Skalpell verursachte indessen kaum sichtbare Schnitte. Sich im Kreis hektisch drehend suchte die Silberspinne, bis sie Chris wieder im Visier hatte, der sich gerade zurückmorphte. Der Zentauer grinste. Nur für einen kurzen Moment. Dünne Fäden von Plasma traten aus den Wunden hervor, als Arme, Beine und der Oberkörper schräg auseinanderglitten und die Drohne in ihre Einzeteile zerfiel, die stumm auf den Carrara-Marmor klatschten. 70%

"Sir, darf ich offen sprechen?"
"Wenn es sein muß."
"Sir, die Lage gerät langsam außer Kontrolle. Einem unserer besten Hacker wurde gerade sein Hirn getoastet, wenn ich es einmal so ausdrücken darf. Die Ausmassen des Verlustes für unseren Konzern sind nicht auszudenken, wenn das Projekt in die Hände der Konkurrenz fallen sollte. Ich empfehle dringendst den ganzen Mainframe sofort herunterzufahren, Sir!"
"Nun machen sie sich nicht in die Hose, man! Dann war ihr sogenannter Hacker eben nicht gut genug. Ich nenne so etwas 'natürliche Auslese'. Ich versichere ihnen, daß alles unter Kontrolle ist."
"Ja, Sir, natürlich, Sir!"
"Schicken sie ihre besten Männer rein. Ich will sehen wie sie sich schlagen."
"Sir, ich verstehe sie nicht ganz?"
"Sie müssen nicht verstehen, tun sie es einfach!"

Mein Herz schlägt wie wild. Pumpt nun die letzten 5 Minuten unter Vollast. Lange kann ich es nicht mehr so aushalten, muß mir Zeit verschaffen. Zeit, Zeit ist alles was ich brauche. Noch achtundzwanzig Prozent. Ich zähle jedes einzelne Byte davon. Die scheiß Drohnen habe ich soweit alle abgewehrt. Aber es ist noch nicht vorbei. Der alte Finne läßt mich nicht so einfach ziehen. Nicht so einfach. Wen schicken sie mir jetzt, ein Mädchen? Hält sich wohl für Miss Sexy, wen will sie damit beeindrucken? Ähnelt eher einer verunglückten Kreuzung aus Las Vegas Showgirl und einer Domina. Und was für niedliche Schoßtiere sie dabei hat. Scheiße, Tracer! Sehen aus wie Libellen, verdammt große Libellen! Ich schlage nach ihnen um sie loszuwerden, aber sie weichen geschickt aus. So halte ich sie mir wenigstens vom Leib, gewinne Zeit. Noch dreiundzwanzig Prozent. Miss Sexy lacht wie irre und erschafft immer mehr dieser Viecher. Sie werden ständig frecher, einige fallen jetzt tot zu Boden, getroffen von meiner Axt, aber ich gerate immer mehr ins hintertreffen. Sie umkreisen mich, ihr gesurre macht mich noch ganz verrückt! Zweiundzwanzig Prozent. Eine hat mich jetzt gebissen, jetzt die zweite. Ich laufe weg. Es sind so viele, daß sie meinen ganzen Körper bedecken. Es brennt wie Feuer, überall. Ich falle, komme hart auf. Sie beißen und stechen unablässig. Aber das ist nicht das schlimmste. Die Tracer machen sich nun auf meine Spur zu verfolgen. Meinen Weg ins Netz. Wollen wissen von wo ich reingekommen bin. Ich spüre förmlich wie sie über den Datenstrom auf mich zukommen. Rasen durch San Diego auf direktem Kurs zur Satellitenstation. Schießen rauf durch die Troposphäre. Ich starte das Umleitungsprogramm. Einundzwanzig Prozent. Sind nun beim Satellit, kommen runter. Ich kann sie nicht erfassen. Zwanzig komma fünf Prozent. Der Server, meine Rettung. Hier kommen sie nicht durch. Zwanzig komma zwei fünf. Sie schiessen einfach hindurch, immer noch mit direktem Kurs auf mich. Das kann nicht sein! Zwanzig. Sie haben mich! Carfield, Kaufhaus, 2ter Stock, Anschluß 168. Ich bin geliefert, ich schaffe das nicht mehr! Neunzehn komma neun fünf. Junge, klink dich aus, jetzt! Sie wollen mich nicht nur rausschmeißen. Neunzehn komma neun drei. Nein, sie wollen mein Gehirn rösten. Neunzehn komma neun zwei fünf. Ich fühle wie sich das bioelektrische Feedback aufbaut. Neunzehn komma neun zwei drei. Versuche meine rechte Hand hochzureißen, der Muskel krampft. Komma neun zwei zwei. Der Schmerz setzt ein. Komma neun zwei eins. Lora! Neun zwei null. Stille.

"Eric, sie bringen ihn um! Tu doch was!" bettelte Lora mit erstickter Stimme. Aber Eric konnte nichts tun. Chris hatte es ihm ausdrücklich verboten. Blut lief ihm aus Nase und Ohren.

Die Libellen fielen tot von ihm ab. Das Las Vegas Girl lachte. Aber nur für einen kurzen Moment. Der Ork richtete sich, schwer verletzt, wieder auf. Das Umleitungsprogramm hatte eingesetzt.
"Hurensohn, bist du immer noch nicht tot?"
Sie zog ein Messer aus ihrem Stiefelschaft und ging auf ihn los. Mit seiner linken Hand fing er das Messer ab, mit seiner rechten packte er sie am Hals. Plötzlich wußte sie, daß über seine Haut etwas in sie eindrang. Das Retrovirus überwand ihre Schutzbarriere, suchte ihren Gencode. Aus seinem Kopf pumpte es seine RNA in sie hinein, Programmenzyme schrieben es in Desoxyribonucleinsäure um. Dodger ließ sie los, ging auf sicheren Abstand.
"Ich erwische dich noch, Grünhaut!"
Dann brachen sich die Viren gewaltsam Bahn. Wie Geschosse fetzten sie aus ihr heraus, hunderte von Abkömmlingen, und verloren sich im leeren Raum. Noch 10%.
Eine neue Welle von frisch initialisierten Kampfdrohnen und Suchsonden rückte heran. Noch 5%. Auch Söldner waren darunter. Dodger glaubte einen Cyborg mit Babys Gesicht zu erkennen. Noch 3%. Die Spinnen gingen in Stellung, richteten ihre Miniguns auf ihn. 2%. Sie eröffneten das Feuer. Der Kugelhagel prasselte auf ihn ein. 1%. Der Schutzschild gab nach und kollabierte. 0%. Er klinkte sich aus.

Chris preßte die Augen zusammen und atmete tief durch. Er hatte es geschafft! Er hatte es tatsächlich geschafft! Er öffnete die Augen.
"He, wie geht es dir?" fragte Lora.
"Gut", Dodger grinste, "wirklich gut."
Er sah Eric lächeln, zum zweiten mal in seinem Leben.
"He Eric, machst du mich von diesem beschissenen Stuhl los?"
"Natürlich."
Eric ging zum Stuhl um die Klettverschlüsse zu öffnen. Erst den Armriemen, dann die Fußriemen. Da wußte er, daß er durch seine Nachlässigkeit einen fatalen Fehler begangen hatte. Dodger sah noch wie sie die Waffe zog.
"NEIN!"
Erics Gehirn verteilte sich über den Tisch und den Fuchi Hurricane SIX.

Epilog

"Ich gratuliere ihnen. Ich muß zugeben, sie haben meine kühnsten Erwartungen übertroffen."
Dean Ladavac lehnte sich lässig hinter seinem ausladenden Schreibtisch zurück. Aus diesem Stockwerk hatte man durch die gepanzerte Glasfassade einen Blick über die ganze City.
"Tut mir leid, ich weiß nicht wovon sie sprechen."
Dodger hatte keine Ahnung wie er hierher gekommen ist. Das letzte an was er sich erinnerte war Eric. Dean zeigte sein Haigebiß.
"Nun tun sie nicht so, Mister Jamestown. Wir wissen schon seit einiger Zeit von ihrem Interesse an Projekt VL. Um ehrlich zu sein, sie sind nicht der erste, der sich daran versucht hatte. Aber noch keiner ist so weit gekommen wie sie, Mister Jamestown. Wie gesagt, ich bin überaus beeindruckt."
Ladavac setzte eine freundliche Geschäftsmimik auf. Für Dodgers Geschmack eine Spur zu freundlich. Am liebsten wäre er aufgestanden und hätte sie ihm aus seiner Visage geprügelt.
"Ich kann das natürlich verstehen. Auf jemanden wie sie, der so technikbegeistert ist, muß unser kleines Programm wie ein Magnet wirken."
"Einen Dreck verstehen sie!"
Sein Mundwinkel zuckte einen Augenblick lang unkontrolliert. Für einen kurzen Moment schien es, als ob Ladavac seine Fassung verlieren würde. Dann hatte er sich wieder gefangen und überging den Kommentar, als ob Dodger nie ein Wort gesagt hätte.
"Die Erschaffung einer perfekten künstlichen Realität war das Ziel unserer Firma, seit wir begonnen haben mit biokybernetischen Interfaces zu experimentieren. Der Übergang von der Virtual Reality zum Real Life."
"Virtual Life."
"Eine großartige Vision, nicht wahr. In Kürze wird es nicht mehr nötig sein, daß wir uns in Fleisch und Blut hier gegenüberstehen. Virtual Life wird ein Dienst an der Menschheit werden. Vorbei die Zeit der Ungleichheit, der Ungerechtigkeit. Es wird keine Behinderungen, keinen Rassismus, kein Leiden mehr geben. Weg mit diesen störenden zwischenmenschlichen Problemen, den Sorgen. Jeder kann nun leben wie er will, in Freiheit."
Seine kleine Rede hatte Leidenschaft. Die kalte Leidenschaft einer eingeübten Rede ohne Überzeugung.
"Sagen sie mir, was sie von mir wollen."
"Natürlich." Wenn man genau hinblickte konnte man fast sehen, wie sich sein Killerinstinkt einschaltete. "Ich bin befugt ihnen ein geschäftliches Angebot zu unterbreiten, daß sie sicher interessieren wird."
"Mit ihnen mache ich keine Geschäfte."
"Mister Jamestown, ich verliere langsam meine Geduld mit ihnen. Ich glaube sie sind sich über ihre Position nicht ganz im klaren."
"Ach nein? Ich sag ihnen was. Ich werde sie verklagen von hier bis Chiba City. Ich drehe ihnen einen Mord an."
Ladavac blickte ihn an wie einen dummen, ungehörigen Schüler, der einfach nicht verstehen wollte. Einen Schüler, der seit langem eine ordentliche Tracht Prügel verdient hatte, wenn es nach ihm ging.
"Mister Jamestown, wir haben sie in flagranti ertappt, wenn ich es einmal so sagen darf. Wir haben die Beweise für Planung und Durchführung ihrer Tat. Rechtlich gesehen haben sie sich auf unserem Hoheitsgebiet befunden, als sie sich Besitz von Nokia Bio-Cybernetic Networking aneignen wollten, das, wenn ich so ehrlich sein darf, nicht mal den Speicherplatz wert war, auf dem es sich befand. Nun, damit fallen sie unter unsere Gerichtsbarkeit." Ladavac genoß förmlich jedes einzelne Wort. Dann warf er einen Stapel großformatiger Fotoabzüge auf den Tisch. "Damit sind wir berechtigt sie solange festzuhalten, bis weiter über sie entschieden wird. Leider haben sie sich dem Zugriff einer unserer Agenten wiedersetzt."
Dodger sah sich die Fotos an. Zwei Leichen, aus verschiedenen Perspektiven aufgenommen. Eric, wie er auf dem Bauch in einer Blutlache lag. Daneben er.
"Das können sie nicht machen!"
"Wir können noch viel mehr machen, Mister Jamestown, seien sie dessen versichert. Ich glaube nun sind sie bereit, sich mein Angebot anzuhören, daß sie nicht ausschlagen werden können. Setzen sie sich doch!"
Dodger mußte sich tatsächlich setzen. Ungläubig blätterte er weiter durch die Fotos.
"Durch ihre Fähigkeiten haben sie sich für unser neues, spezielles Projekt qualifiziert."
"Was muß ich tun?"
Ladavac grinste. Er wußte wann er gewonnen hatte.
"Das, was sie bisher auch immer getan haben. Nur das sie jetzt für uns arbeiten."
"Und warum glauben sie, daß ich für sie arbeiten will, abgesehen von dem hier?" Verächtlich hielt er die Bilder hoch.
"Sie werden mit unserer neuesten VL Hard- und Software ausgestattet. Ein ganzes Wissenschaftlerteam wird zu ihrer Verfügung stehen für die Weiterentwicklung und persönliche Anpassung. Kein Wunsch wird ihnen offen bleiben, sollte das nicht reichen. Wie wäre es mit Geld, Autos, Frauen? Nun, was sagen sie dazu?"
"Hmmm, das klingt wirklich verlockend. Außerdem scheine ich ja keine große Wahl zu haben."
Ladavac lächelte wie nach einem erfolgreichen Geschäftsabschluß.
"Ich sehe, wir verstehen uns."
"Wann werde ich anfangen?"
"Sie sind schon dabei. Unser Wissenschaftsteam wird sie dann in alles einführen. Ich heiße sie bei Nokia Networking willkommen."
Ehe es Dodger merkte schüttelte der Hai seine Hand und begleitete ihn nach draußen.
"Ach übrigens, die Bilder sind hervorragend gefälscht. Ich konnte keinen Fehler darauf entdecken."
"Wie kommen sie darauf, daß sie gefälscht seien?"
Dodger sah ihn verwirrt an. Der Hai grinste.
"Seien sie froh, daß sie nicht auf ihren Kopf geschossen hat."
Ladavac lachte über seinen kleinen Scherz. Dodger war plötzlich müde, seine Augen fühlten sich furchtbar überanstrengt an. Für einen Augenblick glaubte er, daß ein Teil der Wand dort hinten schwarzgrau geflackert hätte. Dean öffnete ihm freundlich die Tür.
"Da habe ich ja wirklich Glück gehabt. Mein Kopf ist schließlich das wichtigste."
"Natürlich. Ach, haben sie eigentlich gewußt wie lange ein Gehirn in einer Nährlösung alleine überlebensfähig ist? Über sechzig Jahre, wirklich erstaunlich."
Dean verabschiedete ihn.
"Dann wünsche ich noch viel Vergnügen bei ihrem Aufenthalt im Virtual Life!"

 

Hervorragende Geschichte und ein interessantes Thema. Hat mir gefallen.

Allerdings bin ich der Meinung, daß der Zusatz "Eine Cyberpunk Geschichte" überhaupt nicht passt. "VL" alleine hätte völlig gereicht. Cyberpunk hat nix mit der Story zu tun.

Ob Amerikaner einen Mann, der Chris heißt, mit "Chrisilein" ansprechen, bezweifle ich...

Die Andeutungen, daß Lora was im Schilde führt, würde ich im Nachhinein rausnehmen, weil sie den (wirklich guten) Schluß leicht vorhersehbar machen.

Warum wußte Eric, das er einen Fehler machen würde, als er Chris von den Arm- und Fußfesseln befreit?

Und ein carbonverstärkter fahrbarer Stuhl ist doch nichts weiter als der gute alte "Bürostuhl mit Rollen", oder?

Zweifellos hast du dich stark von "Matrix" beeinflussen lassen, so sehe ich es zumindest, hihi.

Da ich nicht so der große Technik-Freak bin, muß ich einfach mal annehmen, daß das alles luppt, was du da so an Einzelheiten (manchmal etwas ermüdend...) beschreibst.

Aber: Hervorragende Geschichte!

Poncher - Der sich eher die Kugel gibt, als in der VL leben zu müssen!

 

Hi Poncher!

Wow, du hast es dir wirklich ganz durchgelesen, Respekt! Mit dem Cyberpunk hast du im Nachhinein gesehen wahrscheinlich recht. Ursprünglich habe ich auch etwas viel düsteres und "dreckigeres" vorgehabt, was dann aus verschiedenen Gründen nicht ganz gepaßt hat. Damit ist das Cyberpunk-Feeling etwas verlorengegangen. In den Titel habe ich es auch nur deswegen gepackt, damit man schon vorher ungefähr weiß was einen erwartet.

Wegen dem Chrisilein, hmm, das Detail macht mir jetzt kein Kopfzerbrechen ehrlich gesagt.

Das mit Lora ist natürlich der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte, worüber ich mir auch die meisten Gedanken gemacht habe. Auf keinen Fall wollte ich, das es so wirkt als ob ich mir diese Lösung am Schluß schnell aus dem Ärmel gezogen hätte. Du fandest es also zu offensichtlich? Würde mich auch noch interesieren was die anderen dazu meinen, um es dann entsprechend abändern zu können. Wenn man selbst das Ende im voraus schon kennt kann man es selbst schlecht beurteilen.

Bei Eric habe ich es mir so gedacht: ihm ist in dem Moment, vielleicht durch Instinkt, eingefallen, daß er vergessen hat die Frau vorher zu durchsuchen.

Eins was mich an Matrix stört ist, daß es nicht ganz logisch ist. Außerdem kann ich Neo nicht abnehmen das er ein Hacker ist.

Was die Details betrifft hab ich halt versucht so gut zu recherchieren wie es in einem sinnvollen Rahmen möglich ist.

Danke für das Durchlesen und die Kritik. Wenn ich vielleicht noch fragen darf: fandest du, daß die Geschichte irgendwo Längen hatte oder langweilig wurde? Auch habe ich mir überlegt den Epilog einfach wegzulassen, als offenes Ende sozusagen. Dann wäre es aber wahrscheinlich völlig unverständlich, oder?

 

Okay, ich habe jetzt die Geschichte überflogen, und ich meine es so, wie ich es schreibe!

Das ist natürlich wahnsinnig unfair einem Autor gegenüber, aber wie du richtig vermutet hast, ist das definitiv nicht die Art SF, die ich mag.

Vor allem am Anfang - Kunstsprache, die Fachtermini, VL, Schnittstelle Gehirn, usw. erinnerten mich fatal an diese ganzen Neuromancer/Cyberspace-Geschichten - und die sind mir wirklich verhasst!

Du erzählst deine Geschichte gut und flüssig, ohne Zweifel, und wer diese Art SF mag, kommt hier voll auf seine Kosten.
Ich habe mich nur gelangweilt und sehe mich außerstande, eine objektive Kritik hierzu anzufertigen.
Dafür entschuldige ich mich, denn es liegt nicht an deiner Geschichte, sondern an meiner Einstellung zu ihr.

So unbefriedigend das auch für mich ist: Ich kann sie nicht beurteilen, tut mir leid!

Hoffe, du kriegst kompetente Kritiken.
Übrigens fand ich sie nicht wirklich besonders lang!

 

Okay, ich habe jetzt die Geschichte überflogen, und ich meine es so, wie ich es schreibe!

Das ist natürlich wahnsinnig unfair einem Autor gegenüber, aber wie du richtig vermutet hast, ist das definitiv nicht die Art SF, die ich mag.

Vor allem am Anfang - Kunstsprache, die Fachtermini, VL, Schnittstelle Gehirn, usw. erinnerten mich fatal an diese ganzen Neuromancer/Cyberspace-Geschichten - und die sind mir wirklich verhasst!

Du erzählst deine Geschichte gut und flüssig, ohne Zweifel, und wer diese Art SF mag, kommt hier voll auf seine Kosten.
Ich habe mich nur gelangweilt und sehe mich außerstande, eine objektive Kritik hierzu anzufertigen.
Dafür entschuldige ich mich, denn es liegt nicht an deiner Geschichte, sondern an meiner Einstellung zu ihr.

So unbefriedigend das auch für mich ist: Ich kann sie nicht beurteilen, tut mir leid!

Hoffe, du kriegst kompetente Kritiken.
Übrigens fand ich sie nicht wirklich besonders lang!

 

Hallo Rainer!

Schön daß du trotzdem noch reingeschaut hast. Daß dir die Art der Geschichte nicht liegt ist natürlich Pech, ging mir bei deiner letzten Story genauso. Vielleicht das nächste mal wieder :)

 

Mit "Pech" hat das nix zu tun! Ist halt eine persönliche Einstellung.
Ich habe mal versucht, "Neuromancer" zu lesen, hab´s aber wieder aufgegeben. Ich war nicht mal imstande, Kurzgeschichten zu diesem Sujet zu lesen - ich kann einfach nix damit anfangen!

Liegt also bestimmt nicht an dir.

 

Go Udo go !!

Ich weiss, ich weiss, ich wollte eigentlich 'ne Kritik schreiben, habs' aber nicht getan, sorry. Inzwischen ist es zu lang her das ich die Geschichte gelesen habe, um detailliert rumnörgeln zu können :(

Also, kurz :

Ich fand die Geschichte gut. Stillistisch wäre vielleicht noch ein bisschen Feinarbeit angebracht (Dialoge). Das grösste Problem, dass ich hatte, ist, das sie in einer Welt spielt, die Shadowrun sehr ähnlich ist, aber eben andere Begriffe für die gleichen Dinge verwendet (Drohnen für ICs usw.). Das wirkt auf mich eben ein bisschen so wie wenn das Wort "Messer" eben zu "Mosser" wird, ohne das die Sache an sich seine Eigentchaften ändert. Aber da Sr-Spieler hier wohl eine Minderheit sein dürften, ist das wohl mein Problem.

Ich gratuliere zu deinem Erfolg !

Gruss,

Batch

 

@Templer Ganta:

"VL" hat den ersten Platz im Geschichtenwettbewerb des D2Network gemacht, der größten deutschen Diablo2 Fanseite (auch wenn die Story nichts mit Diablo oder Fantasy zu tun hat).

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Yeah! Gratuliere!

Und was hast du gewonnen? Geld? Macht? Mädels?

 

Wieso eigentlich 'Templer'?

Ich rate zwar nur, aber ich schätze die 'Templer' sind ein Diablo 2 (Computerspiel) Clan.

Gruss,

[>>DLdC<<]P]Batch

 

@Morphin
siehe mein Profil

@Batch
Thanx erstmal. In der Tat lehnt es sich sehr stark an Gibson an (der das Vorbild zu SR gab, die Begrifflichkeit ist praktisch 1:1 übernommen und noch erweitert worden). Was die "Matrix" anbelangt entfernt es sich aber teilweise sehr weit von ihm. ICE definiert Gibson, wenn ich mich recht entsinne, als statische Wände/Geflechte etc. Seine Vorstellung über die VR ist mehr surrealistisch und gleicht eher einem Batik T-Shirt. Die SR Matrix ist immer noch sehr abstrakt mit Kuben und Pyramiden. Die "Figuren" sind noch als solche zu erkennen: "wer tech spielt soll auch nach tech aussehen." Absoluter Realismus ist nur auf eine sehr fortgeschrittene KI zurückzuführen. Vom Erscheinungsbild und teilweise von der Funktionalität gleicht meine VR eher dem Film Matrix. Dazu kommen eigene Ideen wie DNS orientierte Programmierung. Was tatsächlich am meisten von SR kommt ist das Kampfsystem mit Schildprogrammen und der AK-98, vermengt mit Ideen aus Shootern und Sachen wie den Antikörpern. Sogar eine direkte Anspielung auf Tron ist zu finden. Es ist also viel weniger SR enthalten (was auch tatsächlich von SR kommt), wie es zunächst scheint.

@Poncher:
*ggg
Theoretisch hätte ich 3 PC Spiele gewonnen, aber die hatte ich schon oder fand ich uninteressant, und da hab ich gesagt gebts den anderen. Bleibt halt dann nur die Ehre :D

 

Aber bei den Frauen zieht das sicher, oder?
"Du, ich hab den ersten Preis bei nem Wettbewerb gewonnen! Also, Baby, bei dir oder bei mir?"

Wo kann ich meine Gewinnstory einsenden? ;)

 

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