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Thema des Monats Initiation und Befreiung

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04.08.2001
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Initiation und Befreiung

Die Nacht, in der Ludwig Erbecher erfasste, dass etwas im Argen lag, war eine schlaflose für ihn.
Es war die Nacht nach der Betriebsfeier und ihn plagten arge Erinnerungslücken. Am Alkohol aber hatte sein Blackout nicht liegen können – er trank keinen. Kaum auszudenken, was Ruth gesagt hätte, wenn er ihr mit einer Fahne gegenübergetreten wäre. So schob er es auf zu gutes Essen – vielleicht war auch etwas Verdorbenes dabei gewesen –, dass er nicht mehr alles von der Feier wusste. Obendrein – was er von sich selbst überhaupt nicht kannte – war er mitten in der Nacht aus dem Schlaf geschreckt und fand einfach nicht mehr die notwendige Ruhe, wieder einzuschlafen.
Ruth hingegen, die es im Allgemeinen war, die über Schlaflosigkeit klagte, atmete ruhig und gleichmäßig neben ihm.
Er stand auf, nahm seine Brille vom Nachttisch und ging ins Bad. Dort setzte er sich aufs Klo und dachte nach.
Sie hatten einträglich gefeiert, das wusste er noch. Natürlich hatten seine Kollegen über ihn gelächelt, weil er keinen Alkohol trinken wollte, keine Lieder sang, nicht tanzte und auch nicht schunkelte. Gut und reichlich gegessen hatten sie und als man den offiziellen Teil absolviert hatte, als der Chef gegangen war, da wurden nach und nach die Hemmungen fallengelassen und der Abend hatte seinen vorher abzusehenden Lauf genommen.
Das war für ihn die Zeit gewesen, aufzubrechen. „Wenn es am schönsten ist …“, hatte er gesagt und war hinausgegangen.
Aber wie war er nach Hause gekommen? Die Schäfer aus der Lohnbuchhaltung hatte eine Bemerkung gemacht, als er an ihr vorbeigegangen war.
Schneider aus der IIIa hatte ihn noch durchs Treppenhaus begleitet, wollte er meinen. Aber dann …?
Die nächste Erinnerung war die Panik, mit der er aus dem Schlaf geschreckt war, wie er atemlos gelauscht und überlegt hatte, wo er sich befand. Als er die beruhigenden Atemzüge seiner Frau neben sich wahrnahm, entspannte er sich langsam, aber die weichende Panik hinterließ bohrende Fragen.
So saß er also mit heruntergelassenen Hosen unter der neonhellen Lampe und konnte sich gut vorstellen, wie seine rotgeränderten Augen und die unnatürliche Blässe im Gesicht wirkten.
Er fühlte sich miserabel und betrachtete sich lange im Spiegel, es kam ihm vor, als schaute er in das Gesicht eines Fremden. Er näherte sich dem Glas immer mehr, bis er es mit der Nase beinahe berührte, doch er konnte keine Antwort in seinen Augen finden, wie er nach Hause gekommen war.
Er stieg leise wieder ins Bett, nachdem er seine Brille vorsichtig neben sich abgelegt hatte. Trotzdem er die Decke fest um seinen Körper schlang, gelang es ihm nicht, die Kälte der Fliesen und des Spiegels aus seinem Körper zu bannen.

Als er morgens erwachte, wusste er, dass er nicht lange geschlafen hatte, und das Erste, das er spürte, war das Frieren der vergangenen Nacht.
Ruth erkundigte sich beim Frühstück, wie die Feier gewesen war, doch er brauchte ihr nicht in die Augen zu schauen, um zu wissen, dass es sie nicht sonderlich interessierte.
Sie stellte ihm sein Frühstücksei hin und setzte sich ihm gegenüber. Als er es stehenließ, hob sie die rechte Augenbraue und fragte: „Bist du krank?“
Er lächelte, hoffte, dass es einigermaßen natürlich aussah, und sagte nur: „Mein Magen.“ Dann stand er auf, machte sich hastig fertig und eilte zur Arbeit. Er ahnte, dass Ruth ihn hinter der Gardine beobachtete, bis er um die Ecke bog.
Die gestrige Feier im Kopf, machte er sich auf die Suche nach Schneider. Bevor er sich in die Diskussionen mit anderen einließ, musste er erfahren, wie er nach Hause gekommen war. Doch Schneider hatte sich krankgemeldet und niemand in seinem Büro wusste, was ihm fehlte. Er hatte morgens angerufen und mitgeteilt, dass er sich nicht besonders fühlte.
Erbecher kam sich vor wie ein Abiturient, dem niemand mitteilen wollte, ob er die Prüfungen bestanden hatte.
Er saß an seinem Schreibtisch und es kam ihm der erschreckende Gedanke, dass, wenn Schneider länger krank wäre, er mindestens für diese Zeit im Ungewissen bliebe.
Abgesehen von der Unsicherheit und dem ständigen Zwang, alle Gesichtsausdrücke seiner Kollegen deuten zu müssen, ging es Ludwig Erbecher in den nächsten Tagen leidlich gut. Beinahe hatte er die schlaflose Nacht vergessen, als er den gelben Fleck in seiner Unterhose entdecken musste.
Er zweiundfünfzig, Ruth vier Jahre älter, und irgendwann hatte er mit so etwas gerechnet. Aber so früh? Und in dem Maße?
Vorangegangen war eine erneute schlaflose Nacht, in der er auf der Seite gelegen und Ruth bei ihrem ausgeglichenen Schlaf beobachtet hatte.
Er hatte ihr Gesicht studiert, wie es sich im Mondlicht sanft hob und senkte; und in diesem Moment hatte er sich das erste Mal seit Jahren wieder befreit gefühlt. Ruth schlief und schien ihn vergessen zu haben.
Dann war er aufgestanden und ins Bad geschlichen. Dort hatte er entdeckt, dass er sich vollgepisst hatte.
Beschämt warf er die Unterhose in den Wäschekorb und grub sie ganz unter. Dann zog er sich eine saubere hervor und zog sie an. Als er wieder ins Bett stieg, hatte Ruth sich weggedreht und schnarchte leise.

Der nächste Tag im Büro war von Stress geprägt. Die Lohnbuchhaltung benötigte Daten sämtlicher Mitarbeiter einer Abteilung, Schäfer kam persönlich, um es ihm mitzuteilen und grinste anzüglich dabei. Ganz genau spürte er die Blicke der anderen im Büro, die darauf warteten, dass er zu stottern begann und rot wurde.
Zu allem Überfluss hatte er einen seltsamen Druck auf den Ohren, der einfach nicht schwinden wollte, sosehr er sie auch rieb.
Abends dann hatte sich das lästige Gefühl noch nicht aufgelöst, im Gegenteil, es schien sogar schlimmer geworden zu sein. Einzig ein leise wisperndes Geräusch, das er den Tag über unterschwellig wahrgenommen hatte und das ihn schier wahnsinnig zu machen drohte, war abgeebbt und am Abend dann schließlich ganz verschwunden.
Er sagte Ruth nichts davon, er wusste, was passieren würde. Sie hätte sicherlich eine passende Medizin parat gehabt und gewartet, bis er sie genommen hätte.

Schneider kam tatsächlich nicht zur Arbeit, Schäfer ließ die Andeutungen, er hatte am Abend des folgenden Tages die Daten für die Lohnbuchhaltung zusammen, nur seinen Ohren ging es nicht besser. Der Druck hatte zwar nachgelassen, aber das Rauschen, dieses Gewisper im Hintergrund, war lauter geworden und hatte sich über den Tag in den Vordergrund geschoben, so dass seine Aufmerksamkeit sich ständig darauf konzentrierte.
Er versuchte das Geräusch zu greifen, sich darauf zu konzentrieren, um es analysieren zu können.
„Hören Sie das auch?“, fragte er einmal eine junge Schnepfe in seinem Büro und unterbrach damit die Stille, die sie um sich herum aufgebaut hatte.
Sie sah ihn an und Ludwig Erbecher erkannte, dass sie Angst vor ihm hatte.
„Was?“, fragte sie schließlich und er winkte ab.
Er hatte ohnehin vorher schon gewusst, dass nur er das Geräusch hören konnte und mit diesem Problem auf sich allein gestellt war.
Ruths Mundwinkel zuckte, als er ihr abends davon erzählte. Er konnte diese Reaktion nicht deuten, traute sich aber nicht, sie danach zu fragen.
„Wie hört es sich an?“
„Ich weiß nicht, ein bisschen wie das Meer.“
Wieder die Mundwinkel.
„Laut?“
„Nicht besonders. Aber eben so, dass es unangenehm ist.“
„Wir werden abwarten. Wenn es schlimmer wird oder in ein paar Tagen nicht weg ist, gehen wir zum Arzt.“
Er trank den Tee, den sie ihm gemacht hatte und war einigermaßen beruhigt. Ihn plagte lediglich ein leichter Druck im Innenohr, das Rauschen hatte nachgelassen. Aber so war es gestern auch gewesen und am Morgen, als er das Haus verlassen hatte, war es wieder angeschwollen.
„Ich habe die Wäsche gemacht.“
Ruth war Hausfrau. Sie konnte sich ihre Zeit frei einteilen, und wenn es zwischen ihren Wohltätigkeitsjobs passte, hielt sie ihr beider Haushalt am Laufen.
„Mir sind da ein paar seltsame Unterhosen in die Finger geraten.“
Er hätte seine Schlüpfer selbst durchdrücken sollen! Irgendwie hätte er es geschafft, das vor Ruth geheim zu halten.
Er wand sich unter ihrem Blick. Sie sagte kein Wort mehr, blickte nur streng auf ihn herab.
„Es ist … passiert“, sagte er leise. „Ich weiß nicht.“
Sie bewegte sich, veränderte nur eine Winzigkeit die Stellung, in der sie saß.
„Wie lange sind wir verheiratet?“, fragte sie.
„Zweiunddreißig Jahre.“
„So etwas hast du mir noch nicht geboten.“
Er war nicht sicher, aber er meinte, schon wieder ihre Mundwinkel zucken zu sehen.
„Es kommt nicht wieder vor.“ Wie konnte er da nur so sicher sein? Er hatte doch überhaupt keinen Einfluss darauf.
„Wir werden das Abendbrot einnehmen. Ich habe überbackene Lendchen in einer Preiselbeersauce vorbereitet.“

Das Rauschen am anderen Morgen schwappte beinahe über ihm zusammen, als er das Haus verließ. Es war nicht nur in dem Moment wiedergekehrt, als er die Straße betrat, es war stärker geworden, drängender und er wusste, während er in Richtung Büro ging, dass, sollten diese Töne nicht nachlassen, er verrückt werden würde.
Es schälte sich heraus, dass das Rauschen nicht einfach nur ein Teppich aus Tönen, sondern aus Stimmen gemacht war. Millionen unterschiedlicher Stimmchen flüsterten, schrien, lachten, sprachen, sangen oder weinten, so dass er bei geringer Intensität die Illusion hatte, sie wären ein Geräusch.
Er war immer ein Muster an Strebsamkeit gewesen, Eifer und Fleiß, dafür war er bekannt, nicht nur in seinem Büro. Aber heute, unter diesen Bedingungen, war er nicht in der Lage, einen einzigen, sinnvollen Gedanken zu fassen und zu verfolgen. Ein ums andere Mal schweiften seine Gedanken ab und kehrten immer wieder zu dem Klangteppich zurück.
Natürlich versuchte er, einzelne Stimmen zu isolieren, Sätze zu verstehen, etwas Sinnvolles zu erkennen.
Er fragte sich, woher diese Stimmen kamen, was sie gerade von ihm wollten.
So saß er an seinem Schreibtisch, hielt den Stift in der Hand und den Computer am Laufen, doch sein Blick ging ins Leere, nur dann und wann huschte ihm ein Runzeln oder ein Lächeln übers Gesicht. Die Belegschaft nahm die Veränderung in seinem Verhalten natürlich wahr und beobachtete fasziniert, wie er nichts tat und dabei in regelmäßigen Abständen leise Seufzer ausstieß.
Irgendwann war ihm klar, was der Stimmensalat bedeutete, der in seinem Kopf durcheinander schwang. Obwohl er es nicht recht glauben mochte und ganz sicher mit niemandem darüber sprechen würde, war es doch das Einzige was übrigblieb, nachdem er alles andere ausgeschlossen hatte.
Die Stimmen waren die Gedanken derer, die sich um ihn herum befanden. Unzählige Satzfetzen, Wörter, einzelne Laute, die unkontrolliert den Gehirnen seiner Mitmenschen entsprangen, umschwirrten ihn und er vermochte sie zu hören.
Als er selbst auf diesen Gedanken kam, blickte er sich ängstlich um und bekam gerade noch mit, wie die Kollegen an den Nachbartischen hektisch ihre Arbeit aufnahmen.
Wenn er ihre Gedanken hören konnte, wie stand es dann mit seinen? Waren die dann genauso offen für die anderen?
Einmal zu dieser Erkenntnis gekommen, gelang es ihm, einzelne Sätze zu verstehen.
In keinem Verhältnis stehend, konnte er entziffern. Das musste Berger gewesen sein, der zwei Schreibtische entfernt saß und angestrengt arbeitete.
Die Marschke, die ihm gegenüber saß, schaute auf die Tischplatte vor sich und er hörte eine Stimme, nicht weit entfernt: überarbeitet und völlig durchgedreht.Irgendwo lachte eine Frau und schon jetzt konnte er nicht unterscheiden, ob es von draußen hereindrang oder in seinem Kopf war. Ein spitzer Schrei und wieder das Frauenlachen.
Den Rest des Arbeitstages hatte er damit zu tun, einzelne Stimmen aus dem Meer herauszufiltern. Er hatte zum Feierabend einen ungefähren Überblick darüber, wie die Belegschaft über ihn dachte. Aber diese Tendenz hatte er vorher schon gekannt.
Als er nach Hause ging, war es schlimm. Die Stimmen stürzten auf ihn ein und jede schien persönlich mit ihm sprechen zu wollen. Sein Schritt passte sich dem Chaos um ihn herum an und als er schließlich zu Hause anlangte, war er vollkommen außer Atem und dermaßen aufgewühlt, dass er sich für einige Minuten an den Eingang lehnte, bevor er das Haus betrat.
Drinnen hörte er nichts und auch als Ruth ihn begrüßte, war der Äther still bis auf die Worte, die sie sprach.
Er fand das seltsam und als er während des Abendessens darüber nachgedacht hatte, empfand er den Umstand als beunruhigend. Er sprach die Stimmen nicht an, etwas hielt ihn davon ab, aber Ruth fragte, während sie gemeinsam den Tisch abräumten.
Er machte eine unsichere Bemerkung dahingehend, dass er nichts mehr höre, aber ihrem Lächeln nach zu urteilen, glaubte sie ihm nicht.
Als er sich einen Cognac einschenkte, schaute sie ihn strafend an und fragte nur: „Alkohol?“
Er zitterte beim Einschenken und ihr kurzes, hässliches Lachen ertönte. Als er Ruth verstört anblickte, hatte sie die Lippen geschlossen und runzelte die Stirn.
Keine zwei Stunden nachdem sie zu Bett gegangen waren, erwachte er übergangslos, als hätte er nicht geschlafen. Die Wohnung war still, Ruth lag neben ihm, aber er konnte sie nicht hören.
Als er aufstand, bemerkte er, dass er sich wieder eingenässt hatte. Die Pyjamahose klebte kalt an seinen Beinen und als er im Dunkeln ins Bad schlich, erfasste ihn Ekel vor sich selbst. Es wunderte ihn, dass Ruth so gelassen weiterschlafen konnte, so etwas war früher sicher nicht möglich gewesen. Doch er war froh darüber, und so konnte er duschen und ungestört das Kleidungsstück waschen. Er stand im Keller und beobachtete, wie der Trockner arbeitete, während er überlegte, was vor sich ging.
Die Stimmen um ihn herum gingen ihm auf die Nerven. Sie machten ihn schier wahnsinnig, aber die Stille in seinem Haus war es, die ihn wirklich ängstigte. Dass Ruth keine Gedanken aussandte, dass sie für ihn wie eh und je undurchsichtig war, das war die wahre Quelle seiner Furcht. Und wenn er es genau überlegte, hatte diese Sache auch ein Gutes: War die Angst vor Ruth seit sie sich kannten, gesichtslos geblieben, diffus und nicht benennbar, so hatte das Grauen jetzt einen Namen. Es war die Gedankenlosigkeit seiner Gattin.
Allerdings, war sie jetzt in der Lage, ihr Innerstes vor ihm zu verbergen, oder war es so, dass sie überhaupt keine Gedanken mehr hatte?
Es war kurz nach eins, als seine Hose trocken war. Doch er war aufgekratzt und nicht in der Lage, jetzt ins Bett zu gehen. Er hatte vielmehr Lust, nach draußen zu stürmen, durch die Straßen zu streifen und Dunkles auszukundschaften.
Das tat er dann auch. Er zog sich an und schlich aus dem Haus in die Nacht.

Schneider aus der IIIa war immer noch krank und so besorgte sich Erbecher dessen Adresse und ließ sein Mittagessen ausfallen, warf sich den Mantel über und verließ grußlos das Büro. Er hatte sowieso keinen Appetit auf die Sandwichs, die Ruth ihm mitgegeben hatte.
Obwohl Schneider gar nicht weit von seinem eigenen Heim entfernt wohnte, war die Gegend doch völlig verschieden.
Er hatte nicht gewusst, dass sein Kollege so arm dran war. „Das kleine Fernsehspiel“, das als Protagonisten Alkoholiker und deren Kinder hatte, spielte in solchen Hochhäusern.
So redete Erbecher sich ein, es handele sich um Filmkulissen, als er die abgegriffene Haustür öffnete, die zu dem trostlosen Treppenflur führte. Er schlich die Treppe hinauf, und als sich eine Wohnungstür öffnete und ein grauer alter Mann ihn anstarrte, beschleunigte er seine Schritte.
Schneiders Wohnung lag im sechsten, noch bevor er oben ankam, war Erbecher voll des Mitleids für ihn. Er hatte zwar gewusst, dass er in Scheidung lebte. Doch offensichtlich hatte es ihn richtig hart getroffen.
Nachdem er den Klingelknopf gedrückt hatte, wischte er sich die Finger an der Hose ab. Er tat das unbewusst, während er wartete. Es rührte sich nichts.
Irgendetwas raschelte im Dunkel des Flures, doch hinter Schneiders Tür schien alles ruhig. Er klingelte noch einmal und jetzt merkte er, dass er sich ekelte.
„Schneider, Sie sind zu Hause.“
Ein hauchzartes Geräusch auf der anderen Seite der Tür und dazu eine Stimme in seinem Kopf. Er registrierte, dass sie nichts anderes tat, als zu heulen und zu stöhnen, und er blendete sie aus. Das war ihm in den letzten Tagen so gut gelungen, dass er sich jetzt ganz auf das hinter der Tür konzentrieren konnte.
Er beugte sich vor, bis er direkt an dem schmutzigen Holz lehnte, dann flüsterte er: „Ich kann Sie hören, Schneider. Machen Sie auf!“
Es folgte Stille, keine Bewegung auf der anderen Seite. Dann schwang leise die Tür nach innen.
Schneider kam zum Vorschein, mit einem schmuddligen Bademantel bekleidet, das Gesicht aschgelb, mit dunklen, schreckgeweiteten Augen darin. Er hatte Angst.
Vor ihm, stellte Erbecher fest, und er fand es beinahe normal.
Schneider wich zurück, als er ihn sah. Blind griff er mit den Händen nach hinten und tapste so vor Erbecher davon ins Innere seiner Wohnung.
„Ich muss Sie sprechen“, sagte Erbecher und folgte ihm.
„Nein, lassen Sie mich!“
Die Wohnung war in etwa demselben Zustand, den ihr Besitzer bot. Abfall in allen Ecken, die Staubschicht auf den Möbeln war schmierig und dick. Und über allem lag ein süßlicher, surrender Gestank. Als er an der Küche vorüber kam, sah er mit einem flüchtigen Blick das verkrustete Plastikgeschirr, Tüten, Küchenabfälle, in denen sich das Ungeziefer wohlfühlen mochte.
Schneider saß im letzten Raum, im Bad, in dem es ebenso erbärmlich stank. Er kauerte hinter der Wanne in einer schmalen Ecke und starrte Erbecher an.
Als er ihn ansprach, nahm Ludwig Erbecher aus den Augenwinkeln wahr, dass sich in der Wanne etwas Dunkles befand und für einen Moment bewunderte er Schneider dafür, dass er sich inmitten all dieses Chaos’ hier soweit in der Gewalt gehabt hatte, wenigstens nicht auf den Boden zu scheißen.
„Ich muss Sie sprechen, Schneider“, sagte er noch einmal und schlug einen beruhigenden Ton an. „Es geht um den Abend der Betriebsfeier.“
Bei den letzten Worten brach Schneider in Heulen aus, zog sich noch mehr zurück und das Gekreisch in Ludwigs Kopf schwoll wieder an.
„Ist gut, ich tu Ihnen nichts!“
Er war schwer zu beruhigen, irgendwann saß er leise wimmernd und von Rotz verschmiert in seiner Ecke.
„Was ist an dem Abend passiert?“, fragte Ludwig behutsam, stets einen Anfall Schneiders erwartend.
Der sah ihn mit glasigen Augen an und sprach noch immer kein Wort. Ludwig drehte sich um und durchsuchte die Wohnung.
Es war keine menschliche Behausung mehr, es war ein Stall. Hatte Schneider sich in einer ersten Phase noch in die Wanne entleert, so hatte er wohl nach und nach diese Last aufgegeben und in allen Räumen seine Spuren hinterlassen.
Ludwig stand am Küchenfenster und versuchte durch die Schlieren hindurch etwas zu erkennen, als er leisen Atem hinter sich spürte. Er drehte sich um, Schneider stand hinter ihm und in seinen Augen glomm Bewusstsein.
„Sie dürften nicht hier sein“, sprach er schleppend und mit müder Stimme. „Sie sind tot.“
„Was? Was haben Sie gesehen an dem Abend?“
Schneider fuchtelte hilflos herum. Kurz ruderte er mit seinen Armen, dann stürzte er haltlos zu Boden, wobei er Geschirr und Abfälle mit sich riss. Unten liegend wischte er sich irgendeine Brühe aus dem Gesicht, stöhnte leise und sagte dann: „Ihre Frau …“
„Wie?“ Ludwig beugte sich hinab. „Was haben Sie gesagt?“
Schneider richtete sich auf und achtete nicht auf die Reste des letzten verlorenen Geschirrs, das abschließend hinabstürzte. „Ihre Frau …Ihre Frau …“
„Was denn?“ Er gab sich Mühe, nicht zu grob zu klingen. „Was ist mit meiner Frau?“
Schneider stand auf. Ludwig half ihm dabei, während er darauf achtete, sich nicht zu beschmieren. Schneider blieb unsicher stehen, starrte Ludwig an, dann schwankte er auf das Küchenfenster zu. Er öffnete es ungeschickt und sog tief die Luft ein.
„Was ist mit meiner Frau?“, fragte Ludwig noch einmal, dann stürzte Schneider sich aus dem Fenster.
Er sah ihn unten, sechs Stockwerke in der Tiefe auf dem Bürgersteig liegen. Die widernatürliche, verdrehte Haltung, Schneider musste tot sein. Trotzdem hatte er noch immer seine Stimme im Kopf, wie sie heulte und jaulte.

Als er geflohen und dabei an der Menschentraube, die sich um Schneider gebildet hatte, vorübergehastet war, konnte er noch immer dessen Stimme in seinem Kopf schreien hören. Sie war die lauteste von allen.
Während des gesamten Rückweges ins Büro kam ihm in den Sinn, wie lange es wohl dauerte, bis die Gedanken einer Leiche vollständig verstummt wären.
An Arbeit war nicht zu denken, er saß den Rest des Tages an seinem Schreibtisch ab und sah Schneider vor sich, wie er, als ginge er in den Keller zum Bierholen, aus seinem Fenster gestürzt war.
Die Meinung seiner Kollegen interessierte ihn nicht. Es waren sowieso alles dieselben.
Ruth am Abend zu Hause sah wächsern aus, war sie etwa krank?
Er sagte nichts zu ihr, sie aßen Abendbrot und unter ihren Augenbrauenrunzeln goss er sich wieder ein Glas Cognac ein.
„Es geht mir gut“, sagte sie irgendwann im Laufe des Abends ohne Anlass. Dabei lächelte sie und Ludwig graute es, er fragte sich zum ersten Mal, ob er wurde, was sie bereits war.
Kurz erwog er zu fragen, was am Abend der Betriebsfeier geschehen war, doch er wagte es nicht, trank stattdessen seinen Drink aus und ging ins Bett.
Er schlief nicht und hatte auch nicht die Absicht. Er wartete bis Ruth sich hingelegt hatte und mit ihren regelmäßigen Atemzügen zeigte, dass sie eingeschlafen war.
Dann stand er leise auf und zog sich an. Mit katzenhafter Sanftheit – er war über sich selbst erstaunt – warf er sich eine Jacke über und verließ unhörbar die Wohnung.
Er zitterte vor Erregung, als er sich in die Nacht aufmachte.

Als er gegen vier zurückkehrte, die Wohnungstür sanft schloss und sich umwandte, roch er, dass etwas nicht stimmte. Er wusste nicht sofort, was es war. Er befand sich auf der Höhe des Wohnzimmers, da spürte er Ruths Präsenz darin. Die Tür war nur angelehnt, also stieß er sie auf.
Es war dunkel, doch wusste er, dass sie drinnen saß und auf ihn wartete.
Er knipste die Lampe an, Ruth war nirgends zu sehen. Er war verwirrt und zugleich erleichtert. Erschöpft ließ er sich auf das Sofa fallen.
„Du willst Spielchen spielen?“, hörte er Ruth in seinem Kopf sagen. Kurz danach erschien sie in der Tür. Und lächelte schon wieder.
Er starrte sie an, als sie hereinschwebte und in dem Sessel ihm gegenüber Platz nahm. Sie schaute ihn lange an, aber der Ausdruck in ihren Augen war ein anderer geworden.
„Du fragst dich, was mit dir los ist?“, fragte sie leise, wobei sie ihr Lächeln nicht ablegte. „Du weißt nicht, was mit dir geschieht.“
Er fühlte sich plötzlich einsam. Er hatte den Eindruck, das Gerüst seines bisherigen Lebens schmolz.
„Weißt du es denn“, fragte er sie, aber es klang trotzig und nicht wie eine Frage.
„Ich habe dich gemacht“, erwiderte sie und ihm wurde plötzlich bewusst, wie sehr er sie hasste.
„Lass mich in Ruhe!“ Er stand auf und verließ das Zimmer. Er wollte sich ins Bett legen, doch er sah, dass sie schlief, als wäre sie nicht wach gewesen.

Am Morgen war kein Wort von der nächtlichen Unterhaltung die Rede und Ludwig begann zu glauben, er hätte sie geträumt. Sie frühstückten gemeinsam und Ruth war eigenartig ruhig, beinahe nachdenklich.
Sie lächelte schwach, als er sich verabschiedete, und wieder liefen ihm Schauer über den Rücken.
Er ging nicht zur Arbeit. Auf halbem Wege machter er kehrt und lief auf Umwegen zu Schneiders Wohnung. Vielleicht weil er sie mit dem Tod seines Arbeitskollegen verband, hatte die Gegend den Schrecken für ihn verloren. Es überraschte ihn, dass er sich gerade hier – bei den Verlorenen und Unbesorgten – heimisch fühlte.
Und mit dem Heimischfühlen ging bei ihm das Gefühl der Distanz zu seiner Frau Ruth einher. Er kam sich vor wie ein Baum, den jemand herausgerissen und in völlig fremder Erde eingepflanzt hatte. Entwurzelt, allein.
Er war sich nicht klar darüber, was er hier suchte, noch nicht einmal, ob er überhaupt etwas suchte.
Als er abends wieder heimkehrte, als sei nichts geschehen, war er den ganzen Tag ziellos umhergelaufen, hatte kaum Rast gemacht und wenn, dann hatte er erschrocken festgestellt, dass er Menschen beobachtete, ihrem Tun mit Blicken folgte. Jedes Mal hatte er sich dann hastig weg gewandt und war davongegangen.
„Ich habe nur einen leichten Salat zum Abendessen gemacht“, sagte Ruth, als er seinen Mantel aufhängte. „Ich hoffe, das ist dir recht.“
Er hatte keinen Appetit, doch das sagte er nicht, weil er nicht wollte, dass das Bild gestört wurde.
Der Salat schmeckte wirklich nicht, er schien ihm pappig und fad, aber es kam ihm vor, als wenn auch Ruth ihm etwas vorspielte. Waren sie beide nur Wesen aus Mimikry und Masken?
Genau als er diesen Gedanken dachte, legte Ruth die Gabel beiseite und schaute ihn an.
„Der Prozess ist komplizierter als ich dachte“, sagte sie leise und die einzelnen Worte schienen von den Wänden zurückzuprallen. Mitten in der Kaubewegung hielt er inne und starrte sie an.
„Du bist unterwegs“, fuhr sie fort. „Nachts. Ich habe es mitbekommen.“
Wie hatte er so naiv sein können, anzunehmen, das alles gestern Nacht wäre ein Traum gewesen?
„Was hast du getrieben in den Nächten?“
Er brauchte nicht lange zu überlegen, um zu einem Ergebnis zu kommen.
„Ich weiß es nicht“, sagte er ehrlich und er war genauso erstaunt darüber, sich darum noch keinen Deut geschert zu haben.
Ruth schien ihm zu glauben. Sie fragte: „Soll ich es dir sagen?“
Es war der Moment, in dem er am dichtesten davor war, ihr wieder zu vertrauen. Er spürte, dass er das wollte. Gleichzeitig gab es aber einen Teil in ihm, der sich dagegen wehrte, der ihm befahl, aufzuspringen, hinauszurennen und durch die Nacht zu tollen.
„Genau“, sagte sie lächelnd. „So kann man es ausdrücken.“
Selbst körperlich schien er vor ihr zurückzuschrecken. Er war kein bisschen fähig, in ihre Gedanken einzudringen, doch für sie schien das nicht zu gelten. Sie nickte und er zog sich noch mehr zurück.
Hastig stand er auf und verließ das Zimmer. Wie weit musste er laufen, damit sie ihn nicht mehr hören konnte?
Wenn ich will, kann ich dich überall wahrnehmen, tönte es in seinem Kopf. Ohne Umschweife stürzte er aus der Wohnung, lief hinaus auf die Straße und vergaß, seine Jacke mitzunehmen. Es störte ihn nicht sonderlich, ihm war nicht kalt und er hatte andere Sorgen.
Er rannte durch die Straßen und erst, als er vor dem Bahnhof stand, wusste er, dass er ein Ziel gehabt hatte. Er kaufte eine Fahrkarte für den nächsten Zug, der abging, bestieg ihn und ließ sich in einen Sitz fallen.
Er war sich der neugierigen Blicke seiner Mitreisenden bewusst, immerhin hatte er kein Gepäck, nicht einmal eine Jacke. Er ignorierte sie.
Auf irgendeine Art gelang es ihm, das Interesse der Passagiere umzulenken, so dass sie ihn nicht mehr beachteten. Wie er das schaffte, womit er das tat, wusste er nicht.
Kurz vor der Endstation des Zuges war er allein im Abteil, es war bald Mitternacht und er hatte Hunger.
Als er den Zug verließ, wehte ein eisiger Wind, der Bahnhof war menschenleer, nur der Schaffner ging an ihm vorbei mit einem verhuschten Lächeln. Ihm kam ein Gedicht von Charlotte Mew in den Sinn. Wie hieß es da noch?
Wohin soll ich sonst gehn? Ich sah den Ort
Vom Fenster jenes Zuges, der vorüber fährt
Vorm Himmel. Regen treibt mir ins Gesicht –
Als ich zuletzt hier war, hat es geregnet.

Ängstlich lauschte er in seinen Kopf hinein. Die Stimme des Schaffners, die leise irgendwelche Mantras wiederholte. Dazu, kaum wahrnehmbar, vereinzelt andere Stimmen, ein Kind. Doch von Ruths Stimme war nichts zu hören. Niemand, der ihm verständnisvoll erklären wollte, was mit ihm vor sich ging.
Was hatte er getan in den Nächten, als er unterwegs gewesen war? Er wusste es wirklich nicht mehr. In seinen Erinnerungen waberte ein Brei aus verschiedenen Bildern. Meistens dunkle Straßen, durch die er gehastet war, kaum beleuchtete Räume, Menschen.
Du hast gejagt, sagte Ruth in seinem Kopf und Ludwig Erbecher stöhnte auf.
Du hast gejagt, wie ein wildes Tier, fuhr Ruth ungerührt fort. Und du hast getötet.
Er stöhnte noch einmal, dieses Mal unter der Last der Erkenntnis. Er begann zu weinen, hielt sich die Hände vors Gesicht, doch Ruth ließ Bilder in seinem Kopf entstehen, die ihn noch mehr entsetzten.
„Hör auf“, sagte er.
Komm zurück, antwortete sie.
„Aber warum?“ Er war jetzt nicht besser als Schneider in seinem Rotz. „Was willst du von mir?“
Zusammen, tönte es in seinem Kopf. Wir wollen zusammen jagen.
So saß Erbecher in eiseskalter Nacht auf einer zugigen Bahnstation in der kalten Wartehalle und sprach mit sich selbst.
Der Schaffner des Zuges, der seine Arbeiten beendet hatte, ging misstrauisch an ihm vorbei und sprach den leicht bekleideten, verwirrten Herrn an: „Alles in Ordnung?“
Erbecher nickte abweisend und als der Eisenbahner sich abwandte, um nach Hause zu gehen, sah er, dass er eingepisst hatte.
Der Mann ging davon und Erbecher war allein.

Knapp vier Wochen waren vergangen, als Erbecher zurückkehrte. Er hatte sich nicht nur auf der subatomaren Ebene verändert, auch äußerlich schien er nicht mehr derselbe zu sein.
Seine Haltung hatte sich gestrafft, er ging aufrecht, den Kopf gerade. Seine Bewegungen waren geprägt von Zielstrebigkeit und Anspruch. Und schließlich drückte die streng schwarz gehaltene Kleidung und die Sonnenbrille, die er nie abzunehmen schien, seine Verwandlung aus.
Wenn er welche gehabt hätte, wären selbst nächste Verwandte nicht darauf gekommen, mit wem sie es zu tun hätten. Und auch Ruth hätte sich täuschen lassen, wenn sie nicht schon Stunden vorher über das Kommen ihres Mannes informiert gewesen wäre.
Ich erwarte dich, schickte sie ihm entgegen und er antwortete nicht, sondern verschloss sich. Er betrat die gemeinsame Wohnung wachsam wie ein Fuchs. Doch Ruth saß arglos im Wohnzimmer und lächelte ihn an, als sei er zum Feierabend nach Hause gekommen.
„Du bist zurückgekehrt“, sagte Ruth zu ihm. Der Kopf war abgewandt, als unterhielte sie sich mit jemand anderem. Ludwig fiel auf, wie weiß und rein ihre Haut war. Der Hals schlank und von Falten keine Spur.
„Du weißt, weshalb ich gekommen bin“, erwiderte er. Sie waren zwei Felsen in dem ruhigen, dunklen Haus. Die Stille war wie ein Meer, uralt und immer beständig.
„Ich mache uns etwas zu trinken“, sagte Ruth plötzlich, stand auf und verließ das Wohnzimmer. Ludwig spürte, wie ein Teil von ihr ging. Ein anderer war noch immer bei ihm. War in seinem Kopf und suchte dort nach Informationen.
Unwirsch griff er sich in seinen Schädel und wischte sie daraus fort. Lass das, schickte er ihr hinterher.
Es befriedigte ihn, Ruths Entsetzen darüber zu spüren, wie schnell er zu solchen Kräften gekommen war. Und wiederum dieses Gefühl ließ er sie wissen, seine Macht wuchs und er war fasziniert davon.
„Ich hatte gemeint, wir gingen zusammen“, sagte Ruth, als sie das Zimmer mit zwei Gläsern in den Händen betrat. „Wir beide.“
Er sah ihr zu, wie sie vorsichtig die Drinks auf den Glastisch vor ihm stellte. Der Inhalt war tiefrot und zähflüssig.
„Ich glaube, ich weiß, was du meinst. Wir gehen zusammen, wohin du willst.“
Sie tranken gemeinsam, dabei blickte Ruth ihn über den Rand des Glases ununterbrochen an.
„Das ist gut“, sagte er und leckte sich verstohlen über die Lippen. „Wo hast du das her?“
Um die Nahrungssuche würde er sich noch intensiver kümmern müssen.
„Ich habe eine Quelle, gleich in der Nachbarschaft“, antwortete sie in einem Ton, als erzähle sie ihren Wohltätigkeitsschwestern, wo der Lachs wieder mal besonders frisch wäre.
Nachdem er sein Glas bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken hatte, stand Ludwig auf und ging wichtig im Wohnzimmer umher. Dabei bemerkte er mit Genugtuung, wie Ruth in ihrem Kopf jedes Mal erstarrte, wenn er in ihre Nähe kam.
„Wie bist du geworden, was du bist?“, fragte er. Ein Rauschen in seinem Kopf ließ ihn innehalten. Als es abgeklungen war, setzte er hinzu: „Durch wen?“
Ruth lachte auf. Erst in seinem Kopf, dann außerhalb.
„Du hast es nicht bemerkt?“
Er schüttelte den Kopf.
„Es ist ein halbes Jahr her, vielleicht. Wir waren zu Besuch bei meiner Schwester. Erinnerst du dich?“
„Kommt es von deiner Schwester?“
„Nein. Es war…ihr Mann. Heinrich.“
Es war keine wirkliche Neuigkeit für ihn. Er hatte es geahnt, der neue Teil von ihm hatte es gewusst.
Ein halbes Jahr. Er wagte sich nicht auszumalen, über welche Kräfte er in fünf Monaten verfügen würde. Eigentlich hätte er es immer wissen müssen, Ruth war einfach jämmerlich.
Ein scharfer Schmerz durchzog seine Stirn und er hörte die Worte: Was bildest du dir ein?
Zu den fest gemauerten Fakten seines Daseins gehörte, dass er eben nicht in der Lage war, durch seine mentalen Fähigkeiten Einfluss auf die körperliche Ebene zu nehmen. Er wünschte es sich zwar sehnlichst, aber es geschah eben nicht, dass ihm gegenüber Ruths Kopf explodierte. Vielleicht vorher die Augen, ganz sicher zuerst der Mund. Weg, die Blutbahnen geplatzt, mit enormem Druck das Gehirn durch die Schädeldecke gesprengt.
Es war ihm möglich, Gedanken zu lesen und zu senden. Und er war auf dieses rote Gesöff angewiesen. Darüber hinaus trennte ihn nicht viel von seinen Mitmenschen. Noch nicht. Wie gesagt, in einem halben Jahr vielleicht.
Du willst mich also töten, klingelte es in seinem Hirn. Ruth lächelte ihn an.
Er lächelte zurück. Ich werde dich töten. Ich werde mich von dir befreien.
Sie lachte auf und gleichzeitig: Ohne mich wärst du ein Wurm!
Falsch, sendete er ihr. Wenn es dich nicht gäbe, wäre ich kein Wurm.
Sie lächelte noch immer, aber er hatte den Eindruck, als sei es ein wenig verrutscht.
Er stand auf und ging in die Küche. Plötzlich packte ihn die pure Mordlust. Er unterdrückte seine Gedanken, schottete sich ab, so gut es ihm gelang. Die Mauer war meterdick, als er die Besteckschublade aufzog und das größte Messer griff, das er fand.
Was hast du vor?
Hast du noch etwas von dem köstlichen Saft?
Er presste sich ganz nah an die Küchentür und lauschte, darauf bedacht, keine Lücke in seiner Verteidigungslinie zu lassen. Er begann zu schwitzen und ahnte, dass er so einfach, wie er sich gedacht hatte, an Ruth nicht vorüber kommen würde.
Er atmete leiser, hielt seinen Kopf schief, um irgendetwas davon mitzubekommen, was Ruth dachte. Es war still wie in einer leeren Kirche.
Ludwig sah um die Ecke, ganz langsam, immer darauf gefasst, sich etwas bewegen zu sehen.
„Ich würde gern noch etwas trinken“, sagte er und fast ohne Übergang kam die Antwort aus seinem Rücken.
„Dann hol es dir!“
Ruth kam mit einem Schrei auf ihn zugestürzt. Sie hielt ein Messer auf ihn gerichtet und mit dem Blick einer Irren kam sie rasend näher.
Er hob zur Abwehr sein Messer und erwartete so ihre Attacke. Kurz kniff er die Augen zu und als er sie wieder öffnete, war seine Frau verschwunden. Die Küche war leer, wie vordem.
Im Kühlschrank steht noch etwas, hörte er in seinem Kopf.
Er ließ die angehaltene Luft ausströmen und lehnte sich gegen den Türrahmen. Für einen Augenblick fiel er in alte Strukturen zurück, wollte Ruth um Verzeihung bitten, sich ihr unterordnen und ohne eigenen Blick auf die Welt weiterleben.
Doch welche Kraft, welche inneren Verbindungen auch dafür verantwortlich waren, dieser Moment war nur kurz. Im nächsten straffte sich sein Körper wieder, der Wall, den er eben hatte niedersinken lassen, wurde mannhaft aufgerichtet und der Blick in seinen Augen erfasste aufs Neue das Ziel. Er schlich weiter und überlegte dabei, wie es Ruth hatte gelingen können, ihn derart zu überraschen.
Bevor er ins Wohnzimmer ging, verbarg er das Messer hinter seinem Rücken. Es war überflüssig, das wusste er, Ruth hatte das Zimmer längst verlassen.
Nervös drehte er sich um.
Lass mich in Ruhe, kam es ihm plötzlich in den Kopf. Lass mich in Ruhe und geh jetzt!
Ich kann nicht, Ruth, erwiderte er in den Äther hinein. Ich will dich auflösen. Vollständig.
So stand er nun auf dem Flur zwischen Wohnzimmer und Ausgang und lauschte wieder, hielt sogar den Mund offen, um nur irgendein Geräusch, verursacht von seiner Frau, aufschnappen zu können.
Und wie er so stumm, so reglos, beinahe totscheinend dastand, spürte er plötzlich, wie er sich ein neues Mal einnässte, wie das warme Nass sich in seiner Hose ausbreitete und sehr schnell erkaltete. Doch es scherte ihn nicht, er wusste, es war das letzte Mal.
Er hörte Ruths Lachen, wie es lauter wurde und hämischer. Und je lauter es wurde, desto deutlicher wurde ihre Gestalt, direkt vor ihm. Sie hatte sich seinen Blicken entzogen, und nun, in diesem Moment, löste sie ihren mentalen Griff und er konnte sie sehen.
Du denkst, du bist so mächtig, lachte sie innerhalb und außerhalb seines Gehirns. Dabei bist du erbärmlicher als ein kleines Kind. Du pisst immer noch ein? Er machte eine Bewegung, doch bevor er das Messer hinter seinem Rücken hervorholen konnte, hatte sie schon eine Abwehrbewegung gemacht. Wag es ja nicht!
Sie wusste, dass sie mächtiger war als er, und er sah ein, dass er einen Fehler gemacht hatte, jetzt schon hierher zu kommen. Er begann sich zu ärgern, doch sofort verbannte er dieses Gefühl.
Plötzlich ein Geräusch an der Haustür. Zaghaft wurde die Klinke gedrückt und die Türe geöffnet.
Ruth sah sich um, als ein junges Ding den Kopf hereinstreckte.
„Bist du endlich soweit?“, nölte die Frau.
Ludwig nutzte die Unachtsamkeit seiner Frau und stach zu. Er traf sie direkt am Halsansatz und das Blut, das sofort austrat, hatte die unnatürliche Blässe ihrer Art.
Mit einem fragenden Ausdruck in den sterbenden Augen sank sie quälend langsam nach unten. Sie versuchte sich zu halten und riss eine Vase von der Kommode, wie einst Schneider das Geschirr. Endlich lag sie am Boden, einmal noch versuchte sie sich aufzurichten, doch sackte sie schließlich vollends zusammen und blieb reglos auf der Erde liegen.
Ludwig, ungerührt, vielleicht ein bisschen stolz, stieg über die Leiche seiner Frau hinweg und nahm das junge Mädchen bei der Hand.
„Komm“, sagte er so, dass sie es gleichzeitig über die Ohren als auch über die Synapsen vernahm.
Bevor sie hinausgingen in die Nacht, löschte er das Licht auf dem Flur und schloss, ohne einen Blick zurück, die Tür.
Ruth, mit einem kalten, finalen Lächeln, lag allein in ihrer dunklen Wohnung.

 
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Wenn du es sagst, mein Freund!
Lösch ich es halt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Aloha, alter Freund.

Bevor ich näher auf dein monumentales Werk eingehe, eine ganz, ganz große Bitte: Lösche um Gottes Willen deinen Kommentar. Die Geschichte besticht durch ihren enormen Spannungsaufbau, aber wenn ich den Kom zuerst gelesen hätte, wäre alles futsch gewesen. Also, weg damit! ;)

Zuerst Kleinkram:

nis. Er begann zu weinen, hielt sich die Hände vors Gesicht, doch Ruth ließ Bilder in seinem Kopf entstehen, die ihn noch mehr entsetzten.Er stöhnte noch einmal, dieses Mal unter der Last der ErkenntDu hast
Fangen wir mal hinten an. Mit diesem Abschnitt stimmt was nicht.

Und wieder nach vorn:

Kaum auszudenken, was Ruth gesagt hätte, wenn sie bei ihm einer Fahne gewahr geworden wäre.
Diesen Satz - und das gerade am Anfang - finde ich zu hochgestochen.

Doch Schneider hatte sich krankgemeldet und niemand in seinem Büro wusste, was ihm fehlte. Er hatte morgens angerufen und mitgeteilt, dass er sich nicht fühlte.
... nicht wohl fühlte.

Erbecher kam sich vor wie ein Abiturient, dem niemand mitteilen will, ob er die Prüfungen bestanden hat.
Ist das nicht die falsche Zeit?

Er zweiundfünfzig, Ruth vier Jahre älter, und irgendwann Hatte er mit so etwas gerechnet
hatte

Der Salat schmeckte wirklich nicht, er schien im pappig und fad,

Das wars auch schon.

Kommen wir zum Inhalt: Man merkt der Geschichte an, dass du dich in sie hineingelebt hast; diese faszinierende Hingabe in deine Protagonisten ist immer das, was ich an dir so beneide. Man sieht sie förmlich vor sich. Obwohl ich es schon oft gesagt habe: Hierfür gibts mal wieder ein dickes Kompliment.
Gefährlich an solch einer Detailfülle ist allerdings, dass es schnell in die Langatmigkeit abdriften kann.
Diesem wirkst du hier aber immer rechtzeitig entgegen, indem du die Spannungsschraube immer ein wenig mehr anziehst (Einnässen - Geräusche - Erkenntnis, um was es sich handelt - Schneiders Haus). Letzteres ist ein absoluter Höhepunkt der Geschichte.
Allerdings war mir persönlich das Gespräch mit Schneider noch etwas zu kurz; zu abrupt. Hier würde gut eine kleine Erklärung für Schneiders Fernbleiben vom Arbeitsplatz hinpassen. Was passierte an jenem Abend, das Schneiders Absturz rechtfertigt?
Verstehst du? Nicht die Auflösung schon hier bringen, das mein ich nicht, aber du könntest hier nochmal schön auf die Betriebsfeier ein wenig eingehen, die ja zu Anfang der Geschichte einen durchaus hohen Stellenwert einnimmt, jedoch im weiteren Verlauf immer mehr an Bedeutung verliert.

Ein wenig unschlüssig bin ich mir auch beim Ende (genauer beim Schlusskonflikt zwischen Ruth und Ludwig). Im Gegensatz zum Rest der Geschichte, die du haarklein ausbaust, wirkt das Ende auf mich wie ein zwanghaft gewolltes Anhängsel, was nicht so recht passen will.
Im Prinzip fängst du hier ja einen komplett neuen Handlungsstrang an. Dafür ist er mir aber viel zu kurz und bewegt sich (im Gegensatz zum Rest der Geschichte) zu sehr an der Oberfläche.
Ich würde den Schluss entweder kürzen oder ausarbeiten; wobei letzteres bedeuten würde, dass dann der Anfang wieder zu lang wäre :confused:

Also meine Meinung: Um die Geschichte aufzulösen, bedarf es nicht unbedingt dem zusätzlichen Handlungsstrang am Ende. Ohne dem wirkt sie viel runder. Wobei, berücksichtigt man die Überschrift, dann passt ja doch beides. Ach, ich bin verwirrt ...

Fazit: Sauspannend und trotz seiner Länge niemals langatmig. Das Ende trübt (im Moment noch) ein klein wenig den Gesamteindruck.
Und eine "Wortschöpfung" möchte ich doch nochmal hervorheben:

...süßlich, surrender Gestank
Geil! Was einem da alles durch den Kopf geht ... herrlich.
Insgesamt hat's großen Spaß gemacht!

Gruß! Salem

 

Hallo Hanniball!

Deine Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen, der Spannungsaufbau ist der erste Verantwortliche dafür, die klare, einwandfreie Sprache und liebevolle Darstellung der Figuren wohl der zweite. Sehr gute Geschichten bewirken, dass ich äusserst aktiv lese, mir dabei immer wieder eigene Handlungsfortsetzungen erdenke. So erging es mir hier, man merkt deiner Geschichte die Inspiration, die du hattest, an.
Inhaltlich habe ich ein paar Punkte, die ich wohl anders gestaltet hätte, sowie Fragen, auf die ich nach einmaligem Lesen noch keine Antwort habe.
Liege ich richtig: Wird diese „Macht“ durch den Sexualverkehr übertragen und hatte Heinrich was mit Ruth? Ist das mit ein Grund für seinen Hass?
Dann wird mir aber immer noch nicht klar, was in jener Nacht der Betriebsfeier geschah. Und warum Schneider weiss, dass Ludwig tot sein müsste und von seiner Frau spricht. Wurde er Zeuge davon, wie Ruth Ludwig auf offener Strasse überfiel und (also doch) auf vampirkonventionellem Wege ansteckte? Die Lösung gefällt mir weniger, da es sich Ruth zu Hause einiges einfacher hätte machen können. Es sei denn, natürlich, sie will es sich nicht einfach machen …
Das junge Mädchen am Ende kommt mir zu überraschend. Wirkt somit ein wenig wie ein Mittel zum Zweck, damit Ludwig Ruth endlich töten kann. Wer ist sie? Wenn sie doch bereits ein erwachsenes Mädchen darstellt, so würde ich die Beschreibung überdenken, beim „jungen Ding, das hereinschaut“ dachte ich sofort an ein kleines Kind. Zum Schluss passt aber irgendwie besser eine junge Frau, mit der Ludwig jagen geht, statt mit Ruth. Eine die er während seiner Fluchttage kennenlernte? Wie auch immer - da fehlt irgendwas. Gäbe es vielleicht eine Möglichkeit, das Mädchen gegen Anfang der Geschichte zu erwähnen, als etwas Mysteriöses, Ungeklärtes aber doch nicht zu sehr Beachtetes, zu dem der Leser dann ein Déjà-vu herstellen kann? Oder könnte man es wagen, statt des Mädchens Ruths Schwester einzusetzen? (Im Moment wirkt die Geschichte wie eine nahezu einwandfreie Theateraufführung, aus der nach und nach in strenger Logik Figuren scheiden, doch als am Schluss eine zuviel auf der Bühne steht wird der Security-Typ vom Eingang hergeholt und zerrt sie weg...)

Ausgezeichnet finde ich, wie du den Übergang vom Geräusch im Ohr zum Gedankenlesen bringst. Ich dachte anfangs bloss, er höre sein eigenes Blut, wie wenn man sich eine Muschel ans Ohr hält, als Vorzeichen seines neuen Durstes …
Ein schönes unheimliches Element ist die Szene, in der er nach Hause kommt uns seine Frau nichts denkt. Doch war ich da noch ahnungslos. Ich dachte, die Liebe wäre tot, sie hätte schlichtweg keinen Anlass mehr irgendetwas von ihm zu denken.

Vertipptes:

>> „Der Prozess ist komplizierte als ich dachte“, <<
komplizierter +r
>> nis. Er begann zu weinen, hielt sich die Hände vors Gesicht, doch Ruth ließ Bilder in seinem Kopf entstehen, die ihn noch mehr entsetzten.Er stöhnte noch einmal, dieses Mal unter der Last der Erkennt.Du hast gejagt, <<
Da wurde die Erkenntnis etwas unsanft aus dem Winterschlaf gerissen.
>> Und je lauter es wurde, desto deutlich wurde ihre Gestalt, <<
deutlicher +er

Eingerahmtes :
>> Doch trotzdem er die Decke fest um seinen Körper schlang, gelang es ihm nicht, die Kälte der Fliesen und des Spiegels aus seinem Körper zu bannen. << Sehr stark im Stimmungsaufbau, obschon ich anstelle des "trotzdem" ein "obschon" hingekritzelt hätte.
>> Er kam sich vor wie ein Baum, den jemand genommen und in völlig fremder Erde eingepflanzt hatte. Entwurzelt, allein. <<
Sehr schön!


Freundliche Grüsse,

Van

 

Salem, verlorner Sohn! :D

Monumentales Werk? Ich dachte du kennst mich, dann weißt du doch, das dies hier eher ein Quickie für mich war.
Zu deinem Vorschlag, meinen ersten Kommentar zu löschen: Ich habe es getan, mit dem Wissen, dass es Schimpfe geben wird. Und siehe da, die Pflegerin hat schon gemeckert. *kopfduck* Hoffentlich muss ich jetzt nicht 'ne Extraportion Beruhigungstabletten schlucken.:D
Ich werde mal in Verhandlung mit Tamira treten, inwieweit der Beitrag gelöscht bleiben kann, denn irgendwie sehe ich deinen Einwand auch ein.


Mit dem Absatz hast du natürlich recht, als ich die Kursivschriften einsetzte, muss mir das passiert sein.

Kaum auszudenken, was Ruth gesagt hätte, wenn sie bei ihm einer Fahne gewahr geworden wäre.

Diesen Satz - und das gerade am Anfang - finde ich zu hochgestochen.

Findest du? Aber Ludwig Erbecher selbst ist hochgestochen. Aber gut, ich lass mich überreden.

Erbecher kam sich vor wie ein Abiturient, dem niemand mitteilen will, ob er die Prüfungen bestanden hat.

Ist das nicht die falsche Zeit?

Ich denke nicht, denn der Abiturient als Beispiel, als Bild, existiert ja jetzt noch. Kennt sich da nicht mal jemand genau mit aus? Haaaaalloooooo! Wer kann uns helfen?

Man merkt der Geschichte an, dass du dich in sie hineingelebt hast;

Dabei habe ich an so mancher Stelle unschlüssig vor meinem Papier gesessen. Gerade die Schneider-Szene wollte mir einfach nicht von der Hand gehen - scheint so, als merke man ihr das auch an. Ich glaube, du hast recht, dass sie ausgebaut werden müsste. Bei einer Überarbeitung liegt hier mein Hauptaugenmerk, gerade weil du sagst, es ist so etwas wie ein Höhepunkt der Geschichte (ist es wohl auch).

Also meine Meinung: Um die Geschichte aufzulösen, bedarf es nicht unbedingt dem zusätzlichen Handlungsstrang am Ende.

Tja, Dilemma. Denn genau daraufhin habe ich gearbeitet, auf die Befreiung. Und ja, ich fand den Schluss auch zu lang. Wie wäre es mit nur ein zwei Sätzen am Ende? Würde das funktionieren?

...süßlich, surrender Gestank

Geil! Was einem da alles durch den Kopf geht ... herrlich.

Schön, dass er gefällt! Habe ich doch auch deine scheiß-ekligen Mücken dabei im Kopf gehabt.:D

Insgesamt hat's großen Spaß gemacht!

Ich bin erfreut und erleichtert!

Danke dir!
P.S. Grüß Jekyll von mir!:dozey:

Hi Van Horebeke!

Dass es dich noch gibt...schön, ich freu mich!

Sehr gute Geschichten bewirken, dass ich äusserst aktiv lese, mir dabei immer wieder eigene Handlungsfortsetzungen erdenke.

Es ist mir eine Ehre! Und ich muss sagen, dass ich das nicht könnte. Wenn ich eine gute Story lese, lasse ich mich treiben.

Auf deine Fragen muss ich leider in den meisten Fällen sagen: Ich weiß es nicht, tut mir leid. Irgendwie übe ich mich momentan in Geschichten, die mehr scheinen, als sie sind.

Aber nein, das ist natürlich Unsinn, denn etwas gedacht habe ich mir schon dabei.

Wird diese „Macht“ durch den Sexualverkehr übertragen und hatte Heinrich was mit Ruth? Ist das mit ein Grund für seinen Hass?

Sex? Natürlich, Sex ist der Ursprung von allem. Und auch hier ist der Sexualtrieb der Schlüssel. Im Grunde und völlig abgespeckt, wollte ich eine Geschichte schreiben, in der eine arme Sau von Pantoffelheld sich von seiner Freu befreit.
Damit kommen wir auch zu deiner nächsten Frage.

doch als am Schluss eine zuviel auf der Bühne steht wird der Security-Typ vom Eingang hergeholt und zerrt sie weg...

:lol:
Ist ja eigentlich das Schlimmste, was du von einer Geschichte sagen kannst. Aber ist meine Schuld. Ich hatte bei der Endung "junges Ding" meine Bedenken. Habe aber gehofft, dass der Begriff so rüberkommt, wie er sollte. Nämlich, dass Erbecher sich natürlich eine Frau geschaffen hat, mit der er jagen geht. Es sollte aber eher etwas vorrübergehendes, nichts Festes sein, darum habe ich etwas abwertend vom jungen Ding gesprochen.


Ich freu mich über die Lobse, werde versuchen, die Fehlerchen auszumerzen,
danke auch dir für die Mühe und die Kritik.


Schöne Grüße von meiner Seite!

 
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Hallo Hanniball!

Auch mich hast Du in die Geschichte gezogen, ich fand sie sehr spannend zu lesen. :)
Dem vorangegangenen Lob von Salem und Van kann ich mich ganz anschließen – das macht es kürzer, aber nicht kleiner! –, ebenso dem Kritikpunkt, daß noch interessant wäre, was an dem anfangs erwähnten Abend passiert ist.

»liebevolle Darstellung der Figuren« (Van) wäre mir zwar wörtlich nicht so eingefallen, aber dem stimme ich besonders zu, und sie kommt auch in dieser Szene hier sehr schön zum Ausdruck, die ich mir schon vorm Kritikenlesen rauskopiert habe:

So saß er an seinem Schreibtisch, hielt den Stift in der Hand und den Computer am Laufen, doch sein Blick ging ins Leere, und dann und wann huschte ihm ein Runzeln oder ein Lächeln übers Gesicht. Die Belegschaft nahm die Veränderung in seinem Verhalten natürlich wahr und beobachtete fasziniert, wie er nichts tat und dabei in regelmäßigen Abständen leise Seufzer ausstieß.
[…]
blickte er sich ängstlich um und bekam gerade noch mit, wie die Kollegen an den Nachbartischen hektisch ihre Arbeit aufnahmen.
Wenn er ihre Gedanken hören konnte, wie stand es dann mit seinen? Waren die dann genauso offen für die anderen?
Die Szene und wie Du ihn hier bildhaft und zugleich in seinen Ängsten und Zweifeln darstellst, gefällt mir besonders gut, das kommt so richtig echt rüber, als wär’s autobiographisch. :D

Einen kleinen Kritikpunkt muß ich aber noch hinzufügen:

Die Marschke, die ihm gegenüber saß, schaute auf die Tischplatte vor sich und er hörte eine Stimme, die entfernt wie die ihre klang: überarbeitet und völlig durchgedreht.
Eigentlich finde ich es unlogisch, daß die Gedanken die Stimme der jeweiligen Person haben sollten, da die Stimme ja erst durch die Stimmbänder gebildet wird – ich würde sie doch eher nur durch ein Flüstern darstellen oder noch besser durch ein ganz anderes Geräusch, vielleicht wie auf einem Kamm geblasen oder was auch immer, sei kreativ. ;) Er könnte sie dann vielleicht durch ihre Art zu sprechen (Betonung, Dialekt, Wortwahl) unterscheiden, da diese Eigenschaften auch beim Denken gleich sind.
Daß das einiges an Umbau wäre, ist mir natürlich ebenso klar, wie die Tatsache, daß der Punkt wahrscheinlich sonst niemanden stört, aber ich mach Dir den Vorschlag (nach einer Nachdenkpause) trotzdem, weil man Dich ruhig ein bisschen mehr fordern kann und Du bestimmt irgendwo ein Stück Zeit zum Totschlagen hast. :)


Die schlechte Nachricht ist: Die Kürze der Korrekturliste ist eine optische Täuschung. Ich bin kurz vor der Hälfte, aber da ich vermute, daß Du die erste überarbeitete Fassung (die ich ja sowieso lesen will) einstellst, bevor ich hier weitermachen kann, warte ich mit dem Weitermachen auf die aktuelle Version. ;)


»Die Nacht, in der Ludwig Erbecher realisierte, dass etwas im Argen lag,«
– statt »realisierte« fände ich »erkannte« oder »wahrnahm« schöner, weil »realisierte« in dieser Verwendung zum bösen Denglish gehört (»realisieren« hatte im Deutschen ursprünglich nur die Bedeutung verwirklichen, wahrmachen, umsetzen, wie einen Traum realisieren).

»So schob er es auf zu gutes Essen – vielleicht war etwas Verdorbenes dabei gewesen – dass er nicht mehr alles von der Feier wusste.«
– Soso, was Verdorbenes ist also »zu gutes Essen«. :lol: Solltest Du mal in Wien vorbeikommen und bei mir essen, sag’s mir bitte rechtzeitig – gutes Verderben braucht schließlich Zeit. Vorerst reicht es aber, wenn Du hier einen Beistrich einfügst: gewesen –, dass

»Und – was er von sich selbst überhaupt nicht kannte – er war mitten in der Nacht aus dem Schlaf geschreckt und fand einfach nicht mehr die notwendige Ruhe, wieder einzuschlafen.«
– die beiden »und« stören irgendwie, würde deshalb zwei Sätze draus machen: … geschreckt. Danach fand er einfach nicht mehr …

»„Wenn es am schönsten ist…“, hatte er gesagte und war hinausgegangen.«
»Aber dann…?«
– gesagt
– jeweils eine Leertaste vor die drei Punkte

»kam es ihm vor, als schaue er in das Gesicht eines Fremden.«
– als schaute

»Er näherte sich dem Glas immer weiter, bis er ihn mit der Nase beinahe berührte, doch er konnte keine Antwort in seinen Augen darauf finden, wie er nach Hause gekommen war.«
– »weiter« drückt ja eher eine größere Entfernung aus, würde daher entweder »immer mehr« oder »Er kam dem Glas immer näher« schreiben
– erst sprichst Du vom Glas (das), dann schreibst Du »bis er ihn«; entweder also »Spiegel« statt »Glas« oder »bis er es«
– würde ich umdrehen: doch er konnte in seinen Augen keine Antwort darauf finden

»wusste er, dass er nicht lange geschlafen hatte und das erste, das er spürte,«
– hatte, und das Erste, was
– In den folgenden Sätzen kommt bis »niemand in seinem Büro wusste« noch zwei Mal »wissen« und zwei Mal »wusste« vor.

»Die gestrige Feier im Kopf machte er sich auf die Suche nach Schneider.«
– Kopf, machte

»Er hatte morgens angerufen und mitgeteilt, dass er sich nicht fühlte.«
– nicht wohl/gesund/gut fühlte

»Erbecher kam sich vor wie ein Abiturient, dem niemand mitteilen will, ob er die Prüfungen bestanden hat.«
– mitteilen wollte, ob er die Prüfungen bestanden hatte.

»Er hatte ihre Züge studiert, wie sie sich im Mondlicht sanft hoben und senkten;«
– ihre Züge hoben und senkten sich?

»Ganz genau spürte er die Blicke der anderen im Büro, die darauf warteten, dass er zu stottern begann und rot wurde im Gesicht.«
– »im Gesicht« kannst Du meiner Meinung nach streichen, evtl. »rot anlief«.

»Zu allem Überfluss hatte er einen seltsamen Druck auf den Ohren,«
– an oder in den Ohren?

»sosehr er sie sich auch rieb.«
– »sich« kannst Du streichen

»Abends dann hatte sich das lästige Gefühl noch nicht aufgelöst,«
– statt »Abends dann« würde ich »Auch Abends« schreiben

»Einzig ein leise wisperndes Geräusch, das er den Tag über unterschwellig wahrgenommen und ihn schier wahnsinnig zu machen gedroht hatte,«
– das er den Tag über unterschwellig wahrgenommen hatte und das ihn schier wahnsinnig zu machen drohte.

»Sie hätte sicherlich eine passende Medizin parat und sie hätte gewartet, bis er sie genommen hätte.«
– das zweite »sie hätte« (vor »gewartet«) kannst Du streichen, drei »hätte« in einem Satz sind eindeutig zu viele. ;-)

»Er konnte diese Reaktion nicht zu deuten,«
– das »zu« ist zuviel (oder wolltest Du erst »nicht zuordnen« schreiben, würde sich vom Klang besser machen)

»hielt sie ihr beider Haushalt am Laufen.«
– ihrer beider

»„Es ist…passiert“, sagte er leise.«
– Leertaste vor und hinter die drei Punkte

»Er war nicht sicher, aber er meinte schon wieder ihre Mundwinkel zucken zu sehen.«
– Beistrich entweder nach »meinte« oder nach »wieder«

»Ich habe überbackene Lendchen in einer Preiselbeersauce vorbereitet.“«
– »einer« würde ich streichen

»Es war nicht nur wiedergekehrt in dem Moment, in dem er die Straße betrat,«
– in dem Moment, als er (außerdem würde ich »wiedergekehrt« und »in dem Moment« vertauschen)

»dass, sollten diese Töne nicht nachlassen, er verrückt werden würde oder jemanden umbringen musste.«
– Warum sollte er hier ans Umbringen denken? :susp:

»so dass es bei geringer Intensität die Illusion hatte, sie wären ein Geräusch.«
– »es« kann keine Illusion haben, Du meinst vermutlich »er«

»Aber heute, mit diesen Bedingungen«
– unter diesen Bedingungen

»Natürlich versuchte er, einzelne Stimmen zu isolieren, Sätze zu verstehen, etwas Sinnvolles zu begreifen.
Und natürlich fragte er sich,«
– statt »zu begreifen« fände ich »herauszuhören« passender
– Wiederholung »natürlich«, ich würde das erste weglassen (Er versuchte) und vor dem zweiten das »Und« streichen.

»doch sein Blick ging ins Leere, und dann und wann huschte ihm ein Runzeln oder ein Lächeln übers Gesicht.«
– entweder würde ich den Beistrich vor dem »und« wegnehmen, oder selbiges durch »nur« ersetzen

»was der Stimmensalat bedeutete, der in seinem Kopf durcheinander schwang.«
– zusammen: durcheinanderschwang

»Obwohl er es nicht recht glauben mochte und er ganz sicher darüber mit niemandem sprechen würde, war es doch das einzige was übrigblieb, als er alles andere ausgeschlossen hatte.«
– das Einzige, was übrigblieb, nachdem er …
– das zweite »er« könntest Du einsparen, außerdem würde ich »darüber« und »mit niemandem« vertauschen: Obwohl er es nicht recht glauben mochte und ganz sicher mit niemandem darüber sprechen würde

»Die Stimmen waren die Gedanken derer, die sich um ihn herum befanden.«
– Vorschlag: Gedanken der Menschen um ihn herum.


Liebe Grüße,
Susi :)

 

»Erbecher kam sich vor wie ein Abiturient, dem niemand mitteilen will, ob er die Prüfungen bestanden hat.«
– mitteilen wollte, ob er die Prüfungen bestanden hatte.
Ich habs gewusst :D. Danke, Susi.

 

Hallo Susi!

Tja, was soll ich sagen? Du hast mal wieder, wie immer, recht. Zumindest mit den meisten der aufgezeigten Fehler, die ich dann auch - flugs:D - geändert habe.
Auch

»Erbecher kam sich vor wie ein Abiturient, dem niemand mitteilen will, ob er die Prüfungen bestanden hat.«

– mitteilen wollte, ob er die Prüfungen bestanden hatte.

Herr Stoke! ;)

Freut mich natürlich, dass du zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen bist, wie deine Vorredner. Habe auch recht viel Spaß gehabt beim Schreiben.

Nun, freue mich auf den zweiten Teil deiner Kritik, obwohl er sicher wieder mit jeder Menge Arbeit verbunden sein wird.:dozey:


Schönen Dank zunächst und wieder mal großes Kompliment!

Liebe Grüße von hier!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Hanniball,
deine Geschichte spricht mich an, gefällt mir sogar, weil sie eigenwillig ist, weil hier etwas gewagt wurde. Ich finde, sie passt von ihrem Charakter besser in Seltsam, wenn nicht der in Panik Selbstmord machende Kollege, die brutale Szene am Ende und das Element Untote formal für Horror sprechen.
Nicht alle Fragen, die sich mir während des Lesens aufgebaut haben, haben sich am Ende geklärt, was nicht nötig ist. Diese ganz kleinen alltäglichen Merkwürdigkeiten, im gut dargestellten Bild einer eigentlich so vertraulichen Umgebung der 32jährige Ehe, steigern sich zu kafkaesker Bedrohlichkeit, in der der Protagonist herumirrt. Dabei fing es eigentlich auf eigenartige Weise irgendwie witzig an und selbst am Ende bleibt irgendwas von dieser Komik erhalten, wahrscheinlich wegen des rätselhaften, leicht absurden Charakters einiger Details, deutlichstes Beispiel das in-die-Hose-Kacken.
Der Stil ist nicht durchgehend sauber, um nicht zu sagen, sprachliche Missgeschicke, eine von mehreren Stellen wäre zum Beispiel

in der Küche vordem
Das absurd-seltsame erinnert mich an, wenn auch sehr entfernt, aber vielleicht wegen der Atmosphäre an das Theaterstück Rhinozeros von Eugene Ionesco, bekanntes Genre-Prototyp des absurden Theaters. Auch ein wenig Tendenzen zu Mystery in guter M. Night Shyamalan-Tradition. Der gemeinsame Nenner wäre vielleicht das irgendwie Surreale, woraus für mich mehr Unheimlichkeit als aus dem traditionellen Horror ausgeht, weil man hier nicht genau weiß, wo der idyllische Alltag aufhört und der vom Autor beabsichtigte Horror beginnt.
Zum Thema des Monats "Beweis mir deine Liebe" passt diese Geschichte gar nicht, finde ich, zumindest primär auf gar keinen Fall. Ich finde hier nicht mal Ansätze von psychischen Entwicklungen krankhafter Liebe, die das Thema erfüllt hätten. Die Ehefrau wirkt auf mich einfach nur irgendwie abgedreht.

Habe jetzt auch Bock gekriegt, einbisschen was seltsam-bizarres zu fabrizieren.

Gruß
Thrombin

 

Hallo Thrombin!

deine Geschichte spricht mich an, gefällt mir sogar, weil sie eigenwillig ist

freut mich, eine Geschichte sollte immer eigenwillig sein, nicht wahr?

Ich finde, sie passt von ihrem Charakter besser in Seltsam

Da hast du sicher Recht, aber sie wurde geschrieben für ein bestimmtes Thema des Monats im Horror-Forum. Ist aber nicht das letzte, vom Monat Februar. Salem meinte, ich sollte vorher nicht verraten, um welches Thema es sich handelt, weil es die Spannung schmälert.

Nicht alle Fragen, die sich mir während des Lesens aufgebaut haben, haben sich am Ende geklärt

Geht mir genauso.

Diese ganz kleinen alltäglichen Merkwürdigkeiten, im gut dargestellten Bild einer eigentlich so vertraulichen Umgebung der 32jährige Ehe, steigern sich zu kafkaesker Bedrohlichkeit

Die Bedrohlichkeit sollte letzten Endes eigentlich von den 32 Jahren Ehe ausgehen, ist nicht so rübergekommen.

leicht absurden Charakters einiger Details, deutlichstes Beispiel das in-die-Hose-Kacken.

Der Charakter sollte erst absurd werden, mit all seinen Merkwürdigkeiten. In-die-Hose-Kacken war es übrigens nicht, war immer von einstrullern die Rede.:D

Der Stil ist nicht durchgehend sauber, um nicht zu sagen, sprachliche Missgeschicke

Damit triffst du mich nun wirklich, sage mir doch mal einige Stellen, damit ich dran arbeiten kann. Nur deshalb, weil ich mir nicht vorstellen kann, was du an vordem auszusetzen hast.


Ionesco ist mir vom Namen her geläufig, allerdings kann ich nicht sagen, etwas von ihm zu kennen. Ich gehe aber davon aus, dass ich dem Vergleich mit ihm sicher nicht standhalte.
Shyamalan ja, wenn du den ins Spiel wirfst, zumindest teilweise finde ich sein Werk interessant.

Habe jetzt auch Bock gekriegt, einbisschen was seltsam-bizarres zu fabrizieren.

Hast du doch schon.

Schönen Dank für deine Meinung, die Kritik und die Mühe, die du dir gemacht hast.


Schöne Grüße von diesseits!

 

Hallo Hanniball,

mich hat die Geschichte sprachlich nicht überzeugt. Gerade den Anfang mit diesen Zwischensätzen fand ich labberig und umständlich geschildert. (Das kann das Deutsche auch nicht so leisten. Ich weiß, man kann in der Vorvergangenheit vom Plusquamperfekt ins Imperfekt wechseln und auch den Konjuktiv nur gezielt einsetzen - es liest sich, mag es grammatikalisch auch korrekt sein, einfach nicht gut. Diese "hatte - Imperfekt"-Wechsel killen jede Melodie in einer Geschichte über einen längeren indirekten Teil; und jedesmal wenn ich mich als Leser frag: "Gehört da kein sei hin?" bin ich aus der Geschichte draußen.)

Auch mit den Figuren konnte mich nicht identifizieren oder mich in sie irgendwie einfühlen, dafür waren sie mir schlicht zu steif.
Das führt dann dazu, dass ich die Geschichte schnell und eher "analytisch" gelesen habe. Und da läuft der große Konflikt zum Ende hin, wo man auf das Finale hofft, dann fast auf eine deus ex machina-Lösung heraus. Es klingelt jemand an der Tür und sie ist abgelenkt. Fand ich eher enttäuschend.

Die dahinterliegende Ebene, die Lieblosigkeit und Fremdheit in der Ehe, wäre für mich das Spannende gewesen. Dass er eben gerade ihre Gedanken nicht lesen konnte, dass er Angst vor ihr hatte. Aber das wird dann in den einzelnen Szenen nicht deutlich, sondern nur zum Ende hin in diesem Dialog. So dass man sich natürlich fragt: Warum hat er sie denn geheiratet? Was ist da noch? Also gerade die Ebene, die für mich dann am interessantes war, kam zu kurz.

Natürlich, ist die Geschichte nicht schlecht oder weiß der Geier was. Du erzählst hier, hast einen Plot, es steckt Zeit und Gehirnschmalz in der Geschichte und das hebt sie positiv von den meisten anderen ab, das steht völlig außer Frage, aber für mich zündet sie nicht. Sie entwickelt keine Überraschung und bleibt - wie auch ihre Figuren - deutlich zu grau. Da hat mir deine Reise in den Urwald vor ein paar Monaten deutlich besser gefallen.
Das Setting und die charakterlichen Eigenschaften der Figuren mögen so einen etwas umständlichen, auch biederen Stil erfordern, lesen lässt er sich nicht gut, finde ich.

Gruß
Quinn

 
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Damit triffst du mich nun wirklich, sage mir doch mal einige Stellen, damit ich dran arbeiten kann. Nur deshalb, weil ich mir nicht vorstellen kann, was du an vordem auszusetzen hast.
Aus zeitlichen Gründen bin ich diesmal leider ausnahmsweise verhindert, Verantwortung für mein Statement zu tragen und Stellen zu zitieren, was ich in Zukunft mit größerer Sorgfalt wiedergutzumachen versuchen werde. Sei nur mal gesagt, dass ich manchmal ein paar kleine Flüchtigkeitsfehler bemerkt habe und manchmal sind Formulierungen aufgetaucht, bei denen ich unsicher war, ob man das so sagen kann.

Du brauchst dich aber nicht getroffen fühlen! Heb dir das auf für irgendwann, wenn ich die Stellen finde und aufzeige.

Das mit dem "vordem" fand ich, klang ein wenig ungewohnt.

Schöne Grüße

 

Hi Quinn!

mich hat die Geschichte sprachlich nicht überzeugt

Ich hatte fast so etwas befürchtet.:)
Dein Einwand ist völlig korrekt, ich fürchte, so etwas wirkt erst bei längeren Texten. Mit solch umständlichen Konstruktionen muss der Leser natürlich bereit sein, sich darauf einzulassen. Es ist schwer, ihn dahin zu bekommen, wahrscheinlich bedarf es da etwas mehr Talent, als ich es aufzuweisen habe.
Ich hab's halt probiert.

Das führt dann dazu, dass ich die Geschichte schnell und eher "analytisch" gelesen habe.

Das ist ja dann der Spannungskiller Nummer eins.

Es klingelt jemand an der Tür und sie ist abgelenkt. Fand ich eher enttäuschend.

Vielleicht wäre das doch das Beste, was Salem vorschlug: Radikal kürzen.

Warum hat er sie denn geheiratet?

Ich hatte gehofft, das deutlich gemacht zu haben: weil er der Typ dazu war. Ein schwächlicher, unterordnender, Verantwortung von sich schiebender Looser. Und gerade das ändert sich mit der Initiation.
Schade, nicht deutlich geworden.

lesen lässt er sich nicht gut

Und ich schreib ihn doch so gerne!

Danke dir, Quinn. Habe ich zur Kenntnis genommen, und werde, nun ja, darüber nachdenken.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo Hanniball!

So, da bin ich wieder, mit dem versprochenen zweiten Teil. :)

Ich hab die Geschichte noch einmal von vorn gelesen, deshalb sind aus der ersten Hälfte auch noch einmal ein paar Sachen dabei. Aber ich kann nur noch einmal sagen, daß mir die Geschichte wirklich gut gefallen hat, und jetzt beim zweiten Lesen noch besser als beim ersten Mal!

Ich hatte gehofft, das deutlich gemacht zu haben: weil er der Typ dazu war. Ein schwächlicher, unterordnender, Verantwortung von sich schiebender Looser. Und gerade das ändert sich mit der Initiation.
Schade, nicht deutlich geworden.
Ich finde schon, daß das deutlich wird. Also mir kam es vor allem so vor, als hätte er in ihr bisher sowas wie einen Mutterersatz gefunden, die ihm sagt, was er zu tun hat, und ihm nachschaut, wenn er weggeht, ihn und seine Unterhosen kontrolliert. Und schließlich kontrolliert sie eben auch seine Gedanken. In dem Moment, wo er aber wegfährt, beginnt er sich zu verändern, sich selbst zu finden, und als er wieder da ist, erkennt er: »Wenn es dich nicht gäbe, wäre ich kein Wurm.«
Für einen Augenblick fiel er in alte Strukturen zurück, wollte Ruth um Verzeihung bitten, sich ihr unterordnen und ohne eigenen Blick auf die Welt weiterleben.
Noch deutlicher würde ich das auf keinen Fall machen.

So, jetzt gehts aber los: ;)

Am Alkohol aber hatte der Blackout nicht liegen können – er trank keinen.«
– entweder würde ich »sein Blackout« schreiben oder hinten statt »er« »Ludwig« (nicht, daß der Bezug des »er« unklar wäre, aber besser wäre es so)

»wenn er ihr mit einer Fahne gegenüber getreten wäre.«
– zusammen: gegenübergetreten

»Aber dann…?«
– Leertaste vor die drei Punkte (die entfällt nur dann, wenn das Wort unvollständig ist)

»Er fühlte sich miserabel und als er sich lange im Spiegel betrachtete, kam es ihm vor, als schaute er in das Gesicht eines Fremden.«
– zweimal »als«, Vorschlag: Er fühlte sich miserabel, betrachtete sich lange im Spiegel und es kam ihm vor, als schaute …

»doch er konnte keine Antwort in seinen Augen darauf finden,«
– »darauf« würde ich streichen

»gelang es ihm nicht, die Kälte der Fliesen und des Spiegels aus seinem Körper zu bannen.
Als er morgens erwachte, spürte er, dass er nicht lange geschlafen hatte und das Erste, das er spürte, war die Kälte der vergangenen Nacht.«
– gegen die Wiederholung der Kälte könnte »war sein Frieren während der vergangenen Nacht« helfen
– erst spürte er, dass er nicht lange geschlafen hatte, und dann kommt das Erste, was er spürte? Das war dann ja eigentlich schon das Zweite. ;-) Nach dem »hatte« gehört jedenfalls ein Beistrich (Ergänzung zu »spürte er«)

»Er lächelte, hoffte, dass es einigermaßen natürlich aussah und sagte nur:«
– Beistrich nach »aussah« (Ergänzung zu »hoffte«)

»Als er an seinem Schreibtisch saß, kam ihm der erschreckende Gedanke,«
– »Als« ist eines Deiner Lieblingswörter, auf die Du vielleicht schon beim Schreiben oder Überarbeiten ein bisschen aufpassen solltest. Außer, es gefällt Dir wirklich so gut, dann will ich Dir nichts dreinreden. ;-)

»Beinahe hatte er die schlaflose Nacht vergessen, als er«
– da ist schon das nächste ;-)

»Dort hatte er entdeckt, dass er sich vollgepisst hatte.«
– Hm, in der vorigen Version war es nur ein gelber Fleck, also wohl nur ein paar Tropfen, unter »vollgepisst« stell ich mir etwas mehr vor, er müßte dann zumindest auch duschen, bevor er eine frische Unterhose anzieht. ;-)

»Keine zwei Stunden nach dem sie zu Bett gegangen waren,«
– zusammen: nachdem

»Als er aufstand, bemerkte er, dass er sich wieder eingenässt hatte. Die Pyjamahose klebte kalt an seinen Beinen und als er im Dunkeln ins Bad schlich,«
– ah, jetzt war es tatsächlich mehr … aber trotzdem duscht er nicht, sondern sieht der Wäsche beim Trocknen zu … ein ausgesprochen appetitilicher Mann.
»Es wunderte ihn, dass Ruth so gelassen weiterschlafen konnte,«
– Ihre Geruchsnerven haben wahrscheinlich irgendwann abgeschaltet. :D
»so etwas war früher sicher nicht möglich gewesen.«
– Da haben sie noch funktioniert. :p

»hatte diese Sache auch ein Gutes: war die Angst vor Ruth seit sie sich kannten, gesichtslos geblieben, diffus und nicht benennbar, so hatte das Grauen jetzt einen Namen.«
– groß weiter nach dem Doppelpunkt

»So tat er es denn auch. Er zog sich an und schlich aus dem Haus in die Nacht.
Schneider aus der IIIa war immer noch krank und so«
– kurz vorher war auch schon ein »so«, hier ist es dann um eins zuviel, finde ich

»Er hatte sowieso keinen Appetit auf die Sandwichs,«
– Sandwiches

»Schneiders Wohnung lag im sechsten, noch bevor er oben war, war Erbecher voll des Mitleids für ihn.«
– statt dem doppelten »war« könntest Du auch »oben ankam« schreiben

»Er hatte zwar gewusst, dass er in Scheidung lag.«
– »in Scheidung lag«? So hab ich das noch nie gehört, eher »in Scheidung lebte«

»Es folgte Stille, der Andere bewegte sich nicht.«
– der andere (finde ich allerdings hier nicht besonders passend)

»Schneider stand im Rahmen, mit einem schmuddligen Bademantel bekleidet, das Gesicht aschgelb, mit dunklen, schreckgeweiteten Augen darin. Er hatte Angst.«
– Wenn er im Rahmen steht, hat er also die Tür nach innen aufgemacht und ist dann einen Schritt vorgetreten, andernfalls kann er nicht im Rahmen stehen. Das paßt aber nicht zur Angst, mit der würde er eher nur einen Spalt aufmachen und geschützt hinter der Türe bleiben.

»Als er an der Küche vorüber kam,«
– zusammen: vorüberkam

»dass er inmitten all dieses Chaos’ hier sich soweit in der Gewalt gehabt hatte, dass er wenigstens nicht auf den Boden geschissen hatte.«
– würde das »sich« nach vorne geben: dass er sich inmitten …
– das zweite »dass« wäre z.B. mit »wenigstens nicht auf den Boden zu scheißen« behoben

»„Was ist an dem Abend passiert?“, fragte Ludwig behutsam, immer einen Anfall Schneiders erwartend.
Der sah ihn mit glasigen Augen an und sprach noch immer kein Wort.«
– zum einen hab ich mich hier beim nochmaligen Lesen gefragt, ob denn Schneider wirklich selbst dann, wenn er auf den Abend angesprochen wird, nichts denkt, was Ludwig hören könnte, es muß ihm doch hier irgendwas durch den Kopf gehen, was die Ursache für seine Angst und seinen Zustand ist. Ich würde also hier nach »sprach noch immer kein Wort« noch einmal auf ein Wirrwarr an Gedanken oder ähnliches hinweisen.
– statt dem »immer« würde meiner Meinung nach ein »stets« hier viel besser passen

»Hatte Schneider sich in einer ersten Phase noch in die Wanne entleert, so hatte er wohl nach und nach diese Last aufgegeben und in allen Räumen seine Spuren hinterlassen.
Ludwig stand am blinden Küchenfenster und versuchte durch die Schlieren hindurch etwas zu erkennen,«
– Das »blinde Küchenfenster« läßt eigentlich darauf schließen, daß es Schneider schon länger so geht, ich dachte aber eigentlich, es geht ihm erst seit ein paar Tagen, seit jenem geheimnisvollen Abend, so.

»Schneider fuhr sich hilflos um.«
:susp: Vielleicht »fuhr hilflos herum«?

»„Ihre Frau…“«
»„Ihre Frau…Ihre Frau…“«
– jeweils eine Leertaste vor die drei Punkte

»dachte er darüber nach, wie lange es wohl dauerte, bis die Gedanken einer Leiche vollständig verstummt wären.
An Arbeit war nicht zu denken, er saß den Rest des Tages an seinem Schreibtisch ab und sah Schneider vor sich, wie er, als ginge er in den Keller zum Bierholen, aus seinem Fenster gestürzt war.
Die Gedanken«
– dachte, denken, Gedanken – »dachte« könnte z.B. auch »überlegte« oder »grübelte« heißen

»Er schlief nicht und hatte auch nicht die Absicht dazu.«
– »dazu« kannst Du meiner Meinung nach streichen

»die Wohnungstür sanft hinter sich schloss und sich umwandte,«
– wenn die Wohnungstür hinter ihm ist, muß er sich eigentlich nicht mehr umdrehen

»Er wusste nicht sofort, was es war, doch er befand sich auf der Höhe des Wohnzimmers, da spürte er Ruths Präsenz darin. Die Tür war nur angelehnt, also stieß er sie auf.
Es war dunkel, doch wusste er,«
– Zweimal »doch«

»„Du fragst dich, was mit dir los ist?“, sagte sie leise, wobei sie ihr Lächeln nicht ablegte. „Du weißt nicht, was mit dir geschieht.“«
– statt »sagte« wäre »fragte« passender, und ich frage mich, ob der letzte Satz tatsächlich eine Feststellung sein soll oder doch vielleicht doch auch eine Frage, dann würde er sich über ein Fragezeichen freuen.

»Er fühlte sich plötzlich einsam, er hatte den Eindruck,«
– das zweite »er« kannst Du streichen; allerdings würde ich nach »einsam« einen Punkt machen, um dem folgenden Satz mehr Gewicht zu geben.

»„Lass mich in Ruhe!“ Er stand auf und verließ das Zimmer. Er wollte sich ins Bett legen, doch er sah, dass sie schlief, als wäre sie nie erwacht.«
– Das ist ja ziemlich fies! :D

»Sie lächelte schwach als er sich verabschiedete und wieder liefen ihm Schauer über den Rücken.«
– lächelte schwach, als er sich verabschiedete, und
– evtl. könntest Du »lächelte schwach« bildhafter beschreiben

»Auf halbem Wege machter er Kehrt«
– klein: kehrt

»Er kam sich vor wie ein Baum, den jemand genommen und in völlig fremder Erde eingepflanzt hatte. Entwurzelt, allein.«
– Seltsame Formulierung, dadurch bekommt man den Eindruck, als wäre das Entwurzeln des Baumes der Vorgang des Einpflanzens in neue Erde, und nicht das Herausreißen aus der alten, in der er verwurzelt ist – da wird er einfach »genommen«, als wäre er bereitgelegen und hätte nur darauf gewartet, oder als hätte man ihn aus der Verpackung genommen.

»dass er Menschen beobachtete und ihrem Tun mit Blicken folgte.«
– Worin genau unterscheidet sich das Beobachten vom Verfolgen ihres Tuns mit Blicken?

»Jedes Mal hatte er sich dann hastig weg gewandt und war davongegangen.«
– Wie »davongegangen« gehört auch »weggewandt« zusammen.

»„Ich hoffe, das ist dir Recht.“«
– das ist dir recht – klein (groß wäre aber »du hast Recht«)

»und er war genauso erstaunt darüber, sich dafür noch um keinen Deut geschert zu haben.«
– man schert sich um etwas, nicht für: sich darum noch keinen Deut geschert zu haben (ohne »um«)

»Es war der Moment, in dem er wieder am dichtesten davor war, ihr zu vertrauen.«
– warum »wieder«? Ist er öfter am dichtesten daran? Oder gehört das »wieder« vielleicht vor »zu vertrauen«?

»Er lief durch die Straßen und erst als er vor dem Bahnhof stand, wusste er, dass er ein Ziel gehabt hatte.«
– erst, als er
– statt »wusste er« wäre »fiel ihm wieder ein« passender; wenn er es erst gewußt hat, als er vor dem Bahnhof stand, konnte er es noch nicht gehabt haben.

»Er kaufte eine Fahrkarte für den nächsten Zug, der abging,«
– Züge fahren eher ab, als daß sie gehen; möglich wäre auch z.B. »für den nächsten Zug, der den Bahnhof verließ«

»In seinen Erinnerungen waberte ein Brei von verschiedenen Bildern.«
– wäre für »ein Brei aus verschiedenen Bildern«

»Ludwig fiel es jetzt auf, wie weiß und rein ihre Haut war.«
– »es jetzt« kannst Du streichen, oder vielleicht »erst jetzt«?

»Unwirsch griff er sich in seinen Schädel und wischte sie daraus fort.«
– ähm … »in«?

»Es befriedigte ihn, zu spüren, dass Ruth entsetzt darüber war, wie schnell er zu solchen Kräften gekommen war.«
– eins der beiden »war« (im nächsten Satz ist noch ein drittes) läßt sich leicht vermeiden: Es befriedigte ihn, Ruths Entsetzen darüber zu spüren, wie …

»Und wiederum sein Gefühl ließ er sie wissen, seine Macht wuchs und er war fasziniert davon.«
– Da stimmt auch was nicht, entweder fehlt ein »durch« (durch sein Gefühl ließ er sie wissen) oder ist das »er« zuviel (sein Gefühl ließ sie wissen). Oder ganz anders.

»stand Ludwig auf und ging wichtig in seinem Wohnzimmer umher.«
– »seinem« würde ich streichen und »im« statt »in« schreiben: ging wichtig im Wohnzimmer umher

»Was bildest du dir ein?Zu den fest gemauerten Fakten seines Daseins gehörte,«
– Leertaste fehlt vor »Zu«

»dass er eben nicht in der Lage war, durch seine mentalen Fähigkeiten, Einfluss auf die körperliche Ebene zu nehmen.«
– keinen Beistrich nach »Fähigkeiten«

»Er unterdrückte seine Gedanken, er schottete sich ab,«
– das zweite »er« würde ich streichen

»dass er so einfach, wie er sich gedacht hatte, an Ruth nicht vorüber kommen würde.«
– zusammen: vorüberkommen
– außerdem würde ich das umdrehen: nicht an Ruth vorüberkommen würde

»Im nächsten straffte sich sein Körper wieder, der Wall, den er eben hatte niedersinken lassen, wurde mannhaft aufgerichtet«
– Was ist ein »Wall, den er eben hatte niedersinken lassen«? Jedenfalls reicht aber »den er eben niedersinken ließ«.

»wie es Ruth hatte gelingen können, ihn derart zu überraschen.«
– wie es Ruth gelingen konnte, …

»Es war überflüssig, das wusste er, aber Ruth hatte das Zimmer längst verlassen.«
– wieso »aber«?
– Ruth hat das Zimmer längst verlassen

»Nervös wandte er sich um.«
– dieses »wandte sich« hast Du mehrmals in der Geschichte stehen, warum nicht zur Abwechslung mal »drehte sich um«?

»doch bevor er das Messer hinter seinem Rücken hatte hervorholen können,«
– statt »hatte hervorholen können«: hervorholen konnte

»Wag es dir ja nicht!«
– da ist wohl das »dir« zuviel

»und blieb reglos auf der Erde liegen.«
– Wäre mal cool, so eine Wohnung mit Erde am Boden. Überall Wiese statt Teppich, und direkt neben dem Eßtisch wachsen die Paradeiser. Mit der Luftfeuchtigkeit wird es vermutlich problematisch, aber dafür kann man dann die Champignons auch gleich züchten und vom Boden essen. :D

»und fasste das junge Mädchen bei der Hand.«
– »fasste« klingt so brutal, würde schreiben: und nahm das junge Mädchen an der Hand.

»Ruth, mit einem kalten, finalen Lächeln, lag allein in ihrer dunklen Wohnung.«
– Warum zerstückelst Du den Schlußsatz so? Mit nur einem Beistrich: Ruth lag mit einem kalten, finalen Lächeln allein in ihrer dunklen Wohnung.


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Liebe Susi!

Jetzt habe ich deine Kritikpunkte und Hilfen eingearbeitet und kann wohl sagen, dass in der Story jede Menge Schweiß steckt (jetzt ist es ja so, dass er nicht nur von mir stammt).

Danke dir für die unermüdliche Mühe und für die Knuffe, die einen antreiben.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hi Hanniball,
ein einsamer, dunkler Freitagabend. Voller Kälte und Langeweile, da dachte ich, es wäre eine wundervolle Gelegenheit, mich deiner Geschichte zu widmen.

Das Problem an der Tatsache, dass die meisten Geschichten, die ich kommentiere, von dir sind, ist, dass ich meist nicht sonderlich viel hilfreiches zu sagen habe.

Der Anfang ist gut, aber meiner Meinung nach nicht gut genug geschrieben. Der erste Satz ist holpernd, der Name des Prots verwirrt erst mal (ich habe immer Erbrecher gelesen zu Anfang), und "es war die Nacht nach der Betriebsfeier" klingt wie der Anfang eines postmodernen Märchens. (übertrieben gesagt ;) )

Das Ende wirkt ein wenig lieblos. Sobald man weiß, dass er ein Vampir ist (was du wirklich gut gemacht hast, ich hab erst sehr spät kapiert), lässt du das Leben von Ruth etwas abrupt enden. Und meines Erachtens auch ein wenig unmotiviert. Der Hass auf Ruth zieht sich nicht durch die ganze Geschichte. Klar, er ist ein ziemlicher Pantoffelheld, ein Mann, den eigentlich keine Frau offiziell haben will, sich aber inoffiziell wünscht, aber der Hass wirkt so erzwungen. Du müsste ihn schon früher einwerfen. Ab der ersten Zeile.

So, das musste ich jetzt alles sagen, sonst würde ich mich nicht wohl fühlen, zu behaupten, dass mir "trotz allem" die Geschichte ausgezeichnet gefallen hat.
Hut ab, Hanniball, hab schon lange hier nichts so spannendes mehr gelesen! :)

Liebe Grüße
Tamira

Kleinkram:

„Hören Sie das auch?“, fragte er einmal eine junge Schnepfe in seinem Büro und unterbrach damit die Stille, die sie um sich herum aufgebaut hatte.
Diese beleidigende Wortwahl passt nicht, ansonsten erzählt der Erzähler sehr förmlich. Würde ich streichen.
„Du willst Spielchen spielen?“, hörte er Ruth in seinem Kopf sagen. Kurz danach erschien sie in der Tür. Und lächelte schon wieder.
Er starrte sie an, als sie hereinschwebte und in dem Sessel ihm gegenüber Platz nahm. Sie schaute ihn lange an, aber der Ausdruck in ihren Augen war ein anderer geworden.
„Du fragst dich, was mit dir los ist?“, fragte sie leise, wobei sie ihr Lächeln nicht ablegte. „Du weißt nicht, was mit dir geschieht.“
Er fühlte sich plötzlich einsam. Er hatte den Eindruck, das Gerüst seines bisherigen Lebens schmolz.
„Weißt du es denn“, fragte er sie, aber es klang trotzig und nicht wie eine Frage.
„Ich habe dich gemacht“, erwiderte sie und ihm wurde plötzlich bewusst, wie sehr er sie hasste.
„Lass mich in Ruhe!“ Er stand auf und verließ das Zimmer. Er wollte sich ins Bett legen, doch er sah, dass sie schlief, als wäre sie nicht wach gewesen.
Dieser Dialog ist meines Erachtens zu kurz. Du fängst an, eine schöne Stimmung einzufangen, allerdings ist alles so schnell vorbei, ich hab eigentlich keine Ahnung, was passiert ist.

Sie lächelte schwach, als er sich verabschiedete, und wieder liefen ihm Schauer über den Rücken.
Er ging nicht zur Arbeit. Auf halbem Wege machter er kehrt und lief auf Umwegen zu Schneiders Wohnung.
Fehlerchen
Er kam sich vor wie ein Baum, den jemand herausgerissen und in völlig fremder Erde eingepflanzt hatte. Entwurzelt, allein.
Das sagst du schon mit der Metapher

„Ich habe eine Quelle, gleich in der Nachbarschaft“, antwortete sie in einem Ton, als erzähle sie ihren Wohltätigkeitsschwestern, wo der Lachs wieder mal besonders frisch wäre.
Unrealistisch!
über sowas reden Frauen nicht! Lass sie lieber über Salatköpfe oder Tomaten reden.

Nachdem er sein Glas bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken hatte, stand Ludwig auf und ging wichtig im Wohnzimmer umher.
Du musst beim Nachnamen bleiben, das verwirrt nur

Zaghaft wurde die Klinke gedrückt und die Türe geöffnet.
Ruth sah sich um, als ein junges Ding den Kopf hereinstreckte.
„Bist du endlich soweit?“, nölte die Frau.
nölte das Mädchen, es ist ja schließlich ein junges Ding. Zu Frauen sagt man das nicht mehr.

 

Hi Tamira!

ein einsamer, dunkler Freitagabend. Voller Kälte und Langeweile, da dachte ich, es wäre eine wundervolle Gelegenheit, mich deiner Geschichte zu widmen.

Es gibt ja kaum bessere Bedingungen für einen Autoren, um seinen Leser einzuspinnen.

Findest du den ersten Satz wirklich holperig? Du weißt, ich bin der größte Fan des ersten Satzes hier. Ich lege viel Wert auf ihn, weil ich der Meinung bin, dass er sehr wichtig ist. So schaue ich auch genau hin, wie andere diese Klippe umschiffen. Nun, und ich finde diesen hier nicht schlechter als viele andere.
Vielleicht liegt es an dem Ausdruck "erfasste"? Man wird reingeworfen in die Geschichte, kennt keine Zusammenhänge, und da muss man sich orientieren. Wenn missverständliche Ausdrücke vorkommen (oder Namen - ich habe gar nicht damit gerechnet, dass man die zweite Silbe von Erbecher betonen könnte, war immer von der Betonung auf dem ersten E ausgegangen), dann ist es schwer für den Leser. Das kann ich verstehen.
Aber, hey! Bin ich für das Verständnis der Geschichte verantwortlich?:D

Das Ende wirkt ein wenig lieblos.

Jepp. Das haben einige schon angemerkt. Und ich weiß auch, dass der Fluss der Story unterbrochen ist. Aber sag mir, wie ich das lösen kann! Eventuell wird es besser, wenn ich Ruth in der letzten zentralen Szene, in deren Anschluss Ludwig flieht, töte? Aber dann fehlt auch wieder was.
Du siehst, ich bin noch nicht fertig damit.

Der Hass auf Ruth zieht sich nicht durch die ganze Geschichte.

Nun ja, der Hass entsteht auch erst im Zuge seiner Initiation. Der latente Hass ist wohl während der ganz Ehe schon vorhanden. Aber gerade solche Partnerschaften (es gibt sie zuhauf, wenn man sich in seinem Bekanntenkreis umschaut, wird man fündig!) sind kompliziert und diffizil. Wenn man sie einigermaßen verstehen will, muss man tiefer eindringen, als ich das hier getan habe. Und da mich solcherart Beziehungen interessieren (nein, nein, nicht aus persönlichem Erleben:D) werde ich das Thema sicherlich noch öfter verwursten. Vielleicht im TdM April?

So, das musste ich jetzt alles sagen

Immer her damit! Solange es fundiert ist und du nicht wehtust, ist alles willkommen, was mir weiterhilft!

„Ich habe eine Quelle, gleich in der Nachbarschaft“, antwortete sie in einem Ton, als erzähle sie ihren Wohltätigkeitsschwestern, wo der Lachs wieder mal besonders frisch wäre.

Unrealistisch!
über sowas reden Frauen nicht! Lass sie lieber über Salatköpfe oder Tomaten reden.

Aber an anderer Stelle gibt es zum Abendbrot
überbackene Lendchen in einer Preiselbeersauce
und ich nahm eigentlich an, dass beide ihrem Leben eine Aufwertung verleihen wollen. (wobei dies keine Rechtfertigung sein soll, ich habe deinen Einwand natürlich zur Kenntnis genommen und werde das bei der Überarbeitung mit einfließen lassen)

Nachdem er sein Glas bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken hatte, stand Ludwig auf und ging wichtig im Wohnzimmer umher.

Du musst beim Nachnamen bleiben, das verwirrt nur

Irgendwann kippt das, aus Erbecher lasse ich Ludwig werden. Das sollte eigentlich einher gehen mit der Veränderung Ludwigs, je weiter er sich verändert, desto näher sollte er dem Leser werden. Hat wohl auch nicht so hingehauen.

Zaghaft wurde die Klinke gedrückt und die Türe geöffnet.
Ruth sah sich um, als ein junges Ding den Kopf hereinstreckte.
„Bist du endlich soweit?“, nölte die Frau.

nölte das Mädchen, es ist ja schließlich ein junges Ding. Zu Frauen sagt man das nicht mehr.

Tja, das ist ein Einwand, den Van Horebeke schon gemacht hat. Es sollte ein junges, unbedeutendes Flittchen sein (unbedeutend für Ludwig, weil klar sein sollte, dass er in seinem zukünftigen Leben die Liebchen tauschen wird wie andere die Unterhosen) Wenn du mir diesen Einwurf bringst, dann zeigt mir das, dass ich meine Ansicht nicht klar genug rausgebracht habe. Ist aber auch sehr schwer, wenn man nur einen Satz dafür hat.


Ich danke dir!
Und schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo Hannibal,

zuerst werde ich dir die Kritikpunkte sagen, die ich für mein Dafürhalten empfinde. Im Anschluss daran werde ich versuchen, deinen Text objektiv zu bewerten.

1.Am Alkohol aber hatte sein Blackout nicht liegen können.

Ich halte es für einen schlechten Satz.
Hatte nicht liegen können
Dieser Satz hemmt den Lesefluss. Am Alkohol konnte sein Blackout nicht liegen

2.weil er keinen Alkohol trinken wollte

Der Satz klingt genauso schlecht.
Er trank keinen Alkohol. Das reicht doch vollkommen aus. Für die Geschichte ist der rest uninteressant

3.Aber wie war er nach Hause gekommen? Die Schäfer aus der Lohnbuchhaltung hatte eine Bemerkung gemacht, als er an ihr vorbeigegangen war.

Aber wie war er nach Hause gekommen? Guter fragender Satz, aber die Anmerkung passt nicht. Die Schäfer hatte eine Bemerkung gemacht. Wenn du das schreibst, dann solltest du auch sagen, welche Bemerkung das war.

4.Schneider aus der IIIa hatte ihn noch durchs Treppenhaus begleitet, wollte er meinen.

begleiten, wollte er meinen.
Warum hat sie ihn nicht einfach begleitet, warum wollte er das unbedingt meinen? Lösch den Anhang

5.Die nächste Erinnerung war die Panik, mit der er aus dem Schlaf geschreckt war, wie er atemlos gelauscht und überlegt hatte, wo er sich befand. Als er die beruhigenden Atemzüge seiner Frau neben sich wahrnahm, entspannte er sich langsam, aber die weichende Panik hinterließ bohrende Fragen.

Panik, Beruhigung, weichende Panik, bohrende Fragen
Ist das nicht ein wenig viel des Guten? Diesen Abschnitt würde ich noch einmal überarbeiten

6.Er fühlte sich miserabel und betrachtete sich lange im Spiegel, es kam ihm vor, als schaute er in das Gesicht eines Fremden.
7.Er näherte sich dem Glas immer mehr, bis er es mit der Nase beinahe berührte, doch er konnte keine Antwort in seinen Augen finden, wie er nach Hause gekommen war.
Nichts gegen diese Sätze, aber findest du sie nicht ein wenig lang? Ich würde versuchen, sie zu trennen, damit sie besser zu lesen sind.

8. Trotzdem er die Decke fest um seinen Körper schlang

Trotzdem? Hört sich abgestochen an. Ich würde es mit obwohl versuchen

9. die Kälte der Fliesen und des Spiegels aus seinem Körper zu bannen.

Ich kann mich täuschen, aber gehört hier nicht „zu verbannen“ hin?
10. Als er morgens erwachte, wusste er, dass er nicht lange geschlafen hatte, und das Erste, das er spürte, war das Frieren der vergangenen Nacht.

Ein endloser Satz, den man in zwei Sätze spalten könnte.

11. Ruth erkundigte sich beim Frühstück, wie die Feier gewesen war, doch er brauchte ihr nicht in die Augen zu schauen, um zu wissen, dass es sie nicht sonderlich interessierte.

Auch dieser Satz ist ellenlang. Außerdem brauchte nicht und nicht interessierte. Das lässt sich garantiert einfacher schreiben

12. Er lächelte, hoffte, dass es einigermaßen natürlich aussah,

Er lächelte, hoffte. Nicht immer sollte man mit einem Komma trennen, hier wirkt es unglücklich. Ich würde „Er lächelte und hoffte“ schreiben

13. „Mein Magen.“ Dann stand er
Nach einer wörtlichen Rede in der gleichen Zeile weiter geschrieben. Was spricht dagegen, eine Zeile mehr zu brauchen?

14. Doch Schneider hatte sich krankgemeldet

er hat sich krank gemeldet. Ich glaube, dass es zwei Wörter sind

15. Er hatte morgens angerufen und mitgeteilt, dass er sich nicht besonders fühlte.

Dieser Satz nimmt ein wenig Spannung aus der Geschichte. Ich würde ihn weg lassen

16. Erbecher kam sich vor wie ein Abiturient, dem niemand mitteilen wollte, ob er die Prüfungen bestanden hatte.
Der Satz hört sich zu kompliziert an.Versuche ihn umzustellen

17. Er saß an seinem Schreibtisch und es kam ihm der erschreckende Gedanke, dass, wenn Schneider länger krank wäre, er mindestens für diese Zeit im Ungewissen bliebe.

Auch hier wieder ein viel zu langer Satz.

18. Beinahe hatte er die schlaflose Nacht vergessen, als er den gelben Fleck in seiner Unterhose entdecken musste.

Lies den Satz noch einmal. Glaubst du wirklich, dass er das aussagt, was du sagen wolltest?

19. Und in dem Maße?
Vorangegangen war eine erneute schlaflose Nacht,

Hier fehlt etwas. Der Satzbau ist nicht eindeutig genug, wenn man weiterliest. Es entsteht ein leichtes Stocken

20. Ruth schlief und schien ihn vergessen zu haben.

Eigentlich kann ich davon ausgehen, wenn ich schlafe, dass ich meine Umwelt vergessen habe. Dazu gehört er auch, deshalb finde ich den satz unnötig.

21. Die Lohnbuchhaltung benötigte Daten sämtlicher Mitarbeiter einer Abteilung, Schäfer kam persönlich, um es ihm mitzuteilen und grinste anzüglich dabei.

22. Ganz genau spürte er die Blicke der anderen im Büro, die darauf warteten, dass er zu stottern begann und rot wurde.

23. Abends dann hatte sich das lästige Gefühl noch nicht aufgelöst, im Gegenteil, es schien sogar schlimmer geworden zu sein.

24. Er sagte Ruth nichts davon, er wusste, was passieren würde.

Hier sind einfach alle Sätze zu lang. Einen größeren Effekt würdest du erzielen, wenn du sie teilst.

25. Einzig ein leise wisperndes Geräusch, das er den Tag über unterschwellig wahrgenommen hatte und das ihn schier wahnsinnig zu machen drohte, war abgeebbt und am Abend dann schließlich ganz verschwunden.

Bei diesem Kind hast du geschrieben, wie ein Kind spricht. Ohne Punkte. Sollte es der längste Satz sein, den du schreiben kannst?

26. Zu allem Überfluss hatte er einen seltsamen Druck auf den Ohren, der einfach nicht schwinden wollte, sosehr er sie auch rieb.

So sehr er sie auch rieb. Reicht es nicht aus, wenn du schreibst, dass der Druck auf den Ohren nicht verschwindet?

27. Schneider kam tatsächlich nicht zur Arbeit, Schäfer ließ die Andeutungen, er hatte am Abend des folgenden Tages die Daten für die Lohnbuchhaltung zusammen, nur seinen Ohren ging es nicht besser.

Was möchtest du mit diesem Satz sagen? Nicht nur, dass er zu lang ist, er verbindet auch Sätze miteinander, die nichts miteinander zu tun haben.

28. Der Druck hatte zwar nachgelassen, aber das Rauschen, dieses Gewisper im Hintergrund, war lauter geworden und hatte sich über den Tag in den Vordergrund geschoben, so dass seine Aufmerksamkeit sich ständig darauf konzentrierte.

Hier gilt das Gleiche. Dieser Satz ist einfach zu lang um bei der Konzentration zu bleiben

29. Er versuchte das Geräusch zu greifen, sich darauf zu konzentrieren, um es analysieren zu können.

Um es analysieren zu können? Selbstdiagnose oder was?

30. „Hören Sie das auch?“, fragte er einmal eine junge Schnepfe in seinem Büro und unterbrach damit die Stille, die sie um sich herum aufgebaut hatte.

Erneut ein zu langer Satz. Warum fragte er „einmal“ einfacher wäre doch „fragte er eine junge Schnepfe. Nach Büro würde ich einen Punkt setzen.

31. Sie sah ihn an und Ludwig Erbecher erkannte, dass sie Angst vor ihm hatte.
Auch hier wieder. Sie sah ihn an. Ludwig …

32. „Was?“, fragte sie schließlich und er winkte ab.

Der gleiche Fehler. Fragte sie schließlich. Und in der nächsten Zeile „Er winkte ab“.

33. Ruths Mundwinkel zuckte, als er ihr abends davon erzählte.

Hat Ruth nur einen Mundwinkel? Es sollte doch „zuckten“ heißen, oder?

34. Er konnte diese Reaktion nicht deuten, traute sich aber nicht, sie danach zu fragen.

Nicht deuten, aber … oder in zwei Sätzen. Außerdem wird „zu fragen“ nicht groß geschrieben.

35. Er trank den Tee, den sie ihm gemacht hatte und war einigermaßen beruhigt.

Er war beruhigt, weil er zum Arzt gehen konnte? Unglaubwürdig.

36. Ihn plagte lediglich ein leichter Druck im Innenohr, das Rauschen hatte nachgelassen.

Das Rauschen hatte nachgelassen. Ich finde, dass dieser Anhang unnötig ist

37. Aber so war es gestern auch gewesen und am Morgen, als er das Haus verlassen hatte, war es wieder angeschwollen.

Etwas verwirrend, solltest du vielleicht verständlicher schreiben

38. Sie konnte sich ihre Zeit frei einteilen, und wenn es zwischen ihren Wohltätigkeitsjobs passte, hielt sie ihr beider Haushalt am Laufen.

Nach einteilen einen Punkt und einen neuen Satz beginnen. Ich bin mir beim nächsten Punkt nicht ganz sicher, aber sollte es nicht „ihrer beiden“, heißen?

39. „Mir sind da ein paar seltsame Unterhosen in die Finger geraten.“

Der Vorwurf einer Frau, mit der er seit über dreißig Jahren verheiratet ist? Sollte sie sich keine Sorgen amchen?

40. Er hätte seine Schlüpfer selbst durchdrücken sollen! Irgendwie hätte er es geschafft, das vor Ruth geheim zu halten.

Er hat es nicht getan. Was man hätte tun können, spielt in einer Kurzgeschichte keine Rolle

41. Sie sagte kein Wort mehr, blickte nur streng auf ihn herab.

Ich würde wetten, dass jede Frau besorgt schauen würde.

42. „So etwas hast du mir noch nicht geboten.“

Der gleiche tadelnde Spruch

43. Er war nicht sicher, aber er meinte, schon wieder ihre Mundwinkel zucken zu sehen.

Der Satz ist mit hätte, wenn und aber umschrieben, ich würde das vermeiden

44. „Es kommt nicht wieder vor.“ Wie konnte er da nur so sicher sein? Er hatte doch überhaupt keinen Einfluss darauf.

Es kommt nicht wieder vor. Ein entschuldigender Satz, der garantiert nicht fallen würde, weil man nicht glaubt, was gerade passiert. Nach der wörtlichen Rede sollte man schreiben, entschuldigte er sich oder etwas in der Art. Der nächste Satz in eine neue Zeile und der Rest spricht das an, was ich die ganze Zeit sage. Er macht sich Sorgen.

45. „Wir werden das Abendbrot einnehmen. Ich habe überbackene Lendchen in einer Preiselbeersauce vorbereitet.“

Sie nehmen das Abendbrot ein, aber sie hat es doch nur vorbereitet. Sag doch einfach, dass sie das gebacken hat.

46. Das Rauschen am anderen Morgen schwappte beinahe über ihm zusammen, als er das Haus verließ.

Das Wort beinahe stört ein wenig beim Lesen. Außerdem, so glaube ich, kann der Teil nach dem Komma ersatzlos gestrichen werden.

47. Es war nicht nur in dem Moment wiedergekehrt, als er die Straße betrat, es war stärker geworden, drängender und er wusste, während er in Richtung Büro ging, dass, sollten diese Töne nicht nachlassen, er verrückt werden würde.

Viel umständlicher kannst du nicht schreiben. Diesen Satz kannst du sicherlich besser schreiben

48. Es schälte sich heraus, dass das Rauschen nicht einfach nur ein Teppich aus Tönen, sondern aus Stimmen gemacht war.

Es schälte sich heraus? Nicht so ungünstige Worte schreiben. Einfacher wäre besser, weil es besser in den Satz passt.
,sondern aus Stimmen gemacht war.
Glaubst du, dass gemacht hier nicht stört?

49. Millionen unterschiedlicher Stimmchen flüsterten, schrien, lachten, sprachen, sangen oder weinten, so dass er bei geringer Intensität die Illusion hatte, sie wären ein Geräusch.

Millionen Stimmchen und bei der Aufzählung ein oder? Hier würde ich ein und setzen
der zweite Teil des Satzes passt nicht richtig zum ersten, das solltest du ändern

50. Er war immer ein Muster an Strebsamkeit gewesen, Eifer und Fleiß, dafür war er bekannt, nicht nur in seinem Büro.

Ein zu langer Satz. Hier solltest du nach gewesen einen Punkt setzen

51. Ein ums andere Mal schweiften seine Gedanken ab und kehrten immer wieder zu dem Klangteppich zurück.

Der zweite Teil wirkt abgehackt. Auch hieraus solltest du zwei Sätze schreiben, den zweiten etwas mehr ausschmücken

52. Natürlich versuchte er, einzelne Stimmen zu isolieren, Sätze zu verstehen, etwas Sinnvolles zu erkennen.

Tut er das nicht schon?

53. Er fragte sich, woher diese Stimmen kamen, was sie gerade von ihm wollten.

Hier wirkt der zweite Teil eher etwas nüchtern. Das Komma sollte weg und durch ein „und“ ersetzt werden. Nach gerade würde ich ein „jetzt“ schreiben, um es hervor zu heben.

54. So saß er an seinem Schreibtisch, hielt den Stift in der Hand und den Computer am Laufen, doch sein Blick ging ins Leere, nur dann und wann huschte ihm ein Runzeln oder ein Lächeln übers Gesicht.

Schon wieder ein zu langer Satz.

55. Die Belegschaft nahm die Veränderung in seinem Verhalten natürlich wahr und beobachtete fasziniert, wie er nichts tat und dabei in regelmäßigen Abständen leise Seufzer ausstieß.

Es hört sich so völlig normal an. Der Satz ist zu lang und sollte wichtiger da gestellt werden

56. Obwohl er es nicht recht glauben mochte und ganz sicher mit niemandem darüber sprechen würde, war es doch das Einzige was übrigblieb, nachdem er alles andere ausgeschlossen hatte.

Nachdem er alles andere ausgeschlossen hatte. Unnötig an das Ende gesetzt, weil es logisch ist. Trotzdem ist auch dieser Satz zu lang. Ich würde diesen Satz anders schreiben.

57. Unzählige Satzfetzen, Wörter, einzelne Laute, die unkontrolliert den Gehirnen seiner Mitmenschen entsprangen, umschwirrten ihn und er vermochte sie zu hören.

Die Stimmen waren die Gedanken derer, die sich um ihn herum befanden.

Die beiden Sätze passen nicht zueinander.

58. Als er selbst auf diesen Gedanken kam, blickte er sich ängstlich um und bekam gerade noch mit, wie die Kollegen an den Nachbartischen hektisch ihre Arbeit aufnahmen.

Erneut ein zu langer Satz, der besser zur Geltung kommt, wenn man ihn aufteilt.

59. Waren die dann genauso offen für die anderen?

Ich glaube kaum, dass er sich das in seiner Panik fragt

60. In keinem Verhältnis stehend, konnte er entziffern.
Entziffern? Bitte nicht so hochgestochen. Das zerschmettert das Bild, von dem, was du sagen möchtest.

61. Das musste Berger gewesen sein, der zwei Schreibtische entfernt saß und angestrengt arbeitete.

Und angestrengt arbeitete, würde ich ersatzlos streichen

62. Die Marschke, die ihm gegenüber saß, schaute auf die Tischplatte vor sich und er hörte eine Stimme, nicht weit entfernt: überarbeitet und völlig durchgedreht.

Du erzählst von der Marschke, die ihm gegenüber sitzt und dass sie dann nicht weit entfernt ist, ist doch klar, oder? Entweder fehlt dort etwas oder es ergibt keinen Sinn

63. Irgendwo lachte eine Frau und schon jetzt konnte er nicht unterscheiden, ob es von draußen hereindrang oder in seinem Kopf war

Vollständiges Chaos oder was? Auch hier fehlt etwas

64. Den Rest des Arbeitstages hatte er damit zu tun, einzelne Stimmen aus dem Meer herauszufiltern.

Das glaube ich kaum. Wenn man mit dieser Situation konfrontiert wird, versucht man alles um sie zu vergessen. Stimmen aus dem Meer heraus zu filtern wird auch auseinander geschrieben, weil es von etwas zu etwas geht

65. Als er nach Hause ging, war es schlimm.

Was?

66. Sein Schritt passte sich dem Chaos um ihn herum an und als er schließlich zu Hause anlangte, war er vollkommen außer Atem und dermaßen aufgewühlt, dass er sich für einige Minuten an den Eingang lehnte, bevor er das Haus betrat.

Ein superlanger Satz. Wie schon öfter erwähnt. Der letzte Teil ist überflüssig. Ich würde ihn löschen ab „bevor er das Haus betrat“

67. Drinnen hörte er nichts und auch als Ruth ihn begrüßte, war der Äther still bis auf die Worte, die sie sprach.

Was der Äther still, auch hier wieder zu aufgestochen

68. Er fand das seltsam und als er während des Abendessens darüber nachgedacht hatte, empfand er den Umstand als beunruhigend.

Was findet er seltsam? Empfindet er in seiner jetzigen Lage wirklich etwas als beruhigend?

69. Er sprach die Stimmen nicht an, etwas hielt ihn davon ab, aber Ruth fragte, während sie gemeinsam den Tisch abräumten.

Ein neuer zu langer Satz

70. Er zitterte beim Einschenken und ihr kurzes, hässliches Lachen ertönte.

Ihr kurzes hässliches Lachen. Er ist mit dieser Frau seit über dreißig Jahren verheiratet und jetzt findet er es hässlich. Der hätte es nie so lange mit dieser Frau ausgehalten

71. Keine zwei Stunden nachdem sie zu Bett gegangen waren, erwachte er übergangslos, als hätte er nicht geschlafen.

Der letzte Teil ist wieder zu viel. Er stört irgendwie

72. Die Wohnung war still, Ruth lag neben ihm, aber er konnte sie nicht hören.

Warum setzt du keine Punkte?

73 Die Pyjamahose klebte kalt an seinen Beinen und als er im Dunkeln ins Bad schlich, erfasste ihn Ekel vor sich selbst.

Erneut kein Punkt. Diese Sätze stören mich ungemein

74 Es wunderte ihn, dass Ruth so gelassen weiterschlafen konnte, so etwas war früher sicher nicht möglich gewesen.

Es wundert ihn. Ehrlich gesagt, würde mich das in diesem Moment mehr als freuen. Zumal ich nicht will, dass sie das mitbekommt

75 Doch er war froh darüber, und so konnte er duschen und ungestört das Kleidungsstück waschen.

Erneut ohne Punkt. Außerdem „, und“ nur in wirklich seltenen Fällen

76 Er stand im Keller und beobachtete, wie der Trockner arbeitete, während er überlegte, was vor sich ging.

Was beobachtet er denn da, welches Geräusch der Trockner macht? Ich glaube, auch hier hat er ganz andere Probleme

77 Sie machten ihn schier wahnsinnig, aber die Stille in seinem Haus war es, die ihn wirklich ängstigte.

Erneut ohne Punkt.

78 Und wenn er es genau überlegte, hatte diese Sache auch ein Gutes: War die Angst vor Ruth seit sie sich kannten, gesichtslos geblieben, diffus und nicht benennbar, so hatte das Grauen jetzt einen Namen. Es war die Gedankenlosigkeit seiner Gattin.

Glaubst du wirklich, was du da geschrieben hast?

79 Allerdings, war sie jetzt in der Lage, ihr Innerstes vor ihm zu verbergen, oder war es so, dass sie überhaupt keine Gedanken mehr hatte?

Ihr innerstes Konnte sie schon immer vor ihm verbergen. Außerdem hat jeder Mensch Gedanken, es sei denn, er ist tot.

80 Er zog sich an und schlich aus dem Haus in die Nacht.

Etwas umständlich, oder?

Ich werde es mir verkneifen, den restlichen Text auf diese Weise zu korrigieren. Erstens weiß ich nicht, ob du das magst, auf der anderen Seite war ich bereits seit über zwei Stunden mit dieser Korrektur beschäftigt. Vielleicht werde ich aber ein andermal weiter machen. Stehen geblieben bin ich bei „ Schneider aus der IIIa war immer noch krank und so besorgte sich Erbecher dessen Adresse“

Auch wieder ein Fehler, denn weiter oben schreibst du, dass er wartet, bis er wieder arbeiten kommt. Woher der plötzliche Sinneswandel?

Es ist mir klar, dass niemand fehlerfrei schreibt. Deshalb würde ich mir aber keine Gedanken machen. Kommen wir nun zur eigentlichen Kurzgeschichte.

Hier sagt ich als erstes, dass es keine Kurzgeschichte, sondern eine kurze Geschichte ist. Das sollte aber nichts machen.

Im anschließenden Abschnitt fällt mir auf, dass sich Erbecher die Adresse besorgt. Warum nennst du deinen Hauptprot dann in Ludwig um? Du hast die ganze Zeit über mit einer gewissen Distanz geschrieben, dabei solltest du bleiben.

Im nächsten Abschnitt geht es nicht umständlicher als „Ruth am Abend zu Hause sah wächsern aus, war sie etwa krank?“, oder? Es ist schwer, interessant zu schreiben und einfache Sätze zu benutzen, aber dieser Satz ist das Schlimmste, was man einem Leser antun kann.

„Am Morgen war kein Wort von der nächtlichen Unterhaltung die Rede und Ludwig begann zu glauben“

Viel schlimmer geht es wirklich nicht mehr.
Ich glaube fast, je mehr du dich dem Ende näherst, desto schrecklicher wird dein Schreibstil. Entschuldige bitte, dass ich es so schreibe, aber mit Schönfärberei kommst du auch nicht weiter

Wie zum Beispiel:

Jedes Mal hatte er sich dann hastig weg gewandt und war davongegangen.

Der Salat schmeckte wirklich nicht, er schien ihm pappig und fad, aber es kam ihm vor, als wenn auch Ruth ihm etwas vorspielte.

Ich möchte eigentlich nur lesen, nicht raten, was du meinst. Diese beiden Sätze gehen wirklich wesentlich einfacher.

nur der Schaffner ging an ihm vorbei mit einem verhuschten Lächeln.

Was ist ein verhuschtes Lächeln?


Ihm kam ein Gedicht von Charlotte Mew in den Sinn. Wie hieß es da noch?

In diesem Moment hat er gewiss andere Sorgen, als sich an ein Gedicht zu erinnern.
Das hört sich ungefähr so als, als ob du vor dem Traualtar stehst und darüber nachdenkst, ob die erste Freundin, die du hattest nicht vielleicht die bessere war. Das macht man nicht.


Unwirsch griff er sich in seinen Schädel

Er greift also in seinen Schädel. Muss ja verdammt weh tun

„Ich hatte gemeint, wir gingen zusammen

Vollendete Vergangenheit in einer Kurzgeschichte. Alle Achtung!

So, das wäre für das erste Mal alles, was ich zu sagen hätte.
Kommen wir jetzt zu deiner Idee.
Vorstellbar wäre das alles. Die Ausarbeitung ist dir, trotz meines Gemeckeres, gelungen. Du hast den roten Faden gefunden und ihn verfolgt. Das ist bei der Größe deiner KG nicht leicht.

Auf der anderen Seite unterbrichst du zu oft den Lesefluss, um die Geschichte interessant zu finden. Hieran musst du arbeiten.

Ich möchte nicht als Oberlehrer gelten, also versuche meine Ratschläge nicht auf die Goldwaage zu legen, obwohl ich dir wirklich nur das Geschrieben habe, was ich dachte.

Fazit: Deine Geschichte hat etwas. Du solltest aber versuchen, Überflüssiges fort zu lassen und Unmögliches nicht zu erwähnen. Der Text wird nicht besser, nur weil du viel schreibst.

Grüße

Kyrios

 

Hallo Kyrios0815!

zuerst werde ich dir die Kritikpunkte sagen, die ich für mein Dafürhalten empfinde. Im Anschluss daran werde ich versuchen, deinen Text objektiv zu bewerten.

Ich mache es immer umgekehrt, um den Probanden aufzubauen, um ihm dann den Dolch in den Leib zu rammen. Aber jetzt so rum. Gerne!

Am Alkohol aber hatte sein Blackout nicht liegen können.

Du hälst das für einen schlechten Satz, damit scheinst du nicht allein zu stehen. Ich allerdings weiß nicht recht, was daran schlecht ist. Mir gefällt er. Du bietest mir den Satz:

Am Alkohol konnte sein Blackout nicht liegen

Er klingt natürlich einfacher, leicht zu lesen. Was ich immer befürworte. Aber nun wird diese Begebenheit in der dritten Vergangenheit erzählt und wenn ich da mit einem Male rausgehen würde, wäre der Satz schlicht falsch!
Ich weiß, dass in vielen Veröffentlichungen (ob hier oder gar in gedruckter Form) nicht allzu viel Wert drauf gelegt wird. Ich finde es allerdings schade, denn es zeugt von Nachlässigkeit, vielleicht auch davon, dem Leser alles zu leicht zu machen.
Ich hätte natürlich den ganzen Abschnitt in einer anderen Form schreiben können, darüber können wir gern diskutieren.

Du sprichst viele Textstellen an (um den Finger in der Wunde auch noch richtig herumzudrehen, nummerierst du diese auch noch!:D), ich kann nicht auf alle eingehen. Ganz sicher werden alle berücksichtigt, wenn diese Geschichte eine gründliche Überarbeitung erfährt (was ganz sicher passiert, wenn ich Zeit dazu finde).

4.Schneider aus der IIIa hatte ihn noch durchs Treppenhaus begleitet, wollte er meinen.

begleiten, wollte er meinen.
Warum hat sie ihn nicht einfach begleitet, warum wollte er das unbedingt meinen? Lösch den Anhang

Der ganze Text ist schon in einem Stil gehalten, den du hier vielfach kritisierst. Ich habe ihn mit Bedacht gewählt, es ist nicht so, dass ich nicht anders schreiben kann. Es gab Zeiten, in denen ich möglichst knapp und ohne Umschweife schrieb, wie du es forderst. Ich bin teilweise davon abgegangen.
Der Anhang "wollte er meinen" soll darstellen, dass er unsicher ist, im Speziellen und im Allgemeinen.
Kann gut sein, dass der Zusatz trotzdem überflüssig ist. Wenn ich Abstand habe, lese ich das Stück sowieso nochmal durch.

Nichts gegen diese Sätze, aber findest du sie nicht ein wenig lang? Ich würde versuchen, sie zu trennen, damit sie besser zu lesen sind.

Warum? Wir sind wieder bei oben, dem Leser entgegenkommen.

12. Er lächelte, hoffte, dass es einigermaßen natürlich aussah,

Er lächelte, hoffte. Nicht immer sollte man mit einem Komma trennen, hier wirkt es unglücklich. Ich würde „Er lächelte und hoffte“ schreiben

Ich bin erst bei 12:heul:
Genau diesen Satz: Er lächelte und hoffte... habe ich auf Anraten geändert in obenstehenden.
:)
Alles subjektiv, nicht wahr.

13. „Mein Magen.“ Dann stand er
Nach einer wörtlichen Rede in der gleichen Zeile weiter geschrieben. Was spricht dagegen, eine Zeile mehr zu brauchen?

Was spricht dafür?

Viele, viele, viele Punkte. Und du bist noch nicht mal bis zum Ende durchgedrungen.
Du musst zugeben, dass bei aller Richtigkeit vieler Punkte auch welche dabei sind, die ein bisschen korinthenkackermäßig daher kommen. Wir kommen in die Zone, in der das Ganze sehr subjektiv wird.

Außerdem habe ich den Verdacht, du traust mir nicht allzuviel zu:

Warum nennst du deinen Hauptprot dann in Ludwig um?

Fast alles, was ich hier geschrieben habe, hat einen Grund. Wenn es nicht funktioniert, liegt das daran, wie ich es geschrieben habe.

Der Prot. Erbecher sollte dem Leser, je weiter er in seiner Entwicklung gerät, vertrauter werden. Und so habe ich versucht, ihn näher zu bringen.
Habe ich schon mal erwähnt, hat nicht geklappt, schade.

„Am Morgen war kein Wort von der nächtlichen Unterhaltung die Rede und Ludwig begann zu glauben“

Viel schlimmer geht es wirklich nicht mehr.

Erklärs mir! Erklär mir, was schlimm daran ist.
Hast du schon mal Mann gelesen? Mach mal, deine Liste wird endlos sein!

Was ist ein verhuschtes Lächeln?

ver|huscht <Adj.> (ugs.): ohne rechtes Selbstvertrauen, scheu u. zaghaft: ein etwas -es Mädchen. (das war jetzt ein Klick für mich!)

Unwirsch griff er sich in seinen Schädel

Er greift also in seinen Schädel. Muss ja verdammt weh tun

Das ist tatsächlich gewollt. Er greift mental in seinen Schädel!


„Ich hatte gemeint, wir gingen zusammen

Vollendete Vergangenheit in einer Kurzgeschichte. Alle Achtung!

Keine klassische Kurzgeschichte, wie du vorher schon sagtest! Außerdem kam diese Art der Vergangenheit schon öfter vor in der Story.

Vorstellbar wäre das alles. Die Ausarbeitung ist dir, trotz meines Gemeckeres, gelungen.

Klingt ein wenig wie ein Bonbon fürs arme Kind.:D


So, ganz schön wuchtig, deine Kritik. Ein bisschen hat mir missfallen, dass du nur hingeworfen, manchmal wenig erklärt hast. Ich lerne gern, ich bin begierig auf neues Wissen und will mich in jedem Falle verbessern.

Ich kann dem Leser allerdings auch nicht alle Arbeit abnehmen.;)


Vielen Dank für die Mühe, die du dir gemacht hast (hat mich ein wenig an Häferl erinnert, die ebenso rührig ist), ich denke mal, wir werden uns wiedersehen.:D


Schöne Grüße von meiner Seite!

 

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