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Gewitterfliegen

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10.09.2016
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Gewitterfliegen

Vom Brand hatte ich in den Nachrichten gelesen. Natürlich hat es etwas Schockierendes, wenn sich ein Unglück vor der eigenen Haustür zuträgt. Plötzlich hat man das Gefühl, im Mittelpunkt eines größeren Zusammenhanges zu stehen. Genau genommen war es nicht meine Haustür, sondern die Haustür meiner Eltern, meines alten Zuhauses – immerhin stand mein Name an der Klingel. Als ich am Berliner Südkreuz aus dem Zug stieg, um die letzten Stationen mit der S-Bahn zu fahren, bemerkte ich die Gewitterfliegen, die zwischen den Haaren auf meinen Armen und Beinen krochen. Doch das Gewitter, das den Brand hätte löschen können, ließ seit Wochen auf sich warten.

Als ich die Haustür aufschloss, war zunächst alles wie früher. Meine Mutter machte mir eine Apfelsaftschorle mit zu viel Sprudel. Mein Vater faltete seine Zeitung zusammen und dann noch einmal und noch einmal und noch einmal und legte sie auf den lackierten Küchentisch und gab mir einen Kuss.
„Der Grunewald brennt“, sagte ich, als wäre das eine geeignete Gesprächseröffnung.
Meine Eltern bestätigten mir diese Tatsache.
„Furchtbar“, stellte ich fest.
Sie wiederholten das Wort wie Schauspieler in einer Komödie.
„Ich wollte bei euch sein, wenn es passiert“, sagte ich.
„Es ist in der Zeitung“, erwiderte mein Vater. „Plötzlich steht man im Mittelpunkt dieser Sache.“
„Der Klimakrise“, korrigierte ich, als hätte mein Vater das auszusprechen nicht über die Lippen gebracht.
„Willst du es sehen?“, fragte meine Mutter.
„Ich dachte“, sagte ich. „Aber jetzt, wo ich hier bin … weiß nicht.“
Mein Vater deutete auf seinen Unterarm, sah mich an und runzelte die Stirn.
„Ach, die stören mich nicht“, sagte ich. „Nur ein paar Gewitterfliegen.“

Als meine Eltern außer Haus waren, ich allein in unserer großen Küche saß, tat ich nichts, außer in den gut bewässerten Garten zu starren, den meine Mutter mit grünem Daumen pflegte. Alles wie immer: Die Wicken, der Oleander, die Rosen, der Apfelbaum, die Linde, die Kastanie, der Rhododendron, die Hortensien. Ich bemerkte nicht, wie sich etwas Kleines, Flinkes meiner Hand näherte. Erst als es auf ihr krabbelte, entdeckte ich das Insekt: Eine Kakerlake von der Größe einer Schreckschusspatrone. Kurzentschlossen schlug ich mit der flachen Hand drauf und tatsächlich zerplatzte der kleine Körper augenblicklich und mit einem Geräusch, das ungefähr so klingt: Krrk. Verwundert stellte ich fest, dass es sich um eine mir unbekannte, wenig widerständige Art handeln musste. Was mich am meisten ekelte, war nicht der Umstand, dass ihre Innereien an meiner Hand klebten, sondern, dass diese Szene sich hier im Haus meiner Eltern zutrug. Das war nicht wie früher. Kakerlaken hatte es hier nie gegeben, das wusste ich. Um den Schrecken zu verarbeiten, toastete ich mir ein Brot, wobei ich auf kleinste Bewegungen achtete. Doch das Brot blieb Brot: braun, ruhig, beständig. Und selbstverständlich wusch ich mir vor der Zubereitung gründlich die Hände.

Wenig später konfrontierte ich meine Eltern mit dem Vorfall.
„Die kommen aus dem Garten“, sagte meine Mutter.
„Aber die gab’s doch früher nicht.“
„Ja, früher“, meinte mein Vater. „Aber die Kakerlaken sind nicht das größte Problem.“

In den folgenden Stunden beobachtete ich, wie meine Eltern mit je einer Fliegenklatsche goldglänzende Fliegen erschlugen. Dass die Fliegen so zahlreich waren, musste ich übersehen haben. Ihre schmierigen Überreste wischten sie mit Taschentüchern von den Fensterscheiben. Wie Tennisspieler hielten sie sich jederzeit zum Schlag bereit. Klar schloss ich mich ihrer Sache an. Wo ich konnte, erschlug ich Fliegen – manchmal mehrere auf einen Streich – gelegentlich kam mir auch eine Kakerlake unter die Finger. Die Sache mit den Gewitterfliegen hatte sich ebenso wenig gegeben. Zunehmend ekelte ich mich auch vor ihnen. Wo ich sie bemerkte, zerquetschte ich sie auf der Haut oder streifte sie mir ganz einfach von Armen und Beinen.

Wie meine Eltern das Problem mit den Kakerlaken und Fliegen tolerieren konnten, war mir ein Rätsel, wahrscheinlich hatten sie sich bloß an diesen Zustand gewöhnt. Ihre Maßstäbe hatten sich verändert und das scheinbar auch über das Insektenproblem hinaus. Anderen mag es wie eine Kleinigkeit erscheinen, sie mögen sich fragen: was will er mit diesem Fleckchen Grün? Doch eben das war der springende Punkt. Der Rasen in unserem Vorgarten war – und das sah ich erst, als ich selbst darauf stand – völlig vertrocknet, braun und überhaupt unansehnlich. Ich rieb mir die Gewitterfliegen von den Armen, ohne mich zu vergewissern, ob überhaupt welche da waren. Als erwartete ich das Gewitter. Als läge da nicht umsonst eine Spannung in der Luft, die dazu führte, dass der ganze schwitzende Körper juckte und nach Erlösung schrie.

„Willst du nicht zum Abendessen kommen?“, fragte meine Mutter. Ich hatte mich in mein altes Zimmer zurückgezogen in der Hoffnung, Abstand von den unliebsamen Neuerungen zu gewinnen, die mich ereilt hatten. Noch war es zu früh, abzureisen.
„Vielleicht später“, sagte ich nur. Die Schritte entfernten sich von der Tür.
Bereits schaute ich nach einer Zugverbindung, die mich noch heute in mein neues Zuhause bringen konnte. Das war in Halle und hundertachtzig Kilometer entfernt und sicher gab es auch dort Kakerlaken, Fliegenplagen und Dürre. Halle aber war nicht meine Heimat und vielleicht schmerzte der Gedanke deshalb weniger. Doch wegen einer Zugstörung fiel die letzte Verbindung aus und außerdem kam ich mir einigermaßen lächerlich vor, so buchstäblich vor der Realität fliehen zu wollen.

Als ich endlich zur Ruhe gekommen war, bemerkte ich, dass zwei Fliegen im Zimmer kreisten. Wie konnte das sein? Die Tür war doch verschlossen. Wie waren sie also ins Zimmer gelangt? Oder hatten sie gar nicht erst hineinfinden müssen, waren hier womöglich erst geschlüpft oder auf andere Weise zum Leben erwacht? Ich hätte sie jagen, mit einer Zeitung meines Vaters erschlagen oder in einem Glas nach draußen geleiten können. Doch die Initiative fehlte. Unentschlossen beobachtete ich ihr Kreisen. Ein kaum vernehmbares sssss, das so in der Luft hing. Ich ließ sie fliegen.

In der Nacht wurde ich geweckt, ich spürte, wie sich etwas auf mir bewegte. Als ich das Licht einschaltete und die Decke lüftete, sah ich, wie sich darunter einige der fremdartigen Kakerlaken tummelten, wie sie auf meinen Pyjama krabbelten und über meinen Körper. Ich hätte schreien müssen, sie zumindest abschütteln oder zerquetschen, doch ich ließ sie gewähren. Sogar auf die Hand nahm ich eine von ihnen und besah sie mir genau. Bald verstand ich, dass sie es auf die Gewitterfliegen auf meinen Armen und Beinen abgesehen hatten. Ob sie sie fraßen, fiel mir schwer zu beurteilen. Jedenfalls gesellten sie sich zu ihnen. Auf einmal fühlte ich mich selbst wie eine Gewitterfliege, die in einem wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis zu jenen Kakerlaken stand. Mit diesem versöhnlichen Gedanken endlich fiel ich in tiefen, erholsamen Schlaf.

Am nächsten Morgen fuhr ich noch vor dem Frühstück mit dem Auto meiner Eltern, einem ausgedienten VW Phaeton, in Richtung Grunewald. Nahe der Avus stellte ich den Wagen ab und gelangte über Betriebsgelände, Parkplätze und Absperrband in den Wald. Der Geruch ähnelte dem von Lagerfeuer und unweigerlich musste ich an Stockbrot und einen mit Federschmuck und Ledertracht verkleideten Mann aus einem beliebigen Freizeitpark denken. In der Ferne sah ich Rauchschwaden aufsteigen. Hier blieb ich stehen und schaute dem Spektakel zu. Dabei verspürte ich eine Mischung aus Trauer, Neugier und dem unbestimmten Gefühl, im Mittelpunkt eines größeren Zusammenhanges zu stehen. Etwas krabbelte an meinen Armen und Beinen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sie schwarz waren vor Gewitterfliegen. Was, wenn sie bloß immer mehr werden würden, das Gewitter aber nur ein leeres Versprechen war? In ebendiesem Moment brach der Himmel auf, es donnerte, blitzte, und in der Ferne brannte der Grunewald. Doch der Regen, der das Feuer hätte löschen können, blieb aus.

 

Moin, moin @Carlo Zwei , da ich mir fest vorgenommen habe, wenn möglich jeden Tag einen Kommentar zu schreiben, habe ich mich riesig über eine Beitrag von Dir gefreut. Und dann habe ich den text gestern einmal gelesen und heute früh noch einmal. Ich habe keine Ahnung, was Du mit dem text aussagen willst! Da ich Dein Schreiben aber normalerweise sehr mag, freue ich mich jetzt schon auf meinen Schlag auf die Stirn und das aufleuchtende "Ach so" Genaugenommen, lesen sich viele Stellen, als seinen sie gar nicht von Dir. Ich bin also mega gespannt.
Du kriegst also keien verständlichen Kommentar, sondern eien Leseeindruck, hoffentlich kannst Du dennoch etwas damit anfangen.

Vom Brand hatte ich in den Nachrichten gelesen. Natürlich hat es etwas Schockierendes, wenn sich ein Unglück vor der eigenen Haustür zuträgt.
Der Anfang hat mich voll neugierig gemacht. Ein Brand, Schockierendes, dicht an zu Hause - lass schauen.

Plötzlich hat man das Gefühl, im Mittelpunkt eines größeren Zusammenhanges zu stehen.
Für mich klingt das unglaublich allgemein, weit weg vom Prota, als wenn ich auf Abstand geschoben werde. So eine Fernglasbeobachtung halt.
Obwohl es ja eigentlich genau das Gegenteil besagen soll, oder?

Als ich am Berliner Südkreuz aus dem Zug stieg, um die letzten Stationen mit der S-Bahn zu fahren, bemerkte ich die Gewitterfliegen, die zwischen den Haaren auf meinen Armen und Beinen krochen.
Spannende Beobachtung, allerdings empfinde ich den Satz als zu lang, gerade weil er zwei so unterschiedliche Inhalte hat. Aber eventuell ist es auch ein Stilmittel, ich behalte es im Auge.

Als ich die Haustür aufschloss, war zunächst alles wie früher. Meine Mutter machte mir eine Apfelsaftschorle mit etwas zu viel Sprudel, wie früher.
Da das "wie früher" ja nochmals kommt, soll es wohl als Stilmittel wirken. Dafür würde ich es hier als Minisatz extra stellen. Für mich könnte es auch ganz weg.

„Ich wollte bei euch sein, wenn es passiert“, sagte ich.
„Es ist in der Zeitung“, erwiderte mein Vater. „Plötzlich steht man im Mittelpunkt dieser Sache.“
„Der Klimakrise“, korrigierte ich, als hätte mein Vater das auszusprechen nicht über die Lippen gebracht, was ausgemachter Unsinn war.
Hier stehe ich völlig auf dem Schlauch. Was soll passieren? Der Weltuntergang?

Mein Vater deutete auf seinen Unterarm, sah mich an und runzelte die Stirn.
„Ach, die stören mich nicht“, sagte ich. „Nur ein paar Gewitterfliegen.“
Meinst Du wirklich seinen Unterarm. Das klingt irgendwie nach falschem Bezug, so reagiert man doch nicht. Aber okay, seltsam eingeordnet.

außer in den gut bewässerten Garten zu starren, den meine Mutter mit grünem Daumen pflegte.
Da mache ich mir natürlich ein Bild - grüne Oase. Da Du vorher Klimakrise hast, geht meine Erwartungshaltung mit mir durch und ich denke an eine Klimaschützer, der bestimmt Gartenberegnen und ähnliches falsch findet.

Ich bemerkte nicht, wie sich etwas Kleines, Flinkes meiner auf dem Tisch ruhenden Hand näherte. Erst als es auf ihr herumkrabbelte, entdeckte ich das Insekt: eine Kakerlake von der Größe einer Schreckschusspatrone.
Wenn er es nicht bemerkt, kann er es nicht so sagen. Und kennt wirklich jeder eine Schreckschusspatrone, um den Vergleich klar zu kriegen?

Verwundert stellte ich fest, dass es sich um eine mir unbekannte, wenig widerständige Art handeln musste. Was mich am meisten ekelte, war nicht der Umstand, dass ihre Innereien an meiner Hand klebten, sondern, dass diese Szene sich hier im Haus meiner Eltern zutrug.
Das wenig widerständig habe ich noch nie gehört, eventuell regional? Warum klatscht er sie denn, normalerweise ist das bei Kakerlaken absolut erfolglos. Was er ja auch zu wissen scheint.

Kakerlaken hatte es hier nie gegeben, das wusste ich. Und wenn etwas gut gewesen war, dann das.
Der letzte Teil lässt mich wieder mit einem Fragezeichen stehen. Okay, er hat keine gute Erinnerung an sein Zuhause, aber es wird nur behauptet, widerspricht sogar den bisher gesetzten Infos (wie früher, grüner Daumen). Okay, ein Spannung und nicht gerade liebevolle Familienbeziehung kommt da auch durch. Aber hat man wirklich das Bild, das nur die fehlenden Schädlinge gut waren? Sorry, Carlo, ich weiß ich meckere, aber ich kriege keine Zugang, bin ich bei Deinen Texten einfach nicht gewöhnt.

Um den Schrecken zu verarbeiten, toastete ich mir ein Brot, wobei ich auf kleinste Bewegungen achtete. Doch das Brot blieb Brot: Braun, ruhig, beständig. Und selbstverständlich wusch ich mir vor der Zubereitung gründlich die Hände.
Warum achtete er auf Bewegungen? Es hat sich doch vorher nichts verwandelt. Und danke fürs Händewaschen, mir war schon übel ...

„Ja, früher“, meinte mein Vater. „Aber die Kakerlaken sind nicht das größte Problem.“
Nun bin ich gespannt?

In den folgenden Stunden beobachtete ich, wie meine Eltern mit je einer Fliegenklatsche, goldglänzende Fliegen zerquetschten.
Und die Fliegen kamen jetzt erst raus? Ich übersehe offensichtlich irgendeine Bedeutung, ein Bild. Bitte hilf mir. Ne, nicht erklären, ich warte auf schlauere Kommentatoren.

Selbstverständlich schloss ich mich ihrer Sache an.
Warum selbstverständlich, so ein inniges Verhältnis hast Du nicht gemalt.

Zunehmend ekelte ich mich auch vor ihnen. Wo ich sie bemerkte, zerquetschte ich sie auf der Haut oder streifte sie mir ganz einfach von Armen und Beinen.
Wenn ich mich vor etwas ekle, werde ich es bestimmt nicht auf mir zerquetschen. Aber da ticken Männer vielleicht anders.

Was soll man auch anderes tun, als sich der Geworfenheit in Zeiten von Veränderung und Umbruch willig zu ergeben, ihnen mit Resilienz und Permissivität zu begegnen?
Bisher war er im Sprachlevel völliger Durchschnitt. Warum hier jetzt abheben? Mit den Begriffen schmeißt der Ottonormalbürger eigentlich nicht um sich,. Es setzt mich als Leserin auch wieder auf Abstand.

In meinem Fall genügte es, nur einmal genau hinzusehen. Anderen mag es wie eine Kleinigkeit erscheinen, sie mögen sich denken, was will er mit diesem Fleckchen Grün. Doch eben das war der springende Punkt: Der Rasen in unserem Vorgarten war – und das sah ich erst, als ich selbst darin stand – völlig vertrocknet, braun und überhaupt unansehnlich.

Warum soll ich mich fragen, was er mit dem Fleckchen Grün möchte? Aus welcher Perspektive oder Position heraus? Un ddann ist das Ganze mit einmal gar nicht grün. War es aber doch vorher, oder? Und unansehnlich? Also doch kein Klimaschützer (war ja nur meine Unterstellung, das Insekten töten ließ mich eh zweifeln. Wo willst Du hin?

Ich rieb mir die Gewitterfliegen von den Armen, ohne mich zu vergewissern, ob überhaupt welche da waren, doch so fühlte es sich in diesem Moment an.
Ich persönlich wäre für Streichung des letzten Satzteiles.

Ich hatte mich in mein Zimmer zurückgezogen in der Hoffnung, Abstand von all jenen unliebsamen Neuerungen zu gewinnen, die mich ereilt hatten. Noch war es zu früh, zurückzukehren.
Was hat ihn ereilt? Das Ungeziefer? Ist das das korrekte Verb? Zurückzukehren? Wohin? Ist er auf einem Trip? Was habe ich verpasst?


Bereits schaute ich nach einer Zugverbindung, die mich womöglich noch heute in mein neues Zuhause bringen konnte. Das war in Köln und vielleicht sechshundert Kilometer entfernt und wahrscheinlich gab es auch dort Kakerlaken,
Das ist so eine Stelle, wo ich mich echt fragte, ob das von Dir ist, sorry. Wozu die Häufung von Relativierungen?

Doch wegen einer Zugstörung fiel die letzte Verbindung aus und außerdem kam ich mir einigermaßen lächerlich vor, so buchstäblich vor der Realität fliehen zu wollen.
Auch das klingt gewollt gehoben. Okay, ist einfach die Charakterisierung des Typen, aber da ich so gar nicht an ihn herankommen, schlucke ich es nicht.

Ich hätte sie jagen, mit einer alten Zeitung meines Vaters erschlagen oder in einem Glas nach draußen geleiten können. Doch die Initiative fehlte.
Ich kann ihm einfach nicht folgen. Hier war ich wieder kurz bei, ah, doch Insekten sind wichtig. Aber darum geht es überhaupt nicht, oder?

Ich hätte schreien müssen vor Schreck, sie zumindest von mir schütteln oder zerquetschen, doch ich ließ sie einfach gewähren.
Ja! Okay, den Tag Seltsam erfüllst Du mit Bravour. Wird er langsam zu einem Insekt?

Bald verstand ich, dass sie es auf die Gewitterfliegen auf meinen Armen und Beinen abgesehen hatten.
Die Gewitterfliegen waren auch im Bett, krabelten die ganze Zeit auf ihm rum. Okay, auch den Horrortag darfst Du behalten. Aber glaubwürdig ist es nicht.

Dass sich Gefühl und Einstellung eines Menschen so schlagartig verändern können. Dass seine Ängste und Abneigung in Neugier und Offenheit umzuschlagen imstande sind. Auf einmal fühlte ich mich selbst wie eine Gewitterfliege, die in einem fast wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis zu jenen Kakerlaken stand.
Tja, immerhin erklärst Du mir, wie er sich fühlt, denn nachfühlen tue ich es nicht, erlebt habe ich es auch nicht. Und Symbiose ist etwas mit beiderseitigem Nutzen. Wenn einer den anderen frisst, ist das recht einseitig.

In der Ferne sah ich Rauchschwaden aufsteigen.
Du hast mich in den Text gelockt mit "vor der Haustür" und jetzt muss er erst fahren und laufen und dann ist es in der Ferne. Ein sehr unglaubwürdiger Erzähler!

Könnte es sein – auf eine paradoxe Weise, jenseits menschlicher oder wissenschaftlicher Perspektive, also rein hypothetisch – könnte es da sein, dass Qualm die Luft reinigt?
Uff! Ich gebe auf! Ich weiß nicht, warum er das so empfindet. Alles erlebte war negativ (wurde von ihm auch so benannt) und jetzt ist es eine Reinigung?
Es tut mir leid, vielleicht hätte ich mit meinem nicht positivem Kommentar warten sollen, bis Dich jemand mit netteren Worten erlöst. Wir wissen beide, dass Du schreiben kannst und tolle Storys baust - was habe ich also überlesen? Ich behalte den Text im Auge, irgendwie komme ich schon dahinter ...
Viele Grüße
witch

 
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Hallo! Während ich dies schreibe kommt die Botschaft, jemand habe soeben einen Kommentar geschrieben -- womit ich doch nicht der erste bin .. den anderen Kommentar kenne ich auch noch nicht.
Der Text lässt mich ratlos. Ich habe keine Ahnung, was die Aussage ist und auch nicht, worum es dir gehen könnte.
Die leichter sterblichen Kakerlaken, was ist damit?

Daher beschränke ich mich auf Anmerkungen zu deinen Formulierungen.
Ich fand einige verquer, einige unscharf und manche verstehe ich auch nicht.
Daher gehen wir nun zu den Stellen ..

Plötzlich hat man das Gefühl, im Mittelpunkt eines größeren Zusammenhanges zu stehen.
Das finde ich zum Beispiel ungenau. Stehe ich in einem Mittelpunkt eines Zusammenhangs -- als Mensch? Und fühle das? Was heißt das denn, im Mittelpunkt stehen? ich stell mir da was anderes drunter vor.

Genau genommen, war es nicht meine Haustür
Da kann das Komma weg, denke ich.

Meine Eltern bestätigten mir diese Tatsache.
Sehr nüchtern, wie in einem Bericht; da wär mir lieber, du beschreibst, wie sie das machen, das Bestätigen dieser Tatsache.


„Der Klimakrise“, korrigierte ich, als hätte mein Vater das auszusprechen nicht über die Lippen gebracht, was ausgemachter Unsinn war.
Da verschwimmt mir der Bezug. Was ist ausgemachter Unsinn? Die Krise oder dass der Vater das Wort auszusprechen nicht über die Lippen bringt... und außerdem: Sagt man das so? "Ich bringe das auszusprechen nicht über die Lippen .. klingt wie zwei parallele Aussagen.


dass es sich um eine mir unbekannte, wenig widerständige Art handeln musste
widerständig -- also sich im Widerstand befindend .. oder aber widerstandsfähig? Denke letztes und daher: unscharf.


Was mich am meisten ekelte, war nicht der Umstand, dass ihre Innereien an meiner Hand klebten, sondern, dass diese Szene sich hier im Haus meiner Eltern zutrug. Das war nicht wie früher
1. Selber schuld ;)
2. Die Szene ist schon vorbei, also: 'zugetragen hatte'?

Doch das Brot blieb Brot: Braun, ruhig, beständig.
Ein beständiges Brot? in was könnte es sich denn verwandeln, einfach so? Finde ich unklar.

Wenig später konfrontierte ich meine Eltern mit dem Vorfall.
Das ist wieder Berichtsstil. Da will ich dass du beschreibst, wie konfrontiert wird.

wie meine Eltern mit je einer Fliegenklatsche, goldglänzende Fliegen zerquetschten
Beim Töten mit Klatsche stelle ich mir was anderes vor als zerquetschen, so was wie erschlagen.


Abstand von all jenen unliebsamen Neuerungen zu gewinnen, die mich ereilt hatten
Der Satz ist mir wieder etwas seltsam reingegangen. Neuerungen? Die dich ereilt haben?

waren sie womöglich erst geschlüpft oder auf anders eigenartige Weise zum Leben erwacht
Zum Leben erwacht? auf eine andere -- eigenartige -- Weise? Auf welche Weisen kann man denn zum Leben erwachen?

oder in einem Glas nach draußen geleiten können
Hier ist es das Wort geleiten, was mich ungewöhnlich dünkt.


im Mittelpunkt eines größeren Zusammenhanges zu stehen
Da kommt er noch mal, der Mittelpunkt des Zusammenhangs, in welchem du zu stehen scheinst. Leider habe ich nicht begriffen, was der Zusammenhang und was die Ereignisse sind. Ein Waldbrand kommt näher und gebiert sonderbare Insekten.
Vielleicht, ich schließe das nie aus, hab ich ein Brett vor'm Kopf, aber ich komm nicht drauf.
Zeitweise dachte ich, es könnte ein Horrorstory werden.


Gruß von Flac

ps/edit: Nachdem ich meinen letzten Satz geschrieben hatte, ging ich nachschauen -- und siehe da: Es ist eine Horrorstory -- getagt sind 'Horror' und 'Humor' und 'Seltsam'. Nun, unter diesen Umständen muss ich dir sagen, dass der Horror sich nicht grad deutlich in mir breit machte beim Lesen, tut mir leid ...

 
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Vorweg: Ha, da hat mich heute morgen doch glatt das reale Leben hier weggeholt, dass es wahrscheinlich fairer wäre, den Beitrag hinten an zu hängen. Oder machen wir es so: Es ist eher Nr. 7 statt Nr. 4

Ich rieb mir die Gewitterfliegen von den Armen, ohne mich zu vergewissern, ob überhaupt welche da waren, ...

Eine (historische) Geschichte, die ich in den August 2022 (Waldbrand in Berlin) „lokalisieren“ würde,

lieber Carlo,

und zugleich ein Bild übe die moderne Überempfindlichkeit wider natürlichen Phänomenen, wobei „La Cucaracha“ („die Küchenschabe“, Kakerlake) in der mexikanischen Revolution zur Kennzeichnung der anderen Seite herhalten musste, wo noch nicht absehbar war, wann Insekten nicht mehr nur ungewollt in „unserem täglichen Brot“, sondern zum Lebensmittel werden (bei unterschiedlichen Eiweißgehalten).

Da tut der Wald-Brand im August 2022 (Berlin würd ich da tippen) nichts zur Sache, wenn die halbe Welt bereits brennt – fast immer menschengemacht und sei’s eine weggeworfene Kippe, was eh einer Brandstiftung gleichkommt, und wo keine Brandschneisen gelegt sind ist die Katastrophe vorherbestimmt … insofern stimme ich Dear vollständig zu

Natürlich hat es etwas Schockierendes, wenn sich ein Unglück vor der eigenen Haustür zuträgt. Plötzlich hat man das Gefühl, im Mittelpunkt eines größeren Zusammenhanges zu stehen.

Und das gilt im Falle einer „aufgeklärten“ Brandstiftung für den Täter, der im Falle der Aufklärung ein Opfer der „Gesellschaft der Singularitäten“ wird (wenigstens einmal seinen eigenen Namen in der Öffentlichkeit/den Medien zu finden).

Bissken zu mosern hab ich nur am

„geeigneten“

Gesprächsöffner
der wohl dem Dosenöffner (can/tin opener) nachgebildet ist, wobei mir im Augenblick auch nix besseres einfällt.

Und die Frage

– könnte es da sein, dass Qualm die Luft reinigt?
erledigt sich von selbst in der Definition des Qualms aus „flüchtigen Rückständen“.

Gern auch ein zweites Mal gelesen vom

Friedel

 
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Hey @Carlo Zwei

Der Text hat was. Die Tags finde ich mutig und richtig gesetzt. Den Mittelteil, die ganze Sache mit den Insekten, fand ich sehr ansprechend, am meisten vielleicht die Gewitterfliegen, die sich in den Körperhaaren verfangen. Anregend seltsam. Wenn ich den Text assoziativ lese, dann gelange ich in etwa zu folgendem Gedankenstrom: Klimakrise, Brand, Feuer, reinigender Qualm, Insekten, die Natur schlägt zurück, erobert sich vom Menschen Raum, reinigender Qualm, weil die Welt vom Menschen gereinigt wird. Ungefähr so. Das ganze verpackt in eine Alltagsgeschichte, sodass man das vielleicht auch familienpsychologisch lesen kann. Aber die Insekten und der Brand sind so dominant, die Eltern so blass, dass ich mich darauf nicht einlassen mag.
Was in dieser ganzen Assoziationskette keinen Platz findet, ist das Gewitter. Es wird prominent eingeführt als die Kraft, die den Brand löschen könnte. Das reinigende Gewitter. Die Gewitterfliegen zeigen es an. Es wird ein mächtiges Gewitter sein, eines das vielleicht mehr reinigt, als uns lieb ist. So habe ich das den ganzen Text über gelesen. Aber am Ende wird auf einmal der Qualm als die reinigende Kraft genannt. Ich brauche keinen Text, den ich bis ins letzte Detail entschlüsseln kann, aber das hat mir einen Knoten sogar in die oben beschriebene lockere Assoziationskette gemacht, sodass ich mit dem Text am Ende doch nicht ganz klar gekommen bin.
Das mal als erster, flüchtiger Eindruck. Für Details melde ich mich allenfalls wieder, mal schauen, wie sich der Text entwickelt. Ich fand zum Beispiel dieses ein Stück weit aufgesetzte "Teil eines grossen Ganzen sein" (Fände ich besser als "Mittelpunkt") ganz reizvoll.
Tatsächlich sehr gern gelesen, einfach, weil es ein anregender Text ist.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hey Witch (@greenwitch ),

vielen Dank für deinen Kommentar. Uff, ich hatte nach dem Veröffentlichen und dann auch deinem Kommentar das Gefühl, da was extrem Seltsames und Dysfunktionales produziert zu haben. Den Eindruck bin ich jetzt nach umfänglichen Überarbeitungen zum Glück (für mich) losgeworden. Vielleicht willst du ja noch mal drüberlesen und selbst urteilen. :naughty:
Ich glaube, dass sich viele deiner Fragen jetzt klären müssten.

„Ich wollte bei euch sein, wenn es passiert“, sagte ich.
„Es ist in der Zeitung“, erwiderte mein Vater. „Plötzlich steht man im Mittelpunkt dieser Sache.“
„Der Klimakrise“, korrigierte ich, als hätte mein Vater das auszusprechen nicht über die Lippen gebracht, was ausgemachter Unsinn war.
Hier stehe ich völlig auf dem Schlauch. Was soll passieren? Der Weltuntergang?

Der Grunewald brennt und alle machen aus ihrer sicheren, bürgerlichen Perspektive ein bisschen so etwas daraus. Beziehungsweise erleben sie zum ersten Mal einen Waldbrand 'vor der eigenen Haustür'. War ja 2022 tatsächlich der Fall.

Mein Vater deutete auf seinen Unterarm, sah mich an und runzelte die Stirn.
„Ach, die stören mich nicht“, sagte ich. „Nur ein paar Gewitterfliegen.“
Meinst Du wirklich seinen Unterarm. Das klingt irgendwie nach falschem Bezug, so reagiert man doch nicht. Aber okay, seltsam eingeordnet.

Ja, ist etwas kompliziert. Überlege noch, das rauszunehmen. Aber es ist jetzt auch nicht unlogisch. Ist einfach eine etwas andere Geste.

Ich bemerkte nicht, wie sich etwas Kleines, Flinkes meiner auf dem Tisch ruhenden Hand näherte. Erst als es auf ihr herumkrabbelte, entdeckte ich das Insekt: eine Kakerlake von der Größe einer Schreckschusspatrone.
Wenn er es nicht bemerkt, kann er es nicht so sagen. Und kennt wirklich jeder eine Schreckschusspatrone, um den Vergleich klar zu kriegen?

Naja, es wird ja auch erzählt. Und wenn er davon überrascht wird, muss das Insekt sich ja unbemerkt genähert haben. Das ist soweit logisch, finde ich.

Verwundert stellte ich fest, dass es sich um eine mir unbekannte, wenig widerständige Art handeln musste. Was mich am meisten ekelte, war nicht der Umstand, dass ihre Innereien an meiner Hand klebten, sondern, dass diese Szene sich hier im Haus meiner Eltern zutrug.
Das wenig widerständig habe ich noch nie gehört, eventuell regional? Warum klatscht er sie denn, normalerweise ist das bei Kakerlaken absolut erfolglos. Was er ja auch zu wissen scheint.

Das hatte ich tatsächlich auch auf dem Schirm :D habe noch keinen Ersatz gefunden. Da grübele ich noch. Ist auf jeden Fall noch nicht perfekt. Ich glaube, man versteht, was gemeint ist. Bleibe ich aber dran.

Kakerlaken hatte es hier nie gegeben, das wusste ich. Und wenn etwas gut gewesen war, dann das.
Der letzte Teil lässt mich wieder mit einem Fragezeichen stehen. Okay, er hat keine gute Erinnerung an sein Zuhause, aber es wird nur behauptet, widerspricht sogar den bisher gesetzten Infos (wie früher, grüner Daumen). Okay, ein Spannung und nicht gerade liebevolle Familienbeziehung kommt da auch durch.

Ja, kann ich verstehen. Habe ich rausgenommen.

Um den Schrecken zu verarbeiten, toastete ich mir ein Brot, wobei ich auf kleinste Bewegungen achtete. Doch das Brot blieb Brot: Braun, ruhig, beständig. Und selbstverständlich wusch ich mir vor der Zubereitung gründlich die Hände.
Warum achtete er auf Bewegungen? Es hat sich doch vorher nichts verwandelt.

Na wegen der Insekten. Habe ich jetzt etwas umgeschrieben.

Was soll man auch anderes tun, als sich der Geworfenheit in Zeiten von Veränderung und Umbruch willig zu ergeben, ihnen mit Resilienz und Permissivität zu begegnen?
Bisher war er im Sprachlevel völliger Durchschnitt. Warum hier jetzt abheben? Mit den Begriffen schmeißt der Ottonormalbürger eigentlich nicht um sich,. Es setzt mich als Leserin auch wieder auf Abstand.

Habe ich rausgenommen.

In meinem Fall genügte es, nur einmal genau hinzusehen. Anderen mag es wie eine Kleinigkeit erscheinen, sie mögen sich denken, was will er mit diesem Fleckchen Grün. Doch eben das war der springende Punkt: Der Rasen in unserem Vorgarten war – und das sah ich erst, als ich selbst darin stand – völlig vertrocknet, braun und überhaupt unansehnlich.
Warum soll ich mich fragen, was er mit dem Fleckchen Grün möchte? Aus welcher Perspektive oder Position heraus? Un ddann ist das Ganze mit einmal gar nicht grün. War es aber doch vorher, oder? Und unansehnlich?

Habe ich umgeschrieben. Die Perspektive ist aber erhalten geblieben. Finde das okay. Ist einfach eine Annahme über die Perspektive anderer Leute.

Ich rieb mir die Gewitterfliegen von den Armen, ohne mich zu vergewissern, ob überhaupt welche da waren, doch so fühlte es sich in diesem Moment an.
Ich persönlich wäre für Streichung des letzten Satzteiles.

Kann ich sehr gut verstehen und ist fein von dir beobachtet, finde ich. Trotzdem kann ich mich noch nicht zur Streichung überwinden.

Ich hatte mich in mein Zimmer zurückgezogen in der Hoffnung, Abstand von all jenen unliebsamen Neuerungen zu gewinnen, die mich ereilt hatten. Noch war es zu früh, zurückzukehren.
Was hat ihn ereilt? Das Ungeziefer? Ist das das korrekte Verb? Zurückzukehren? Wohin? Ist er auf einem Trip? Was habe ich verpasst?

Ja, er ist in Berlin zu besuch. Ich habe daraus jetzt 'abzureise' gemacht. Das müsste eindeutig sein.

Bereits schaute ich nach einer Zugverbindung, die mich womöglich noch heute in mein neues Zuhause bringen konnte. Das war in Köln und vielleicht sechshundert Kilometer entfernt und wahrscheinlich gab es auch dort Kakerlaken,
Das ist so eine Stelle, wo ich mich echt fragte, ob das von Dir ist, sorry. Wozu die Häufung von Relativierungen?

hahah, shit. Ja, keine Sorge (oder gerade doch?). Habe das ein bisschen angepasst. Einige der Wörter rausgenommen oder modifiziert.

Dass sich Gefühl und Einstellung eines Menschen so schlagartig verändern können. Dass seine Ängste und Abneigung in Neugier und Offenheit umzuschlagen imstande sind. Auf einmal fühlte ich mich selbst wie eine Gewitterfliege, die in einem fast wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis zu jenen Kakerlaken stand.
Tja, immerhin erklärst Du mir, wie er sich fühlt, denn nachfühlen tue ich es nicht, erlebt habe ich es auch nicht. Und Symbiose ist etwas mit beiderseitigem Nutzen. Wenn einer den anderen frisst, ist das recht einseitig.

Habe ich jetzt tatsächlich auch gestrichen, weil es auch aus der Szene selbst klar wird, denke ich.

Könnte es sein – auf eine paradoxe Weise, jenseits menschlicher oder wissenschaftlicher Perspektive, also rein hypothetisch – könnte es da sein, dass Qualm die Luft reinigt?
Uff! Ich gebe auf! Ich weiß nicht, warum er das so empfindet. Alles erlebte war negativ (wurde von ihm auch so benannt) und jetzt ist es eine Reinigung?

Ja, das Ende. Das brachte halt so einen fast esoterischen, mystischen Vibe da rein, den ich eigentlich ganz nett fand. Aber er bringt halt auch noch mal so was völlig Neues und nimmt den Anfang nicht gut auf. Das ist jetzt vollständig geändert. Das neue Ende dürfte der Story wesentlich mehr Konsistenz verleihen.

Vielen Dank dir, Witch, für Zeit und Kommentar!

Beste Grüße
Carlo

 

Ich rieb mir die Gewitterfliegen von den Armen, ohne mich zu vergewissern, ob überhaupt welche da waren, ...

Eine (historische) Geschichte, die ich in den August 2022 (Waldbrand in Berlin) „lokalisieren“ würde,

lieber Carlo,

und zugleich ein Bild über die moderne Überempfindlichkeit wider natürlichen Phänomenen, wobei „La Cucaracha“ („die Küchenschabe“, Kakerlake) in der mexikanischen Revolution zur Kennzeichnung der anderen Seite herhalten musste, wo noch nicht absehbar war, wann Insekten nicht mehr nur ungewollt in „unserem täglichen Brot“, sondern zum Lebensmittel werden (bei unterschiedlichen Eiweißgehalten).

Da tut der Wald-Brand im August 2022 (Berlin würd ich da tippen) nichts zur Sache, wenn die halbe Welt bereits brennt – fast immer menschengemacht und sei’s eine weggeworfene Kippe, was eh einer Brandstiftung gleichkommt, und wo keine Brandschneisen gelegt sind ist die Katastrophe vorherbestimmt …

Natürlich hat es etwas Schockierendes, wenn sich ein Unglück vor der eigenen Haustür zuträgt. Plötzlich hat man das Gefühl, im Mittelpunkt eines größeren Zusammenhanges zu stehen.
Und das gilt gleichermaßen im Falle einer „aufgeklärten“ Brandstiftung für den Täter, der im Falle der Aufklärung ein Opfer der „Gesellschaft der Singularitäten“ wird - einmal berühmt sein ...

Bissken zu mosern hab ich nur

am „geeigneten“

Gesprächsöffner
der wohl dem Dosenöffner (can/tin opener) nachgebildet ist, wobei mir im Augenblick auch nix besseres einfällt.

Und die Frage

– könnte es da sein, dass Qualm die Luft reinigt?
erledigt sich von selbst in der Definition des Qualms aus „flüchtigen Rückständen“,

findet der


Friedel

 

Auf einmal fühlte ich mich selbst wie eine Gewitterfliege, die in einem fast wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis zu jenen Kakerlaken stand

Moin Carlo,

hat fast was von Cronenberg. Das ist so das zentrale Element: die Reaktion auf eine neue Umgebung, auf sich wandelnde Zeiten, Evolution.
Das habe ich gerne gelesen. Manöverkritik. Für Horror fehlt noch etwas das hintergründige Element; für was stehen die Kakerlaken und die Gewitterfliegen? Ich lese die etwas als die Boten einer neuen Zeit, aber woher kommen sie genau, was ist der Grund? Und müsste sich der Erzähler nicht dafür interessieren? Ein wenig wie bei Lovecraft, wo der Erzähler auch immer fordernder in das Mysterium vordringt und dann kommt die Offenbarung. Es geht natürlich auch andersherum, dass es keine Erklärung gibt, dass die Antwort nie gegeben wird, warum, wieso, weshalb? Aber dann denke ich, muss die Atmosphäre hochgeschraubt werden, wie bei Hitchcocks Vögel: ein Ereignis, was den Kern der alten Ordnung immer mehr erodiert.

Der Sound ist auch hier sehr zugänglich, locker, flockig, und ich weiß nicht, ob das zu zum besten Effekt passt. Viel verlangt, für einen so kurzen Text, aber er dürfte vom Ton her ab der Mitte entweder knapper oder hysterischer werden. Auch diese Szenen, wie sich die Eltern da schon dran gewöhnt haben, an dieses Insekteneinfallszenario, da müsste doch ein Dialog stattfinden - was ist denn mit euch los, wie könnt ihr das tolerieren, das ist doch früher nicht so gewesen. Auch der Marker des "früher", der im Text anfangs gesetzt wird, ich würde den streichen, denn diese Erzählung handelt ja von der Verschränkung Früher/Heute. Der Erzähler müsste das so verdeutlichen, dass der Leser das weiß, als Transfer aus dem Text ziehen kann.

Das nur mal als erste Gedanken, ich melde mich morgen nochmal ausführlicher.

Gruss, Jimmy

 

Lieber @Carlo Zwei,

danke für den Text - ich habe ihn jetzt in beiden Versionen gelesen und finde die zweite sehr viel schlüssiger!
Das Thema der Natur, die in unsere (Innen)Räume greift und dort übernimmt, ist immer wieder stark und geht natürlich gut Hand in Hand mit dem Thema Klimaerwärmung. Und in deinem Text trifft es ausgerechnet die durchunddurch bürgerlichen Grunewäldler. Die sich mit einer Fliegenklatsche bewaffnen oder lieber gleich im Bett bleiben. Passt, passt auch in die kurze Form.

Hier dennoch dieses und jenes:
(Hoppla, sehe gerade, die Gesprächsöffnung ist schon ausgeputzt. Und die Zitiervorrichtung weiß das! Toll.)

wenn es passiert“, sagte ich.
Mir nicht ganz klar: wenn was passiert? Hatte man damit gerechnet, dass der Grunewald brennt?
, , wobei ich auf kleinste Bewegung achtete.
kleinste Bewegungen. Wer schon mal einen Käfer im Brot hatte, weiß, worum es geht. Aber hier steht (nach deiner Überarbeitung wohl) ein Komma zuviel.
Wie meine Eltern das Problem mit den Kakerlaken und Fliegen tolerieren konnten, war mir ein Rätsel, doch wahrscheinlich hatten sie sich bloß an diesen Zustand gewöhnt.
Da sind ein paar doch und bloß im Text, die es m.E. nicht braucht. Hier würde ich wenigstens das bloß streichen, am allerliebsten aber auch das doch und dafür einen zweiten Satz. Die Bezüge kriegt der Leser schon richtig hin.
Ich hatte mich in mein Zimmer zurückgezogen in der Hoffnung, Abstand von all jenen unliebsamen Neuerungen zu gewinnen, die mich ereilt hatten.
Ja, ich weiß, Kleinkram. Aber da du die Neuerungen am Satzende spezifizierst, finde ich "jene" ein bisschen ungeschickt. Abstand von all den Neuerungen zu gewinnen, die
Halle aber war nicht meine Heimat und vielleicht schmerzte der Gedanke auch deshalb weniger.
... vielleicht schmerzte der Gedanke deshalb weniger.
In der Nacht wurde ich jäh geweckt, ich spürte, wie etwas auf mir herumkrabbelte. Als ich das Licht einschaltete und die Decke lüftete, sah ich, wie sich darunter einige der fremdartigen Kakerlaken tummelten, wie sie auf meinen Pyjama krabbelten und über meinen Körper. Ich hätte schreien müssen vor Schreck, sie zumindest abschütteln oder zerquetschen, doch ich ließ sie gewähren. Sogar auf die Hand nahm ich eine von ihnen und besah sie mir genauer. Bald verstand ich, dass sie es auf die Gewitterfliegen auf meinen Armen und Beinen abgesehen hatten. Ob sie sie fraßen, fiel mir schwer zu beurteilen. Jedenfalls gesellten sie sich zu ihnen. Auf einmal fühlte ich mich selbst wie eine Gewitterfliege, die in einem fast wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis zu jenen Kakerlaken stand. Mit diesem versöhnlichen Gedanken endlich fiel ich in tiefen, erholsamen Schlaf.
Ja, das mag ich sehr. Die Passivität. Dann werden wir halt Freunde mit den Kakerlaken und dem ganzen Problem. Die Szenerie ließe sich ohne Weiteres bis Horror steigern.
Am nächsten Morgen, noch vor dem Frühstück, fuhr ich mit dem Auto meiner Eltern, einem ausgedienten VW Phaeton, in Richtung Grunewald.
Ich finde die zwei Einschübe in einer so einfachen Aussage (Prota fährt in den Wald) wenig elegant. Wenn du alles drinhaben willst, geht auch: Am nächsten Morgen fuhr ich noch vor dem Frühstück mit dem Auto meiner Eltern, einem ausgedienten Phaeton. Oder Satzanfang wie gehabt und dann: mit dem ausgedienten Phaeton meiner Eltern...
Sogar ich schließe daraus, dass Phaeton in diesem Fall ein Auto bezeichnet.
Wie immer bei Automodellen, musste ich auch hier nachschlagen (Bei der Stromlinie übrigens mit Gewinn: hätte ich Duster nicht nachgeguckt, wäre mir gar nicht aufgefallen, dass ich die Sommerwochen im Duster meines Chefs durch die Berge gefahren bin. Dastöhr, wie die Franzosen sagen:) .) Auch hier fand ich's hilfreich: ich würde mit den drei Infos Grunewald, Haus mit Vorgarten, alter Phaeton bei der Familie des Prota auf Bildungsbürgertum tippen.

und einen mit Federschmuck und Ledertracht verkleideten Mann aus einem beliebigen Freizeitpark denken.
hihi.
In ebendiesem Moment brach der Himmel auf, es donnerte, blitzte und in der Ferne brannte der Grunewald. Doch der Regen, der das Feuer hätte löschen können, blieb aus.
Ja, ein Trockengewitter. Gern auch einen zweiten Satz oder Halbsatz dazu. Sind da Wolken? Dunkelheit - gelbliches Licht? Wind?

Wie gesagt, Spaß gemacht!

Dir einen schönen Tag,
Und Gruß
Placidus

 

Hallo Carlo,
ein sehr seltsamer Text ist das. Er sagt mir sehr zu mit seiner merkwürdigen schwülen Atmosphäre. Und auch wenn ich mit anderen Auflösungen gerechnet hätte, ich mag ihn sehr. An ein paar Stellen könnte man noch nachlegen, aber da ich mir noch nicht sicher bin, was du selbst mit diesem Text willst, halt ich mich ein wenig zurück.
Ich sag dir mal, wie ich ihn lese.
Der Icherzähler kommt mit ein wenig Neugierde, vielleicht Angst auf und über die Katastrophe, vor allem aber mit dem Gefühl in sein altes Zuhause zurück, dass er plötzlich (durch den Brand) Teil oder gar im Mittelpunkt eines größeren Zusammenhangs steht.
Der Klimakatastrophe? Überhaupt von Katastrophen?

„Der Grunewald brennt“, sagte ich, als wäre das eine geeignete Gesprächseröffnung.
Meine Eltern bestätigten mir diese Tatsache.
„Furchtbar“, stellte ich fest.
Sie wiederholten das Wort wie Schauspieler in einer Komödie.
„Ich wollte bei euch sein, wenn es passiert“, sagte ich.
„Es ist in der Zeitung“, erwiderte mein Vater. „Plötzlich steht man im Mittelpunkt dieser Sache.“
„Der Klimakrise“, korrigierte ich, als hätte mein Vater das auszusprechen nicht über die Lippen gebracht, was ausgemachter Unsinn war.
Interessant fand ich, dass sein Vater "diese Sache" sagt und der Erz. ihn korrigiert, als hätten sie sich schon früher darüber gestritten. Und auffällig, wie distanziert die Eltern auf den Brand reagieren, als hätte er nichts mit ihnen zu tun. Auf sein "Angebot", bei ihnen zu sein, wenn es passiert, reagiert der Vater wieder total distanziert, da ist keine Freude über den Sohn, dass der an ihrer Seite sein will, kein Angst vor dem Brand zu spüren, vor den Folgen, nichts. Interessant auch, dass der Erzähler vorher schon selbst bei einem "Es" ist, jedenfalls, wenn du das Pronomen absichtlich benutzt hast, als wollte er selbst eine entsprechende Tatsache nicht aussprechen, nicht in den Mund nehmen. Obwohl er den Vater korrigiert, als der beschönigend "diese Sache" sagt.
Der Erz., das fiel mir auf, wirkt irgendwie eigenartig entwurzelt, isoliert. Obwohl er schon längst woanders lebt, ein neues Zuhause hat, ist das neue nie zur Heimat geworden, das Haus seiner Eltern ist immer noch das eigentliche Zuhause, er muss ja sogar richtigstellen für den Leser, dass die Haustüre nicht die eigene Haustüre ist, sondern die seiner Eltern. Und das alles, obwohl er hier wohl schon lange nicht mehr war, und sich in großer Distanz zu den Eltern befindet. Ich vermute, diese Distanz existiert nicht erst, so denke ich mir das jedenfalls, wenn er so auf seine Eltern schaut, seitdem er feststellt, dass sie ihre Maßstäbe verändert haben. Er ist sehr fixiert auf das Früher, kennzeichnend für mich die Stelle, als er empörter darüber ist, dass die Kakerlake sich im Hause seiner Eltern befindet als darüber, dass ihre Eingeweide auf seiner Hand kleben.
In dieses alte Zuhause, das schon gar nicht mehr sein Zuhause ist, dringen nun (das ist sehr horrormäßig gedacht) die Insekten ein. Sie stechen nicht, gehen auch nicht ans Brot wie das die übliche Kakerlake tun würde, lassen sich kinderleicht zerquetschen, sind nicht "widerständig". Schönes, altes Wort übrigens, das ich so noch nie auf Insekten angewendet gesehen habe, aber es passt. Diese Viecher erschrecken mehr durch ihre Menge, ihre Schleimigkeit, durch das komische Verhalten, das unaufhörliche, stete, leise Eindringen in alle Bereiche.
Den Erzähler stört zunächst die Anpassung und Gefasstheit der Eltern auf die Insekteninvasion, sie haben sich einfach so ihr "Früher" wegnehmen lassen. So sehr, dass er zunächst schnell wieder weg will. Doch dann erlebt er eine seltsame Katharsis. Er ekelt sich nicht mehr vor den Vorboten des Unheils, sondern ist ihnen zugehörig. Wird tatsächlich im übetragenen Sinne Teil eines größeren Ganzen.
Auf einmal fühlte ich mich selbst wie eine Gewitterfliege, die in einem fast wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis zu jenen Kakerlaken stand. Mit diesem versöhnlichen Gedanken endlich fiel ich in tiefen, erholsamen Schlaf.

Diese Emotion lässt ihn endlich schlafen.
Der Text lebt von einer eigenartigen Schwüle und Anspannung, der Erzähler wartet auf die Erlösung, auf den normalen Ablauf, die auf Schwüle folgt, auf das Gewitter, den Ausbruch, den Regen, die Erlösung, aber alles lässt auf sich warten. Nur die Vorboten werden beharrlich immer mehr und mehr. Sehr schöne und auch sehr eklige (das ist jetzt ein Kompliment) Insektenszenen sind das übrigens. Nur fühlt er sich nun selbst gar nicht mehr abgeschreckt von den Vorboten, sondern zugehörig, als wäre er selbst ein Vorbote oder Teil der Katastrophe. Ja, irgendwie denke ich das so, und die Konfrontation mit dem Brand gibt mir da irgendwie recht. Er fürchtet sich nicht, sondern riecht sehr heimelige Erinnerungen, die allerdings auch schon etwas verfremdet sind, wenn ich da an den Freizeitpark-Lederhelden denke. Der Schluss des Textes "erlöst" ihn und den Leser von der Anspannung auf fiese Weise: Der Ausbruch, das Gewitter kommt zwar, aber es fällt kein Regen. Nichts ist, wie es war, nichts wird wieder gut.

Viele Grüße von Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

@Carlo Zwei
Echt interessant, wie jeder deinen Text anders liest. Du hast den Text überarbeitet, ich beziehe mich meist auf die erste, älteste Version. Inzwischen dominiert das Umweltthema. Ich hatte den Text eher familienpsychologisch gelesen.

Zur Anfangsversion:
Der Text hat etwas unfertiges. Die Richtung, in die er sich entwickeln könnte, spiegelt die Erwartung des Lesers, so liest ihn jeder in seiner Fassung. Deine Texte handeln über das komplizierte Einfinden ins erwachsene Leben, den melancholischen Verlust der wohligen Behütung, der Wunderlichkeit über das Unerklärbare in der Entwicklung des Jugend-Ichs zum Erwachsenen-Ich. Da fällt es mir schwer, den Besuch des Erzählers in einem anderen thematischen Rahmen zu lesen. Seine Besuche scheinen gelegentlich vorzukommen, sind keine Raritäten, sind aber auch kein Alltag. Der Abgleich mit dem, was früher war, scheint dem Erzähler relevant zu sein. Zu den Eltern: Sie gärtnern sich in die Rente. Wohlhabend, am Sohn nicht desinteressiert, sondern ihm einen großen, sanften Freiraum lassend, passiv. Sie erwarten nichts. Sie fordern nichts. Sie bitten um nichts, sie brauchen nichts, sie verlangen keine Hilfe, der Vorschlag der Mutter könnte der einer Servicemitarbeiterin sein ("Magst du dir das ansehen"). Ganz dandyhaft darf der Sohn durch das große Haus streunern und sich seiner Wahrnehmung hingeben. Überspitzt formuliert.

Eine Kakerlake von der Größe einer Schreckschusspatrone. Kurzentschlossen erschlug ich das Tier mit der flachen Hand und tatsächlich zerplatzte sein Körper augenblicklich und mit einem Geräusch, das ungefähr so klingt: Krrk.
Handelt und spricht ein erwachsener Mensch so? So unreif sein Verhalten. So infantil. Aber er kann sich ausdrücken, wenn auch umständlich, er hat etwas Beobachtendes und Analytisches an sich. Berliner Südkreuz sagt er zuvor, wer sagt denn Berliner Südkreuz? Warum nicht Südkreuz, er lebt im Osten. Oder die Beschreibung des Gartens:
Als meine Eltern außer Haus waren, ich allein in unserer großen Küche saß, tat ich nichts, außer in den gut bewässerten Garten zu starren, den meine Mutter mit grünem Daumen pflegte. Alles wie immer:
Dieser Satz, ich mag ihn. Die ausführlichen Beschreibungen einer völligen Banalität. Und dann vergreift er sich an einer Plattitüde: Grüner Daumen! "Er pflegt mit grünen Daumen", das könnte ein Satz aus der Wochenendbeilage einer Lokalzeitung sein. Für alle nett formuliert, harmlos geschrieben, kein Straßendeutsch, liest sich locker weg, Schriftsprachenbanalität.
Ich hätte sie jagen, mit einer alten Zeitung meines Vaters erschlagen oder in einem Glas nach draußen geleiten können. Doch die Initiative fehlte. Unentschlossen beobachtete ich ihr Kreisen. Ein kaum vernehmbares sssss, das so in der Luft hing. Ich ließ sie fliegen.
Interessante Szene. Er muss doch gar nicht handeln. Ruhig liegt er in seinem Zimmer, da sind zwei Fliegen. Sie nerven nicht, sie sind einfach da. Sie surren bisschen umher. Aber der Erzähler sinniert über die Möglichkeit einer Handlung. Er macht sich aktiv. Er hat auch, finde ich, etwas "mittelpunktiges" an sich, vielleicht eine leicht narzisstische, überselbstbewusste und arrogante Note. Ausgedienter VW Phaeton, die mentale Abwertung eines Oberklassenautos, das sind Feststellungen eines Statuskindes. Für mich ein komischer Kontrast zur Infantilität seines Verhaltens. Was denkt dein Erzähler über sich selbst? Er weiß viel, aber weiß er wirklich viel? Auch das wäre eine denkbare Richtung für deinen Text: Das Selbstbild des Erzählers als Erwachsener im komischen Kontrast zu seinem kindischen Verhalten.

Ja, dieses Klimathema, ich hab' ma' ein Buch gelesen, über Waldbrände im Züricher Raum, schön geschrieben, jeder Satz eine kleine Perle verbalen Schaffens, fein, fein, dieser satte Stil, und am Ende gärte alles in wunderbaren Waldbränden, Mensch und Haus und Wald. Okay, das nur als unwichtige attributive Ergänzung (UWAE).

Lese ich deinen Text "entwicklungspsychologischer" kann ich das Klimathema nicht aus der Identität des Erzählers wegdenken. Ich kann das nicht als lockeren Hintergrund zwecks zeitgenössischer Referenz annehmen, sondern frage mich, was das Klimathema über seine Identität aussagt. Bekenntnis zur Wissenschaftlichkeit, zur Intelligenz, zur Globalverantwortung des Menschen im Hochindustrieeuropa? Thema Status: Auch Bildung ist Status. Es ist irrsinnig simpel, die Folgen des Klimawandels als drängendstes politisches Thema anzuerkennen, ohne auch nur irgendwas zum Klima zu wissen. In diesem Setting ordne ich deinen Erzähler an. Es geht im partout nicht um das Klima, sondern um Bildungsstatus, um etwas besser zu wissen, als seine Eltern. Das nur als eine Idee.

Doch der Regen, der das Feuer hätte löschen können, blieb aus.
Das reinigende Gewitter hätte eine Entwicklung abgeschlossen, egal, welcher Art - hier bleibt das Gewitter ein Gewitter, mehr nicht, der Erzähler steht, er wird nicht herausgefordert werden, seine Identität bleibt fest, sein Verhalten, nichts wird sich ändern. Finde den Abschluss ganz passend.


So. Das war's.

Lg aus Schmallenberg (da wohne ich jetzt)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Carlo Zwei ,

ich mag es ja eigentlich schräg und möchte nicht unbedingt für alles eine Erklärung haben, aber ich steige hier nicht durch. Zum einen hab ich den Eindruck, es sind viel zu viele Metaphern für eventuell viel zu viele Themen, und dann empfinde ich die Sprache als ziemlich 'unaufgeräumt', unsauber. Es gibt einige - offensichtlich absichtliche - Wiederholungen, für die ich keinen Sinn erkenne. (Mag an mir liegen.) Hier meine ich: das ständige "selbstverständlich" des Erzählers, ein Overkill an "wie"-Vergleichen, viele unds.

[P.S. Ich kommentiere die Version von heute.]

Wie Kiroly bekomme ich den Erzähler nicht eingeordnet - er ist wohl Mitte 20: Ausgezogen zu sein ist noch ein emotionales Thema, es gibt auch keinerlei Hinweise auf sein Leben / seine Identität außerhalb des Elternhauses bzw. des Sohn-Seins. Dann aber ist er naiv wie ein Zehnjähriger, sodass ich maximal einen Teenager sehen kann. Ich frage mich, ob er geistig oder intellektuell beeinträchtigt sein soll. Und auch, ob die Insekten in der Geschichtslogik faktisch da sind oder lediglich eine Metapher, damit Halluzination (dafür spricht etwas *) im Text selbst).

Apfelsaftschorle mit etwas zu viel Sprudel
Ich könnte nicht sagen, wie man bei einer Schorle "etwas zu viel" von einfach "zu viel" unterscheiden könnte.
Mein Vater faltete seine Zeitung [mehrfach] zusammen und dann noch einmal und noch einmal und noch einmal und legte sie auf den lackierten Küchentisch, wie früher,[Lieber Punkt und ohne 'und' neu starten] und gab mir einen Kuss
Die lange Kette funzt für mich nicht. Wenn du diese Schlaglichtbeobachtungen willst, schreib das lieber als Schlaglicht. Hast du an anderen Stellen auch.
„Der Grunewald brennt“, sagte ich, als wäre das eine geeignete Gesprächseröffnung.
Der Satz gefällt mir. Im Intro klingt es aber, als sei das mit der Haustür (auf der du ja ziemlich - für mich zu oft - herumreitest) nicht im übertragenen, sondern konkreten Sinne gemeint: Dass es bei den Nachbarn gegenüber brennt. Da hab ich Drama vor Augen. Jetzt ist das aber weiter weg (wenn auch relativ weit) und ich weiß nicht, von was für einem Ausmaß die Rede ist. An dieser Stelle muss ich einiges korrigieren, was ich vorher dachte - wenn das mit dem Brand weiter weg ist (zumindest als das Nachbarhaus), ergeben die ganzen Gedanken um das Elternhaus ("mein Name an der Klingel" etc.) eigentlich keinen Sinn mehr. Dann nmlich trifft das mit dem Brand 'vor der eigenen Haustür' (im Gegensatz zu Kalifornien oder Australien, Spanien ...) ja nicht nur den Erzähler, sondern alle Leute, die im weiten Umfeld des Grunewald wohnen. Irgendwie ergibt dieser ganze Aufbau imA keinen Sinn.

„Ich wollte bei euch sein, wenn es passiert“, sagte ich.
Wenn? Also war das zu erwarten gewesen? Es klang eigentlich wie etwas nie Dagewesenes, Überraschendes.

Schon das erschließt sich mir nicht: Es wird erwartet, dass im nahegelegenen Grunewald ein Großbrand ausbricht, weil: Klimawandel. Der Sohn lebt inzwischen etwas weiter entfernt. Dann brennt der Wald (eine potenziell lebensbedrohliche Situation - frag meine Cousine, die mit ihren Kleidern am Leib und der Katze ins Kopfkissen gesteckt aus Lahaina fliehen konnte; ihr Haus ist Asche). Jetzt fährt der Sohn zu den Eltern, quasi ins Feuer - wieso flüchten die nicht zu ihm? Er kann doch gar nix gegen ein solches Feuer ausrichten; und wenn es gar nicht so groß ist, warum will er dann bei den Eltern sein, als wäre klar, dass die das nicht überleben?

Dann sagt er am Ende etwas von "Rauchschwaden" - wie groß ist denn das Feuer? Da ist ein Absperrband, aber keiner löscht. Ist das ein kleines Feuerchen mit einer einzigen Rauchsäule oder ist der Himmel schwarz vor Qualm? Ist es nicht heiß? Hat der noch klare Sicht? Der Erzähler steht da und es klingt, als sähe er das im TV, da ist Sensorik vom bevorstehenden Gewitter, aber null vom Feuer. Bei diesen Bränden ist es so heiß, dass - was sonst nur in geschlossenen Räumen passiert - eine Rauchgasentzündung (Flashover) stattfindet, die Rußpartikel in den Wolken selbst brennen. Das ist extrem gefährlich und sieht extrem dramatisch aus. Es ist laut, es entsteht stürmischer Wind. So ein Szenario beschreibst du nicht - dann ist das ein kleiner, lokaler Brandherd, kein Klimawandel-Inferno. Da passt imA die schwüle Stimmung vor einem Gewitter auch null mit der Situation eines Waldbrandes zusammen.

„Willst du es sehen?“, fragte meine Mutter.
Von der Position her / Bezug: Was es? Das Klimakrise? Das Waldbrand?
Als meine Eltern außer Haus waren, ich allein in unserer großen Küche saß, tat ich nichts, außer in den gut bewässerten Garten zu starren, den meine Mutter mit grünem Daumen pflegte.
Da würde ich ein präziseres, klareres Bild vorziehen: Ich saß allein in der Küche und starrte in den etc. Vielleicht so. Ich möchte nicht durch jeden minutiösen Gedankengang eines Erzählers geschleift werden, das hier ist ja eine Geschichte, kein Liveprotokoll.
Ich erwarte von einem Erzähler, dass er - denn immerhin hat er genug Gelegenheit, sich massig Gedanken zu Vergangenheit / Gegenwart / Veränderungen zu machen und alles in Metaphern zu verpacken! - sich strukturiert, bevor er mir Leser etwas anbietet. Nicht nur strukturiert auf Symbolebene, sondern auch Plot- und Satzstruktur-Ebene. Letzteres beides ist imA ganz wesentlich zu kurz gekommen.
Ich bemerkte nicht, wie sich etwas Kleines, Flinkes meiner auf dem Tisch ruhenden Hand näherte.
Bist du sicher, all diese Details in deine Sätze quetschen zu müssen?
Und ich glaube nicht, dass ich bemerkte nicht, dass *Beschreibung* passiert semantisch möglich ist, selbst, wenn das im Rückblick geschildert wird.
Ich bemerkte nicht, wie sich etwas Kleines, Flinkes meiner auf dem Tisch ruhenden Hand näherte. Erst als es auf ihr krabbelte, entdeckte ich das Insekt: Eine Kakerlake von der Größe einer Schreckschusspatrone.
Ganz ehrlich: Schreckschusspatrone ist keine Referenz, die - zumindest mir - irgendeine Hilfe wäre. Dabei hab ich in grauer Vorzeit mal mit einer Luftpistole geschossen. Die Patronen da waren winzig, vielleicht wie Schrot, obwohl die Pistole recht groß war (also eher eine Fake-Magnum, kein Mini-Damenrevolver). Aber Kakerlaken haben doch eher Fingerlänge.
Doch das Brot blieb Brot: Braun, ruhig, beständig.
Das ist für mich total drüber, sorry. Klingt schon albern, und da bin ich langsam sicher, dass der Erzähler irgendeine Behinderung hat. Aber das soll nicht, oder?
: braun, (da kein vollständiger Satz folgt.)
„Ja, früher“, meinte mein Vater. „Aber die Kakerlaken sind nicht das größte Problem.“
So kurze Ansagen mag ich sehr gern. Könnte auch etwas fließender:
„Früher“, erwiderte mein Vater. „Aber Kakerlaken sind ja nicht das Problem.“
In den folgenden Stunden beobachtete ich, wie meine Eltern mit je einer Fliegenklatsche, goldglänzende Fliegen zerquetschten.
Zweites Komma raus.
Selbstverständlich
Schon wieder. Ab einem Punkt funktioniert das für mich nicht mehr.
Wo ich sie bemerkte, zerquetschte ich sie auf der Haut oder streifte sie mir ganz einfach von Armen und Beinen.
Ist das nicht dasselbe? Wenn man die abstreift, verschmiert = zerquetscht man die ja auch. Da ein 'oder' zu lesen lässt mich sonstwas erwarten, und dann kommt nix - nix wesentlich anderes jedenfalls.
Wie meine Eltern das Problem mit den die Kakerlaken und Fliegen tolerieren konnten, war mir ein Rätsel, doch wahrscheinlich hatten sie sich bloß an diesen Zustand gewöhnt.
Hier erwartete ich, dass sich die Geschichte in eine bestimmte Richtung bewegt, der Autor quasi offenlegt, ob das alles eine Manie des Erzählers, Massenpsychose / Halluzination ist oder aber das Ganze in eine dezidiert spekulative Richtung geht. Denn es ist ja klar, dass der Erzähler die Insekten ganz genauso toleriert (kroch auf seiner Hand, ohne, dass er es bemerkt, beteiligt sich am fröhlichen Fliegenklatschen etc.). Das aber tritt irgendwie nicht ein. Dann bleibt nur eine geistige Behinderung. Oder ich steh selbst ganz massiv auf dem Schlauch.
Anderen mag es vielleicht wie eine Kleinigkeit erscheinen, sie mögen sich denken, was will er mit diesem Fleckchen Grün.
Frage -> Fragezeichen. Dann müsste ein Doppelpunkt vor die Frage. Ich nehme an, du hast es so, weil der Folgesatz bereits einen Doppelpunkt hat. Kann nicht einer durch einen Gedankenstrich ersetzt werden?
Der Rasen in unserem Vorgarten war – und das sah ich erst, als ich selbst darin stand
Der Bezug ist der Rasen -> darauf stand.
Ich rieb mir die Gewitterfliegen von den Armen, ohne mich zu vergewissern, ob überhaupt welche da waren, doch so fühlte es sich in diesem Moment an.
No shit, Sherlock! Ansonsten gefällt mir diese eher unforcierte Schrägheit (im Sinne von: nicht mit Symbolen / Metaphern überladen, nicht zu wortreich) aber absolut gut. ImA benötigt die Geschichte ganz wesentlich mehr solcher Sätze: Klare Ansage, klares Bild, vielschichtige Aussagemöglichkeiten. Ohne ständige natürlich, selbstverständlich, als, wie etc.
Als erwartete ich das Gewitter. Als läge da eine Spannung in der Luft, die dazu führte, dass der ganze schwitzende Körper juckte und nach Erlösung schrie.
Mir zu viel Pathos. Auch hier würde ich es knapper schöner finden. Hier mit als + Konjunktiv zu starten, finde ich seltsam - ist da jetzt Spannung / niedriger Luftdruck oder nicht? Faktisch? Ist das schon 'als ob' und daraus strickst du weitere 'als obs'? Das funzt imA echt nicht. Das geht auch nicht als unzuverlässiger Erzähler, denn wenn man das dann alles infrage stellen soll, bleibt von der Geschichte gar nix mehr übrig - und unzuverlässige Erzähler sollten wohl eher verschiedene Implikationen andeuten, dass da eine Ambivalenz entsteht, eine Unsicherheit beim Leser - aber eben eine quasi 'konkrete, gesteuerte Ambivalenz', keine 'wie auch immer'. Ist das irgendwie verständlich?
„Willst du nicht zum Abendessen kommen?“, fragte meine Mutter, wie früher.
Das klingt, als wäre der Erzähler außerhalb des Hauses. Wenn man von diesen klassischen Reihenhäusern ausgeht, liegt sein ehemaliges Kinderzimmer bestimmt im Obergeschoss, dann könnte sie hier vllt. "Kommst du zum Abendessen runter?" fragen.
Durch die starke Betonung des Zuhause vs. neuer Wohnort im Intro fällt diese Formulierung sicher auch über die Maßen auf.
Bereits schaute ich nach einer Zugverbindung, die mich noch heute in mein neues Zuhause bringen konnte. Das war in Halle und hundertachtzig Kilometer entfernt und sicher gab es auch dort Kakerlaken, Fliegenplagen und Dürre. Halle aber war nicht meine Heimat und vielleicht schmerzte der Gedanke auch deshalb weniger. Doch wegen einer Zugstörung fiel die letzte Verbindung aus und außerdem kam ich mir einigermaßen lächerlich vor, so buchstäblich vor der Realität fliehen zu wollen.
Meint er damit seine aktuelle Wohnung oder eine, die er z.B. neu angemietet hat, die in einer dritten Stadt liegt?
Das sind mir viel zu viele Details - da ist imA auch keine Klarheit drin: Ich wohne daundda, das ist soundsoweit weg, da haben die sicher dieselben Probleme (aber er kam doch grad im Elternhaus an, wieso muss er hier vermuten?), aber eigentlich ist das für den Erzähler doch nicht wichtig. Warum nicht? Er betont (imA zumindest) doch die ganze Zeit, und zwar auch durch all die vagen, wortreichen Formulierungen, wie stark er sich von seinem Elternhaus emotional abgekoppelt hat ("mein Name steht schließlich auf der Klingel etc.). Jetzt behauptet er, die Heimat / das Elternhaus hätte die größte Relevanz, das wäre die eigentliche Realität (obwohl nix im Haus, an den Eltern irgendwie besonders real wirkt), und sein alltägliches Lebensumfeld wäre "Flucht vor der Realität". Was genau ist denn jetzt das Problem des Erzählers?
Als ich endlich zur Ruhe gekommen war, bemerkte ich, dass zwei Fliegen im Zimmer kreisten. Wie konnte das sein? Die Tür war doch verschlossen. Wie waren sie also ins Zimmer gelangt? Oder hatten sie gar nicht erst hineinfinden müssen, waren hier womöglich erst geschlüpft oder auf anders eigenartige Weise zum Leben erwacht? Ich hätte sie jagen, mit einer alten Zeitung meines Vaters erschlagen oder in einem Glas nach draußen geleiten können. Doch die Initiative fehlte. Unentschlossen beobachtete ich ihr Kreisen. Ein kaum vernehmbares sssss, das so in der Luft hing. Ich ließ sie fliegen. In der Nacht wurde ich jäh geweckt, ich spürte, wie sich etwas auf mir bewegte. Als ich das Licht einschaltete und die Decke lüftete, sah ich, wie sich darunter einige der fremdartigen Kakerlaken tummelten, wie sie auf meinen Pyjama krabbelten und über meinen Körper. Ich hätte schreien müssen vor Schreck, sie zumindest abschütteln oder zerquetschen, doch ich ließ sie gewähren. Sogar auf die Hand nahm ich eine von ihnen und besah sie mir genauer. Bald verstand ich, dass sie es auf die Gewitterfliegen auf meinen Armen und Beinen abgesehen hatten. Ob sie sie fraßen, fiel mir schwer zu beurteilen. Jedenfalls gesellten sie sich zu ihnen. Auf einmal fühlte ich mich selbst wie eine Gewitterfliege, die in einem fast wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis zu jenen Kakerlaken stand. Mit diesem versöhnlichen Gedanken endlich fiel ich in tiefen, erholsamen Schlaf.
Das hier klingt für mich wie eine ganz andere Geschichte. Hier fließt der Plot, das sind klare Abfolgen, klare Aussagen. Hier ist das Schräge angenehm schräg, es verspricht, dass die Geschichte eine Wendung nimmt. Ich erwartete schon, dass die - ich sag mal - symbolische Identität der Fliegen mit seiner Identität in spekulativem Zusammenhang steht. Dass er irgendwie plötzlich zu den Fliegen gehört (im symbolischen Sinne). Mit ihm hier eine Veränderung vorgeht, die ihn vllt. sowohl vom Elternhaus wie auch seinem eigenen Wohnort entfernt, entfremdet. Das war aber wohl gar nicht deine Absicht, wie ich dann lese.
*) zu oben.
Am nächsten Morgen, noch vor dem Frühstück, fuhr ich mit dem Auto meiner Eltern, einem ausgedienten VW Phaeton, in Richtung Grunewald.
Das ist doch jetzt mal echt Latte, sorry.
Nahe der Avus stellte ich den Wagen ab und gelangte über Betriebsgelände, Parkplätze und Absperrband in den Wald.
Ich hab 20 Jahre in Berlin gewohnt und selbst ich krieg hier kein Bild - muss das in den Text? Wenn dir das Setting da wichtig ist, nimm dir lieber die Zeit und beschreib das bissl mehr sensorisch. So hilft mir das nix.
Der Geruch ähnelte dem von Lagerfeuer und unweigerlich musste ich an Stockbrot und einen mit Federschmuck und Ledertracht verkleideten Mann aus einem beliebigen Freizeitpark denken.
He Who Must Not Be Named? :schiel: Du verlässt hier die Ebene der Erzählung und sagst das als Autor. Damit glaube ich nicht mehr, dass es die Assoziation deiner Figur ist.

Auf einmal fühlte ich mich selbst wie eine Gewitterfliege, die in einem fast wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis zu jenen Kakerlaken stand.
Das sieht aber eher nach einem parasitären Verhältnis aus, bei dem die Fliegen die Opfer sind. Das aber killt dann deine Symbolik (bei der ich auch so nicht durchsteige - er ist die Fliege, die seine Eltern mit der Klatsche töten? Wieso, wo ist das Problem mit den Eltern?).
Diese empathische Verbindung Erzähler-Fliegen wird einfach so behauptet, damit machst du ja aber letztlich gar nix (die Bettszene ausgenommen, aber davon sehe ich keiner Konsequenz im Plot). Und was hat das alles mit dem Waldbrand und dem Klimawandel zu tun?

In der Ferne sah ich Rauchschwaden aufsteigen. Hier blieb ich stehen und schaute dem Spektakel eine Weile zu.
Bissl heavy handed, oder? Das kannst du besser. Was spricht dagegen, die Aussage konkret zu formulieren? Ich sah XY aus der Ferne zu.
Wohin willst du mit dem "Spektakel"? Ist das kindisch-naiv oder empathielos-zynisch? Oder nur unbedacht gewählt?
In ebendiesem Moment brach der Himmel auf, es donnerte, blitzte und in der Ferne brannte der Grunewald. Doch der Regen, der das Feuer hätte löschen können, blieb aus.
Ein Problem, das sich imA durch den gesamten Text zieht: du verbindest Sachverhalte, die so nicht in logischer Verbindung stehen: In diesem Moment (...) brannte der Grunewald. Nee, der brennt ja schon die ganze Zeit.
Und wenn du den Satz mit 'Himmel aufbrechen' startest, erwarte zumindest ich, dass das Regen bedeutet. Denn Sonnenlicht (die einzig andere Möglichkeit) erscheint mir bei Blitz & Donner unpassend.

Letztlich komme ich mit dem Aufbau nicht klar und erkenne damit den Konflikt auch nicht: Den Rahmen bildet der Waldbrand, der in der Nähe, aber nicht direkt vor Ort ist. Damit verbunden das Thema 'Eltern/Elternhaus'. Dazwischen kommen Gewitterfliegen. Die ja eigentlich bei Gewitter kommen - das Gewitter, das im Text gar nicht vorkommt. Auf Strukturebene wie mit der Kakerlake, die er beschreibt als etwas, das er gar nicht bemerkt hatte.
Für mich sind hier zu weit voneinander entfernt liegende Motive und Themen:
- Klimawandel / Waldbrand
- Eltern/Elternhaus bzw. emotionale Verortungen und ggfs. Entfremdungen und damit verbunden Verhaltensmuster, die nicht aufgebrochen werden (Müssten sie das denn unbedingt? Das Verhalten der Eltern ist ja nicht irgendwie problematisch.).
- Fliegen und Kakerlaken und der - überspitzt gesagt - Bodyhorror damit.
- Dazu: Das Phlegmatische, Unbeteiligte, das sich durchzieht, bei Erzähler wie auch Eltern. Das widerspricht imA dann dem Damals/Jetzt- wie auch dem des Heimat/eigene Wohnung-Gegensatz.


Die Kernpassage, wo der Erzähler im Bett liegt und sich von den Fliegen bekrabbeln lässt, verbirgt in meiner Leseweise die eigentlich Geschichte und trägt die Spannung. Aber ich sehe nicht, dass sich danach etwas ändert - da wird also eine Metamorphose angedeutet, die nicht stattfindet.

Noch ein Detail, das mir das Verständnis und Erfassen der Geschichte erschwerte: Die Verortungen, was 'nah' und was 'fern' ist, sind entweder absichtlich stark unzuverlässig (dann erkenne ich den Sinn nicht) oder spontan gesetzt und nicht als Blicklinie / Leserverortung nacheditiert. Das finde ich durchaus relevant, denn darüber wird ja der Plot aufgezogen.

Sorry, Carlo, das ist ne Menge Nölerei. Für mich zumindest ist unklar, was du erzählen möchtest und die stark naiv-unverständige Erzählstimme erschwert es zu selektieren, was davon eigentlich glaubwürdig ist und was nicht. Im Kern sehe ich eine super spannende Geschichte um (vielleicht!) Entfremdung vom Selbst und das Abgleiten in eine seltsame, ggfs. spekulative Akzeptanz einer neuen Realität.

Ich hab keine deiner Antworten gelesen, und bin echt extrem gespannt, was dein Plan war.
Alles Liebe,
Katla

 

Lieber @FlicFlac ,

danke dir für den Kommentar. Nach den beiden Kritiken von Greenwitch und dir habe ich ja noch mal ordentlich umgestellt. Dabei habe ich mich natürlich auch von euren Rückmeldungen inspirieren lassen.

Genau genommen, war es nicht meine Haustür
Da kann das Komma weg, denke ich.

ja, ist raus.

Meine Eltern bestätigten mir diese Tatsache.
Sehr nüchtern, wie in einem Bericht; da wär mir lieber, du beschreibst, wie sie das machen, das Bestätigen dieser Tatsache.

Komisch, beim Islandtext, bist du da, wenn ich mich richtig erinnere, mitgegangen. Der Berichtstil hat (so sehe ich das zumindest) ja im Kontext schnell eine lakonische und darin dann kontextabhängig auch zynische Art. Nüchtern betrachtet ist eben vieles, was unsere Münder so verlässt Bullshit oder einfach redundantes Gelaber.

„Der Klimakrise“, korrigierte ich, als hätte mein Vater das auszusprechen nicht über die Lippen gebracht, was ausgemachter Unsinn war.
Da verschwimmt mir der Bezug. Was ist ausgemachter Unsinn? Die Krise oder dass der Vater das Wort auszusprechen nicht über die Lippen bringt... und außerdem: Sagt man das so? "Ich bringe das auszusprechen nicht über die Lippen .. klingt wie zwei parallele Aussagen.

Verstehe, was du meinst, sehe aber das Problem nicht.

Was mich am meisten ekelte, war nicht der Umstand, dass ihre Innereien an meiner Hand klebten, sondern, dass diese Szene sich hier im Haus meiner Eltern zutrug. Das war nicht wie früher
1. Selber schuld ;)
2. Die Szene ist schon vorbei, also: 'zugetragen hatte'?

Könnte man so machen. Aber die Szene spielt sich doch gerade noch ab. Ich denke, man hat dann einfach eine leicht andere Aussage. In dem Fall müsste beides möglich sein.

wie meine Eltern mit je einer Fliegenklatsche, goldglänzende Fliegen zerquetschten
Beim Töten mit Klatsche stelle ich mir was anderes vor als zerquetschen, so was wie erschlagen.

habe ich geändert. Danke dir.

waren sie womöglich erst geschlüpft oder auf anders eigenartige Weise zum Leben erwacht
Zum Leben erwacht? auf eine andere -- eigenartige -- Weise? Auf welche Weisen kann man denn zum Leben erwachen?

Ich mag gerade, dass das so offen ist. Ich möchte, dass beim Leser eine Ungewissheit entsteht, im besten Falle eine dahingehend unangenehme Ratlosigkeit wie bei einem Schatten, der sich hinter einem Vorhang abzeichnet, dessen Form man aber nicht so ganz einordnen kann. Das ist auch Teil meiner Vorstellung von Horror bzw. der Grund, warum ich das so getaggt habe.

Danke dir noch mal für Zeit und Kommentar. Und bis ganz bald!
Carlo


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Zu dir, guter Freatle (@Friedrichard )

wie immer eine Freude, dich unter einer Geschichte zu lesen.

Eine (historische) Geschichte, die ich in den August 2022 (Waldbrand in Berlin) „lokalisieren“ würde,

so ist es

Da tut der Wald-Brand im August 2022 (Berlin würd ich da tippen) nichts zur Sache, wenn die halbe Welt bereits brennt – fast immer menschengemacht und sei’s eine weggeworfene Kippe, was eh einer Brandstiftung gleichkommt, und wo keine Brandschneisen gelegt sind ist die Katastrophe vorherbestimmt …

und nichtsdestotrotz oder gerade deshalb kommt die gut bürgerliche Familie in nächster Nachbarschaft auf die Idee, dass man jetzt die eigentlich immer noch völlig sicherheitsgesättigte Blase verlässt.

Gesprächsöffner
der wohl dem Dosenöffner (can/tin opener) nachgebildet ist, wobei mir im Augenblick auch nix besseres einfällt.

geändert: Gesprächseröffnung. Das müsste passen. Bisschen wie beim Schach.

– könnte es da sein, dass Qualm die Luft reinigt?
erledigt sich von selbst in der Definition des Qualms aus „flüchtigen Rückständen“,

Fand das eigentlich als Rätsel ganz spannend. Aber die neue Version gefällt mir viel besser.

Mit guten Grüßen und Dank für Zeit, Kommentar und Freatle-Gedanken.
Carlo

 

@Peeperkorn ,

sehr schön, von dir zu lesen. Danke, dass du bei diesem Text vorbeigeschaut und kommentiert hast. Mal etwas anderes. Ich habe tatsächlich große Lust auf solche surrealen Texte aktuell; vielleicht auch nachdem ich die Kurzfilme von Wes Anderson zu den Kurzgeschichten von Roald Dahl gesehen habe, die ich als Kind echt geliebt habe. Ich hoffe, dass der Text in der aktuellen Fassung mit dem überarbeiteten Ende den Knoten, der sich da mit dem kleinen Rätsel um den Qualm gebildet hat, lösen kann. Fühlt sich für mich tatsächlich so an. Freut mich aber auch sehr, dass du den Text auch in der alten Fassung gerne gelesen und anregend gefunden hast. Ich kann auf jeden Fall aber auch Witches und Flicflacs Reaktion verstehen. Freue mich auf was Neues von dir.

Ganz viele Grüße!
Carlo
Auf einmal fühlte ich mich selbst wie eine Gewitterfliege, die in einem fast wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis zu jenen Kakerlaken stand

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Hey Jimmy (@jimmysalaryman ),

danke für deine Rückmeldung zum Text. Dafür muss ich mir etwas länger Zeit nehmen, steckt sehr viel drin in dem Kommentar. Cronenberg musste ich (peinlich) noch mal nachschlagen. Habe sicher auch schon ein paar Sachen von ihm gesehen. Danke auf jeden Fall für die Referenz.

Das ist so das zentrale Element: die Reaktion auf eine neue Umgebung, auf sich wandelnde Zeiten, Evolution.

Das ist, finde ich, gut zusammengefasst. Für mich sind diese Boten des Wandels der Kern der Story. Letztlich steigern sie sich ja auch alle. Die Nachricht vom Waldbrand, die Kakerlaken, die Fliegen, die Trockenheit, die Vergewisserung über den Waldbrand. Und in der aktuellen Version mit dem etwas fatalen Ausblick, dass es eben keine Erlösung gibt.

Danke auch für die Manöverkritik, immer wichtig :D
Die zwei Varianten, das horrormäßig zuzuspitzen, finde ich schlüssig und würde auf jeden Fall die zweite bevorzugen, also die Atmosphäre noch hochzufahren. Vielleicht kann ich tatsächlich, wie du vorschlägst, den Ton etwas modulieren oder – wie @Placidus gemeint hat – die Bettszene noch ausarbeiten.
Diese Marker 'früher' habe ich größtenteils rausgenommen. Jetzt wirkt es hoffentlich etwas weniger aufgepfropft und die Transferleistung ist ggf. mehr beim Leser. Guter Hinweis auf jeden Fall.

Danke für deine Ideen und Gedanken zum Text.
Beste Grüße
Carlo

 

Hallo @Carlo Zwei,

Das war nicht wie früher.
Solastalgie ist mir erst seit Kurzem überhaupt ein Begriff, aber jetzt schoss es mir sofort durch den Kopf, als ich deine Geschichte las. Nur auf Englisch. Cattle Decapitation haben ein Lied mit diesem Namen auf dem aktuellen Album und haben da nun just vergangene Woche ein Video zu veröffentlicht.

Da hast du für mich die Geschichte zum Neologismus geschrieben, der also diesen Verlustschmerz bezeichnet, wenn dir klar wird, wie deine bekannte Umgebung sich verändert, weil zum Beispiel immer öfter verdurstete Eichhörnchen an der Straße liegen oder der Bauer von Rüben zu Mandarinen wechselt. Du mischt das ja hier auch noch mit herkömmlicher Nostalgie, zurück an den Ort der Kindheit. Interessante Beobachtung des Erzählers, dass ihn diese Veränderungen an dem Ort, wo früher bei vielen immer alles besser war, mehr auffallen und ihn mehr bedrücken als an seinem heutigen Wohnort.

Mir hat das insgesamt echt gut gefallen. Dieses klebrige, schwüle Kurz-vor-dem-Gewitter-Gefühl, angepisst und vielleicht auch ängstlich, aber irgendwie trotzdem komplett entspannt weil jetzt ist eh egal, und wenn du über die verschwitzte Haut kratzt und hast danach schwarze Fingernägel von den Tierchen, das finde ich schon echt gut eingefangen. Mit den Fliegen hätte ich am Ende etwas mehr auf die Kacke gehauen wegen des Horrortags. Als er darüber nachdenkt, ob sie ihn vielleicht auffressen, hatte ich mich schon gefreut, aber dann bleibt das doch recht bodenständig. Ist auch in Ordnung, muss ja nicht in eine alberne Splatterorgie abdriften, das würde wohl auch nicht zur Story passen, aber so einen kleinen Kick dürfte es schon noch geben. Ich persönlich habe sonst diesen Effekt: Schlimmer Unfall ist schlimm, aber den zu beschreiben ist nicht gleich eine Horrorgeschichte im Sinne des Genres.

Als ich die Haustür aufschloss, war zunächst alles wie früher. Meine Mutter machte mir eine Apfelsaftschorle mit etwas zu viel Sprudel, wie früher. Mein Vater faltete seine Zeitung zusammen und dann noch einmal und noch einmal und noch einmal und legte sie auf den lackierten Küchentisch, wie früher, und gab mir einen Kuss.
Die Wiederholung ist natürlich Absicht, aber ich find’s ohne besser:

„Als ich die Haustür aufschloss, war zunächst alles wie früher. Meine Mutter machte mir eine Apfelsaftschorle mit etwas zu viel Sprudel, mein Vater faltete seine Zeitung zusammen und dann noch einmal und noch einmal und noch einmal, legte sie auf den lackierten Küchentisch und gab mir einen Kuss.“

„Der Klimakrise“, korrigierte
Das Wort würde ich rauslassen. Ich zumindest fühle mich da zu sehr an die Hand genommen.

Auch „in einem größeren Zusammenhang“
Gilt auch für diese Ahnung mit dem „größeren Zusammenhang“, das kommt ja meine ich zweimal.

fast wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis
Das zweite klingt mir zu kühl, analytisch, distanziert, ohne ist wärmer, wenn auch auf eine für den Prot unangenehme Art.

einem ausgedienten VW Phaeton
Hier habe ich überlegt, ob der Autotyp für was ganz Bestimmtes stehen soll. Also außer, dass auch der Prot Abgase in die Atmosphäre bläst. Phaeton ist ja in die Industriegeschichte eingegangen als der Versuch eines Autoherstellers für die durchschnittsverdienenden Massen, in der Oberklasse mitzuspielen. Hat ja dann nicht oder nur bedingt geklappt, weil wer die Kohle für Auto ausgibt, will Stern oder Ringe drauf haben. Woher hat der Prot eigentlich das Geld, fällt mir gerade auf? Liest sich jetzt nicht, als führe er nach Hause in die alte Villa.


Viele Grüße
JC

 

So, weiter.

Schon viel Kluges gesagt worden mittlerweile. Ich denke, da musst du dich als Autor entscheiden. Es gibt hier vieles, was zerfasert; die Sprache vor allem, und wie der Erzähler zu den restlichen Objekten im Text steht, so seltsam apathisch, is ihm drissejaal. Er kann ja tatsächlich sich so verhalten, aber du verschränkst immer wieder sehr genaue, deskriptive Passagen der Umgebung und der veränderten Wetterlage, bzw auch der Insekten: da hat er ja doch einen Fokus, er ist nicht nur passiv, passiv in der Beobachtung.

Also, auf diese Kürze, da würde ich mir einen Fokus aussuchen. Das stärkste Motiv ist hier ja ganz klar für mich diese Insekten, diese Suspense, wo kommen die her, was machen die, was soll das alles? Ich glaube, wenn wir mehr Alltag erleben würden, wenn wir mehr von dem familiären Sein erzählt bekommen würden, wie gehen die miteinander um?, was essen die, was machen die den ganzen Tag?, wie verbringen die ihre Zeit, und dann dringt nach und nach diese Insektensituation in diesen Alltag ein: das sickert dann so allmählich, unbemerkt in die Handlung, in dieses geruhsame Familiensituation. Das Feuer, die Insekten, diese vordergründige Ruhe, das ist ja fast eine Juxtaposition, absurd auch. Dieses Spiel könntest du noch weiter treiben, auf die Spitze treiben, damit polarisierst du, treibst den Keil weiter, der Riß wird deutlicher sichtbar, aber eben nicht in der Sprache des Erzählers, nicht in der Behauptung, sondern er offenbart sich in den zueinanderstehenden gegenläufigen Szenen, Natur/Insekten/Einfall vs Familienleben etc.

Ich würde eventuell auch versuchen, die Sprache zu entschlacken. In dem Island-Text passt das besser, finde ich, da ist der näher an dem Milieu und auch an einer gewissen Selbstsicht, die ist sich selber sicher, so sind wir, so bin ich, das ist richtig. Hier sieht das etwas anders aus, da müsste, wie ich finde, mehr Verunsicherung sein, also in dem Sinne: Was passiert hier eigentlich und wie verhalte ich mich dazu, muss ich mich dazu verhalten und wenn ja, wie sieht das aus? Das muss nicht viel sein, aber doch wenigstens auf die Kürze des Textes ein paar Tropen mit Symbolgehalt, ich weiß aber auch nicht, was das sein könnte. Nur eine Idee, ich weiß ja nicht, wo du mit dem Text hinwolltest bzw hinwillst. Na ja, nur noch ein paar zusätzliche Gedanken.

Gruss, Jimmy

 

danke dir für den Kommentar. Nach den beiden Kritiken von Greenwitch und dir habe ich ja noch mal ordentlich umgestellt. Dabei habe ich mich natürlich auch von euren Rückmeldungen inspirieren lassen.
Kam nicht und komm jetzt nicht dazu, ihn noch mal zu lesen, tue ich aber noch.

us.
Meine Eltern bestätigten mir diese Tatsache. Erweitern ... Sehr nüchtern, wie in einem Bericht; da wär mir lieber, du beschreibst, wie sie das machen, das Bestätigen dieser Tatsache.
Komisch, beim Islandtext, bist du da, wenn ich mich richtig erinnere, mitgegangen. Der Berichtstil hat (so sehe ich das zumindest) ja im Kontext schnell eine lakonische und darin dann kontextabhängig auch zynische Art. Nüchtern betrachtet ist eben vieles, was unsere Münder so verlässt Bullshit oder einfach redundantes Gelaber.

Ja, ich erinnere mich, nun: Da passte es dann auch. Dein letzter Satz, da steht außer Frage, dass er richtig ist.

 

Liebe @Placidus ,

danke für deine Rückmeldung zum Text. Wunderbar konstruktiv. Sehr schön :gelb:

Und in deinem Text trifft es ausgerechnet die durchunddurch bürgerlichen Grunewäldler. Die sich mit einer Fliegenklatsche bewaffnen oder lieber gleich im Bett bleiben. Passt, passt auch in die kurze Form.

Freut mich, dass du das so siehst.

wenn es passiert“, sagte ich.
Mir nicht ganz klar: wenn was passiert? Hatte man damit gerechnet, dass der Grunewald brennt?

Ja, ich habe noch eine andere Stelle, in der das so schwammig bleibt. Als die Mutter fragt, ob er es sehen will. Ich fand die Idee ganz charmant, dass das analog zu dem impliziten Vorwurf an den Vater, die Klimakrise nicht 'aussprechen' zu wollen/zu können von allen beteiligten letztlich nur umschrieben wird. Außerdem bleibt die Sache dadurch ein bisschen obskur. Am Anfang wird ja auch insofern ein Haken ausgeworfen, als der Wald 'vor der eigenen Haustür' brennt. Auch das, finde ich, trägt dazu bei, dass der Waldbrand, um den es ja eigentlich geht, hier mehr irrational aufgeladen wird.

, , wobei ich auf kleinste Bewegung achtete.
kleinste Bewegungen. Wer schon mal einen Käfer im Brot hatte, weiß, worum es geht. Aber hier steht (nach deiner Überarbeitung wohl) ein Komma zuviel.

Ist raus, danke.

Wie meine Eltern das Problem mit den Kakerlaken und Fliegen tolerieren konnten, war mir ein Rätsel, doch wahrscheinlich hatten sie sich bloß an diesen Zustand gewöhnt.
Da sind ein paar doch und bloß im Text, die es m.E. nicht braucht. Hier würde ich wenigstens das bloß streichen, am allerliebsten aber auch das doch und dafür einen zweiten Satz. Die Bezüge kriegt der Leser schon richtig hin.
Halle aber war nicht meine Heimat und vielleicht schmerzte der Gedanke auch deshalb weniger.
... vielleicht schmerzte der Gedanke deshalb weniger.

Habe den Text dahingehend noch mal redigiert, zwei, drei solcher Füllwörter sind rausgeflogen. Sie helfen ja manchmal auch nuancieren, manchmal merke ich dann nicht mehr, wo ich sie eigentlich hätte streichen können.

Ich hatte mich in mein Zimmer zurückgezogen in der Hoffnung, Abstand von all jenen unliebsamen Neuerungen zu gewinnen, die mich ereilt hatten.
Ja, ich weiß, Kleinkram. Aber da du die Neuerungen am Satzende spezifizierst, finde ich "jene" ein bisschen ungeschickt. Abstand von all den Neuerungen zu gewinnen, die

habe ich auch geändert. Danke dir. Stimmt auf jeden Fall.

In der Nacht wurde ich jäh geweckt, ich spürte, wie etwas auf mir herumkrabbelte. Als ich das Licht einschaltete und die Decke lüftete, sah ich, wie sich darunter einige der fremdartigen Kakerlaken tummelten, wie sie auf meinen Pyjama krabbelten und über meinen Körper. Ich hätte schreien müssen vor Schreck, sie zumindest abschütteln oder zerquetschen, doch ich ließ sie gewähren. Sogar auf die Hand nahm ich eine von ihnen und besah sie mir genauer. Bald verstand ich, dass sie es auf die Gewitterfliegen auf meinen Armen und Beinen abgesehen hatten. Ob sie sie fraßen, fiel mir schwer zu beurteilen. Jedenfalls gesellten sie sich zu ihnen. Auf einmal fühlte ich mich selbst wie eine Gewitterfliege, die in einem fast wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis zu jenen Kakerlaken stand. Mit diesem versöhnlichen Gedanken endlich fiel ich in tiefen, erholsamen Schlaf.
Ja, das mag ich sehr. Die Passivität. Dann werden wir halt Freunde mit den Kakerlaken und dem ganzen Problem. Die Szenerie ließe sich ohne Weiteres bis Horror steigern.

Ist eine gute Anregung. Bin ich noch dran und schaue, ob sich das machen lässt. Jimmys letzter Kommentar schießt ja noch mal in eine ähnliche Richtung.

Am nächsten Morgen, noch vor dem Frühstück, fuhr ich mit dem Auto meiner Eltern, einem ausgedienten VW Phaeton, in Richtung Grunewald.
Ich finde die zwei Einschübe in einer so einfachen Aussage (Prota fährt in den Wald) wenig elegant. Wenn du alles drinhaben willst, geht auch: Am nächsten Morgen fuhr ich noch vor dem Frühstück mit dem Auto meiner Eltern, einem ausgedienten Phaeton. Oder Satzanfang wie gehabt und dann: mit dem ausgedienten Phaeton meiner Eltern...

Habe ich vereinfacht. Guter Einwand

Sogar ich schließe daraus, dass Phaeton in diesem Fall ein Auto bezeichnet.
Wie immer bei Automodellen, musste ich auch hier nachschlagen (Bei der Stromlinie übrigens mit Gewinn: hätte ich Duster nicht nachgeguckt, wäre mir gar nicht aufgefallen, dass ich die Sommerwochen im Duster meines Chefs durch die Berge gefahren bin.

Im Gegesatz zum Duster bietet das auch eine mythologische Ebene an, die ich bei der Namensgebung des Autos negativ genial finde.

Platon (nach Wiki, CC): „Denn was auch bei euch erzählt wird, daß einst Phaïton, der Sohn des Helios, den Wagen seines Vaters bestieg und, weil er es nicht verstand, auf dem Wege seines Vaters zu fahren, alles auf der Erde verbrannte und selber vom Blitze erschlagen ward, das klingt zwar wie eine Fabel, doch ist das Wahre daran die veränderte Bewegung der die Erde umkreisenden Himmelskörper und die Vernichtung von allem, was auf der Erde befindlich ist, durch vieles Feuer, welches nach dem Verlauf gewisser großer Zeiträume eintritt.“

Und ich fand es damals einfach wahnwitzig, dass die für die damalige Bundeskanzlerin designte Bundeskanzlerinnenkarre nach dem Sohn des Helios benannt worden ist, der den Feuerwagen seines Vaters (das Sinnbild der Sonne) zu Schrott gefahren hat, weil er sich des Wagens unerlaubt bedient hat. Wer kam auf diese Namensgebung? Wer hat das abgesegnet? Und warum ist das noch nicht aufgearbeitet worden? :lol:

Dastöhr, wie die Franzosen sagen

:lol:

In ebendiesem Moment brach der Himmel auf, es donnerte, blitzte und in der Ferne brannte der Grunewald. Doch der Regen, der das Feuer hätte löschen können, blieb aus.
Ja, ein Trockengewitter. Gern auch einen zweiten Satz oder Halbsatz dazu. Sind da Wolken? Dunkelheit - gelbliches Licht? Wind?

Hab ich jetzt mal auf die Schnelle versucht. Hat nicht so gut geklappt, da ging mir zu sehr das Pointierte am Schluss verloren. Vielleicht muss ich den Text wirklich, wie Jimmy das fordert, auf ein Motiv zuspitzen. Dann könnte ich auch dahingehend (ob ich das Ende jetzt noch etwas aufmotze) besser eine Entscheidung treffen, denke ich.

Vielen Dank, Placidus, für die sehr konstruktive Rückmeldung!
Beste Grüße
Carlo

 

Liebe @Novak ,

sehr schön, dich hier unter meiner Story zu lesen. Danke für deinen Besuch! (Freut mich natürlich auch, dass dir der Text oder das Thema zusagt).

Er sagt mir sehr zu mit seiner merkwürdigen schwülen Atmosphäre. Und auch wenn ich mit anderen Auflösungen gerechnet hätte, ich mag ihn sehr.

cool! Mit was für einer Auflösung hast du gerechnet? Ich rate: so wie Proof angedeutet hat: Die Gewitterfliegen fressen ihn auf oder dergleichen :D

Der Klimakatastrophe? Überhaupt von Katastrophen?

Ja, beides finde ich zutreffend bzw. deckt sich mit dem Erzählvorhaben: die als bedauerlich empfundene, klimabedingte Veränderung (von in diesem und meinem Fall 'gut bürgerlicher' Heimat).

Interessant fand ich, dass sein Vater "diese Sache" sagt und der Erz. ihn korrigiert, als hätten sie sich schon früher darüber gestritten. Und auffällig, wie distanziert die Eltern auf den Brand reagieren, als hätte er nichts mit ihnen zu tun. Auf sein "Angebot", bei ihnen zu sein, wenn es passiert, reagiert der Vater wieder total distanziert, da ist keine Freude über den Sohn, dass der an ihrer Seite sein will, kein Angst vor dem Brand zu spüren, vor den Folgen, nichts. Interessant auch, dass der Erzähler vorher schon selbst bei einem "Es" ist
Der Erz., das fiel mir auf, wirkt irgendwie eigenartig entwurzelt, isoliert.
Er ist sehr fixiert auf das Früher, kennzeichnend für mich die Stelle, als er empörter darüber ist, dass die Kakerlake sich im Hause seiner Eltern befindet als darüber, dass ihre Eingeweide auf seiner Hand kleben.

Merke immer wieder, dass ich solche Milieu Nuancen in einigen Texten beschreibe, auch diese Gen-Y-mäßige Kompasslosigkeit. Sagen wirs mal so: weil ich mich damit ganz zu Hause fühle ... Mich interessiert das auch in seiner seltsamen psychologischen Distanziert- und Unbelebtheit. Diese Umweltmelancholie war hier aber der Main-Schreibanlass, würde ich so sagen.

sind nicht "widerständig". Schönes, altes Wort übrigens, das ich so noch nie auf Insekten angewendet gesehen habe, aber es passt

Cool, dass du das magst. Wurde hier in den Kommentaren auch infrage gestellt. Habe überlegt und versucht es zu ändern, fand es tatsächlich aber auch gar nicht verkehrt. Insofern danke für das Feedback. Dann kann ich mir noch etwas besser einreden, dass es passt :D

Sehr schöne und auch sehr eklige (das ist jetzt ein Kompliment) Insektenszenen sind das übrigens

danke!

Und danke, dass du vorbeigeschaut hast, Novak. Bis ganz bald hoffentlich :gelb:
Liebe Grüße

––––☠––––☠––––☠––––☠––––☠––––☠––––☠––––☠––––☠––––☠––––☠––––☠––––☠––––☠

Lg aus Schmallenberg (da wohne ich jetzt)

Lieber @kiroly ,

schade für Leipzig, dass es dich verloren hat. Vielleicht selbst schuld (wer weiß?), Verlust so oder so. Danke, dass du vorbeigeschaut und deine sehr coolen Gedanken geteilt hast.

Inzwischen dominiert das Umweltthema.

Für mich hatte es das eigentlich von Anfang an, heheh. Aber ich verstehe, dass es das offensichtlich nicht allein ist. Aber das Erzählen dieser etwas seltsame Familiensituation ist hier für mich nicht an erster Stelle. Als Leseeindruck auf jeden Fall wertvoll!

Zu den Eltern: Sie gärtnern sich in die Rente. Wohlhabend, am Sohn nicht desinteressiert, sondern ihm einen großen, sanften Freiraum lassend, passiv. Sie erwarten nichts. Sie fordern nichts. Sie bitten um nichts, sie brauchen nichts, sie verlangen keine Hilfe, der Vorschlag der Mutter könnte der einer Servicemitarbeiterin sein ("Magst du dir das ansehen"). Ganz dandyhaft darf der Sohn durch das große Haus streunern und sich seiner Wahrnehmung hingeben.
Er hat auch, finde ich, etwas "mittelpunktiges" an sich, vielleicht eine leicht narzisstische, überselbstbewusste und arrogante Note
Ausgedienter VW Phaeton, die mentale Abwertung eines Oberklassenautos, das sind Feststellungen eines Statuskindes

Wieder mal ein Wink für mich, dass ich den Text (und auch andere Texte von mir) gerne mal aus deiner Feder lesen würde. Ist sehr gut beschrieben. Von mir wars eher als Setting und Atmosphäre mitgenommen, aus Themen/Situationen, die mich interessieren, weniger als ursprüngliche Intention des Textes. Das, wie gesagt, war das mit der Veränderung.

Nur der Phaeton ist mittlerweile einfach wirklich ein ausgedientes Modell. Der hat ja wirklich schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Ich habe den auch weniger wegen des Milieus gewählt, mehr um der griechischen Sage willen.

Handelt und spricht ein erwachsener Mensch so? So unreif sein Verhalten. So infantil. Aber er kann sich ausdrücken, wenn auch umständlich, er hat etwas Beobachtendes und Analytisches an sich. Berliner Südkreuz sagt er zuvor, wer sagt denn Berliner Südkreuz? Warum nicht Südkreuz, er lebt im Osten.

Da habe ich tatsächlich auch drüber nachgedacht. Ich habe mich dann für Berliner entschieden, weil ich es nett finde, den Leser darüber ins Bild zu setzen :D und weil der Erzähler sich ja auch als solcher zu erkennen gibt.

Als meine Eltern außer Haus waren, ich allein in unserer großen Küche saß, tat ich nichts, außer in den gut bewässerten Garten zu starren, den meine Mutter mit grünem Daumen pflegte. Alles wie immer:
Dieser Satz, ich mag ihn. Die ausführlichen Beschreibungen einer völligen Banalität. Und dann vergreift er sich an einer Plattitüde: Grüner Daumen! "Er pflegt mit grünen Daumen", das könnte ein Satz aus der Wochenendbeilage einer Lokalzeitung sein. Für alle nett formuliert, harmlos geschrieben, kein Straßendeutsch, liest sich locker weg, Schriftsprachenbanalität.

Cool, dass es dich nicht abgeschreckt hat. Es steht da nämlich auch recht ungebrochen. Aber vielleicht hat es gereicht, dass der übrige Text auch anderen Töne anspielt, die dazu nicht passen.

Okay, das nur als unwichtige attributive Ergänzung (UWAE).

:lol: ich liebe es. UWAE (Uwä)

Es geht ihm partout nicht um das Klima, sondern um Bildungsstatus, um etwas besser zu wissen, als seine Eltern. Das nur als eine Idee.

So ein kleines intellektuelles Konkurrenzding mit den Eltern. Aber auch nicht mehr.

Ganz viele und sehr gute Grüße aus old Halle. Immer noch. Bang!
Carlo

 

Hey Katla,

hast du dich eigentlich nach der isländischen Hexe Katla benannt? :D (die für ihre magischen Unterhosen bekannt ist ...). Weil du es so unter deinem Kommentar zum Island-Text angedeutet hast (übrigens vielen Dank auch für den!) – nein, ich 'drehe dir nicht innerlich den Hals um' hahah. Aber so ganz bin ich mir auch nicht sicher, ob du dem Text ne faire Chance gegeben oder ihn in (zugegeben anständiger) Kritikerinnenmaniere einfach bis auf den letzten Muskelstrang seziert hast. Aber auch das hat natürlich was für sich. Danke so oder so für deinen Kommentar, die Zeit, die da ganz offensichtlich drin steckt und den Kaffee, den es ganz sicher gekostet hat. Ich gehe auf das allermeiste ein. Ein paar wenige Sachen habe ich ausgespart, weil wir da, glaube ich nicht, auf einen grünen kommen und das mit der Lebensmüh muss man ja auch mal ernst nehmen. Naja, vielleicht auch nicht. Egal.

Hier meine ich: das ständige "selbstverständlich" des Erzählers, ein Overkill an "wie"-Vergleichen, viele unds.

Ich hab ein 'selbstverständlich' rausgenommen. Jetzt ist ein 'selbstverständlich' und ein Wie-Vergleich drin.

Der Geruch ähnelte dem von Lagerfeuer und unweigerlich musste ich an Stockbrot und einen mit Federschmuck und Ledertracht verkleideten Mann aus einem beliebigen Freizeitpark denken.
He Who Must Not Be Named? Du verlässt hier die Ebene der Erzählung und sagst das als Autor. Damit glaube ich nicht mehr, dass es die Assoziation deiner Figur ist.
naiv wie ein Zehnjähriger
ob er geistig oder intellektuell beeinträchtigt sein soll
Massenpsychose
Halluzination
geistige Behinderung
Oder ich steh selbst ganz massiv auf dem Schlauch

:lol::lol::lol:

Okay, Folgendes: für mich ist das ein auch (selbst-)Ironischer Text. Der Erzähler ordnet das ein, erzählt das, literarisiert das und schafft es dadurch, eine Distanz zu seinem geschilderten Ich aufzubauen. Das heißt, er stellt ihn immer auch ein Stück weit dar. Das ist keine rein in Handlung aufgelöste Szene. Das sind erzählte Szenen. Und das ist meine Erzählposition. Why not?

Apfelsaftschorle mit etwas zu viel Sprudel
Ich könnte nicht sagen, wie man bei einer Schorle "etwas zu viel" von einfach "zu viel" unterscheiden könnte.

Habe ich jetzt mal rausgenommen. Sehe das zu so etwa 52% ein. Solche Nuancierungen sind ja immer so eine Sache – macht man das jetzt oder nicht? Verwendet man jetzt prinzipiell nur noch starke Verben und haut alle Passiv-Konstruktionen in die Wortmülltonne? Aber ich brauche da klar auch so eine Reaktion. Einfach um zu sehen, wieviel Füllwort wirklich zu viel ist. Also danke für die Rückmeldung.

Mein Vater faltete seine Zeitung [mehrfach] zusammen und dann noch einmal und noch einmal und noch einmal und legte sie auf den lackierten Küchentisch, wie früher,[Lieber Punkt und ohne 'und' neu starten] und gab mir einen Kuss
Die lange Kette funzt für mich nicht. Wenn du diese Schlaglichtbeobachtungen willst, schreib das lieber als Schlaglicht. Hast du an anderen Stellen auch.

Es geht mir hier auch ein bisschen um Tempo und Rhythmus. Du hast wohl recht, es ist nicht ganz brilliant. Aber es hat mehr Funktion als man vielleicht auf den ersten Blick sieht. Lass ich so, bis ich was Besseres habe.

„Ich wollte bei euch sein, wenn es passiert“, sagte ich.
Wenn? Also war das zu erwarten gewesen? Es klang eigentlich wie etwas nie Dagewesenes, Überraschendes.
In der Ferne sah ich Rauchschwaden aufsteigen. Hier blieb ich stehen und schaute dem Spektakel eine Weile zu.
Bissl heavy handed, oder? Das kannst du besser. Was spricht dagegen, die Aussage konkret zu formulieren? Ich sah XY aus der Ferne zu.
Wohin willst du mit dem "Spektakel"? Ist das kindisch-naiv oder empathielos-zynisch? Oder nur unbedacht gewählt?
Die Verortungen, was 'nah' und was 'fern' ist, sind entweder absichtlich stark unzuverlässig (dann erkenne ich den Sinn nicht) oder spontan gesetzt und nicht als Blicklinie / Leserverortung nacheditiert. Das finde ich durchaus relevant, denn darüber wird ja der Plot aufgezogen.

Dazu habe ich in meiner Antwort an Placidus das hier geschrieben:

Ja, ich habe noch eine andere Stelle, in der das so schwammig bleibt. Als die Mutter fragt, ob er es sehen will. Ich fand die Idee ganz charmant, dass das analog zu dem impliziten Vorwurf an den Vater, die Klimakrise nicht 'aussprechen' zu wollen/zu können von allen beteiligten letztlich nur umschrieben wird. Außerdem bleibt die Sache dadurch ein bisschen obskur. Am Anfang wird ja auch insofern ein Haken ausgeworfen, als der Wald 'vor der eigenen Haustür' brennt. Auch das, finde ich, trägt dazu bei, dass der Waldbrand, um den es ja eigentlich geht, hier mehr irrational aufgeladen wird.

(eine potenziell lebensbedrohliche Situation - frag meine Cousine, die mit ihren Kleidern am Leib und der Katze ins Kopfkissen gesteckt aus Lahaina fliehen konnte; ihr Haus ist Asche). Jetzt fährt der Sohn zu den Eltern, quasi ins Feuer - wieso flüchten die nicht zu ihm?
Als meine Eltern außer Haus waren, ich allein in unserer großen Küche saß, tat ich nichts, außer in den gut bewässerten Garten zu starren, den meine Mutter mit grünem Daumen pflegte.
Da würde ich ein präziseres, klareres Bild vorziehen: Ich saß allein in der Küche und starrte in den etc. Vielleicht so. Ich möchte nicht durch jeden minutiösen Gedankengang eines Erzählers geschleift werden, das hier ist ja eine Geschichte, kein Liveprotokoll.
Das sind mir viel zu viele Details - da ist imA auch keine Klarheit drin: Ich wohne daundda, das ist soundsoweit weg, da haben die sicher dieselben Probleme (aber er kam doch grad im Elternhaus an, wieso muss er hier vermuten?), aber eigentlich ist das für den Erzähler doch nicht wichtig. Warum nicht? Er betont (imA zumindest) doch die ganze Zeit, und zwar auch durch all die vagen, wortreichen Formulierungen, wie stark er sich von seinem Elternhaus emotional abgekoppelt hat ("mein Name steht schließlich auf der Klingel etc.). Jetzt behauptet er, die Heimat / das Elternhaus hätte die größte Relevanz, das wäre die eigentliche Realität (obwohl nix im Haus, an den Eltern irgendwie besonders real wirkt), und sein alltägliches Lebensumfeld wäre "Flucht vor der Realität". Was genau ist denn jetzt das Problem des Erzählers?

Ist das der Punkt, vielleicht blinde Fleck, der da als Möglichkeit des Textes für dich eventuell nicht infrage gekommen ist? Das ist ein Jammer-Text. Das ist bürgerliches Milieu. Und für "vor der Haustür" reicht es hier, wenn der Schuh des Nachbarn drückt. Das wird halt aufgebauscht und im Nachhinein immer weiter zurückgerudert und dann geht es um die Gravität von dem, was als Heimat empfunden wird, und was logisch auch für einen gut behüteten Grunewaldler Fallhöhe bedeutet. Und warum sollte das jemanden interessieren? Keine Ahnung. Ich schreibe Texte nicht, weil ich denke: das interessiert jetzt bestimmt viele Leute, sondern weil ich in einem flüchtigen Moment den Eindruck habe, dass die Story was hat und erzählenswert ist.

wieso flüchten die nicht zu ihm?

weil ein Teil des Berliner Grunewalds brennt (August 2022) – lebensgefährlich war das für den Großteil der Berliner nicht. Aber ein Fanal vor der eigenen Haustür irgendwo schon.

eine Rauchgasentzündung (Flashover) stattfindet, die Rußpartikel in den Wolken selbst brennen.

Das wusste ich nicht. Ziemlich krass auf jeden Fall.

Ich bemerkte nicht, wie sich etwas Kleines, Flinkes meiner auf dem Tisch ruhenden Hand näherte.
Bist du sicher, all diese Details in deine Sätze quetschen zu müssen?
Und ich glaube nicht, dass ich bemerkte nicht, dass *Beschreibung* passiert semantisch möglich ist, selbst, wenn das im Rückblick geschildert wird.

habe das "auf dem Tisch ruhend" rausgenommen.

Anderen mag es vielleicht wie eine Kleinigkeit erscheinen, sie mögen sich denken, was will er mit diesem Fleckchen Grün.
Frage -> Fragezeichen. Dann müsste ein Doppelpunkt vor die Frage. Ich nehme an, du hast es so, weil der Folgesatz bereits einen Doppelpunkt hat. Kann nicht einer durch einen Gedankenstrich ersetzt werden?

Ja, Fragezeichen ist jetzt drin. Das mit dem Doppelpunkt habe ich auch gelöst. Ist wirklich ein Fusselpartikel, aber was man hat, hat man. Sacht man doch so ...
Auch die Sache mit dem Rasen (gut gesehen) habe ich geändert. Obwohl ich weiß, dass sich Bezüge zwischen Sätzen weit auslegen lassen und man auch einfach hie und da Transfer von Lesern erwarten kann und das nicht immer zu Lasten des Textes geht, sondern manchmal auch zugunsten einer erratisch Stimmung, die – lässt man sich darauf ein – auch sehr geil sein kann.

Ich rieb mir die Gewitterfliegen von den Armen, ohne mich zu vergewissern, ob überhaupt welche da waren, doch so fühlte es sich in diesem Moment an.
No shit, Sherlock! Ansonsten gefällt mir diese eher unforcierte Schrägheit

Brauche ich wie oben aus Gründen von Rhythmus und Tempo. Habe aber einen Ersatz gefunden und es Anpassen können. Danke für den Arschtritt.

Ich rieb mir die Gewitterfliegen von den Armen, ohne mich zu vergewissern, ob überhaupt welche da waren. Als erwartete ich das Gewitter. Als läge da nicht umsonst eine Spannung in der Luft, die dazu führte, dass der ganze schwitzende Körper juckte und nach Erlösung schrie.

Ich erwartete schon, dass die - ich sag mal - symbolische Identität der Fliegen mit seiner Identität in spekulativem Zusammenhang steht. Dass er irgendwie plötzlich zu den Fliegen gehört (im symbolischen Sinne). Mit ihm hier eine Veränderung vorgeht, die ihn vllt. sowohl vom Elternhaus wie auch seinem eigenen Wohnort entfernt, entfremdet
Auf einmal fühlte ich mich selbst wie eine Gewitterfliege, die in einem fast wohlwollenden, ja geradezu symbiotischen Verhältnis zu jenen Kakerlaken stand.
Das sieht aber eher nach einem parasitären Verhältnis aus, bei dem die Fliegen die Opfer sind. Das aber killt dann deine Symbolik (bei der ich auch so nicht durchsteige - er ist die Fliege, die seine Eltern mit der Klatsche töten? Wieso, wo ist das Problem mit den Eltern?).
Diese empathische Verbindung Erzähler-Fliegen wird einfach so behauptet, damit machst du ja aber letztlich gar nix (die Bettszene ausgenommen, aber davon sehe ich keiner Konsequenz im Plot). Und was hat das alles mit dem Waldbrand und dem Klimawandel zu tun?

Ja, so ist es schon auch gedacht. Wüsste nicht, dass ich etwas anderes behauptet hätte. Ist eine Metamorphose, die ein bisschen schnell motiviert meinetwegen auch unzureichend motiviert ist. Das ist eine Szene, von der man vielleicht nicht genau sagen kann, ob sie nicht doch nur zwischen Schlaf- und Wachsphase eingebildet, vom Erzähler literarisiert und aufgeladen ist. So ist das hier eben – ich weiß nicht genau, was ich daran im Text ändern kann oder soll.

Am nächsten Morgen, noch vor dem Frühstück, fuhr ich mit dem Auto meiner Eltern, einem ausgedienten VW Phaeton, in Richtung Grunewald.
Das ist doch jetzt mal echt Latte, sorry.

Na, dann ist es mir auch Latte, hahah. Spaß beiseite. Für mich ist der VW Phaeton hier ein mehr als sinnvolles Symbol. Aber vielleicht hat überhaupt nie jemand vom Designer, über den Hersteller, bis zum Käufer und bis ins Kanzleramt je ein Problem mit diesem VW-Modell gehabt und seinem Namen.

In ebendiesem Moment brach der Himmel auf, es donnerte, blitzte und in der Ferne brannte der Grunewald. Doch der Regen, der das Feuer hätte löschen können, blieb aus.
Ein Problem, das sich imA durch den gesamten Text zieht: du verbindest Sachverhalte, die so nicht in logischer Verbindung stehen: In diesem Moment (...) brannte der Grunewald. Nee, der brennt ja schon die ganze Zeit.

Ich glaube ein Komma vor 'und' würde es da eigentlich auch tun.

Katla, zurück zur Frage nach der isländischen Sage ... :D
Just kidding, danke dir für Kommentar und Zeit. Viele und gute Grüße in deine Richtung und bis hoffentlich ganz bald!

Carlo

 

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