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Durch die Kälte

MRG

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12.03.2020
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Durch die Kälte

Als er die Bewerbungsunterlagen das erste Mal sah, griff er mit seiner altersbefleckten Hand nach dem Wasserglas. Sie zitterte. Ob vor Erregung oder Altersschwäche vermochte er nicht zu sagen. Doch eines war ihm klar: Er musste den neuen Geophysiker beseitigen. Niemand hatte das Recht, sein Vermächtnis, ja, sein Lebenswerk zunichte zu machen.
Er wusste genau, was der junge Geophysiker wollte, sobald er seinen Nachnamen gelesen hatte. Der Plan stand fest. Mit schwerfälligen Bewegungen zog er sich seine rote Schutzausrüstung an. Dann verließ er die Forschungsstation. Die Kälte der Antarktis konnte ihm an diesem Tag nichts anhaben, er fühlte sie nicht. Eine innere Hitze hatte ihn ergriffen, er fühlte sich wieder jung. Mit knirschenden Schritten bewegte er sich vorwärts, dabei orientierte er sich an einem metallenen Band. Dann erreichte er sein Ziel. Eine blaue Box befand sich auf dem Eis etwa auf Kniehöhe. Eine Lampe war darauf befestigt, die besonders bei starkem Nebel hilfreich wurde. Er öffnete den Deckel der Box, der ihn an eine Falltür erinnerte. Ein Schacht kam zum Vorschein. Er reichte etwa 13 Meter in die Tiefe hinab. Die Dunkelheit empfing ihn. Langsam stieg er die rote Leiter hinab. Auf den Sprossen lag eine Eiskruste. Auf dem Boden des Schachts angekommen öffnete er eine Zwischentür und betrat das geophysikalische Observatorium. Ein vertrauter Geruch wehte ihm entgegen – eine Mischung aus Desinfektionsmittel und Laborluft. Er dachte zurück an den Tag, als seine ruhmreiche Karriere als Wissenschaftler angefangen hatte – mit den Forschungsergebnissen eines anderen. Auf das Observatorium hatte er sich schon einmal verlassen können. Warum sollte das nicht noch ein weiteres Mal funktionieren? Die Spritze in seinen alten Händen fühlte sich gut an.

***

Der junge Geophysiker Max schaute aus dem Fenster der BT-67, so weit sein Auge reichte befand sich Eis. Das reflektierende Sonnenlicht ließ ihn an einen Bergkristall denken.
„Ist mit den Fotos aus dem Internet nicht zu vergleichen. Sieht so unberührt aus. Fast harmonisch“, sagte er zu dem Piloten neben ihm.
„Na da täuschen Sie sich mal nicht. Ist trügerisch.“
Er wusste nur zu gut, wie trügerisch und gefährlich es in der Antarktis war – am Ende der Welt. Doch er antwortete nicht.
Der Pilot reagierte auf sein Schweigen: „Passen Sie auf sich auf.“
Aber Max war nicht hier, um auf sich aufzupassen. Er wollte echte Antworten, keine gedruckten Zeilen und Mutmaßungen eines alten Zeitungsartikels. Es vergingen ungefähr 15 Minuten, dann neigte sich das Flugzeug leicht nach vorne.
„Vorsicht, wir landen gleich.“
Unter ihnen erstreckte sich eine Landebahn, die aus Eis bestand. Max fragte sich, ob die Eisbahn wohl das Gewicht des Flugzeugs halten würde. Seine Schulterblätter zogen sich schmerzhaft zusammen. Er war noch nie gerne geflogen.
Dann gab es einen Ruck und die Maschine schien kurz auf und ab zu hüpfen. Das Hinterrad setzte auf und die Maschine rollt auf dem Eis aus. Keine Komplikationen. Der Pilot bremste das Flugzeug gekonnt ab.

„Die Antarktis“, sagte der Pilot knapp. Er schaute auf seine Uhr. „Müsste schon hier sein, ich frage mich.“
Er unterbrach sich, weil ein Schneemobil näherkam. Ein Mann stieg ab, der sich als Dr. Mehler vorstellte, der Leiter der Station. „Sie müssen der neue Geophysiker sein?“
„Genau, ich bin Maximilian Blanck.“
„Freut mich. Habe natürlich schon von Ihrem Vater gehört. War damals eine echte Koryphäe. Aber dann, naja so ist das eben.“
Max nickte. „Wie weit ist es zur Neumayer Station III?“
„Steigen Sie auf“, antwortete der Stationsleiter, der zu verstehen schien.

An der Forschungsstation angekommen, fragte Dr. Mehler Max, ob er müde sei.
„War eine lange Reise“, antwortete er nickend.
„Dann zeige ich Ihnen das Zimmer. Morgen stelle ich Sie vor.“
„Danke.“
Nachdem der Stationsleiter das Zimmer wieder verlassen hatte, atmete der junge Geophysiker tief aus. Endlich war er angekommen. Er öffnete seinen Rucksack und holte einen vergilbten Zeitungsartikel hervor, eingehüllt in einer Klarsichtfolie. Unzählige Male hatte er ihn schon gelesen. Der Titel lautete: Professor der Geophysik verunglückt in der Antarktis unter tragischen Umständen. Aber darin standen nur Spekulationen und Mutmaßungen. Er wollte wissen, was wirklich mit seinem Vater passiert war. Unter dem Titel war ein Bild zu sehen. Antarktis, zwei Wissenschaftler in roter Schneeausrüstung. 1989. Auf dem Papier befanden sich wellige Rundungen. Er dachte zurück an die Zeit, als sie entstanden waren, sah sich wieder als weinenden Jungen. Er wischte sich schnell über die Augen. Sein Blick wanderte zum Bett und er stellte seinen Wecker. Er drückte den Artikel mit dem Bild gegen seine Brust, erschöpft schlief er ein.

Am nächsten Morgen folgte Max dem Stationsleiter zu seinem Arbeitsplatz. Es ging eine enge Treppe hinauf. Dr. Mehler bog in einen Flur ein. Max fühlte sich an ein Krankenhaus erinnert - überall Türen, die Gänge eng und der Farbton grau. Der Doktor blieb stehen: „Hier ist es.“
Er klopfte an, ein Brummen war zu hören. Dann: „Herein!“
Dr. Mehler nickte Max ermutigend zu. Dieser öffnete die Tür und sah einen alten Mann mit tiefen Falten im Gesicht über einen Schreibtisch gebeugt. Um ihn herum standen hohe Regale, die voller Ordner und Fachbücher waren. Der Raum war so voll, dass er beengend auf Max wirkte. Eine altmodische rote Schutzausrüstung hing an einem Haken in der Ecke des Zimmers.
Das ist er also, der alte Geophysiker, der im Zeitungsartikel neben meinem Vater steht, dachte Max. Er holte tief Luft, wartete auf eine Reaktion des alten Mannes.
„Willkommen, Sie müssen der Neue sein. Freut mich ausgesprochen“, sagte der Alte in einem freundlichen Tonfall.
„Genau, ich bin der neue Geophysiker.“
„Habe viel zu tun. Kann gut Unterstützung gebrauchen. Sie kennen sich sicherlich mit den erdmagnetischen Strömungen aus, nicht wahr?“
„Ja, habe dazu auch publiziert.“
„Sehr gut, kann Sie nämlich im Observatorium gebrauchen. Gibt viel Arbeit für uns.“
„Ich bin bereit. Hätte allerdings noch ein paar Fragen. Sie kannten sicher meinen Vater?“
Der Alte atmete geräuschvoll aus.
„Natürlich, der legendäre Dr. Blanck. Waren damals Kollegen. Hatte mir gedacht, dass Sie sich dafür interessieren. Das war damals schrecklich. Aber lassen Sie uns das Gespräch doch im Observatorium weiterführen. Denn die Arbeit wird nicht weniger.“
„Ja, klar“, sagte Max, ohne zu ahnen, was ihm bevorstand.

30 Minuten später standen sie draußen. Das Wetter hatte sich zugezogen im Vergleich zum Tag davor. Der Nebel hatte sich verdichtete. Alles war grau.
„Neblig heute“, sagte der Alte und ging voran. Max musste an weiße Asche denken, die den Himmel verdichtete. Seine eigene Hand konnte er kaum sehen. „Wo sind Sie?“, brülle er.
„Greifen Sie die Leine.“ Die Stimme des alten Geophysikers war näher als erwartet.
Max fühlte etwas an seiner Hüfte, es war ein metallenes Band. Es erinnerte ihn an eine Rettungsleine. Seine Stiefel versanken tief im Schnee. Nach einigen Minuten hörte Max ein Knarzen, das an eine nicht geölte Tür erinnerte.
„Hier rein“, hörte er den Alten sagen. Ein Lichtschein wurde sichtbar. Kurz darauf sah Max vor sich eine geöffnete Box, die an eine Falltür erinnerte. Eine rote Leiter führte in die Tiefe. Vorsichtig stieg Max hinab. Unten angekommen ging er durch eine Zwischentür hinein in das geophysikalische Observatorium.

Der Alte deutete auf einen Container, der freistehend auf dem Boden aufgebaut war.
„Da müssen wir rein. Kein Magnet bleibt daran kleben. Faszinierend die Technik, nicht wahr?“
Max nickte und folgte dem Alten in den Container.
„Müssen die Richtung des Erdmagnetfelds bestimmen. Sie kennen das Gerät.“ Der Alte deutete auf ein gelbes Gerät, dass mit einem schwarzen Kabel an einen Computer angeschlossen war. Es erinnerte an ein Fernglas, das an Aussichtspunkten zu finden ist.
„Ja, ist eine Kunst für sich.“ Jetzt nickte der Alte zustimmend.
„Waren Sie hier mit meinem Vater?“
„Allerdings.“
In Max stieg eine tiefe Aufregung auf, sie kam aus seinem Bauch.
„Ich will wissen, was damals wirklich passiert ist.“
„Das meiste stand doch in dem alten Artikel.“
„Da standen nur Mutmaßungen drin, nichts Konkretes. Ich brauche Antworten. Warum war er überhaupt allein unterwegs?“ Das Zittern in der Stimme von Max war deutlich zu hören.
„Er hatte da so eine Theorie, dass die erdmagnetische Strömung mit den Gletschern verknüpft ist. Absoluter Unsinn. Hat heimlich Forschung betrieben.“
„Das kann nicht sein. In seinen Publikationen war er immer gegen die Gletschertheorie“, stieß Max durch seine Zähne hervor. Der Alte lügt, dachte er. Sein gesamter Körper trat in einen Alarmzustand. Hatte der alte Geophysiker etwas mit dem Unglück zu tun? Es herrschte Stille. Der Alte fixierte Max, aber er antwortete nicht sofort. Dann entspannte sich sein Körper und er sagte freundlich:
„Meine Erinnerungen täuschen mich manchmal. Lassen Sie uns anfangen zu arbeiten. Schaue später in meine alten Aufzeichnungen. In Ordnung? Und jetzt die Erdmagnetströmungen.“
In Max sträubte es sich, Angst legte sich wie eine Last auf seine Schulterblätter. Was passierte hier? Ich habe keine Wahl, je eher die Arbeit erledigt ist, desto schneller komme ich an die Aufzeichnungen, dachte er.
„In Ordnung“, antwortete Max. Als er das sagte, zuckten die Augenbrauen des Alten merkwürdig auf. Die Alarmbereitschaft verstärkte sich weiter im Körper von Max, doch er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Er schritt zu dem gelben Gerät und versuchte sich auf die Messung zu konzentrieren.

Plötzlich sah er aus den Augenwinkeln, wie der Alte eine Spritze aus seiner Jackentasche zog und ausholte, um ihn zu attackieren. Während der Arm des Alten abwärts stieß, sprang Max schnell einen Meter zurück. Die Spritze verfehlte ihn. Doch der Alte geriet leicht ins Straucheln. Max nutze diesen Moment, um ihm einen Stoß mit seinem Bein zu versetzen. Der alte Geophysiker fiel auf den Boden. Dabei verdrehte sich sein Handgelenk und die Spritze bohrte sich in seine freie Hand, mit der er sich hatte abstützen wollen. Ein Keuchen entfuhr dem Alten.
„Was ist damals wirklich passiert?", fragte Max erregt. Der Alte blickte auf die Spritze, Blut tropfte auf den Boden. Aschfahl schaute er Max an.
„Recht haste, ich hab gelogen. Damals gelogen bei den Untersuchungen, heute gelogen“, hauchte der sterbende Geophysiker. „War meine Theorie mit den Gletschern. Hast schon recht. Dein alter Herr war dagegen. Hat eine Kontraposition eingenommen. Und tatsächlich den Beweis dafür gefunden. Ich hab mir seine Forschungsergebnisse … besorgt."
„Sie haben ihn… umgebracht?“, fragte Max voller Verzweiflung.
„Mit der Spritze. Sah aus wie ein Herzinfarkt. Er ist gestürzt, während des Forschens gestorben. Sah nach einem natürlichen Tod aus, so etwas passiert“, und damit brachen seine abgehackten Sätze ab. In seine Augen trat ein starrer Ausdruck. Die Spritze lag noch immer in seiner altersbefleckten Hand.

 

Der Vater hat eine Art tragische Berühmtheit erlangt, sodass seine Geschichte in einem Buch verarbeitet wurde. Es gibt also eine Erzählung über dessen letzte Reise, erzählt von anderen Menschen, die unter Umständen dabei gewesen sind.
Oha, so hatte ich das gar nicht gelesen. Für mich waren Foto (vom Vater) und Buch (über das Bergsteigen) zwei getrennte Dinge.
Das einzige Bild. Antarktis, ein Bergsteiger mit seinen Eispickeln. 1979. Auf dem Bild befanden sich wellige Rundungen. Er dachte zurück an die Zeit, als sie entstanden waren, sah sich wieder als kleinen Jungen. Er wischte sich schnell über die Augen. Dann holte er ein Buch hervor. Titel: Die Gefahren des Bergsteigens. An den Ecken war es abgegriffen.
Vllt. ist es Vaters altes Buch, das er zur Vorbereitung las? Ich finde jedoch die Lesart der tragischen Berühmtheit auch sehr interessant, weil es mehr erklären würde, mehr über den Vater sagt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich kann mich nur noch dunkel an den ursprünglichen Text erinnern, @MRG, aber zumindest weiß ich noch, dass ich damals knapp dran war, einen Kommentar zu schreiben. Vorwiegend, um ein paar der aus meiner Sicht (als Bergsteiger) haarsträubend unsinnigen Handlungsdetails zu kritisieren. (z.B. das Bad in Eiswasser, um sich auf eine winterliche Bergbesteigung vorzubereiten. :bonk:)
Nun hat mich Peeperkorns Kommentar wieder auf die Geschichte aufmerksam gemacht und wie ich darin „Antarktis“ lese, war auch mein Interesse an deiner Geschichte wieder geweckt. „Schaun wir mal, was er daraus gemacht hat“, hab ich mir gedacht und sie noch einmal gelesen.
Zu Handlung und Figurenzeichnung will ich mich jetzt gar nicht groß äußern, das haben linktofink und Peeperkorn schon weit besser getan, als ich es jemals könnte, ich will dir eher ein paar grundsätzliche Gedanken zu solch einer Art von Geschichte mitteilen. (Die zugegeben sehr subjektiven Gedanken eines Bergsteigers, der so ziemlich jedes Buch über die verschiedensten alpinen Dramen gelesen hat.)
Okay, jetzt magst du mit Recht einwenden, dass der Schwerpunkt deiner Geschichte nicht unbedingt die Beschreibung der grandiosen Kulisse sein soll, aber wenn du schon mal diese Kulisse wählst, solltest du sie – zumindest in Ansätzen – auch dem Leser vermitteln, bzw. solltest du – zumindest in Ansätzen – beschreiben, was für Eindrücke und Gefühle sie im Protagonisten auslöst. Ich meine, wir reden hier von der Antarktis! Eine spektakulärere (und lebensfeindlichere) Gegend kann man sich ja kaum vorstellen. Du jedoch lässt deinen Protagonisten sich darin bewegen, als wäre er an einem kühlen Herbsttag mal kurz vor die Tür gegangen, um Zigaretten zu holen. Da verschenkst du wahnsinniges Potential, finde ich, auch wenn du hundertmal keine „Naturdoku“ schreiben wolltest. Nur der Pinguine wegen gleich so eine große Kiste wie die Antarktis aufzumachen, ohne dann dem Setting auch nur annäherungsweise gerecht zu werden, will mir nicht recht gefallen. Vielleicht müsstest du, wenn dir selber die Erfahrung solch einer extremen Umgebung fehlt, ein bisschen recherchieren, bzw. ein paar einschlägige Bücher lesen, um dieses Mysterium dann auch in deine Geschichte einfließen lassen zu können.*)
Apropos Naturdoku:

Das geliehene Schneemobil glitt über den Schnee. Nach etwa 30 Minuten hielt er an. Vor ihm ragte ein gigantischer Berg empor.
Nun weiß ich zwar nicht, wie schnell so ein Schneemobil fahren kann, aber mehr als zwanzig, dreißig Kilometer werden in einer halben Stunde damit wohl kaum zu schaffen sein, schon gar nicht in einem dem Fahrer unbekannten Gelände. Auf jeden Fall viel zu wenig, um von der Neumayer-Station aus einen Berg zu erreichen. Schon gar nicht einen gigantischen.
Was ich sagen will, BRM: Wenn du schon einen tatsächlich existierenden Ort als Setting für eine Geschichte wählst, noch dazu allseits bekannte Orte wie die Antarktis und die Neumayer-Station, solltest du das Setting dann nicht aufs Geratewohl mit erfundenen geografischen Gegebenheiten vermischen. Du musst immer damit rechnen, dass irgendein naseweiser Leser (in diesem Falle ich) aufzeigt und dich besserwisserisch zurechtweist: „In der weiteren Umgebung der Neumayer-Station gibt es keine Berge. Zumindest keine, die den Namen Berg verdienen.“
Nach einigen Minuten hatte er den Berg umrundet
Oder haben wir einfach nur eine völlig unterschiedliche Auffassung des Begriffs „Berg“?

Noch zwei Kleinigkeiten:

Hunderte von Kaiserpinguine[n] befanden sich …
Eine Sondergenehmigung war notwendig, um sich mehr als 30 Meter zu nähern.
Grob geschätzt ca. 7,8 Milliarden Menschen sind mehr als 30 Meter von Kaiserpinguinen entfernt. Brauchen die alle eine Sondergenehmigung? :D
(Vermutlich meinst du weniger als 30 Meter.)

Gruß aus Wien, BRM
offshore

*) Ein diesbezüglicher Lesetipp, eines meiner absoluten Lieblingsbücher:

Spielplatz der Helden von Michael Köhlmeier

 

Hallo @MRG!

Mir hat Deine Geschichte sehr gut gefallen.

Vor allem sie spielt sich abseits des gewohnten Terrains ab. Hier würde ich aber auch die Gegend näher beschreiben. Woher kommt der Berg? Ist er der Einzige?

Am Anfang der Geschichte würde ich auch noch erklären, wie ich dort hinkam. Bin ich mit dem Hubschrauber abgesetzt worden? Oder wie kam ich jetzt in diese fast verlassene Gegend.

Aber die Geschichte war gut und flüssig zu lesen.

 

Mahlzeit!

Dass es zuvor eine "andere" Geschichte gab, habe ich erst mal aus den Antworten herausgelesen. Hallo? Bin ich jetzt bekloppt?, dachte ich. Was wird da zitiert und steht oben nicht? Gab es da nicht mal eine Regelung? Bin nicht mehr auf dem neuesten Stand.

Egal. Für mich, also meinen Geschmack oder Anspruch, ist es keine "fertige" Geschichte. In deinem Text liegt eine Geschichte begraben. In der Tat. Das Setting hat ein enormes Potential. Zweifellos. Aber es ist in etwa so, wie Zug fahren vor 50 Jahren (mit den Augen die Landschaft entdecken, am offenen Fenster die Gerüche und den Wind spüren; und im Gegensatz dazu mit dem ICE heute durch die Gegend heizen, so schnell und so wenig detailliert, dass man auch die ganze Zeit auf Klo sitzen könnte und würde nichts verpassen).

Was ich sehe ist:
Du hast das Potential zu schreiben.
Du kannst dir ein Setting ausdenken.
Du bist am Anfang deines eigenen Stils.
Du hast ihn noch nicht gefunden, denn eigener Stil braucht Jahre.
Du willst etwas erzwingen, aber es fehlen noch ein paar Zutaten.

Wie könntest du dich also der Geschichte in dir nähern? Und wie könntest du all die Gedanken, Ideen, Dialoge, Szenen SO aus deinem Kopf auf die Tastatur bringen, dass "Leben" entsteht. Ein Sog. Es ist nicht so wichtig, alles aufzuschreiben, was so im Kopf zurechtliegt, Satz an Satz zu reihen, ein Konstrukt zu füllen. In mir als Leser musst du Bilder entstehen lassen. Und die größte Kunst dabei ist, wenn du dafür nur wenige Stilmittel einsetzt und das Bild wie durch Zauberhand in meinem Kopf entsteht, und es so dramatisch ist, dass es mich an eigene Lebenssituationen erinnert. In deinem Text geht es ja schließlich um eine dramatische Situation in der Vergangenheit mit kausalen Wirkungen ins Jetzt. Das ist nicht mechanisch zu lösen.

Es gibt jetzt auch keine Text- oder Änderungsvorschläge von mir, denn diesen Weg musst du alleine gehen. Für mich ist eine gute Geschichte (nach meinem Anspruch), wenn ich nach 10 Jahren und 100maligem Lesen immer noch weine oder denke, ich hätte sie noch nie gelesen. Allerdings gibt es schon einen Tipp. Lesen. Damit meine ich nicht so Flacherde-Autoren, die im "Sonderposten-Korb" liegen, damit meine ich bspw. Aitmatow ("Der Junge und das Meer" oder "Der weiße Dampfer") oder Steinbeck (Die Perle) oder Sinclair (Der Dschungel) usw.

Schreiben ist ewiger Hunger, ewiges Suchen.

Weitermachen.

Morphin

 

Hallo @Lisch,

vielen Dank für deinen Kommentar, hat mich gefreut und danke für deine Anregungen, sitze gerade an der Überarbeitung und versuche alle Kommentar miteinfließen zu lassen.

Danke und beste Grüße
MRG


Hallo @Morphin,

vielen Dank für deinen ausgesprochen interessanten Kommentar.

Für mich, also meinen Geschmack oder Anspruch, ist es keine "fertige" Geschichte. In deinem Text liegt eine Geschichte begraben.
Aber es ist in etwa so, wie Zug fahren vor 50 Jahren
Ja, da muss ich dir recht geben.

Was ich sehe ist:
Du hast das Potential zu schreiben.
Du kannst dir ein Setting ausdenken.
Du bist am Anfang deines eigenen Stils.
Du hast ihn noch nicht gefunden, denn eigener Stil braucht Jahre.
Du willst etwas erzwingen, aber es fehlen noch ein paar Zutaten.
Danke, das hat mich richtig gefreut. Sehe mich selbst auch gerade in dem Prozess, mich schrittweise zu verbessern und die Zutaten nach und nach zu finden.

In mir als Leser musst du Bilder entstehen lassen. Und die größte Kunst dabei ist, wenn du dafür nur wenige Stilmittel einsetzt und das Bild wie durch Zauberhand in meinem Kopf entsteht, und es so dramatisch ist, dass es mich an eigene Lebenssituationen erinnert.
Das ist nicht mechanisch zu lösen.
Ja, das ist die Kunst. Das fällt mir auf jeden Fall noch schwer, hast da einen guten Punkt.

Es gibt jetzt auch keine Text- oder Änderungsvorschläge von mir, denn diesen Weg musst du alleine gehen.
Sitze an der Überarbeitung, werde dafür allerdings noch etwas brauchen.

damit meine ich bspw. Aitmatow ("Der Junge und das Meer" oder "Der weiße Dampfer") oder Steinbeck (Die Perle) oder Sinclair (Der Dschungel) usw.
Habe ich mir notiert, stehen auf meiner Leseliste.

Weitermachen.
Danke!


Beste Grüße
MRG

 

Hallo @MRG,
ich finde auch, dass deine Antarktisgeschichte ein Gerüst für etwas Größeres ist. Die gescheiterte Expedition des Vaters, warum will der Erzähler sterben - davon würde ich gerne mehr erfahren.
Die Geschichte ist hier schon ausführlich kommentiert worden, von mir noch einige Anmerkungen, was mich beim Lesen gestört hat.

„Da sind Sie ja“, sagte die Wissenschaftlerin. Sie trug eine rote Schutzausrüstung und eine eingerahmte Brille. Ein sympathisches Lächeln zierte ihr Gesicht.
"Zierte ihr Gesicht" - klingt hölzern, passt nicht in den rauen Grundton. "Sie lächelte" würde reichen, um sie sympathisch erscheinen zu lassen.
Unzählige Male hatte er das Bild schon hervorgeholt. Das einzige Bild. Antarktis, ein Bergsteiger mit seinen Eispickeln. 1979. Auf dem Bild befanden sich wellige Rundungen. Er dachte zurück an die Zeit, als sie entstanden waren, sah sich wieder als kleinen Jungen. Er wischte sich schnell über die Augen. Dann holte er ein Buch hervor. Titel: Die Gefahren des Bergsteigens. An den Ecken war es abgegriffen.
Der Handywecker klingelte um 9:00 Uhr. Er stand auf, zog sich um und begann seinen Rucksack auszuräumen. Wieder holte er das Bild und das abgegriffene Buch hervor. Lange schaute er darauf, strich mit seinem rechten Zeigefinger über die gewellten Stellen. Dann legte er beide Gegenstände in ein Päckchen, das er aus dem Rucksack holte. E
Hier wird zu viel hervorgeholt ...

Dabei fiel ihm auf, dass die Falte, die den Daumen in einem großen Halbkreis umrundete, durch die Tabletten fast vollständig verdeckt war. Damals hatte sein Vater ihm gesagt, dass sei die Lebenslinie. Damals war er besonders stolz auf diese lange Linie gewesen. Damals war das ein Zeichen der Hoffnung gewesen.
Diese Stelle fand ich sehr stark.

Sein Blick hob sich, doch es war niemand da. Schnell las er die heruntergefallenen Tabletten wieder auf. Doch noch bevor er fertig war, hörte er das Geräusch erneut. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein neugieriger Blick ab. Langsam ging er in die Richtung, aus der er das trompetenartige Geräusch gehört hatte. Wieder erklang es, diesmal lauter als zuvor.
Der größere der beiden Kaiserpinguine begab sich in das Wasser. Der Mann schaute dem Pinguin zu und dachte: „Bestimmt bist du auf der Jagd nach Fischen für deine Familie.“ Der Pinguin glitt elegant durch das Wasser. Plötzlich ertönte ein durchdringender, trompetenartiger Ruf. Ein schwarzer Schatten hatte sich ihm genähert. Panisch versuchte der Pinguin aus dem Wasser zu kommen, sein Blick war auf die anderen drei Pinguine gerichtet. Doch es war zu spät. Aus dem Wasser stürzte ein Seeleopard, der den Pinguin packte und zubiss. Blut spritze auf das Eis. Dann verschwanden beide in der Tiefe. Es ertönte ein lautes Geschrei. Andere Pinguine näherten sich der abseits stehenden Pinguinfamilie. Sie ließen die Köpfe hängen und trompeteten herzzerreißend.
Der Blick hob sich, zeichnete sich ab, war gerichtet auf ... vielleicht einfach "Er schaute auf, er wurde neugierig, er sah an".
Der ... Kaiserpinguin begab sich in das Wasser - sprang ins Wasser, glitt ins Wasser.
Ein Ruf ertönte, ein Geschrei ertönte ... ich würde "ein Geschrei ertönte" ändern, vielleicht "Die Pinguine begannen zu schreien".
Es ist nicht klar, ob der letzte Satz für die Familie gilt oder für alle Pinguine, die sich genähert haben.

Ungläubig beobachtete er die Szene, die sich vor seinen Augen abspielte. Sein Gesicht war erstarrt, sein Blick richtete sich auf das Blut im Schnee – rot auf weiß.
Einfach "Er sah auf das Blut"?

Der Schluss mit der Rückfahrkarte ist mir zu lapidar, passt nicht zur düsteren Stimmung.

Interessante Geschichte, hab sie gerne gelesen und bin gespannt, was da noch kommt!

Liebe Grüße,

Franziska

@greenwitch: Danke, dass du mir an meinem ersten Tag bei den Wortkriegern erklärt hast, wie das Zitieren geht! Hab mich trotzdem noch recht geplagt ;)

 
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Liebe @Silvita,

vielen Dank für deinen Kommentar.

Sie ist flüssig geschrieben und es entsteht Kopfkino.
Habe mich hier sehr drüber gefreut. Denn mein Ziel war es, Bilder zu wecken und bin froh, dass es bei dir funktioniert hat.

Was mir ein wenig fehlt ist eine genauere Erklärung, was denn damals passiert ist.
Habe ich jetzt versucht einzubauen. Hoffe, dass es nach wie vor subtil genug ist.


Danke fürs Lesen und beste Grüße
MRG

Guten Abend @linktofink,

dein Kommentar war für mich Gold wert. Habe da sehr viel mitnehmen können. Ich finde, dass du die Schwachstellen gut auf den Punkt gebracht hast. Muss ehrlich sagen, dass mich die Anmerkungen und deine Verbesserungsvorschläge erst überfordert haben. Habe auch etwas länger mit der Überarbeitung gebraucht, weil ich das einfach nicht umsetzen konnte. Das spricht absolut für die Qualität deines Kommentars und ich glaube, dass er extrem wichtig für mich war. Hab das Gefühl, dass du mir ein gutes Stück weitergeholfen hast, was mein Schreiben angeht. So hier die Details:

Ich sehe nur vage, wo wir sind und es geht viel zu schnell, als wäre er mal eben Brötchen kaufen gewesen, weißt?
Und direkt hast du den Leser in der Story.
Ja, das kann ich gut verstehen. Ich habe jetzt die Anreise beschrieben und versucht über die Beschreibung des Flugzeugs und der Landebahn die Atmosphäre zu erzeugen.

Versetze dich hinein in die Situation, stell dir vor, was dein Prota macht und beschreibe, was er sieht.
Den Satz habe ich mir direkt aufgeschrieben, weil das irgendwie wichtig war für mein eigenes Verständnis, was das Schreiben angeht. Es hat mich dazu gebracht, noch tiefer als zuvor in die Situation hineinzugehen und mich da mehr reinzudenken.

Ich hab mal im Netz geschaut, ich denke du beschreibst die Neumeier-Station III. Aber dann setz das doch in Beschreibung um. Lass mich sehen, was Du siehst.
Ja, genau. Habe hier auf jeden Fall noch meine Schwierigkeiten. Die Beschreibungen fallen mir irgendwie noch schwer. Ich habe deinen Vorschlag eingebaut, was die Beschreibung der Forschungsstation am Anfang angeht. Danke!

Auch hier mal hinterfragen, ist es Aufgabe der Wissenschaftler, Besucher zu begrüßen?
Habe ich rausgenommen und den Arzt eingebaut.

Wenn das Bild vorher verschwommen und vage ist, stellst du mit solchen Details die Schärfe ein.
Verstehe, das ist ein super Punkt. Ich habe generell den Eindruck, dass du richtig viel Ahnung vom Schreiben hast und das auch wirklich gut vermitteln kannst. Hut ab, hast mir echt weitergeholfen mit diesen Schätzen.

Das ist jetzt sehr überspitzt, aber würde das so laufen, ist das realistisch?
Ist gestrichen.

Fraglich wäre jedoch, ob er als Fremder dort Zugang hätte. Geh tiefer rein:
Habe so gut es ging versucht das umzusetzen, aber stoße hier an meine Grenzen. Denke, dass das aber Übung ist und ich hier noch viel Verbesserungspotential habe.

Auch hier: nicht zu viel erzählen, offen lassen, dann fragt der Leser sich: was ist das für ein Buch, was steht da drinnen?
Habe das Buch durch den Zeitungsartikel ersetzt und den Titel gestrichen.

Finde die Erklärung nicht befriedigend. Warum sollte er einer Wildfremden persönliche Gegenstände anvertrauen, warum lässt er sie nicht einfach in seiner Kammer, wo sie keinen Verdacht hervorrufen und doch gefunden werden?
Habe das Motiv von Peeperkorn aufgegriffen: Ein junger Wissenschaftler auf den Spuren der Vergangenheit seines verunglückten Vaters.

Die schmerzhafte Realität kann er nur als Bild im Kopf haben, wenn er dabei war, also schau mal genau hin, was sich da mischt.
Habe ich gestrichen die Stelle, hat mir nicht mehr gefallen auf dem zweiten Blick.

Hearsay. Finde ich ungünstig, weil es ein Allgemeinplatz ist.
Habe das jetzt so umgebaut, dass er das während seiner Vorbereitungszeit für die Antarktis gelernt hat.

Dann muss der Seeleopard aber schon eine Weile erfolglos jagen, denn der Prota hat das laute Trompeten ja vor etlichen Minuten bereits gehört.
Ich hatte das so gedacht, dass die ersten Rufe unabhängig sind von dem Ruf, wenn er in Gefahr ist. Habe versucht das jetzt etwas deutlicher zu machen.

Der Seeleopard stürzt aus dem Wasser (auf das Eis?), beiß zu und Blut spritzt auf das Eis.
Er befindet sich am Rand des Packeises. Und das Blut spritzt dann halb auf das Wasser und halb auf das Eis. So hatte ich mir das vorgestellt. Habe ich erstmal so dringelassen.

Mir persönlich ist das zu vermenschlicht.
Hatte das recherchiert und Pinguine trauern tatsächlich ziemlich menschlich.

Das Einzige. Da schwingt einiges an Message mit, Relativierung des eigenen Schmerzes, Unbarmherzigkeit der Natur kontra selbstgesuchte Herausforderung.
Ja, das habe ich in der Überarbeitung auch dringelassen.

Das könnte er zuhause viel einfacher haben.
Anders für mich wäre es, wenn der Prota versucht zu verstehen und sich Fragen stellt: Was genau ist damals geschehen?
Stimmt, habe das mit dem Selbstmord komplett rausgenommen. Gute Punkte.

Ich hoffe nicht, dass du zurückschreckst und meine kritischen Fragen in den falschen Hals bekommst.
Auf keinen Fall. Das war einer der besten Kommentare, die ich bislang bekommen habe. Ausgesprochen tiefgründig und er hat mir in gewisser Weise die Augen geöffnet. Super Kommentar, danke!


Beste Grüße
MRG

 
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Guten Morgen @Peeperkorn,

und danke für deinen Kommentar der Extraklasse. Habe mich riesig gefreut, dass du kommentierst hast.

Wenn du aber einen solchen Satz drin haben möchtest, dann solltest du ihn meines Erachtens anders platzieren, entweder am Anfang oder am Ende des Abschnitts.
Das ist ein guter Punkt und ich habe den Satz jetzt an das Ende des Abschnitts gestellt. Mir war es schon wichtig, dass der Satz dranbleibt, weil das für mich die Intention des Protagonisten ist.

Du hast ein tolles Setting. Das müsste in seiner Besonderheit noch etwas besser spürbar gemacht werden, meiner Meinung nach.
Ich habe jetzt den Anflug geschildert, aber tue mich nach wie vor ausgesprochen schwer mit wirklich guten Beschreibungen. Denke mal, dass das Übung ist?

Hier, wie an anderen Stellen habe ich mir gedacht, dass du verstehst, wie man eine Geschichte erzählt und wie man sinnliche Details in einen Text webt. Dabei habe ich mir das eine oder andere Mal aber auch gedacht, dass du ab und zu übers Ziel hinausschiesst (zum Beispiel mit dem Trompeten-Vergleich weiter unten, den du merhfach herbeiziehst).
Das hat mich sehr ermutigt. :-)
Aber ja, verstehe auch, was du mit dem "übers Ziel hinausschiessen" meinst. Ich habe versucht das in der Überarbeitung etwas nüchterner zu halten.

Die Formulierung "befanden sich wellige Rundungen" gefällt mir im Übrigen nicht so. "das Papier war gewellt" wäre einfacher.
Ich habe es jetzt mal drin gelassen. Meine Befürchtung ist, dass bei der zweiten Formulierung vielleicht ein Missverständnis entsteht. Denn ich will ja schon ausdrücken, dass viele Tränen damals auf das Bild gefallen sind.

Also, ich finde das hat schon Potenzial, das hat einen guten Aufbau, du arbeitest mit der Landschaft, mit sinnlichen Eindrücken, lässt Leerstellen offen. Ich denke aber, man könnte das alles mit noch etwas mehr Fleisch an den Knochen versehen.
Danke! Habe versucht mehr Fleisch an den Knochen zu bringen. Finde, dass deine aufgelisteten Punkte ausgesprochen wertvoll sind. Also, es hat mich wirklich zum Nachdenken gebracht und ich habe mir deine besten Tipps nochmal separat notiert.

Das betrifft zum einen die Beschreibungen, die Szenerie: Wie der Helikopter Schnee und Eis aufwirbelt, nachdem er den Protagonisten abgesetzt hat. Die Farbe des Eises. Wie die Kälte in den Körper dringt (nicht nur schmerzt).
Ich weiß nicht genau, wieso, aber damit tue ich mich noch schwer. Vielleicht liegt das daran, dass ich noch nie in der Antarktis war und nur Bilder gesehen habe. Oder es ist einfach mangelnde Übung. Jedenfalls habe ich die Stellen wieder rausgestrichen, wo ich das versucht habe, das war einfach noch nicht gut.

So eine Spurensuche finde ich super, an den Ort fahren, wo der Vater gestorben ist, das ist ein guter Plot. Über diesen Vater erfahre ich aber praktisch nichts.
Ich hoffe, dass das jetzt etwas deutlicher wird. Der Vater ist jetzt ein Wissenschaftler mit einer neuen Theorie, die dann letztendlich zum Unglück geführt hat.

Mich würde auch interessieren, wie es der Vater in das Buch geschafft hat, was dieses Buch über ihn erzählt.
Ich habe das Buch durch einen Zeitungsartikel ersetzt. Das lag vor allem auch daran, dass es so etwas plausibler wird, da es ja wirklich Artikel von Unglücken in der Antarktis gibt. Der Artikel schildert das Unglück des Vaters und alles was der Öffentlichkeit dazu bekannt war.

Aber für den Sohn gibt es keine Geschichte, nur eine aus zweiter Hand. Das wäre schon ein Motiv. Und dann in dieser rauen Landschaft beginnt er zu verstehen, was den Vater hierhergezogen hat, was ihn dazu gebracht hat, sein Leben aufs Spiel zu setzen und seine Familie im Stich zu lassen.
Ich glaube, das braucht es die ganze Selbstmordabsicht nicht, es reicht der Wunsch, zu verstehen.
Das hat mich absolut überzeugt und dazu gebracht die Selbstmordabsicht komplett rauszustreichen. Ist mir etwas schwergefallen, aber das ergibt so auf jeden Fall mehr Sinn.


Vielen Dank für diesen schönen und ermutigenden Kommentar.


Beste Grüße
MRG

Guten Morgen @ernst offshore,

dein Kommentar hat mir einiges zum Denken gegeben. Hast mich nämlich total ertappt. Das ist für mich eine wichtige Lektion, was das Recherchieren angeht. Danke!
In der Überarbeitung habe ich das jetzt versucht zu verbessern. So ist der Protagonist jetzt ein Geophysiker, fliegt mit der BT-67 und ich habe auch recherchiert, dass tatsächlich ein Glaziologe in der Antarktis verunglückt ist. Außerdem gibt es auch in echt zwei Geophysiker, die in der Forschungsstation arbeiten. Das geophysikalische Observatorium habe ich auch versucht miteinzubauen, um etwas mehr Glaubwürdigkeit mit reinzubringen.

Vorwiegend, um ein paar der aus meiner Sicht (als Bergsteiger) haarsträubend unsinnigen Handlungsdetails zu kritisieren.
Ja, da muss ich zustimmen. Gehe gerne bouldern, aber kenne mich mit dem Bergsteigen nicht wirklich aus.

(Die zugegeben sehr subjektiven Gedanken eines Bergsteigers, der so ziemlich jedes Buch über die verschiedensten alpinen Dramen gelesen hat.)
Hut ab!

Eine spektakulärere (und lebensfeindlichere) Gegend kann man sich ja kaum vorstellen. Du jedoch lässt deinen Protagonisten sich darin bewegen, als wäre er an einem kühlen Herbsttag mal kurz vor die Tür gegangen, um Zigaretten zu holen.
Im ersten Moment war ich etwas geschockt von deinem Kommentar, aber mit etwas Distanz musste ich dann über mein eigenes Geschreibe grinsen. Hast da natürlich recht und es wird unfreiwillig komisch. Hoffe, dass das in der Überarbeitung nicht mehr der Fall ist.

Vielleicht müsstest du, wenn dir selber die Erfahrung solch einer extremen Umgebung fehlt, ein bisschen recherchieren, bzw. ein paar einschlägige Bücher lesen, um dieses Mysterium dann auch in deine Geschichte einfließen lassen zu können.*)
Spielplatz der Helden von Michael Köhlmeier
Hast hier einen guten Punkt, habe mir deine Buchempfehlung auf meine Leseliste gesetzt, die allerdings auch immer länger wird. Find ich gut.

Nun weiß ich zwar nicht, wie schnell so ein Schneemobil fahren kann, aber mehr als zwanzig, dreißig Kilometer werden in einer halben Stunde damit wohl kaum zu schaffen sein, schon gar nicht in einem dem Fahrer unbekannten Gelände. Auf jeden Fall viel zu wenig, um von der Neumayer-Station aus einen Berg zu erreichen.
Volltreffer.

Du musst immer damit rechnen, dass irgendein naseweiser Leser (in diesem Falle ich) aufzeigt und dich besserwisserisch zurechtweist
Ja, das stimmt. War eine wichtige Lektion und bin froh, dass du mir das aufgezeigt hast.

Noch zwei Kleinigkeiten:
Verbessert.


Habe das jetzt komplett rausgenommen mit dem Bergsteiger und dem Berg. Denn deine Punkte treffen ziemlich ins Schwarze. Habe jetzt versucht mehr auf die recherchierten Sachen einzugehen, auch wenn da natürlich weiterhin Verbesserungspotential besteht. Ich nehme für mich jedenfalls mit, dass ich das Recherchieren nicht unterschätzen darf, auch wenn es sich um eine fiktive Geschichte handelt. Super Punkte und danke für diesen im ersten Moment harten, aber absolut nützlichen Kommentar.


Beste Grüße
MRG


Guten Morgen @Franziska Filp,

danke für deinen guten Kommentar, hat mir weitergeholfen.

Franziska Filp schrieb:
ich finde auch, dass deine Antarktisgeschichte ein Gerüst für etwas Größeres ist. Die gescheiterte Expedition des Vaters, warum will der Erzähler sterben - davon würde ich gerne mehr erfahren.
Habe den Selbstmordversuch rausgenommen und stattdessen die Spurensuche als Motiv in den Vordergrund gestellt.

Franziska Filp schrieb:
"Zierte ihr Gesicht" - klingt hölzern, passt nicht in den rauen Grundton.

Gute Beobachtung, habe ich bearbeitet.

Franziska Filp schrieb:
Hier wird zu viel hervorgeholt ...

Den zweiten Teil habe ich gestrichen, hast da vollkommen recht.

Franziska Filp schrieb:
Diese Stelle fand ich sehr stark.

Danke!

Franziska Filp schrieb:
Der Blick hob sich

Ist auch gestrichen.

Franziska Filp schrieb:
glitt ins Wasser.
Franziska Filp schrieb:
"Die Pinguine begannen zu schreien".

Bearbeitet, danke!

Franziska Filp schrieb:
Einfach "Er sah auf das Blut"?

Habe das jetzt erstmal dringelassen, weil mir das eigentlich ganz gut gefallen hat.

Franziska Filp schrieb:
Der Schluss mit der Rückfahrkarte ist mir zu lapidar, passt nicht zur düsteren Stimmung.

Ja, gebe dir recht. Habe das komplett rausgenommen.

Franziska Filp schrieb:
Interessante Geschichte, hab sie gerne gelesen und bin gespannt, was da noch kommt!

Vielen Dank und habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut. Werde da auf jeden Fall auch einen Gegenbesuch starten. :-)

Beste Grüße
MRG

 

Hier die neueste Überarbeitung, würde mich freuen, ein Feedback zu bekommen.

 

Hey @MRG

Ich finde es sehr cool, dass du an der Geschichte dran bleibst, dich so richtig daran abarbeitest. Transpiration ist wichtiger als Inspiration, hört man immer wieder, und auch ich bin davon überzeugt. Insofern: :thumbsup:

Ich finde, der Text liest sich jetzt sehr viel besser und stimmiger. Die Leser werden schön ins Setting eingeführt, die Motive des Prots (weshalb kein Name? Es wirkt schon etwas umständlich, wenn du ihn den "jungen Geophysiker" nennst) werden jetzt klarer und machen Sinn. Schade, dass du jetzt so ganz auf die "Aussenszenen" verzichtest, da nutzt du das Potential der Szenerie zu wenig. Ich war kein grosser Fan von den trompetenden Tieren, aber ein wenig könnte sich der Prot schon noch der Landschaft aussetzen, z.B. auf der Suche nach einem Puzzleteil oder im Showdown mit dem lügenden Professor. Das würde dem Text noch etwas Pepp verleihen, denke ich.
Und, sorry, ich bin noch immer nicht ganz glücklich mit dem, was du mir erzählst. Beziehungsweise, ich wäre glücklich, wenn du mir die ganze Geschichte erzählen würdest. Mensch, da liegt doch jetzt unglaublich viel in der Luft. Offenbar ist der Vater weder unverschuldet verunfallt, (was ihn in meinen Augen übrigens nicht wirklich zu einem "Helden" macht, wie du schreibst) noch hat er sich im Irrsinn grossen Gefahren ausgesetzt, wie es der Professor erzählt. Vielleicht war es ja gerade umgekehrt und der Vater musste sterben, weil der Kollege ihn in Gefahr gebracht hat, vielleicht ist ja derjenige, der jetzt noch in der Station ist, der eigentliche Irre. Also, ich fände es toll, wenn du uns erzählen würdest, wie es jetzt weitergeht, nach dieser Erkenntnis. Denn du hast einen perfekten Konflikt aufgebaut. Es steht viel auf dem Spiel. Du hast zwei Stangen Dynamit in diesen Text gepackt und am Ende kappst du einfach die Zündschnur! Ich will einen Showdown im ewigen Eis!

Noch ein paar Details zum Anfang, zu mehr fehlt mir grad die Energie.

Aus dem Fenster der BT-67 konnte er das Eis sehen. Die reflektierende Sonne ließ ihn an kleine Edelsteine denken.
Guter Einstieg. Streng genommen lässt ihn aber nicht die reflektierende Sonne an Edelsteine denken, sondern das reflektierte Licht der Sonne.
„Na, da täuschen Sie sich mal nicht“, antwortete der Pilot, „lebensfeindlicher geht kaum. Ist trügerisch hier.“
Das kannst du streichen, es wir ja sofort klar, weshalb er das sagt. Das würde die Spannung noch eine, zwei Zeilen hochhalten.
die Landebahn hielt Stand.
stand
Seine Augen blieben kurz an den hydraulischen Stützen hängen und wanderten hoch.
:aua: Eher: Sein Blick.
Der Aufbau erinnerte ihn an ein unten abgeschnittenes Schiff.
Das wirkt etwas ungelenk auf mich.
Willkommen an Board.
Bord
„Ja“, antwortete er und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Der Doktor hatte das richtige Alter, ob er seinen Vater gekannt hatte? Er nahm sich vor, ihn bei passender Gelegenheit zu fragen.
Das kam mir etwas zu früh, lass ihn doch zuerst ganz ankommen. Mit den Bildern wird die Sache dann aufgerollt.
Es war an der Zeit die Worte gegen die Wahrheit zu tauschen.
Komma nach "Zeit"
Wie konnte ein Geophysiker ertrinken? Wieso war er allein unterwegs gewesen?
Das ist eine seltsame Frage. Vielleicht: "Wie konnte ein derart erfahrener Mann einfach so ertrinken?" Und im zweiten Satz würde ich "er" durch "Vater" ersetzen, das macht es etwas klarer.
Was war wirklich passiert?
Kann man streichen.

Ja, danach Billiard und Bibliothek, da könnte die Geschichte auch im Studentenwohnheim spielen oder im gemütlichen Pub. :D Das ist an sich schon okay. Lass ihn in der warmen Bibliothek zur schrecklichen Erkenntnis kommen. Aber danach muss es weitergehen, finde ich.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Guten Morgen @Peeperkorn,

vielen Dank für deinen Kommentar! Habe deine Verbesserungen fast alle mit eingebaut. Bei der Beschreibung der Forschungsstation muss ich mir noch etwas Zeit nehmen.

Transpiration ist wichtiger als Inspiration, hört man immer wieder, und auch ich bin davon überzeugt. Insofern: :thumbsup:
Danke, sehe das auch so. Ist manchmal zwar frustrierend, aber gehört wohl dazu. Und ich finde, dass es kaum etwas faszinierendes gibt, als eine wirklich gute Geschichte erzählen zu können.

weshalb kein Name?
Ich tue mich noch schwer mit dem Namen, hat sich bislang noch nicht stimmig angefühlt. Muss da noch mal in mich gehen.

aber ein wenig könnte sich der Prot schon noch der Landschaft aussetzen, z.B. auf der Suche nach einem Puzzleteil oder im Showdown mit dem lügenden Professor. Das würde dem Text noch etwas Pepp verleihen, denke ich.
Ja, verstehe. Das ist ein guter Punkt, werde ich für die Überarbeitung berücksichtigen.

Beziehungsweise, ich wäre glücklich, wenn du mir die ganze Geschichte erzählen würdest.
In meinem Kopf war das schon beendet. :D Aber ja, verstehe was du meinst. Da setzte ich mich noch mal ran.


Danke für deinen Kommentar, das motiviert mich, noch tiefer zu gehen und weiter zu schreiben. Wünsche dir ein schönes Wochenende.


Beste Grüße
MRG

 

Hallo, @MRG,

zuerst mal vielen Dank für dein schönes Feedback zu den "Diebinnen", das hat mich sehr gefreut! Zu den Wortwiederholungen: Sie sind meistens Absicht, um einen bestimmten Rhythmus zu erzeugen. Aber ja, ich übertreibe da gerne und muss mich oft zusammenreißen, damit das Ganze nicht in einen seitenlangen Singsang ausartet ... Nachwirkungen von zu viel Thomas Bernhard in der Jugend!

Nun zu deiner Überarbeitung. Sie kommt mir vor wie eine ganz andere Geschichte - jetzt schon die dritte zum Thema Tod des Vaters in der Antarktis. Es gab eine Version, von der ich Einzelteile in den Feedbacks sehe. Dann die Version, die ich kommentiert habe, da gab es eindrückliche Naturschilderungen, eine Szene mit Pinguinen und Seelöwen, finde es schade, dass du das gestrichen hast.
Die neueste Version ist noch kürzer, mit anderen Personen, Situationen und Orten, konzentriert auf die Frage, was mit dem Vater geschehen ist. Ich finde, dass das gut geschrieben ist. Trotzdem - ich finde immer noch, dass die Geschichte mehr Hintergrund verlangt.

Einige Anmerkungen:

Am liebsten würde ich die Decke über meinen Kopf zusammenziehen und wieder aufwachen.
Zwischen "die Decke über den Kopf ziehen" und "wieder aufwachen" fehlt etwas, veilleicht einschlafen, ohnmächtig werden ...
das Gefühl befriedigt mich.
Kann weg, wird in der Szene schon vorher klar.
passiert, und das ist der Grund,
Komma nach passiert.
denn das ist das einzige, was ich tun kann.
Finde ich hier unnötig.
... theatralisch sind, als wüssten sie den Ernst der Lage nicht zu schätzen.
Theatralisch bedeutet doch eher, dass man die Situation zu dramatisch sieht, oder? Und geschätzt wird etwas Positives. Vielleicht: ... "dass sie so gut gelaunt wirken, als wüssten sie nicht, wie ernst die Lage ist." Obwohl ich nicht ganz verstehe, worin der Ernst der Lage besteht - an der unwirtlichen Umgebung? Oder habe ich etwas überlesen?
ich bin der neue,
der Neue. Aber "Ich bin der neue Geophysiker " würde auch reichen.

Ich habe gesehen, dass du eine neue Kurzgeschichte geschrieben hast, und gehe mal rüber zu Holden Caulfield!

Liebe Grüße aus Wien!

 

Guten Morgen @Franziska Filp,

das mit den Wortwiederholungen ergibt Sinn für mich. Thomas Bernhard, habe ich bislang noch nicht gelesen. Nehme an, dass sich seine Bücher lohnen?

So, vielen Dank für deine Zeit und das erneute Kommentieren. Ich habe deine Verbesserungsvorschläge eingearbeitet, die haben mich überzeugt.

Sie kommt mir vor wie eine ganz andere Geschichte - jetzt schon die dritte zum Thema Tod des Vaters in der Antarktis.
Ich habe versucht die Geschichte weiter zu entwickeln und einen besseren Zugang zum Protagonisten zu bekommen. Sehe ein, dass das verwirrend sein kann.

Dann die Version, die ich kommentiert habe, da gab es eindrückliche Naturschilderungen, eine Szene mit Pinguinen und Seelöwen, finde es schade, dass du das gestrichen hast.
Da musste ich lange nachdenken, das war ein "Darling", von dem ich mich dann doch getrennt habe. Es hat in der Überarbeitung keinen richtigen Sinn für mich ergeben und kam mir dann zu konstruiert vor. Mich freut es allerdings gerade, dass du diese Stelle gut fandest. Danke.

Trotzdem - ich finde immer noch, dass die Geschichte mehr Hintergrund verlangt.
Ja, das kann ich gut verstehen. Ich werde die Geschichte jetzt jedoch etwas ruhen lassen und nach Einarbeitung deiner Verbesserungsvorschläge, ist das jetzt erst einmal die letzte Überarbeitung zu "Durch die Kälte". Ich möchte etwas Abstand dazu bekommen und wie du gesagt hast, habe ich ja schon viele Versionen geschrieben. Und ich denke, dass eine noch längere Version den Rahmen sprengt.

Danke, für dein Feedback!


Beste Grüße
MRG

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo lieber @MRG,
finde es sehr gut, dass du wirklich am Text arbeitest und nicht aufgibst. Mir geht es jedes Mal so, wenn ich einen älteren Text von mir erneut lese, dass ich direkt wieder viele Wörter ändern könnte, letztlich ist ein Text wohl erst dann fertig, wenn er abgedruckt wird.
Zu deiner Antarktisgeschichte:

Das Licht der reflektierenden Sonne lässt mich an Edelsteine denken.
Sonnenlicht auf Eis ist nicht bunt, sondern blauweiß, deshalb finde ich die Edelsteine unpassend. Wenn du dabei bleiben willst, würde ich einen konkreten Stein benennen, z.B. den Bergkristall.

„Sieht fast hübsch aus von hier oben“, sage ich zu dem Piloten neben mir.
Ist es wirklich das, was er zu jemand sagen würde, den er überhaupt nicht kennt?
Vielleicht würde er etwas Allgemeineres sagen wie: "So sieht es also aus, das Ende der Welt."

„Die Station ist da vorn“, sagt er. Ja natürlich, du willst mich loswerden, denke ich.
„Ja, ist gut“, sage ich kurz angebunden. Meine Stiefel versinken im Schnee, das Gefühl befriedigt mich. Es gibt mir ein Gefühl der Kontrolle. Endlich bin ich es, der die Schneespuren hinterlässt. Davon habe ich geträumt. Schritt für Schritt komme ich voran, sehe mein Ziel mittlerweile schon. Die berühmte Neumayer Station 3, die Station des Unglücks, wie ich sie insgeheim nenne.
Weniger erklären, vielleicht auch passend zur Umgebung etwas harscher, rauer und nicht so sweet. Beispiel:
"Da geht´s lang", sagt er und zeigt mit dem Handschuh auf eine dunkle Stelle im Nebel.
"Okay", sage ich und steige aus. Unten drehe ich mich noch einmal um und nicke zum Abschied. Meine Boots versinken im Schnee, jeder Schritt knirscht. Ich sehe meine Spuren, hineingefressen in das Weiß wie ausgestanzte Ovale. Ich hab es geschafft, ich bin da.
Auf mich wartet ein Schneemobil, der Fahrer winkt mir, ich soll mich beeilen. Nach wenigen Minuten schält sich die Station aus dem Dunst. Auf ihrer Seite steht nicht etwa "Unglück", sondern "Neumayer". Was habe ich erwartet?"

„Willkommen an Bord“, sagt er und ich frage mich erneut, warum hier alle so verdammt gut gelaunt sind, als wüssten sie den Ernst der Lage nicht zu schätzen.
Kaum zwei Minuten da und er weiß schon, was falsch läuft? :D Ich würde mehr zeigen, weniger hineindeuten.

„Genau“, antworte ich und versuche mir meinen Unmut nicht anmerken zu lassen. Verdrängen, das kann ich nur zu gut.
Als Leser brauche ich das nicht, ich möchte das aus dem Text ablesen können.

„Machen Sie sich keine Umstände. Das Zimmer können Sie mir später zeigen, interessiere mich für die Labore. Kann ich den Kollegen Zimmermann schon kennenlernen?“
Klingt schon ein wenig arrogant, wie der Prota seinem Führer sagt, was er ihm zeigen soll, oder?

Ich öffne die Tür und sehe einen alten Mann mit tiefen Falten im Gesicht. Sie lassen mich an einen Marshall Helden aus einem Film denken, den ich als Kind gerne gesehen habe. Ein Cowboy mit tiefen Falten, ein Gewehr über der Schulter und einer Zigarette im Mundwinkel. Ich kann mich erinnern, dass er der beste Schütze war und wenig geredet hat. Typisches Westernklischee. Das ist er also, der alte Geopyhsiker. Ich habe alle Publikationen auf die Jahreszahlen überprüft – sein Name stand neben dem meines Vaters. Er ist meine Spur in die Vergangenheit.
Die Erklärungen lenken von der Story ab. Ich als Leser bin in der Antarktis und möchte nicht über Klischees nachdenken, weißt?

Ich frage mich, ob seine Augen feindlich wirken? Denn sie sind zusammengekniffen, bilden einen Schlitz wie bei einer Schlange.
Schau dir mal Bilder von Schlangenaugen an, viele haben senkrechte Pupillen, das passt nicht ganz.

Ich hatte mir das anders vorgestellt, hatte ihn mir als meine geheime Ansprechperson vorgestellt. Ich brauche ihn.
weg mit dem Tell

„Bin der beste meines Jahrgangs.“
„Abschlüsse interessieren mich einen Dreck, in dreißig Minuten muss ich zur Station. Und jetzt raus. Hole sie später.“
Stellt der sich wirklich hin und strunzt im zweiten Satz rum mit "Bin der Beste"? würde ich anders schreiben. Die Antwort hingegen und den Rausschmiss finde ich klasse.

Er benimmt sich wie ein Diktator, der mit einem wertlosen Untergebenen redet. Äußerst störend, doch ich lasse ihm seinen Willen,
Das ist wieder Tell, zeig das deinen Lesern. Lass die beiden vor dem Rausschmiss noch ein paar Sätze wechseln, wo das alles deutlich wird.

Schon im Bewerbungsgespräch bin ich darauf angesprochen wurden,
Wurde ich oder bin ich geworden.

Schon im Bewerbungsgespräch bin ich darauf angesprochen wurden, es ist kein Geheimnis. In meiner Naivität hatte ich mir vorgestellt, dass er und mein Vater gute Freunde gewesen waren. Ich scheine mich getäuscht zu haben.
Das entnimmt er aus einer zehn Sekunden dauernden Begegnung? Wieder erklärendes Tell.

„Wo ist die Station? Draußen?“
„Stell dich nicht so an. Natürlich. Es geht zur Station.“
Ich kann es nicht zurückhalten: „Aber wir sind doch in der Station."
Unnötig.

Unten angekommen sehe ich die vertrauten Geräte, die mich in meiner Studienzeit schon begleitet haben. Doch ich habe keine Zeit, in Nostalgie zu verfallen.
Auch hier streichen, das ist wieder Tell.

„Los, da rüber, ich brauche die Daten so schnell wie möglich.“ Ich gehe an den Computer, betrachte die erdmagnetischen Ausschlagungen.
Sorry, unrealistisch. er ist den ersten Tag da, seit zwei Minuten im Observatorium und soll direkt Daten liefern, wo er noch gar nicht weiß, worum es geht?

„Warum bist du hier?“, höre ich da die Stimme des Alten hinter mir. Die Frage ist scharf gestellt, klingt heimtückisch. Es ist an der Zeit, endlich Position zu beziehen. Es ist an der Zeit, die Frage zu stellen, die mir schon seit dem ersten Zusammentreffen mit ihm, auf der Zunge brennt. Wahrscheinlich werde ich so eine Chance, nicht noch einmal bekommen.
Die Frage finde ich gut, die Konflikteröffnung. Das, was danach kommt lenkt ab. warum ist es Zeit, endlich Position zu beziehen, warum endlich? Warum kommt die Chance nicht noch einmal? Woher weiß er das? Mit diesen Statements wirfst du nur unnötige Fragen auf.
Zeige lieber die Spannung in der Situation. Sitzen die oder stehen die sich Nase an Nase gegenüber? Wie sieht der Raum aus, was stehen da für Gerätschaften? Schauen die sich an, oder aneinander vorbei? Lippen verkniffen, usw, usw.
Überhaupt fände ich besser, sie gehen am nächsten Tag erst zur Station. Nach einer solch strapaziösen Anreise geht es ja wohl kaum sofort los.

Er wartet mit seiner Antwort, er erinnert mich an ein Raubtier, das auf der Hut ist.
Zeigen!!!

Warum war er überhaupt alleine unterwegs? Ich brauche Antworten, bitte. Bitte.
Wenn er anfängt zu betteln, wird das ein sehr ungleiches Duell. Würde ich killen.

Vor meinem inneren Auge spielen sich Horrorszenarien ab. Ich stelle mir vor, wie der Alte ein Messer hervorzieht und mich absticht. Oder wie er die Falltür über mir zuschlägt und mich hier unten verrotten lässt. Doch ich brauche Antworten.
Wofür brauchst du das? Wir sind doch mitten in der Auseinandersetzung und das bringt mich davon weg.

Lieber MRG, das Ende kommt mir zu schnell, ebenso das Geständnis. Das geht alles rubbeldiekatz und bevor ich die Stirn runzeln kann, ist es schon vorbei. Lass dem Ganzen mehr Zeit, sonst wird es zu lapidar. Und dann kann der Irre den Prota mit dem Wissen ja nicht einfach gehen lassen und nein, es ist damit nicht getan, ist es nicht vorbei. Der Prota muss fliehen, weil der Irre ihn töten will. Er stapft durch den Schneesturm draußen und wird von dem Irren verfolgt. und dann kommt er an die Pinguinkolonie und sieht, wie der Orca den Pinguin schnappt. Und die anderen trompeten wie wild in den Schneesturm. Während er da steht und beobachtet, nähert sich in seinem Rücken der Irre und hebt den Arm und kurz bevor der ihn absticht, stolpert er über irgendwas, einen Pinguin von mir aus und fällt ins Wasser und der dunkle Schatten kommt aus der Tiefe, das Maul klappt auf und ...

Das Setting finde ich irre und du bist dabei, eine gute Story darin zu entwickeln. Dranbleiben! Ich wünsche dir einen langen Atem und eine gute Nacht, und peace, Linktofink

Edit: Ich hab nochmal über die Auflösung nachgedacht. Kaiserpinguine drängen sich zu engen Gruppen zusammen, in deren Mitte es richtig warm werden kann. Vielleicht wäre das auch eine Auflösung, dass der Prota in den Schneesturm flieht und der alte Wissenschaftler hinterherrennt. Der Prota stößt auf die Pinguine, die ihn warmhalten und wird gerettet und der Irre erfriert, weil er sich verläuft. Nur mal so als weitere Idee.

 

Guten Abend @linktofink,

vielen Dank für deinen Kommentar. Hatte innerlich eigentlich schon abgeschlossen, aber dein Kommentar ist motivierend. Und die Geschichte ist wirklich noch nicht fertig, sehe das direkt ein. Setze mich da wieder dran, brauche allerdings etwas Zeit dafür. Ich habe mir deine Anmerkungen in meinem Text markiert und gehe nach der Überarbeitung detailliert darauf ein.

Beste Grüße
MRG

 

Guten Abend @linktofink,

dein Kommentar war wirklich hilfreich. Ich habe gnadenlos gekürzt und versucht deine Punkte aufzunehmen. Vor allem die Dialoge habe ich versucht etwas zu verändern. Außerdem habe ich die Perspektive etwas angepasst. Zusätzlich gibt es jetzt am Anfang einen neuen Einstieg, um Spannung zu erzeugen. Ich habe das Ende auch noch einmal umgeschrieben, allerdings gehe ich nicht auf die Pinguine ein. Stattdessen kommt es jetzt zu einem Kampf zwischen dem alten und dem neuen Geophysiker. Ich hoffe, dass es dir gefällt. Ohne deinen Kommentar hätte ich wahrscheinlich erst einmal nicht weiter an dieser Geschichte geschrieben. Vielen Dank!


Beste Grüße
MRG

 

Eine rote Lampe war darauf befestigt, die besonders bei starkem Nebel hilfreich wurde. Er öffnete den Deckel der Box, der ihn an eine Falltür erinnerte. Ein Schacht kam zum Vorschein, der etwa 13 Meter in die Tiefe hinabreichte.

Was mich zunächst in Furcht zu dieser kleinen Geschichte über die natürliche wie karrierebedingte menschliche Kälte stutzen ließ,

@MRG,

waren diese drei Sätze, die mich schon um einen vermeintlichen Rausch in Relativsätzen fürchten hießen. Ein Drittel davon kann ich aus dem Stegreif ändern – etwa der Art

„Ein Schacht von etwa 13 Metern Tiefe kam zum Vorschein.“

Alles schon gesagt, dass sich der 41. Beitrag zu dieser Erzählung über zivilisatorische Reste, in der so was wie Blutrache mitschwingt, die einst das "Heil" der eigenen Familie / Gruppe wiederherstellen sollte, kurz fassen lässt mit einer Restflusenlese

Niemand hatte das Recht[,] sein Vermächtnis, ja, sein Lebenswerk zunichte zu machen.

Der junge Geophysiker Max schaute aus dem Fenster der BT-67, so[...]weit sein Auge reichte befand sich Eis.
„soweit“ nur als Konjunktion zusammen – die relativ selten vorkommt, soweit ich weiß. Mein Tipp: Im Zweifel immer auseinander schreiben, die Wahrscheinlichkeit richtig zu liegen ist höher als umgekehrt

Auslassungspunkte wie hier
Er schaute auf seine Uhr. „Müsste schon hier sein, ich frage mich…“
direkt am Wort behaupten, dass da wenigstens ein Buchstabe fehle – was nicht der Fall ist, da wäre auch die Ästhetik des Apostrophes rationeller … Nochmals hier
Ich hab mir seine Forschungsergebnisse… besorgt."
fast immer eine Leerstelle zwischen Wortende und Punkten ...

„Freut mich. Haben natürlich schon von hrem Vater gehört.

Er wird doch nicht im Pluralis modestiae oder majestis sprechen ...

Dann: „Herein“. Dr. Mehler nickte …
Punkt einfangen!, oder evtl. auch „!“

Der Raum war so voll, dass e[r] beengend auf Max wirkte.

Ein schimmernder Lichtschein wurde sichtbar. Kurz darauf sah Max vor ihm eine geöffnete Box, die an eine Falltür erinnerte.
Bezieht sich das „ihm“ auf den Lichtschein, okay, aber auf Max statt ihm ein „sich“

Gern gelesen vom

Friedel

 

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