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Burnout-Prävention für Kommentierte und Kommentierende: Umgang mit Kritik

Kritiken sind für mich in erster Linie Meinungen ...

Das sehe ich nicht so. Meinungen sind billig zu haben. Jeder hat zu irgendwas eine Meinung. Eine gute Kritik ist mehr als eine Meinung, sie ist eine sachlich begründete Position. Da geht es nicht um subjektive Vorlieben, sondern um eine Bewertung/ Einschätzung, die idealerweise auf Sachkenntnis beruht.

Gruß Achillus

 

Kritiken sind für mich in erster Linie Meinungen ...

Das sehe ich nicht so. Meinungen sind billig zu haben. Jeder hat zu irgendwas eine Meinung. Eine gute Kritik ist mehr als eine Meinung, sie ist eine sachlich begründete Position. Da geht es nicht um subjektive Vorlieben, sondern um eine Bewertung/ Einschätzung, die idealerweise auf Sachkenntnis beruht.

Gruß Achillus


Lieber Achillus,

da kann ich dir zustimmen, so lange es um Rechtschreibung und Grammatik geht. Ja, auch im Stil gibt es Dinge die allgemein als gut oder schlecht angesehen werden.

Aber spätestens, wenn es um den Inhalt geht wird es schwierig. Dort fängt es für mich an, sich um Geschmack zu handeln und über denn lässt es sich bekanntlich streiten.

 

Auch über sachlich begründete Positionen kann man streiten. Dennoch hat eine gute Literaturkritik auch was den Inhalt betrifft eine ganz andere Wertigkeit als eine Meinung oder ein Geschmacksurteil. Natürlich ist sie deshalb nicht ganz und gar objektiv. Sie ist aber eben auch nicht ganz und gar subjektiv. Sie gründet auf Maßstäben, die in der Literaturkritik allgemein als gültig betrachtet werden.

Kurzum: Wenn ich Leute frage, die keine Ahnung von Literatur haben, erhalte ich eine Meinung. Wenn ich Leute frage, die sich mit Literatur beschäftigen und auseinandersetzen, erhalte ich eine Position. Das ist weitaus wertvoller.

 

Auch über sachlich begründete Positionen kann man streiten. Dennoch hat eine gute Literaturkritik auch was den Inhalt betrifft eine ganz andere Wertigkeit als eine Meinung oder ein Geschmacksurteil. Natürlich ist sie deshalb nicht ganz und gar objektiv. Sie ist aber eben auch nicht ganz und gar subjektiv. Sie gründet auf Maßstäben, die in der Literaturkritik allgemein als gültig betrachtet werden.

Kurzum: Wenn ich Leute frage, die keine Ahnung von Literatur haben, erhalte ich eine Meinung. Wenn ich Leute frage, die sich mit Literatur beschäftigen und auseinandersetzen, erhalte ich eine Position. Das ist weitaus wertvoller.


Hierzu kann ich nur sagen:

Ich studiere Literatur und selbst dort sind sich die Leute nicht immer einig, was gute Literatur ausmacht. Die Debatten unter den Professoren können sehr erheiternd sein.

Als Beispiel könnte man hier den Literaturkanon nennen. Wir haben in unserer westlichen Gegend einen völlig anderen Kanon, als in anderen Gebieten der Welt. Und selbst dieser ändert sich langsam aber beständig immer wieder.

Um nochmal auf meinen ursprünglichen Standpunkt einzugehen: Eine Kritik über den Inhalt eines Textes wird sich immer danach entscheiden, wer gefragt wird. Da kann der Kritiker noch so sachlich bleiben, er wird immer seinen eigenen Gusto mit in die Kritik bringen. Denn gute Literatur ist immer im Fluss.

Aber dennoch gebe ich Dir in so fern recht, dass eine fundierte Kritik eines Belesenen, der weiß, von was er spricht, einen deutlich größeren Mehrwert hat, als eine einfache Meinung.

 

Eine Kritik über den Inhalt eines Textes wird sich immer danach entscheiden, wer gefragt wird.

Ja und nein. Denn auch der Inhalt kann formale Fehler enthalten. Das hat dann nichts mit Subjektivität zu tun.
Nehmen wir zum Beispiel die Figurenentwicklung. Die kann durchaus unschlüssig sein oder irgendwo haken. Ganz objektiv betrachtet. Manchmal, und das ist mir selbst auch schon öfter passiert, hat man seine Figur und deren Beweggründe total klar im Kopf, versäumt es aber dennoch, das literarisch sauber auszuarbeiten, so dass es spürbar wird. Da ist dann eine inhaltliche Rückmeldung sehr wichtig und hat mir schon des öfteren immens geholfen.

Oder nehmen wir Logiklücken. Ein fehlerhafter Ablauf. Irgendwas, dass der Autor (Wald voller Bäume und so) im Eifer des Gefechts vielleicht übersehen hat. Auch das ist inhaltlicher Natur und eine Rückmeldung dazu total wertvoll.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich finde, eine Kritik hat ihre Berechtigung in jeglichen Bereichen, ob es nun um die reine äußere Textform geht oder eben auch um ihre innere.

 

Interessante Diskussion, aber eigentlich habe ich das Gefühl, dass man ein wenig aneinander vorbeiredet.

Zunächst ist die Frage, welchen Bedeutungsgehalt man den Wort Inhalt gibt:

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, aber wenn man das auf das reine "worum es geht" reduziert, dann ist es wohl oberflächlich betrachtet eine Frage des Geschmacks, ob der Inhalt gut ist oder nicht, bzw. ob er einem gefällt.

Die andere Frage ist, wie man den Inhalt darstellt, was man dann vielleicht den Plot nennen könnte.

Spätestens hier kommen die von @RinaWu angeführten Punkte zum Tragen, denn der Plot hat etwas mit Handwerk zu tun und das kann man sehr wohl auch objektiv beurteilen.

Und dann haben wir noch die Frage, wie man den Inhalt verpackt, da sind wir dann vielleicht auf der sprachlich-gestalterischen Ebene, bei der sicher Geschmacksfragen auch eine Rolle spielen können, aber nicht nur, denn die Einhaltung von Grammatik, Rechtschreibung und Semantik, etc., lässt sich sehr wohl objektiv beurteilen.

Tja, und natürlich kann man sich darüber streiten, was Literatur ist oder sein soll oder was gute Literatur ist. Dazu muss man sicher nicht Literatur studieren.

Trotz alledem hat aber der (gute) Kritiker im Gegensatz zum Meinung Mitteilenden aus meiner Sicht den unermesslichen Vorzug, dass er in der Lage ist zu beurteilen, ob etwas (handwerklich) gut gemacht ist und zwar unabhängig davon, ob ihm der Inhalt gefällt (das ist in der Kunst, Musik oder selbst beim Kochen so ...).

Von daher ist eine Kritik im obigen Sinne wohl sehr viel mehr als nur eine Meinung und natürlich darf und soll sie auch in die Tiefe gehen. Aber sie darf sich sogar auch auf den Inhalt beziehen, denn auch der reine Inhalt kann objektiv zum Kotzen sein, wie z. B. rein rassistische, frauenverachtende, etc., Inhalte (was nicht heißt, dass man solche Themen nicht auch literarisch anpacken kann, aber dann wird der Inhalt wohl z. B. über reinen Rassismus hinausgehen müssen).

 

Aber sie darf sich sogar auch auf den Inhalt beziehen, denn auch der reine Inhalt kann objektiv zum Kotzen sein, wie z. B. rein rassistische, frauenverachtende, etc., Inhalte (was nicht heißt, dass man solche Themen nicht auch literarisch anpacken kann, aber dann wird der Inhalt wohl z. B. über reinen Rassismus hinausgehen müssen).
Nein, auch eine Kritik, die „rein rassistische, frauenverachtende, etc., Inhalte“ zum Kotzen findet, ist nicht objektiv, sondern höchst subjektiv. Du redest hier der political correctness das Wort, die in der Literatur nichts zu suchen hat.

 

Nein, auch eine Kritik, die „rein rassistische, frauenverachtende, etc., Inhalte“ zum Kotzen findet, ist nicht objektiv, sondern höchst subjektiv. Du redest hier der political correctness das Wort, die in der Literatur nichts zu suchen hat.

Das Wetter war gestern zu schön, um da wirklich in die Diskussion einzusteigen. Ich denke auch, dass dies nicht der richtige Faden ist, daher nur kurz:

Etwas seltsam finde ich, dass gleich die political correctness Keule kommt, obwohl ich ja schrieb, dass sich Literatur sehr wohl mit diesen Themen auseinandersetzen kann, wenn es um mehr geht, als bspw. den reinen Rassismus. Das Verbreiten von rein rassistischen Inhalten mit dem Stempel "Literatur" zu rechtfertigen und bei Kritik daran "political correctness" zu unterstellen, ist jedenfalls (zu) einfach gedacht.

Rein rassistische Inhalte findet übrigens auch der Gesetzgeber fragwürdig, was sich nicht zuletzt in Art. 3 GG (oder etwas konkreter in § 130 StGB) widerspiegelt, aber auch in den Forumsregeln:

"Durch die Annahme unserer Regeln garantierst du, dass du keine Nachrichten und/oder Geschichten schreibst, die rassistisch, links- oder rechtsradikal, extrem brutal, gewaltverherrlichend und/oder pornographisch sind oder sonst gegen ein Gesetz verstoßen würden."

sodass die Kritik an solchen Inhalten eher auf einem Wertekanon gründet, auf den man sich in diesem Land objektiv geeinigt hat, und daher eine solche Kritik eher einen objektiven Charakter als einen subjektiven hat.

Natürlich kann man die Meinungsfreiheit über alles stellen, aber wohin das führt, zeigt ein Blick in die Vergangenheit.

Wie auch immer, wir können die Diskussion über das Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit, political correctness (z. B. im Sinn einer vorgreiflichen Selbstzensur) und Verantwortung des Autors für seine Texte gerne führen, aber vielleicht dann eher in einem extra Faden (oder per PN).

 
Zuletzt bearbeitet:

Natürlich kann man die Meinungsfreiheit über alles stellen, aber wohin das führt, zeigt ein Blick in die Vergangenheit.

Verstehe ich nicht. Was suggerierst du hier? Meinungsfreiheit führt (e)... ins dritte Reich, oder wie?

sodass die Kritik an solchen Inhalten eher auf einem Wertekanon gründet, auf den man sich in diesem Land objektiv geeinigt hat, und daher eine solche Kritik eher einen objektiven Charakter als einen subjektiven hat.

Nein, bestenfalls die Institutionen haben sich auf irgendeinen Kanon geeinigt. Die sagen dir dann, was du darfst und was nicht. Ich schreibe gerade für meine Serie einen Text, der genau das ist: rassistisch. Da gibt es auch keine zweite Ebene, wie Ironie oder sonst was, der ist straight aus dem Kopf eines Rassisten, weil mich die Denkmuster interessieren, weil mich die Darstellung dessen interessiert, wie diese Leute sprechen, alles ohne Filter. Das entspricht dann ganz und gar nicht mehr dem Wertekanon der BRD, und würde auch durch das Raster einer objektiv geführten Literaturdebatte fallen. Dennoch handelt es sich um einen gemachten, fiktiven Text. Das ist schon sehr schwarz-weiß gedacht alles.

Die Frage, ob und wie man Literatur bewertet, ist doch eine sehr alte. Pierre Huet hat da schon im 16 Jahrhundert drüber geschrieben. Was macht Literatur literarisch? Was ist Literarizität? Siehe russischer Formalismus oder auch New criticism. Auch welche Themen überhaupt als literarisch gelten, dieser Frage wird ja auch immer wieder nachgegangen. Wie wir sehen: Kriminalromane sind immer noch unliterarisch, auch wenn man alles tut, das zu ändern. Romane über das dritte Reich, den Widerstand oder die Shoa gelten dem Publikum sofort als literarisch, weil irgendwie existentielle Themen. Und ich glaube, die Themen, also die Übereinkunft darüber, was überhaupt wichtige Themen sind, die sind recht global. Tod, Verrat, Rache, Liebe, Schuld - alles Themen, die sich in jeder Literatur wiederfinden, ob Südamerika, Afrika, Europa, Asien. Die Mittel sind andere, aber die Grundhaltung scheint eine ähnliche zu sein.

 
Zuletzt bearbeitet:

Was suggerierst du hier? Meinungsfreiheit führt (e)... ins dritte Reich, oder wie?
Natürlich nicht, ich sage nur, dass es immer eine Abwägungsfrage ist, eben z. B. zwischen Meinungsfreiheit und Menschenwürde, ansonsten ist es nämlich tatsächlich schwarz-weiß gedacht, egal von welcher Seite.

Klar kann man den Staat, in dem wir leben, ablehnen oder kritisieren (die Institutionen …). Letzteres finde ich auch wichtig. Dabei sollten wir aber nicht vergessen, dass wir damit eine große Freiheit genießen, in deren Genuss nur sehr wenige auf dieser Erde kommen. Und diese Freiheit verdanken wir u. a. den Strukturen und auch den Werten, die angesichts der Vergangenheit z. B. ins Grundgesetz geflossen sind und gerade auch der Abwägung zwischen unterschiedlichen Rechtsgütern.

Das entspricht dann ganz und gar nicht mehr dem Wertekanon der BRD, und würde auch durch das Raster einer objektiv geführten Literaturdebatte fallen. Dennoch handelt es sich um einen gemachten, fiktiven Text.

Jetzt geht es wieder durcheinander. Ausgegangen sind wir von der Frage, ob eine Kritik am Inhalt überhaupt objektiv sein kann.

Bei Dir scheint eher die Sorge mitzuschwingen, dass ein solcher Texte nicht geschrieben werden dürfe, dass man ihn nicht machen dürfe, obwohl er doch eigentlich Literatur ist. Aber zwischen Zensur und Kritik ist ja ein gewaltiger Unterschied.

Und um Zensur ging es in meinen Beiträgen gar nicht, sondern nur um die Frage, ob man einen REIN rassistischen Inhalt nur subjektiv oder auch objektiv kritisieren kann.

 

Dabei sollten wir aber nicht vergessen, dass wir damit eine große Freiheit genießen, in deren Genuss nur sehr wenige auf diese Erde kommen.

Dann ist deine Vorstellung von Freiheit eine andere, als meine. Und die "Werte", die wir, bzw unsere Regierung so vertreten, sind doch auch nur Worthülsen; Menschenwürde predigen, dann aber Geschäfte mit den Chinesen und anderen fragwürdigen Nationen machen, die "Dissidenten" einfach ohne Prozess um die Ecke bringen. Ich nenne das jedenfalls Heuchelei.

Bei Dir scheint eher die Sorge mitzuschwingen, dass ein solcher Text nicht geschrieben werden dürfe, dass man ihn nicht machen dürfe, obwohl er doch eigentlich Literatur ist. Aber zwischen Zensur und Kritik ist ja gewaltiger Unterschied.

Nein, darum ging es mir nicht. Ich habe lediglich ein Beispiel genannt, an dem man erkennen kann, wie schwer eine vermeintlich objektive Betrachtung ist. Ein Text kann rein rassistisch sein, aber dennoch eben mehr als das, er kann somit zu einem Lehrstück werden, zu einer Art Charakterstudie. Dann wäre der Inhalt rein objektiv kritisierbar, weil er ein bestimmtes Tabu darstellt, aber wir haben immer noch nichts über den Kontext erfahren. Ich weiß natürlich, was du meinst, eindeutig positionierte Texte mit einer klaren Intention sind ganz klar zu kritisieren, aber man sollte nicht so vorschnell urteilen, Ambivalenzen begreifen und wirken lassen.

 

Menschenwürde predigen, dann aber Geschäfte mit den Chinesen und anderen fragwürdigen Nationen machen, die "Dissidenten" einfach ohne Prozess um die Ecke bringen. Ich nenne das jedenfalls Heuchelei.

Ja, und nein. Da gebe ich Dir Recht, dass dem Heuchelei innewohnt. Da müssten wir uns aber auch darüber verständigen, ob wir unseren Lebensstandard für unsere Prinzipien opfern möchten. Ob das in einer Demokratie eine Mehrheit finden würde, wage ich zu bezweifeln.

Ich weiß natürlich, was du meinst, eindeutig positionierte Texte mit einer klaren Intention sind ganz klar zu kritisieren, aber man sollte nicht so vorschnell urteilen, Ambivalenzen begreifen und wirken lassen.

Wirke ich so, als ob ich vorschnell urteile? Dieses "wirken lassen" und sich auf einer intellektuellen Ebene damit auseinanderzusetzen, ist wohl auch ein Privileg, über das nicht jeder verfügt.

Dann wäre der Inhalt rein objektiv kritisierbar, weil er ein bestimmtes Tabu darstellt, aber wir haben immer noch nichts über den Kontext erfahren.

Tabus sind aus meiner Sicht dazu da, sie zu hinterfragen und sich damit auseinanderzusetzen, denn sonst verlieren sie ihre Bedeutung und lösen nur noch einen Reflex aus, wie bei einem Pawlowschen Hund.

Ist der Kontext ein Teil des Inhalts? Wenn ich als Autor meinen Text in einem gewissen Kontext verstanden wissen möchte, was ist dann, wenn der Kontext wegfällt?

Schwierige Fragen, die zur Frage der Verantwortung führen. Es gibt halt Menschen, die sich nicht auseinandersetzen wollen, sondern nur ihre kruden Vorstellung bestätigt haben möchten.

Das ist ein Punkt, den man meines Erachtens nicht ausblenden sollte, mit dem einfachen Hinweis auf Literatur. Deswegen reagiere ich auf dieses unreflektiert klingende "Literatur darf alles". Manchmal kommt mir das nämlich genauso pawlowsch vor (bei dieser Auseinandersetzung nicht).

Wie auch immer, die Auseinandersetzung mit diesen Themen ist am Ende das entscheidende. Leider geschieht das in erster Linie in einer gewissen Blase und ich frage mich immer, wie viele in dieser Blase sind, wenn es hart auf hart kommt.

 

Rein rassistische Inhalte findet übrigens auch der Gesetzgeber fragwürdig, was sich nicht zuletzt in Art. 3 GG (oder etwas konkreter in § 130 StGB) widerspiegelt, aber auch in den Forumsregeln:
Was sind denn „rein rassistsche Inhalte“? Wo fängt das an und wo hört das auf? Wo zieht man die Grenze, und wer bestimmt das? Und möchten wir wirklich eine Wächterkaste, die das bestimmt? Wozu das führen kann, kann uns auch ein Blick in die Vergangenheit zeigen.
Ich meine: Ist ein Text, in dem eine rassistische Figur auftritt, bereits rassistisch? Oder könnte uns das Verhalten eines Rassisten abschrecken, ihn verständlich machen oder den Ursprung seines Weltbilds psychologisieren? Könnten wir da nicht einen doppelten Boden übersehen? Um was geht es also dann? Um die Prämisse eines Textes? Wo kann man hier klar definieren und abgrenzen, wann ein Text rassistisch wäre und wann nicht? Hardliner der einen Seite meinen, Huckleberry Finn sei rassistisch. Hardliner der anderen Seite sagen, Der Landser sei nicht nationalsozialistisch. Was ich sagen will, ist, wenn ein literarischer oder meinetwegen „erzählender“ Text eine gewisse, sehr niedrige Qualitätsgrenze überschreitet, ist es schier unmöglich klar zu definieren, was eindeutig rassistisch wäre und was nicht. Das mag mit anderen Texten wie mit Essays, Kommentaren, u.ä. gehen, weil da eine ganz klare Aussage im Mittelpunkt steht, die keinerlei Kunstform angehört, aber sobald dort Figuren gezeigt werden, die handeln und denken und tun, wird das verdammt subjektiv. Und dann kommt die political correctness meiner Meinung nach zurecht ins Spiel unserer Diskussion, denn sie definiert ganz klare Linien, was man sagen dürfte und was nicht, und schwemmt ihre Standpunkte leider zu unrecht in die Kunst und erzählenden Texte, wo sie überhaupt nicht hingehört.

 

Was sind denn „rein rassistsche Inhalte“? Wo fängt das an und wo hört das auf? Wo zieht man die Grenze, und wer bestimmt das? Und möchten wir wirklich eine Wächterkaste, die das bestimmt?

Und dann kommt die political correctness meiner Meinung nach zurecht ins Spiel unserer Diskussion, denn sie definiert ganz klare Linien, was man sagen dürfte und was nicht, und schwemmt ihre Standpunkte leider zu unrecht in die Kunst und erzählenden Texte, wo sie überhaupt nicht hingehört.

Und nur weil es schwierig ist, soll man die Diskussion lassen? Stempel Literatur drauf und Schnauze halten? Und seit wann definiert "political correctness" klare Linien? Und in der Literatur darf man also nicht über Inhalte diskutieren?

 

Da müssten wir uns aber auch darüber verständigen, ob wir unseren Lebensstandard für unsere Prinzipien opfern möchten.

Dann ist es okay für dich, wenn Blut an deinen Händen klebt, solange du bei REWE günstig einkaufen kannst. Ist jetzt eine Verkürzung, aber ungefähr das, was du aussagst in meinen Augen. Auch egal, weil das führt hier zu weit.

Wenn ich als Autor meinen Text in einem gewissen Kontext verstanden wissen möchte, was ist dann, wenn der Kontext wegfällt?

Dies passiert unweigerlich immer. Siehe Zeitgeist. HP Lovecraft unterstellt man heute Rassismus, damals war das ein vollkommen normales Weltbild. Jack London war Sozialdarwinist. Würde man dich heute für steinigen. Einige seiner Texte sind überhaupt erst mit dieser Agenda, wenn man die mitdenkt, mitliest, so richtig verstehbar. Früher war es der Negerkönig, heute der Südseekönig. Niemand hat behauptet, Literatur dürfe alles. Aber die Grenzen sollten halt auch tatsächliche Grenzfälle beinhalten dürfen, die den Leser auch in seiner eigenen Mündigkeit herausfordern. Sonst lesen wir bald alle Rosamunde Pilcher.

 

Dann ist es okay für dich, wenn Blut an deinen Händen klebt, solange du bei REWE günstig einkaufen kannst. Ist jetzt eine Verkürzung, aber ungefähr das, was du aussagst in meinen Augen. Auch egal, weil das führt hier zu weit.
Ich sagte nicht, dass dies für mich "ok" ist, sondern dass idealistische Ziele im Ausland umzusetzen, die an den allgemeinen Wohlstand gehen, normalerweise in einer Demokratie wohl nicht mehrheitsfähig sind.

Aber die Grenzen sollten halt auch tatsächliche Grenzfälle beinhalten dürfen, die den Leser auch in seiner eigenen Mündigkeit herausfordern.

Dass ich das absolut unterstreiche, sollte aus meinen Ausführungen eigentlich entnehmbar sein.

Dies passiert unweigerlich immer. Siehe Zeitgeist. HP Lovecraft unterstellt man heute Rassismus, damals war das ein vollkommen normales Weltbild. Jack London war Sozialdarwinist. Würde man dich heute für steinigen.

Das ist eine zeitliche Komponente, die den Kontext sozusagen verschwinden lässt. Das hat man nicht im Griff, da gebe ich Dir völlig recht. Und der Wertekanon hat sich im Laufe der Zeit verändert.

 

Etwas seltsam finde ich, dass gleich die political correctness Keule kommt ...
Etwas seltsam finde ich, dass du die Wahrheit gleich als Keule empfindest. Die Forumsregeln und die Gesetze, auf die du dich zurückziehst, sind nicht objektiv, sondern lediglich eine Übereinkunft unserer Gesellschaft.

Solche Übereinküfte haben fast alle Staaten, aber eben nur fast. USA z.B. haben kein solches Gesetz, wenn auch es schon X-Versuche gab, moralische Regeln auch für Literatur einzuführen. Der letzte, der das versucht hat, war Bill Clinton, dessen Communications Decency Act vom Obersten Gericht der USA fast zur Gänze wieder kassiert wurde.

Wir in Europa - und wegen unserer Vergangenheit noch mehr in Deutschland - haben dagegen eine Menge zu beachten, können also nicht wirklich frei, sondern immer mit einer Schere im Kopf schreiben, obwohl uns das Grundgesetz die Kunstfreiheit ohne jegliche Beschränkungen seiten des Staates garantiert. Wer eine fiktionale Kurzgeschichte oder einen Roman verfasst hat, hat ein Kunstwerk erschaffen, darüber kann es keinen Zweifel geben. Trotzdem werden immer wieder Schwärzungen in Büchern angeordnet oder sie werden auf Index gesetzt oder ganz verboten: Es ist fast, als ob der vatikanische Index Librorum Prohibitorum mit anderen Kriterien noch immer existierte.

Zurück zum Begriff der Objektivität: Auch Kritik von sehr vielen ist subjektiv und nicht objektiv, wie du uns hier zu suggerieren versucht hast. Mehr wollte ich mit meinem Einspruch nicht sagen, und ich hoffe, mit diesem Posting hier die Begründung dafür geliefert zu haben.

 

„Sonst lesen wir bald alle Rosamunde Pilcher.“ ??

Ich habe einmal eine Kurzgeschichtensammlung von ihr geschenkt bekommen und gelesen ... ?

Wir hatten im Discord ja einmal die Diskussion angeschnitten. Oft ist es ein Gratgang. Wenn man einen Roman aus der Ich-Perspektive eines überzeugten KZ-Aufsehers schreibt, wird es letztlich darauf ankommen, ob der Leser trotzdem Distanz gewinnt oder der Roman glorifizierend ist.

Das Letzteres kritisch ist, ist wohl trotz aller Meinungs- und Kunstfreiheit breiter, gesellschaftlicher Konsens. Ich habe einmal so einen NS-Propagandafilm in einer genehmigten Sonderaufführung sehen können und es war echt zum ?. Aber es mag sein, dass es ein Publikum gibt, dass dafür empfänglich ist. Es ist halt eine grundlegende Entscheidung einer Gesellschaft, ob so etwas begrenzt wird, z.B. durch einen Index, oder toleriert. Letztlich geht es beim Index auch nur darum, den Zugang zu erschweren und die Breitenwirksamkeit einzudämmen. Wer will, kommt doch eh dran.

LG Mae

 
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Ich habe einmal so einen NS-Propagandafilm in einer genehmigten Sonderaufführung sehen können und es war echt zum ?.
Warum reiten alle auf dem deutschen Faschismus rum? Es gibt ein Buch in Millionenauflage, das Vergewaltigung, Inzest, Genozid, speziell das Verstümmeln und Töten von Kleinkindern, Sklaverei, Unterdrückung & Ermordung von Frauen und Andersdenkenden propagiert, und irgendwie hat das kein 18+ Label gekriegt. Im Gegenteil, das wird Kindern im Grundschulalter vorgelesen. Wo bleibt da die Moral, die Empörung, der Schrei nach der FSK?
Oh, das war ja die Bibel ...

Warum soll ein NS-Propagandafilm nur in einem staatlich geschützen Rahmen gezeigt werden können, aber Religionen, auf deren Konto wesentlich mehr Verbrechen gingen und gehen, dürfen verbreitet werden, wo nur möglich? Weil Religion heutzutage noch eine priviligierte Stellung innehat, die der Faschismus heute nicht mehr genießen kann.

Allein daran zeigt sich, dass es kein 'objektiv' bei Kritik (und Zensur) geben kann - man hält immer das für objektiv, was seiner eigenen Anschauung entspricht. Zahlen und Fakten spielen dabei keine oder eine untergeordnete Rolle. 'Subjektiv' kritisiert werden entweder Dinge, die man selbst unterstützt, oder eben - als Konzession an die Demokratie - nicht ganz so schlimm findet wie andere. Das sieht man auf dieser Seite im kleinen genauso, wie in der Politik im großen Rahmen.

Das ist menschlich und verständlich, und ich bin beim allerbesten Willen nicht frei davon. Aber ein bissl müssen wir als Erwachsene schon von unseren Vorlieben/Abneigungen abstrahieren können, wenn es um Eingriffe wie Zensur und Verbote geht.

 

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