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gesellschaft

Genre: gesellschaft

  1. Stacheln

    Wenn ich meinen Vater beschreiben müsste, würde ich mit Äußerlichkeiten beginnen. Glatze, Tattoos, Bart. Muskulöse Arme und ein Bauch, die Arme hatte er von der Arbeit, den Bauch, weil er trank: Nach jeder Schicht, egal, ob früh oder spät, wenn er mir einen Kuss gab, roch es nach Bier, Bier mit...
  2. Novelle Hinter den Dingen

    Samstag, 30. Juli Ich blinkte, bog in die Auffahrt ein und fuhr durch den Schatten des Walnussbaums auf den sonnigen Hinterhof. Als Kind hatte ich hier mit meinen Freundinnen gespielt. Wäscheleinen, auf denen die Wäsche der Hausbewohner trocknete, waren zwischen Metallpfosten gespannt. Nach der...
  3. Das Schicksal des jungen Werthers und eine Frau, die es teilt

    Das Schicksal des jungen Werthers und eine Frau, die es teilt Gehend im strömenden Regen, steht sie plötzlich auf der Brücke und lässt ihr Leben Revue passieren. Wie eingefroren hält sie sich am Geländer fest und spult an den Tag zurück, an dem alles begann. An dem sie das erste Mal diesen...
  4. Ein ganz normaler Tag

    .Im Moment des Erwachens ist alles Angst. Er ballt die Hände zu Fäusten, bewegt seine Zehen. Es geht, also ist er noch da. Öffnet nicht seine Augen, sonst sieht er, was er nicht möchte, ist nicht mehr in seinem Schloss und Herr seiner Sinne. Dann ordnet er die Stimmen, sie sind nur im Kopf, hat...
  5. Empathie

    Ein wolkenfleckiger Augusthimmel… ironisierte Phontonen drangen durch das rechteckig verstrebte staubstumpfe Glasdach der Fabrikhalle. Ein Ding unter den Dingen… Himmel und Fabrikgebäude. Gelblicht waberte in der Halle. In der Luft blafften die Geräusche von einem Geschwader Pressluftschrauber...
  6. Blaue Veilchen

    Ich stosse die grosse Eingangstür auf, die schwerer aussieht, als sie ist und sehe mich nach einem freien Platz um. Das modern gestaltete Café war so gut besetzt, wie es an einem Montagmorgen um Zehn vor acht sein konnte. Ich setze mich an einen sonnigen Fensterplatz. Die hohen Rundbogenfenster...
  7. Das Flüstern des Harmattans

    Nun brüllten die Dromedare den ganzen Abend lang. Vor drei Wochen waren sie mit ihnen aus Adel Bagrou losgezogen. Die Tiere hatten sich mit Leichtigkeit an die Strapazen der Reise gewöhnt. Täglich ertrugen sie die Reiter gleichmütiger auf den eng gezurrten Kamelsatteln, Dutzende Kilometer über...
  8. Blau wie Breslau

    Ich schaue sie an, sehe sie da sitzen auf der Bank, händchenhaltend, diese alte Hand haltend, dem Gebrabbel lauschend, kichernd, zwinkernd, das Luder, kaum Titten, aber was für ein Arsch, was für Beine und diese Augen grün wie Gift. Sie sagt, sie trinke ihren Kaffee immer schwarz, denn sie sei...
  9. Badetag

    Ich habe mich entschieden zu kündigen! Ich hab mir schon alles zurechtgelegt, was man für eine ordentliche Kündigung aus seinem Leben benötigt. Eine Flasche Whiskey, ein scharfes Küchenmesser, Kiffe, gute Musik und eine Badewanne mit warmen Wasser. Ich könnte mir auch im Wohnzimmer das Messer in...
  10. Dolores

    Dolores blickte den langen Flur hinunter. Die vierundzwanzig Zimmer hier waren ihr Stockwerk. Sie schob den Wagen mit der frischen Wäsche und den Reinigungsmitteln vorwärts über den blaugemusterten Teppichboden; eine Tür sah aus wie die andere, aber sie hatte ihren Plan ausgedruckt vor sich und...
  11. Spätfolgen

    Meine Mutter ist der Meinung, dass wichtige Entscheidungen erst dann getroffen werden sollten, wenn ein untrügliches Bauchgefühl den Zeitpunkt signalisiert. Mag sein, dass da was dran ist, doch haben wir noch Zeit, auf solche Signale zu warten? Außerdem grummelt mein Bauch seit Wochen, ich bin...
  12. Reise ins Nichts

    Sie wusste, sie wird sterben. Sehr bald. Sie lag auf der Palliativstation des Krankenhauses und strich müde über die Stoppeln auf ihrem Kopf. Seit sie mit der Chemo aufgehört hatte, begannen ihre Haare wieder zu wachsen. Zögerlich, aber immerhin. Auf einer Seite des Bettes sass ihre Mutter und...
  13. Das Ende kann warten

    Der Sommer neigt sich dem Ende zu. Wie trivial ihm der Gedanke durch den Kopf flattert. Mehrmals, als müsse sein Gehirn ihn erst einfangen. Die Blätter an den Bäumen hatten sich durch die Trockenheit frühzeitig verfärbt, waren abgefallen und machten sich unter seinen Tritten bemerkbar. Im Sand...
  14. Nie Gesagtes

    Nenne deine Augen Kaffeebohnen. Nenne deine Hände Spinnenhände. Sitze neben dem Fahrradweg auf dem Stück Rasen am Fluss, das wir so gerne mögen, und sage dir, wie hübsch ich dein Gesicht glänzend von Sonnencreme finde. Kann dir nicht sagen, wie viel mir unsere Treffen bedeuten. Oder wie schwer...
  15. Die letzte Fahrt

    Ungeduldig wartete ich vor dem alten Zürcher Haus am Hügel. Ich hatte an der Tür geklingelt, aber niemand öffnete. Eine Telefonnummer hatte ich nicht, also hupte ich kurz. In Zürich wird nicht gehupt und diesem Quartier am Hang wurde es bestimmt nicht gerne gesehen. Gehört. Ich starrte auf die...
  16. Der Morgen danach

    Nach Alkohol und Zigaretten stinkende Erinnerungen und ein Hämmern im Kopf, das sich anfühlt, als würde ein Psychopath verzweifelt auf sein Opfer einschlagen. Wieder eine kurze Nacht gehabt? Wieder eine kurze Nacht gehabt! Man quält sich aus dem Bett und würde am liebsten vor der Toilette...
  17. Stummer Freund

    Das Erste, was ich dich fragte, war: Warum müssen wir sterben? Das heißt nicht, dass ich nicht zuvor schon mit dir gesprochen hätte. Es war nur die erste Frage, die ich dir stellte. Warum weiß ich nicht. Als Kind fühlte ich mich oft unvollständig, aber nicht, wenn ich mit dir sprach. Vielleicht...
  18. Alter Narr

    Die Jahre der großen Taten sind für Walther längst vorbei. Der Lebensabend ist entschleunigt, Pflichten reduzieren sich auf ein Minimum. Als Rentner lebt er in den Tag hinein und versucht so gut es geht gesund zu bleiben. Die Beine sind müde, in die Jahre gekommen. Aber der Kopf ist noch frisch...
  19. ER oder die Revolution des geriatrischen Geschwaders

    Schlange am Pfandautomat, direkt am Eingang. Alles ab sechzig plus tummelt sich mit Rollatoren und quer gestellten Einkaufswagen, sodass niemand mehr Platz hatte, das Gebäude zu betreten oder zu verlassen. "So geht das doch hier nicht! Er hat doch meine fünfundzwanzig Zent!" Er war weder...
  20. Highscore

    Highscore Es fehlen nur noch dreihundert Punkte. Nur ein paar Mal nett lächeln, Türen aufhalten, grüßen und in finsterste Schließmuskel kriechen. Wird easy. Meine Smartwatch vibriert kurz, wenn ich Punkte sammle. Wenn sie piept, ist das ein schlechtes Zeichen, dann habe ich welche verloren...

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