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Der Soldat

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08.12.2023
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Anmerkungen zum Text

Hallo,

Mein Name ist Stefan und ich bin 19 Jahre alt. Letzte Woche erhielt ich im Deutsch-Unterricht die Aufgabe eine einseitige Kurzgeschichte zu schreiben. Das Thema war frei wählbar. Ich möchte die hier veröffentlichen da ich mir professionelle Kritik anhören möchte.

Grüße Stefan

Der Soldat

Die grüne Wiese, grüner hätte sie nicht sein können, gemütlich war sie auch. Die letzten Tage waren sehr anstrengend, doch auch lehrreich. Die letzten Tage sah ich dauernd Menschen fallen und nun liege ich jetzt auch hier. Ich merke einen stechenden Schmerz, der aus meinem Bauch ausstrahlt und sehe, wie sich meine Kleidung rot verfärbt. Das Adrenalin durchschießt meinen Körper wie die Kugel, die mich getroffen hat. Der Schmerz lässt nach und ich merke nur meinen Puls. Ich fühle mich wohl und denke mir, ob das alles einen Sinn hat, schließlich bin ich derjenige gewesen der sich freiwillig gemeldet hat. Ich meine, ich kann doch nicht zuhause sitzen während meine Freunde auf der anderen Seite der Welt ihr Leben opfern. Ich muss auch ein Held sein und für mein Land kämpfen, jedoch habe ich keine Antwort darauf, ob ich überhaupt einer bin. Vielleicht bin ich auch nur ein Instrument des Gegenangriffs, eine Schachfigur, weil sich einige Männer am Tisch nicht einigen können. Doch das ist jetzt auch egal. Ich merke immer mehr, wie das Blut durch meine Uniform dringt und mir wärmer wird. Ich höre Schüsse, Flugzeuge, Bomben und das Schreien der verlorenen Männer. Die grüne Wiese lenkt mich ab, sie ist schöner als ich gedacht hätte. Ich schaue nach oben und sehe den grauen, fast schwarzen Himmel, doch ich weiß das sich dahinter der blaue versteckt und das beruhigt mich. Ich sehe mich nur mit meinen Augen um da ich meinen Kopf nicht mehr bewegen kann. Gar nicht so weit entfernt sehe ich einen Kameraden liegen. Er hat Pech gehabt, denke ich mir, eine Kugel hatte genau seinen Schädel durchdrungen, doch eigentlich auch Glück da er wahrscheinlich nicht mal mitbekommen hat, wann es vorbei gewesen ist, er musste nicht leiden. Wir haben vom ersten Weltkrieg nicht gelernt, deshalb musste der zweite kommen. Ich frage mich, ob ich erinnert werde, ich frage mich, ob es das Wert war. Ich wollte doch nur ein Held sein und jetzt kann ich nicht mehr zwischen Gut und Böse unterscheiden, denn ich liege hier, wie jeder andere auch. Ich denke an meine Eltern, meine Jugend und Freunde von drüben. Ich werde sie wahrscheinlich nicht wieder sehen, ich hoffe sie wissen, für was ich sterbe. Ich hoffe auf eine bessere Welt. Ich hoffe es werden Geschichten über uns erzählt. Ich hoffe auf ein füreinander anstatt ein gegeneinander. Ich hoffe auf Frieden. Ich merke ein Gefühl der Müdigkeit, ich fühle mich leicht wie eine Feder und mein Gehör nimmt ab, mir wird ein wenig schwarz vor Augen und ich denke an die grüne Wiese, die Blumen, Blätter und Bäume. Die grauen, fast Schwarzen Wolken ziehen vorbei und der Blaue Himmel zeigt sich mir, das Sonnenlicht trifft mein Gesicht und ich weiß ich bin auf der grünen Wiese zuhause. Ich höre sie rufen meinen Namen, sie rufen nach mir.

 

Hi Stefan M,
herzlich Willkommen hier. Ich habe deinen Text zweimal gelesen. Du hast hier einen inneren Monolog/Stream of Consciousness erstellt, in dem ein Mann über Sinn und Unsinn des Krieges und seine Rolle als Soldat nachdenkt.

Dein Text funktioniert nicht richtig, weil du nur einen inneren Konflikt darstellst: Er denkt über den Krieg nach und das ist alles sinnlos, er will nach Hause oder hier "auf de grüne Wiese". Das alleine "kickt" einen aber nicht richtig, man liest das und danach fragt man sich: "Ja, und weiter?". Der einzige äußere Konflikt, den ich hier sehe, er sieht einen toten Kameraden liegen, du gehst hier aber sehr schnell weiter. Du brauchst etwas, dass ihm in der Realität wirklich passiert und das sollte eine Verbindung zu der Botschaft, das Krieg sinnlos sei, haben. Eine Möglichkeit wäre, er kennt diesen toten Soldaten, den er hier sieht und das macht etwas mit ihm. Ziemlich vorhersehbar, zugegeben, aber es sollte danach zumindest besser funktionieren als so.

Stilistisch:

  1. Du verwendest fast nur den Aktiv, dadurch kommen oft Formulieren wie "ich denke", "ich sehe das und das" zustande. Das ist auf dauer eintönig und man verliert die Lust, weiter zu lesen. Variiere Satzlänge und Aktiv/Passiv.
  2. Du machst den Show, don't tell Fehler. Du beschreibt direkt, was er denkt. Versuche hier lieber, diese Gedanken zu umschreiben, während die Person etwas macht. Wenn Du show don't tell einmal googelst, wirst Du da bestimmt gute Beispiele dazu finden.
  3. Du machst keine Absätze, obwohl die hier angebracht wären. Das ermüdet beim Lesen. Verwende hier Absätze.
  4. Du hast einige Schreibfehler drin und Kommas fehlen.
Hoffe, meine Tipps helfen Dir. Das bloß jetzt auf die Schnelle mein Senf dazu.

Gruß
Felpod

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Stefan M ,

herzlich willkommen hier im Forum! :) Ich hoffe wirklich, dass du nicht (nur) zur Verbesserung deiner Geschichte für die Schule bleibst und dann gleich wieder verschwindest - da ist doch Potenzial, und es würde dir sehr helfen, wenn du dich umliest und auch ein paar Vorschläge / Gedanken unter Fremdtexten hinterlässt. Keine falsche Scheu, davon lernst du selbst sehr viel.

Angesichts der aktuellen Berichte, wie unglaublich hoch die Prozentzahl der Schüler (zumindest in Deutschland) ist, die als Quasi-Analphabeten von der Schule abgehen, habe ich bissl Manschetten, hier überhaupt zu kritisieren. Es ist super, dass ihr im Unterricht Geschichten schreibt, bleib dran! :gelb:

Ja, im Text sind Fehler, z.B. Groß-/Kleinschreibung, Kommata. Aber ehrlich gesagt hab ich keine Lust, die rauszusuchen. Ein Textprogramm und teils sogar dieses Textfeld markiert das ja.

Vorab: Du bist nicht der erste Schüler, der mit einer KG-Hausaufgabe ins Forum kommt und von anderen hieß es öfter, Lehrer bestünden geradezu darauf, dass Kurzgeschichten ein offenes Ende haben. Das stimmt so nicht. Das Ende ist meist nur insofern offen, als dass der Autor den Leser mit einer begrenzten, geplanten Auswahl von Möglichkeiten zum Weiterdenken aus dem Text entlässt.
Vielleicht kennst du das erste Remake von The Thing (der Film basiert auf einer Kurzgeschichte), das ist idealtypisch für ein geplant offenes Ende: Ein Gestaltwandler-Alien infiltriert eine Station in der Arktis, man weiß also nie, in wem es steckt. Am Ende überlebt nur der Hauptprota, wird in einem Hubschrauber gerettet. Von oben sieht man, wie ein Husky aus dem Gebäude läuft. Die Hubschrauberbesatzung schießt, verfehlt ihn aber. Film aus. Es bleiben nur wenige Möglichkeiten: Das Alien ist in dem Husky, der es nun in die nächste Siedlung trägt. Oder es ist im Hauptprota, der es ebenfalls in die Zivilisation schleppt. Okay, oder das Alien wurde getötet und ist weder im Hund, noch im Mann (im Horror eher unwahrscheinlich). Das ist nicht nur ein sehr cooles, sondern absolut klassisches KG-Ende. Der Leser / Zuschauer denkt selbst die Geschichte zuende, aber ihm bleiben nicht unendlich viele, arbiträre Möglichkeiten.

Mit deinem Text hat das zu tun: Du beendest die Geschichte zu spät - mir bleibt nur die Möglichkeit zu erkennen, dass der Prota stirbt. Das ist - sorry - ziemlich langweilig. Ich nehme auch keine Erkenntnis mit, weil es klar ist, dass Soldaten sterben. Du machst es noch schlimmer damit (dazu gleich), dass du deine heutige Position auf die Figur überträgst, und ihr gut gemeinte Haltungen in den Mund legst, die im gewählten Setting einfach extrem gekünstelt wirken. Damit wird der Prota und alles, was er sagt, ungalubwürdig und damit fühle ich keine Empathie. Genau darauf zielt deine Geschichichte aber ab.

Du hast hier imA richtig gemacht:
- Ein begrenztes Setting, das keine großen Erklärungen benötigt und nicht zu genau verortet wird (ein Ami in Europa, 2. Weltkrieg).
- Ein begrenzter Zeitabschnitt, der keine langen Backstories, Weltenbau und Konflikt-Herleitung braucht.
- Eine klare, eindeutige und schnell zu erfassende, direkt beschriebene Situation.
- Du hast eine Reihe an Gedankengängen und Assoziationen, die der Lage angemessen sind und die einer weiteren Grundvoraussetzung für klassische KGs genügen, nämlich Handlung (bei dir nahezu ausschließlich innere Handlung, keine äußere, aber das an sich wäre kein Problem).
- Du hörst nicht einfach irgendwo auf, sondern schließt die Klammer, die du mit dem ersten Satz geöffnet hast (sowas mag ich sehr gern), damit wirkt der Text anständig beendet.
- Du hälst deine Metaphern / Assoziationen durch, zumindest weitestgehend (in den blauen Himmel brechen am Ende die Stimmen seiner - nehme ich an - Familie aus dem ?Jenseits?, das passt nicht zum Anfang, wo der Himmel noch ein rein materialistisches Phänomen ist, auch hat die Geschichte bis dahin nix Paranormales = Leben nach dem Tod).

Ich sehe auch einige Probleme:
- Icherzähler stirbt in einem sozialrealistischen Text, der in der Vergangenheitsform erzählt wird. :Pfeif: (Immerhin vermeidest du, was ich auch schon oft las: Und dann starb ich. :D) Wie soll das gehen?
- Willst du ins Spekulative, Paranormale (eine Weiterexistenz nach dem Tod), fang das nicht erst im letzten Satz an. Bis dahin gehe ich ja davon aus, dass alles realistisch sein soll. Sonst mach den Prota lieber gleich zum Totengeist, der über das Schlachtfeld stolpert und alles mit seinem frisch postmortalen Blick analysiert.
- Beim Sterben versagen erst die meisten Organe und dann die Hirnfunktionen. Die Gedanken / Erinnerungen deines Erzählers sowie seine Sprache (Vokabeln, Syntax) sind viel zu geordnet, viel zu emotionslos, zu angstlos, teils auch viel zu abgeklärt. Das verhindert ein Mitfühlen.
- Du hast Handlung, aber keinen Plot.
- Es gibt keine Entwicklung der Figur / des Erzählers, keinen Konflikt.
- Du legst ihm in dieser chaotischen, extremen Situation (der extremsten Situation überhaupt - dem Sterben!) Betrachtungen, lauwarme Sprüche zur Historie und Krieg in den Mund, die besser in einen Ohrensessel oder in ein heutiges Klassenzimmer gehören.

Dazu: Ich weiß, Kriegsgeschehen ist schwer, in Prosa zu verarbeiten (hab das auch schon versucht, Ergebnis bestenfalls 50/50). Dabei kann man durchaus davon ausgehen, dass in Schulklassen deutschsprachiger Länder Kinder jeden Alters mit Kriegstraumata sitzen. Wenn du nicht dazugehörst (wovon ich durch die stark theorielastige, generische Haltung deiner Figur ausgehe), kannst du nur recherchieren, und das hilft auch nur bedingt, weil Tagebücher (heute auch Blogs, Videos) meist extrem sachlich klingen. Der Schrecken und die Angst werden sicher verdrängt, um den Alltag überleben, aushalten zu können. Das kann man nicht in Prosa übernehmen, obwohl realistisch, weil Leser das so - absurderweise - als unauthentisch empfinden.
Die Lösung ist meist, das Ganze mit einer ordentlichen Portion Pathos zu übergießen. Aber das macht einen Text schnell ebenso unglaubwürdig und zudem noch total albern zu lesen. In die Falle tappst auch du.

Fazit: Ich rate zu
- offenem Ende im Sinne wie eingangs beschrieben (zwei, drei Möglichkeiten, wie das ausgehen / was das zu bedeuten hätte)
- Sprache fragmentieren, Ausnahmezustand auch auf Textform sichtbar macht (Form Follows Function).
- Keine Allgemeinplätze zum Krieg, sondern eine ganz persönliche, auch mehr emotionale Haltung (Hat er vielleicht ein starkes Gefühl von 'Ungerechtigkeit', dass gerade er stirbt, wo er nicht zu der Nation gehört, die den Angriff beging? Dass er noch Dinge vorhatte im Leben, die er nun nie mehr machen kann; hatte er Potenzial, das er nie realisieren kann (malt er, musiziert er?)? Dass er in einem fremden Land stirbt, die Freiheit 'anderer' zu verteidigen? Ist da nur Reue, oder auch Stolz? Gemischte, ambivalente Gefühle? Etc.) Vor allem eben: Persönlich, individuell, nicht glattgebügelte, ausgelutschte Phrasen. (Ja, für die deine Lehrer dich vielleicht sogar noch loben - aber Prosa ist keine Propaganda, auch nicht für das vermeintlich 'Gute').

Nicht das gleiche, aber ein spekulativ historisches Setting sehr frisch, individuell, handwerklich extrem sicher und auch spannend ausgearbeitet: Kannst ja mal bei @jimmysalaryman schauen, z.B. sein "Der Hessel" oder "Die Salzkure".

Ein paar Details:

Die grüne Wiese, grüner hätte sie nicht sein können, gemütlich war sie auch.
Guck mal, das stimmt was nicht mit dem Satz.
Die letzten Tage waren sehr anstrengend, doch auch lehrreich.
:confused: Das denkt er jetzt? Echt? Davon hat er aber nix, weil er in fünf Minuten tot ist. Da ist Latte, ob und was er im Leben gelernt hat.
Die letzten Tage sah ich dauernd Menschen fallen und nun liege ich jetzt auch hier.
Okay, ich sagte oben, reale Berichte klängen so no-nonsense. Ich will gar nicht sagen, das wäre komplett unauthentisch, aber es klingt viel zu lapidar, das grenzt an Ironie = Komik.
Ich merke einen stechenden Schmerz, der aus meinem Bauch ausstrahlt und sehe, wie sich meine Kleidung rot verfärbt.
Schmerzen strahlen ... (kein doppelt Moppeln von merke einen Schmerz / sehe wie xy -> Du hast einen Icherzähler, alles, was er beschreibt, nimmt er selbstverständlich mit den Sinnen wahr, das muss nicht dazu gesagt werden).
Und das betrifft ihn so gar nicht? Blut auf der 'falschen' Seite des eigenen Körpers (nämlich außen) zu sehen, löst meist ein gewisses Gefühl von Sorge / Angst aus (understatement).

Das Adrenalin durchschießt meinen Körper wie die Kugel, die mich getroffen hat.
Okay, an sich (wäre das die personale Sicht eines Erzählers in der 3. Person = ihn durchschießt) finde ich das nicht so schlecht. Es ist ziemlich drüber, fast Purple Prose, aber es ist ein sehr, sehr eingängiges Bild. Nur: Ich nehme keinem Icherzähler ab, dass ihm in der Situation solche wohlgeordneten, quasi-poetischen Metaphern durch den Kopf gehen, sorry.
Der Schmerz lässt nach
Wieso? Es müsste eigentlich umgekehrt sein: Eine Wunde mag durch die Verletzung zuerst betäubt sein, zumal auch physische Schockzustände Schmerz unterdrücken. (Leute, die mit abgeschossenen Beinen, auf Stümpfen weiterlaufen, bis der Schmerz durchkommt). Bissl ungünstig auch, weil "Schmerz lass nach!" ein humoriger Ausruf ist.

Die Sache mit dem Schmerz könntest du dramaturgisch lösen: Er wird verwundet, spürt aber durch den Schock keinen Schmerz und kann geordnet erzählen. Dann dringt der Schmerz durch und seine Aussagen / Syntax / Vokabeln werden konfus, stark assoziativ. Dann setzt der Sterbeprozess ein und seine Sprache zerschießt sich, alles wird chaotisch, Stilmittel: Ellipse.

Ich fühle mich wohl
Warum?
Doch das ist jetzt auch egal. Ich merke immer mehr, wie das Blut durch meine Uniform dringt und mir wärmer wird.
Nee, bei Blutverlust wird Leuten kalt, unabhängig von der Umgebungstemperatur, die fangen auch durchaus an, unkontrolliert zu zittern (Kreislaufzusammenbruch). Vielleicht hast du an Tod durch Erfrieren gedacht, das ist aber eine andere Todesart.
Ich höre Schüsse, Flugzeuge, Bomben und das Schreien der verlorenen Männer.
Wie wäre es, wenn du die Reihung änderst, damit die Geräusche nicht vom Prota wegführen, sondern näherkommen, persönlicher werden? Flugzeuge -> Bomben -> Schüsse -> Schreie.
Die grüne Wiese lenkt mich ab, sie ist schöner als ich gedacht hätte.
Das finde ich ganz gut. Das ist nämlich ein so extrem absurder, unangemessener Gedanke wie ich ihn beim Sterbeprozess erwarte. Trau dir da ruhig mehr zu.
Ich schaue nach oben und sehe den grauen, fast schwarzen Himmel, doch ich weiß das sich dahinter der blaue versteckt und das beruhigt mich.
Dein Prota mag das natürlich faktisch falsch so meinen. Ich musste nur grinsen, weil ich grad letzte Woche in einem Text Derek Jarman (Chroma) zitierte: „Schwarzer Samt zeigt sich auf Film gebannt als Unendlichkeit: Ohne Form oder Grenze, ein endloses Schwarz, das hinter dem blauen Himmel lauert. Jenseits der Galaxien liegt eine schwarze, ursprüngliche Finsternis (...)"
Wenn du es so nehmen würdest, sparst du dir eine Ecke: bei dir ist es 1. dunkelgrauer Himmel, hinter dem er fälschlicherweise 2. einen blauen vermutet, und der Leser weiß eh, dass jenseits dessen 3. das schwarze Weltall liegt. Ob das beruhigt oder ängstigt, liegt ja im Auge des Betrachters.
Ich sehe mich nur mit meinen Augen um da ich meinen Kopf nicht mehr bewegen kann.
Das ist eine sehr coole, wichtige Beobachtung. Mehr von sowas.
Gar nicht so weit entfernt sehe ich einen Kameraden liegen. Er hat Pech gehabt, denke ich mir, eine Kugel hatte genau seinen Schädel durchdrungen, doch eigentlich auch Glück da er wahrscheinlich nicht mal mitbekommen hat, wann es vorbei gewesen ist, er musste nicht leiden.
Das Fette ist gut. Den Rest kannst du kicken (das soll - und wird - sich der Leser selbst denken). Vorsicht: 'Gar nicht so weit entfernt' ist eben auch stark aus dem imaginären Kaminsessel raus erzählt. Wohlgeordnet, großbürgerlich, anständig.
Wir haben vom ersten Weltkrieg nicht gelernt, deshalb musste der zweite kommen.
Eieieieiei. Das will euer Lehrer sicher hören. Toll, der Schüler hat eine Haltung zum Krieg! Juhee. Sorry.
Das passt einfach nicht in die Szene (und das denke ich, selbst wenn du mir ein Soldatentagebuch aus der Zeit zeigst, in dem das so steht - dann ist der ja nicht grad am Sterben gewesen).
Fakt ist ja auch, dass keiner aus irgendeinem Krieg lernt, sonst hätten wir im friggin' 21. Jahrhundert endlich keine Menschen mehr, die im Namen eines imaginären Freundes = Gottes ermordet werden. Endlich keine Kriege mehr. Eine aktuell relevante Reihe in genau gleichen Kontext wäre ja: 1990/91: Moldawien - 2008 Georgien - 1999-2017 Tschetschenien - 2014 Ukraine - 2022 Ukraine. Ignoranz aller vor 2022 befeuert dadurch, dass im Westen kaum jemand einen Plan hat, was zwischen Stalin und Hitler ablief (-> Bloodlands), bevor die Bromance 1941 ein jähes Ende fand. Und Putin ist ausdrücklicher Stalin-Verehrer.

Das ist also nicht nur ein platter, nachgeplappert klingender Allgemeinplatz (sorry - es klingt so, damit meine ich nicht dich als Person!), sondern auch faktisch ohne jede Relevanz.

Ich wollte doch nur ein Held sein und jetzt kann ich nicht mehr zwischen Gut und Böse unterscheiden, denn ich liege hier, wie jeder andere auch.
Dito.
Warum hat er - frage ich zum zweiten Mal - kein Gerechtigkeitsempfinden? Warum vergibt er allen und ist das eine moralisch sinnvolle Aktion? Sollte man diktatorischen Folterern, Massenmördern wie Stalin, Hitler, Pol Pot, Papa Doc Duvalier oder Putin vergeben? Warum?
Würde man so lauwarme Bekundungen im Tod wälzen, wo schon Angehörige von Unfallopfern (also unverschuldeten) nicht mit dieser Frage klarkommen? Vor allem: Kurzgeschichten brauchen einen Konflikt - inneren und / oder äußeren - und dieser fehlt bei deinem Text vollständig. Hier wäre imA ein sehr guter Ansatz zu einem Konflikt.
Ich merke ein Gefühl der Müdigkeit, ich fühle mich leicht wie eine Feder und mein Gehör nimmt ab, mir wird ein wenig schwarz vor Augen und ich denke an die grüne Wiese, die Blumen, Blätter und Bäume. Die grauen, fast Schwarzen Wolken ziehen vorbei und der Blaue Himmel zeigt sich mir, das Sonnenlicht trifft mein Gesicht und ich weiß ich bin auf der grünen Wiese zuhause. Ich höre sie rufen meinen Namen, sie rufen nach mir.
Substantive groß, Adjektive klein. Auch an anderen Stellen im Text.

An sich finde ich das sehr gut, flüssig, adäquat. Wäre verkürzt wesentlich griffiger, eingängiger. Google mal: Ellipse. Das wäre im Text gut angewandt.

Als schnelle Lösung rate ich dir:
- schreib alles in 3. Person, als Mix aus auktorial-personalem Erzähler: Der Erzähler ist nicht physisch als Figur anwesend, aber auch nicht allwissend, sondern er kann nur in den Kopf des Protas schauen. "Er sah / fühle" etc. kannst du dir auch dann sparen.
- Alternativ: Der Autor/Erzähler in Personalunion erzählt durch die Augen eines Tieres oder Gegenstandes. *)
- Erzählzeit: Präsens
- Plattitüden raus, elliptisch-chaotische Assoziationen und spürbare Panik rein
- Mehr Hadern, mehr Kämpfen gegen das Unausweichliche. (Ja, the world ends not with a bang, but a whimper, aber Subtiles ist zumindest am Anfang schwerer umzusetzen als breitpinselige Gesten).

*) Das wird so in der Art einer klassischen Kurzgeschichte gelöst, bevor es die Textform gab: Spätes Mittelalter, notiert in der frühen Neuzeit als Ballade. Wie z.B. in Die zwei Raben / The Twa Corbies. Da nämlich rutscht die Vogelartigkeit ('dort liegt ein toter Held = Fressen für uns') immer weiter in eine dramatisch-menschliche Haltung. Hat auch einen Twist (die Liebste stirbt ebenfalls) und ein gelenkt offenes Ende, denn es ist unklar, ob die zwei Raben noch Appetit haben. Das wäre auch eine gute Plotstruktur und Erzählhaltung für deinen Text.

Ich hoffe sehr, du liest noch mit (sorry - um wie viel länger als dein Text ist mein Komm? :lol:) und bleibst dabei, am Ball, machst was aus dem Text - egal, ob für die Schule oder dich selbst. Viel Erfolg, herzlichst
Katla

Hallo Felpod,

sorry, ich möchte niemandem eine Sicht auf einen Text korrigieren, selbstverständlich. Aber du postulierst zwei Dinge, die faktisch so nicht stimmen:

Variiere Satzlänge und Aktiv/Passiv.
Passiv distanziert, daher besser nicht grundlos einsetzen.
Wichtiger: Es gibt im Deutschen klare Regeln, wann das Passiv verwendet werden darf. Das ist, wenn der Akteuer/Täter unbekannt ist oder er absichtlich verschleiert werden soll. Ein Satz wie "Die Tür wurde vom Wind zugeschlagen" oder "200 Kinokarten wurden von eher jüngeren Besuchern gekauft" sind grammatikalisch inkorrekt.
Du machst den Show, don't tell Fehler. Du beschreibt direkt, was er denkt. Versuche hier lieber, diese Gedanken zu umschreiben, während die Person etwas macht.
Tell ist an sich absolut kein Fehler und auch nicht automatisch show, don't tell vorzuziehen. Es gibt nur gutes oder schlechtes Tell bzw. SDT. Das Gute an nicht optimal verwendetem Tell ist, dass die Passagen kürzer sind, SDT ergibt oft ein zeilenlanges Stummfilm-Gestikulieren und Augenrollen, nur, weil jemand nicht klar ausspuckt, was er erzählen will. Siehe sehr witzig hier: The Emporer's Notebook eines anonymen Phantastiklektors. (Vielleicht hab ich dich hier ja missverstanden ...)

Herzlichst,
Katla

 

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