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Warten
Die Zeit scheint aufgehört haben, zu vergehen. Zehn Leute sind wir, herbeordert aus demselben Grund. Zu tun haben wir vorher nichts miteinander gehabt. Gesehen hat man einige schon mal kurz, andere sind vollkommen unbekannt.
Warten. Was anderes bleibt uns im Moment nicht übrig. Wir sind dazu verdammt. Die Stille, die sich, über uns gelegt hat, ist nur schwer zu ertragen. Und trotzdem tut keiner etwas dagegen, keiner fängt an zu sprechen, keiner wagt es, die Stille zu unterbrechen.
Je länger wir warten, desto freundlicher erscheint sie uns.
Eine willkommene Ausrede, nichts zu sagen.
Unruhig auf und ab gehen. Ich verlasse langsam den Raum, Würde simulierend. Ich warte, aber ich weiß, worauf ich warte. Ausstrahlung ist alles.
Eines der Mädchen verlässt ebenfalls das Zimmer, telefoniert. Leise spricht sie in das kleine Gerät, das sie an ihr Ohr hält. Verwunderlich. Befinden wir uns alle gebunden in diesem Gebäude, so hat sie doch die Möglichkeit, nach außen zu gelangen. Ungleiches Spiel, und dennoch hat sie keinen Nutzen davon. Informationen, die sie exportiert, Informationen, die sie importiert. Aber anfangen, anfangen kann sie hier drin nichts damit. Sie ist uns gegenüber im Vorteil und dadurch im Nachteil. Sie weiß mehr als wir, kann dieses Wissen aber nicht anwenden und ist sich dessen bewusst. Wir haben ihr Wissen nicht, wir machen uns keine Gedanken darüber, dass es uns nichts nützt. Wir sind frei. Zumindest freier als sie.
Ein Blick auf die Uhr. Zu oft in zu kurzen Abständen. Deshalb ist die Veränderung nicht wahrnehmbar. Schleichender Prozess wird erst nach Vollendung bemerkt.
Wir sind alle wieder in dem Raum, sitzen auf unseren Plätzen. Es ist soweit. Siebzehn Uhr dreißig. Der Professor betritt den Seminarraum, die Vorlesung beginnt.