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Stil Wo kommst Du denn her? (Gefühlvolle Schilderung)

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15.12.2006
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Wo kommst Du denn her? (Gefühlvolle Schilderung)

„Was heulste denn schon wieder?“ Immer, wenn der Vater ihm diese Frage stellte, musste Jacob noch mehr weinen. Weil er dem Vater nie etwas recht machen konnte, weil der immer so unfreundlich mit ihm sprach und weil Jacob ihm nicht mal sagen konnte, warum er weinte. Er wusste es ja selbst nie. „Spinnst du? So´n Vieh kommt mir nicht ins Haus!“. Lisamaries getigerte Tabby hatte vor vier Wochen Junge bekommen und Jacob hätte gerne eines gehabt. Die waren so weich und es machte so viel Spaß, mit ihnen zu spielen. Gestern Nachmittag hatte er ein Stück Papier an einen Bindfaden gebunden und die kleine Schwarzweiße damit gelockt. Immer wieder hatte sie versucht, das Papier zu fangen, aber Jacob konnte den Bindfaden jedes Mal rechtzeitig wegziehen. Gekratzt hatte sie ihn auch und das war gar nicht schlimm gewesen. Das machten kleine Katzen eben so.

„Gib mir noch´n Kuss!“, sagte der Vater jeden Morgen zum Abschied. Und es klang immer genauso, wie wenn er sagte: „Räum´Dein´Scheiß hier weg!“ Deswegen wollte Jacob dem Vater nie einen Kuss geben, aber er tat es trotzdem.

Jacob schlurfte genüsslich mit seinen Turnschuhen über den Asphalt, ganz langsam von einer Seite des Bordsteins zur anderen, die Schultasche auf dem Rücken. Die Jacke in seiner linken Hand schliff über den staubigen Boden. Auf dem Nachhauseweg ließ er sich immer besonders viel Zeit. Da konnte man so gut nachdenken.

An der Hofeinfahrt der Vogels sah Jacob eine Katze. Sie saß ganz ruhig da, den Schwanz vor ihrem Körper eingerollt. Jacob blieb stehen. Er warf seine Jacke und seinen Schulranzen neben sich auf den Boden und hockte sich hin. „Komm, Katze, komm!“ Vorsichtig streckte er die Hand aus und lockte sie mit leiser Stimme: „Komm her!“ Jacob pirschte sich langsam an. "Hey, du siehst genauso aus wie Tabbys kleines Kätzchen. Nur größer." Jetzt war er schon bis auf zwei Meter an das Tier herangekommen und noch immer rührte es sich nicht. „Ich will auch eine Katze haben, aber Papa sagt, das kost´bloß Geld. Und Mama sagt gar nix. Die sagt nie was dagegen, wenn Papa was sagt.“ Jacobs Hand näherte sich vorsichtig. Er streichelte der Katze den Kopf und freute sich. Sie war überhaupt nicht scheu, sondern schmiegte sich zutraulich in seine Hand. „Ich kenn´dich gar nicht. Sonst kenn´ich hier alle Katzen.“ Das Tier stand auf und rieb seinen Kopf an seinem Oberschenkel. „Oooch, wenn du meine wärst. Das wär toll. Dann könntest du nachts immer bei mir schlafen. – Ach nee, das darfst du eh nicht. Papa schreit bloß rum, dass Tiere nicht ins Bett gehören.“ Jacob lachte, weil die Katze jetzt ganz laut schnurrte. „Aber wir könnten zusammen fernsehen.“

Klinnnng! Klinnng! Jacob blickte sich um und drückte sich an die Grundstücksmauer der Vogels, weil Karsten mit seinem neuen Fahrrad von oben angerauscht kam. In der Schule hatte ihnen ein Polizist erklärt, dass Kinder ohne Fahrradführerschein nur auf dem Gehweg fahren durften. Und nur mit Helm. Weil das sicherer war. Weil Autofahrer oft mal nicht aufpassten, und weil Kinder dann oft mal überfahren wurden. „Idiot!“, rief Jacob Karsten hinterher.

Die Katze war nicht auf die sichere Seite gesprungen. Jacob streckte den Arm zur Straße hin aus. „NEEEEIN!“ Aber sie wollte nicht auf ihn hören. Das machten Katzen nie. Die hörten eben nicht auf Menschen.

Ganz langsam ließ Jacob den Arm sinken. Er drehte sich um und ging zurück zu seinem Schulranzen und seiner Jacke. Er blickte nicht noch einmal auf die Straße. Das blutende Fellbündel da liegen zu sehen, das konnte er nicht ertragen. Er mochte sowieso kein Blut. Aber die Katze, die hatte er gemocht. Und sie hatte ihn gemocht. Und jetzt war sie tot. Jacob nahm seine Sachen und schlurfte nach Hause. Alle Katzen waren irgendwann tot. Tränen liefen über sein Gesicht.

 
Zuletzt bearbeitet:

So, ich habe mich zwar nicht angemeldet, aber ich fand Neukerchemers Idee so charmant, dass ich mich auch gerne beteiligen möchte. Nümmerchenziehen war ja nicht mehr notwendig. :D

Sims Geschichte habe ich absichtlich nicht gelesen (Edit: Das kann man jetzt falsch verstehen. Ich meinte natürlich, um nicht beeinflusst zu werden). Bin aber ab jetzt sehr gespannt auf die unterschiedlichen Versionen der Katzengeschichte.

melisane

 

Hallo melisane,

irgendwie mach ich hier heute den Erstkritiker glaub ich. ;-)

Der Anfang gefällt mir sehr gut und es gelingt mir, eine Beziehung zu Jacob und zu der Katze aufzubauen. Man spürt, wie sehr er sich eine Katze wünscht.

Dann allerdings - gegen Ende hin - hörts für mich irgendwie auf. Es ist mir zu kurz, zu schnell abgehandelt und ich kann mit Jacob nicht mitfühlen. Sein Entsetzen kommt bei mir nicht an.

Liebe Grüße,
Blue

 

Hallo BlueSoul

irgendwie mach ich hier heute den Erstkritiker glaub ich. ;-)

Na, das ehrt Dich doch. ;)

Der Anfang gefällt mir sehr gut und es gelingt mir, eine Beziehung zu Jacob und zu der Katze aufzubauen. Man spürt, wie sehr er sich eine Katze wünscht.
Das ist doch schon mal sehr schön.

Dann allerdings - gegen Ende hin - hörts für mich irgendwie auf. Es ist mir zu kurz, zu schnell abgehandelt und ich kann mit Jacob nicht mitfühlen. Sein Entsetzen kommt bei mir nicht an.
Die vorgegebene, eine Seite war voll. :D Aber Du hast recht. Es war schon spät gestern Nacht. Ich habe das Ende noch ein wenig ausgedehnt und hoffe, der Übergang zum Katzentod kommt jetzt plausibler.

Danke Dir für Deine Kritik.

Liebe Grüße
melisane

 

Hallo melisane,

interessant finde ich, dass wir stilistisch beide gleich vorgegangen sind.
Zunächst haben wir eine Beziehung zu dem Jungen aufgebaut, dann eine zwischen Katze und Jungen (ich hatte auch erst geplant, dass mein Junge sich schon eine Katze wünscht, habe es dann aber wegen der Länge verworfen).
Die eigentlich vorgegebene Szenerie (Junge sieht, dass Katze überfahren wird) haben wir beide ausgeblendet und nur die Reaktion des Jungen erzählt.
Und wir beide haben diesen Part zu knapp gehalten, so den Leser nicht mit in den Gefühlsumschwung genommen.

Bei deiner Variante weiß ich nicht, ob der kurze Absatz über die Kinder, die Jacob ärgern so geschickt ist. In einer längeren Geschichte eindeutig ja. Hier wirkt er ein bisschen zwischengepresst, um dem ganzen noch mehr Dramatik zu geben. Er lenkt von der Katze ab.
Allgemein, darin unterscheiden sich unsere Versionen, hast du der überfahrenen Katze nicht getraut. Du hast versucht, Jacobs Schicksal vorher so grob wie möglich zu zeichnen.
Ich übertreibe jetzt einmal: Despotischer Vater ohne Verständnis, der in seinem Sohn nur ein heulendes Weichei sieht. Von den Klassenkameraden wird Jacob gemobt und bei der zufällig getroffenen Katze heult er sich über den ihm verwehrten Wunsch aus. Ich glaube, auf so kurzem Raum wird der Mitleidbonus da ziemlich überstrapaziert.

Es könnte auch bei diesem Thema herauskommen, dass eine gefühlvolle Erzählung Raum braucht, eine Seite etwas zu kurz ist.

Innerhalb dieser Übung betrachte und kommentiere ich alle Texte (inkl. meinem eigenen) vorwiegend als Übungsphasen, als Experiment, um sich der Form zu nähern und zu sehen, was funktioniert, was nicht. Weniger Wert lege ich dabei darauf, wie ich die Geschichte im Ganzen finde.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim,

interessant finde ich, dass wir stilistisch beide gleich vorgegangen sind.
Zunächst haben wir eine Beziehung zu dem Jungen aufgebaut, dann eine zwischen Katze und Jungen (ich hatte auch erst geplant, dass mein Junge sich schon eine Katze wünscht, habe es dann aber wegen der Länge verworfen).
Die eigentlich vorgegebene Szenerie (Junge sieht, dass Katze überfahren wird) haben wir beide ausgeblendet und nur die Reaktion des Jungen erzählt.
Das liegt vermutlich daran, dass wir Neukerchemers Aufgabenstellung sehr eng interpretiert haben. Ich hatte ihn so verstanden, dass er sehen wollte, wie wir beinem Plot, bei dem jeder normalerweise "Gähn!" und "Langeweile" schreien würde, trotzdem Gefühlsregungen erzeugen können. Daher ging es uns beiden in erster Linie wohl darum, über die Emotionen des Jungen Stimmung aufzubauen.

Und wir beide haben diesen Part zu knapp gehalten, so den Leser nicht mit in den Gefühlsumschwung genommen.
Dieser Part ist auch eindeutig der Schwierigste. Niemand denkt allzuviel in so einer Situation, ich behaupte mal, auch Kinder nicht. Da funktioniert das Reptiliengehirn und nicht das Bewusstsein, wenn man beobachtet, wie eine Katze überfahren wird. Außer, es ist die eigene. Es ist auch nur ein kurzer Moment. Gedanken zu schildern geht nicht, Gefühle nimmt man nicht wahr, also wollte ich vorher die Emotionen erzeugen, um den Verlust glaubwürdig zu machen. Im Moment tue ich mich schwer, einen anderen Weg zu finden, aber ich denke weiter darüber nach. Bin da noch unschlüssig, denn natürlich erzeugt MEIN Ende in mir schon Gefühle. :D

Bei deiner Variante weiß ich nicht, ob der kurze Absatz über die Kinder, die Jacob ärgern so geschickt ist. In einer längeren Geschichte eindeutig ja. Hier wirkt er ein bisschen zwischengepresst, um dem ganzen noch mehr Dramatik zu geben. Er lenkt von der Katze ab.
Diese Szene sollte nur erklären, warum die Katze überhaupt auf die Straße läuft. Normalerweise tun sie das ja nicht einfach so blindlings. Es hätte auch ein Hund bellen können. Aber irgendetwas musste sie in Panik versetzen. Daher ließ ich die zwei Jungs auftauchen, die ja auch in einer Beziehung zu Jacob stehen.

Allgemein, darin unterscheiden sich unsere Versionen, hast du der überfahrenen Katze nicht getraut. Du hast versucht, Jacobs Schicksal vorher so grob wie möglich zu zeichnen.
Nein, ich habe der überfahrenen Katze alleine nicht getraut. Vielleicht habe ich meinen Fähigkeiten, die Emotionen des Jungen beim Beobachten dieser Szene, ausreichend zu schildern, nicht getraut. :D Es musste in meinen Augen etwas zu der überfahrenen Katze hinführen.

Ich übertreibe jetzt einmal: Despotischer Vater ohne Verständnis, der in seinem Sohn nur ein heulendes Weichei sieht. Von den Klassenkameraden wird Jacob gemobt und bei der zufällig getroffenen Katze heult er sich über den ihm verwehrten Wunsch aus. Ich glaube, auf so kurzem Raum wird der Mitleidbonus da ziemlich überstrapaziert.
Das finde ich jetzt sehr interessant. Ich wollte Jacobs Leben durch die einfache, reduzierte Sprache nicht dramatisieren. Das, was ihm da passiert, ist Alltag und nichts Besonderes und so nebenbei wollte ich es darstellen.

Innerhalb dieser Übung betrachte und kommentiere ich alle Texte (inkl. meinem eigenen) vorwiegend als Übungsphasen, als Experiment, um sich der Form zu nähern und zu sehen, was funktioniert, was nicht. Weniger Wert lege ich dabei darauf, wie ich die Geschichte im Ganzen finde.
Das sehe ich ebenso. Denn, der Plot an sich ist schon ziemlich derbe. ;) Auch mir geht es da vor allem um den Sprachvergleich, um das Nebeneinanderstellen stilistischer Mittel.

Liebe Grüße
melisane

 

Hi melisane,

auch mir hat der Anfang deiner Geschichte gefallen. Allein durch diese Darstellung weckst du Mitleid mit Jacob. Das ist dir wirklich gut gelungen.

Die beiden Jungs, die ihn schubsen, sind mMn nicht erwähnenswert, da sie eigentlich zur Geschichte nicht viel beitragen.

„NEEEEIN!“ Jacob merkte nicht, wie er schrie, wie er verzweifelt die Hände vor das Gesicht nahm. Er merkte nicht, wie ihm die heißen, salzigen Tränen in die Augen stiegen. Er merkte nicht, wie er schluchzend auf die Knie fiel. Er merkte nicht, dass wieder etwas in ihm zerbrochen war. Seine Augen waren blind geworden. Er sah das Auto nicht, das ein paar Meter von ihm entfernt angehalten hatte. Er sah den Mann nicht, der plötzlich neben ihm auf dem Gehweg stand. Er hörte nichts mehr.
Und dieser Abschnitt "passt" gar nicht. Hier holst du den Holzhammer hervor, willst den Leser förmlich zwingen, jetzt doch endlich Trauer zu empfinden. Ich habe mal die störenden Passagen fett markiert.
Hier hätte die sanftere Methode, die du zu Beginn deiner Geschichte fährst, wesentlich besser gepasst.
Vielleicht streichst du den Absatz mit den beiden Jungs, dann hast du mehr Freiraum, um auf das eigentlich "wichtige" einzugehen. Versuche, Gefühle darzustellen, ohne theatralisch zu werden. Dann müsste es klappen.

Ist aber nur mein Eindruck.:D

Gruß! Salem

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Salem

auch mir hat der Anfang deiner Geschichte gefallen. Allein durch diese Darstellung weckst du Mitleid mit Jacob. Das ist dir wirklich gut gelungen.
Danke. ;)

Die beiden Jungs, die ihn schubsen, sind mMn nicht erwähnenswert, da sie eigentlich zur Geschichte nicht viel beitragen.
Wie erwähnt, sollten sie nur die Erklärung liefern, warum die Katze auf die Straße läuft. Ich habe das jetzt geändert, da ich nachvollziehen kann, dass es bei der Kürze der Geschichte too much ist.

Ist aber nur mein Eindruck.:D
Dein Eindruck hat Dich nicht getäuscht. Während ich das Ende geschrieben habe, kam dieser schreckliche Föhnkopfschmerz. Der muss sich niedergeschlagen haben. Ich habe jetzt die Tonalität vom Anfang der Geschichte weitergezogen und denke (hoffe!:D ), dass es jetzt harmonischer ist.

Liebe Grüße und danke für den Stupser,

melisane

 

Ganz langsam ließ Jacob den Arm sinken. Er drehte sich um und ging zurück zu seinem Schulranzen und seiner Jacke. Er blickte nicht zurück auf die Straße. Die blutende Katze da liegen zu sehen, das konnte er nicht ertragen. Er mochte sowieso kein Blut. Aber die Katze, die hatte er gemocht. Und sie hatte ihn gemocht. Und jetzt war sie tot. Jacob nahm seine Sachen und schlurfte nach Hause. Alle Katzen waren irgendwann tot. Tränen liefen über sein Gesicht.
Wow, melisane, das ist perfekt; das ist Melancholie pur. Ganz großes Kino ... ich hör jetzt auf, sonst krieg ich mich gar nicht mehr ein.

Allein dieser Satz:

Alle Katzen waren irgendwann tot
... kann einem die Tränen in die Augen treiben :thumbsup:

Es grüßt ein absolut begeisterter Salem

P.S. Nee, nicht ganz:

Klinnnng! Klinnng!
Sowas finde ich immer etwas doof ... :D

 

Hi melisane,

nun ist dein Text ja schon ein paar Mal durch die Mangel genommen worden, aber ich wollte dir auch noch ein wenig Feedback von mir geben!

Es war mir zunächst nicht so ganz leicht, in deinen Text einzusteigen, weil ich Probleme hatte, die vielen Informationen im ersten Absatz aufzunehmen.

„Was heulste denn schon wieder?“ Immer, wenn der Vater ihm diese Frage stellte, musste Jacob noch mehr weinen. Weil er dem Vater nie etwas recht machen konnte, weil der immer so unfreundlich mit ihm sprach und weil Jacob ihm nicht mal sagen konnte, warum er weinte. Er wusste es ja selbst nie. „Spinnst du? So´n Vieh kommt mir nicht ins Haus!“. Lisamaries getigerte Tabby hatte vor vier Wochen Junge bekommen

War es für die Geschichte notwendig, die vielen Infos, habe ich mich gefragt? Eigentlich nicht, dachte ich.
Ich stelle die Frage einfach mal in den Raum: Könnte man nicht auch mit

Gestern Nachmittag hatte er ein Stück Papier an einen Bindfaden gebunden und die kleine Schwarzweiße damit gelockt.

starten? Und dann einfließen lassen, dass die Schwarzweiße nur "geliehen" ist? Dann hättest du noch etwas mehr Platz für das Ende, (wegen der DIN A 4-Seite), und für noch mehr bleibendes Gefühl, wenn du wolltest.

Und Mama sagt gar nix. Die sagt nie was dagegen, wenn Papa was sagt.

Neben dem vielen sagen :) (Achtung: Monotoniefalle!) hab ich mich gefragt, ob da noch was von der Mama kommt, weil die doch nie was dagegen sagt. Da kommt aber nichts mehr.
Also, ich würde deshalb den 2. Satz (oder ein Stück davon) weglassen, weil dann die Handlung stringenter, straffer wird, und ich als Leser nicht noch zu einem anderen Schauplatz geführt werde, der dann aber nicht weiter ausgebaut wird.

Soweit für dich erstmal, liebe melisane!

Schönen Gruß und frohes Schaffen noch!
covellin

 

Hallo Covellin,

ich musste beim Lesen Deiner Antwort grinsen, hat Du Dir doch genau die Stellen herausgepickt, ohne die meine Geschichte überhaupt nicht funktionieren würde. ;)

War es für die Geschichte notwendig, die vielen Infos, habe ich mich gefragt? Eigentlich nicht, dachte ich.
Ich stelle die Frage einfach mal in den Raum: Könnte man nicht auch mit
Gestern Nachmittag hatte er ein Stück Papier an einen Bindfaden gebunden und die kleine Schwarzweiße damit gelockt.
starten? Und dann einfließen lassen, dass die Schwarzweiße nur "geliehen" ist? Dann hättest du noch etwas mehr Platz für das Ende, (wegen der DIN A 4-Seite), und für noch mehr bleibendes Gefühl, wenn du wolltest.
Ich habe mich bei der Geschichte ja streng an die Handlungsvorgabe gehalten: Junge sieht auf dem Nachhauseweg, wie eine Katze überfahren wird. Die Bindfadenszene gehört nicht zur Handlung, wäre also in dieser deskriptiven Form vollkommen überflüssig. Die einzige Möglichkeit, Gefühle zu erzeugen, die ich mit dem einen kindlichen Prot gesehen hatte, war, den Leser auf die Reise in seine emotionale Welt mitzunehmen. Daher diese reduzierte, kindliche und einfache Sprache am Anfang, am Ende und während des Dialogs mit der Katze. Damit ist die Zielgruppe eingegrenzt. Diese Geschichte kann nur Leser ansprechen, deren Erinnerungen an eigene Kindheitserfahrungen geweckt werden oder die ihre eigenen Kinder vor sich sehen, wie sie völlig versunken mit einem Tier spielen und mit ihm so reden, als könne es alles verstehen.

Neben dem vielen sagen :) (Achtung: Monotoniefalle!) hab ich mich gefragt, ob da noch was von der Mama kommt, weil die doch nie was dagegen sagt. Da kommt aber nichts mehr.
Das viele "sagen" sollte die Sprache des Jungen authentisch machen. Kinder sprechen nunmal kein Schriftdeutsch, wenn sie sich mit einer Katze unterhalten. Und die Mama hat wie der Bindfaden überhaupt keine Bedeutung für die Handlung. Sie sollte ebenfalls nur die Einsamkeit des Jungen transportieren.

So, und nun habe ich Deine Kritik so weit von mir gewiesen, danke Dir aber dennoch fürs Lesen und Kommentieren. Ich muss und kann nicht die Gefühle jedes Lesers erreichen. Auch das wohl ein Resultat dieses Experiments. Es muss immer eine Komponente des Mitfühlens aus gemeinsamen Erinnerungsfragmenten vorhanden sein.

Ich wüsste nicht, wo ich die Geschichte noch ändern könnte, ohne sie komplett zu verlassen oder neu zu schreiben.

Liebe Grüße
melisane

 

Hallo melisane,

nur durch die gemeinsame Vorgabe habe ich das Ende sofort verstehen können. Würde ich ganz unbedarft an die KG gehen, käme für mich als Leser zuerst die Frage: Was ist denn mit ihr passiert?
Von daher fehlt mir irgendein Hinweis. Das muss ja nicht mit dem Vorschlaghammer kommen, aber vielleicht das Geräusch eines Autos, quitschender Bremsen oder ähnlich.

Durch die Einleitung (Abschied morgens) hatte ich auch dauernd im Kopf, er wäre auf dem Weg zur Schule. Zwar schreibst du vom Nachhauseweg, aber das war für mich nur eine Information, dass er sich dann auch Zeit nimmt. So war ich dann etwas perplex, davon zu lesen, dass er heimgeht. Aber vielleicht liegt das nur an mir :shy:

Gut gefallen hat mir die Geschichte als solche, den Jungen hast du sensibel beschrieben. Die Aufgabenstellung aber, mit ihm zu fühlen, kam bei mir nicht intensiv an, da du das Anfahren ganz ausgeblendet hast.

Noch Details:


An der Hofeinfahrt der Vogels sah Jacob eine Katze. Sie saß ganz ruhig da, den Schwanz vor ihrem Körper eingerollt.
Das liest sich, als würde der Schwanz als Schnecke vor ihr liegen. Verständlicher wäre vielleicht: um ihre Vorderbeine geschlungen oder ähnlich.

„Gib mir noch´n Kuss!“, sagte der Vater jeden Morgen zum Abschied. Und es klang immer genauso, wie wenn er sagte: „Räum´Dein´Scheiß hier weg!“ Deswegen wollte Jacob dem Vater nie einen Kuss geben, aber er tat es trotzdem.
Diesen Absatz finde ich zwar als solchen gut beschrieben, aber wenn man die Länge der Geschichte betrachtet, unnötig, denn schon vorher wird eindeutig klar, wie der Vater drauf ist. Wenn du ihn aber behälst, würde ich im letzten Satz durch " Deswegen wollte Jacob den Vater nie küssen, aber er..." ändern, dann hast du keine Fastwortwiederholung mit dem "Gib mir noch'n Kuss".

Und nur mit Helm. Weil das sicherer war. Weil Autofahrer oft mal nicht aufpassten, und weil Kinder dann oft mal überfahren wurden.
Für meinen Geschmack eine völlig unnötige Information für die Geschichte.

Lieber Gruß
bernadette

 

Hallo bernadette,

nur durch die gemeinsame Vorgabe habe ich das Ende sofort verstehen können. Würde ich ganz unbedarft an die KG gehen, käme für mich als Leser zuerst die Frage: Was ist denn mit ihr passiert?
Von daher fehlt mir irgendein Hinweis. Das muss ja nicht mit dem Vorschlaghammer kommen, aber vielleicht das Geräusch eines Autos, quitschender Bremsen oder ähnlich.

Und nur mit Helm. Weil das sicherer war. Weil Autofahrer oft mal nicht aufpassten, und weil Kinder dann oft mal überfahren wurden.
Für meinen Geschmack eine völlig unnötige Information für die Geschichte.
Ich schlage jetzt mal zwei Fliegen mit einer Klappe. Der Hinweis dass die Katze überfahren wurde, sollte genau in dem Satz stecken, den Du für überflüssig hältst. :D Und darüber hinaus in der Bemerkung, dass die Katze sich nicht auf die sichere Seite geflüchtet hat. Hmm, muss ich noch mal drüber nachdenken.

Durch die Einleitung (Abschied morgens) hatte ich auch dauernd im Kopf, er wäre auf dem Weg zur Schule. Zwar schreibst du vom Nachhauseweg, aber das war für mich nur eine Information, dass er sich dann auch Zeit nimmt. So war ich dann etwas perplex, davon zu lesen, dass er heimgeht. Aber vielleicht liegt das nur an mir :shy:
Vielleicht? ;) Die Einleitung ist ein Blick in seine Gedanken auf dem Nachhauseweg.


An der Hofeinfahrt der Vogels sah Jacob eine Katze. Sie saß ganz ruhig da, den Schwanz vor ihrem Körper eingerollt.
Das liest sich, als würde der Schwanz als Schnecke vor ihr liegen. Verständlicher wäre vielleicht: um ihre Vorderbeine geschlungen oder ähnlich.
Einverstanden. :)

„Gib mir noch´n Kuss!“, sagte der Vater jeden Morgen zum Abschied. Und es klang immer genauso, wie wenn er sagte: „Räum´Dein´Scheiß hier weg!“ Deswegen wollte Jacob dem Vater nie einen Kuss geben, aber er tat es trotzdem.
Diesen Absatz finde ich zwar als solchen gut beschrieben, aber wenn man die Länge der Geschichte betrachtet, unnötig, denn schon vorher wird eindeutig klar, wie der Vater drauf ist. Wenn du ihn aber behälst, würde ich im letzten Satz durch " Deswegen wollte Jacob den Vater nie küssen, aber er..." ändern, dann hast du keine Fastwortwiederholung mit dem "Gib mir noch'n Kuss".
Einverstanden mit der Wortwiederholung. Der Satz als solcher ist mir wichtig, weil ich den Vater nicht als gefühlloses Monster darstellen wollte. Der Junge wird durchaus geliebt, die Eltern haben aber keinen Zugang zu seinen Gefühlen. Wo ich das schreibe :D Ich hatte bei der Charakterisierung des Jungen zwar keine Minute an mich gedacht, aber ich selbst habe mir meinen sehnlichen Wunsch nach einer Katze erst mit 25 selbst erfüllen können. Das bestätigt jetzt wieder meine These aus der Antwort an Covellin. Das Unterbewusstsein und die Erinnerungen schreiben immer mit. ;)

Gut gefallen hat mir die Geschichte als solche, den Jungen hast du sensibel beschrieben. Die Aufgabenstellung aber, mit ihm zu fühlen, kam bei mir nicht intensiv an, da du das Anfahren ganz ausgeblendet hast.
Danke. Es ist ja ein sprachliches Experiment und als solches sind mir alle Reaktionen sehr wichtig.

Bei Deiner Geschichte warte ich noch auf die Überarbeitung. ;)

Liebe Grüße
melisane

 

Hallo melisane,

zuerst einmal muss ich mich bernadette anschließen. Der Hinweis auf das Überfahrenwerden der Katze ist auch mir nicht eindeutig genugt.

Ich fand die Sprache ziemlich kindlich gewählt. Wenn Jacob in der Ich-Form erzählt hätte, fände ich es genau richtig. Da du aber die Er-Perspektive wählst passt das nicht so. Du vermischt die Gedanken Jacobs und erzählst in diesen weiter obwohl es eigentlich gar nicht mehr seine Gedanken sind, sondern die Erzählsstimme.

Ich konnte auch nicht mit dem Jungen fühlen. Du bist für meinen Geschmack zu weit weg vom Geschehen. Ich glaube, dass es daran liegen könnte.

Exemplarisch hierfür:

Aber die Katze, die hatte er gemocht. Und sie hatte ihn gemocht. Und jetzt war sie tot. Jacob nahm seine Sachen und schlurfte nach Hause. Alle Katzen waren irgendwann tot. Tränen liefen über sein Gesicht.
Das hat - überspitzt gesagt - schon fast was unfreiwillig komisches. Ich will Jacob sehen. Der Stil ist viel zu berichtend.

Minutenlang starrte Jacob auf den Asphalt und die tote Katze. Langsam ging er auf sie zu, bückte sich und streichelte sie vorsichtig. "Tschüss, kleiner Freund. Ich werde dich vermissen", flüsserte er und eine Träne kullerte über seine Wange.

Das ist natürlich nicht die Musterlösung, aber ich denke viel erzählender.

lg neukerchemer

 
Zuletzt bearbeitet:

hallo Neukerchemer,

beim Lesen Deiner Antwort wurden mir meine Erkenntnisse über die Aufgabenstellung noch einmal klarer. Vielen Dank.

Ich stelle mir die Frage, ob es überhaupt möglich ist, Gefühle erzählerisch zu kontruieren. Nein, falsch, ich frage mich, ob es mir möglich ist. Und die Antwort ist „nein“. Wenn ich Gefühle erzeugen möchte, dann lebe ich diesen Prot, dann bin ich für kurze Momente wie in Trance und die Sätze fließen. Insofern trifft es mich natürlich, dass Du das Ende komisch findest. Aber das war nun mal ich. ;)

Aber die Katze, die hatte er gemocht. Und sie hatte ihn gemocht. Und jetzt war sie tot. Jacob nahm seine Sachen und schlurfte nach Hause. Alle Katzen waren irgendwann tot. Tränen liefen über sein Gesicht.
Das hat - überspitzt gesagt - schon fast was unfreiwillig komisches. Ich will Jacob sehen. Der Stil ist viel zu berichtend.

Und damit komme ich zur Stilfrage. Ich könnte gefällig schreiben, so dass es bei jedem Leser ein beifälliges Nicken erzeugt. Ich kann aber auch bei mir bleiben, meinen Stil finden und damit zufrieden sein, dass ich Leser, die ähnlich ticken wie ich, erreiche und die anderen eben nicht. Da die Menschen unterschiedlich sind, sind auch ihre Empfindungen unterschiedlich. Dies sollte jetzt keine Wertung über meinen eigenen Stil sein. Ich lerne.

Minutenlang starrte Jacob auf den Asphalt und die tote Katze. Langsam ging er auf sie zu, bückte sich und streichelte sie vorsichtig. "Tschüss, kleiner Freund. Ich werde dich vermissen", flüsserte er und eine Träne kullerte über seine Wange.

Dein alternatives Ende erzeugt nun in mir wiederum keinerlei Gefühle, weil ich es nur berichtend finde.

Ich fand die Sprache ziemlich kindlich gewählt. Wenn Jacob in der Ich-Form erzählt hätte, fände ich es genau richtig. Da du aber die Er-Perspektive wählst passt das nicht so. Du vermischt die Gedanken Jacobs und erzählst in diesen weiter obwohl es eigentlich gar nicht mehr seine Gedanken sind, sondern die Erzählsstimme.

Genau das war beabsichtigt. Doch, es sind seine Gedanken. Ich wollte sie erzählen, um ganz nah an Jacob dran zu sein und eben gerade nicht, weit weg. Danke Dir fürs Lesen. Wir sind ja alle hier, um unterschiedliche Herangehensweisen zu sehen.

Liebe Grüße
melisane

 

Hallo melisane,

du bist nun die letzte im Bunde, der ich meine Meinung schreibe und leider finde ich bei dir eine Geschichte vor, die mich völlig kalt lässt. Das liegt ganz gewiss nicht daran, dass ich so viele getötete Katzen hab erdulden und erleiden müssen in den Geschichten, sondern daran, dass ich mich nicht mitgezogen gefühlt habe.

Dein Protagonist baut eine sehr liebevolle kleine Begegnung, ja auch Beziehung zur Katze auf. Aber die Geschichte endet mit dem Tod des Tieres, ohne das es mich berührt hat. Es ist nun keineswegs so, dass ich die Zerstörung der Katze in allen blutigen Details geschildert bekommen möchte. Aber es baut sich keine Spannung dahingehend auf, ich habe keine Furcht um das Tier und am Ende als du mich vor vollendete Tatsachen stellst, hab ich keine Phantasie im Nachhinein zu leiden.
Es tut mir leid, dass ich dir kein positiveres Feedback geben kann.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo lakita,

Dein Protagonist baut eine sehr liebevolle kleine Begegnung, ja auch Beziehung zur Katze auf. Aber die Geschichte endet mit dem Tod des Tieres, ohne das es mich berührt hat. Es ist nun keineswegs so, dass ich die Zerstörung der Katze in allen blutigen Details geschildert bekommen möchte. Aber es baut sich keine Spannung dahingehend auf, ich habe keine Furcht um das Tier und am Ende als du mich vor vollendete Tatsachen stellst, hab ich keine Phantasie im Nachhinein zu leiden.
Es tut mir leid, dass ich dir kein positiveres Feedback geben kann.

Das muss Dir doch nicht leid tun, lakita. Wenn man allzu dünnhäutig veranlagt ist, sollte man seine Geschichten lieber nur seiner Mutter zeigen und nicht auf kg.de online stellen. ;) Danke Dir trotzdem fürs Lesen.

Mein Gefühlsschwerpunkt lag nicht auf dem Tod der Katze, daher konnte ich damit auch niemanden berühren. Ich bezweifle auch, dass eine überfahrene Katze bei einem "normalen" Jungen so starken Schmerz auslösen würde, daher konnte ich mich innerlich mit diesem Szenario nie anfreunden.

Ich wollte die Einsamkeit des Jungen, seine Sehnsüchte und unerfüllten Wünsche einfangen, die mit dieser speziellen Katze nichts zu tun hatten.

Liebe Grüße
melisane

 

Hallo melisane,

Ich wollte die Einsamkeit des Jungen, seine Sehnsüchte und unerfüllten Wünsche einfangen, die mit dieser speziellen Katze nichts zu tun hatten.

Genau! Das exakt ist auch so bei mir angekommen und bis zum Klingelgeräusch ist es auch eine wirklich gut nachzuempfindende Geschichte.
Und eigentlich ist es sehr schade, dass du sie nicht einfach auf genau dieser Ebene weiterführst, Übungsaufgabe hin oder her.
Die Härte des Vaters, der es vermutlich in seiner Art auch nur gut meint, aber nicht sieht, wie hart er wirkt, und die dafür umso wuchtigere Sehnsucht des Jungen nach Nähe, die hast du wunderbar dargestellt.
Wie wäre es, wenn du die Geschichte auf deine Weise zuende bringst?

Lieben Gruß
lakita

 

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