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Dreckzwerg

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19.05.2015
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Dreckzwerg

Tief im dunklen Wald, dort, wo die Bäume so hoch sind, dass sie den Himmel erreichen und wo es den ganzen Tag ebenso dunkel ist wie in der Nacht, dort steht eine Hütte. Es ist die einzige Behausung weit und breit, denn keine anständige Seele verirrte sich jemals in diese schauerliche Gegend.

Hier lebt der böse Zwerg. Er ist unansehnlich dreckig und immer garstig gelaunt. Aufgeräumt hat er noch nie, kunterbunt liegen die Dinge verstreut, gegessen wird mit den Fingern vom Erdboden und die Zahnbürste benutzt der Zwerg nur, um sich zu kratzen, wenn es ihn juckt.
Da der winzige Unhold die Stille im Wald hasst, poltert er den ganzen Tag herum und singt laut tobend sein Lied:

Ich liebe den Dreck, Unrat und Müll!
Ich schreie so laut, wie ich es will!
Ich wasche mich nicht, ich mag den Gestank!
Vom Boden nehm´ ich Fraß und Trank!


Gern hätte der kleine Fiesling eine ebenso schmutzige kleine Zwergenfrau. Doch welches Zwergenweib möchte mit einem so lumpigen Hutzelmännchen zusammenleben?
„Also“, so dachte sich der Zwerg, „werde ich mir einen Menschenknirps aussuchen, der die Unordnung und den Lärm genauso liebt wie ich selbst!“
Und immer wieder, wenn der böse Zwerg besonders einsam war, machte er sich von nun an auf den Weg, um heimlich bei den Kindern ins Fenster zu sehen und eines zu finden, was zu ihm passt und welches er mit in seine Hütte nehmen konnte.

Doch die Zimmer der Kinder waren immer aufgeräumt, bevor sie zu Bett gingen. Die Jungen und Mädchen putzten ihre Zähne, sie wuschen ihre Gesichter und Hände. Nicht mal ein wenig stampfen oder toben wollten die Kinder, sie stritten sich nicht und kämmten sogar ihre Haare!

Nein, so einen langweiligen Spielkameraden wollte der böse Zwerg nicht in seiner Behausung haben.
Und so ist er immer noch allein und laut und schmutzig und singt abends im Wald sein Lied, bis er müde auf seinen schmierigen Fussboden fällt und bis zum Morgen laut schnarcht…

…und während er so laut schnarcht, dass die Bäume zu brechen drohen, ist es für dich Zeit, nachzudenken:

Räumst auch du jeden Abend dein Zimmer auf? Wäschst du dich und putzt deine Zähne? Und denkst du auch immer daran, nicht zu brüllen, damit du nicht den Zwerg anlockst? Nicht, dass du das erste Kind wirst, was mit dem unheimlichen Wicht vom Boden essen und seine elende Laune ertragen muss?

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo sonanina,

deine Geschichte hat so schön frech angefangen, ich habe mich die ersten vier Absätze (bis er in die Kinderzimmer schaut) wirklich darüber gefreut. Dann aber kommt für mich als Leser die kalte Dusche: Das ganze soll als Erziehungsmittel wirken. Wie schade!

Ich fände das ganz toll, wenn du die Geschichte nach dem vierten Absatz neu schreibst. So ganz spontan fände ich es witzig, wenn es tatsächlich so ein verstubbeltes, kleines Mädchen gäbe, was von seinen Eltern völlig genervt ist, weil es sich immer waschen und das Zimmer aufräumen muss. Es könnte ja vor lauter Wut abhauen und den Dreckzwerg (der Titel ist genial in seiner Schlichtheit) treffen.

Dann verbringen sie eine Zeitlang miteinander, bis das Mädchen doch auch die Vorzüge von daheim begreift. Aber subtil - erst hat sie total Spaß am Chaos, dann wird es irgendwann durch ein paar Ereignisse lästig und zum Schluss ist es genervt.

So was in der Art könnte - mit deinem Schreibstil - für mich eine wundervolle Geschichte werden :gelb:
Dann hättest du dein Ziel auch erreicht (Kinder, wascht euch ja :D) aber auf eine viel humorvollere und unterhaltsamere Art.

Deine Szenerie hat mich auch ein wenig an Räuber Grapsch erinnert, fällt mir grade noch so ein.

Und herzlich Willkommen hier bei uns Wortkriegern.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo sonanina,

Das klingt ja wie ein Anit-Zwerg-Werbespruch für Kinder vor dem Schlafengehen. Ich finde auch, dass eine Geschichte mit einem Ende viel interessanter wäre, auch für Kinder. Denn begonnen hast du sehr gut. Ich finde auch das Ende gut geschrieben, nur passt es halt für eine Kurzgeschochte nicht. Außer es sollte ein Werbespruch sein, dann schon.

LG

BRM

 

Liebe sonanina,

es ging mir genauso wie bernadette. Mir hat deine Geschichte bis auf den letzten Absatz sehr gut gefallen. Du schreibst, wie ich mir das für ein Märchen wünsche. Obwohl sehr weit entfernt von dem, was Kinder heutzutage gerne lesen, könnte ich mir vorstellen, dass es vielen kleinen Kindern gefallen wird, wie du den Wald und den Zwerg beschreibst. Wirklich gekonnt.
Aber, was kommt dann? Ich bin ein bisschen geschockt, dass das Märchen in einer – ich kann es leider nicht anders sagen – Bedrohung endet, wenn das Kind sich nicht ‚richtig’ verhält.

Und denkst du auch immer daran, nicht zu brüllen, damit du nicht den Zwerg anlockst? Nicht, dass du das erste Kind wirst, was mit dem unheimlichen Wicht vom Boden essen und seine elende Laune ertragen muss?

Ich glaube, so sollte Erziehung heute nicht mehr stattfinden. Denk doch noch einmal darüber nach, ob es wirklich eines Angstszenariums bedarf, um Kindern Verhaltensregeln nahezubringen.

Für einen anderen Schluss zu dieser ansonsten schönen Geschichte hat bernadette dir ja schon Vorschäge gemacht.

Freundliche Grüße
barnhelm

 

Hallo!

Auch ich kann mich nur anschließen, eigentlich sehr süß gedacht, aber diese Erziehungskeule?!

Also ich - als hypothetisches Kind und als echte Erwachsene - würde sehr gerne diesen kleinen Giftzwerg kennenlernen!

Problematisch finde ich übrigens, dass der Zwerg eine "Frau"("Zwergenweib") sucht und ein "Kind" entführen will. Das hat m.E. einen etwas disgusting Beigeschmack. Generell ist die Idee aber gut, nur würde ich dann vielleicht aus "Frau" "Freund" machen oder den Zwerg nach einer "echten" Frau suchen lassen.

Beste Grüße

Runa

 

Servus sonanina, willkommen hier.

„Also“, so dachte sich der Zwerg, „werde ich mir einen Menschenknirps aussuchen, der die Unordnung und den Lärm genauso liebt wie ich selbst!“

Nein, so einen langweiligen Spielkameraden wollte der böse Zwerg nicht in seiner Behausung haben.

"Kinder sind viel emanzipierter, vorurteilsfreier als Erwachsene, zumindest bis zu ihrem achten Lebensjahr, danach ist jeder korrumpiert", sagte Maurice Sendak einmal, der Autor des populären Kinderbuchklassikers Wo die wilden Kerle wohnen. („An dem Abend, als Max seinen Wolfspelz trug und nur Unfug im Kopf hatte …“ usw.)
Sendak spottete gelegentlich über die Briefe, die aus Schulklassen an ihn geschickt wurden. Zu sehr sei ihnen anzumerken, dass sie im Auftrag Erwachsener entstanden seien. Doch einen Brief zeigte er immer wieder gerne vor:
"Wie teuer ist die Reise dahin, wo die wilden Kerle wohnen?", hatte da ein Achtjähriger geschrieben: "Wenn es nicht zu teuer ist, wollen meine Schwester und ich dort den Sommer verbringen."

Ja, ich finde es auch schade, dass du mit der tollen Figur des Dreckzwerges, die beim Vorlesen wohl jedes Kind sofort einmal lieben wird, nicht mehr machst, und stattdessen die Geschichte so fragwürdig moralisierend einfach im Sand verlaufen lässt. Du steckst da offenbar noch in der Erzähltradition des Struwwelpeters fest. In meinen Augen sollten aber gerade Kindergeschichten in erster Linie unterhalten, Spaß machen, die Fantasie anregen, zum eigenständigen Denken anregen und nicht ausschließlich pädagogische Ziele verfolgen. Das Leben ist ernst genug.

Sehr guter Beginn, sehr schwaches Ende. Auf jeden Fall ausbaufähig.


offshore

 

Danke für die schnellen Kritiken. Das war mein erster Versuch, mal irgendwas zu schreiben. Dabei dachte ich mir schon, dass es evtl. etwas "drüber" ist, nur waren alle alten Märchen mit einem erhobenem Zeigefinger und ab und zu sogar etwas Brutalität verbunden. Ich fand, dass der angewandte Schreibstil und die (vielleicht doch überdeutliche) Drohung gut zusammenpassten.
Aber um die Reaktionen zu erfahren, habe ich die Geschichte hier reingestellt. Ich werde mich weiter daran versuchen und bedanke mich.

 

Hallo sonanina,

Deine Geschichte will Kinder erziehen, indem sie ihnen damit droht, ihr Leben künftig mit einem Kerl verbringen zu müssen, der alles das verkörpert, was Eltern ihren Kindern aberziehen wollen/müssen. Eine verwandte pädagogische Geschichte hat Wilhelm Busch geschaffen: Die beiden Schwestern

http://gutenberg.spiegel.de/buch/die-beiden-schwestern-4199/1

Diese Art Pädagogik durch Einschüchterung kommt heute wohl nicht mehr so gut an - das verraten die Kommentare, die du bis jetzt bekommen hast.

Vielleicht kann man deiner Erzählung ja gerecht werden, indem man sie nicht so tierisch ernst nimmt - wie auch Die beiden Schwestern des großen Humoristen Busch nicht als todernste Drohung gemeint sind.

Bei Wilhelm Busch sollen die weiblichen Kinder sich das fleißige und mit einem Kopftuch züchtig verhüllte Kätchen zum Vorbild nehmen und nicht so werden wie die liederliche Adelheid, die sich der garstige Naturgeist holt.

Also, was mich betrifft:

Ich habe deine Geschichte mit demselben Vergnügen gelesen wie die von Wilhelm Busch.

Beide Geschichten enthalten eine Moral, die man vielleicht so ausdrücken kann:

„Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“

Oder so:

„Was du nicht willst, das man dir tu', das füg auch keinem andern zu.“

Grüße
gerthans

 

Hallo Sonanina,

erstmal: super Titel!

Und dann kann ich mich gerthans anschließen: Mir hat deine Geschichte großen Spaß gemacht, auch das Ende. Ich habe erst die Kommentare der anderen gelesen und dachte mir, "was mag da jetzt wohl kommen?", aber ehrlich gesagt musste ich eher schmunzeln, als dass ich das Ende als unpassend empfand.
Wie du schon sagst, sind Märchen teilweise auch ganz schön brutal. Ich grusel mich noch heute ein bisschen vor dem Buch "Struwwelpeter", das hat mich als Kind stark beeindruckt. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich solche Geschichten mit einem Augenzwinkern lese und ein großer Fan des leichten Grusels bin. Jedenfalls mag ich die Geschichte total!
Zwei Anmerkungen:

Es ist die einzige Behausung weit und breit, denn keine anständige Seele verirrte sich jemals in diese schauerliche Gegend.
Warum "verirrte"? Und warum dann nach seinem Lied weiterhin die Vergangenheitsform? Das finde ich ein wenig unstimmig. Entweder alles in der Gegenwart oder alles in der Vergangenheit. Ich persönlich fände Gegenwart hier schöner, aber das ist Geschmackssache.

Gern hätte der kleine Fiesling eine ebenso schmutzige kleine Zwergenfrau.
Wenn du bei der "Kindermoral" von der Geschichte bleiben willst, würde ich mich Runa Phaino anschließen und den Dreckzwerg besser nach einem "Freund" oder "Spielkameraden" suchen lassen. Das ist sonst in der Tat ein wenig seltsam.

Ansonsten schmunzel ich immer noch - ich mag deinen Dreckzwerg!
Viele Grüße
Rina Wu

 
Zuletzt bearbeitet:

Aufgeräumt hat er noch nie, kunterbunt liegen die Dinge verstreut, gegessen wird mit den Fingern vom Erdboden …
erinnert mich an eine Szene in „Man spricht Deutsch“ von Gerhard Polt. Darin unterhalten sich die Protagonisten – ein gutdeutsches Paar - in einem italienischen Restaurant laut über den vermeintlichen, aber dem Kinobesucher unsichtbaren Dreck auf dem Boden, um sich zu der Aussage zu steigern, zu Hause könne man vom Boden essen.

Der Kellner, der die beiden versteht, antwortet lauthals, auf dass jeder es mitbekommen muss, hierzulande - eben Italien - esse man für gewöhnlich vom Tisch …

Hallo und herzlich willkommen hierorts,

liebe sonanina –

ich tipp mal – allein wegen der Endung Deines nicknames, einer Spielerei mit so nana und nina - den ich allein schon wegen der Vokale schön finde -, dass Du weibl. Geschlechts seiest. Aber -

um es vorweg zu sagen: Märchen in pädagogischer Absicht haben die Grimm Brüder und ihre Vorgänger und Zeitgenossen wie Nachfolger nicht geschaffen. Nicht umsonst erzählen sie wie ihre Vorläufer Basile, Straparola, Perrault und ihr entfernter Vetter Albert Ludewig Grimm weniger Kinder-, als Haus- und Volksmärchen.

Es sind zumeist naive Utopien über das Glück – nicht irgendeines, sondern des bürgerliche Glücks, dass Arbeit (Aschenputtel zB) sich lohne, mit dem bitteren Beigeschmack, dass Erfolg auch nicht alles sei (selbst wenn der Wohlstand abhanden komme - Hans im Glück zB). Mit Zähneputzen und dergleichen Details haben sie nix am Hut (selbst wenn Körperpflege Arbeit an sich selbst bedeutet). Das gilt selbst für’s

Hutzelmännchen
das als „…männlein“ bei Möricke ohne erhobenen Zeigefinger auskommt.

Es sind eben Erzählungen, die für alle Generationen gelten (sollen). Das "kindgerechte" Zurechtstutzen von Erzählungen ist vor allem eine deutsche Unart wie der Zeigefinger. Allein Heinrich Hoffmann, seines Zeichens weniger Dichter als Medizinmann und Leiter der Irrenanstalt zu Ffm., erhebt ihn zu seinen Reimen als Abweichung von der Norm, also das, was der „gute“ Bürger für richtig halte - 1847, im Vormärz, als der Bürger es dem Studenten überließ, gegen die Obrigkeit und deren Werte zu rebellieren. (Abgesehen davon, dass man aus heutiger Sicht die Reime auch in gegenteiligem Sinne anwenden kann wie ich hierorts.)

Aber wer definiert das/die Attribut/e des Bürgers? Genauer: Des „guten“ Bürgers. Der Bürger, der sich für einen „guten“ hält!

Was mit

Tief im dunklen Wald, dort, wo die Bäume so hoch sind, dass sie den Himmel erreichen[,*] und wo es den ganzen Tag ebenso dunkel ist wie in der Nacht, dort steht eine Hütte
wie ich finde, sehr gut ohne Hinweis, dass es einmal gewesen sei, beginnt, findet schon in der „anständigen Seele“ den ersten Schuss vorn Bug: Was zum Teufel wäre eine unanständige? Seele ist Seele, aus dem Krematorium steigt der Rauch immer nach oben. Im Grunde sind halt alle gleich ...

Nicht, dass mir die Geschichte nicht gefiele, aber - schon sind wir bei dem, was gefährlich werden kann – denn es sind Attribute, die der fleißige Bürger mit kleinem Eigentum dem erst einmal potentiellen Nachbarn vom Balkan, der Levante, Afghan- und/oder Pakistan, vor allem aber aus Schwarzafrika (obwohl wir da doch ALLE genau aus Schwarzafrika herkommen, die wir heute leben,) zuspricht – insbesondere, dass sein - der native people - Grundeigentum an Wert verliere, als hätten sie gerade eben vorgehabt, es zu verkaufen (am 21. d. M. kann man dergleichen gar in Monitor sehen). Was im einzelnen zu belegen ist

Behausung … keine anständige Seele … schauerliche Gegend … der böse Zwerg … unansehnlich dreckig und immer garstig … der … die Stille im Wald hasst, poltert … herum und singt laut tobend sein Lied … der kleine Fiesling … schmutzige[,] kleine Zwergenfrau. … welches Zwergenweib … lumpigen Hutzelmännchen … die Unordnung und den Lärm …
Apropos:
um heimlich bei den Kindern ins Fenster zu sehen
muss in heutiger Zeit arg nach Kinderpornographie klingen, ob bei den alten Griechen oder beim sozialdemokratischen Herrn E. Da rettet dann auch ein weggelassener Zeigefinger nicht mehr so recht.

Ein denkbar schlechter Start, wahrscheinlich einfach nur gut gemeint. Wieder einmal zeigt sich, wohin zu viel Adjektive / Attribute oder auch nur zu viel Gefühlsdusseligkeit führt.

Gruß

Friedel,
der zum einen weder politisch korrekt ist noch irgendwas von gender & co. hält und vor allem lange überlegt hat, ob er überhaupt so was , - wie hier - denken dürfe, aber weil er eben zuletzt auch in einer, eben seiner, Kirche Randale erlebt hat, gar nicht anders kann, als Anfängen - aus welchen Gründen auch immer - zu wehren und direkt das Angebot hinterherschiebt, die Geschichte doch noch hinzukriegen.

* Hier endet der Nebensatz, der unglücklicherweise Bestandteil eines der beiden durch 'und' verbundenen Relativsätze ist und eben da endet.

 

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