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Wer ist diese Schriftstellerin?

Beitritt
30.09.2002
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Wer ist diese Schriftstellerin?

Die alte Frau schrieb und schrieb und schrieb. Die Schreibmaschine ächzte und ächzte und ächzte. Und Cornwall wurde bekannter und bekannter und bekannter. Aber die Touristen sagten: „Also das hätte ich mir anders vorgestellt.
***

Menschen redeten eifrig, hinter Zeitungen versteckten sich müde Gesichter, die Bänke waren besetzt, jemand schlürften heißen Tee, Schreie und Rufe schallen über das Gelände, ein Mann verkauft Brötchen und Kaffee. Ein Zug fährt ein. Mit quietschenden Eisen kommt es zum stehen. Der Lautsprecher gibt die Ankunft bekannt. Wenige Leute steigen aus, leere Gesichter, die Mäntel über dem Arm drapiert, Koffergriffe gepackt. Entschlossen. Das Geld fürs Taxi bereits abgezählt in der Jackentasche. Unter ihnen ein Mann, eine Frau, ein Junge. Eine Familie. Sie verlassen den Bahnhof und verschnaufen auf den Stufen.
Die Frau sagt: „Spürt ihr sie auch, die satte, süße Luft, die salzige Prise, die uns umweht wie ein Seidentuch auf nackter Haut? Spürt ihr den Hauch der Unendlichkeit?“
Der Mann sagt: „Nö.“
Der Junge sagt: „Ich will Eis.“

***
Die Sache sah nicht besonders gut aus. Böse und breitbeinig wie ein zu groß geratener Tintenfleck auf einem Löschblatt, wie eine riesige Ölfläche im Orient hatte sich das schwarze Monster auf dem Röntgenbild ausgebreitet, das der Arzt an die Wand geheftet hatte. Den Mann, der betont gefasst auf dem aufgeplatzten Ledersessel hockte, überkamen heiß-kalte Schauer der Angst, Schweiß rann in klebrigen Strähnen seinen Rücken herab ins Hemd, dass er ein Taschentuch aus der Hose zog und sie aufwischte. Auf dem Schreibtisch standen duftende Frühlingsblumen.
„Nun ja, ich will ehrlich mit ihnen sein“, sagte der Arzt und setzte den bedeutendsten Blick ein, den er auf Lager hatte, „ihr Leben kann jeden Moment vorbei sein. Bereiten sie sich auf den Tod vor.“
Der Mann dachte an seine Familie. Die kastanienbraunen Haare seiner Frau, die nach frischem Heu rochen. Das süße Kinderlachen seiner zweijährigen Tochter, seinen Hof, die Pferde. Alles würde ihm genommen werden.

***
Kinder wirbeln um Holztische, Männer saufen Bier und spielen Karten, Frauen tauschen Dorfklatsch aus. Zigarettendunst liegt in der Luft. Jemand sucht die Toilette, ein anderer bezahlt und ist im Begriff aufzustehen.
Eine Frau sagt: „Aber es muss doch, so steht es im Buch.“
Der Wirt sagt: „Nein, ich kenne hier niemanden, der an Krebs erkrankt ist, wirklich nicht.“
Die Frau gibt nicht nach. Sie sagt: „Ganz sicher nicht?“
Der Wirt sagt: „Ganz sicher nicht. Aber wenn sie mir nicht glauben, dann klappern sie doch die Häuser hier ab.“
Was eher als Scherz gemeint ist, nimmt sie dankend an. Sie sagt: „Das werde ich machen. Kommt wir gehen.“ Der Mann sagt: „Muss das sein?“ Der Junge sagt: „Ich will Eis.“ Denn das hat er noch immer nicht bekommen. Die Frau sagt: „Wir suchen jetzt den Ölfleck des Todes.“

***
Sie erinnerten sich an Früher. An unbeschwerte Zeiten ohne Kummer. Ohne den trüben Schleier der Gegenwart. Wie sie sich im Mondlicht vereinigten, den silbernen Schein auf den wogenden Körpern, der sie sanft wirken lässt, unschuldig fast. Zwei Menschen, die ihre Liebe ganz dem anderen hingaben, die in eine goldene Welt eintragen, in denen sie König und Königin waren. Das laute Stöhnen zerriss die Stille, die geheimnisvolle Ruhe der Liebe und in diesem Moment waren sie sich ganz na, nur sie, innig verliebt, unzertrennlich spürten die salzigen Lippen auf glänzender Haut und...“Wir sind Geschwister, Mary“, sagte er, ohne sie dabei anzusehen, „ich bin dein Bruder und du bist meine Schwester.“
Und der grelle Schrei der Frau zerriss die Stille, das Seidentuch der Idylle.

***
Ein Café am Strand. Menschen trinken Tee, Mineralwasser und Säfte. Löffeln Eis oder blättern geschäftig in Zeitungen. Geschwätziges Geschnatter.
Eine Frau sagt: „Sie sind nicht die erste, die fragt“ Sie hält die Hand ihres Gegenübers.
Die Frau sagt: „Und was ist?“
Die andere Frau sagt: „Nein.“
Die Frau sagt: „Wie, nein?“
Die andere Frau sagt: „Nein heißt, dass wir sind keine Geschwister sind.“
Die Frau sagt: „Aber in dem Buch...und außerdem woher wollen sie das wissen? Haben sie bereits einen Test machen lassen?“
Ihr Mann stößt sie unauffällig an. Er sagt, so leise wie möglich: „Der Mann ist schwarz, sie ist weiß.“
Das Paar hört sie nicht.
Die Frau sagt: „Das hat nichts zu sagen. Nun ja irgendwen werde ich schon noch finden.

***
Der Regen klatschte monoton und bedrohlich auf die Schrägfenster im Wohnzimmer. Ein Hund jaulte sein Leid in die Nacht hinaus und am Horizont zuckten Blitze auf und erhellten für einen kurzen Moment die in Dunkelheit getauchte Strandidylle. Der Polizist stand am Eingang, seine Dienstkleidung durchweicht, sein Blick fest. Die Frau öffnete die Tür, zuckte bei seinem Anblick unwillkürlich zurück und rückte ihren Bademantel zurecht. Der Polizist seufzte schwer: „Es tut mir leid, ihnen das mitteilen zu müssen, aber ihr Mann ist heute Abend bei einem Autounfall ums Leben gekommen.“ Die Frau knickte ein, noch ehe er die Worte zu Ende gesprochen hatte, und versank in verzweifeltem Stöhnen. Ihre Hände krallten sich in den Stoff ihres Bademantels, als wolle sie sich festhalten.

***
Der Mann sagt: „Nein, ich werde nicht zulassen, dass du jetzt an diesem Haus schellst und fragst, ob hier jemand mit dem Auto verunglückt ist. Ich werde überhaupt nirgendwo mehr hinfahren. Mach doch was du willst, ich reise ab.“ Sie drehte sich zu ihm, Zähne gefletscht. Sie sagt: „Das wirst du nicht tun, wir werden diesen Urlaub gemeinsam verleben. Hast du das verstanden? Gemeinsam!“ Sie ist in Rage. Sie sieht den LKW nicht, der zu weit auf ihrer Straßenseite fährt

 

Hm, mal sehn. Also eine Frau liest ein Buch (oder mehrere), schnappt sich Kind und Kegel, klappert die im Buch erwähnten Örtlichkeiten ab und sucht die Protagonisten.
Die Schicksale im Buch lassen sich in der Realität nicht finden. Mit einer Ausnahme: es erwischt sie selbst.

Soweit so gut. Ich bin zwar froh, das bisdahin schonmal verstanden zu haben, aber nun läßt mich die Geschichte ziemlich ratlos zurück.
Welchen Schluss soll ich als Leser daraus ziehen? Dass ich besser nicht mehr so viel lesen soll, weil ich sonst nicht mehr zwischen Fiktion und Realität unterscheiden kann?
Wo ist die Satire? Was prangerst du an und wo hast du es satirisch dargestellt?

Formell muß ich sagen haben sich noch ein paar kleine Fehler eingeschlichen. Bsp:

Ein Zug fährt ein. Mit quietschenden Eisen kommt es zum stehen.

...kommt er zum Stehen.

Aber die Touristen sagten: „Also das hätte ich mir anders vorgestellt.

..vorgestellt."

Sie erinnerten sich an Früher

früher

Das laute Stöhnen zerriss die Stille, die geheimnisvolle Ruhe der Liebe und in diesem Moment waren sie sich ganz na, ...

nah

Zwei Menschen, die ihre Liebe ganz dem anderen hingaben, die in eine goldene Welt eintragen, in denen sie König und Königin waren.

eintragen? Ich schätze mal, du meinst "eintraten" (stilistisch gesehen finde ich das Wort allerdings nicht so passend)

Sie sieht den LKW nicht, der zu weit auf ihrer Straßenseite fährt

fährt.

Was die Formellen allerdings überwiegt, sind die Stilistischen. Du versuchst ständig, Ausdrücke zu kontruieren, was nicht nur sehr gezwungen rüberkommt, sondern auch wenig Sinn zeigt. Hier einige Beispiele:

Mit quietschenden Eisen kommt es zum stehen.

Eisen? Was für Eisen? "Räder" wäre vielleicht nicht ganz so poetisch, dafür aber zutreffender.

Böse und breitbeinig wie ein zu groß geratener Tintenfleck auf einem Löschblatt, wie eine riesige Ölfläche im Orient hatte sich das schwarze Monster auf dem Röntgenbild ausgebreitet, das der Arzt an die Wand geheftet hatte.

Ein katastrophaler Satz. Wie kann sich ein Fleck, der meist eine eher rundliche Form hat, breitbeinig präsentieren?
Wie soll ich mir eine Ölfläche im Orient vorstellen? Liegen die da einfach so in der Wüste oder in der Stradt rum?
Außerdem benutzt du zwei Bilder, die von der Bedeutung (sprich: die darzustellende Größe) überhaupt nicht zusammenpassen. Ein "etwas zu groß" geratener Tintenfleck ist immer noch um ein tausendfaches kleiner als eine "Ölfläche" (zumindest stellt man sich das als Leser so vor). Der Sprung von einem zum andern ist einfach zu groß.

Manchmal ist weniger mehr. Man kann sich auch so sehr gut vorstellen, was das auf dem Röntgenbild ist.

Den Mann, der betont gefasst auf dem aufgeplatzten Ledersessel hockte, überkamen heiß-kalte Schauer der Angst, Schweiß rann in klebrigen Strähnen seinen Rücken herab ins Hemd, dass er ein Taschentuch aus der Hose zog und sie aufwischte.

Hier ist es auch ein bisschen too much. Eins der beiden Bilder hätte gereicht.
"klebrige Strähnen" ist wieder herrlich kontruiert und wirkt fast lächerlich. Haare können in Strähnen fallen, Schweiß rinnt üblicher Weise in Bächen o.ä.

"dass" bildet in dem Zusammhang eine unpassende Konjukion. "so dass" o.ä. wäre sinniger.

„Nun ja, ich will ehrlich mit ihnen sein“, sagte der Arzt und setzte den bedeutendsten Blick ein, den er auf Lager hatte...

Der letzte Teil passt überhaupt nicht zur Ernsthaftigkeit der Situation, sondern scheint diese noch ins lächerliche zu ziehen.

Noch ein stilistisches Manko:

Die Frau sagt: ...
Der Mann sagt: ...
Das Kind sagt: ...
So ist es immer. Bei jeder einzelnen wörtlichen Rede im Text. Versuche zu umschreiben, andere Verben zu finden. Diese monotonen Wortwiederholungen stören kollosal.

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Bitte sie meine Kritik nicht als Verriss, sondern als kontruktive Kritik, die dir vielleicht weiterhelfen kann.

so long, Pandora

 

@Pandora: Nicht, dass du denkst, ich könnte keine Kritik vertragen, aber mir scheint, du hast einiges an meiner Geschichte nicht verstanden.

Eines vorneweg: Die Schriftstellerin, die am Anfang so eifrig schreibt, ist Rosamunde Pilcher und die Frau ist ein großer Fan ihrer Bücher. Deshalb fährt sie nach Cornwall, wo die Handlungen der Bücher Pilchers stattfinden. Ich will damit Menschen kritisieren, die die Realität nicht von der Fiktion unterscheiden können.

Kritikpunkt 1: Formelle Fehler. Da muss ichd dir absolut Recht geben. Es scheint, als sollte ich die Geschichten genauer lesen, bevor ich sie ins Internet setze.

Kritikpunkt 2: Stilistische Fehler. Da kann ich dir absolut nicht zustimmen. Diese übertriebene Beschreibung, z.B. von dem Tumor, ist beabsichtig, um Pilchers überladenen Schreibstil zu parodieren. Jede zweite Passage soll nämlich eine Passage aus Pilchers Büchern darstellen. Sie wechseln sich immer ab mit Passagen aus der Realität.
Diese eher trockenen Passagen aus der Realität sind ebenfalls beabsichtig, da sie den Gegensatz zur Fiktion darstellen sollen. Ich habe deshalb bewusst nur "sagt" benutzt. Das ist ein stilistisches Mittel.

Ich hoffe, das reicht dir als Antwort, sonst schreib doch noch mal zurück.

Grüße
Sebastian

 

Hi,

naja, dann hab ich doch alles richtig verstanden. Das einzige, was mir verschlossen blieb, war, welche Schriftstellerin gemeint war.

Wenn der schwulstige Stil den Stil der Schriftstellerin karikieren soll, solltest du die beiden unerschiedlichen Schreibstile deutlicher hervorheben. Das ist sehr schwer und es bedarf noch einer gründlichen Überarbeitung, bis sie beide "Phasen" stilistisch nicht mehr gleichen.

Man kann übrigens auch "nüchtern" schreiben ohne ständig "sie sagt, er sagt, es sagt" zu sagen. Hinterher zu behaupten, das war Absicht aus dem und dem grund finde ich etwas billig und in diesem Zusammenhang etwas dünne.

Gruß, Pandora

 

@Pandora: Es war Absicht, ständig "sagt" zu schreiben. Lies dir andere Geschichten von mir durch und du wirst sehen, dass ich durchaus andere Wörter des Sprechens kenne, sie aber in diesem Zusammenhang einfach nicht passen. Oder traust du mir nicht zu, solch ein stilistisches Mittel zu verwenden. Außerdem: Weißt du eigentlich, in wie vielen Geschichten großer Autoren ständig das Wort "sagt" steht?

Na ja, wahrscheinlich ist das einfach Geschmackssache.

Grüße
Sebastian

 

Wie gesagt, "nüchtern" schreiben, hat nichts mit solchen stilistischen Klöpsen zu tun. Dass ichs dir nicht zutraue, dass dus anders kannst, hab ich nicht gesagt.

Noch mehr als die Aussage: "Das war Absicht" hasse ich im übrigen die Aussage: Weißt du wieviele große Schriftsteller das genauso machen? :devil:
Möchtest du dich wirklich mit den großen vergleichen?

 

@Pandora: Nein, natürlich nicht. Ich wollte damit nur andeuten, dass ich wohl nicht der einzige bin, der dieses stilistische Mittel verwendet, soll heißen: Ich versuche nur, meinen Stil zu rechtfertigen.

Grüße
Sebastian

 

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