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- 25.04.2002
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Heimkehr - eine Imagination
Alleine! Ich bin Alleine. Von aller Welt verlassen. Es gibt keinen Ausweg! Angst! Ich habe Angst. Denn ich bin alleine.
Es gibt nichts zu Essen. Alles was es gibt sind diese langen, hohen Gänge und diese riesigen Hallen. Doch es gibt keinen Weg nach draußen. Ich rieche den Duft. Den Duft der Freiheit. Er weht herein. Doch ist die Ritze zu schmal, ich komme nicht durch.
Was ist das? Ich höre jemanden. Der Postbote! Freude durchflutet mein Sein. Er wird mich nicht vergessen. Er denkt an mich! Er ist noch nie einfach vorrbergegangen! Ich beginne zu rufen : "Hallo!" Er ist im Haus nebenan. "Hier hin!" Er tritt auf die Straße. "Beeile Dich!" Er pfeift ein Lied. "Bringe mir meine Post!" Jetzt geht er an der Treppe vorbei. "Lass mich nicht allein!" Er bleibt stehen. Ich rieche seine Freude. "Vergiss mich nicht!" Er geht weiter. "GEMEEEEEIN!" Mein freudiges Rufen wandelt sich in verzweifeltes Gekreische.
Ich lasse den Kopf sinken. Ich kann nicht mehr weiter. Doch kann ich es auch nicht beenden. Ich stürme mit aller Macht gegen die Tür. Geh auf! Noch einmal. Lass mich raus! Vergeblich. Ich ziehe mich in die große weiß gekachelte Halle zurück, in der meine Frau mir mein Essen gibt.
Meine Frau. Warum hat sie mich verlassen? Ich brauche sie doch! Jetzt - irgendetwas ist anders. Ich höre Schritte. Kurz - lang. Kurz - lang. Meine Frau. Seit ihrem Unfall hinkt sie. Ich laufe zur Tür. Ich renne im Kreis vor Freude.
Doch irgend etwas stimmt nicht. Sie ist nicht alleine. Ein Mann ist bei ihr. Zorn. Wut. Ich werde wütend. "Sie gehört mir!" Sie betreten die Treppe. "Verschwinde!" Ich kenne den Mann. Jetzt kann ich ihn riechen. Mein Freund in Weiß. Alles ist wieder gut. Die Tür geht auf. Meine Frau krault mich hinter den Ohren. "Wuff!" das tut gut! Doch mein Freund - was ist mit ihm? Er sieht traurig aus!
Er lehnt sich langsam zu mir herunter. "Es tut mir leid, Doggie" sagt er und streichelt mich. Wir schauen uns tief in die Augen. Ich werde traurig. Hilfe suchend schaue ich zu meiner Frau, doch sie krault mich weiter. Was ist los? Dann ein Pieken in meiner linken Vorderpfote. Ich werde müde.
Ich weiß was los ist. Jetzt weiß ich es. Ich bin alleine. Meine Freunde haben mich verlassen. Mein Leben verlässt mich. Ich kehre zurück. Zurück nach Hause. Heimkehr in die Freiheit. Glück durchflutet mein sein! "Endlichhhhh..."
[ 28.04.2002, 12:18: Beitrag editiert von: Stephan Gäding ]