Was ist neu

Kritiken bei langjährigen Mitgliedern

Seniors
Beitritt
14.10.2003
Beiträge
1.787

Kritiken bei langjährigen Mitgliedern

Gerade sehe ich den "Kritiken bei Neumitgliedern"-Thread noch einmal bei den neuen Beiträge gelistet (danke, apfelstrudel), da kommt mir wieder etwas in den Sinn, was mir schon länger im Kopf rumspukt und was bei mir auch wieder aktuell ist. Ich wollte zuerst im Neumitglieder-Thread posten, aber es geht einfach zu sehr am Thema vorbei und ich könnte mir zudem vorstellen, dass dieses Thema hier mehrere beschäftigt und ein eigener Thread gerechtfertigt ist.


Problem: Kann es sein, dass die Geschichten von langjährigen Mitgliedern wohlwollender beurteilt werden? Spielen nicht doch auch oft persönliche Bekanntschaften und Sympathien eine Rolle bei einer Kritik, die man eigentlich doch immer so objektiv wie irgend möglich anbringen will?

Beispiel: Eine Geschichte von mir, die hier auf kg.de zwar ein paar inhaltliche Lücken bescheinigt bekam, aber stilistisch als flüssig, authentisch und sogar druckreif bezeichnet wurde, habe ich in einem anderen Forum eingestellt (geschlossene Kritikergruppe). Die erste Kritik war vom Tenor her wie hier, die zweite schon sehr zwiespältig und jetzt gerade fliegt mir der Text da regelrecht um die Ohren. Nichts scheint mehr zu stimmen (und in vielen Bereichen haben die Kritiker auch Recht, wenn ich auch bei ein paar Details die Lage anders beurteile). Gerade fühle ich mich, als hätte ich noch nie was geschrieben, wäre blutiger Anfänger und sollte das Schreiben am besten gleich an den Nagel hängen, statt andere damit zu belästigen. Etwas übertrieben dargestellt, aber in die Richtung ging es zumindest gestern nach einer Kritik, die fast nirgends etwas positiv anmerkte. Nachdem ich eine Nacht drüber geschlafen habe, ist stattdessen mein Ehrgeiz erwacht und ich sehe es eher als Herausforderung, wesentlich mehr Zeit und Energie zu investieren und Geschichten nicht mehr als schnelle Fingerübung anzusehen und zu posten, sondern wirklich auf Herz und Nieren zu prüfen, anständig durchzuplotten und am Stil zu feilen.
Soweit mein kleiner Erfahrungsbericht.

Ich habe kg.de immer als Forum angesehen, in dem hart, aber fair kritisiert wird. Im Vergleich zu den mit Abstand meisten Foren, die über ein "Hat mir gefallen / nicht gefallen" oder ein generelles "Echt super, ey" unter jedem Text nicht hinauskommen, sehe ich das heute immer noch so. kg.de ist eine sehr gute Schule, wenn man mit dem Schreiben anfängt. Als Anfänger kann man hier extrem viel lernen. Trotzdem die Frage - zusätzlich zu den beiden oben: Werden wir weich?

Nachdenkliche Grüße
Kerstin

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey katzano,

Trotzdem die Frage - zusätzlich zu den beiden oben: Werden wir weich?
Ja, auf jeden Fall. Man klickt mit einer bestimmten Erwartungshaltung auf einen Text und schleppt die Grundstimmung dieser Erwartung beim Lesen noch mit durch. Und sicher spielen da Sympathien eine Rolle, auch Überlegungen wie "Der hat mir neulich auch eine Kritik geschrieben" oder "Der fand aber die Geschichte, die mir wichtig war, so toll" oder ähnliches. Das abzustellen oder zumindest "auszuklammern" verlangt einen zumindest semi-professionellen Umgang mit einem Text, man muss sich sozusagen "vor dem Lesen" emotional runterpegeln.
Manche "sehr geübte" Kritiker - sim z.B. hier - können das sicher besser als ... ich zum Beispiel.

Was dir mit deinem Text so ging, geht anderen auch genau umgekehrt. Ein Text, der hier total verrissen wurde, wurde in einem anderen Forum hochgelobt. Ob es daran lag, dass der Autor hier ein Unbekannter war, und in einem anderen Forum Teil der Gemeinschaft, ... ich weiß es nicht.

In wie weit man diese "Sympathie" abstellen kann, ist immer so eine Sache.
In der Schule hatten wir mal ein Fußball-Turnier und mein Klassenlehrer hat sich geweigert als Schiedsrichter unsere Klasse zu pfeifen. Mit der Begründung, dass er entweder, weil wir ihm näher waren als andere Schüler, zu weich pfeifen würde oder, weil er genau darauf achten wollte, uns nicht zu bevorteilen, zu hart. Es ist schwierig.

Man kriegt auch oft solche Aussagen wie "Ich würde die Geschichte von XYZ ja empfehlen, aber dafür kenne ich ihn zu gut; das sieht dann blöd aus" mit. Ähnliches Phänomen.

Gruß
Quinn

 

Man kriegt auch oft solche Aussagen wie "Ich würde die Geschichte von XYZ ja empfehlen, aber dafür kenne ich ihn zu gut; das sieht dann blöd aus" mit. Ähnliches Phänomen.
Das habe ich eher umgekehrt erlebt. Dass einer eine Geschichte empfiehlt und hintenrum heißt es dann "Ach, das hat er ja nur getan, weil die sich kennen" oder Ähnliches.

Zum eigentlichen Thema: Tendenziell ja, ich persönlich versuche aber immer noch, ein wenig objektiv zu sein. Was natürlich schwer fällt. ;)

 

Quinn schrieb:
Manche "sehr geübte" Kritiker - sim z.B. hier - können das sicher besser
Ja, das ist - wie fast überall - sicher auch eine Frage der Person und kann niemals verallgemeinert werden. Übung hilft hier sicherlich (auch) dabei, vor zu viel Subjektivität zu schützen - oder Vetternwirtschaft oder was auch immer. Aber die Einstellung des Kritikers den Texten und dem Schreiben gegenüber, der Grad an Professionalität, den er mitbringt, wiegen wahrscheinlich mindestens genauso schwer.

Quinn schrieb:
Was dir mit deinem Text so ging, geht anderen auch genau umgekehrt. Ein Text, der hier total verrissen wurde, wurde in einem anderen Forum hochgelobt.
Das unterstreicht aus meiner Sicht eher den Eindruck, dass hier im Vergleich zu den meisten anderen Foren immer noch "härter" kritisiert wird. Was aber anscheinend nicht davor schützt, auch immer weicher zu werden - in der Tendenz generell und vor allem bei "Alteingesessenen". Ausnahmen bestätigen die Regel und wie immer: Es kommt auf die Person an, aber ich meine, Tendenzen zu erkennen.

lea victoria schrieb:
Wenn der Text schlecht ist, werde ich ihn euch immer um die Ohren hauen.
Das glaube ich dir. *lacht* Solange die Kritik begründet und konstruktiv ist: nur weiter so! :)

Tserk schrieb:
Zum eigentlichen Thema: Tendenziell ja, ich persönlich versuche aber immer noch, ein wenig objektiv zu sein.
Klar, das versuche ich auch, Quinn sicher auch, jedes Mitglied hier (unterstelle ich mal). Die meisten werden sogar sagen: "Das passiert bei mir niemals, ich kritisiere immer nur den Text und zwar ohne Ansehen der Person." Ich wage aber die These, dass die meisten von uns (ich schließe mich explizit nicht aus) wahrscheinlich unbewusst zahlreiche Dinge mit einbeziehen, die schließlich doch außerhalb des konkreten Textes liegen.

Im Thread zu den Neumitgliedern wurde mal gefragt, ob wir ihnen gegenüber zu hart seien und ob wir dort nicht die Messlate niedriger hängen sollten und vorsichtiger kritisieren. Ich sehe das umgekehrte Problem: Die Kritiken werden insgesamt (oder besser: im Durchschnitt) zu weich. Das mag auch vielleicht eine eingeschränkte Sicht sein, die ich hiermit aber gern zur Diskussion stelle.

 

Die erste Kritik war vom Tenor her wie hier, die zweite schon sehr zwiespältig und jetzt gerade fliegt mir der Text da regelrecht um die Ohren.
Damit bringst du ein zweites Phänomen zur Sprache. Kritiker lassen sich teilweise durch vorhergehende Kritiken beeinflussen. Sei das nun dahingehend, dass x schon ein paar Fehler/stilistische Schnitzer gefunden hat, y x aber demonstrieren will, dass er noch mehr findet oder der Tenor negativ gestimmt ist und zum voluminösen Baß mutiert.

Bei manchen Threads würde ich gerne wissen, wie der Verlauf der Kritiken wäre, hätten andere Kritiker im Tausch etwas dazu geschrieben.

 

Aloha!

Das ist natürlich ein interessantes Thema … Die Problematik des Kommentars ist m.E. aber sicher vielschichtiger, als es auf den ersten Blick scheint.

Da ist erst ein Mal die Struktur und Zusammensetzung dieses Forums, die es so eben nicht ein zweites Mal gibt. Daher gehen die Mitglieder anderer Foren sicher ganz anders an die Sache heran und mit den Geschichten und Schreiberinnen und Schreibern um. Ein Kommentar, eine Kritik beinhaltet auch immer etwas Persönliches, nur eine völlig neutrale, Kritik, die wissenschaftlichen oder marktorientierten Kriterien genügen will, würde die persönliche Überzeugung hintanstellen. Ob dergleichen immer hilfreich bei der Weiterentwicklung der Schreibe ist, lasse ich mal außen vor, denn das berührt ganz sicher einen anderen Themenbereich, für den mir die notwendigen Fachkenntnisse und Informationen fehlen.

Ein weiterer wichtiger Punkt wurde bereits angesprochen: Die Erwartungshaltung. Habe ich bereits mehrere Geschichten einer Autorin oder eines Autoren gelesen, so gehe ich durchaus mit einer bestimmten Erwartungshaltung an die Sache heran. Wird eine Erzählung dann dieser nicht gerecht, stehe ich zwangsläufig vor dem Problem, das auch Kinder kennen: Wie sag ich’s meinen Eltern? … bzw. in diesem Fall der Verfasserin oder dem Verfasser der Geschichte. oder soll ich überhaupt was dazu schreiben?

Punkt Nr. 3, der mir in der Sache einfällt ist, dass man neben der Erwartungshaltung durchaus auch persönliche Erfahrungen über Treffen und Lesungen mit den Schreiberinnen und Schreibern gemacht hat, vielleicht sogar schon einen kleinen bis hin zu tieferen Einblick in die Befindlichkeiten und das künstlerische Seelenleben gemacht hat und aus diesem Grunde schlicht anders formuliert. Deshalb halte ich es nicht für utopisch anzunehmen, dass die Kritik auf eine völlig identische Erzählung, die von einer Person stammt, von der ich gerade mal den Nick kenne anders ausfällt, als der Kommentar in Richtung einer Person, die mir bekannt ist oder die zu einem weitläufigen Bekannten- bis hin zum engeren Freundeskreis zählt. Es muss den Beteiligten nur schlicht klar sein, dass es so ist …

Falsch ist m.E., eine Kritik zu verfassen, die, sei es nun positiv oder negativ, schlicht falsch ist, um jemandem – aus welchen Gründen auch immer - zu schmeicheln um beispielsweise ebenfalls positive Kritiken auf eigene Erzählungen zu erhalten. Es ist schon schlimm genug, dass der Schreiber mit einer falschen Kritik nichts, aber auch gar nichts anfangen kann und im ungünstigsten Falle auch noch in die Irre geleitet wird, muss man obendrein auch noch davon ausgehen, dass es einen wie auch immer gearteten Grund für die Aktion gibt. Ein korrekter und sachlicher Kommentar kann und wird, wenn einem der Verfasser oder die Verfasserin bekannt ist, sicher auch ein wenig persönlicher ausfallen oder mit Hinweisen und Anmerkungen garniert sein, die ein „Neuzugang“ erst ein Mal nicht erhält.

Ich denke, dass es wichtig ist, sich einen Kommentar oder eine Kritik ebenso gut zu überlegen, wie (hoffentlich) die Geschichte, die er behandelt. Wie in jeder andere Form der Kunst – und um nichts anderes handelt es sich bei der Schriftstellerei, auch wenn sie „nur“ ein Hobby ist – ist die Künstlerin oder der Künstler auf Feedback angewiesen und wird dies jeweils auf seine Art aufnehmen und künftig mit verarbeiten. Weder sind wir hier dazu da, uns gegenseitig zu beweihräuchern noch fertig zu machen, sondern aus unseren Erfahrungen und Ansichten zu schöpfen und etwas daraus zu gewinnen. Mich haben viele der Hinweise und Kommentare sehr viel weiter gebracht und die Erzählungen anderer waren sowohl Inspiration, als auch Abschreckung, Unterhaltung … und viele weitere Facetten.

Ich kann nicht erkennen, auch wenn ich hier natürlich nicht für alle Forenbereiche sprechen kann, dass eine Verweichlichung eingesetzt hat. Wenn man dies persönlich so empfindet, sollte man vielleicht auch im Rahmen der entsprechenden Kommentare eine Diskussion vom Stapel lassen, denn dazu ist dieses Forum ja schließlich da. Und es gibt natürlich andere Foren, das ist keine neue Erkenntnis, in denen aus anderen Perspektiven an die Erzählungen herangegangen wird. Ich sehe auch nicht das Problem, sich dort ebenfalls Meinungen einzuholen.

So weit es mich betrifft, bin ich hier – auch wenn ich nicht zu den „Veteranen“ gehöre – ganz sicher nicht dafür bekannt, mit Erzählungen zimperlich umzugehen und es interessiert mich auch überhaupt nicht, ob es sich dabei um einen Mod oder Bekannte handelt. Ich gebe meine Meinung – eine andere kann ich allenfalls zitieren, sobald sie vorliegt - zu einer Erzählung kund zu wissen, denn dazu haben wir uns in diesem Forum versammelt. Was der Verfasser oder die Verfasserin der Geschichte damit anfängt, ist seine bzw. ihre Sache – genau so, wie ich mich mit Kommentaren zu meinen Erzählungen auseinandersetze und dies und jenes sicher aufnehme, manches jedoch auch verwerfe. Wichtig ist mir, dass ich mich mit den Kritiken auseinandersetze und darauf eingehe – insbesondere die Begründung, wenn ich einen Vorschlag nicht umsetze.

Kommunikation ist das Schlüsselwort … wir sind hier, um uns auszutauschen. Es ist fantastisch, dass es solche Foren gibt, also nutzen wir sie auch entsprechend. Und um es noch ein Mal zu sagen, ich denke nicht, dass hier „weichgespült“ wird. Gerade diejenigen, die schon länger hier und in anderen Foren unterwegs sind, wissen ziemlich genau, dass niemandem mit falschen Ansagen geholfen ist.

shade & sweet water
>x<

 

Das habe ich eher umgekehrt erlebt. Dass einer eine Geschichte empfiehlt und hintenrum heißt es dann "Ach, das hat er ja nur getan, weil die sich kennen" oder Ähnliches.

Den Spieß kann man locker herumdrehen und sagen: Naja, da versucht er/sie sich ja nur einzuschleimen, weil die sich bislang eher nicht mochten. Da muss man durch, denn irgendwer wird immer etwas finden und es ist ein Leichtes, hinein zu interpretieren, warum dieser oder jene den Kommentar oder die Empfehlung verfasst haben.

 

xadhoom schrieb:
Den Spieß kann man locker herumdrehen und sagen:
Das habe ich im Gegensatz zum anderen aber noch nicht erlebt ;)

bernadette schrieb:
Kritiker lassen sich teilweise durch vorhergehende Kritiken beeinflussen.
Deshalb lese ich äußerst selten die anderen Kritiken, wenn ich selbst noch kommentieren möchte. Über die Funktion, dass man erst wo klicken muss, um die anderen Kommentare zu lesen, könnte man doch mal nachdenken, hm ...

 

Deshalb lese ich äußerst selten die anderen Kritiken, wenn ich selbst noch kommentieren möchte. Über die Funktion, dass man erst wo klicken muss, um die anderen Kommentare zu lesen, könnte man doch mal nachdenken, hm ...

Ja ... ich lese sie grundsätzlich nicht vorher, sobald ich mir eine neue Erzählung ausgeguckt habe. Nicht, weil es mich nicht interessiert was da steht, sondern um einfach meine eigene kleine Meinung zu finden. Wenn es eine Geschichte ist, die schon älter ist und zahlreich kommentiert wurde, die ich aber doch noch einmal in den Vordergrund rücken möchte, lese ich die Kommentare schlicht, um nicht die zigte Wiederholung zu produzieren und mir gegebenenfalls eine andere Formulierung einfallen zu lassen, um bei anderen Leserinnen und Lesern eben nicht den verdacht aufkommen zu lassen, dass ich nur einen der vorigen Kommentare umgeschrieben habe. Je mehr Kritiken es gibt, wird es aber zwangsläufig zu Wiederholungen auf die ein oedr ander Art kommen, was ich nicht als schlimm empfinde, denn es kommt ja zunächst einmal auf die Geschichte an.

 

Hallo Kerstin,

Kann es sein, dass die Geschichten von langjährigen Mitgliedern wohlwollender beurteilt werden?

Definitives Ja.

Ich würde es allerdings weiter fassen: Langjährige Mitglieder bekommen leichter eine Resonanz (evtl. positiv). Als Gegenleistung für selbst Erbrachtes geht das auch sicherlich irgendwie in Ordnung.

Am ehesten bejahe ich deine These, wenn es um die äußere Form einer Kritik geht. Bei Neumitgliedern fällt da der Ton doch gerne mal etwas barscher aus. Liegt vielleicht auch daran, dass relativ viele Neulinge sich nur für recht kurze Zeiträume engagieren und langjährige Teilnehmer das wissen und weniger Rücksicht nehmen. Oder der -bei Neulingen- eher rauere Ton ist die Ursache dafür, dass sie nicht alt werden, klassische Henne-Ei-Problematik.

Gegenseitige Beeinflussung von Kritiken: Schwieriges Thema. Einerseits kann man aus
fremden Kritiken prima Hinweise auf Sachen bekommen, die einem selbst entgangen sind, andererseits gibt es auch die negative Eigendynamik, Eitelkeiten sich gegenüber den Vorkritikern profilieren zu müssen (was ihr da hochgelobt habt, ist doch total scheiße ...)

Ich selber verfahre so: Überlege mir meine Kritik, lese dann nach, ob ich irgendetwas Neues zu sagen habe und schreibe es dann (oder auch nicht).

In diesem SInne, schönen ABend noch,

AE

 

Ich hätte da einen weiteren Aspekt, der mit hierein spielt:

Sicherlich ist es oft der Fall, dass ein Kritiker aus den genannten Gründen negative Anmerkungen unter den Tisch fallen lässt. Manchmal kann es aber auch sein, dass er sie nur durch die Blume sagt bzw. andeutet, und der eitle Autor diese über das Lob nur nicht wahrnimmt. Dem könnte man selbst aber abhelfen:

  • der Autor sucht je mehr nach negativen Unterschwelligkeiten, desto besser die Freundschaft zum Kritiker ist, um sie dann ggf. stillschweigend umzusetzen. Allerdings ist es bei manchen guten Freunden ja so, dass die sich bei Bedarf frank und frei zusammenstauchen, ohne dass ihre Freundschaft Schaden nimmt. Das Gegenteil geschieht -- davon habe ich aber nur gelesen -- in anderen Kulturen (China!), wo das sachliche Artikulieren von Kritik einem Gesichtsverlust des Kritisierten gleichkommt, man lieber ellenlange Klimmzüge macht, um von hinten rum freundlich durch die Brust zu schießen. Insofern dürfen wir uns als Europäer hier glücklich schätzen.
  • Der Kritiker nimmt allen Mut zusammen und schreibt auch alles hinein, was ihm negativ aufgefallen ist. Mindestens durch die Blume, am besten sachlich-freundlich.

-- floritiv.

 

Ich erkenne keine Verweichlichung.
Ich sehe, dass sich kg im Laufe der Jahre bezüglich der Qualität der Kritiken im Niveau gesteigert hat.

Ich empfinde es auch nicht so, dass die Tendenz besteht, langjährigen aktiven Mitgliedern weichere , wohlwollendere Kritiken zu schreiben als den Neulingen.
Wenn ich jemanden im Laufe der Jahre besser kennen gelernt habe, kann ich sehr viel offensiver in meiner Kritik vorgehen, denn der Kritisierte kennt mich und weiß, dass ich ihn auf jeden Fall nicht damit niedermachen , sondern hilfreich sein möchte.
Bei Neulingen mag eine derartig offene Kritik oftmals vernichtend wirken, weil er grad nicht einschätzen kann wie sie gemeint ist.
Da bin ich oftmals etwas vorsichtiger in der Herangehensweise.

Ich glaube grundsätzlich nicht, dass man es immer schafft, zu 100%ig objektiv zu kritisieren.
All diejenigen Dinge, die im Unterbewusstsein schlummern könnten in der Kritik Regie führen und man merkt es selbst noch nicht mal.
Ein guter Kritiker ist stets darum bemüht, so objektiv wie möglich zu sein und wird sich selbst so manches mal auf die Schliche gekommen. ;)

Liebe katzano, meiner Meinung nach gibt es so unendlich viele Gründe, weshalb ein und dieselbe Geschichte anders beurteilt wird, dass man nicht von einer bestimmten Tendenz sprechen kann. Wenn mir z.B. der Plot viel wichtiger ist als seine Umsetzung und mich grad der Plot hoch begeistert hat, dann würde ich wahrscheinlich sprachliche Umsetzungsmängel nicht anprangern.
Achte ich aber grad auf die Ausarbeitung eines Plots, weil mir das als das wichtige Moment erscheint, dann würde ich mich eben darauf stürzen in meiner Kritik.
Welche Momente bei jedem von uns grad ausschlaggebend sind für das Für und Wider, genau das erkennen wir doch oftmals gar nicht genau.

Ich bin mir sicher, dass sich jeder um eine möglichst direkte und objektive Kritik bemüht und gleichzeitig bin ich mir sicher, dass jeder es auf seine Weise unterschiedlich angeht.

 

Ich glaube grundsätzlich nicht, dass man es immer schafft, zu 100%ig objektiv zu kritisieren.
All diejenigen Dinge, die im Unterbewusstsein schlummern könnten in der Kritik Regie führen und man merkt es selbst noch nicht mal.
Ein guter Kritiker ist stets darum bemüht, so objektiv wie möglich zu sein und wird sich selbst so manches mal auf die Schliche gekommen. ;)

Ja, in der Tat! Eine völlig neutrale Einstellung gibt es nicht. Der Kritiker sollte auch kritikfähig bleiben - ich habe selbst schon Aspekte in Geschichten überlesen - bzw sie haben sich mir nicht erschlossen - und habe mich dann auch nachträglich korrigiert. Jeder kann sich irren, jeder hat im günstigsten Fall ohnehin eine andere Meinung. :)

 

Es gibt keine objektiven Kritiken

Machen wir uns nichts vor, jeder von uns könnte, wenn er wollte, zu einer Geschichte sowohl eine positive als auch eine negative Kritik verfassen. Es findet sich immer was, wenn nicht stilistisch, dann eben grammatikalisch oder thematisch oder spannungsmäßig oder fachlich oder moralisch oder politisch oder …

Etwas aus der Geschichte herausgreifen und loben oder kritisieren, das ich wirklich keine Kunst, das haben wir schon in der Schule gemacht, als die eine Hälfte der Klasse positive Kritiken zu verfassen hatte, und die andere Hälfte die negativen. Das Ergebnis war im Nachhinein betrachtet wenig überraschend: Die Negativen waren durchweg die besser formulierten, den Positiven fehlte es meistens an Einfallsreichtum, wurden auch weniger feurig vorgetragen.

Das sieht man auch hier oft: Die Positiven kommen kaum über das „hat mir sehr gefallen“ oder „habe nichts zu meckern“ hinaus, obwohl dieselben Kritiker bei anderen Geschichten durchaus in der Lage sind, die Dinge beim Namen zu nennen und sich ggf. in Verbesserungsvorschlägen zu ergehen, dass man meinen könnte, sie würden die Geschichte am liebsten selbst schreiben.

Deshalb ist es wenig wahrscheinlich oder sogar unmöglich, dass jemand – das gilt für dich, lea – objektive Kritiken verfassen könnte. Die Kritiken sind immer subjektiv, auch wenn man nicht dazu schreibt: Nur meine Meinung.

Natürlich gibt es verschiedene Grade der Subjektivität, und ich denke, dass je mehr man den Autor kennt, desto mehr gibt es davon auch in der Kritik. Daher denke ich, dass Geschichten von Neulingen weniger subjektiv beurteilt werden als solche von den alten Hasen.

Wenn ich manche Beiträge auf kg.de richtig gelesen bzw. interpretiert habe, gibt es auch hier, wie in allen Foren, Freud- bzw. Feindschaften untereinander, und die einen dokumentieren den Zustand in den gegenseitigen Empfehlungen, und die anderen in bissigen Kritiken, die bis an die Grenze der Fairness gehen bzw. in der konsequenten Missachtung eines Autors.

Das ist wie im richtigen Leben, wäre dem anders, würde etwas nicht stimmen.

 

Das nicht direkt, aber damit

Wenn der Text schlecht ist
sagst du, dass der Text schlecht ist, nicht dass du ihn für schlecht hältst, du beurteilst ihn also objektiv oder besser gesagt setzt das einfach voraus.

 

Wenn ich einen Text schlecht finde, dann aufgrund meiner Beurteilung
Eben. Das hast du aber so nicht gesagt und das kommt aus besagtem Posting auch nicht hervor.

 

:dozey:

Um von der Privatfehde mal wieder zum Thema zum kommen: Einige Anmerkungen hier sind sehr interessant. Manche davon schossen mir auch schon durch den Kopf. Zum Beispiel, dass sich Kritiker von den Vorgänger-Kommentaren beeinflussen lassen. Das scheint mir in vielen (nicht allen!) Fällen so zu sein. Wenn ich eine Geschichte kritisieren will, lese ich sie zuerst und mache mir schon beim Lesen Notizen in einem Word-Dokument. Erst wenn ich fertig bin, lese ich die anderen Kommentare wegen eventueller Doppelungen. Ich weiche aber nicht grundsätzlich von meiner ursprünglichen Meinung ab. Bei extrem vielen Kritiken schenke ich es mir manchmal auch, die Kommentare alle durchzulesen, schreibe dann aber in der Kritik dazu, dass es zu Wiederholungen kommen kann. Damit hoffe ich, diese Falle zu umgehen.

Und natürlich kennt man irgendwann auch bestimmte Kritikertypen - zumindest dann, wenn sie häufiger hier online sind. Manche scheinen schon rein aus Prinzip jeden Text (außer den eigenen!) immer negativ zu beurteilen. Andere sind extrem vorsichtig, wollen nie jemandem auf den Schlips treten und finden alles ganz toll, nur in Ausnahmefällen könnte es eventuell, vielleicht, aber bloß jetzt bitte nicht falsch verstehen, könnte es doch sein, aber das ist natürlich nur eine Meinung und andere können das ja auch als völlig richtig ansehen, also eventuell könnte ...

Es gilt wohl auch andersherum: Als Autor nimmt man auch die Kritiken unterschiedlich auf. Zumindest wenn man die Kritikerart der Mitglieder annähernd einschätzen kann. Oder auch wieder aufgrund von Sympathien oder Antipathien. Es ist und bleibt eine Wechselbeziehung.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich denke, man kann eigentlich nicht von einer "Verweichlichung" sprechen, (auch wenn es sich manchmal so anfühlt). Vielmehr gewinnt man als Kritiker bei schreibenden Mitgliedern, die dabei bleiben, mehr und mehr einen Eindruck von der Persönlichkeit hinter dem Text.
Denn am Anfang ist jeder Schreiber erst einmal sein (vermutlich schrecklicher) erster Text, vielleicht noch + kurzem Profil. Man weiß praktisch nicht, wer hinter einem Text steht. Dazu kommt, dass viele Menschen prinzipiell erstmal gekonnt abweisend sind, wenn es um Fremde geht. Desto weniger man jemanden kennt, desto geradliniger und freier (aber nicht unbedingt besser) kann man noch urteilen.
Erst wenn man jemanden näher kennen lernt, beginnt man, dessen Texte in einem anderen Licht zu sehen. Formulierungen, Themen, Besonderheiten werden langsam verständlicher. Oder kurz: Die Texte bekommen ein Kontext. Man kann praktisch gar nicht mehr den Text als solchen "objektiv" betrachten. Das kann mal nachteilig sein, ist aber sicher oft auch notwendig, um überhaupt eine konstruktive Kritik abgeben zu können (à la "Ich weiß, dass du XY selbst erlebt hast, also würde ich dir raten, Absatz Z nochmal zu überdenken" etc.) und nicht ständig mit Gemeinplätzen herum zu werfen.
Und wie schon mehrfach betont wurde: Das ist alles zutiefst menschlich, mal gut, mal schlecht, aber definitiv unvermeidbar (und zeugt außerdem davon, dass das Forum lebt).

 

Vielmehr gewinnt man als Kritiker bei schreibenden Mitgliedern, die dabei bleiben, mehr und mehr einen Eindruck von der Persönlichkeit hinter dem Text.
Vor allem kennt man auch seine Stärken und Schwächen, Vorlieben und Eigenheiten, seine Ansprüche an sich selbst, etc., und kann seine Kritik und darin enthaltene Vorschläge mehr im Sinn des Autors gestalten, unabhängig davon, ob man ihn nur von den Geschichten oder sogar persönlich kennt.

 

Nicht zu vergessen der Umstand, dass langjährige Mitglieder auf Kritiken reagieren und sich zumindest dafür bedanken. Nicht wenige neue User stellen ihre Geschichte/n rein, erhalten Kritiken dafür und melden sich nie wieder oder posten einfach munter weiter ihre Storys. Fällt mir gerade in letzter Zeit wieder verstärkt auf, weshalb ich mich bei jedem Neuen frage: Lohnt es sich überhaupt, demjenigen eine ellenlange Kritik zu schreiben, wenn die Chance auf Rückmeldung eher gering scheint?

Kann es sein, dass die Geschichten von langjährigen Mitgliedern wohlwollender beurteilt werden? Spielen nicht doch auch oft persönliche Bekanntschaften und Sympathien eine Rolle bei einer Kritik, die man eigentlich doch immer so objektiv wie irgend möglich anbringen will?

Sympathie / Antipathie spielen immer eine tragende Rolle. Selbst wenn man die Person des Autors außen vor lässt, bringt man als Leser dem Text selbst eine gewisse Haltung entgegen, die eine "objektive" Kritik verunmöglichen - abgesehen natürlich von formalen Kriterien, wie Rechtschreibung oder Beistrichsetzung.
Mir sind zum Beispiel weinerliche Texte, die sich in Selbstmitleid suhlen und aufdringlich um Betroffenheit buhlen, extrem unsympathisch. Bei einem anderen Leser trifft diese Betroffenheits-Lyrik vielleicht exakt den richtigen Nerv. Wer hat Recht?

Im Übrigen tritt bei mir im Umgang mit altgedienten, mir sympathischen Usern eher das Gegenteil des "wohlwollenden Kritisierens" ein: Ich schaue genauer hin, bin strenger, suche gezielter nach Stärken und Schwächen, aus dem Wunsch heraus, diesem Autor vielleicht den einen oder anderen Hinweis zur Optimierung des Textes zu geben, oder im schlimmsten Fall ihn darauf hinzuweisen, dass seine neue Geschichte meiner Ansicht nach gegenüber seinen älteren Storys enttäuscht.

Trotzdem die Frage - zusätzlich zu den beiden oben: Werden wir weich?

Dies vermag ich nicht zu beantworten. Wie jeder Autor eine eigene Persönlichkeit hat, so schimmert auch unter Oberfläche einer Kritik das Wesen eines Lesers durch. Der eine ist eher schweigsam und kommentiert mit zwei, drei Sätzen, der andere postet ellenlange Kritiken; der eine analysiert knochentrocken wie ein Lehrer den Text, der andere versucht seine Kritiken eher launig zu formulieren.
Was mich selbst betrifft, so kann ich diese Frage rein auf mich bezogen tendenziell bejahen. In der Gesamtheit betrachtet jedoch vermag ich keine eindeutige Antwort zu finden.
Letztendlich gilt: Eine Kritik ist so viel wert, wie der Empfänger daraus macht.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom