Beim Frisör
Danke, vielen Dank! Da hab ich gedacht ich schicke erst mal meine Schwester zu dem Frisör von dem ich gehört habe das er ganz gut sein soll, damit ich sehen kann ob das auch stimmt. Nachdem sie also völlig begeistert und auch noch gut aussehend wieder kommt, gehe ich auch völlig zuversichtlich hin.
Ich beschreibe dem Herrn, dem ich im Normalfall niemals meinen Kopf hingehalten hätte, da er wohl schon jenseits jeglicher Fortbildungen ist und die Ausbildung wahrscheinlich schon 25 Jahre zurückliegt . Aber die Kleine hatte nen guten Haarschnitt also bin ich da optimistisch. Es geht auch gut los, ich beschreibe ihm wie ich nachdem er mit mir fertig ist aussehen möchte, er nickt fleissig mit dem Kopf und hält das auch alles für machbar. Na das stimmt mich noch optimistischer und während er mir den Kopf wäscht, könnte ich optimistischer nicht sein .
Klasse! Genau das was ich brauche. Ganz sanft und ruhig massiert er meine Kopfhaut und ich werde zu Wachs in seinen Händen. Dann geht das Schneiden los, ich wusste ja schon dass er sehr penibel ist, aber dass er doch tatsächlich mit einem Zentimetermaß an mir rumdoktort hätte ich wirklich nicht gedacht. Umso besser, dann ist wenigstens alles schön gleichmässig lang! Ich bin auch wirklich dankbar dafür, dass er mich nicht zuquatscht und mich nicht nötigt ihm irgendwas zu erzählen. Wir sitzen da, in stiller Eintracht, er schneidet und ich hänge meinen Gedanken nach. Alles völlig relaxt.
Bravo, das Schneiden ist beendet und im nassen Zustand und von Vorne sieht es wirklich gut aus, mein neuer Frisör, dem Mann, dem einzigen Mann, dem ich von nun an vertrauen werde fragt mich nach meiner Scheitelseitenvorliebe, guckt ein wenig pikiert als ich ihm sage dass ich es so nehme wie es fällt und greift, für seinen Schockzustand relativ beherzt, nach dem Föhn. Ein richtiger Mann eben, den bringt auch ein unkontrollierter Scheitel nicht aus der Ruhe!
Er föhnt, bürstet und zippelt hier und da noch was rum, da hat er dann wohl, trotz vorheriger Millimeterarbeit, noch ein Häärchen vergessen. Und schon bin ich fertig. Er hält mir den Spiegel hin damit ich meinen Hinterkopf sehen kann und das ist der Moment, der mir ganz deutlich macht, dass es nicht richtig ist einem Mann blind oder überhaupt zu vertrauen! Hilfe, ich sehe aus als ob ich eine Mütze aufhätte! Während ich also versuche meinen Schockzustand beherzt in den Griff zu bekommen, klingelt der Wecker von Frau Schüller und sie ruft nach dem Meister. Die Strähnchen sind nämlich fertig.
Der Meister aber beobachtet mich im Spiegel, was mich doch arg unter Druck setzt. Also reiße ich mich zusammen, lobe ihn und ärgere mich schwarz, dass ich nicht in der Lage bin meiner Wut Luft zu machen. Aber ich denke dabei auch an Frau Schüller, die hätte nämlich keine Haare mehr auf dem Kopf wenn der Meister jetzt noch mal an mich ran müsste. Und das wo sie doch wohl auch Silvester gut aussehen will. Ich lächle in den Spiegel und tröste mich damit, dass man immer noch was reissen kann, wenn man sich selber föhnt; zahle und gehe raus in den Sturm...
[Beitrag editiert von: Sabel am 22.01.2002 um 21:48]