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Warten

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29.11.2001
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Warten

Warten

Er hatte es gesehen, solche Dinge, sie passierten. Ja er hatte es gesehen, schon in so vielen unterschiedlichen Varianten. Er sah es im Fernsehen, im Kino, ja er hatte sogar Geschichten gelesen in denen es passierte.

Es musste also auch ihm passieren, es ging gar nicht anders und er brauchte nichts weiter zu machen als zu warten. Warten darauf, das etwas in sein Leben trat und ihn befreite, befreite von sich selber.
Früher hatte er sich oft gefragt ob das überhaupt einen Sinn hatte, nur dazusitzen und abzuwarten das etwas passierte. Dann überlegte er oft einfach aufzustehen, hinauszugehen und es zu Suchen, aber jetzt nicht mehr.

Was es war, daran konnte sich nicht mehr Erinnern. Aber das störte ihn nicht. Früher vielleicht, aber jetzt nicht mehr. Sobald es da währe, würde er es sicherlich wiedererkennen.

Ja! Freute er sich, dann würde ihm alles wieder einfallen. Er würde wieder wissen warum er wartete, Er würde neue Kraft bekommen , neuen Mut. Er würde aufspringen, hinaus in die Welt rennen und es laut aus sich Herausschreien.

Ja, dachte er sich, er währe ein neuer Mensch und das einzige was er dazu tuhen musste, war warten.

Er wurde immer aufgeregter und konnte es kaum noch abwarten. Am liebsten würde er sofort Rausrennen und es jeden erzählen. All das was er dann endlich alles machen würde, wenn es soweit war. Er würde jeden Erzählen das dann diese Zeit, der endlosen Warterei entgültig vorbei währe und er ein neuer Mensch werden würde. Alles würde besser werden. Er, sein Leben, die Dinge die er tat, einfach alles. Ja er hatte große Pläne, da draußen, in dieser riesigen Welt und endlich würde jemand etwas davon erfahren.

Nein, ging es ihn plötzlich durch den Kopf. Er konnte jetzt nicht raus. Was wäre wenn es dann gerade in diesen Moment vorbeikam, und er wäre nicht da? Vielleicht käme es nie wieder und was würde dann aus seinen Träumen, aus seinem Ideen ja aus seinem Leben werden? Was aus den Dingen die er geplant, die er sich vorgenommen hatte.

Nein, dies konnte er nicht alles aufs Spiel setzten. Zulange hatte er auf diesen Moment gewartet, zu viele Gelegenheiten deswegen an sich vorbei ziehen lassen.

Er konnte nicht anders, er musste warten. Warten bis es zu ihm kam, denn dann würde sicher alles besser werden, alles einen Sinn ergeben. Dass hoffte, nein dass wusste er.

Es musste einfach. >Epikur 15.11.00<

[Beitrag editiert von: Epikur am 30.11.2001 um 21:10]

 

Hallo Epikur

Im Groben kann ich deine Geschichte nachvollziehen:
Da ist sich anfänglich jemand sicher, daß ihm etwas bestimmtes passieren (zustoßen) wird. Vergißt dann aber (seltsamerweise), was ihm so bildreich klar geworden war. Aufgrund dieses mysteriösen Vergessens verklärt er das (nun inhaltslose) Warten an sich zur Sinnfindung, sieht darin seine ganze Hoffnung auf Erneuerung und Erleuchtung. Es wird zu einer Form seines persönlichen Glaubens.
Nun gut - eine etwas konstruierte Geschichte, wo sich der Leser wohl fragen soll, worauf dieser Mensch eigentlich wartet.

>Es musste also auch ihm passieren, es ging gar nicht anders und er brauchte nichts weiter zu machen als zu warten. Warten darauf, das etwas in sein Leben trat und ihn befreite, befreite von sich selber.<

Das einzige, was nach meinem Verständnis mit Sicherheit wirklich ausnahmslos allen Menschen gleichermaßen passieren wird, ist ... sie sterben. Sollte hier tatsächlich das Warten auf den Tod verschlüsselt sein, lebt die Geschichte vom Widerspruch zwischen Sinnfindung und Selbsttäuschung und zeigt dies eher auf einer psychologischen Ebene.

>Er konnte nicht anders, er musste warten. Warten bis es zu ihm kam, denn dann würde sicher alles besser werden, alles einen Sinn ergeben. Dass hoffte, nein dass wusste er.<

Was die Geschichte so verwirrend macht, ist diese seltsame Form von Verdrängung. Natürlich verdrängt jeder Mensch, daß er sterben muß und wird. Aber dies soweit aus dem Bewußtsein zu verlieren, daß man ein diffuses Warten auf Irgendwas "fröhlich" verklären kann, halte ich für nahezu unmöglich - daher konstruiert. Dennoch vermittelt die Geschichte eine ungewöhnliche (wenn auch nicht unbedingt philosophische) Sichtweise auf den Menschen, was sie durchaus interessant macht. Vorausgesetzt, ich habe sie verstanden :rolleyes:

Grüße Martin

P.S.: Beim ersten Überfliegen deiner Geschichte hatte ich eine positive Assoziation zum Warten: "Das Glück mag, wenn es Lust dazu hat, zu mir kommen." - Pessoa

[Beitrag editiert von: Abyssal am 29.11.2001 um 22:32]

 

Vielleicht nicht das Verdrängen des Sterbens, vielleicht das Verdrängen des Lebens.
Es gibt auf dieser Welt mehr Menschen die vor dem Leben Angst haben (in welcher Form auch immer) als vor dem Tot. Und Vielleicht hat er nie wirklich gewusst was dies ist, worauf er wartet und was er möglicher weise schon längst hat.
Es gibt viele Menschen die ihr Leben lang auf Dinge oder Situationen warten und sich so zur Unbeweglichkeit Verdammen.
Zum Beispiel auf die Gelegenheit einen Menschen zu sagen was er einen bedeutet,
oder den Zeitpunkt zum Beenden des Kettenrauchens, oder den Chef selbstbewusst um eine Gehaltserhöhung bitten, oder der simple Vorsatz für das neue Jahr. Möglicher weise ist es ja das warten auf diesen Moment, auf eben jene Gelegenheit von der man meint, von ihr hänge alles ab.

Aber dies nur als Idee. Eine Lösung gibt es, wie bei den meisten Dingen im Leben eben nicht.

Warten wir einfach noch einwenig!

Danke für die Kritik. >Epikur<

 

Hallo Epikur,

Ich fand Deine Geschichte wirklich ausgezeichnet. Ich habe sie auch so aufgefasst, da manche Menschen denken in ihrem Leben wird einmal etwas ganz besonderes passieren, irgendwann einmal - und bis man sich versieht ist man ein alter Greis, der durch das ganze Warten sein Leben "versäumt" hat. Ich kann das ganz gut nachvollziehen, denn ich glaube z.B. nicht an ein Leben nach dem Tod, und habe deshalb fast jeden Tag Angst davor in diesen Zustand des Wartens abzugleiten - oder bin ich vielleicht schon am warten...? Auch wird dieses "In jedem Leben wird was tolles passieren" ständig in der Gesellschaft suggeriert (wie Du sagst Filme, Geschichte), dabei ist es ja nur eine notwendige Mythologie um die Gesellschaft am Leben zu halten. Eine Gesellschaft in der die Rechte des Individuums am höchsten gestellt werden, kann nicht zugeben, dass das Individuum vielleicht gar nicht so besonders ist, bzw. sein Leben nur im Mittelmass verläuft.
Na ja, jedenfalls schließt diese Interpretation nicht die von Abyssal aus - wenn wir nur darauf warten zu Leben, warten wir im Endeffekt nur auf unseren Tod.

 

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