Was ist neu

Die Glückseligkeit der Wellen

Mitglied
Beitritt
25.12.2019
Beiträge
70
Zuletzt bearbeitet:

Die Glückseligkeit der Wellen

Arnos Blick streift im Raum umher, wie der eines Kindes im Süßwarenladen. Fette Anlage. Große Glotze. Eine Rolex in der Vitrine, eine am Handgelenk. So würde sein Leben auch mal aussehen. Sein Gegenüber sitzt breitbeinig auf der Couch und mustert ihn.
„Willst dir also was dazuverdienen, hm?“
Beißender Qualm steht im Raum. Arno reibt sich die Augen.
„Ja, schon.“
„Gut, Arno, gut.“
Der Mann streckt ihm die Hand mit dem Joint entgegen.
„Kostprobe?“
Arno schüttelt den Kopf.
„Don‘t shit where you eat, eh? Gefällt mir. Sag mal, du kennst dich doch im Stadtpark aus, oder?“
„Klar, ist mein Kiez.“
„Gut, gut.“
Arnos Blick fällt auf das verschweißte Plastikpäckchen auf dem Glastisch.
Der Mann lacht lauthals.
„Immer langsam mit den jungen Pferden.“
Er kramt in der Seitentasche seiner Trainingsjacke und wirft Arno einen kleinen Ball zerknitterter Alufolie zu.
„Du machst erst mal das. Ich muss mal für kleine Jungs.“
Arnos Blut ist reines Adrenalin. Er kann seine Zukunft sehen. Nix mehr mit, wie läufst du denn rum, Arno? Nix mehr mit, du bringst es eh zu nichts, Arno. Er kurvt getragen von fetten Beats in seiner S-Klasse durch die Straßen, schlürft Wodka vom Bauchnabel einer heißen Blondine. Lebt das richtige Leben. Er schaut zur Badezimmertür, dann auf das Plastikpäckchen. Wer nicht wagt ...

Arno lässt die Wohnungstür so leise er kann ins Schloss fallen. Dann sprintet er los, nimmt im Treppenhaus mehrere Stufen auf einmal. Der Abendhimmel strahlt rot. Er legt noch einen Zahn zu.

*​

„Mach doch mal bitte, Rieke.“
Rieke schaut sie an, besorgt und liebevoll zugleich, wie eine Mutter ihr krankes Kind.
„Du willst doch aufhören.“
„Will ich auch. Aber ich brauch das jetzt.“
„Was ist denn mit der Klinik?“
„Warteliste ist dicht, kommt gerade niemand mehr rein.“
Kathi wippt ungeduldig auf den kalten Fliesen hin und her, wirkt mit ihren fettigen, schwarzen Haaren und schlaff herunterhängenden Armen wie ein zerzauster Rabe, der sich die Flügel gebrochen hat. Rieke hasst es, sie so zu sehen. Sie hasst den Uringestank. Sie will raus.
„Warum machst du‘s nicht selber?“
„Finde die Vene nicht“, haucht sie und starrt mit glasigen Augen auf Rieke.
„Mann Kathi ...“
Eine Hand legt Rieke ihr auf die Schulter und drückt zu, als könnte sie die Sucht aus ihr herauspressen. Mit der anderen greift sie nach der Spritze.

Ahmed steht im Eingang des Spätkaufs, faltet die Hände über seinem runden Bauch und blickt nachdenklich in die trübe Suppe des nächtlichen Großstadthimmels.
„Warum sitzt du den ganzen Tag vor dem Laden, Rieke? Eine junge, hübsche Frau wie du sollte feiern gehen. Das Leben genießen. Einen netten Mann kennenlernen.“
Sie zählt die Löcher in ihrer Strumpfhose. Sie denkt: Eins dieser Löcher, das bin ich. Als sie aufschaut, ringt sie sich ein Lächeln ab.
„Aber ich hab doch dich, Ahmed. Meine große, wahre Liebe“, sagt sie und pustet ihm einen Luftkuss zu.
Sein buschiger Schnurrbart droht wegzufliegen, als er auflacht.
„Warte nur nicht zu lange mit dem Antrag, sonst bin ich eines Tages weg“, fügt sie hinzu.
„Rieke, Rieke, was du immer alles erzählst.“
„Turbo Spätkauf, was ist das eigentlich für‘n Name?“
„Idee meiner Frau. Hat gesagt, dass es hip ist. Alles ist turbo. Da kommen mehr junge Kunden, ist gut für's Geschäft.“
Rieke schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch und lacht, bis ihr die Tränen kommen.
Ahmed schaut sie fragend an.
„Ist sehr hip, Ahmed, sehr hip“, sagt sie und wischt mit dem Ärmel über ihre Augen.
„Hast du schon was gegessen heute?“
Sie bleibt still.
„Warte hier, ich bring dir ein Börek“, sagt er und geht in den Laden.
Sie versinkt in Gedanken.
Warum sitzt du den ganzen Tag vor dem Laden, Rieke?
Wo sollte sie denn sonst hin?

*​

Arnos Blick huscht nervös durch den leeren Flur, während er mit seiner Faust gegen die Tür hämmert. Als sie sich öffnet, drängt er sich in die Wohnung und stößt sie zu.
„Was‘n los, Arno?“
„Guck dir das mal an“, sagt er mit einem zufriedenen Grinsen.
Im Wohnzimmer zieht er das Plastikpäckchen aus dem Rucksack und wirft es auf den Tisch.
Tims Augen werden groß.
„Alter. Wo hast du das denn her?“
„Abgezogen.“
„Abgezogen von wem?“
„Ist doch egal“, sagt er und lässt sich auf die Couch fallen. Tim setzt sich neben ihn und beide starren auf das Päckchen.
„Ein Kilo Coke. Plus minus. Weißt du, was wir damit alles machen können? Für ein paar Euro vor der Schule Gras verticken, wie die Lappen? Kleinkram, haben wir nicht mehr nötig“, erklärt Arno.
„Mann, ich weiß nicht. Das ist doch ‘ne andere Liga.“
„Und gerade eben sind wir aufgestiegen. Abpfiff. Die Menge johlt. Du willst doch schon ewig Jasmin klarmachen. Für die bist du unsichtbar. Aber was meinst du, wie sie gucken wird, wenn du mit deinem neuen BMW Z4 vorfährst.“
Tim faltet die Hände hinter seinem Kopf und grinst der Zimmerdecke entgegen, als würde dort sein Lieblingsfilm laufen.
„Meinst du echt?“
„‘türlich. Das ist ‘ne neue Zeit für uns. Ich werd‘ später noch zu Roman, ein paar Connections für uns klarmachen. Und du telefonierst mal rum. Wir machen das zusammen“, sagt Arno und hält ihm die Hand hin.
„Zusammen“, sagt Tim und schlägt ein.

Als Arno zu Hause ankommt, sitzt sein kleiner Bruder in einen Schulhefter vertieft am Küchentisch.
„Alex, wo is‘n Mama?“
Er zuckt mit den Schultern.
Arno wählt ihre Nummer und schlägt, als er die Mailbox hört, halbherzig gegen die Wand.
„Hattest du schon Abendbrot?“
Er schüttelt den Kopf.
„Was willst du essen?“
„Pfannkuchen!“, plärrt Alex.
Arno öffnet den Kühlschrank. Sein Blick durchtastet die Leere nach Zutaten.
„Haben wir nicht.“
Er durchsucht die Küchenkommode. Fehlanzeige.
„Pfannkuchen!“
„Haben wir nicht. Wir haben nix“, sagt er tonlos, mehr zu sich selbst als zu seinem Bruder.
Arno stellt eine Schüssel trockener Cornflakes auf den Tisch und fährt Alex durch die Haare.
„Guck nicht so. Bald gibt's hier wieder richtiges Essen. Da wird sich alles ändern. Ich hab ‘nen neuen Job.“
Alex ignoriert ihn und stochert lustlos mit seinem Löffel in der Schüssel herum.
„Ich muss nochmal kurz weg. Danach helf‘ ich dir mit den Hausaufgaben.“

Auf dem Gehweg hallen hinter ihm Schritte durch die nächtliche Stille. Sein Handy vibriert in der Hosentasche. Eine Nachricht von Tim.
Die waren hier. Geh nicht nach Hause. Sorry.
Es durchfährt ihn wie ein elektrischer Schlag. Die Schritte werden lauter. Sein Atem stockt. Er dreht sich um. Zwei Lederjacken schimmern im fahlen Licht der Straßenlaternen. Er schließt die Augen und holt tief Luft. Dann rennt er so schnell er kann in die Dunkelheit.

*​

Riekes Beine baumeln am Bootsanleger über dem schwarzen Wasser des Kanals. Der Nachtwind schiebt Wellen gegen das Ufer, wo sie leise rauschend zerfallen. Sie sterben in zweckerfüllter Zufriedenheit, wissend, dass ihr kurzes Leben von Kräften außerhalb ihrer Kontrolle vorherbestimmt war. Sie sind zu schwach, um ihren Pfad zu ändern, aber stark genug, um in der Akzeptanz des Unveränderbaren ein wenig Glückseligkeit zu finden. Ihre Wiedergeburt in den Zirkel der Machtlosigkeit kann ihnen nur ein müdes Schmunzeln abringen.
Das Geräusch von klirrendem Glas reißt Rieke aus ihren Gedanken. Ein alter, hagerer Mann zieht einen Bollerwagen hinter sich her.
„Günni!“, ruft sie und springt auf.
„N‘abend Rieke.“
Sie wirft sich mit offenen Armen gegen ihn.
„Langsam, Rieke, langsam, bin doch nicht mehr der Jüngste“, sagt er und lächelt.
„Was macht die Flaschenjagd?“
Er blickt enttäuscht in den Wagen.
„Am Wochenende wirds besser“, erklärt er.
„Das wirds bestimmt. Hast du Lust, dich ein bisschen zu mir zu setzen?“

Vom Rand des Stegs aus beobachten sie das Lichtspiel des Schiffsverkehrs in der Ferne.
„Wie gehts Frau Günther?“
„Nicht so gut. Sie hats mit der Lunge. Ist der Schimmel in der Wohnung, aber unser Vermieter will davon nichts wissen.“
„Mensch, ihr müsst da raus“, sagt sie und drückt seine Hand.
Er nickt.
„Wie läuft es bei dir mit den vier Wänden, Rieke, schon was gefunden?“
Sie winkt ab.
„Gibt keine Wohnung ohne Arbeit und keine Arbeit ohne Wohnung. Und für mich gibt's sowieso nichts.“
Sie seufzt und zieht den ausgefransten Rock näher an die Knie.
„Wohnungsbesichtigung nennen die es. Ich nenns Assibesichtigung. Die gucken mich ein Mal an und ich kanns in ihren Augen sehen. Was will so eine denn hier? Hat sich bestimmt in der Hausnummer geirrt. Scheiße ist das.“
Sie nimmt eine Flasche aus dem Rucksack.
„Willst du auch eins?“
Er schüttelt den Kopf.
„Ach komm, ein Feierabendbier, wird dir gut tun.“
„Na gut, eins.“
Sie präsentiert das billige Bier wie einen edlen Wein.
„Der Herr.“
Er schmunzelt. Ein Segelboot zieht an ihnen vorbei. Menschen lachen ausgelassen auf dem Deck und das Klirren von Gläsern treibt mit den Wellen ans Ufer.
„Was würdest du machen, wenn du so viel Kohle hättest?“, fragt sie Günther.
Er beäugt die tiefen Furchen in seinen Händen.
„Würd‘ mit meiner Frau wegfahren. Irgendwo ans Meer. Damit sie wieder gut atmen kann. Und du?“
Sie zuckt mit den Schultern und senkt den Blick. Ihre Strumpfhose ist mehr Loch als Strumpf.
„Ein paar neue Klamotten, vielleicht.“

*​

Als das erste Licht der Morgendämmerung auf den Spielplatz fällt, lugt Arno vorsichtig aus dem Kletterturm. Jetzt musste alles schnell gehen. Das Zeug loswerden. Seinen Bruder holen. Dann raus aus der Stadt. Und Tim, der Verräter, kann ihm gestohlen bleiben. Jetzt ist er ein Soloact.
Eine Adresse leuchtet auf dem Handybildschirm. Zumindest auf Roman ist noch Verlass.

Der Mann schneidet ein kleines Loch in das Päckchen und tupft seine Zungenspitze in die weiße Substanz auf der Klinge.
„Wo hast du das her?“
„Gefunden“, sagt Arno und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
Der Mann nickt ausdruckslos und wirft ihm einen kleinen Rucksack in die Arme.
„Und jetzt verzieh‘ dich.“
Nichts lieber als das.

Arno lässt sich erschöpft auf die Parkbank fallen und öffnet den Reißverschluss. Sein Mund verzieht sich zu einem breiten Grinsen. Er hat es geschafft. Das warme Gefühl tiefer Zufriedenheit schwappt über ihn wie eine Welle. Für einen Moment sind seine Sorgen fern und vergessen.
Ein paar Meter vor ihm durchstoßen zwei schwarze Flecken wie Fremdkörper das Grün der Naturszenerie. Ein Mann in einer Lederjacke zeigt auf ihn. Die Wärme verlässt stoßartig seinen Körper und ihm wird übel. Arno atmet tief durch, mobilisiert seine letzten Kraftreserven und rennt los, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan.

*​

Die Blicke der Verkäufer in der Bahnhofspassage haften an ihr, wie an einem ungebetenen Gast, während Rieke im Vorbeilaufen die Leckereien hinter den Glasscheiben begutachtet. Sie wiegt die Münzen in ihrer geschlossenen Hand. Sie reichen nicht.
Draußen trägt der Wind den Duft von gebrannten Mandeln in ihre Nase, sie lässt ihn hinter sich und schlendert ziellos durch die Straßen, nur begleitet vom hilflosen Knurren ihres Magens.
Auf der Treppe vor einer Kirche sieht sie bekannte Gesichter, sie winken Rieke zu sich. Freunde, Familie, die Straße macht keinen Unterschied. Hier sind alle gleich. Ein Baguette wird geteilt, sie bricht sich kleine Stückchen ab und schiebt sie langsam in ihren Mund. Vor ihr hastet eine Dame in Fellmantel über den Gehweg, in einer Hand pendeln kleine Papiertütchen, mit der anderen winkt sie einem Taxi zu. Einige sind gleicher, erinnert sie sich.

Rieke springt von der Bank auf, als der Bollerwagen vor dem Spätkauf zum Stehen kommt.
„Praktikantin Rieke meldet sich zum Dienst“, sagt sie und salutiert Günther.
„Dachte ich helf‘ dir heute mal. Kannst mir ein paar deiner Tricks verraten. Aber nicht alle. Sonst steigt es mir zu Kopf und ich mache dir dein Revier streitig“, mahnt sie grinsend.
„Du bist eine der Guten, Rieke.“
Sie hakt sich bei ihm ein und tänzelt leichtfüßig über den Gehweg, während er den Wagen zielsicher zum nächsten Mülleimer zieht.
Etwas stößt mit harter Wucht gegen ihre Schulter, sie kommt ins Straucheln, aber Günthers Griff hält sie auf den Beinen. Der junge Mann rennt um die Ecke in die Seitenstraße, ohne sich umzudrehen.
„Gehts noch?“, schreit sie ihm hinterher. Kurz danach rennen zwei weitere Männer an ihnen vorbei.

*​

Seine Lunge brennt und ein scharfer Schmerz schneidet sich in seine Seiten. Ihm wird schwindelig. Er wird langsamer. Er kann nicht mehr. Die Schritte kommen näher.
Auf einem leeren Parkplatz kommt er hechelnd zum Stehen. Die beiden Männer gehen behäbig auf ihn zu, als hätten sie alle Zeit der Welt.
„Ihr könnt alles zurückhaben. Das war doch nur so ‘ne dumme Idee. Die dumme Idee eines dummen Kindes. Ihr wart doch auch mal jung. Bitte“, fleht er mit brüchiger Stimme. Die Männer grinsen sich amüsiert zu.
„Das Päckchen hab ich nicht mehr. Habs verkauft. Aber das Geld, ihr könnt das Geld haben. Ich habs auf dem Weg versteckt. Ich kann euch ...“
Einer der Männer gebietet ihm mit der Hand zu schweigen. Arnos Kehle schnürt sich zu und er wird still.
„Koks, Geld, interessiert uns nicht“, sagt er.
„Exempel statuieren“, sagt der andere im trockenen Tonfall eines Lehrers beim Vokabeltest. „Weißt du, was das heißt, Arno?“
Arno wird kreidebleich. Er öffnet den Mund, doch bevor er etwas erwidern kann, trifft ihn ein stumpfer Schlag an der Schläfe und sein Kopf knallt auf den Asphalt.

*​

Günther zieht den Bollerwagen in die Seitenstraße und kommt vor einem Mülleimer zum Stehen.
„Guck du mal hier, ich geh schon mal zum nächsten“, sagt er zu Rieke.
Als sie ihre Hand in den Mülleimer steckt, fühlt sie kein Glas oder Plastik, sondern Stoff. Sie zieht das mysteriöse Fundstück aus dem Eimer und mustert es neugierig. Raben krähen aufgebracht in den Ästen, als Rieke den Reißverschluss des Rucksacks öffnet. Es hallt wie höhnisches Gelächter durch die Straße. Rieke erstarrt für einen Moment, dann blickt sie zu Günther, der an der nächsten Kreuzung einen Mülleimer durchsucht. Sie fischt sich einen Hunderteuroschein aus einem der Geldbündel und verstaut den Rucksack in der Seitentasche am Wagen.

Rieke balanciert mit ausgebreiteten Armen auf dem grasüberwachsenen Abstellgleis. Das nächste Leben als Trapezkünstler, warum nicht, überlegt sie. Das Grinsen ist ihr seit Stunden nicht vom Gesicht gewichen. Die alten Gebäude erzählen ihr alte Geschichten aus einer alten Zeit. Geschichten von kalten Nächten, aber auch von der Wärme ihrer Mitmenschen. Und die Geschichte von heute, die will sie mit Kathi teilen. Am Bahnhof war sie nicht, also musste sie hier sein.

Sie schiebt die Metalltür auf und sieht Kathi auf einer schmutzigen Matratze liegen, die Glieder von sich gestreckt, die trüben, leeren Augen zur Decke gerichtet. Es sieht nicht richtig aus. Ihre Sicht verschwimmt. Nein. Nicht sie und nicht so. Wenn sie es sich nur stark genug wünscht, denkt sie, dann wird das Leben, Gott oder wer auch immer schon einsehen, dass es falsch ist und den Fehler korrigieren. Tonlos starrt sie auf ihre Freundin, bis die Dunkelheit der zufallenden Tür sie verschluckt.

Die Sirene des Krankenwagens in der Ferne nimmt sie nur noch gedämpft wahr. Sie sieht die Häuserfassaden unscharf an ihr vorbeiziehen. Rieke stolpert durch die Tür des Spätkaufs und landet auf den Knien. Als Ahmeds Arme um sie fallen, bohrt sie ihr Gesicht in seine Brust. Die Tränen fressen sich durch sein Hemd wie ein Flächenbrand.

*​

„Hab dich gefunden!“, kreischt Kathi.
„Gilt nicht, du musst mich antippen!“, stellt Rieke klar und flüchtet kichernd durch das hüfthohe Gras. Löwenzahnfallschirmchen umwehen sie wie ein Schneegestöber.
Rieke dreht sich um und schaut zu Kathi, aber sie sieht sie nicht. Sie ist nicht hier. Nur das Schneegestöber ist echt und bedeckt das starre Laub, das unter ihren Füßen knirscht, während sie sich den Weg durch das dichte Gestrüpp bahnt.
Das Licht einer fernen Parklaterne fällt auf das Zelt, als sie sich in ihren Schlafsack legt. Den zweiten Schlafsack rollt sie zusammen und schiebt ihn unter ihren Kopf. Sie zieht die Beine an ihre Brust und betrachtet das Schattenspiel der im Wind nickenden Äste auf der Zeltwand.
Sie liegt noch wach, als der Morgen dämmert.

*​

Günther blättert aufgeregt durch einen Katalog, bis er die richtige Seite findet und tippt auf eins der Bilder.
„Der hier. Küche, Bad, Bett, ist alles da drin. Und so schön silbern. Damit fahren wir ans Meer.“
„Ach Günther, das wäre schön, aber so was können wir uns doch gar nicht leisten.“
Er küsst die Stirn seiner Frau und greift nach dem Rucksack.
„Guck mal. Den hat mir heute jemand in den Wagen gelegt“, flüstert er mit feuchten Augen. Er meint, die salzige Seeluft bereits riechen zu können.

 

Hey @Catington ,

deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Ich bin jetzt offiziell dein neuer größter Fan.
Erstmal Textkram:

Arnos Blut ist reines Adrenalin.

Der Satz gefällt mir nicht. Etwas ist etwas anderes, hat einen seltsamen Klang, finde ich.

Nix mehr mit‚ wie läufst du denn rum, Arno? Nix mehr mit‚ du bringst es eh zu nichts, Arno.

Würde das Komma nach mit entfernen und die Zitate anders kennbar machen. Vielleicht kursiv oder in Anführungszeiche.

Rieke schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch und lacht bis ihr die Tränen kommen.

Komma nach lacht.

Tim setzt sich neben ihn und beide starren fasziniert auf das Päckchen, wie auf einen mythischen Piratenschatz.

Ich dachte, der Tim fühlt sich im ersten Moment unwohl, die Liga zu wechseln. Kann mir nicht vorstellen, dass er auch fasziniert auf das Päckchen blickt.

„Ein Kilo Coke. Plus minus.

Tut mir leid, dass ich jetzt so reingrätsche, aber dein Arno ist wirklich nicht die hellste Birne im Sortiment. Ein Kilo Coke zu klauen und keinen Plan zu haben, wie es danach weitergeht, ist doch reiner Selbstmord. Ich halte ihn auch nicht für naiv genug, dass er glaubt, damit durchzukommen. Selbst wenn er es schafft, die Drogen zu Geld zu machen, und selbst wenn er es damit schafft, ins Geschäft einzusteigen und am großen Tisch mitzuspielen: Geklaut ist geklaut. Das wird kein Dealer auf sich sitzen lassen.

„Pfannkuchen!“, plärrt Alex fordernd.
Arno öffnet den Kühlschrank.
„Haben wir nicht.“

Pfannkuchen liegen auch nicht im Kühlschrank, die macht man selbst. Wenn, dann ist im Kühlschrank der Pfannkuchenteig oder die Zutaten. Wobei ich mir auch gut vorstellen kann, dass Arno und Alex diese unnötig ekeligen Fertig-Pfannkuchen aus dem Lidl kaufen. Dann würde ich das aber explizit erwähnen, weil so war ich erst verwirrt.

„Würd‘ mit meiner Frau wegfahren. Irgendwo ans Meer. Damit sie wieder gut atmen kann. Und du?“
Sie zuckt mit den Schultern und senkt den Blick. Ihre Strumpfhose ist mehr Loch als Strumpf.
„Ein paar neue Klamotten, vielleicht.“

Mir gefällt, wie einfach Rieke gestrickt ist.

Die dumme Idee eines dummen Kindes. Ihr wart doch auch mal jung. Bitte

Das klingt für mich nach Autor, nicht nach Arno. Der Typ würde sich niemals als Kind bezeichnen, der hält sich für nen großen Spieler.

Rieke erstarrt für einen Moment, dann blickt sie zu Günther, der an der nächsten Kreuzung einen Mülleimer durchsucht. Sie fischt sich einen Hunderteuroschein aus einem der Geldbündel und verstaut den Rucksack in der Seitentasche am Wagen.

Ich würde an deiner Stelle explizit schreiben, dass Arno den Rucksack in einem der Mülleimer versteckt. Ich hatte es erst so verstanden, dass er ihn noch immer bei sich hat und die Gangster ihn in dann in den Müll werfen, was vorne und hinten nicht passt.

Alles in allem hat mir deine Geschichte sehr gut gefallen. Da sind tolle Bilder bei. Du fängst definitiv nicht bei Null an, das merke ich an der geringen Fehlerdichte und dem Aufbau.

Gerne gelesen

Liebe Grüße
Meuvind

 

Hey @Catington ,

ich will dir nur ein knappes Feedback dalassen, nicht auf Einzelstellen eingehen, aber wenigstens nach der Lektüre nicht einfach weiterziehen.

Mir gefällt dein Text auch. Ich finde auch, dass es ein sehr guter Text ist. Das heißt nicht, dass mir nichts zum Verbessern einfällt, aber sehr gut finde ich ihn und das aus verschiedenen Gründen. Erstmal hast du kaum Stil- Perspektiv- oder andere Fehler drin. Dein sprachliches und bildlichsprachliches Niveau ist hoch. Du hast hier und da gute Details und sehr wichtig: du schreibst einfühlsam. Mir gefällt auch, wie du den Konflikt aufbaust, dass du hier spannend schreibst und deine Figuren (vor allem Rieke und Arno) stark wirken. Selbst ein paar Überraschungsmomente gibt es.
Was es für mich für die nächste Stufe bräuchte wäre unter anderem etwas, das den Text in seiner jetztigen Form überfordert: Ich finde diese Erzählung vom Underdog, der anfängt Drogen zu ticken und dadurch in Schwierigkeiten kommt natürlich unterhaltsam und spannend, aber es ist jetzt nicht wirklich etwas thematisch Außergewöhnliches, ist einfach schon viel erzählt worden, gerade wenn ich so an den Tatort denke oder Filme wie 'Knallhart'. Riekes Geschichte finde ich da schon frischer.
Etwas anderes: Ich finde, du hast viele gute Stellen drin. Zeigst, wie schon gesagt, ein sehr gutes sprachliches und bildliches Niveau. Doch so richtige stilistische, sprachliche oder beobachtungsmäßige Glanzstücke (jetzt mal bewusst mit sehr hohem Anspruch, weil ich den Text, wie gesagt, in seiner jetzigen Form schon sehr gut finde) gibt es da für mich nicht oder nur sehr selten.
Ein vorletztes wäre das Vokabular, was in deinem Text eine Rolle spielt. Es ist natürlich in diesem Fall, was auch mit dem Punkt 'noch kein außergewöhnliches Thema' zusammenhängt, verhältnismäßig einfach. Das Drogenvokabular umschwirrt einen ja geradezu, wenn man in entsprechenden Unterhaltungssektoren unterwegs ist oder die Augen und Ohren offen hält. Das ist zwar grundsätzlich schon sehr gut, weil es sozusagen eine eigene Milieusprache im Text gibt. Aber es ist jetzt keine, die einen so völlig aus den Latschen hebt. Ich sehe das analog zu meiner Geschichte 'Freundschaftsspiel'. Da habe ich auch die ganze Palette Fußballvokabular drin; das ist cool, aber es ist jetzt auch nicht der Oberknüller.
Ein letzter Punkt sind Klischees. Ich finde, da leistest du dir in diesem Text echt was. Ich würde das hier wahrscheinlich auch als größte Baustelle bezeichnen. Dass ist eigentlich etwas, was bei einem so guten Text wie diesem nicht mehr in dem Maße drin sein sollte. Damit meine ich zum Beispiel den Sprech des Spätibesitzers, der so, wie manche sich das vielleicht vorstellen, oder man es auch mal realiter gehört hat, in so gebrochenem Deutsch spricht. Das sind Dinge, die schon in der Realität so vorkommen; die aber gewisse gesellschaftlich relevante Klischees reproduzieren. Das finde ich zum Beispiel bei den Halsabschneidern, die dem armen Arno erklären wollen, was 'ein Exempel statuieren' bedeutet viel besser gelöst.

Das wars von mir. Unterm strich für mich bereits ein sehr guter Text.
LG

 

Vielen Dank für die Anmerkungen, @Meuvind und @Carlo Zwei !

deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Ich bin jetzt offiziell dein neuer größter Fan.
Danke für die lieben Worte! :)

Arnos Blut ist reines Adrenalin.
Der Satz gefällt mir nicht. Etwas ist etwas anderes, hat einen seltsamen Klang, finde ich.
Hm nach meinem Gefühl passt das eigentlich, was nichts heißen muss. Wenn es mehr Leuten negativ auffällt, überlege ich mir etwas Anderes.

Nix mehr mit‚ wie läufst du denn rum, Arno? Nix mehr mit‚ du bringst es eh zu nichts, Arno.
Würde das Komma nach mit entfernen und die Zitate anders kennbar machen. Vielleicht kursiv oder in Anführungszeiche.
Anführungszeichen hatte ich beim Schreiben probiert, fand ich nicht schön. Ich probier's mal mit kursiv.

Rieke schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch und lacht bis ihr die Tränen kommen.
Komma nach lacht.
Behoben.

Tim setzt sich neben ihn und beide starren fasziniert auf das Päckchen, wie auf einen mythischen Piratenschatz.
Ich dachte, der Tim fühlt sich im ersten Moment unwohl, die Liga zu wechseln. Kann mir nicht vorstellen, dass er auch fasziniert auf das Päckchen blickt.
Ja, das ist ein guter Punkt, habe die Stelle auf zwei verschiedene Sichtweisen umgeschrieben. Ich hoffe jetzt wirkt es aber nicht so, dass Tim bei der Idee niemals mitmachen würde.

„Ein Kilo Coke. Plus minus.
Tut mir leid, dass ich jetzt so reingrätsche, aber dein Arno ist wirklich nicht die hellste Birne im Sortiment. Ein Kilo Coke zu klauen und keinen Plan zu haben, wie es danach weitergeht, ist doch reiner Selbstmord. Ich halte ihn auch nicht für naiv genug, dass er glaubt, damit durchzukommen. Selbst wenn er es schafft, die Drogen zu Geld zu machen, und selbst wenn er es damit schafft, ins Geschäft einzusteigen und am großen Tisch mitzuspielen: Geklaut ist geklaut. Das wird kein Dealer auf sich sitzen lassen.
Da gehe ich mit. So naiv kann eigentlich selbst Arno nicht sein. Vielleicht könnte ich es mehr in Richtung panischer Verzweiflungstat schreiben oder so. Ich grüble nochmal.

„Pfannkuchen!“, plärrt Alex fordernd.
Arno öffnet den Kühlschrank.
„Haben wir nicht.“
Pfannkuchen liegen auch nicht im Kühlschrank, die macht man selbst. Wenn, dann ist im Kühlschrank der Pfannkuchenteig oder die Zutaten. Wobei ich mir auch gut vorstellen kann, dass Arno und Alex diese unnötig ekeligen Fertig-Pfannkuchen aus dem Lidl kaufen. Dann würde ich das aber explizit erwähnen, weil so war ich erst verwirrt.
Ja, mir ging es um die Zutaten. Ich habe die Stelle etwas umgeschrieben, damit das klarer wird.

„Würd‘ mit meiner Frau wegfahren. Irgendwo ans Meer. Damit sie wieder gut atmen kann. Und du?“
Sie zuckt mit den Schultern und senkt den Blick. Ihre Strumpfhose ist mehr Loch als Strumpf.
„Ein paar neue Klamotten, vielleicht.“
Mir gefällt, wie einfach Rieke gestrickt ist.
Schön. Viele Träume, was man mit Geld anstellen oder wie das Leben anders sein könnte, hat man in ihrer Lage nach einer Weile vielleicht auch nicht mehr.

Die dumme Idee eines dummen Kindes. Ihr wart doch auch mal jung. Bitte
Das klingt für mich nach Autor, nicht nach Arno. Der Typ würde sich niemals als Kind bezeichnen, der hält sich für nen großen Spieler.
Hm, hält man sich denn noch für den großen Spieler, wenn zwei Schläger vor einem stehen? Hat man in Arnos Situation nicht eher Todesangst und erzählt den Typen, was auch immer man glaubt, das die Situation entschärfen würde? "Kind" ist aber vielleicht tatsächlich etwas zu viel. Vielleicht sollte seine Angst auch klarer werden. Ich grüble nochmal.

Rieke erstarrt für einen Moment, dann blickt sie zu Günther, der an der nächsten Kreuzung einen Mülleimer durchsucht. Sie fischt sich einen Hunderteuroschein aus einem der Geldbündel und verstaut den Rucksack in der Seitentasche am Wagen.
Ich würde an deiner Stelle explizit schreiben, dass Arno den Rucksack in einem der Mülleimer versteckt. Ich hatte es erst so verstanden, dass er ihn noch immer bei sich hat und die Gangster ihn in dann in den Müll werfen, was vorne und hinten nicht passt.
Vorher wurde das eigentlich von Arno angesprochen: "Aber das Geld, ihr könnt das Geld haben. Ich kann euch zeigen, wo es ist. Ich habs auf dem Weg ..."
Ich habs mal geändert zu: "Ich habs auf dem Weg versteckt. Ich kann euch ..."
Wobei ich "auf dem Weg versteckt" auch nicht super elegant finde. Vielleicht fällt mir noch etwas Anderes ein. Ich wollte nicht direkt schreiben, dass er den Rucksack in einen Mülleimer steckt, damit es später als kleiner Twist wirkt.

Alles in allem hat mir deine Geschichte sehr gut gefallen. Da sind tolle Bilder bei. Du fängst definitiv nicht bei Null an, das merke ich an der geringen Fehlerdichte und dem Aufbau.
Dankeschön!

Mir gefällt dein Text auch. Ich finde auch, dass es ein sehr guter Text ist. Das heißt nicht, dass mir nichts zum Verbessern einfällt, aber sehr gut finde ich ihn und das aus verschiedenen Gründen. Erstmal hast du kaum Stil- Perspektiv- oder andere Fehler drin. Dein sprachliches und bildlichsprachliches Niveau ist hoch. Du hast hier und da gute Details und sehr wichtig: du schreibst einfühlsam. Mir gefällt auch, wie du den Konflikt aufbaust, dass du hier spannend schreibst und deine Figuren (vor allem Rieke und Arno) stark wirken. Selbst ein paar Überraschungsmomente gibt es.
Danke! Gerade, das alles einfühlsam zu beschreiben, war mir bei der Thematik wichtig.

Was es für mich für die nächste Stufe bräuchte wäre unter anderem etwas, das den Text in seiner jetztigen Form überfordert: Ich finde diese Erzählung vom Underdog, der anfängt Drogen zu ticken und dadurch in Schwierigkeiten kommt natürlich unterhaltsam und spannend, aber es ist jetzt nicht wirklich etwas thematisch Außergewöhnliches
Da gehe ich absolut mit. Arnos Plot ist nicht sonderlich originell. Nach einer langen Pause muss ich mich erstmal wieder ans Schreiben herantasten und fühle mich noch zu unsicher, meine Komfortzone zu verlassen, zumindest nicht komplett. Vielleicht fehlt mir auch etwas die Fantasie für originellere Plots. Da hilft nur Weiterschreiben und schauen.

Doch so richtige stilistische, sprachliche oder beobachtungsmäßige Glanzstücke (jetzt mal bewusst mit sehr hohem Anspruch, weil ich den Text, wie gesagt, in seiner jetzigen Form schon sehr gut finde) gibt es da für mich nicht oder nur sehr selten.
Auch hierfür muss ich definitiv mehr lesen und mehr schreiben.

Das Drogenvokabular umschwirrt einen ja geradezu, wenn man in entsprechenden Unterhaltungssektoren unterwegs ist oder die Augen und Ohren offen hält. Das ist zwar grundsätzlich schon sehr gut, weil es sozusagen eine eigene Milieusprache im Text gibt. Aber es ist jetzt keine, die einen so völlig aus den Latschen hebt.
Ja, das liegt (leider?) an der Drogenthematik und daran, wie Arno geschrieben ist. Ohne das Drogenvokabular wäre der Text nicht mehr authentisch, denke ich. Aber vom Hocker wird es niemanden hauen, das stimmt.

Ein letzter Punkt sind Klischees. Ich finde, da leistest du dir in diesem Text echt was. Ich würde das hier wahrscheinlich auch als größte Baustelle bezeichnen. Dass ist eigentlich etwas, was bei einem so guten Text wie diesem nicht mehr in dem Maße drin sein sollte. Damit meine ich zum Beispiel den Sprech des Spätibesitzers, der so, wie manche sich das vielleicht vorstellen, oder man es auch mal realiter gehört hat, in so gebrochenem Deutsch spricht. Das sind Dinge, die schon in der Realität so vorkommen; die aber gewisse gesellschaftlich relevante Klischees reproduzieren.
Das ist ein Punkt, für den mir vielleicht noch das Händchen fehlt. Ich bin mir nicht sicher, wo Authentizität endet und ein Klischee beginnt. So einen Spätibesitzer wie Ahmed kennen sicherlich viele aus ihrem Kiez, ich auch. Liebe Leute, mit denen plaudert man gerne, und ich habe versucht, Ahmed entsprechend sympathisch darzustellen. Dass einige von ihnen in gebrochenem Deutsch sprechen, ist ja tatsächlich so und für mich vollkommen wertungsfrei und irrelevant. In der Geschichte diente es mir nur dazu, die Szene lebendiger zu gestalten. Ob ich damit aber tatsächlich zu sehr in Klischees abgesunken bin, interessiert mich natürlich trotzdem. Vielleicht können da andere Leser auch etwas zu sagen.

Danke euch für die hilfreichen Kommentare & Viele Grüße,
Catington

 

Ich bin mir nicht sicher, wo Authentizität endet und ein Klischee beginnt. So einen Spätibesitzer wie Ahmed kennen sicherlich viele aus ihrem Kiez, ich auch. Liebe Leute, mit denen plaudert man gerne, und ich habe versucht, Ahmed entsprechend sympathisch darzustellen. Dass einige von ihnen in gebrochenem Deutsch sprechen, ist ja tatsächlich so und für mich vollkommen wertungsfrei und irrelevant

Ich denke, es ist wichtig, dass so klischeebehaftete Nebenrollen dann nicht bloß als Stichwortgeber oder für die allgemeine Atmosphäre im Text platziert werden. So wie viele Jahre und immer noch: männerdominierte Filme, in denen Frauen bloß als love interest auftauchen. Ich denke, dass Klischees am häufigsten dort bemängelt werden, wo sie über Sprache die Realität beeinflussen. Frauenklischees, 'Migranten'klischees, ArmeLeuteKlischees nicht zuletzt Liebes- und Beziehungsklischees. Wahrscheinlich liegt das Problem darin, dass über die Beiläufigkeit, eben nicht die besondere Aufmerksamkeit, Stereotype reproduziert werden.

 

Danke für die Klarstellung.

nicht bloß als Stichwortgeber oder für die allgemeine Atmosphäre im Text platziert werden.

Das hört sich wie eine vernünftige Faustregel an. Generell haben Arno, Ahmed und Günther sicherlich klischee-ige Elemente, da kann ich meinen Nachholbedarf definitiv sehen. Wieder was gelernt für die nächsten Geschichten. :)

 

Hallo @Catington,
mir gefällt deine Geschichte größtenteils auch sehr gut, vor allem die Dialoge. Hab sie in einem Rutsch weggelesen. Was mir ein wenig gefehlt hat, war der Sog nach unten. Das Leben auf der Straße wird mir hier zu sehr romantisiert. Obwohl ich Rieke sehr mag und sie grundsätzlich als Figur funktioniert für mich, ist sie mir doch ein bisschen zu Pippi Langstrumpf-mäßig unbeschwert für das Leben, das sie führt. Da fehlt mir die dunkle Seite, ansonsten wirkt es ein wenig zu sozialromantisch auf mich. Es ist sicher nicht immer lustig, tagtäglich ziellos umherzustreifen, vor Ahmeds Laden zu hocken und nicht zu wissen, ob man was in den Magen bekommt oder nicht. Noch dazu, sich eine Matratze mit Kathi zu teilen, die sie offenbar schon seit ihrer Kindheit kennt und mit ansehen muss, wie sie erst langsam vor sich hinsiecht und dann stirbt. Da fehlt mir die Innenschau. Wie geht Rieke mit Kathis Tod um? Was macht das mit ihr und ihrem Leben?
Du zeigst sehr viel, was ich gut finde, ich sehe die Szenen und Figuren bildlich vor mir. Ich denke aber, dass du dich mehr auf Rieke konzentrieren solltest, sonst bekomme ich nur einen Ausschnitt aus dem Leben verschiedener Menschen, ohne, dass es wirklich ans Eingemachte geht. Arno, Alex, Tim, Ahmed, Rieke, Kathi usw. Das ist eine Menge Personal, das in einer Kurzgeschichte schwer unterzubringen ist. Gerade Kathi wird sehr oberflächlich skizziert, bleibt leider etwas im Klischee stecken, sodass ich einige Passagen fast wie eine Zeitungsmeldung empfunden hab. Sensationell, aber auch ein wenig oberflächlich. Ich würde das Personal etwas reduzieren und mich auf nur auf ein paar Figuren konzentrieren, um sie in all ihren Facetten zeigen zu können.

Kleinkram:

Fließen
Fliesen

wirkt mit ihren fettigen, schwarzen Haaren und schlaff herunterhängenden Armen wie ein zerzauster Rabe, der sich die Flügel gebrochen hat.
schöner Vergleich
Sie denkt: Eins dieser Löcher, das bin ich.
Das gefällt mir sehr gut. Hier hättest du noch tiefer graben können ;)
Tim faltet die Hände hinter seinem Kopf und grinst der Zimmerdecke entgegen, als würde dort sein Lieblingsfilm laufen.
:thumbsup:

Flaschenjagt
Flaschenjagd

Klirren einiger Gläser
Würde einiger weglassen.
„Ein paar neue Klamotten, vielleicht.“
Schön.
der Andere
andere

Trotz Gemecker war es mir ein Vergnügen.

Viele Grüße,
Chai

 

Hallo @Chai,

danke für die Anmerkungen! Die Fehler habe ich korrigiert.

mir gefällt deine Geschichte größtenteils auch sehr gut, vor allem die Dialoge. Hab sie in einem Rutsch weggelesen.
Dankeschön :)

Was mir ein wenig gefehlt hat, war der Sog nach unten. Das Leben auf der Straße wird mir hier zu sehr romantisiert. Obwohl ich Rieke sehr mag und sie grundsätzlich als Figur funktioniert für mich, ist sie mir doch ein bisschen zu Pippi Langstrumpf-mäßig unbeschwert für das Leben, das sie führt.
"Sog nach unten" hätte ich als Stichwort beim Schreiben gebraucht. Du hast recht. Die Geschichte ist ja durchaus nicht ganz bierernst, soll sie auch gar nicht sein, ernst ist die Thematik hingegen schon. Da hätte ich etwas weniger Friede, Freude, Eierkuchen schreiben sollen, was Rieke angeht. Ich werde mal grübeln und den Text etwas überarbeiten.

Arno, Alex, Tim, Ahmed, Rieke, Kathi usw. Das ist eine Menge Personal, das in einer Kurzgeschichte schwer unterzubringen ist.
Alex, Tim, Ahmed, Kathi, die sind ja nur Nebenfiguren. Dass die nicht in aller Tiefe charakterisiert werden, hielt ich für okay. Für mich ist auch Länge ein Faktor: Persönlich lese und schreibe ich gerne kurze oder mittellange Geschichten. Da gehen viele Zeilen für die Prots drauf, für die anderen bleibt nicht viel übrig. Zumindest diese Geschichte wollte ich aber auch nicht mit nur zwei Figuren schreiben.

Sie denkt: Eins dieser Löcher, das bin ich.
Das gefällt mir sehr gut. Hier hättest du noch tiefer graben können
Hm stimmt, da könnte noch etwas gehen. Ich überleg' mal. Obwohl ich den Satz ganz isoliert eigentlich auch schön finde.

Klirren einiger Gläser
Würde einiger weglassen.
Dein Vorschlag gefällt mir, habs umgeschrieben.

Viele Grüße,
Catington

 

Hallo Catington!

Wenn ich zusammenfassen sollte, was mir deine Geschichte sagt, würde ich auf einen Kreis kommen, einen Kreislauf, um genau zu sein. Das Leben vielleicht, aber recht differenziert.

Der Inhalt sagt zu, der Stil aber, finde ich, lässt hin und wieder Änderungen zu.

Der Einstieg gefällt mir vom Rhytmus her nicht, kurze Sätze, als fehlte die Luft zum Atmen.
Aber eigentlich soll doch das Gegenteil suggeriert werden: entschleunigt, entspannt. Irgendwie komme ich mir vor, als schmissest du mir Brocken hin:

Fette Anlage. Große Glotze. Eine Rolex in der Vitrine, eine am Handgelenk

nicht unbedingt mein Stil und es hat bei mir auch nicht gewirkt. Ich brauchte eine ganze Zeit, um reinzukommen, obwohl mir klar war, um was es ging.
Aber, vielleicht Ansichtssache.

Er reibt sich den brennenden Qualm aus den Augen.

Ich weiß nicht, das ist schief. Er reibt sich ja nicht den Qualm aus den Augen, sondern reibt sich die Augen, weil sie gereizt werden. Mich bringen solche Ungenauigkeiten raus.

Arno‘s Augen fokussieren das verschweißte Plastikpäckchen auf dem Glastisch.

Das Apostroph gehört da nicht hin, du lässt ja nichts aus. Und die Augen fokussieren sich auch nicht, sondern der Blick.

Arnos Blut ist reines Adrenalin. Er kann seine Zukunft sehen. Nix mehr mit wie...

Der Abschnitt gefällt mir gut, mal was länger ausgeführt, du traust dich, einen Gedanken mal weiter auszuwalzen.
Obwohl wir hier auch einige Klischees aneinander gereiht finden.

„Warum sitzt du ganzen Tag vor Laden, Rieke? Ist nicht gut. Junge, hübsche Frau wie du, muss feiern gehen, muss netten Mann kennenlernen.“

Oh nein, wenn Deutsche versuchen, ausländischen Akzent nachzuahmen, dann kann das nur schiefgehen. Mir ist das zu gekünstelt, ich nehm's dir nicht ab. Das fängt schon damit an, dass der Sprecher fast immer (nicht nur die der jeweiligen Sprache kaum mächtigen) möglichst kurz spricht. Wir sind durch die Bank faul beim Sprechen. Achte mal drauf: du wirst möglichst viel abkürzen und auslassen, wenn du nicht gerade einen formellen Termin hast. Und wenn ich nicht richtig Deutsch kann, werde ich auch versuchen, möglich effektiv zu sprechen.
Da sind in den Dialogen hin und wieder Passagen, die gekürzt gehören, nicht nur hier.

Wo sollte sie denn sonst hin?

Da sind manches Mal kleinere Sachen drin, die ich gern ein wenig ausführlicher gehabt hätte, um die Personen zu verstehen. Du gehst ja später noch drauf ein, aber hier wäre ein günstiger Zeitpunkt gewesen, das zu vertiefen.

„Guck dir das mal an“, sagt er mit einem selbstzufriedenen Grinsen.

Da sind auch ein paar Wendungen drin, die sind einfach überambitioniert, die können gnadenlos gekürzt werden. Hier zum Beispiel, was ist selbstzufrieden? Selbstgefällig, vielleicht, aber zufrieden reicht doch völlig aus und ist auch recht elegant, finde ich.

...und beide starren auf das Päckchen, Tim mit besorgter Unsicherheit, Arno in Faszination, wie auf einen mythischen Piratenschatz.

Mal abgesehen, dass ein Piratenschatz eigentlich immer mythisch ist (überambitioniert :D), du machst mit diesem Zusatz das Bild kaputt, lass es doch einfach wirken.
Das finden wir noch ein paar Mal, wo ich jedesmal raus bin, weil du ein schlichtes Bild zerstörst, indem du da noch ein Vergleich anhängst:

Tim faltet die Hände hinter seinem Kopf und grinst der Zimmerdecke entgegen, als würde dort sein Lieblingsfilm laufen.

„Pfannkuchen!“, plärrt Alex fordernd.

Sie präsentiert das billige Bier wie ein Sommelier einen edlen Wein.

Da sind, wie gesagt, noch ein paar von solchen Wendungen drin, wenn Alex plärrt, ist das doch eingängig genug, oder nicht? Vorsicht mit Adjektiven (wenn du eins siehs, töte es!).

Auf dem Gehweg hallen hinter ihm Schritte durch die nächtliche Stille

Allein schon der Orientierung wegen würde ich den Satz umstellen, eigentlich nur das Prädikat:

Auf dem Gehweg hinter ihm hallen Schritte ...

Der Nachtwind schiebt Wellen gegen das Ufer, wo sie leise rauschend zerfallen. Sie sterben mit zweckerfüllter Zufriedenheit, wissend, dass ihr kurzes Leben von Kräften außerhalb ihrer Kontrolle vorherbestimmt war. Sie sind zu schwach, um ihren Pfad zu ändern, aber stark genug, um in der Akzeptanz des Unveränderbaren ein wenig Glückseligkeit zu finden. Ihre Wiedergeburt in den Zirkel der Machtlosigkeit kann ihnen nur ein müdes Schmunzeln abringen
.

Den Absatz habe ich nicht recht verstanden, oder sagen wir so: Er ist mir aufgestoßen. Denn er bricht völlig raus aus dem Stil des übrigen Textes. Vielleicht sollte das sein, aber ich sehe keinen Grund, weshalb. Außerdem klingt er gestelzt.
Was ist "zweckerfüllte Zufriedenheit?"

Was mir gut gefallen hat, sind die Vergleiche zum privilegierten, zum normalen Leben. Wenn Rieke ein Segelboot beobachtet, an dessen Deck gefeiert wird. Oder die Leckereien hinter den Glasscheiben in der Bahnhofspassage.
Das machst du sehr geschickt, und unterstreicht das armselig Dasein Riekes.

Wie gesagt, der Inhalt sagt zu, die Form könnte wirklich noch mal eine straffe Überarbeitung vertragen. Ich ahne, wo du hinwillst, aber der Weg ist noch nicht vollkommen frei:D


Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo @Hanniball,

vielen Dank für dein Kommentar!

Der Inhalt sagt zu, der Stil aber, finde ich, lässt hin und wieder Änderungen zu.
Stil ist sicherlich eine meiner Baustellen (nebst Kitsch und Klischees), an denen ich noch viel arbeiten muss. Wie du in dieser Geschichte gemerkt hast, mag ich ja durchaus eher bildhafte Beschreibungen und Vergleiche, als knappe. Komplett wegreduzieren möchte ich die nicht und fühle mich in bildhafter Sprache eigentlich wohl, aber unpassend oder übertrieben schreiben will ich auch nicht. Da muss ich noch den richtigen Mittelweg finden und mehr schreiben und mehr lesen, um dafür ein Gefühl zu bekommen.

Die Punkte, die ich nicht anspreche, habe ich bereits geändert.

Der Einstieg gefällt mir vom Rhytmus her nicht, kurze Sätze, als fehlte die Luft zum Atmen.
Das sollte ein wenig Arnos einfaches, binäres Weltbild zeigen, in dem er da die teuren Sachen einfach aufzählt. Stilistisch nicht sehr schön, da gebe ich dir recht, im Kontext passt das für mich aber noch.

Er reibt sich den brennenden Qualm aus den Augen.
Ich weiß nicht, das ist schief. Er reibt sich ja nicht den Qualm aus den Augen, sondern reibt sich die Augen, weil sie gereizt werden. Mich bringen solche Ungenauigkeiten raus.
Da schaust du schon extrem genau hin ;) Aber du hast recht, das passt nicht ganz. Wenn mir da etwas elegantes einfällt, schreibe ich es um.

Arno‘s Augen fokussieren das verschweißte Plastikpäckchen auf dem Glastisch.
Das Apostroph gehört da nicht hin, du lässt ja nichts aus. Und die Augen fokussieren sich auch nicht, sondern der Blick.
Das Apostroph ist korrigiert. Die Augen habe ich zu Blick geändert, bin mir hier aber unschlüssig. Die Linse im Auge (und Bewegungen der Muskeln) übernehmen doch das Fokussieren, von daher können die Augen das doch, oder?

Arnos Blut ist reines Adrenalin. Er kann seine Zukunft sehen. Nix mehr mit wie...
Der Abschnitt gefällt mir gut, mal was länger ausgeführt, du traust dich, einen Gedanken mal weiter auszuwalzen.
Obwohl wir hier auch einige Klischees aneinander gereiht finden.
Yep. Ich finde, der Abschnitt passt gut zum Arno, aber klischeebehaftet ist er (genau wie die Figur und andere Aspekte der Geschichte) natürlich trotzdem. Da muss ich in Zukunft generell mehr drauf achten.

Oh nein, wenn Deutsche versuchen, ausländischen Akzent nachzuahmen, dann kann das nur schiefgehen. Mir ist das zu gekünstelt, ich nehm's dir nicht ab.
Dazu bekam ich schon von Carlo Zwei Feedback. In meinen Ohren klingt das immer noch irgendwo authentisch, aber da habe ich vermutlich das falsche Gespür und werde mal in den nächsten Tagen probieren, den Dialog in dieser Hinsicht geradezuziehen.

Wo sollte sie denn sonst hin?
Da sind manches Mal kleinere Sachen drin, die ich gern ein wenig ausführlicher gehabt hätte, um die Personen zu verstehen. Du gehst ja später noch drauf ein, aber hier wäre ein günstiger Zeitpunkt gewesen, das zu vertiefen.
Diesen Satz finde ich isoliert eigentlich ganz schön. Das bringt für mich diesen Aspekt von Obdachlosigkeit einfach auf den Punkt: Wo sollte man denn hin?

Auf dem Gehweg hallen hinter ihm Schritte durch die nächtliche Stille
Allein schon der Orientierung wegen würde ich den Satz umstellen, eigentlich nur das Prädikat:

Auf dem Gehweg hinter ihm hallen Schritte ...

Hier muss ich nochmal überlegen. "Auf dem Gehweg hinter ihm" impliziert für mich irgendwie, dass er sich momentan nicht auf dem Gehweg befindet. Könnte nur ein Gefühlsding sein.

Der Nachtwind schiebt Wellen gegen das Ufer, wo sie leise rauschend zerfallen. Sie sterben mit zweckerfüllter Zufriedenheit, wissend, dass ihr kurzes Leben von Kräften außerhalb ihrer Kontrolle vorherbestimmt war. Sie sind zu schwach, um ihren Pfad zu ändern, aber stark genug, um in der Akzeptanz des Unveränderbaren ein wenig Glückseligkeit zu finden. Ihre Wiedergeburt in den Zirkel der Machtlosigkeit kann ihnen nur ein müdes Schmunzeln abringen
.

Den Absatz habe ich nicht recht verstanden, oder sagen wir so: Er ist mir aufgestoßen. Denn er bricht völlig raus aus dem Stil des übrigen Textes. Vielleicht sollte das sein, aber ich sehe keinen Grund, weshalb. Außerdem klingt er gestelzt.
Was ist "zweckerfüllte Zufriedenheit?"

Das sollte Riekes Gedanken zeigen, sie philophiert ein wenig herum. Für Rieke klingt das eigentlich zu hochgestochen, wirkt eher wie Autor. Stilistisch passt das nicht zum Rest, da gebe ich dir recht. Mir ist die Stelle aber trotzdem wichtig. Was ich damit sagen wollte:
Jeder Mensch probiert, egal wie schlecht es ihm geht, irgendwo ein bisschen Glück zu finden. Rieke als Figur zeigt das ja auch, denke ich. Menschen in Armut werden manchmal in sie hineingeboren und kommen nicht mehr raus. Das ist ein Kreislauf, gegen den sie wenig machen können. Unser System liefert dort oft nur wenig Unterstützung. Deswegen ist die Glückseligkeit der Wellen, die Suche der Menschen ganz unten nach etwas Glück, unfair, traurig, aber, denke ich, auch real.

Was mir gut gefallen hat, sind die Vergleiche zum privilegierten, zum normalen Leben. Wenn Rieke ein Segelboot beobachtet, an dessen Deck gefeiert wird. Oder die Leckereien hinter den Glasscheiben in der Bahnhofspassage.
Das machst du sehr geschickt, und unterstreicht das armselig Dasein Riekes.
Danke!

Da bammelt es mir schon ein wenig davor, meine nächste Geschichte zu posten, da wird es sicherlich einige kitschige Bilder geben, wo ich nicht weiß, ob ich zu weit gehe, aber die Kommentatoren werden es mir schon um die Ohren hauen, wenn das der Fall ist. :D

Danke dir für's Lesen und die Anmerkungen!

Viele Grüße,
Catington

 

Hey @Catington

mir hat dein Text echt sehr gut gefallen. Ich war ziemlich schnell von den Figuren in Band gezogen und habe mich die ganze Zeit darauf gefreut, inwiefern sich die beiden kreuzen. Außerdem finde ich die Dialoge gut gemacht. Ich find das voll schwer und dadurch umso bemerkenswerter, wie realistisch sich das liest.

Sein Blick streift im Raum umher, wie der eines Kindes im Süßwarenladen
cooler Vergleich
Er kramt in der Seitentasche seiner Trainingsjacke und wirft Arno einen kleinen Ball zerknitterter Alufolie zu.
Das habe ich nicht ganz verstanden. Für was bekommt er die Alufolie?
„Du machst erst mal das. Ich muss mal für kleine Jungs.“
Beim ersten Mal ist mir das garnicht aufgefallen, aber lässt der den ernsthaft mit nem Kilo Drogen alleine? Ist das nicht etwas leichtsinnig?
und schlaff herunterhängenden Armen wie ein zerzauster Rabe, der sich die Flügel gebrochen hat.
Den Vergleich gefällt mir gut.
Sein buschiger Schnurrbart droht wegzufliegen, als er auflacht.
Das erzeugt auch ein cooles Bild in meinem Kopf.
„Frau hat gesagt, ist hip. Alles ist turbo. Mehr junge Kunden, gut für Geschäft.“
Rieke schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch und lacht, bis ihr die Tränen kommen.
„Was ist?“
„Ist sehr hip, Ahmed, sehr hip“, sagt sie und wischt sich die Tränen aus den Augenwinkeln.
Da musste ich schmunzeln. :D
Pfannkuchen!“, plärrt Alex.
Arno öffnet den Kühlschrank. Sein Blick durchtastet die Leere nach Zutaten.
„Haben wir nicht.“
Er durchsucht die Küchenkommode. Fehlanzeige.
„Pfannkuchen!“
Das fand ich komisch, dass der Bruder keinen Satz bildet, und selbst beim zweiten Mal nur ein Wort plärrt. So ganz jung scheint der dann ja doch nicht mehr zu sein.


Ich muss unbedingt mal nachschauen, was du sonst bisher so geschrieben hast!
Danke für den Text.
Man liest sich!

Gruß aufdemWeg

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @aufdemWeg,

schön, deinen Kommentar hier zu lesen!

mir hat dein Text echt sehr gut gefallen. Ich war ziemlich schnell von den Figuren in Band gezogen und habe mich die ganze Zeit darauf gefreut, inwiefern sich die beiden kreuzen. Außerdem finde ich die Dialoge gut gemacht. Ich find das voll schwer und dadurch umso bemerkenswerter, wie realistisch sich das liest.
Es freut mich sehr, dass dir die Geschichte gefallen hat und du die Figuren und Dialoge überzeugend fandest. Dialoge sind auch echt schwierig, früher konnte ich keinen einzigen geraden Dialog schreiben und bin froh, dass sich das wohl langsam verbessert. Aber Baustellen an der Schreibe gibt es eh immer :D

Er kramt in der Seitentasche seiner Trainingsjacke und wirft Arno einen kleinen Ball zerknitterter Alufolie zu.
Das habe ich nicht ganz verstanden. Für was bekommt er die Alufolie?
Da ist Gras drin (dachte ich mir zumindest, welche Drogen das genau sind, wird ja nicht spezifiziert), das er im Park verkaufen soll.

„Du machst erst mal das. Ich muss mal für kleine Jungs.“
Beim ersten Mal ist mir das garnicht aufgefallen, aber lässt der den ernsthaft mit nem Kilo Drogen alleine? Ist das nicht etwas leichtsinnig?
Du bist der erste, dem das auffällt ;) Oder, zumindest der erste, der es anmerkt. Über die Stelle habe ich mir auch häufig Gedanken gemacht. Ja, das ist eigentlich etwas blöd von ihm – aber: Durch die Beschreibungen im ersten Absatz wollte ich klarmachen, dass der Dealer da schon ein (mittel-)hohes Tier im Business ist und etwas zu sagen hat. Er glaubt nicht allen ernstes, dass jemand – noch weniger jemand wie Arno – ihm die Drogen klaut. Die Konsequenzen wären ja jedem bewusst. Dass es eigentlich Arno ist, der da zu naiv handelt, wurde schon in einem früheren Kommentar kritisiert. Das hätte ich in der Geschichte noch etwas ausschmücken sollen. Arno ist arm und hat (nicht weil er arm ist, sondern, weil er als Figur von mir leider recht klischeehaft angelegt wurde) ein ziemlich einfaches und, ja, auch naives Weltbild. Er denkt die ganze Geschichte nicht wirklich durch, sondern handelt im Affekt.

Pfannkuchen!“, plärrt Alex.
Arno öffnet den Kühlschrank. Sein Blick durchtastet die Leere nach Zutaten.
„Haben wir nicht.“
Er durchsucht die Küchenkommode. Fehlanzeige.
„Pfannkuchen!“
Das fand ich komisch, dass der Bruder keinen Satz bildet, und selbst beim zweiten Mal nur ein Wort plärrt. So ganz jung scheint der dann ja doch nicht mehr zu sein.
Für ein junges Kind am Küchentisch halte ich das eigentlich für authentisch. Das ist wie, wenn die Eltern am Herd kochen und die Kinder mit dem Besteck auf den Tisch hauen und "Hunger! Hunger!" rufen. Lieb und verspielt gemeint, natürlich. Oder: "Sind wir schon da?" So viele Worte verwenden die ab und zu gar nicht, denke ich.

Auch danke, dass du nochmal die Stellen zitiert hast, die du magst, ich bin froh, dass sie die Überarbeitungen überlebt haben und mag sie auch :) Nur den Dialog mit Ahmed werde ich nochmal überarbeiten.

Viele Grüße,
Catington

 

»In den verschiedenen Etagen
Redeten die Leut verschiedne Sprachen:

Die ganz oben
Sprachen gehoben,
Die in der Mitt’
Sprachen Durchschnitt
und die gerad noch satt
Redeten einfach platt.

Die aber in den Gossen lagen
Schwiegen & träumten von bessern Tagen.«

„Babbel“ aus: Kadingirra oder
Bab-ilim ist überall​


Edit: Gerade habe ich im Forum gesehen, dass du heute Geburtstag hast, ich wünsche alles Gute und ein schönes Wochenende!
Gerade eben hab ich gesehn, dass Du mir an anderer Stelle gratuliert hast. Dank Dir dafür,

Catington,

und Dein neuer Titel

Die Glückseligkeit der Wellen
klingt wie der schöne Schein zur erzählten Geschichte und gefällt mir in seiner Poesie, selbst wenn sie an der „Wirklichkeit“ der erzählten Geschichte verloren geht – geradezu das wird, was wir hier alle treiben: Ein Luxus, der verfliegt. Nun, wo es schon mal angesprochen ist, Klischees werden sich nie vermeiden lassen und umso seltener, als moderne Massenmedien uns(er Leben) beherrschen. Mir fällt als klassisches Beispiel immer „der mit dem Wolf tanzt“ein (weiß nicht, ob Du den Film oder Roman kennst), auf jeden Fall wollte Cevin Kostner sein Meisterwerk so authentisch wie möglich gestalten und informierte sich bei den Lakota („Sioux“) in den Reservaten und setzte seine Informationen so weit als möglich durch und hatte Erfolg (wie wir alle wissen). Aber einen Wehmutstropfen - Du hast richtig gelesen - gab es, als sich herausstellte, dass die meisten Informanten ein Bild ihrer Vorfahren aus dem Fernsehen und Kino, kurz aus Hollywood bezogen. Kräftig mitgewirkt an diesem Bild hat auch einer der bekanntesten Männer, der noch am Little Big Horn gesiegt hatte: Tatankayotanka, auf „gut“ Deutsch: Sitting Bull, der in einem Federschmuck, den frei lebende Indianer nie getragen haben, in Buffallo-Bill‘s-Wildwestshow auftrat.

Kurz: Alles was wir schreiben, ist bestenfalls eine Annäherung an die Wirklichkeit. Wollen wir hoffen, dass Polizeiprotokolle und Gerichtsakten, aber auch die Presse „authentisch“1 sind. Was nicht bedeuten darf, dass man sich in gesellschaftlichen Angelegenheiten bewegen dürfte wie Alice im Wunderland oder hinter den Spiegeln … und genau das tu ich gelegentlich ganz gerne.

Wie dem auch sei, Du machst Dich, wenn ich das mal so sagen darf, selbst wenn noch eine Stange an Unsicherheiten aufzuzeigen sind (einiges kann jetzt schon mal erwähnt worden sein) – aber der Reihe nach!

Er reibt sich den brennenden Qualm aus den Augen.
(wurde schon von Hanniball angekreidet, aber üblicherweise brennt das Feuer oder die Glut, die den Rauch, schlicht und einfach Gase und Partikel erzeugt und in die Luft setzt, kurz „qualmt“ – was der wie ein Schlot rauchender Zigarettenraucher ja auch wie selbstverständlich tut). Qualm „beißt“ eher als zu brennen ...

Arnos Blick fokussiert das verschweißte Plastikpäckchen auf dem Glastisch.
Spricht da der Schöpfer, der Autor? Ich weiß nicht, welche Journaille den „Fokus“ (der „Focus“ war es eher nicht) aus der Optik entwendet hat, um gebildet zu klingen, als wäre ein (Haupt-) “Augenmerk“ o. ä. unterste Schublade ...

Nix mehr mit wie läufst du denn rum, Arno? Nix mehr mit du bringst es eh zu nichts, Arno.
Die vergleichende Konjunktion „wie“ leitet vollständige Sätze ein, müsste also lt. Regel durch Komma von der Ellipse „nix mehr“ getrennt werden ...

Für ein Paar Euro vor der Schule Gras verticken, wie die Lappen?
So was darf auch nicht für ein paar Dollar mehr, also überhaupt nicht passieren, das Paar (= zwo, ein Überbleibsel aus dem Dual wie auch „ander“ und „beide“) eben „zwei“, die zusammengehören, und dem Pronomen/Adjektiv „paar“ einer unbestimmten kleineren Menge von x zu verwechseln. An sich geht‘s doch, siehe hier
Ich werd‘ später noch zu Roman, ein paar Connections für uns klarmachen.

Was besonders auffällt, ist die unterschiedliche Handhabung des Apostophs, hier eine erste Variation über das Thema
„Guck nicht so. Bald gibts hier wieder richtiges Essen. Da wird sich alles ändern. Ich hab ‘nen neuen Job.“
Da musstu mal schauen.
Vllt. eine Methode, für gesprochene Sprache auch soziale Unterschiede auszudrücken, denn im Apostroph schwingt ha immer noch der verschwiegene Selbstlaut mit ...

Sie sterben mit zweckerfüllter Zufriedenheit, wissend, dass ihr kurzes Leben von Kräften außerhalb ihrer Kontrolle vorherbestimmt war.

Kismet und Fatalismus oder eine Naturreligion (incl. Der „ewigen“ Wiederkehr hernach?)
Statt „mit“ würd ich übrigens „in“ empfehlen
Sie sind zu schwach, um ihren Pfad zu ändern, aber stark genug, um in der Akzeptanz des Unveränderbaren ein wenig Glückseligkeit zu finden. Ihre Wiedergeburt in den Zirkel der Machtlosigkeit kann ihnen nur ein müdes Schmunzeln abringen.

Wohnungsbesichtigung nennen die es. Ich nenns Assibesichtigung.
Wird der verm. Asoziale nicht „Asi“ genannt, also gedehnt ..., also Betonung auf dem A

Auf der Treppe vor einer Kirche, sieht sie bekannte Gesichter, sie winken Rieke zu sich.
Komma weg!

Ein Baguette wird geteilt, sie bricht sich kleine Stückchen ab und schiebt sie langsam in ihren Mund.
„Das“ Baguette … und schiebt „es“ langsam in den Mund

„Ihr könnt alles zurück haben.
„zurückhaben“

Ich habs auf dem Weg versteckt. Ich kann euch ...“.
Weg mit dem letzten Punkt!
„Weißt duKOMMA was das heißt, Arno?“
(ersatzweise ein Gedankenstrich)

„Guck du mal hier, ich geh schon mal zum Nächsten“, sagt er zu Rieke.
„zum nächsten“, nämlich "Mülleimer"

Die alten Gebäude erzählen ihr alte[n] Geschichten aus einer alten Zeit.

Und zum Abschluss noch ein bissken Poesie
Löwenzahnfallschirmchen umwehen sie wie ein Schneegestöber.

Gern gelesen (so weit man es zu dem Thema überhaupt sagen darf) vom

Friedel

1Schau Dir mal hier „DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache“ den griechischen Ursprung des Wortes an ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Friedrichard,

danke für deine Anmerkungen!

Die Stellen, die ich nicht kommentiere, habe ich bereits behoben. Ich weiß gar nicht, wie mir einige der Fehler nicht aufgefallen sind. Der Wald und die Bäume ...

»In den verschiedenen Etagen
Redeten die Leut verschiedne Sprachen:

Die ganz oben
Sprachen gehoben,
Die in der Mitt’
Sprachen Durchschnitt
und die gerad noch satt
Redeten einfach platt.

Die aber in den Gossen lagen
Schwiegen & träumten von bessern Tagen.«

Das ist doch mal ein Zitat, das perfekt zu dieser Geschichte passt. Schön, aber auch traurig, und (leider) auch zeitlos, also das Zitat und die Thematik.

und Dein neuer Titel
Die Glückseligkeit der Wellen
klingt wie der schöne Schein zur erzählten Geschichte und gefällt mir in seiner Poesie, selbst wenn sie an der „Wirklichkeit“ der erzählten Geschichte verloren geht
Genau so einen Effekt wollte ich erzielen. Der poetische Titel sollte im Kontrast zum Inhalt stehen und nach der Lektüre eher traurig als glücklich wirken. Das hatte ich im Vorkommentar schon weiter ausgeführt. Wenn jemand wie Rieke in den kleinsten Dingen in ihrem Leben etwas Glück finden kann, ist das wirklich schön. Wenn ihr aber, ohne ihr zutun, das größere Glück der Teilnahme an der Gesellschaft und von vielen weitere Dingen verschlossen bleibt, dann ist das sehr traurig.

Nun, wo es schon mal angesprochen ist, Klischees werden sich nie vermeiden lassen und umso seltener, als moderne Massenmedien uns(er Leben) beherrschen. Mir fällt als klassisches Beispiel immer „der mit dem Wolf tanzt“ein (weiß nicht, ob Du den Film oder Roman kennst), auf jeden Fall wollte Cevin Kostner sein Meisterwerk so authentisch wie möglich gestalten und informierte sich bei den Lakota („Sioux“) in den Reservaten und setzte seine Informationen so weit als möglich durch und hatte Erfolg (wie wir alle wissen). Aber einen Wehmutstropfen - Du hast richtig gelesen - gab es, als sich herausstellte, dass die meisten Informanten ein Bild ihrer Vorfahren aus dem Fernsehen und Kino, kurz aus Hollywood bezogen. Kräftig mitgewirkt an diesem Bild hat auch einer der bekanntesten Männer, der noch am Little Big Horn gesiegt hatte: Tatankayotanka, auf „gut“ Deutsch: Sitting Bull, der in einem Federschmuck, den frei lebende Indianer nie getragen haben, in Buffallo-Bill‘s-Wildwestshow auftrat.

Kurz: Alles was wir schreiben, ist bestenfalls eine Annäherung an die Wirklichkeit.

Ja, den Film habe ich gesehen, ist aber sehr lange her. Das mit der Feder habe ich nicht gewusst. Klischees können irgendwann durch Propagation durch die Gesellschaft "authentische" Realität werden, das ist ein interessanter Punkt. Komplett vermeidbar sind sie selten, da gebe ich dir recht. Aber in meinen Geschichten gibt es dann doch häufig welche der vermeidbaren Sorte, denke ich, die ich zumindest reduzieren kann.
Edit: Zu diesem Thema ist mir erst gerade aufgefallen, dass in der Geschichte, die ich gerade schreibe, eine Indianerfeder vorkommt! Für eine kurze Szene nur, aber für eine wichtige. Da hoffe ich mal, dass sich das Klischee genug propagiert hat, damit mir Leser und Kritiker verzeihen werden. :D

Wie dem auch sei, Du machst Dich, wenn ich das mal so sagen darf, selbst wenn noch eine Stange an Unsicherheiten aufzuzeigen sind (einiges kann jetzt schon mal erwähnt worden sein)
Danke. Mit jeder gelesenen, kommentierten und geschriebenen Geschichte, habe ich das Gefühl, etwas (etwas ganz klein geschrieben) besser zu schreiben.

Er reibt sich den brennenden Qualm aus den Augen.
(wurde schon von Hanniball angekreidet, aber üblicherweise brennt das Feuer oder die Glut, die den Rauch, schlicht und einfach Gase und Partikel erzeugt und in die Luft setzt, kurz „qualmt“ – was der wie ein Schlot rauchender Zigarettenraucher ja auch wie selbstverständlich tut). Qualm „beißt“ eher als zu brennen ...
Yep, u.a. diese Stelle wird wie im Vorkommentar angekündigt in den nächsten Tagen nochmal überarbeitet.

Arnos Blick fokussiert das verschweißte Plastikpäckchen auf dem Glastisch.
Spricht da der Schöpfer, der Autor? Ich weiß nicht, welche Journaille den „Fokus“ (der „Focus“ war es eher nicht) aus der Optik entwendet hat, um gebildet zu klingen, als wäre ein (Haupt-) “Augenmerk“ o. ä. unterste Schublade ...
Ich wusste nicht, dass "fokussiert" in diesem Kontext so unpassend ist. Meinem Sprachgefühl nach klingt es ganz normal, wenn die Augen oder der Blick etwas fokussieren. Und das verwende ich häufig, nimm mir doch nicht all meine Worte weg! ;) Aber ich schaue mal, Alternativen gibt es ja zuhauf.

Nix mehr mit wie läufst du denn rum, Arno? Nix mehr mit du bringst es eh zu nichts, Arno.
Die vergleichende Konjunktion „wie“ leitet vollständige Sätze ein, müsste also lt. Regel durch Komma von der Ellipse „nix mehr“ getrennt werden ...
Ich glaube, als ich das geschrieben habe, standen dort sogar mal Kommas. Der Zwist zwischen den Kommas und mir geht jetzt schon so weit, dass sie vor mir weglaufen.

Was besonders auffällt, ist die unterschiedliche Handhabung des Apostophs
Yap! Wie auch in meiner anderen Geschichte. Ich habe die hier mal überall, wo sie fehlen könnten, ergänzt. In Zukunft werde ich probieren, da konsequenter zu sein.

Sie sterben mit zweckerfüllter Zufriedenheit, wissend, dass ihr kurzes Leben von Kräften außerhalb ihrer Kontrolle vorherbestimmt war.
Kismet und Fatalismus oder eine Naturreligion (incl. Der „ewigen“ Wiederkehr hernach?)
Statt „mit“ würd ich übrigens „in“ empfehlen
"In" gefällt mir, habe ich geändert. Ich meinte die Stelle gar nicht religiös, ist aber schön, wenn sie auch so gedeutet werden kann, sondern ganz pragmatisch und real: Die Kräfte außerhalb ihrer Kontrolle ist die Gesellschaft selbst, die die Macht hätte (wage ich mal zu behaupten), etwas zu ändern. Wenn man aber keinen Zugang zu gesellschaftlichen Mindeststandards wie Wohnungen, finanziellen Hilfen, Arbeit, Nahrung oder Therapien (im Fall von Kathi) hat und man weiß, dass man eines Tages einfach nicht mehr aufwachen wird, dann ist das für mich der Gipfel (oder eher die Grube) der Machtlosigkeit. Das einzige, was man da noch in seinem Leben selbst kontrollieren kann, ist (so zynisch das jetzt auch klingen mag), ob man mit einem Lächeln auf den Lippen stirbt, weil das Spiel für einen eh abgekartet war. Weiß nicht, ob ich das so gut in den Zeilen transportiert habe.

Wohnungsbesichtigung nennen die es. Ich nenns Assibesichtigung.
Wird der verm. Asoziale nicht „Asi“ genannt, also gedehnt ..., also Betonung auf dem A
Also, laut Duden und Wiktionary scheint Assi durchaus korrekt zu sein, und Asi eine alternative Schreibweise. Letzteres habe ich aber auch schon häufiger gelesen. Könnte das ein regionales Ding sein?

Ein Baguette wird geteilt, sie bricht sich kleine Stückchen ab und schiebt sie langsam in ihren Mund.
„Das“ Baguette … und schiebt „es“ langsam in den Mund
Sie schiebt sich ja nicht das ganze Baguette, sondern die Stückchen in ihren Mund, deswegen passt für mich das "sie" dort eigentlich.

Die alten Gebäude erzählen ihr alte[n] Geschichten aus einer alten Zeit.
Und zum Abschluss noch ein bissken Poesie
Die Gebäude erzählen ja nicht ihre alten Geschichten, sondern ihr (Rieke) alte Geschichten. "Alten" klingt da für mich falsch. Oder sehe ich das falsch?

Gern gelesen (so weit man es zu dem Thema überhaupt sagen darf)
Danke! Ich weiß, was du meinst ;)

Schau Dir mal hier „DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache“ den griechischen Ursprung des Wortes an ...

Interessanter Ursprung, auch bestimmt interessant für andere:
authentisch Adj. ‘von der maßgeblichen Instanz ausgehend, mitgeteilt’. Griech. authéntēs (αὐθέντης) m. bezeichnet in ältester Zeit den Mörder, genauer den Selbst- oder Verwandtenmörder, später den Herrn und Gebieter (daher ↗Efendi, s. d.), aber auch den, der selbst eine Tat verübt, vollbringt, den Urheber einer Tat.

Danke für deinen ausführlichen Kommentar und die genaue Fehlersuche!

Viele Grüße,
Catington

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Catington

Ist ein guter Text. Mir gefällt, wie du die verschiedenen Figuren und Szenen verwebst. Hat mich an Slacker erinnert, wo die Kamera gerne mal an einem Gegenstand hängenbleibt, der den Besitzer wechselt. Das wird von dir dann auch insgesamt gut eingeklammert.

In handwerklicher Hinsicht habe ich den einen oder anderen Vorschlag.

„Willst dir also was dazuverdienen, hm?“
So würde sein Leben auch mal aussehen. Sein Blick streift im Raum umher, wie der eines Kindes im Süßwarenladen. Fette Anlage. Große Glotze. Eine Rolex in der Vitrine, eine am Handgelenk. Er reibt sich den brennenden Qualm aus den Augen.
Ich finde den Einstieg nicht besonders gelungen, weil verwirrend. Wer spricht? Wer ist "er"? Auch die Reihenfolge der Aussagen erscheint mir nicht optimal. Und der Vergleich mit dem Süsswarenladen ist m.E. unnötig, das ist ja sezenisch bereits völlig klar. Ein Vorschlag, der diese Einwände aufgreift:

Arnos Blick streift im Raum umher. Fette Anlage. Große Glotze. Eine Rolex in der Vitrine, eine am Handgelenk. So würde sein Leben auch mal aussehen. Er reibt sich den brennenden Qualm aus den Augen.
„Willst dir also was dazuverdienen, hm?“, sagt der Mann.

Sein Gegenüber sitzt breitbeinig auf der Couch und mustert ihn prüfend.
Kann weg, ist durch das "mustern" impliziert.
Arnos Blut ist reines Adrenalin. Er kann seine Zukunft sehen. Nix mehr mit, wie läufst du denn rum, Arno? Nix mehr mit, du bringst es eh zu nichts, Arno. Er kurvt getragen von fetten Beats in seiner S-Klasse durch die Straßen, schlürft Wodka vom Bauchnabel einer heißen Blondine.
Würde ich kicken, das kann sich der Leser denken. Auch liest es sich seltsam: Das letzte Wort ist "Zukunft" und dann kommt ein Blick in die Vergangenheit.
Der Abendhimmel strahlt in bedrohlichem Rot.
Da machst du dir die Sache sehr einfach. Wie sieht denn ein bedrohliches Rot aus? Show, don't tell.
Rieke schaut sie an, besorgt und liebevoll zugleich, wie eine Mutter ihr krankes Kind.
Gedoppelte Info. Wenn du den Vergleich nimmst, kannst du die Adverbien steichen und umgekehrt.
Kathi wippt ungeduldig auf den kalten Fliesen hin und her, wirkt mit ihren fettigen, schwarzen Haaren und schlaff herunterhängenden Armen wie ein zerzauster Rabe, der sich die Flügel gebrochen hat.
Zersauster Rabe finde ich gut. Der zweiten Teil macht den Satz aber etwas schwerfällig. Das Bild ist doch schon da.
Sie zählt die Löcher in ihrer Strumpfhose. Sie denkt: Eins dieser Löcher, das bin ich. Als sie aufschaut, ringt sie sich ein Lächeln ab.
Hier an dieser Stelle hat mir das gut gefallen.
Rieke schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch und lacht, bis ihr die Tränen kommen.
„Was ist?“
„Ist sehr hip, Ahmed, sehr hip“, sagt sie und wischt sich die Tränen aus den Augenwinkeln.
Ich würde im oberen Satz nach "lacht" einen Punkt setzen.
Sie versinkt in Gedanken.
Warum sitzt du ganzen Tag vor Laden, Rieke?
Wo sollte sie denn sonst hin?
Weiss nicht, ob es das braucht, das ist/wird doch eh klar.
Tim mit besorgter Unsicherheit, Arno in Faszination.
Würde ich kicken. Der folgende Dialog sollte nämlich genau das zeigen.
Für ein paar Euro vor der Schule Gras verticken, wie die Lappen? Kleinkram, haben wir nicht mehr nötig“, erklärt Arno stolz.
Unnötig. Das zeigt die Aussage bereits.
Du willst doch schon ewig Jasmin klarmachen. Für die bist du unsichtbar. Aber was meinst du, wie sie gucken wird, wenn du mit deinem neuen BMW Z4 vorfährst.“
Würde er so weit ausholen? Muss er seinem Freund erklären, wer Jasmin ist? Ich würde das streichen. Falls du den Namen "Jasmin" nicht erwähnen willst, weil du Angst hat, dass sich der Leser fragt, wer ist denn das? (m.E. eine unbegründete Angst), könntest du einfach schreiben: Was meinst du, wie die Mädels gucken werden, wenn ..."
Eine Nachricht von Tim.
„Die waren hier. Geh nicht nach Hause. Sorry.“
Ich würde Geschriebenes kursiv setzen und ohne Anführungszeichen.
Sie sterben in zweckerfüllter Zufriedenheit, wissend, dass ihr kurzes Leben von Kräften außerhalb ihrer Kontrolle vorherbestimmt war. Sie sind zu schwach, um ihren Pfad zu ändern, aber stark genug, um in der Akzeptanz des Unveränderbaren ein wenig Glückseligkeit zu finden. Ihre Wiedergeburt in den Zirkel der Machtlosigkeit kann ihnen nur ein müdes Schmunzeln abringen.
Passt überhaupt nicht in den Text. Hat mir nicht gefallen. Wenn du ein Bild nimmst, das eine Figur charakterisiert oder eine Situation, dann sollte das aus sich heraus verständlich werden. Das hier wirkt, als hätte der Autor ein kleine philosophische Notiz an seinen Text geheftet.
Sie wirft sich mit offenen Armen gegen ihn und umarmt ihn herzlich.
kann weg.
Er blickt enttäuscht in den Wagen.
„Am Wochenende wirds besser“, erklärt er.
Kann weg
„Mensch, ihr müsst da raus“, sagt sie und drückt seine Hand.
Er nickt in stiller Resignation.
„Wie läuft es bei dir mit den vier Wänden, Rieke, schon was gefunden?“
Sie winkt ab.
Kann weg. Vertrau auf die Gesten, die du beschreibst und dem Leser, der die Situation spürt.
Sie präsentiert das billige Bier wie einen edlen Wein.
Kann weg, ist ja klar.
Er schmunzelt. Ein Segelboot zieht an ihnen vorbei. Menschen lachen ausgelassen auf dem Deck und das Klirren von Gläsern treibt mit den Wellen ans Ufer.
Sehr schön.
Zumindest auf Roman war noch Verlass.
ist
„Gefunden“, lügt Arno und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
Ich würde "sagt" schreiben. Der Leser weiss, dass es eine Lüge ist.
Sie wiegt die Münzen in ihrer geschlossenen Hand. Sie reichen nicht. Ich reiche nicht, denkt sie.
Hier hat mir diese Selbstbeschreibung nicht mehr so gut gefallen. Sie ist viel direkter als die oben mit dem Loch im Strumpf. Sie ist, glaube ich, auch nicht mehr nötig. Bleib bei den Münzen. Es reicht nicht. Der Leser wird im Idealfall die Verbindung herstellen, ohne dass du sie auszusprechen brauchst.
und sein Kopf knallt hart auf den Asphalt.
Die Gegenprobe: "Könnte er auch weich knallen?" beweist: Das Adverb kann weg.
Das nächste Leben als Trapezkünstler, warum nicht, sinniert sie fröhlich.
Passt nicht zum Sprachduktus des Textes.
Sie schiebt die schwere Metalltür auf
Leichte Metalltüren? Kann weg.
Wenn sie es sich nur stark genug wünscht, denkt sie, dann wird das Leben, Gott oder wer auch immer schon einsehen, dass es falsch ist und den Fehler korrigieren. Tonlos starrt sie auf ihre Freundin, bis die Dunkelheit der zufallenden Tür sie verschluckt.
Geflällt mir gut, ginge aber noch knapper und eindringlicher, wenn das Fettmarkierte weg wäre.
Als Ahmeds Arme um sie fallen, bohrt sie ihr Gesicht in seine Brust. Die Tränen fressen sich durch sein Hemd wie ein Flächenbrand.
Das ist eher aus Ahmeds Perspektive wahrnehmbar. Ich würde da konsequenter bei ihr bleiben und eine entsprechende Wahrnehmung/Empfindung nennen.

Ich habe den Text gern gelesen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo @Peeperkorn,

danke für deinen ausführlichen Kommentar. Die meisten deiner Punkte habe ich bereits geändert.

Ist ein guter Text. Mir gefällt, wie du die verschiedenen Figuren und Szenen verwebst. Hat mich an Slacker erinnert, wo die Kamera gerne mal an einem Gegenstand hängenbleibt, der den Besitzer wechselt. Das wird von dir dann auch insgesamt gut eingeklammert.
Danke! Ich erinnere mich dunkel, Slacker mal gesehen zu haben, den muss ich mir mal wieder anschauen.

Ich finde den Einstieg nicht besonders gelungen, weil verwirrend. Wer spricht? Wer ist "er"? Auch die Reihenfolge der Aussagen erscheint mir nicht optimal. Und der Vergleich mit dem Süsswarenladen ist m.E. unnötig, das ist ja sezenisch bereits völlig klar. Ein Vorschlag, der diese Einwände aufgreift
Dein Vorschlag gefällt mir, ich setze das mal auf meine Liste und werde das später zusammen mit anderen Stellen nochmal überarbeiten. Den Vergleich mit dem Süßwarenladen finde ich aber ganz passend, das hebt nochmal Arnos kindlich-naive Sichtweise hervor, finde ich.

Arnos Blut ist reines Adrenalin. Er kann seine Zukunft sehen. Nix mehr mit, wie läufst du denn rum, Arno? Nix mehr mit, du bringst es eh zu nichts, Arno. Er kurvt getragen von fetten Beats in seiner S-Klasse durch die Straßen, schlürft Wodka vom Bauchnabel einer heißen Blondine.
Würde ich kicken, das kann sich der Leser denken. Auch liest es sich seltsam: Das letzte Wort ist "Zukunft" und dann kommt ein Blick in die Vergangenheit.
Das muss für mich im Text bleiben, da es etwas über Arnos Motivation aussagt, warum er die Drogen klaut, auch wenn sie schon hauchdünn ist.

Rieke schaut sie an, besorgt und liebevoll zugleich, wie eine Mutter ihr krankes Kind.
Gedoppelte Info. Wenn du den Vergleich nimmst, kannst du die Adverbien steichen und umgekehrt.
Ja, es wirkt schon etwas redundant. Aber für mich konkretisiert der Vergleich die Adverbien und verstärkt den Satz. Das ist so eine Stelle, in der Richtung hatte auch zuvor Hanniball viel angemerkt, wo ich mich unwohl fühle, sie auf das Nötigste zu reduzieren. Hier mal stellvertretend auch für die anderen Kürzungsvorschläge meine Gedanken dazu: Präzise Worte wählen und den eigenen Beschreibungen und den Lesern vertrauen, diesen Grundsatz verstehe ich. Ich bin ja noch am Lernen und meine Meinung wird sich da mit der Zeit sicherlich ändern. Aber für mein momentanes Sprachgefühl würde mir vieles zu steril wirken, wenn ich so viele Vergleiche, Bilder, Adjektive und Adverbien aus dem Text nehme. Ich mag hiermit objektiv falsch liegen, aber ich warte da auf einen Moment, wo es für mich selbst Klick macht, wenn ich meine Texte schreibe und lese. Eine Erkenntnis wirkt ja stärker, wenn man selbst auf sie kommt. Weiß nicht, ob das die richtige Herangehensweise ist, aber ich grüble häufig über diese Thematik und taste mich da heran, in dem ich (für meine Verhältnisse) schon viele Reduktionsvorschläge übernehme, aber nicht alle.

Kathi wippt ungeduldig auf den kalten Fliesen hin und her, wirkt mit ihren fettigen, schwarzen Haaren und schlaff herunterhängenden Armen wie ein zerzauster Rabe, der sich die Flügel gebrochen hat.
Zersauster Rabe finde ich gut. Der zweiten Teil macht den Satz aber etwas schwerfällig. Das Bild ist doch schon da.
Das mit den Flügeln mag ich dort, weil es auch eine metaphorische Komponente hat. Sie ist mit gebrochenen Flügeln abgestürzt, fliegen, der Situation entkommen, kann sie nicht mehr.

Rieke schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch und lacht, bis ihr die Tränen kommen.
„Was ist?“
„Ist sehr hip, Ahmed, sehr hip“, sagt sie und wischt sich die Tränen aus den Augenwinkeln.
Ich würde im oberen Satz nach "lacht" einen Punkt setzen.
Das habe ich umgeschrieben, um die Wiederholung zu vermeiden, aber etwas anders. Die Tränen im ersten Satz mag ich.

Sie versinkt in Gedanken.
Warum sitzt du ganzen Tag vor Laden, Rieke?
Wo sollte sie denn sonst hin?
Weiss nicht, ob es das braucht, das ist/wird doch eh klar.
Die Frage dort einfach unbeantwortet zu lassen und den Abschnitt damit zu beenden, käme mir unschön vor. Die Antwort finde ich eigentlich passend, ist aber vielleicht zu konkret. Da grüble ich vielleicht nochmal.

Du willst doch schon ewig Jasmin klarmachen. Für die bist du unsichtbar. Aber was meinst du, wie sie gucken wird, wenn du mit deinem neuen BMW Z4 vorfährst.“
Würde er so weit ausholen? Muss er seinem Freund erklären, wer Jasmin ist? Ich würde das streichen. Falls du den Namen "Jasmin" nicht erwähnen willst, weil du Angst hat, dass sich der Leser fragt, wer ist denn das? (m.E. eine unbegründete Angst), könntest du einfach schreiben: Was meinst du, wie die Mädels gucken werden, wenn ..."
Interessant. Beide Varianten haben etwas, finde ich. Ich werde über die Stelle nochmal nachdenken.

Sie sterben in zweckerfüllter Zufriedenheit, wissend, dass ihr kurzes Leben von Kräften außerhalb ihrer Kontrolle vorherbestimmt war. Sie sind zu schwach, um ihren Pfad zu ändern, aber stark genug, um in der Akzeptanz des Unveränderbaren ein wenig Glückseligkeit zu finden. Ihre Wiedergeburt in den Zirkel der Machtlosigkeit kann ihnen nur ein müdes Schmunzeln abringen.
Passt überhaupt nicht in den Text. Hat mir nicht gefallen. Wenn du ein Bild nimmst, das eine Figur charakterisiert oder eine Situation, dann sollte das aus sich heraus verständlich werden. Das hier wirkt, als hätte der Autor ein kleine philosophische Notiz an seinen Text geheftet.
Yep! Notiz an den Text geheftet, fühlt sich schon ein wenig danach an. Nun ist das für mich eine wichtige und zentrale Textstelle, die auch zum Titel zurückgreift. Wenn mir hier irgendwas einfällt, wie ich das natürlicher verpacken kann, ändere ich es.

Er blickt enttäuscht in den Wagen.
„Am Wochenende wirds besser“, erklärt er.
Kann weg
Ohne das Adjektiv wird erst im nächsten Satz klar, wie er geblickt hat, das will ich schon an dem Satz haben, auf den es sich bezieht. Ist wieder eine dieser Stellen, wo ich gefühlsmäßig nicht kürzen wollen würde.

Sie präsentiert das billige Bier wie einen edlen Wein.
Kann weg, ist ja klar.
Das ist klar, aber ich mag den Kontrast zwischen den Adjektiven, klingt für mich schön.

Wenn sie es sich nur stark genug wünscht, denkt sie, dann wird das Leben, Gott oder wer auch immer schon einsehen, dass es falsch ist und den Fehler korrigieren. Tonlos starrt sie auf ihre Freundin, bis die Dunkelheit der zufallenden Tür sie verschluckt.
Geflällt mir gut, ginge aber noch knapper und eindringlicher, wenn das Fettmarkierte weg wäre.
Den Nebensatz mit "Gott" einzuleiten, wirkt für mich zu religiös für Rieke, auch wenn da noch "wer auch immer" folgt. Und "dass es falsch ist" bezieht sich auf das "Es sieht nicht richtig aus", aus einem früheren Satz und ich mag das eigentlich.

Als Ahmeds Arme um sie fallen, bohrt sie ihr Gesicht in seine Brust. Die Tränen fressen sich durch sein Hemd wie ein Flächenbrand.
Das ist eher aus Ahmeds Perspektive wahrnehmbar. Ich würde da konsequenter bei ihr bleiben und eine entsprechende Wahrnehmung/Empfindung nennen.
Das ist schwierig. Ja, es ist ein kleiner Perspektivfehler. Aber ich finde das Bild sehr stark und auch ein sehr passendes Ende für den gesamten Abschnitt. Vielleicht fällt mir ja noch etwas äquivalentes aus Riekes Perspektive ein.

Ich habe den Text gern gelesen.
Danke! Das waren hilfreiche Anmerkungen, die mich langsam in die richtige Richtung schubsen, was Reduktion angeht.

Viele Grüße,
Catington

 

Hallo @Catington,
ich möchte gerne ganz allgemein etwas zu Deinem Text sagen, ohne genauer auf Details einzugehen. Erst einmal danke ich Dir für den Beitrag. Es hat mir ehrlich Spaß gemacht ihn zu lesen und bevor ich es gemerkt habe, war ich schon am Ende angelangt. Der Stil ist sehr eingängig, liest sich leicht weg und die Dialoge sind gut aufgebaut. Mir hat gefallen, dass ich mir die Szenen wirklich vorstellen konnte, du schaffst gute Bilder und man findet schnell in das Geschehen.

Was mich persönlich leider nicht so abgeholt hat (ich denke es wurde bereits von anderen angesprochen), ist die Rekonstruktion von gesellschaftlichen Clichés, die in deinem Text durchweg stattfindet. Ich denke das könnte man noch besser lösen und es würde der Geschichte sogar zugute kommen, da dann die Handelnden in ihrem Aussehen/Agieren/Reden weniger vorhersehbar wären. Die Geschichte hat für mich viel Wärme und soziale Tendenz, daher würde ich es schön finden, wenn sich die Personen etwas unabhängiger von klassischen Rollenbildern gestalten würden.

Ich freue mich auf deine nächsten Texte und wünsche Dir bis dahin alles Gute.
Liebe Grüße
hesa

 

Hallo @hesa,

erst einmal willkommen im Forum und vielen Dank für deinen Kommentar!

Es freut mich sehr, dass dir das Lesen Spaß gemacht hat. Mit deiner Kritik an den Klischees gehe ich absolut mit, und es wurde ja auch schon korrekt in Vorkommentaren erwähnt. In meinen nächsten Geschichten probiere ich, mehr darauf zu achten, auch wenn sich einige Klischees schwierig komplett vermeiden lassen. Da muss ich noch ausloten, was ich schreiben kann, auch wenn es etwas klischeehaft ist, und was nicht.

Viele Grüße,
Catington

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom