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Wandern im Herbst

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12.11.2023
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Wandern im Herbst

Die Autolichter blinken kurz auf, als ich das Auto zusperre.
Vor mir schlängelt sich ein steiniger und mit braunroten Blättern befallener Pfad den Berg hinauf.
Die Sonne scheint mich hinter dem Baumwipfeln vom anderen Ende des Berges aus zu begrüßen und lädt mich ein sie zu besuchen.
Der Wind streift sanft um meinen Körper als ich die ersten Meter des Pfades hinaufsteige. Der Kiesel unter meinen Füßen fühlt sich fest
und sicher an. Ich lächle. Nach einiger Zeit drehe ich mich um und sehe mein Auto als kleinen Fleck unten am Parkplatz. Wie weit ich doch schon gekommen bin,
denk ich mir, und gehe weiter. Der Kiesel fühlt sich etwas rutschiger an im feuchten Waldboden. Meine Füße werden langsam etwas schwer. Ich entscheide mich
eine kleine Pause auf einer Bank inmitten einer kleinen Lichtung einzulegen. Es ist ruhig. Wie weit es wohl noch ist? Die Vögel zwitschern
und die Sonne wartet nach wie vor auf mich oben auf dem Berg, unablässig und fordernd herabstarrend. Ich nehme einen Schluck Wasser und mache mich wieder auf den Weg.
Nach einer kleinen Kurve teilt sich der Weg. Zwei alte, auf Baumstümpfen eingeritzte Richtungsanweisungen sagen mir, dass beide Wege zum Gipfel führen.
Komisch, denk' ich mir, und wähle aus reiner Willkür den rechten Weg. Der Kiesel rutscht unter meinen Füßen und meine Schuhe scheinen die Feuchtigkeit des Waldes nicht
mehr lange abhalten zu können. Ich komme an einer Bergquelle vorbei, die leise plätschernd den Berg hinunterkriecht. Das eiskalte Wasser hilft mir. Der Weg beginnt stark anzusteigen. Meine Beine brennen. Ich atme schwer. Ist das der richtige Weg? Wär' der andere Weg einfacher gewesen? Ich halte inne und drehe mich um. Zurückgehen würde sich nicht lohnen, ich bin jetzt schon so weit gekommen. So weit kann's nicht mehr sein, denk ich mir, und gehe weiter. Meine Füße sind mittlerweile nass. Mit jedem Schritt trete ich eine kleine Lawine Kiesel los. Die Sonne steht immer noch oben, unbeeindruckt und stoisch wartend. Eine kleine Pause noch, sage ich mir, und nehme auf einem Stein am Rande eines Abhanges Platz. Mein Auto ist mittlerweile nicht mehr zu erkennen. Am Horizont kann ich einen Fluss an Fahrzeugen über eine stark befahrene Straße donnern sehen.
Ich bemerke eine Ameisenstraße neben mir. Sieht ähnlich aus, denk ich mir, und beäuge die Straße. Weiter unten am Berg liegt ein Kadaver, sieht aus wie ein Reh.
Die Kondition hätte ich auch gerne, denk ich mir, als ich die Ameisen fleißig den Kadaver bearbeiten sehe. Ein Knacken. Peripher sehe ich ein Reh aus dem Dickicht lugen.
Ob das wohl ein Freund oder Familie des Kadavers war? Ich seufze. Hier scheint es dunkel zu werden, ich muss weiter. Die Sonne stark strahlend am Gipfel fragt sich wo ich bleibe. Ich packe meine nun fast leere Wasserflasche und das Papier meiner Proteinriegel und mache mich wieder auf den Weg. Ich hätte den anderen Weg wählen sollen, denk ich mir, als ich an einem besonders steilen Stück ausrutsche und mir das Knie aufraffe. Wieso mach' ich das eigentlich? Meine Füße sind nass, meine Beine schwer, ich schwitze und bin müde, mein Knie blutet und ich bin noch gar nicht weit gekommen. Ich hab' noch so weit, ich kann das nicht. Ich bin jetzt schon so lange unterwegs, dass es dunkel und kalt wird. Nach einer steilen Linkskurve wird der Weg wieder etwas flacher und ich kann durch die Bäume wieder vereinzelte Sonnenstrahlen durchblitzen sehen. Der Wind streift wieder sanft um meinen Körper, der Kiesel fühlt sich wieder fest und sicher an. Ich lächle. Vielleicht war es doch der richtige Weg, denk ich mir, als ich mich wieder einmal umdrehe und den steilen Pfad betrachte. Die nächsten Minuten verbringe ich damit, gedanklich meine nächsten Bergtouren zu planen. Ich könnte doch mal was richtig großes gehen. Vielleicht eine Mehrtagestour? Ich erinnere mich an einen Artikel, der eine sehr anspruchsvolle wochenlange Wanderung behandelte. Zwei Tote pro Jahr stand da drin. Aber ich kann das, da mach' ich mir keine Sorgen. Ich komme aus dem Wald heraus und betrete eine große, weitläufige Wiese mit saftigem Gras und wellendem Gelände. Kuhglocken klimpern, als ich von den Bewohnern dieser Fläche beäugt werde. Die Sonne, warm einladend und führend, steht immer noch geduldig auf mich wartend oben am Gipfel. Hier ist es schön, ich könnte hier eine Weile bleiben. Ich setze mich auf die Wiese und betrachte mein Knie. Der Schmerz hat aufgehört und die Wunde blutet nicht mehr. Halb so schlimm, denk ich mir, als ich die Kühe beim Mampfen zusehe. An was die wohl gerade denken? Ob die wohl hier zufrieden sind? Klar, es ist friedlich und schön hier, aber es gibt doch bestimmt neue, unberührte Grasflächen überall auf dem Berg. Ich nehme den letzten Schluck Wasser. Ich hätte unten bei der Quelle mehr auffüllen sollen. Naja, das Stück'chen schaff' ich jetzt auch noch so, denk ich mir, als ich den kurvigen, stillen und provozierenden restlichen Pfad zum Gipfel begutachte, der sich zwischen Bäumen, von Lichtung zu Lichtung über die Schattenseite des Berges hinaufhangelt. Oben wartet die Sonne. Als ich am anderen Ende der Wiese angekommen bin, drehe ich mich noch einmal um. Hier wär's schon schön. Ein mulmiges Gefühl beschleicht mich, als ich mich von der grünen, sonnigen und friedlichen Wiese abwende und dem dunklen, kalten Pfad entgegentrete.
Der Pfad, nach der Wiese noch breit und einladend, wird nun enger. Die Bäume rücken immer näher, der Wald wird dichter und schirmt das Sonnenlicht ab. Mein Knie fängt wieder an zu schmerzen. Ach, das hab' ich vorher schon ausgehalten, das wird schon. Der Pfad ist nun so schmal, dass keine zwei Wanderer nebeneinander Platz gefunden hätten. Das ist wohl keine Tour für mehr als einen, denk ich mir, als ich mich nun schon halb seitlich den schwach ausgetretenen Pfad hindurchzwänge. Es wird kalt, ich friere. Natürlich hab' ich wieder keine Jacke dabei. Tja, selbst schuld. Der Pfad ist nun so eng, dass ich mir meine Arme bei jedem zweiten Baum an einem in den Weg hängenden Ast schneide. Ich zittere vor Kälte. Die Sonne scheint nicht mehr auf mich zu warten, es ist dunkel und kalt. Ich stoppe kurz und atme tief ein. Meine Hände sind nun eingefroren, meine Arme bluten an den seltsamsten Stellen und meine Füße sind wieder klitschnass. Ich lehne mich an einen der wenigen Bäume, die keinen Anschlag auf mich verüben wollen. Ich schaue nach oben. Trotz des dichten Blätterdaches und des fehlenden Lichts kann ich einen Vogel erkennen, der auf einem der dickeren Äste einer Eiche sitzt und mich beobachtet. Na du, is' schon kacke hier oder? Der Vogel rührt sich nicht und starrt mich weiter unablässig an. Plötzlich erfüllt mich eine seltsame Leere. Ich bin hier ganz alleine, mitten in einem dunklen Wald. Was wäre denn, wenn ich mich hier verletzen würde? Würde man mir helfen? Würde es überhaupt jemandem auffallen? Es raschelt. Ein Frosch hüpft keine 2 Meter vor mir über den Waldboden. Ich lasse mich den Baum hinabsinken. durstig, hungrig, zitternd vor Kälte und blutend starre ich mit leerem Blick den Frosch nach, der gerade versucht über ein besonders großes Blatt zu hüpfen. Es ist still, so still dass ich nicht mal mehr meine eigenen Gedanken hören kann. Alles scheint weit weg zu sein, das Geräusch des Frosches so still und doch dumpfend dröhnend in meinem Kopf. Ich stehe auf. Abwesend und ohne einen konkreten Schluss gefasst zu haben, lasse ich mich von meinen Beinen weitertragen. Endlos und gefühlt stundenlang zwänge ich mich schweratmend durch den schmalen Pfad, der nun nicht mal mehr mit Kieselsteinen erkennbar ist, sondern nur noch aus tiefem, moosigen Waldboden besteht. Ich vermisse die Kiesel, denke ich mir, als ich nach' ungewisser Zeit plötzlich wieder meine Gedanken hören kann. Überrascht von mir selbst stocke ich. Ich sehe an mir herunter. Die Hose ist zerrissen, das Knie blutet wieder, die Arme sind zerschnitten, die Hände taub. Ich lächle. Ich fühle mich lebendig. Ich denke zurück an den Frosch und hoffe, dass er den Sprung über das Blatt geschafft hat, während ich mich weiter durch den Wald zwänge. Es wird leichter, denk ich mir, und tatsächlich, der Weg scheint sich wieder zu auszudehnen. Wie wohl der andere Weg gewesen wäre? Ich höre fern leises Plätschern. Grinsend und mit letzter Kraft schleppe ich mich den Weg entlang und nach einer kleinen Waldkreuzung sehe ich die Quelle, wie sie einladend zwischen zwei Bäumen mit wundervoll geschwungenen, spitzen Ästen den Berg hinunterfließt. Ich halte meine tauben Hände an die Quelle und spüre beim Trinken, wie die Vitalität zurückkommt. Diese Äste hier sind irgendwie schöner, denk ich mir, als ich gegenüber der Quelle auf einem Baumstumpf Platz nehme. Wie weit es wohl noch ist? Ich fülle meine Flasche auf und gehe weiter. Ich schneide mich wieder ab und zu an den Ästen, aber der Weg scheint seine Aggression verloren zu haben. Mir wird warm im Bauch und ich kann nicht anders, als zu grinsen. Alles schmerzt, blutet, ist kalt und nass und doch hab' ich mich selten so gut gefühlt, wie in diesem Moment. Die Bäume lichten sich und ich lasse die ersten Sonnenstrahlen, die sich durch die Bäume kämpfen, auf meinem Gesicht tanzen. Sie ist doch noch da, denk' ich mir. Die Vögel zwitschern, der Wind ist sanft und warm. Ich sehe das Gipfelkreuz nun klar und deutlich vor mir. Mehr aus ursprünglicher Zielsetzung als aus Erfolgserlebnis stapfe ich darauf zu. Die letzten Meter, denke ich mir, als ich ein paar in den Stein gehauene Stufen hinaufsteige. Ich bin da. Die Sonne thronend und in ihrer Perfektion über mir, wild strahlend und meine kalten Hände wärmend, unerreichbar und doch greifbar. Ich glaub', das war der richtige Weg, denk ich mir, als ich auf einer Bank am Rande des Gipfels Platz nehme. Neben mir sehe ich eine junge Familie. Die Kinder toben lachend um das Gipfelkreuz, während die Eltern versuchen sie für ein Gipfelfoto zu motivieren. Ich lächle. Die sind wohl den anderen Weg gegangen.

 

Hallo @SomeKid ,

herzlich willkommen im Forum! :gelb:

Ich habe deinen Text gelesen und möchte dir nur einen kleinen Rat an die Hand geben: Schau doch mal, was einen Plot von einer Handlung unterscheidet. Du hast hier eine Reihung an Handlungen und Beobachtungen, aber absolut keinen Plot. Ich denke nicht, dass sich dies als Kurzgeschichte qualifiziert, selbst wenn alles ausgedacht / fiktiv sein sollte.

Im oberen Teil hast du noch einige falsche Zeilenumbrüche mitten in den Sätzen. Wenn du unten im Feld auf 'bearbeiten' gehst, öffnet sich das Textfeld wieder, dann korrigieren, nicht vergessen, auf 'speichern' zu klicken.

Der Textblock weiter unten könnte dagegen einige Zeilenumbrüche und ggfs. ein, zwei Absätze an geeigneter Stelle vertragen.

2 Meter -> Zahlen bis mind. zwölf, am besten aber solange sie gut lesbar sind, ausschreiben.

Ich wünsche dir noch viel Spaß bei uns, trau dich ruhig, selbst ein paar Texte zu besprechen. Davon lernst du selbst am meisten.

Herzlichst,
Katla

 

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