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Warum die Indianer starben

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14.08.2001
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Warum die Indianer starben

Das Kreischen des Adlers durchbrach die Stille. Little Bigfoot setzte unbeeindruckt seinen Marsch durch die Steinwüsten Nebraskas fort. Seit einiger Zeit häufte sich die Anzahl über ihn kreisender Adler und Geier, die seinen Tod voraussahen.
Vor zwei Monden war ihm die Vision erschienen. Apanachi, ehemals Häuptling und Führer der Apachen tauchte plötzlich, während er einen Moschusochsen hinterherjagte, vor ihm auf.
"Dein Volk stirbt! Sie sterben im Kampf gegen die Weißen und im Kampf gegen andere Stämme. Diejenigen, die überleben, sterben, weil die Vorräte knapp werden und die Wälder nicht mehr soviele Moschusochsen beherbergen wie früher.
Du, Little Bigfoot, mußt bald deine Reise beginnen. Sie wird dich weit weg von deinem Stamm führen. Weit hinter den dir bekannten Wäldern der toten Eulen und dem See des Vergessens wirst du gehen. Tagsüber folgst du dem Adler und des nachts wird dir der Stern der Weisheit deinen Weg deuten. Während dieser Reise werden dir drei Geister erscheinen, die dir Hinweise geben, denen du folgen mußt. Erst wenn du den dritten Hinweis erhalten hast, darfst du zu deinem Volk umkehren."

Seit dem war Little Bigfoot unterwegs. Er hatte, wie ihm geheißen war, die Wälder der toten Eulen passiert und irrte seit dem im Land der verlorenen Seelen umher. Tagsüber war er dem Adler und nachts dem Stern gefolgt. Doch seit er den See des Vergessens hinter sich gelassen hatte, rannte er mehr und mehr ziellos in dieser unwirklichen Gegend umher.
Zu diesem einen Adler, der ihn führte, gesellten sich andere, die ihn verwirrten. Er wußte nicht mehr, ob er dem richtigen oder einem falschen Adler hinterherlief. Da er schon zwei Tage ununterbrochen rannte, war er sehr erschöpft und sehr müde. Seine Füße schmerzten und sein Körper forderte Schlaf, den er ihm verweigerte. Auch war ihm seitdem noch keiner der drei angekündigten Geister erschienen, so daß er mehr und mehr an seinem Verstand zweifelte.
"Ihr verdammten Aasgeier", drohend reckte er seinen Finger in den Himmel, "ihr bekommt meine Seele nicht." Keuchend setzte sich Little Bigfoot auf den steinigen Boden und hielt seinen Wanderstock fest umklammert.
Wenn er nicht schon so alt wäre, dachte er, dann hätte er Steine vom Boden aufgehoben und einen nach dem anderen mit gezielten Würfen heruntergeholt. Aber in seinem Alter hatte er nicht mehr die Kraft, den Stein so hart zu schleudern, daß er einen Geier verletzen konnte.

Seine Augen flimmerten vor Müdigkeit. Kurz bevor ihm der Schlaf übermannte, erschien ihm der erste Geist. "Hey, kleiner Bruder, wach auf!" Es war Little Bigfoots toter Bruder Little Baer, zu dem er stets aufgesehen hatte. "Bin ich etwa schon tot?"
"Nein, kleiner Bruder. Noch lebst du. Aber, es gibt etwas, was du erfahren mußt."
Plötzlich bebte der Boden unter ihm, und es öffnete sich eine Spalte, gleich einem Ungetier der sein Maul weit aufriß um ihn zu verschlingen. Minutenlang hielt das Beben an, dann kehrte Ruhe ein. "Wo bin ich?" Little Baer zischte ihn an. "Ruhig! Da ist die Weißhaut." Er blickte hinunter ins Tal und sah einen jungen Engländer, der sich im See badete. Er erkannte die Szene. Vor etlichen Jahren waren er und sein Bruder bei einer Jagd auf diesen Engländer gestoßen. Wie damals hatten beide sich bäuchlings herangepirscht und lagen nun auf einer Anhöhe, verdeckt von Büschen und Felsen und beobachteten das Bleichgesicht.
"Was hast du vor?" Obwohl er die Antwort auf die Frage bereits kannte, konnte er nicht vermeiden, diese Frage zu stellen. Sie kam ihm von den Lippen, wie damals, vor etlichen Jahren. "Ich werde mir sein Skalp holen, das habe ich vor. Und jetzt sei endlich still, oder willst du, daß er uns entdeckt?" Wie damals sah er, wie der 15jährige Little Baer, ein halbes Kind noch, aufstand und zu dem Weißen, den Tomahawk wildschwingend, ins Wasser stürmte. Zitternd war er oben geblieben und hatte den mutigen Kampf seines Bruders bewundert, der ihm zuerst den Tomahawk in die Brust des überrascht wirkenden Weißen schlug und anschließend mit einem Messer dessen Kehle aufschlitzte. Einige Sekunden verstrichen, bis das Keuchen und Ächszen des Weißen aufhörte und der Todeskampf beendet war. Dann zog er den Tomahawk aus der Brust und schlug ihm damit den Skalp von dessen Kopf. Den Engländer hatte er völlig überrumpelt. Er hatte nicht den Hauch einer Chance.
"Hast du gesehen?", rief ihm Little Baer zu. "Hast du das gesehen?" Er hielt ihm den bluttriefenden Skalp unters Gesicht "Mein erster Skalp. Mein Vater wird stolz auf mich sein."
In diesem Moment hatte Little Bigfoot sich nichts sehnlicheres gewünscht, als mit ihm tauschen zu können. Bei seiner Ankunft im Dorf wurde eigens für ihn ein Fest veranstaltet, das bis in die frühen Morgenstunden ging. Little Baer wurde mit der Zeit zum besten Krieger und Jäger des Dorfes. In den Schlachten gegen die Weißfüße und Schwarzfüße führte er die Krieger an, weil er der mutigste von allen war. Sein Tod 5 Jahre nach diesem Ereignis löste unendliche Trauer im Dorf aus. Man fand ihn nur wenige hundert Meter vom Dorf entfernt auf. Hinterhältig hatte man ihn gemeuchelt. Eine Kugel aus einer Feuerbüchse eines weißen Mannes hatte in seinem Körper gesteckt und ihn getötet.

Little Bigfoot wollte seinen Bruder fragen, weshalb er ihm diese Szene gezeigt hatte, doch er war schon verschwunden. Sein Hass auf die Weißen war von neuem erflammt. Sie waren schuld daran, daß sein Volk nichts mehr zu essen hatte. Sie waren in ihr Land eingedrungen, bevölkerten weite Teile dessen und verdrängten zusehens sein Volk. Und sie hatten seinen Bruder auf dem Gewissen.
Wenn das so weiter ginge, blieb nichts mehr von seinem Stamm übrig. Little Bigfoot nahm seine Pfeife, stopfte ihn mit ausgewählten Kräutern und begann zu rauchen. Entspannt sah er den aufsteigenden Dunstfäden nach, die sich gen Himmel schlängelten.
Da tauchte vor ihm der zweite Geist auf. Little Bigfoot sprang entsetzt auf, nahm seinen Tomahawk in die Hand und hieb zweimal auf den Körper des Geistes, der keine Reaktion zeigte. "Hör zu, Little Bigfoot. Ich wurde zu dir geschickt um dir einen Rat zu geben. Und du wirst mir zuhören müssen, ob du willst oder nicht." Little Bigfoot keuchte und zitterte vor Anstrengung und Hass. Ein in einer Uniform gekleidetes Bleichgesicht stand vor ihm und sprach mit ruhigem Ton auf ihn ein. "Noch ist es nicht zu spät. Du hast es in der Hand. Folge mir." Little Bigfoot holte nocheinmal mit seinem Tomahawk aus und versuchte den Kopf des Bleichgesichtes zu spalten, doch er hieb ins Leere. Abermals begann der Boden unter ihm zu beben und wieder wurde er von einem Loch aufgesogen.

Plötzlich befand er sich mitten in einem Getümmel. Er war umgeben von Indianern, die er nicht kannte und die mit Bleichgesichter rangen. Schüsse fielen und überall fielen Indianer wie Bleichgesichter tot um. In seiner Hand hielt er eine Feuerbüchse und schoß auf jedes Bleichgesicht, was sich ihm näherte. Das Schlachtfeld war im Blut der sterbenden Menschen getränkt. Neben ihm fiel ein Indianer nach dem anderen. Es sah nicht gut für sie aus. Die Bleichgesichter schienen übermächtig. Seitlich von ihm zischten Schüsse aus Feuerbüchsen an ihm vorbei oder schlugen in Körpermassen ein. Dann wurde sein Kopf nach hinten geschleudert. Eine Kugel hatte ihn erwischt und es wurde schwarz um ihn. Als er wieder zu sich kam, sah er, wie einige Indianer und einige Bleichgesichter auf diesem Feld beinahe friedvoll umherstanden. Es sah aus, als würden sie miteinander verhandeln und plötzlich wußte Little Bigfoot, worum es ging. Sein Volk gab auf. Sie übergaben ihre ureigenen Rechte an die Weißen. Sein Land würde den Weißen gehören, während sie in Reservate abegedrängt würden.

Seine Wut auf die Weißen wurde übermächtig. So würde es sein? Er würde es verhindern wissen. Wenn das die Botschaft war, die man ihn übermitteln versuchte, dann wußte er bereits jetzt, was er tun müßte. Jeden Indianer, jeden der rotes Blut in sich trug, würde er alamieren und mit ihnen würde er in den Kampf ziehen.
"Hör mir zu!", begann der Weiße wieder, "Noch ist es nicht zu spät. Verdränge deine Wut und lerne deine Weisheit zu benutzen." Dann verschwand er wieder und Little Bigfoot grübelte eine Zeitlang über die Worte.
Er sollte also Weise handeln. Etwa so wie die Bleichgesichter? Wahrscheinlich fehlte ihm auch nur der entscheidende Hinweis des dritten Geistes, um zu verstehen, was sie von ihm wollten.

Der dritte Geist erschien ihm in Gestalt einer wunderschönen, ein wenig seltsam gekleideten, Indianerfrau. Little Bigfoot betrachtete sie eingehend. "Wie kann ich mein Volk retten? Was muß ich tun, damit diese Bleichgesichter uns nicht ausrotten?" Die Indianerfrau lächelte ihn an. "Du hast es in der Hand. Benutze deinen Verstand. Aber, zunächst muß ich dir etwas zeigen." Sie nahm seine Hand und riß ihn in die Höhe. Sie überflogen das Land der Indianer. Als sie so weit oben waren, daß die riesigen Wälder ihm vorkamen, wie kleine Miniaturausgaben, ließ sie ihn los. Er stürzte in die Tiefe. Er schrie, und fuchtelte wild mit den Armen. So sollte es enden? Die Luft übte einen derart großen Druck auf seine Eingeweiden aus, daß er glaubte, er würde bereits in der Luft zerbersten, noch bevor er aufschlug. Abrupt wurde der Sturz gebremst und er blieb mitten in der Luft stehen. Unter ihm waren nun nicht mehr die Wälder und Seen, die er kannte, sondern riesige Bauten. Sie erstreckten sich über das ganze Land und aus enormen Schornsteinen entwich stinkender, die Luft verpestender Qualm. Er beobachtete, wie ein seltsam geformtes Objekt durch die Luft schwebte und auf Amerika – dieser Begriff brannte ihm im Bruchteil einer Sekunde in sein Hirn – zusteuerte. Wenige Zentimeter vor ihm flog es an ihm vorbei und schien ihn beinahe zu streifen. Er konnte lesen, was auf einer Plakette stand: "Made in USA". Das Objekt drang in das Land ein und explodierte. Eine ungeheure Hitze breitete sich aus und schien ihn einzufangen und verbrennen zu wollen. Er spürte, wie sich seine Haut langsam aufzulösen begann. Dann befand er sich wieder in Nebraska auf einem Stein und hielt ein Fetzen einer Zeitung in der Hand.
"Amerika wurde von Europa mit einer einzigen Bombe vernichtet."

Das war also der dritte Hinweis? Langsam fing er an zu begreifen. Sein Bruder hatte den Mut gegenüber den Bleichgesichtern gezeigt und hatte ihn getötet, während er wie eine Maus dagesessen war und sich nicht gerührt hatte. Er erinnerte sich an den zweiten Geist. Die Schlacht seines Volkes war nur deshalb zugunsten der Weißen entschieden, dessen war er sich sicher, weil sie nicht mutig genug waren und nicht entschieden genug gegen sie vorgegangen waren. Und schließlich der dritte Hinweis. Die Bombe war für ihn das Symbol für die Feuerkraft, die sie benötigten um die Bleichgesichter zu besiegen. Das war es, was er jetzt verstand. Oder nicht? Er verdrängte jeden anderen Gedanken und kehrte entschlossen um, damit er sein Volk in die siegreiche Schlacht gegen die Bleichgesichter führen konnte.

 

Moin Andre!

Hä? Was´n gezz nu wieder? Haben wir Europäer der Supermacht ´ne A-Bombe geklaut, oder was?
Oder sind wir schlau wie Günter Jauch und bestellen die Komponenten und pinseln im Nachhinein "Made in USA" drauf?

Ansatzweise konnte man den berühmt berüchtigten "Andre-Slang" erkennen, was nicht negativ gemeint sein soll.

Nur - Satire ist deine Geschichte eigentlich nicht, da du ja im Grunde genommen nichts übertrieben ins Lächerliche ziehst bzw. öffentlich ad absurdum anprangerst.

Aber da kann ich mich (natürlich) auch irren...

Bis bald in diesem Sektor!

Poncher

 

Hallo Poncher!

Ich muß dir recht geben. Ich wußte ehrlich gesagt nicht, wohin mit diesem Text. Vielleicht wäre er besser bei Gesellschaft oder Seltsam oder Alltag/Sonstige aufgehoben.

 

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