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Zwei Menschen

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22.02.2007
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Zwei Menschen

Danny war kein selbstbewusster Mensch.
Seine letzte Freundin hatte ihn vor fünf Jahren verlassen und seither war sein körperlicher Kontakt zu Frauen auf das Überreichen der Aktien durch seine Sekretärin beschränkt, auf den flüchtigen Moment, in dem sich ihre Hände berührten.
Seine Freundin hatte ihn verlassen, wegen eines glatzköpfigen Ferrari-Fahrers mit einem hässlichen Lachen und teuren Schuhen.
Danny schwitzte. Seine Handflächen waren nass, seine Stimmung auf dem Nullpunkt. Schon zehn nach sechs und sein Date war noch immer nicht aufgetaucht.
Wenn es nun drei nach sechs wäre oder fünf nach, gäbe es ja noch Hoffnung. Aber zehn nach!
Eigentlich hielt Danny nichts von Blind-Dates. Sein Tenniskollege verabredete sich oft mit unbekannten Frauen. Das kann ja nicht gut kommen, pflegte Danny ihm zu predigen.
Aber wie schon gesagt: Danny hatte seit fünf Jahren keine Frau mehr bewusst berührt, ja, nicht einmal ein bisschen geflirtet.
Er schaute erneut auf die Uhr: zwölf nach sechs. Die Kellnerin starrte zu ihm hinüber. Die Leute waren heutzutage sehr indiskret. Obwohl sie gar nicht schlecht aussah, die Kellnerin, aber Danny hatte im Moment ganz andere Sorgen.
Er wandte seinen Blick ab und dachte darüber nach, wie er sein Date begrüssen würde, wenn sie denn doch noch erschien.
Da tippte ihn jemand auf die Schulter. Es war die Kellnerin.
„Entschuldigung“, flüsterte sie.
„Wieso flüstern Sie?“, flüsterte Danny zurück.
„Sie flüstern ja selber“, antwortete die Kellnerin und unterdrückte ein Lachen.
Danny war verwirrt. Was wollte diese Person von ihm?
„Ich bin Ihr Date“, sagte die Kellnerin. „Nur sollte mein Chef nichts von unserer Konservation mitkriegen, ich muss nämlich noch bis sieben arbeiten.“ Gespannt wartete sie seine Reaktion ab.
„Konversation“, flüsterte Danny.
„Bitte?“
„Es heisst Konversation. Sie haben Konservation gesagt.“
„Oh." Sie wurde rot.
„Wie heissen Sie eigentlich?“
„Anna!“, erklang eine Stimme aus der Küche. „Wo steckst du verdammt, bist du schon wieder am Quatschen?“
„Ich muss gehen.“ Anna ging hastig davon.
Danny schaute ihr nach. Wo war er da nur hineingeraten? Er hatte ein Date mit der Kellnerin. Das konnte wirklich nur ihm passieren.
Er lauschte und hörte, wie der Chef mit Anna schimpfte. Wütend wollte er aufstehen, Anna an der Hand nehmen und ihrem Chef gründlich die Meinung sagen.
Das tat er aber nicht. Es waren noch andere Gäste im Lokal und was sollten sie auch von ihm denken, würde er einfach ...
„Komm, wir gehen!“ Auf einmal stand Anna wieder vor ihm. Sie war es, die Danny an der Hand nahm und ihn aus dem Lokal zog, so dass er kaum Zeit hatte, seine Jacke anzuziehen.
„Ich habe gekündigt“, sagte sie.
„Wegen mir?“, fragte er ungläubig.
„Unter anderem. Ich kann doch mein Date nicht warten lassen.“ Sie lächelte neckisch. „Und, wo gehen wir jetzt hin?“
„Ich weiss nicht. Ich habe nichts vorbereitet. Ursprünglich war ja geplant ...“
Anna lachte herzhaft. „Komm!“
Sie zog ihn mit sich, tanzte mit ihm durch die Strassen und sang ein Lied dazu. Er lachte.
Ausser Atem waren sie vor dem Kino angekommen und beschlossen, sich einen Film anzuschauen.
Ein paar Minuten später sassen sie nebeneinander im Kinosaal. Danny traute sich nicht, Annas Hand zu nehmen.
Auf der Leinwand sassen zwei weibliche Teenies in einem Auto. Sie wollten per Autostopp nach Stockholm fahren, doch der Motor funktionierte nicht. Der Fahrer stieg aus und ging nachschauen.
Eine der Frauen sagte: „Was machen wir hier eigentlich? Wir müssen total verrückt sein!“
„Ja, das sind wir“, sagte die andere. „Aber wir sind auch verdammt cool!“
Da küssten sie sich. Zwei Frauen auf der Leinwand, die sich abschleckten, und neben ihm Anna, die ihn anschaute und kurz darauf ihre Zunge in seinen Mund schob.
„Was treibt ihr da eigentlich? Ist das hier versteckte Kamera, oder was? Los, raus aus dem Auto!“ Das war der Autofahrer, der nach dem Motor gesehen hatte. Die Romantik war dahin.
Der Rest des Films war langweilig und kindisch.
Später gingen Danny und Anna Hand in Hand aus dem Kino. „Ich bringe dich noch nach Hause“, sagte Anna. Danny widersprach nicht.
Vor seiner Haustür angekommen nahm er tief Luft und sagte: „Hör mal Anna, unabhängig von den Gefühlen, die heute zwischen uns aufgetreten sind, sind wir doch nur zwei Menschen, die einander zufällig begegnet sind und die überhaupt nicht zusammenpassen. Du hast dich als mein Date ausgegeben, da du meine Traurigkeit nicht ertragen konntest. Das war sehr lieb von dir. Auf Wiedersehen.“
Anna schüttelte nur den Kopf, sagte aber nichts und ging dann langsam davon. Danny ging ins Haus und seufzte leise.
Nein, er war definitiv kein selbstbewusster Mensch.

 

Anmerkung: Die Filmszene mit dem Autostopp wurde ungefähr aus dem Film "Fucking Amal" übernommen.

 

Hallo merettschen!

Hm, die Geschichte finde ich zwar eher traurig als lustig, aber gefallen tut sie mir trotzdem! :)
Ich meine, der Danny muß einem doch leid tun, oder? Anna will ihn offensichtlich, aber er kann es nicht wahrhaben, weil er so gar kein Selbstbewußtsein hat. Sowas finde ich jedenfalls traurig und nicht lustig. ;)

Ein paar kleine Zeichensetzungsfehler sind noch drin, etwa

„Oh“.
statt „Oh.“, oder fehlende Leertasten vor den drei Punkten (nur, wenn die drei Punkte einen Wortteil ersetzen, gehört keine Leertaste).
Zwie Frauen auf der Leinwand, die sich abschleckten
Zwei

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi!
Danke für die Verbesserungen. Du hast Recht, die Geschichte ist wirklich nicht so lustig, wie sie ursprünglich werden sollte, v. a. der Schluss. Na ja, kann man nix machen ...
grüsschen

 

Hallo merettschen,

körperlicher Kontakt zu Frauen auf das Überreichen der Aktien
Meinst du wirklich Aktien?
Da der gute Mensch anscheinend eine eigene Sekretärin hat, muss er ja schon Führungsqualitäten haben. Und wenns dann nicht einmal mit dem Flirten klappt. Nun ja, ich kenne diesen Typ Mann recht gut und deshalb finde ich die Geschichte auch nicht (mehr) traurig, aber recht realistisch.

LG

Jo

 

Hallo rettchen,

lustig ist die kg wirklich nicht, mich stimmst sie sogar sehr traurig. Aber das ist ein Pluspunkt für die Geshcichte, denn wenn beim Leser Emotionen aufkommen, muss der Autor irgendwas richtig gemacht haben.

Na ja, kann man nix machen ...
hier muss ich natürlich widersprechen. natürlich könntest du das mit einer lustigeren Seite aufpeppen. Allerdings würde das dann wahrscheinlich eine andere Geschichte werden.
So hat mich die Kg ganz stark an den Film erinnert, den ich gestern gesehen habe, und den ich dir als Empfehlung anraten möchte, da er sich um das gleiche Thema dreht: Menschen, die nicht fähig sind nach dem Glück zu greifen, das sich ihnen (ganz offensichtlich) bietet.
-->ANGEL A von Luc Besson.

grüßlichst
weltenläufer

 

Du hast dich als mein Date ausgegeben, da du meine Traurigkeit nicht ertragen konntest.
Also. Er wartet zwölf Minuten in einem Restaurant und da erkennt die Kellerin schon seine Traurigkeit? Nee, sag ich.

Hallo merettschen,

na ja, dir wurde hier ja schon oft genug gesagt, dass das eher traurig als lustig ist. Lass es nach Romantik verschieben oder Sonstige.

Lustig, dass du das mit Konversation/Konservation gemacht hast. So las ich nämlich erst deinen Kinotitel :D Und zum Glück ist diese Geschichte ne ganze Ecke anders als die mit dem Kino ;)

Gut geschrieben, gerne gelesen.

Bruder Tserk

 

Hallo Tserk!
Da hast du was falsch verstanden mit den zwölf Minuten. Die Kellnerin war wirklich sein Date, nur hatte sie ihm vorher nicht gesagt, dass sie Kellnerin ist. Da Danny ein Pessimist ist, nimmt er an, dass Anna aus Mitleid gehandelt hat und weist sie schliesslich zurück. Aus lauter Enttäuschung und Sprachlosigkeit klärt Anna ihn nicht auf.
Natürlich ist das aus der Story nicht eindeutig ersichtlich, aber Danny ist ja auch nach zehn Minuten überzeugt, dass sein Date nicht mehr kommt, was seine Charakterzüge aufzeigt.
Freut mich, dass dir diese Geschichte besser gefallen hat!

 

Hallo Weltenläufer!
Na ja, ich gestalte Geschichten nicht gerne um, ich find das heikel...
Von dem Film habe ich schon gehört, muss ich mir wirklich ansehn, wenn sich ne Gelegenheit ergibt. Danke für den Tipp!

 

Ich schließe mich den anderen Kritikern an: Humor ist bekanntlich Ansichtssache, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass irgend jemand in diesem Text auch nur die Spur davon findet. Mir gefällt der lakonische Erzählton und der abschließende Monolog von Danny ist gelungen. Nur passt diese Story leider überhaupt nicht in diese Rubrik, sondern entweder in "Alltag" oder "Gesellschaft".
Vielleicht solltest du darüber nachdenken, sie nach der Wahl verschieben zu lassen. Sie hätte die Beachtung in diesen Rubriken verdient, die sie hier wohl nicht finden wird.

Ach ja:

Sie wollten per Autostopp nach Paris fahren

Stockholm, nicht Paris. Da müssen wir schon penibel sein. :)

 

Hallo merettschen,

eine recht gelungene Geschichte für eine andere Rubrik etc. etc. (ist ja schon gesagt).

...Du hast dich als mein Date ausgegeben, da du meine Traurigkeit nicht ertragen konntest. Das war sehr lieb von dir. Auf Wiedersehen.“

Wieso geht er davon aus, dass sie sich als sein Date "ausgegeben" hat, wo sie doch gar nicht wissen konnte, dass er eines hatte?

Viele Grüße, nic

 

Hallo Merettschen!

Die Geschichte hat tragische und komische Anteile. Beides zu einem Ganzen zu verbinden, ist gar nicht so einfach, aber du hast es ziemlich gut hingekriegt. Die Charakterisierung des Protagonisten ist dir nicht durch Beschreibung, sondern seine Handlungsweise gut gelungen, was auch ein Pluspunkt der Geschichte ist. Ein Typ, der alles besser weiß, zu viel nachdenkt, nichts mitbekommt, die Geschenke, die das Leben so macht, nicht annehmen kann, zu feig und in sich versponnen ist, zu keiner spontanen Regeung mehr fähig, so sehe ich ihn. Aber das macht ihn natürlich auch so sympathisch, denn wir alle kennen das von uns selber. ;)
Außerdem hat mir dein knapper Stil gefallen!

Fehler:

Seine letzte Freundin hatte er vor fünf Jahren gehabt
das „hatte gehabt“ gefällt mir nicht - vielleicht: hatte ihn vor fünf Jahren verlassen
Danny schwitze
schwitzte
Ich bin ihr Date
groß: Ihr
Ein paar Minuten später sassen
Auf der Leinwand sassen zwei weibliche Teenies
saßen

Gruß
Andrea

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo merettschen,

diese Geschichte ist in ihrem Ablauf etwas anders/unerwartet und das hat mir daran gefallen. Irgendwie haftet ihr fast etwas Unwirkliches an, und die Kellnerin könnte die weibliche Antwort auf manche Johnny Depp Rolle sein, obwohl sie in meiner Fantasie aussah wie Michelle Pfeiffer.

Das Bad-End fällt wie ein dicker Stein auf die schon fast zarte Romantik, die sich zu entfalten begann. Auch das kam bei mir gut an, weil es wieder wider der Erwartung geschah, die du zunächst aufbautest.

Mit der Erwartungshaltung der Leser zu spielen, das ist dir meines Erachtens auf diese Weise ganz gut gelungen.

Grüße von Rick

 

Hallo merettschen,

tja, was soll ich anderes sagen als meine Vorredner? Die Geschichte gefällt mir, sogar richtig gut, aber sie gehört dringend in eine andere Rubrik.

gruss vom querkopp

 

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