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Das, Quinn, liest sich jetzt ganz anders, als dein Satz von „so Leuten kann man ja die Gestaltungsmacht überlassen, aber doch nicht Leuten, die aus Faulheit oder Lobby-Interessen handeln.“Man kann doch nicht die Hände über den Kopf zusammenschlagen und sich dem Sprachmüll ergeben. Es muss doch erstmal erlaubt sein, den Fernseher anzubrüllen und zu sagen: So ein Wort wie Frühstückscerealien gibt es nicht, du blöde Kuh.
Medien und Werbung müssen auffallen oder zumindest beeindrucken, sonst verfehlen sie ihr Ziel – dann nutzt auch das makellose Deutsch nichts. Und auffallen tut man, wenn die Seh- und Lesegewohnheiten durchbrochen werden. Auf dem Textbereich bezogen heißt das: Neue oder ungewöhnliche Wörter müssen her – siehe Maggi-Werbung aus dem Jahr 1884: „Am besten, gesundesten und von keiner Concurrenz erreichter Billigkeit“Die Gestalter der Sprache arbeiten heute bei den Medien, das sind Journalisten aller Coleur, Übersetzer, Werbeleute und Kulturschaffende. Bei denen ein Bewusstsein für Sprache zu schaffen, wäre eine wichtige Aufgabe des Bildungssystems.
Damals mag das Wort Concurrenz so neu gewesen sein, dass man es kaum verändert schrieb (aus lateinisch „concurrentia“), heute ist es Bestandteil der deutschen Sprache. Was ich sagen will: Sprachentwicklung ist ein ewiger Prozess, von dem wir nicht wissen können, was er hervorbringen wird. Er lässt sich auch nicht beeinflussen, alle Versuche, die Sprache zu säubern oder in eine bestimmte Richtung zu drängen, sind gescheitert.
Aber was eine Chaiselongue ist, weiß jeder Schwabe oder Franke.Wenn es dieses Forum nicht schafft, bei Lesern, Autoren und Kritikern, den Sinn für Sprache zu schärfen, was ist es dann noch? Da kommt man über ein recht niedriges Niveau nie hinaus, wenn man nicht lernt auf Sprache zu hören und die Bilder hinter Begriffen zu sehen. Wenn wir englische Wörter importieren, töten wir die Bilder in der Sprache. Sie verliert ihre Nachvollziehbarkeit. Das gilt sogar für die ältesten Lehnwörter. Was ein "Keller" ist, muss ich lernen. Was ein Untergeschoss ist, kann ich mir zusammenreimen. Und was "parterre" ist, wissen die Götter.

Weil mit der Zeit dem fremden Wort seine Fremdheit nicht mehr anzumerken sein wird, plädiere ich für die größtmögliche Toleranz gegenüber fremden Einflüssen – es ist auf jeden Fall eine Bereicherung. Und wird in der Folge ein deutsches Wort durch ein fremdes verdrängt, dann haben wir es so gewollt und die Gründe dafür sind unwichtig - wenn ein Volk entscheidet, dann sind die Fragen nach Warum müßig. Und in diesem Zusammenhang dann von einem niedrigen Niveau! zu sprechen ist anmaßend. Die deutsche Sprache hat kein niedriges und kein hohes Niveau – sie ist wie sie ist.
Wie in der Werbung gearbeitet wird, zeigt diese Parodie: Jeder Flasche wohnt ein Zauber inne.