Kolumnenschreiber
Kolumnenschreiber
Kolumnenschreiber sind die Randgruppe des 21. Jahrhunderts. Was diese meist ins kalte Wasser geworfenen Vertikal-Schriftsteller in häufig nur 200 Worten schaffen, gleicht zumeist einer szenewortgespickten Gebrauchsanweisung für das Leben stressgeplagter Eurogirlets oder bester, schwuler Dauerfreunde. Kolumnenschreiber müssen immer akut am Zeitgeist bleiben, ohne ständige Verweise auf den neuesten Trend-Designer oder die Erwähnung der angesagtesten Party-People liest sich niemand der „Generation Glücksbambus“ die schmalformatigen Notizen über Leben, Liebe und die Lust auf den nächste Portion Ecstasy durch.
Seit einiger Zeit scheint die klassische Kolumne an sich allerdings eine groteske, wenn auch nicht unlesenswertere Variante zur Seite gestellt zu bekommen: den in regelmäßiger Wiederkehr in sogenannten Frauenmagazinen erscheinenden Aufreißbericht mittdreißiger Erfolgsfrauen auf der ständigen Hatz nach Mr. „mehr Volt als mir jemals lieb sein könnte“. Was diesen beziehungsstressgeplagten Quasi-Karriere-Ladys so alles auf der in Dolce & Gabbana gewandeten Seele brennt, ist meistens so hemmungslos wahnwitzig und bahnbrechend unterhaltsam, dass sich die eben erwähnten Szenemagazine die jeweils angesagtesten Schreiberlinge oder besser Schreiberlingerinnen in Prada-Taschen oder Manolo Blahnick Schuhen aufwiegen.
Kolumnen helfen bei den täglichen Orientierungsläufen durch den noch alltäglicheren Beziehungsdschungel. Viele Zeitschriften scheinen verstärkt mit diesem Instrument der unersättlichen Beeinflussung ihre vorzugsweise ständig auf der Suche nach dem Mann mit dem Cola-light-Grinsen befindlichen Leserinnen und Leser ähnlich zu fesseln wie die Fernsehsender mit ihren ebenso dramendurchfeuchteten Daily-Soaps.
Ein modernes Dilemma, muss doch die sich ständig auf einen adäquat aktuellen Stand haltende Frau von Welt grob geschätzt mindestens eine halbe Wagenladung dieser literarischen Sternstunden des guten Geschmacks konsumieren um einen einigermaßen „Ich bin so hip, das es weh tut“ – Status zu behalten. Man kann also nur mit Fug und Recht behaupten, dass es die Kolumnen sind, die das szenebewusste Auftreten in einer Zeit, wo das Wort „Zeitgeist“ einen faden Beigeschmack bekommen hat, beeinflussen.