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Der alte Mann und die Erinnerung

MRG

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12.03.2020
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Der alte Mann und die Erinnerung

Er saß auf der Veranda des Altenheims, seine altersfleckigen Hände krampften sich um ein Mobiltelefon, das aus einem Display und vier überdimensionierten Kurzwahltasten bestand. Nur neben der obersten Kurzwahltaste stand ein Name auf einem kleinen Zettel, der unübersehbar aufgeklebt worden war. Wo bleibt sie nur? Gleich ist die Besucherzeit vorbei, dachte er, ob ihr was passiert ist? Was, wenn sie einen Unfall hatte? Er spürte ein Ziehen in der Kehle. Ich muss sie finden. Das Ziehen in seiner Kehle verengte sich, wurde zu einem Kloß, drohte ihn zu ersticken. Vor seinem inneren Auge tauchte ein unscharfer, nachtblauer Ford Ka auf. Ist das Blech zertrümmert? Ich muss sie finden, dachte er wieder. Er stemmte sich mühsam empor, dann fühlte er einen Schlag, der gegen seine Brust pochte. Sein Gesicht zuckte zusammen, wurde für einen Moment zu einer Grimasse. Gleich ist es aus mit mir, wo bleibt sie nur? Er versuchte an sie zu denken, doch alles, was ihm blieb, war eine weit entfernte Erinnerung wie ein lang vergangener Urlaub. Um ihn herum wurde es dunkler, er ließ sich wieder in den Stuhl sinken.
Plötzlich zuckte er zusammen. Jemand rief seinen Namen. Was ging hier vor sich, waren sie gekommen, um ihn zu holen? Er öffnete die Augen und drehte sich schwerfällig um. Ein junger Mann in einem weißen T-Shirt und Hose kam auf ihn zu.
„Wir haben Sie schon gesucht, was machen Sie hier draußen?“, fragte er.
„Ich muss meine Frau finden“, antwortete der alte Mann verstört, es lag kein Ausdruck des Erkennens in seinem faltigen Gesicht.
„Warten Sie bitte einen Moment, ich komme gleich wieder“, sagte der Mann in weißer Kleidung mit einer Stimme, in der Mitgefühl und Verständnis mitschwangen.
Kurz darauf kam er mit einem Glas Wasser und einer Tablettenbox zurück.
„Sie haben ihre Medikamente noch nicht genommen. Ihre Frau ist vor vielen Jahren bei einem Autounfall gestorben", sagte er.
Der alte Mann schaute ihn an, ohne etwas zu sagen. Meine Frau kann nicht tot sein, das kann nicht sein, dachte er. Was habe ich dann in den letzten Jahren gemacht? Wer bin ich in den Jahren gewesen?
„Wo bin ich? Wer sind Sie?“, fragte er mit einem leeren Blick.
„Ich bin Jack, Ihr Pfleger. Hier, bitte nehmen Sie“, sagte er und gab ihm eine Tablette. Er schluckte sie hinunter.
„Kommen Sie, ich bringe Sie in Ihr Zimmer. Dann können Sie sich ausruhen.“
Ich muss sie finden, dachte der alte Mann. Wie war nochmal ihr Name? Seine Erinnerungen verschwammen immer mehr, er fühlte sich müde. Der Pfleger führte ihn in ein Zimmer, das aus einem Bett, einem Bücherregal und einem kleinen Schreibtisch bestand.
„Bitte, legen Sie sich hin. Ruhen Sie sich aus, ich schaue morgen früh wieder nach Ihnen.“
Der alte Mann krümmte sich auf dem Bett zusammen, der Pfleger breitete die Decke über ihn aus. Ich muss sie finden, dachte er ein letztes Mal, doch er hatte keine Erinnerung mehr an ihr Gesicht.

 

Hey MRG,

den er von seinem Vater geerbt hatte KOMMA und wartete

Opel Corsa

irgendwie ist es immer ein Opel Corsa. Kein gutes Detail, Klischee.

Er holte sein Handy mit extra dicken Tasten aus seiner Cordhose

klischeehaft.

nfall baut?“, seine Gedank

nfall baut?“ Seine Gedank

„Opa? Wo bist du, wir suchen dich überall!“
Wer war diese Frau?

guter Twist, finde ich. Die Überraschung am Ende funktioniert. Witzigerweise stellst du hier die Frage
»Wer war diese Frau?« auch nicht in Anführungszeichen. Das hast du vorher bei jedem Gedanken deines Prots gemacht. So wie du es hier tust, klingt es für mich viel organischer, mehr nach innerer Rede. Würde ich an den Stellen oben auch so machen. Beispiel:
„Nein, es ist noch zu früh. Ich muss mich beruhigen, sie wird ganz bestimmt kommen. Was wollte sie nochmal holen?“

Einfach die Anführungszeichen weglassen.

Lieben Gruß
Carlo

 

Hallo @Carlo Zwei ,

vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, um zu lesen und zu kommentieren. Mir gefallen deine Anmerkungen und ich habe den Text entsprechend überarbeitet.

irgendwie ist es immer ein Opel Corsa.
Du hast recht, hatte erst Auto stehen und dann habe ich nach einem typischen Frauenauto gegoogelt. Ist korrigiert, versuche es jetzt mit einem Ford Ka.

klischeehaft.
Das ist auf die Cordhose oder auf das übergroße Handy bezogen? Ich habe die Cordhose jedenfalls ersetzt, denn klischeehaft gefällt mir gar nicht. Ziel ist ja den Charakter so lebendig, wie möglich abzubilden, danke für den Hinweis. Als wie lebendig siehst du den Charakter an, ich versuche mich momentan an der indirekten Charakterisierung, und frage mich wie das hier in diesem Text wirkt?

Einfach die Anführungszeichen weglassen.
Ist überarbeitet, habe für mich jedoch noch nicht ganz verstanden, wodurch das dann organischer wirkt. Liegt das an dem Rhythmus, der durch die Anführungszeichen entsteht?

guter Twist, finde ich. Die Überraschung am Ende funktioniert.
Das freut mich zu hören. :)

Danke für deine konstruktiven Verbesserungsvorschläge und ein schönes Wochenende.

Liebe Grüße
MRG

 

Nicht daran denken, denk‘ an was anderes, doch je mehr er sich

Ich finde, dein Text hat durch das Weglassen der Anführungszeichen bereits gewonnen. Dadurch entstehen aber auch neue Probleme. Hier springst du jetzt von der erlebten Rede (Nicht daran denken, denk an was anderes.) in den Erzählerkommentar (doch je mehr er sich ...). Das Komma ist hier nicht stark genug um beides voneinander zu trennen. Ich würde einen Punkt setzen.
ABER, MRG: Ich will dich ermutigen, auch mal ein bisschen herumzuprobieren. Wenn ich einen Absatz überarbeite, dann kann es vorkommen, dass ich ihn zwanzig oder dreißig mal lese und jedes Teilchen, das mir noch nicht passend scheint, wird bearbeitet. Nach jeder Bearbeitung kommen mindestens nochmal zwei weitere Lesedurchgänge, um sicherzustellen, dass ich nichts verschlimmbessert habe. Meistens geht das eine Weile, bis ich wirklich nichts mehr auszusetzen habe. Versuch das auch mal.

Ford Ka im Graben ablenken wollte, desto stärker hörte er sein Herz pochen. Mit all seiner verbliebenen Kraft stand er auf, der Campingstuhl fiel um. Der alte Mann schluckte, obwohl er keine Spucke in seinem Mund hatte. Was, wenn sie wirklich in einem Graben lag? Oder eingeklemmt in ihrem kleinen Opel Corsa?

Das war ein bisschen Husch, Husch.

Egal. Finde es gut, dass du es mit einer Alternative probierst. Ob ich den Ford Ka jetzt gut finde, weiß ich nicht. Detail an sich passt hier, er erinnert sich dann ja auch an dieses Bild: das Auto im Graben. Versuch es doch mal über die Farbe:

Nicht daran denken, denk‘ an was anderes. Je mehr er sich von dem nachtblauen Ford Ka im Graben ablenken wollte, desto stärker hörte er sein Herz pochen.

Er holte sein Handy mit extra dicken Tasten aus seiner Jeans

Der Satz ist immer noch schief. Das liegt, finde ich, an dem Verb holen. Das ist hier einfach unpräzise. Außerdem: Würde jemand mit einem Handy mit dicken Tasten das wirklich in die Hosentasche stecken? Ist doch unpraktisch. Würde ihn das aus der Jackentasche greifen, vielleicht befühlen lassen etc. Sei nicht so schnell. Nimm dir Zeit das zu beschreiben und vor allem prüfe danach, ob es stimmig ist oder zu viel. Dazu musst du das dann einfach oft lesen und auch mal Pause zwischendurch machen. Nicht so schnell, schnell.

Das ist auf die Cordhose oder auf das übergroße Handy bezogen?

In der Kombination denke ich. Eins von den Details genügt mir. Beide zusammen sind für mich das Klischee.

denn klischeehaft gefällt mir gar nicht. Ziel ist ja den Charakter so lebendig, wie möglich abzubilden, danke für den Hinweis.

Finde ich gut, dass du da allergisch reagierst.

Ist überarbeitet, habe für mich jedoch noch nicht ganz verstanden, wodurch das dann organischer wirkt. Liegt das an dem Rhythmus, der durch die Anführungszeichen entsteht?

Ich denke, weil die doppelten Anführungszeichen ( " im Gegensatz zu den einfachen: ') für die wörtliche Rede reserviert sind. Sie sind auch wie Stopschilder: Achtung hier kommt jetzt was anderes. Das ist bei der Erlebten Rede einfach überbetonend. Das braucht es nicht.

Noch ein kleiner Hinweis zum Schluss: Dafür, dass du erst so kurz bei uns bist und auch noch nicht viele Beiträge hast, sind hier schon ganz schön viele Geschichten von dir hochgeladen. Ich würde dich bitten, dir Zeit zu nehmen (andere, in diesem Fall ich, tun das ja auch für dich und so funktioniert dieses Forum eben) und Kommentare zu den Geschichten anderer zu schreiben, zum Beispiel denen, die wie du noch nicht lange dabei sind und wo es auch noch nicht so viele Kommentare gibt. Ich finde, du solltest, bevor du hier Weiteres einstellst, erst mal ein bisschen bei anderen kommentieren. Meine Meinung.

Gruß
Carlo

 

Hi @MRG ,

Nette Geschichte. Der Geist am Ende hat mir auch gefallen. Der KA im Graben erinnert mich an meine Jugend. Meine Mutter hatte einen, von daher passt das (den habe ich Mal in einen Graben gefahren, aber das ist eine andere Geschichte).

dem Ford Ka im Graben ablenken wollte,
Oder eingeklemmt in ihrem kleinen Opel Corsa?

Entscheiden du dich musst ;). Finde es aber über die Farbe auch besser. Das Fabrikat spielt keine grosse Rolle. In seiner Erinnerung wird in meine Augen eher die Farbe eine Rolle spielen .

Er holte sein Handy mit extra dicken Tasten

Vlt: Mühsam fingerte er das Handy aus seiner Tasche?
Zeigt nochmal, dass er nicht mehr so Fit ist und du hättest das holt aus dem Satz. Da ist in meine Augen auch zu schwach und passt nicht richtig.

Plötzlich zuckte er zusammen, weil jemand seinen Namen rief.
Vielleicht in zwei kurzen Sätzen um die Spannung zu erhöhen?
Z.B.: Er zuckte plötzlich zusammen. Jemand rief seinen Namen.

Was ging hier vor sich, waren sie gekommen, um ihn zu holen?
Auch hier vielleicht zwei Sätze?

Alles nur Anregungen.

Jetzt ab in die Sonne!

Grüsse,
Hamburg

 

Hey Carlo,

was mir an den Wortkriegern gefällt, ist, dass jeder seine eigene Meinung, seinen eigenen Kopf haben darf und das offen kommuniziert wird. Ich wollte mich erst rechtfertigen, aber das lasse ich sein. Du hast einen wichtigen Punkt angesprochen, den ich berücksichtige.

Wenn ich einen Absatz überarbeite, dann kann es vorkommen, dass ich ihn zwanzig oder dreißig mal lese und jedes Teilchen, das mir noch nicht passend scheint, wird bearbeitet.
Ja, das versuche ich zu übernehmen. Was mir noch schwerfällt, ist zu wissen, ob etwas funktioniert oder nicht.

nachtblauen Ford Ka
Das gefällt mir viel besser, macht das Bild irgendwie echter. Danke.

Sie sind auch wie Stopschilder: Achtung hier kommt jetzt was anderes. Das ist bei der Erlebten Rede einfach überbetonend.
Darauf habe ich bislang noch nicht geachtet, die Erklärung hilft mir weiter.

Ich würde dich bitten, dir Zeit zu nehmen
Das fühlt sich für mich nicht richtig stimmig an. Als neues Mitglied nehme ich mir Zeit und bemühe mich bei meinen Bewertungen. Auch eine gute Bewertung abzugeben, fällt mir noch schwer. Ich würde dich bitten, dass bei neuen Mitgliedern zu beachten. Ansonsten hast du vollkommen recht, das Leben besteht aus Geben und Nehmen. Mir ist es wichtig, dass ich etwas zurückgebe und daher werde ich mir deine Worte zu Herzen nehmen.

Grüße,
MRG


Hallo @Hamburg ,

Nette Geschichte.
Danke :)

In seiner Erinnerung wird in meine Augen eher die Farbe eine Rolle spielen
Das ist eingebaut, mir gefällt das mit der Farbe deutlich besser als die Version davor.

Mühsam fingerte er das Handy aus seiner Tasche?
Über diese Stelle werde ich weiter nachdenken, das will ich weiter verbessern. Denke darüber noch einmal nach.

Er zuckte plötzlich zusammen. Jemand rief seinen Namen.
Guter Impuls, vielleicht nehme ich das "weil" raus. Mal schauen, danke.

Jetzt ab in die Sonne!
Danke für deine Zeit!


Grüße,
MRG

 

Ja, das versuche ich zu übernehmen. Was mir noch schwerfällt, ist zu wissen, ob etwas funktioniert oder nicht.

Das ist zum Glück etwas, worin du hier durch lesen, kommentieren und schreiben immer besser wirst. Mit jedem Schriftwechsel.

Das gefällt mir viel besser, macht das Bild irgendwie echter. Danke.

schön, dass es dir gefällt. Gern geschehen.

Ich würde dich bitten, dass bei neuen Mitgliedern zu beachten. Ansonsten hast du vollkommen recht, das Leben besteht aus Geben und Nehmen. Mir ist es wichtig, dass ich etwas zurückgebe und daher werde ich mir deine Worte zu Herzen nehmen.

Na klar. Das ist schon richtig. Viele machen es sich aber auch in diesem Argument gemütlich und lösen dieses Versprechen nie ein. Ich denke mal, dass du nicht zu diesen Leuten zählst. Insofern freue ich mich über deine Bereitschaft. Vielleicht ein Hinweis, der ein bisschen den Druck wegnimmt: ich habe noch nie erlebt, das ein einfacher Leseeindruck (selbst eines wirklichen, also eines wirklichen wirklichen Laiens) zu einem Text – selbst wenn es der eines Profis war – nicht dankend angenommen wurde. Glaub mir, gerade über einen unvoreingenommenen Blick freuen sich hier die allermeisten sehr. Es gibt hier übrigens auch eine ungeschriebene (aber nicht selten eingeforderte) Regel, dass niemand jemandem in seinen Leseeindruck oder Kommentar reingrätscht, außer derjenige ist jetzt wirklich ausfallend, beleidigend etc. Das heißt, niemand wird dir sagen: dein Leseeindruck ist falsch, schlecht etc. Macht ja auch gar keinen Sinn, wenn man drüber nachdenkt. Also keine scheu, MRG. Bis dann!

Gruß
Carlo

 
Zuletzt bearbeitet:

noch was:

Der alte Mann saß vor einem Einfamilienhaus auf einem Campingstuhl, den er von seinem Vater geerbt hatte, und wartete.

Der Opa hat einen Campingstuhl von seinem Vater geerbt? Wie alt soll dieser Campingstuhl denn sein? :lol: Gab es damals überhaupt schon Camping? Und wofür ist das wichtig, dass er den Stuhl geerbt hat?

Mal ein Alternativvorschlag:

Er saß auf der Veranda, hielt die altersfleckigen Hände steif auf den Lehnen des alten Bürostuhles, den die Frau ihm rausgestellt hatte.

Hier gibt es kein "Einfamilienhaus", sondern eine Veranda; das ist genauer und trotzdem wird da ein Haus sichtbar, weil eine Veranda immer zu einem Haus gehört. Es gibt hier keinen "alten Mann", so etwas nennt man Tell (Show don't Tell, googlen! – der Erzähler gibt Informationen einfach her, anstatt sie geschickt anzudeuten – jetzt mal etwas alternativ erklärt). Hier wird über die altersfleckigen Hände klar, das ist ein alter Mann. Hier gibt es einen alten Bürostuhl, der vielleicht ähnlich wie der Campingsstuhl es sollte, etwas symbolisiert. Hier das Arbeitsleben, das vorbei ist. Der Bürostuhl ist "alt" und er steht auf der Veranda. Hier auch nochmal der Hinweis aufs Alter. Jemand hat ihm den Stuhl rausgestellt – scheinbar kann der alte Mann das nicht mehr aus eigener Kraft. Und es kommt bereits die Frage auf: wer ist eigentlich 'diese Frau'?

EDIT:

Oder eingeklemmt in ihrem Ford Ka?

ein zweites Mal brauchst du den Seriennamen Ka (und auch den Markennamen Ford, finde ich) nicht erwähnen. Das fühlt sich für mich überbetonend an. Man weiß schon, dass da noch dasselbe Auto gemeint ist. Lieber nochmal schreiben, wie sie dort eingeklemmt ist, was er sich da genau vorstellt. Ist die Tür durch den Aufprall eingedrückt und sie mit den Knien im Fußraum gefangen? So genau musst du das natürlich nicht schreiben, aber es wirkt noch etwas diffus.

 

Hi Carlo,

worin du hier durch lesen, kommentieren und schreiben immer besser wirst.
Ja, das nehme ich mir zu Herzen. Die nächste Priorität liegt auf dem Kommentieren von anderen Texten. Dazu fällt mir der Copywrighttext von Novak ein, der mich beeindruckt hat. Lehrreich und spannend, wie andere ihre Protagonisten bauen.

Ich denke mal, dass du nicht zu diesen Leuten zählst. Insofern freue ich mich über deine Bereitschaft.
Gebe mein Bestes, fühle mich hier wohl im Forum.

Glaub mir, gerade über einen unvoreingenommenen Blick freuen sich hier die allermeisten sehr.
Danke für die Rückmeldung, ich wende es an.

Er saß auf der Veranda, hielt die altersfleckigen Hände steif auf den Lehnen des alten Bürostuhles, den Mia ihm rausgestellt hatte.
Carlo, das ist richtig gut. Deine Kommentare hauen mich gerade um :D
Ich habe den Campingstuhl als Symbol für seine geistige Verfassung gebaut (oder bauen wollen). Am Anfang steht er noch, dann fällt er um, ohne, dass es ihm bewusst wird und am Ende holt Mia ihn aus seiner Panikattacke, bzw. bietet ihm Hilfe an. Finde deinen Vorschlag sehr viel eleganter.
Zugleich lässt er mich über die gesamte Geschichte nachdenken, ich versuche das wirken zu lassen und dann meine eigene Version daraus zu bauen.

Hier würde dann also auch eine Frage entstehen: Wer ist Mia.
Das würde die Geschichte direkt runder machen. Das lasse ich sacken, Wahnsinnskommentare. Danke!

Zusammenfassend nehme ich aus deinen Kommentaren folgendes mit:

Erstens den Text mehr auf mich selbst wirken lassen, und das eigene Gefühl dafür verbessern, indem ich andere Geschichten kommentiere. Beim Kommentieren gilt, dass auch auch gerne erste Leseeindrücke gesehen werden. Ich lasse den anderen Text auf mich wirken, um dann mein subjektives Erleben wiederzugeben - es muss keine saubere Analyse sein. Das nimmt mir einiges von meiner Unsicherheit, was das Kommentieren angeht.

Zweitens unbedingt auf Klischees achten. Finde es schade, wenn eine Geschichte durch ein Klischee ungenießbar wird, das stört mich und daran wird gearbeitet. Besser ist es hier mit einem Detail zu arbeiten, was auch gut durch eine Farbe bewerkstelligt werden kann (es gilt wohl je spezifischer, desto glaubwürdiger?).

Drittens bei einem inneren Monolog sind Anführungszeichen eher störend, weil sie wie ein Stoppsignal wirken und den Lesefluss beeinträchtigen können.

Viertens das Konzept "show don't tell" beachten (ich erinnere mich, dass auch Rob F mich darauf hingewiesen hat, das gilt es, weiter zu üben).

Fünftens ich feile weiter an der Geschichte und versuche dabei einen besonderen Fokus auf den ersten Satz zu legen. Dein Vorschlag ist inspirierend, ich versuche jedoch etwas eigenes zu bauen, um zu lernen (ich kann jeden Vorschlag von dir übernehmen, die sind sehr überzeugend).

Vielen Dank für deine Zeit, ich schätze deine Worte. Direkt und ehrlich.

Grüße,
MRG

 

So, ich bin gerade auch darüber erstaunt, weil ich sonst selten solche Dialoge unter Texten führe; aber hier, finde ich, macht es gerade total Sinn.

Schau nochmal in meinen alten Kommentar. Da habe ich das mit "Mia" rauseditiert, als du schon an deiner Antwort getippt hast. Mir ist eingefallen, dass ja der Twist genau darauf aufbaut, dass er sie am Ende unspezifisch "die Frau" nennt, weil er vergessen hat, wer sie ist. Wenn du dann am Anfang Mia schreiben würdest, wäre das natürlich unlogisch. Ich habe dir da ins Edit eine Alternative geschrieben, die genauso Spannung aufbauen könnte.

Gebe mein Bestes, fühle mich hier wohl im Forum.

Das freut mich. Du scheinst auch mit Kritik umgehen zu können. Du hast dich echt wacker geschlagen; eben weil ich auch direkt auf Schwachstellen gedeutet habe. Finde ich super! So wird das was.

ich versuche das wirken zu lassen und dann meine eigene Version daraus zu bauen.

Das ist eine sehr gute Idee!

Ich lasse den anderen Text auf mich wirken, um dann mein subjektives Erleben wiederzugeben - es muss keine saubere Analyse sein. Das nimmt mir einiges von meiner Unsicherheit, was das Kommentieren angeht.

Freut mich total, dass das so bei dir angekommen ist. Das ist genau, was ich sagen wollte. Da brauchst du gar keine Bedenken oder Ängste haben.

Zweitens unbedingt auf Klischees achten. Finde es schade, wenn eine Geschichte durch ein Klischee ungenießbar wird,

Das sehe ich ganz genau so. Ich ärgere mich auch, wenn mir sowas passiert.

es gilt wohl je spezifischer, desto glaubwürdiger?

Nicht unbedingt. Man kann es auch übertreiben. Da braucht man schon ein Gespür für. Aber wie gesagt, Lesen, Kommentieren, Schreiben (und sich bei allem ausreichend Zeit geben); dann wird das immer besser.

Vielen Dank für deine Zeit, ich schätze deine Worte. Direkt und ehrlich.

Vielen Dank! Freut mich sehr, dass du mit der Kritik was anfangen kannst.

LG

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @MRG,

Beim Kommentieren gilt, dass auch auch gerne erste Leseeindrücke gesehen werden. Ich lasse den anderen Text auf mich wirken, um dann mein subjektives Erleben wiederzugeben - es muss keine saubere Analyse sein.

Und damit Du mal erfährst, wie wichtig ein solches Feedback sein kann, gebe ich Dir mal den meinigen Leseeindruck. Ich empfinde das Ende nämlich nicht als eine gelungene Wendung, sondern schwach. Warum? Weil die ganze Geschichte nur daraufhin zuarbeitet. Würde man die letzten Zeilen streichen, bliebe ja kaum etwas übrig, was man eine Geschichte nennen könnte, sondern lediglich eine Szene. Und dann frage ich mich, was ist das Thema? Woran arbeitet der Autor sich ab? Was will er mir zeigen? Das Demenzkranke vergessen? Eine anderen Realität wahrnehmen? Was ist der Erkenntnisgewinn für mich daraus? Oder, um es mal überspitzt zu sagen: Du benutzt die Erkrankung thematisch lediglich für einen Effekt. Auf manche Leser wirkt es gut, andere bekommen dabei Bauchschmerzen. Ob ich ein Einzelfall bin, möglich. Aber ein Text - und ganz konträre Empfindungen.

In diesem Sinne,
beste Grüße, Fliege

 

Ich muss leider auch zugeben, dass ich die Geschichte am Anfang interessant fand, aber das Ende nicht verstanden habe.

Wer war diese Frau? Er wartete doch auf seine Ehefrau, sie wollte doch etwas holen, aber was?
„Ich habe gewartet“, antwortete er. Sein Herz pochte noch immer gefährlich schnell.
„Worauf hast du denn gewartet? Wir haben dich überall gesucht und was liegt da hinter dir?“
„Das ist mein Campingstuhl.“
Ok, man vermutet am Ende, dass er wohl demenzkrank ist. Aber was ist mit der letzten Antwort gemeint. Er hat doch auf einem Campingstuhl gesessen. Für mich ist es am Ende etwas verwirrend, was die Quintessenz der Geschichte ist.

 

Hmm, also weil hier einige Kommentatoren scheinbar über das Ende stutzen, nur meine Interpretation der "Quintessenz": Ich habe das so gelesen, dass das eine Studie über Demenz ist. Also dass er tragischerweise immer wieder die Sorge um den Tod seiner Frau erlebt (der vielleicht wirklich – das deutet die Story schon an – passiert ist). Ich finde die Vorstellung schon heftig, in so einer Erinnerung gefangen zu sein, während du nicht mal mehr erkennst, dass die Frau, die dir den Stuhl aufhebt, deine Tochter (z.B.) ist. Das weckt schon meine Empathie.
Klar. Ich finde gerade die Fragen, die Fliege gestellt hat, sehr sinnvoll. Denke aber auch, man kann schon erst mal auch so anfangen.

 

Hi Carlo,

Mir ist eingefallen, dass ja der Twist genau darauf aufbaut, dass er sie am Ende unspezifisch "die Frau" nennt, weil er vergessen hat, wer sie ist.
Danke für die Inspiration.

Finde ich super! So wird das was.
Das ermutigt mich und ich habe das Gefühl, dass ich hier sehr viel lernen werde.

Da braucht man schon ein Gespür für. Aber wie gesagt, Lesen, Kommentieren, Schreiben (und sich bei allem ausreichend Zeit geben); dann wird das immer besser.
Ja, das mit dem Zeit nehmen ist wichtig. Gehe das jetzt an.

Ich finde gerade die Fragen, die Fliege gestellt hat, sehr sinnvoll.
Ja, ich auch, gehe da gleich drauf ein. Ansonsten versuche ich das Motiv des Protagonisten bzw. die Aussage mehr auf den Punkt zu bekommen. Danke für deine Anmerkungen.

Beste Grüße,
MRG


Hallo @Fliege ,

danke für deine Zeit und den Kommentar, das regt mich zum Nachdenken an.

Ich empfinde das Ende nämlich nicht als eine gelungene Wendung, sondern schwach.
Danke für deinen ersten Leseeindruck, ein weiterer Grund die Geschichte zu verbessern. Mit den Fragen weiß ich auch genau, woran ich arbeiten kann. Dankeschön.

Und dann frage ich mich, was ist das Thema? Woran arbeitet der Autor sich ab? Was will er mir zeigen? Das Demenzkranke vergessen? Eine anderen Realität wahrnehmen? Was ist der Erkenntnisgewinn für mich daraus?
Grundgedanke war die Verknüpfung zwischen Panikattacke und Demenz, gefangen in einem Kreislauf. Aber ich merke gerade beim Schreiben, dass es mir schwerfällt die Fragen präzise zu beantworten. Ich hatte in meiner Vorstellung einen alten Herrn, der sich Sorgen macht, voller Angst ist und aus dem Kreislauf nicht rauskommt. Hm, ja, danke für deinen analytischen Blick. Hier brauche ich noch mehr Tiefe.

Aber ein Text - und ganz konträre Empfindungen.
Finde ich spannend, die unterschiedlichen Leseeindrücke sind ein gutes Beispiel für mich. Danke.

Beste Grüße,
MRG


Hallo @skbussmann ,

danke für deinen Leseeindruck.

Er hat doch auf einem Campingstuhl gesessen.

Der Campingstuhl war als Symbol für seinen geistigen Zustand gedacht, der im Verlauf der Geschichte immer mehr kippt und schließlich umfällt, ohne, dass er sich dessen bewusst ist.

Für mich ist es am Ende etwas verwirrend, was die Quintessenz der Geschichte ist.

Danke für dein Feedback an dieser Stelle, daran werde ich feilen.

Beste Grüße,
MRG

 

Der Campingstuhl war als Symbol für seinen geistigen Zustand gedacht, der im Verlauf der Geschichte immer mehr kippt und schließlich umfällt, ohne, dass er sich dessen bewusst ist.
Ok, das macht Sinn. Leider habe ich diesen Bezug nicht herstellen können (aber das kann auch an mir liegen, bin hier neu).

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @sevas ,

Wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich bei den meisten Texten, die nicht in der Ich-Perspektive geschrieben sind, automatisch einen personalen Erzähler erwarte. Geht das nur mir so? Ich dachte nämlich zuerst: "Hä? Das kann dem Mann doch gar nicht selbst auffallen?!". Aber klar, der auktoriale Erzähler macht's möglich.

das finde ich einen guten Punkt. Für mich ist das hier im Text ein personaler und kein auktorialer Erzähler. Der personale unterscheidet sich ja hauptsächlich darin vom auktorialen, dass er nur in einen Kopf wirklich hineinblicken kann. Es gibt Autoren, die das dann innerhalb eines Romans auch mal vernachlässigen und kurz mal in den Kopf einer anderen Figur steigen. Ich finde, in dieser Geschichte ist der Erzähler schon auch distanziert. Er nennt den 'alten Mann' ja nicht mal beim Namen. Vielleicht würde es da sogar auch Sinn machen – vorausgesetzt man möchte diese Distanz – dass diese erlebte Rede ("Gleich ist es dunkel und sie ist immer noch nicht da. Ist ihr was passiert?" etc.) da sogar noch mit einem Begleitsatz ausgestattet wird. Also:

Gleich ist es dunkel, dachte er, und sie ist immer noch nicht da.

Ansonsten wäre es, finde ich, wie du überlegt hast, nicht schlecht; da noch näher ranzugehen, die Distanz aufzubrechen. Extrem wäre das natürlich mit einem Ich-Erzähler. Es ginge vielleicht aber auch über den personalen, der eben dabei bleibt, was der alte Mann und wie er es sieht ohne dabei ins "ich" zu gehen; auch Konjunktiv (?) finde ich hier etwas eleganter als diesen Sprung vom Präteritum ins Präsens:

Der Garten lag im Dämmerlicht. Dort saß er zwischen Hyazinthen und den gelben Blumen, deren Namen ihm nicht mehr einfielen. Er hielt die altersfleckigen Hände steif auf den Lehnen des Bürostuhles, den die junge Frau ihm rausgestellt hatte, und wartete. Gleich würde es dunkel werden und Alrun war noch immer nicht zurück. Er hatte es nie gemocht, wenn sie mit dem Auto fuhr, schon gar nicht allein. Schwer zu sagen, ob sie wirklich so eine schlechte Fahrerin war, wie er meinte, oder ob es einfach die Angst war, ihr könne etwas zustoßen.
Was, wenn diesmal wirklich etwas passiert war?

usw.


LG
Carlo

 

Hi @sevas ,

vielen Dank für den Kommentar, freut mich sehr, dass du dir die Zeit genommen hast. :)

Wenn es eine personale Perspektive wäre, würde sich der Mann bestimmt nicht als "alten Mann" vorstellen.
Ich hatte eine personal Perspektive im Sinn, habe das angepasst.

wäre ein Ich-Erzähler vielleicht auch spannend.
Interessanter Vorschlag, ich habe mich jedoch in der überarbeiteten Geschichte dagegen entschieden. Die Distanz kommt mir hier angebracht vor, weil der alte Mann selbst darunter leidet, weil er seine Erinnerungen verliert.

Hier würde ich aus "vielen Jahrzehnten" vielleicht nur "Jahrzehnte" oder gar "Jahre" machen.
Danke, das habe ich in abgewandelter Form mit in die neue Version eingearbeitet.

Auch hier könnte der Herzschlag direkter geschildert werden.
Oh ja, stimmt. Das habe ich auch eingearbeitet, danke.

Da kam die verbliebene Kraft etwas plötzlich für mich.
Das habe ich rausgenommen, weil ich vorher wirklich nicht darauf eingegangen bin, dass er wenig Kraft zur Verfügung hat. Eine aufmerksame Beobachtung.

dass der Mann vielleicht sogar in einer Spirale gefangen ist, und den Verlust oder die Sorge um seine Frau immer wieder aufs Neue erlebt, ist sehr interessant. Und sehr traurig.
Ja, das finde ich auch. Genau diese Emotion wollte ich in der Geschichte zum Hauptmotiv machen, hoffentlich ist mir das in der neuen Version besser gelungen.

Ich bin nicht sicher, ob ich das Ende verstehe. Hat er sich den Stuhl nur eingebildet? Die Enkelin würde den Campingstuhl ja bestimmt kennen. Liegt da vielleicht etwas anderes?
Ich habe den Campingstuhl in der neuen Version rausgenommen, das ist zu weit hergeholt und ich will meine Leser auf keinen Fall verwirren.

Ich freue mich schon auf weitere Geschichten von dir und bin gespannt, wohin dich die Reise führen wird
Das kann ich nur zurückgeben, war heute echt beeindruckt von deiner Geschichte. :)

Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und deine Zeit, schätze das sehr.


Liebe Grüße,
MRG


Hi @Carlo Zwei ,

vorausgesetzt man möchte diese Distanz
Ja, die ist mir schon auch wichtig in dieser Geschichte. Daher gefällt mir dein Vorschlag richtig gut:

Gleich ist es dunkel, dachte er, und sie ist immer noch nicht da.
Habe ihn in die neue Version aufgenommen. Für mich hört sich das besser an als vorher. Ich bin mir nur nicht ganz sicher, ob ich es dann konsequent überall machen muss (also, mit dem "dachte er") oder ob ich die Fragen als inneren Monolog so stehen lassen kann. Mir gefällt die Version mit den Fragen ohne "dachte er" besser, bin da jedoch noch unentschlossen.

auch Konjunktiv (?) finde ich hier etwas eleganter als diesen Sprung vom Präteritum ins Präsens:
Interessanter Vorschlag, denke ich auf jeden Fall drüber nach. Für die überarbeitete Version habe ich mit entschieden, bei dem Sprung zu bleiben. Ziel ist es den starken Kontrast zwischen der realen Welt und der Welt des alten Mannes deutlich zu machen.

Ich habe übrigens in den letzten beiden Tagen intensiv über deine Vorschläge und Impulse nachgedacht und mich entschieden deinen ersten Satz in ähnlicher Form zu verwenden. Bin gespannt, ob es funktioniert hat.

Vielen Dank für deine Hinweise und Verbesserungsvorschläge.


Liebe Grüße,
MRG

 

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