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Madgermanes

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03.10.2020
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Madgermanes

Auch ich verspüre diese Wut. Denn ich bin einer von Euch. Im Jahr 1979 haben wir gemeinsam auf den Tag gewartet. Zwanzigtausend waren wir! Wer kann sich das vorstellen? Und alle sind wir in die DDR geflogen. Wisst ihr noch, wie wir am Rollfeld standen? Voller Erwartungen. Nervosität, Vorfreude, Erleichterung in unseren Gesichtern. Traurig, unser Land seinen Gebrechen zu überlassen. Geknickt, weil unsere Liebsten ohne uns weiterkämpfen mussten. Wir standen am Flughafen, aber waren Fischer, verloren auf See. Unseren Fuß von dieser Erde zu nehmen, fiel uns so schwer, doch ist es leichter, wenn man an den Horizont denkt. Wir dachten, wir tun das Richtige. Ist es nicht so?

Was haben sie uns versprochen? Was haben sie gesagt, damit wir alle in ihre Flugzeuge gestiegen sind? Eine Ausbildung, haben sie dir gesagt. Ein anständiger Beruf. Eine Qualifikation. Du wirst von den Deutschen lernen, haben sie mir gesagt. Unsere Schwester, die DDR, braucht Gastarbeiter. Zwischen unseren Völkern herrscht Freundschaft. Geld haben sie allen versprochen. Sie haben gesagt, wenn ihr zurückkommt, dann helft ihr beim Aufbau unseres Staates. Weil dann wisst ihr, was zu tun ist. Die Deutschen werden es euch beibringen. Tut es für Mosambik. Tut es für den Sozialismus. Tut es für eure Familien. Und ich frage mich, wo sind wir heute? Wohin hat uns das geführt!

Sie haben uns nach Wismar geschickt, nach Ilmenau, nach Rostock und nach Hoyerswerda. Was hat uns dort erwartet? Unter die Erde haben sie uns geschickt. Begruben unsere Träume unter Kupfer und Braunkohle. In die Fabriken. An die Heizkessel. Zum Maschinenbau. Sie haben uns überall dorthin geschickt, wo Mangel herrschte. Achtzehn Stunden am Tag! War das eine Ausbildung? Nein, das war es nicht. Wo sind unsere Diplome? Ich habe nie eines erhalten. Seht ihr diese Hände? Seht ihr meine Mühe, aufrecht zu stehen? Das ist meine Qualifikation! Was haben wir von den Deutschen gelernt? Nichts, außer ihrer Sprache. Aber was nützt uns die jetzt noch?

Ich hab am eigenen Leib erfahren, was Ausgrenzung bedeutet. Neger und Affe nannten sie uns. Verglichen uns mit Rußbürsten und Kohlesäcken. Mit den Stiefeln traten sie nach uns. Bespuckten uns und ließen uns weiterarbeiten, während sie Bier tranken und sich darüber lustig machten. Mitten in der Nacht haben sie mich geweckt und mir die Zähne eingeschlagen. Ob die aus Elfenbein sind, haben sie gefragt! Wie viele lagen mit mir in den Unterkünften, zusammengepfercht wie Vieh, und träumten von Schlaf? Aber schlafen durften wir nicht. Zum Reden waren wir zu müde. Sich frei zu bewegen war verboten. Jahrelang. Und ich frage euch, in welchem Land dieser Erde ist das gerecht?

Und für was haben wir all das getan? Fünf Jahre, sechs Jahre, acht Jahre, zehn Jahre lang? Für was? Für Mosambik? Für den Sozialismus? Für unsere Familien? Nein, für den Krieg haben wir das getan! Auf diesen Rücken hat die Regierung die Schulden des Bürgerkriegs abbezahlt! Jeder hat bezahlt, während sie unser Land kaputtgemacht haben. Seht uns an. Was fühlten wir, als wir zurückkehrten, fallengelassen wie Dreck, nach der Wiedervereinigung? Waren wir stolz? Gab es Platz für Hoffnung? Nein. Dass der Krieg unser Land zerstört hatte, sahen wir unter den Wolken. Dass die DDR unsere Seelen zerstört hatte, lasen sie in unseren Gesichtern. Unsere Würde liegt in Hoyerswerda und Rostock begraben. Ich konnte nichts anderes tun, als die Toten zu zählen. Weinen konnte ich nicht. Fühlte mich fremd in diesen unseren Straßen. Hilfloser als am Flughafen. In unserem Mosambik, das ich so lange vermisst hatte!

Weil sie mir keine Arbeit gegeben haben, bin ich abtrünnig geworden. Wie so viele von uns. Wir haben die gerechte Sache vergessen. Ein hungriger Mann ist ein wütender Mann. Wir sind Verstoßene im eigenen Land. Ausgegrenzt wie in der DDR. Aber heute weiß ich, es sind nicht meine Nachbarn, die mein Geld gestohlen haben. Es sind nicht meine Brüder, die mich ausgenutzt haben. Es ist niemand in diesen Straßen, der mir das angetan hat. Ihr schleicht wie Hyänen durch die Stadt, und in euren Augen sehe ich immer noch den Krieg. Ich sehe eure Angst und den Hass auf den weißen Mann. Aber vergesst nicht, diese Weißen von heute sind nicht die DDR, diese Weißen haben uns das nicht angetan! Es waren nicht sie, die uns bespuckt und erniedrigt haben. Sie trifft keine Schuld. Diejenigen, die schuldig sind, haben sie längst mit klarem Wasser abgewaschen.

Wir alle waren Opfer zweier Regierungen. Ich sage, vergessen wir unsere Wut gegenüber unseren Brüdern und Schwestern. Vergessen wir unsere Wut gegenüber den Weißen. Aber vergessen wir niemals diese Wut. Was hat die DDR gemacht? Anstatt uns auszubezahlen, schickte sie unserer Regierung fünfundsiebzig Millionen Mark. Eigentlich schickte sie dieses Geld uns allen, allen, die ihr hier seid. Mir. Dir. Jedem Einzelnen von uns. Aber was tat unsere Regierung? Was hat die mit unserem Geld gemacht? Unsere Wut gilt der DDR. Unsere Wut gilt der mosambikanischen Regierung. Sie beide sind die Schuldigen. Das dürfen wir niemals vergessen!

Wie lange kämpfen wir schon für unsere Rechte? Für unsere Familien? Für unser Geld? Dreißig Jahre, fünfunddreißig? Viele von uns wissen es schon selbst nicht mehr. Auch ich bin müde geworden. Schaut euch an. Schaut mich an. Ich sehe eure Kraft. Die Kraft darf uns niemals verlassen. Hören wir nicht auf zu kämpfen, sage ich. Erinnern wir uns an die Gerechtigkeit. Für unsere Zukunft. Für unsere Familien. Für uns. Denn wir sind stolz. Stehen wir auf, sage ich. Stehen wir auf, wir sind Madgermanes!

 
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Hallo @deserted-monkey ,

sorry, bin bissl eingebunden, daher nur ganz knapp. Hatte deinen Text wegen des Titels angeclickt. Ich frage mich, ob das ein Zitat von etwas ist, oder warum du den sonst so falsch geschrieben hast (ich gehe mal davon aus, dass du es auf jeden Fall besser weißt).

Madgermanes
Das liest sich, als ginge es um die Mähnen einer Tierart namens Madger (-> man vs mane). Du meinst doch Mad Germans, oder?
Böte sich nicht eher Angry Germans an? Weil es keine Doppelbedeutung wütend | verrückt, durchgeknallt hätte. Sonst könnte dein Titel die Aussage des Textes konterkarieren ...

Unsere Wut gebührt der DDR. Unsere Wut gebührt der mosambikanischen Regierung.
gilt
(Jemandem gebührt Respekt - funktioniert semantisch anders.)

Klingt mir allgemein wie von den Ausschreitungen in Frankreich inspiriert (bissl: 'Jau, macht das hier auch mal') - oder nur ein bisschen tone deaf? Oder Retro-70es, 80es natürlich, von der Haltung her.
"Unsere Wut gebührt der mosambikanischen Regierung." - Das finde ich einen sehr guten Ausgangspunkt, weil das eine sehr selten gelesene Anschuldigung ist. Da wäre imA ein weniger klischeehafter, viel seltener gelesener Plot / Haltung / Erzählung rausgekommen. Aber schon klar, du willst nicht unbedingt schreiben, was ich lesen mag. ;)

Ich finde sehr gut, dass du mit knappen Sätzen und Aussagen operierst, grundsätzlich liest es sich ganz wesentlich besser als deine vorigen Texte - auch wenn die eben wilder, individueller sind.

Herzliche Grüße und dir ein schönes Wochenende,
Katla

 
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Hallo @Katla

Danke Dir sehr für deinen Kommentar.

Wegen des Titels: Der ist ganz bewusst so falsch geschrieben. Das ist eine Verballhornung des Produkthinweises 'Made in Germany' bzw. eine Wortschöpfung aus 'Mad Germans' und 'Made in Germany'. Ausserdem bedeutet 'Ma German' in Shangaan, einer Bantu-Sprache, soviel wie 'die, die aus Deutschland zurückkehrten'. Ich denke nicht, dass der Titel mit der Aussage des Textes konterkariert, weil die Madgermanes in Mosambik als Unruhestifter gelten, das habe ich versucht in dem Abschnitt, der mit 'Weil sie mir keine Arbeit gegeben haben' beginnt, zu erläutern. Allgemein nimmt man (in Mosambik) an, die Zurückgekehrten seien in Europa verrückt geworden.

Klingt mir allgemein wie von den Ausschreitungen in Frankreich inspiriert
Die Inspiration ist schnell erklärt: Ich war in den Strassen von Quelimane unterwegs, da sprach mich ein älterer Mann an, in perfektem Deutsch. Er erzählte mir seine Geschichte. Das war sehr erfrischend, weil ich kann kein Wort Portugiesisch und die Kommunikation mit der Bevölkerung gestaltete sich extrem schwierig. Zum Glück war ich danach noch eine Teilstrecke mit einem Polizisten aus Simbabwe unterwegs, der zumindest ein paar Brocken Portugiesisch sprechen konnte. Er war es auch, der uns aus einer heiklen Situation im Tete-Korridor befreite. Aber das ist eine andere – vielleicht weniger klischeehafte? ;) – Geschichte.

Ich finde sehr gut, dass du mit knappen Sätzen und Aussagen operierst, grundsätzlich liest es sich ganz wesentlich besser als deine vorigen Texte - auch wenn die eben wilder, individueller sind.
Ah, eine stille Leserin. Na, was Du hier schreibst, das hilft mir schon mal enorm weiter! Ist, zumindest für dich, vom Stil her also die richtige Richtung. Jetzt muss ich das nur mal noch irgendwie mit etwas Individuellerem kombinieren ... Ich verstehe, dass da teilweise Klischees im Text sind, aber manchmal ist das Leben eben ein Klischee (das soll jetzt keine Rechtfertigung dafür sein!).

Danke Dir nochmals für's Lesen und deinen Kommentar. Viel Erfolg bei deinen eigenen Projekten.

Schöne Grüsse!
d-m

p.s.: Das mit dem 'gebührt' ändere ich gleich, danke dafür.

 

Hallo @deserted-monkey ,

danke für die Richtigstellung:

Wegen des Titels: Der ist ganz bewusst so falsch geschrieben.
Hätte ich mal googeln können, wenn ich schon meine, dass du es besser weißt ... aber das zweite -e kam mir einfach zu unwahrscheinlich vor. Wieder was gelernt!
Allgemein nimmt man (in Mosambik) an, die Zurückgekehrten seien in Europa verrückt geworden.
Oh, das ist ja wirklich spannend.
Ich verstehe, dass da teilweise Klischees im Text sind, aber manchmal ist das Leben eben ein Klischee
Ja, das Leben sicherlich, da haben wir auch - gesamtgesellschaftlich gesehen - nur sehr begrenzten Einfluss drauf. Aber das hier ist ja Prosa, über die Schreibende eigentlich (nahezu) grenzenlosen Einfluss haben - soll man dann Klischees wählen, um sie in Prosa zu erzählen? Für mich ist jedes Klischee in Fiktion eine vertane Chance, etwas Interessantes zu lesen.
Es gab aber genug Diskussionen zum Thema - hier im Forum und an anderen Orten -, aus denen man schließen kann, dass es Leser gibt, die Klischees bevorzugen. Ist eben die Frage, was dich interessiert, wenn du schreibst (und das hast du ja hiermit beantwortet).

Ganz herzliche Grüße noch mal, lieben Dank für die guten Wünsche,
:-) Katla

 

Moin @deserted-monkey , da ich den Text nun drei MAl gelesen habe und dazu eine Menge im Internet, will ich Dir wenigstens einen kurzen Kommetar da lassen.

Madgermanes
Mein Englisch is viel schlechter als Katlas, daher habe ich mir das nur singemäß übersetzt und beim Suchen im Internet dann den Begriff in vielen Artikeln gefunden. Er hinterlässt auf alle Fälle den passenden Geschmack.

Denn ich bin einer von euch.
Mindestens die ersten beiden Leserunden habe ich mich echt schwer mit deiner gewählten Perspektive getan. Es wirkt eher wie eine Propaganda, wie eine Revolutionsrede, aber irgendwie passt es damit natürlich. Und ob es eine Geschichte ist? Aber eindrücklich und Gefühle auslösend ist es, also hast Du schonmal einiges richtig gemacht.

Im Jahr 1979 haben wir gemeinsam auf den Tag gewartet. Zwanzigtausend waren wir!
Ein eindrucksvolles Bild. Aber waren es nicht insgesamt 20000 und die sind nicht alle gleichzeitig abgeflogen, oder.
Ich gestehe, mein erstes war Widerspruch! Ich gehöre zu den DDR Bürgern dieser Zeit und habe davon absolut nichts mitbekommen. Was aber natürlich nur heißt, das es unter den Teppich gekehrt wurde. Dennoch regt sich immer wieder Widerstand in mir, was aber sicherlich auch daran liegt, dass niemand in einem Land gelebt haben will, was soetwas tat. Und subjektives Erleben prägt uns.

Geknickt, weil unsere Liebsten ohne uns weiterkämpfen mussten. Wir standen am Flughafen, aber waren Fischer, verloren auf See.
Den Teil mit den Kämpfen verstehe ich, es war ja noch Krieg. Aber das Bild der Fischer hakt für mich, ich sehe keinen Zusammenhang.

Unsere Schwester, die DDR, braucht Gastarbeiter. Zwischen unseren Völkern herrscht Freundschaft. Geld haben sie allen versprochen. Sie haben gesagt, wenn ihr zurückkommt, dann helft ihr beim Aufbau unseres Staates. Weil dann wisst ihr, was zu tun ist.
Wie perfide, mit dem guten Willen, dem Enthusiastmus von Menschen "zu spielen". Ja, das läuft auf alle sind gleich und einigen gleicher, hinaus.

Sie haben uns nach Wismar geschickt, nach Ilmenau, nach Hoyerswerda und nach Rostock.
Hier habe ich doch Zweifel. Ich habe in dem Zeitraum in Wismar und Rostock gelebt. Wir hatten große Gruppen Ausländer, aber keine Mosambiquaner. Kubaner, Vietnamesen, Chilenen. Ich sehe auch keine Industrie, in der sie in Masse eingesatzt werden konnten. Mich iritiert aber noch eher Deine Formulierung - Rostock als letztes und dann folgt unter Tage. Da würde ich nochmal schauen, der Rest ist eher subjektiv und auch von mir nicht belegbar.

Sie haben uns überall dorthin geschickt, wo der weiße Mann sich nicht die Finger schmutzig machen will. Achtzehn Stunden am Tag!
Ne, hier widerspreche ich. Zumindest halb, denn er erzählt/denkt es ja, also kann seine Erinnerung falsch sein. Diese Einstellung "Finger nicht schmutzig machen" gab es meiner MEinung nach nicht zu DDR Zeiten, alle mussten das, um klar zu kommen. Und 18 Stunden Tag edenn doch nicht. Ich habe an der Erdgastrasse 12 Stunden Schichten gearbeitet und das war eine absolute Ausnahme. Ne, da gehe ich nicht mit.

Seht ihr meine Mühe, aufrecht zu stehen? Das ist meine Qualifikation! Was haben wir von den Deutschen gelernt? Nichts, außer ihrer Sprache. Aber was nützt uns die jetzt noch?
Ich spüre hier ganz viel, das geht echt nahe. Auch wenn Du mir Deinen Prota ja überhaupt nicht vorstellst, er eigentlich sich "nur " zu enem Teil der Masse erklärt. Aber wie gesagt, ich brauchte dafür ein paar Lesungen mehr.

Ich hab am eigenen Leib erfahren, was Ausgrenzung bedeutet. Neger und Affe nannten sie uns. Verglichen uns mit Rußbürsten und Kohlesäcken. Mit den Stiefeln traten sie nach uns.
Und das ist mir dann wieder zu platt. Natürlich (so schlimm es ist, das so zu formulieren), auch in der DDR gab es Idioten und angststrotzende Menschen, die mit Anderssein nicht klarkamen. Dazu die ja vorhandene Rechtsradikale Szene zum Ende hin. Aber die meisten Menschen waren einfach nur neugierung und offen für Ausländer, gerade weil wir so abgeschottet waren. Da fehlt mir ein Gegenbild (und ja, irgendwo spielt da sicherlich mein Unwille, über einen Kamm geschorren zu werden mit). Aber am Ende ist es selbstverständlich Dein Text, für mich ist es so zu platt!

Nein. Dass der Krieg unser Land zerstört hatte, sahen wir unter den Wolken. Dass die DDR unsere Seelen zerstört hatte, lasen sie in unseren Gesichtern. Unsere Würde liegt in Hoyerswerda und Rostock begraben. Ich konnte nichts anderes tun, als die Toten zu zählen. Weinen konnte ich nicht. Fühlte mich fremd in diesen unseren Straßen. Hilfloser als am Flughafen. In unserem Mosambik, das ich so lange vermisst hatte!
Das tut wirklich weh, wenn ich auch die ganze Zeit überlege, wer es wem erzählt. Das ist der Teil Deiner Geschichte, der mich unbefriedigt zurücklässt.

Aber heute weiß ich, es sind nicht meine Nachbarn, die mein Geld gestohlen haben. Es sind nicht meine Brüder, die mich ausgenutzt haben. Es ist niemand in diesen Straßen, der mir das angetan hat.
Ich ist mir nicht klar, warum ihm das nicht gleich klar war, wie soll denn der normale Nachbar sein Geld genommen haben? Da würde ich nachschärfen.

Aber vergesst nicht, diese Weißen von heute sind nicht die DDR, diese Weißen haben uns das nicht angetan!
Na ja, da wäre ich vorsichtig. Die Entscheidungen der Bundesregierung im Wendezeitraum lesen sich auch nicht gerade wie Völkerfreundschaft.

Diejenigen, die schuldig sind, haben sie längst vor den Augen der Welt abgewaschen.
Mir zu unprässise. Wenn Du das Regime DDR als Ursache nimmst, passt das nicht. Die Neonazis?

Aber vergessen wir niemals diese Wut. Was hat die DDR gemacht? Anstatt uns auszubezahlen, schickte sie unserer Regierung fünfundsiebzig Millionen Mark. Eigentlich schickte sie dieses Geld uns allen, allen, die ihr hier seid. Mir. Dir. Jedem Einzelnen von uns. Aber was tat unsere Regierung? Was hat die mit unserem Geld gemacht? Unsere Wut gilt der DDR. Unsere Wut gilt der mosambikanischen Regierung.
Ja, es ist wirklich ein unfassbares Stück an Geschichte, ich bin sehr froh, das Du mir das vor Augen führst, das wird mich noch eine Weile beschäftigen.

Hören wir nicht auf zu kämpfen, sage ich. Erinnern wir uns an die Gerechtigkeit. Für unsere Zukunft. Für unsere Familien. Für uns. Denn wir sind stolz. Stehen wir auf, sage ich. Stehen wir auf, wir sind Madgermanes!
Ich denke, für eine Leserin wie mich, würde sich eine Rahmenhandlung hier besser anfühlen, so war ich länger abgeschreckt, weil es sich wie reine Propaganda liest, da gehen alle Lampen an.
Ein sehr eindrückliches Thema, Dankeschön!
Beste Grüße
greenwitch

 

Hallo d.m.

Auf mich wirkt dein Text am ehesten wie eine Philippika, also eine Kampfrede und weniger als lebendige Geschichte. Es gibt keinen Dialog, keinen figurativen Konflikt, nur anklagende Beschwerde, gerichtet an - ja, an wen eigentlich? An den Leser?
Deine Brandrede könnte auf der politischen Bühne eines Dorfplatzes irgendwo in Mosambik spielen. Die kurzen, wütenden Hauptsätze verstärken diesen Eindruck zusätzlich. Sind sie doch eine gängige Methode, der sich Politiker aller Länder und Coleur gerne bedienen, um das Volk zu überzeugen. Der ehemalige österr. Bundeskanzler Kreisky sagte einst zu seinen Parteigenossen: "Ihr müsst kurze Hauptsätze verwenden. Sonst verstehen euch die Leute nicht. Spätestens nach dem zweiten Komma sind die meisten weg."
Käme diese Thematik eingebettet in eine figurative Handlung, vielleicht via eines enttäuschten Heimkehrers, könnte ich mir das interessant vorstellen. So ist es zwar informativ, was der antifaschistische Arbeiter- und Bauernstaat so alles mit diesen bedauernswerten Menschen anstellte, aber mehr als Information und wütende Anklage nehme ich leider nicht mit.
Nicht falsch verstehen. Du kannst gut schreiben, wie man auch an diesem Text sieht, aber mir fehlt eine Story.

LG, Manuela

 

Hio -- ganz kurz. Ich schließe mich Manuela an: Mir fehlt eine Geschichte in dem Text.
Könnte ja sein, dieser unbenannte Redner baut die Geschichte eines bestimmten 'Gastarbeiters' ein. Jemandes mit Namen und Vita.

Gut geschrieben ist es, ja. Selbstverständlich polemisch, aber so sind solche Reden nun mal, meine ich.

Gruß von Flac

 

Hallo @greenwitch

Ich hatte gehofft, das jemand kommentiert, der in der DDR aufgewachsen ist. Dein Input ist sehr hilfreich. Ich lese Betroffenheit aus deinem Beitrag, das Du mitgefühlt hast. Das der Text bei Dir aber auch ganz klar Widerstand ausgelöst hat. Ich selbst war und bin mir über die Wirkung des Texts nicht so recht bewusst, das merke ich jetzt erst anhand der Rückmeldungen. Der Text ist für mich ein Ausprobieren, schauen, was funktioniert. Du hast dich ja auch an der ungewöhnlichen Form gestört. Ich verstehe, dass diese Form Probleme/wohl einigen Zündstoff mit sich bringt.

Manuela schreibt:

Deine Brandrede könnte auf der politischen Bühne eines Dorfplatzes irgendwo in Mosambik spielen.
Genau so war es gedacht.

Ich habe den Text als eine Art Wutrede intendiert und versuchte diese in die Form einer Kurzgeschichte (wollte es erst eigentlich bei 'Flash Fiction' einstellen) zu giessen. Der Redner gibt ja nur die Ereignisse noch einmal wieder, untermalt mit paar persönlichen Erlebnissen, die Zuhörer kennen die Geschichte ja längst. Aber der Text soll sie aufrütteln und gleichzeitig die Ereignisse dem Leser näher bringen. Ja, der Redner – da schliesse ich mich Dir 1:1 an – bedient sich propagandistischer Stilelemente, um auf kurzer Strecke grösstmögliche Wirkung auf beiden Seiten zu erzeugen. Sowohl bei den imaginären Zuhörern als auch beim Leser selbst.

Mein Gedanke hinter dem Text/Wie er entstanden ist: Ich habe mir überlegt, wie kann man bei jemandem, der müde geworden ist, für seine Sache zu kämpfen, wieder neues Feuer entfachen? Über die Madgermanes wollte ich schon länger mal was machen und sie potentiellen Lesern etwas näher bringen. Das hier ist das Eregbnis davon. Irgendwie hat sich das ganz natürlich ergeben, weil Du schreibst ja auch, dass es wie eine Revolutionsrede klingen könnte, und für mich fügte sich da dann eins ins andere.

Wieso ist mir die Perspektive einer ehemaligen DDR-Bürgerin so wichtig: Ich bin '87er Baujahr und habe im Vergleich zu jemandem wie Dir nicht die leiseste Ahnung von der DDR. Du hast ja auch Widersprüche entdeckt, was bspw. die Orte anbetrifft, die werd ich sehr gerne durchgehen bzw. die entsprechenden Stellen abändern.

Das mit dem fehlenden Gegenbild war, glaube ich, so eine halbbewusste Entscheidung beim Schreiben. Ich hatte das auf dem Radar, aber dachte mir dann, diese einseitige Sicht auf gewisse Dinge, könnte beim Leser vielleicht ebenfalls Wut auslösen, und sie somit übertragbar, fühlbar machen, vielleicht erst nach dem Lesen, wenn man darüber nachdenkt. Aber ich weiss nicht recht, ob das funktioniert. Man könnte es vielleicht auch so interpretieren, dass man als Leser mit seinen eigenen Vorstellungen aussen vor gelassen wird, ausgegrenzt wird, wie das bei den Madgermanes der Fall ist/war.

Ich antworte Dir später noch einmal ausführlicher auf die Zitate. Muss mir noch überlegen, wie und was ich umschreibe, aber da waren viele gute Punkte dabei. Dein Kommentar hat mir sehr weitergeholfen. Ganz herzlichen Dank auf jeden Fall schon jetzt für deine Gedanken.

Beste Grüsse,
d-m

 

Hallo nochmal @greenwitch

Zu den Detailanmerkungen:

Ein eindrucksvolles Bild. Aber waren es nicht insgesamt 20000 und die sind nicht alle gleichzeitig abgeflogen, oder.
Ja, das erkenne ich auch als Baustelle. Es sind nicht alle gleichzeitig abgeflogen, das ist so. Die waren auch unterschiedlich lange in der DDR, so zwischen fünf und zehn Jahren müssens wohl für die meisten gewesen sein. Könnte auch eine Überhöhung des Redners sein. Aber wie gesagt, es gefällt mir auch noch nicht.

das Bild der Fischer hakt für mich, ich sehe keinen Zusammenhang.
Für dieses Bild gibt es mehrere Dinge, die ich in Betracht gezogen habe:
  • Mosambik hat eine über 2,700km lange Küstenlinie
  • Die Fischerei spielt deshalb eine wichtige Rolle, zumindest Ende 70er, weil leider ist das Meer vor Mosambiks Küste mittlerweile stark überfischt
  • Die Madgermanes konnten ihre Gefühle nicht einordnen, da mischte sich Trauer mit Vorfreude etc., heisst für mich, sie fischten nach ihren Gefühlen, es war aber nichts wirklich greifbar, sie waren überfordert, hilflos
  • Deshalb auch 'verloren auf See', das sollte auch gegensätzlich sein, zu dem, was sie tun, nämlich mit einem Flieger abheben
So habe ich mir das hergeleitet. Schade hat es bei Dir nicht funktioniert.

Mich iritiert aber noch eher Deine Formulierung - Rostock als letztes und dann folgt unter Tage. Da würde ich nochmal schauen, der Rest ist eher subjektiv und auch von mir nicht belegbar.
Absolut. Das ändere ich. Dein subjektiver Einwand reicht mir schon, ich werde auch die Orte nochmal prüfen, schauen ob ich was genaueres finde, und es gegebenenfalls abändern.

Diese Einstellung "Finger nicht schmutzig machen" gab es meiner MEinung nach nicht zu DDR Zeiten, alle mussten das, um klar zu kommen.
Ich ändere es von Sie haben uns überall dorthin geschickt, wo der weiße Mann sich nicht die Finger schmutzig machen will. zu Sie haben uns überall dorthin geschickt, wo Mangel herrschte. Die DDR brauchte ja diese Gastarbeiter, weil Arbeitskräftemangel herrschte und offenbar sind wirklich eben sehr viele Mosambikaner in Jobs gelandet, die körperlich schwer waren und die sie deshalb auch gebrochen haben.

Und 18 Stunden Tag edenn doch nicht. Ich habe an der Erdgastrasse 12 Stunden Schichten gearbeitet und das war eine absolute Ausnahme.
Es waren sicher nicht 18-Stunden-Tage, das glaube ich auch nicht. Aber sie wurden schon zu Überstunden gezwungen. Das hat zumindest meine Recherche ergeben. Auch der Mann in Quelimane erzählte etwas in die Richtung, aber klar, das war sein Einzelbericht, seine Aussage, ich konnte bzw. kann die ja nicht überprüfen. Das mit den 18 Stunden spielt auch hier mit rein, denke ich:
Natürlich (so schlimm es ist, das so zu formulieren), auch in der DDR gab es Idioten und angststrotzende Menschen, die mit Anderssein nicht klarkamen. Dazu die ja vorhandene Rechtsradikale Szene zum Ende hin. Aber die meisten Menschen waren einfach nur neugierung und offen für Ausländer, gerade weil wir so abgeschottet waren.
Ich denke, das Problem ist, dass einige der Madgermanes sehr verbittert sind, dass von ihrer Seite auch Anschuldigungen kommen, die nicht unbedingt den Tatsachen entsprechen. Von Verletzung der Menschenrechte wird da gesprochen. Ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Arbeit und Löhne in der DDR dementieren das vehement. Wie so oft liegt die Wahrheit wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Ich kann das nicht beurteilen. Da die Rede aber von einem Madgermanes gehalten wird, sind die Anschuldigungen so ähnlich in den Text geflossen. Ich möchte das an der Stelle so scharf belassen, weil es die Hilflosigkeit der Madgermanes untermalt, der Leser sich an der Stelle aber auch nicht wehren kann. Am Ende ist es ein Mittel zum Zweck. Dir war es jedoch zu platt, also muss ich es mir trotzdem überlegen.

Vielleicht könnte ich es aber noch zu Arbeitgeber oder Arbeitskollegen (auch wenn dort sicherlich auch nicht alle daran beteiligt waren!) ändern bzw. eingrenzen. Dass rassistische Anfeindungen und eine Ausgrenzung stattgefunden hat, ist, so denke ich, unbestritten, da findet man ja genügend Informationen im Netz. Das mit dem Zähne einschlagen und dem Elfenbein hat mir der Mann erzählt, den ich getroffen hatte. Im fehlten paar Zähne, aber ob das wirklich stimmt, kann ich an der Stelle auch nicht sagen, es klang einfach sehr eindringlich, deshalb steht es jetzt da.

Ich ist mir nicht klar, warum ihm das nicht gleich klar war, wie soll denn der normale Nachbar sein Geld genommen haben? Da würde ich nachschärfen.
Ja. Wahrscheinlich lösche ich den Satz einfach raus.

Na ja, da wäre ich vorsichtig. Die Entscheidungen der Bundesregierung im Wendezeitraum lesen sich auch nicht gerade wie Völkerfreundschaft.
Der Redner redet ja heute zu denen. Die kämpfen ja schon 34 Jahre. 2004 hatten die Madgermanes sogar für kurze Zeit die Deutsche Botschaft in Maputo besetzt, aber hat alles nix genützt.

Mir zu unprässise. Wenn Du das Regime DDR als Ursache nimmst, passt das nicht. Die Neonazis?
Ja, vor den Augen der Welt kann's auch nicht gewesen sein, sonst wüssten mehr Leute davon. Also da überlege ich mir noch was, das schreibe ich noch um!

Das war wirklich sehr gutes Feedback, danke noch einmal. Das ich Dir durch diesen Text, trotz der für Dich falschen Form, ein Stück Geschichte näher bringen konnte, das freut mich :)

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Hallo @Manuela K.

Vielen Dank für deinen Beitrag. Auf deine Frage

nur anklagende Beschwerde, gerichtet an - ja, an wen eigentlich? An den Leser?
möchte ich mit einem Zitat aus dem Text antworten:
Unsere Wut gilt der DDR. Unsere Wut gilt der mosambikanischen Regierung. Sie beide sind die Schuldigen.
Das ist ja einer der perfiden Tricks des Redners, man fühlt sich am Ende vielleicht selbst beschuldigt.

Ich habe jetzt aber begriffen, man fühlt sich bei dem Text wie zwischen Bänken und Stühlen sitzengelassen, weil der/die Leser/in eben zu kurz kommt. Das haben mir die Beiträge deutlich gemacht. Meine Idee wäre, diese Rede (in verkürzter Form) irgendwann in eine längere Geschichte einzubetten, das werde ich mir ganz sicher anschauen.

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Hallo @FlicFlac

Danke auch Dir für deinen Kommentar.

Mir fehlt eine Geschichte in dem Text.
Da möchte ich ein wenig widersprechen. Für mich steckt in dem Text immer noch eine Geschichte. Nämlich eine grob skizzierte Abhandlung der Ereignisse von 1979 bis heute, was in diesem Zeitraum mit den Madgermanes passiert ist und wie sie überhaupt zu ihrem Namen gekommen sind. Erzählt aus der Sicht des Redners. Aber ja, bin mir nach euren Kommentaren unsicher, ob das wirklich ausreichend ist.

Könnte ja sein, dieser unbenannte Redner baut die Geschichte eines bestimmten 'Gastarbeiters' ein. Jemandes mit Namen und Vita.
Wäre auch eine Überlegung wert, danke Dir.

Beste Grüsse an alle,
d-m

 

Im Jahr 1979 haben wir gemeinsam auf den Tag gewartet.

Moin,

ich denke, dein Text würde extrem davon profitieren, wenn du ihn aus der Sicht eines Deutschen schreibst. Also, gar nicht wegen so einem Unsinn wie cultural appropriation oder so, sondern einfach, weil sich diese Sätze wie Schlagworte anhören, wie Kapitale, Bang Bang Bang, aber es sind an sich leere Formeln, die sich wie generalisierte Abrechnungen anhören, wie ein Klagelied. Das ist mir zu einfach.

Mitten in der Nacht haben sie mich geweckt und mir die Zähne eingeschlagen. Ob die aus Elfenbein sind, haben sie gefragt!

Das. Hier beginnt es. Selbst im Sozialismus gab es Rassismus, huch, wie kann das sein? Mein Vater ist in Brandenburg geboren und hat dann rübergemacht, aber er war natürlich oft in der DDR, die Familie besuchen. Vietnamesen gab es auch reichlich, Angolaner, Kubaner. Offiziell sah die Welt da natürlich nach solidarischer Bruderliebe aus, aber das sind eben auch nur Menschen gewesen, das erste, was man tut, ist sich eben einen zum Hassen raussuchen. Kennst du die Romane von Max Annas? Ich empfehle den ungerne, weil der stilistisch eine Katastrophe ist, aber das ist so sein Thema, gibt es eine ganze Reihe. Wie auch von der Justiz rassistische Morde vertuscht wurden.

Ich denke, aus der Sicht eines Betroffenen zu schreiben ist riskant, weil man so eine Erzählerfigur schnell zu einem Vehikel macht, dass man dann mit so Phrasen füllt: Bürgerkrieg, Sozialismus, die Weißen hier, die Madgermanes da, die Zuhause, zwei Regierungen ... aber das klingt eben auch genauso, wie Phrasen. Wie löst man das? Keine Ahnung. Ich empfehle dir gerne Thom Jones "Cold Snap", das ist eine Storysammlung, wo quasi jede Geschichte in Afrika spielt, aber: es geht um Hunger-Aid, um Ärzte, die in diesen Ländern humanitären Dienst leisten (oft, aber nicht immer). Sie erzählen das in ihrer Perspektive alles mit, aber sie ergreifen keine Positon; jedenfalls nicht so plakativ.

Hier wirkt es auf mich wie ein Propagandatext, nur für was, für wen, und von wem? Ich könnte mir gut eine Erinnerung vorstellen, wie sich jemand an einen Madgermanes erinnert und sich fragt, wie es dem wohl ergangen ist oder sie halten tatsächlich Kontakt, eventuell so etwas wie ein Briefwechsel inklusiver schwieriger Orthografie, da könntest du ins Detail vielleicht auch eher gehen. Das hier wirkt auf mich eher wie ein emotionales Motto für einen Text, den du noch schreiben möchtest.

Ich finde es übrigens bemerkenswert, wie du Afrika auch immer ein wenig in den Mittelpunkt deines Erzählens stellst, das ist ein Alleinstellungsmerkmal und auch immer lesenswert, das ganz nebenbei.

Gruss, Jimmy

 

@deserted-monkey

Danke auch Dir für deinen Kommentar.
Mir fehlt eine Geschichte in dem Text.
Da möchte ich ein wenig widersprechen. Für mich steckt in dem Text immer noch eine Geschichte. Nämlich eine grob skizzierte Abhandlung der Ereignisse von 1979 bis heute, was in diesem Zeitraum mit den Madgermanes passiert ist und wie sie überhaupt zu ihrem Namen gekommen sind. Erzählt aus der Sicht des Redners. Aber ja, bin mir nach euren Kommentaren unsicher, ob das wirklich ausreichend ist.
Könnte ja sein, dieser unbenannte Redner baut die Geschichte eines bestimmten 'Gastarbeiters' ein. Jemandes mit Namen und Vita.
Wäre auch eine Überlegung wert, danke Dir.
Ich meine damit eine Geschichte im Sinn einer KG.
Aus der Sicht einer bestimmten Person. Mit Eigenschaften und einer Vita. Mit Namen. Für eine persönliche Geschichte, diue in deiner geschichtlichen Geschichte drinsteckt.
Vielleicht erzählt der Afrikaner das Ganze indem er von seinem Neffen berichtet, der einer dieser Menschen war?

 

Hallo @jimmysalaryman

Danke sehr für deinen Kommentar.

Das ist mir zu einfach.
Ich verstehe das. The easy way out, wie ich das leider schon oft gemacht habe in meinen Texten, ich kranke da noch etwas dran. Unten mehr dazu.

Kennst du die Romane von Max Annas?
Nee, glaube nicht. Habe ich noch nie gehört. Schaue ich mir aber gerne an. Danke auch für deinen Tipp mit 'Cold Snap', das klingt sehr interessant.

Wie löst man das? Keine Ahnung.
Die Kommentare, inklusive deinem jetzt, haben mir gezeigt, dass es so nicht richtig funktioniert. Mit dieser Propaganda-Rede habe ich versucht, möglichst nahe an den Madgermanes zu sein, aber es sind wohl oft nur Phrasen, wie Du es nennst, die ich dem Redner in den Mund gelegt habe. Das ist irgendwo zu distanziert, ich glaube, was ich wirklich mit dem Text aussagen wollte, hat niemanden so richtig erreicht. Du nennst es auch zu plakativ. Ja, da gehe ich mit. Das ist meine Erkenntnis aus euren Beiträgen. Aber wie schon an greenwitch geschrieben, ich bin ja sozusagen noch jungfräulich unterwegs, was das Schreiben anbetrifft, ich hab mein Ding da noch nicht richtig gefunden, ich probiere einfach aus. Ob und wie etwas funkioniert. Von Stil und Inhalt. Auch Emotionen in meine Texte zu kanalisieren ist etwas, an dem ich noch arbeite.

Ich könnte mir gut eine Erinnerung vorstellen, wie sich jemand an einen Madgermanes erinnert und sich fragt, wie es dem wohl ergangen ist oder sie halten tatsächlich Kontakt, eventuell so etwas wie ein Briefwechsel inklusiver schwieriger Orthografie, da könntest du ins Detail vielleicht auch eher gehen.
Gute Idee, danke Dir dafür. Werde ich auf jeden Fall im Hinterkopf behalten.

Das hier wirkt auf mich eher wie ein emotionales Motto für einen Text, den du noch schreiben möchtest.
Ich denke, das ist so der Punkt. Ich habe versucht, die Erlebnisse und Gefühle der Madgermanes irgendwie in eine Art Form zu pressen, aber herausgekommen ist dabei eben kein runder Text. Das ist eher ein Fragment, vielleicht der Kern eines grösseren Ganzen.

Ich finde es übrigens bemerkenswert, wie du Afrika auch immer ein wenig in den Mittelpunkt deines Erzählens stellst, das ist ein Alleinstellungsmerkmal und auch immer lesenswert, das ganz nebenbei.
Ja, das ist für mich ein emotionales Thema. Aufgewachsen in der Schweiz, in Australien und in UK, hatte ich zwar alles, wusste aber als Jugendlicher/junger Erwachsener nicht so recht, wo ich hingehöre. Heutzutage würde man sagen, ich war bisschen lost. Alkohol, Drogen auch. Mit 24 Jahren habe ich die WG und meinen Job gekündigt, alle meine Habseligkeiten verkauft, mein Leben in einen Rucksack gepackt und bin mutterseelenalleine nach Uganda geflogen. Afrika war meine Lebensschule, Afrika hat mir gezeigt, wer ich wirklich bin. Ich pflege immer noch viele Kontakte.

Was mich teilweise etwas stört, ist, dass man von Afrika immer wieder spricht, als wäre das ein Land, dabei gibt es 54 Staaten auf diesem Kontinent, mit teilweise sehr grosser kultureller und landschaftlicher Vielfalt. Mittlerweile habe ich knapp über zwanzig davon bereist, einige mehrmals. Viele fehlen noch, aber es war und ist teilweise auch saugefährlich, wenn man nicht aufpasst, da bin ich heute nicht mehr so leichtsinnig. Aber heute glaube ich, u.a. genau diese Gefahr habe ich eben gesucht, als ich zum ersten Mal los bin.

Danke Dir nochmal für Kommentar und Zeit. Das war sehr aufschlussreich.

Viele Grüsse,
d-m

@FlicFlac

Ich meine damit eine Geschichte im Sinn einer KG.
Ok, dachte, KG, das sein ein dehnbarer Begriff :D Verstehe, was Du meinst. Danke für's Richtigstellen.

 




Nach dem Moor nun die DDR –
interessanter Themen nimmstu Dich an,

lieber und doch zweifelnder d. m.,

und dann find ich nur einen Grund zu nörgeln (nicht, dass ich enttäscht wäre!): Du hast das ß an Bord

Unseren Fuß von dieser Erde zu nehmen, fiel uns so schwer, …
dass eine Übung wie
Dreissig Jahre, fünfunddreissig? Viele von uns wissen es schon selbst nicht mehr.
wie eine Irrung sich ausnimmt ...

Zudem – warum bringstu die Rede nicht in eine angemessene formale Form, dass sie „bühnenreif“ werde – etwa

Auch ich verspüre diese Wut.
Denn ich bin einer von Euch.!

Im Jahr 1979 haben wir gemeinsam auf den Tag gewartet. -
...
Zwanzigtausend waren wir!


Wer kann sich das vorstellen?
Und alle sind wir in die DDR geflogen.
-
Wisst ihr noch, wie wir am Rollfeld standen?

Voller Erwartungen.
Nervosität, Vorfreude -
Erleichterung in unseren Gesichtern.
....


Weiter so!,

meint der

Friedel

 

Hallo Friedel (@Friedrichard )

Oh Mann, das 'ß' hat es jetzt auch noch in die Dreißig geschafft! Danke Dir. Ist irgendwie komisch, obwohl ich Papyrus Autor auf DE-DE eingestellt habe, motzt der nicht immer, wenn eigentlich das scharfe S angebracht wäre ... :fluch:

Zudem – warum bringstu die Rede nicht in eine angemessene formale Form, dass sie „bühnenreif“ werde – etwa
Was für eine Idee. Das ich da nicht selbst drauf gekommen bin. Das werde ich so machen, denke ich.

Mit Dank und Bestem Gruss,
d-m

p.s.:

Nach dem Moor nun die DDR –
Ich wollte Dich nicht so lange im Moor stehen lassen, hab das auf dem Schirm, Antwort und Korrekturen erfolgen alsbald, gib mir nur noch ein paar Tage Zeit ;)

 

obwohl ich Papyrus Autor auf DE-DE eingestellt habe,

Hm, jedes Programm ist nur so gut wie seine "Macher",

lieber d-m,

und das sind selten Leute aus Mannheim und "der" Wahrig, die Alternative, kommt ja auch noch von Haus aus aus Wesel, bevor er von Bertelsmann vereinnahmt wurde ... Wobei ich die Gefahr sehe, dass der KOnzern B. so ziemlich alles vereinnahmen will (von den Krankenhausbetten bis zur Lektüre).

Tschüss

Friedel

 

Hallo Deserted-Monkey,
ich bin aus der DDR. Deshalb hat mich Dein Text von Anfang an interessiert. Komisch, wenn einen jemand in Afrika auf Deutsch anspricht, vielleicht noch mit Thüringer Akzent. Übrigens, die dunkelhäutigen DDR Bürger, sind alle die Kinder von Kontingentarbeitern aus Afrika bzw. von Studenten. Dagegen stammen viele dunkelhäutige BRD Bürger von den dort stationierten amerikanischen Soldaten. Das erzählte mir mal eine Mulattin, die in die Besetzerszene gehörte.

Mir sind damals in Ostdeutschland auf der Straße oft viele Gruppen von ausländischen Arbeitern aufgefallen. Ich erinnere mich noch an Algerier, die in Rostock in der Werft arbeiteten. Eine Kollegin aus meiner Bäckerei, kannte viele Kubaner, die hier in Berlin in einem Arbeiterwohnheim lebten. In einem kleinen Ort in Thüringen habe ich mal in einer Disko eine Gruppe Afrikaner, wohl auch Algerier, gesehen. Die einheimischen Frauen jedenfalls mochten sie, was den anwesenden Männern nicht gefiel.
Als ich mal im Glühlampenwerk Narva gearbeitet habe, waren dort viele Vietnamesen beschäftigt.

Ich weiß nicht, ob diese Arbeiter schlechter behandelt wurden als andere. Wie es mit der Entlohnung war, kann ich mir auch nicht vorstellen, da die DDR Mark keine konvertierbare Währung war. Die meisten wollten doch Geld sparen, um in der Heimat ein Haus zu bauen.

Man muss aber sagen, dass die ausländischen Arbeiter isoliert von den Deutschen waren. Das hatte auch mit Sprachschwierigkeiten zu tun. Es gab aber auch Vergewaltigungen, Messerstechereien. Sie waren auch nicht alles Heilige und wir Deutsche Nazis. Eigentlich genoss eine Frau, die mit einem Ausländer zusammen war, kein hohes Ansehen. Das ist in der jetzigen BRD anders.

Ich höre aus den Worten deines afrikanischen Gesprächspartners eine gewisse Hassliebe gegenüber der DDR raus. Ich finde es auch bemerkenswert, dass die DDR, die es ja schon lange nicht mehr gibt, in seiner Vorstellung noch existent ist, und er in seiner Vorstellung ihr Bild konserviert hat. "In der UNO steht ein leerer Stuhl." Text einer Punkband

Klar, die Arbeiten waren stupide, schmutzig, eintönig. Man hatte ihnen eine Berufsausbildung versprochen, und sie stattdessen gleich ans Band gestellt. Die große Völkerfreundschaft existierte auch mehr auf dem Papier, und das waren bloß große Sprüche. Irgendwie haben die Verantwortlichen es so laufen lassen, wie es lief, und kümmerte sich wenig um die Bedürfnisse der Kontingentarbeiter.
Einen Schönen Sommer wünscht Frieda

 

Hallo Frieda (@Frieda Kreuz )

Vielen Dank für deinen Kommentar. Deine Erläuterungen und deine Sichtweise sind interessant und ich habe mich darüber gefreut.

Übrigens, die dunkelhäutigen DDR Bürger, sind alle die Kinder von Kontingentarbeitern aus Afrika bzw. von Studenten. Dagegen stammen viele dunkelhäutige BRD Bürger von den dort stationierten amerikanischen Soldaten.
Finde ich spannend. Was die Mosambikaner anbetrifft, steht bei Wikipedia:
Schätzungsweise 1500 Kinder aus damaligen Beziehungen haben ihre Väter nach deren erzwungener Rückkehr nie kennengelernt.
Aber ein paar durften ja auch bleiben.

Mulattin: Ist der Ausdruck heute noch salonfähig? :bib::D (nicht böse gemeint, habe den Ausdruck einfach schon ewig nicht mehr gehört)

Die einheimischen Frauen jedenfalls mochten sie, was den anwesenden Männern nicht gefiel.
Ja, das glaube ich Dir aufs Wort! Sehe das in diesem Fall als natürliche Reaktion, wenn man selbst vielleicht plötzlich weniger Beachtung findet ;)

Das Andere, das Exotische, birgt doch oft eine gewisse Anziehungskraft, jedenfalls auf einigermassen weltoffene Menschen, denke ich. Aber da stellen sich eben auch eine Menge Herausforderungen, einen grossen kulturellen Gap schliesst man halt schon nicht einfach so. Da gehören eine Menge Arbeit und Akzeptanz von beiden Seiten dazu. Man muss auch vorsichtig sein, will ich gar nicht dementieren. Gerade bei Bekanntschaften in sogenannten Drittweltländern geht es halt vordergründig schon relativ oft nur um harte Währung, um sozialen Aufstieg oder die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse. Das ist ja das Traurige daran. Da habe ich auch schon Leute unsanft auf die Nase fallen sehen, die dachten, die 'grosse Liebe' gefunden zu haben.

Wie es mit der Entlohnung war, kann ich mir auch nicht vorstellen, da die DDR Mark keine konvertierbare Währung war. Die meisten wollten doch Geld sparen, um in der Heimat ein Haus zu bauen.
Der Grossteil ihres Lohnes wurde wohl nicht wie versprochen in der DDR ausbezahlt, sondern zurückbehalten und das Geld erst nach der Wende ausgezahlt. In D-Mark. Aber eben an die Falschen. Die damaligen Regierungsmitarbeitenden in Mosambik haben das Geld unterschlagen.

Es gab aber auch Vergewaltigungen, Messerstechereien. Sie waren auch nicht alles Heilige und wir Deutsche Nazis.
Bin ich voll bei Dir. Der Text ist schon sehr einseitig, was gewisse Punkte anbetrifft, der ist nicht neutral. Habe ich weiter oben schon paar Dinge dazu geschrieben. Der Mensch generalisiert ja ständig, ich glaube, dagegen ist niemand gefeit. In einem solchen Kontext ist das nochmal verwerflicher. Man kann mir jetzt als Autor natürlich vorwerfen, dass ich das so im Text verankert bzw. verwendet habe und solche Vorverurteilungen noch schüre. Ich dachte, in einer politisch motivierten Brandrede käme es der Wahrheit wohl leider am nächsten. Aber das haben alle angemerkt, dass es die falsche Form ist. Ich bin noch am überlegen, was ich aus dem Text mache.

Ich höre aus den Worten deines afrikanischen Gesprächspartners eine gewisse Hassliebe gegenüber der DDR raus.
Es freut mich, dass Du das so liest. Ca. 2'000 der mosambikanischen Gastarbeiter haben das Bleiberecht im wiedervereinigten Deutschland erhalten und wenn man Interviews von denen liest, so erzählen die eher schwärmerisch von der DDR (wenn auch dort Rassismus leider immer wieder ein Thema ist). Es gibt also auch andere Stimmen. Aber klar, die in Deutschland gebliebenen haben bestimmt das bessere Leben, als die Zurückgekehrten. Anfang 90er war Mosambik das ärmste Land der Welt. Heute gleicht es dessen, was man als 'gescheiterten Staat' bezeichnen würde.

Eigentlich genoss eine Frau, die mit einem Ausländer zusammen war, kein hohes Ansehen. Das ist in der jetzigen BRD anders.
Finde ich schön, dass Du das so wahrnimmst.

"In der UNO steht ein leerer Stuhl." Text einer Punkband
Feeling B. Kannte ich aber auch nur aufgrund dessen, dass seit der Auflösung einige Mitglieder bei Rammstein sind.

Klar, die Arbeiten waren stupide, schmutzig, eintönig. Man hatte ihnen eine Berufsausbildung versprochen, und sie stattdessen gleich ans Band gestellt. Die große Völkerfreundschaft existierte auch mehr auf dem Papier, und das waren bloß große Sprüche. Irgendwie haben die Verantwortlichen es so laufen lassen, wie es lief, und kümmerte sich wenig um die Bedürfnisse der Kontingentarbeiter.
Das hast Du sehr schön zusammengefasst, denke ich, Frieda, vielen herzlichen Dank!

Hier noch ein aktueller ca. 45-minütiger Radiobeitrag von Deutschlandfunk Nova vom 14. Juli 23 über die Madgermanes. Offenbar ist das Thema noch immer irgendwo präsent.

Beste Grüsse und auch Dir einen angenehmen Sommer,
d-m

 

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