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Postkutschfahrt

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12.02.2005
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Postkutschfahrt

Vor dem Gutshaus im brandenburgischen Wittich schickte sich die Wirtschafterin, Eleonore Bösel, an, unter das blau bestickte Tüchlein des Zehrkorbs den Bittbrief an das Finanzsekretariat des Herrn vom und zum Stein sorgfältig zu verstecken.
Der neue Frieden war noch nicht alt genug und man wußte nicht, was für ein Ungemach einem während der Tagesreise ereilen konnte.
Eleonores Herrin – die ihr bisweilen als eine gute Freundin gegenübertrat - redete pausenlos auf sie ein, dass sie auf sich aufpassen solle, insonders möge sie ein waches Auge auf das Schreiben haben, da es ja so wichtig sei und für die Existenz des Gutes von außerordentlicher Bedeutung wäre.
Dabei knüpfte sie ihrer Mamsell die Bänder der Schute zu einer ansehnlichen Schleife unter dem Kinn zusammen.
Eleonore knickste als sie sich von der Herrin verabschiedete.
Die Baronesse indessen hatte ein weißes Seidentuch aus dem Ärmel Ihres Kleides gezogen, um es verschämt ans rechte Auge zu drücken.
Eleonore wußte natürlich nicht, dass die getrocknete Träne weniger ihrer Person galt als mehr der Unterstreichung eines innigen und leidenschaftlichen Gebetes, dass das Schreiben an das Finanzsekretariat unversehrt ankommen und seine Wirkung tun möge.

Artig erwiderte Eleonore aber „das Adieu“, in dem sie und im Gehen zurückwinkte.

Der Zehrkorb war leicht, so dass Eleonore ihn in der linken Armbeuge tragen konnte.
Sie ging abkürzend den schmalen Weg hinter dem Pferdestall vorbei, um zur Poststation an der Landstraße vor dem „Kühlen Krug“ zu gelangen.
Dieser sandige Pfad war denkbar ungeeignet für die schmalen Sonntagsschuhe aus Lackleder, welche sich Eleonore extra für die Fahrt nach Berlin angezogen hatte. Aber die Erfüllung ihres Auftrags bedarf eines gediegenen Habitusses.

Die Blütenfülle von Klatschmohn und Getreidenelken auf der Sommerwiese, an der sie vorbeilief, drängte in ihrem Kopf eine hübsche kleine Melodie vor.
Sie erinnerte sich jetzt sogar an den Namen des Komponisten, einem gewissen Schubert aus Wien. Der Neffe der Baronesse ließ sich aus einem Leipziger Verlag des öfteren moderne Partituren zuschicken, um sie sofort vom Blatt auf dem Klavier zu spielen.
Der Weg hob an und endete direkt neben einer stattlichen, alten Eiche, die dem Vorplatz zum „Kühlen Krug“ Schatten spendete. Dieses Wirtshaus galt den Postreisenden als Warteort für ihre langen oder kurzen Fahrten, bot Speisen und Getränke an und hatte in einem Nebengebäude das Postlager, samt Pferdestallung und Ersatzkutsche, so denn eine umfangreiche Reparatur unvermeidlich war.
Aber ein Schmied konnte rasch herbeigerufen werden, um einem gebrochenen Rad einen neuen eisernen Reifen zu geben.
Eleonore stellte Ihren Korb auf einen der vier hölzernen Tische und setzte sich auf einen davor stehenden Stuhl. Nun konnte sie eine Weile die Leute, die da anscheinend auch auf den gelben Wagen warteten, in Ruhe betrachten.

Mamsell Giesbert erkannte sie an Ihrem dunkelgrünen Kleid und der am Hals fest geschlossenen und hart gestärkten Bluse, das Jabot passte wegen seiner Altmodischkeit nicht ganz dazu, Eleonore erschien es über dies viel zu groß.
Die Mamsell unterhielt sich mit einem ihr namentlich nicht bekannten Bauern, der einen für diesen Wochentag zu festlichen Anzug trug. Er schien nervös zu sein und zupfte ständig an seiner vergoldeten Uhrkette, die in einer kleinen Tasche seiner gelben Weste steckte.
Aus der Tür des „Kühlen Krugs“ trat die Wirtin mit einem dickwandigen Bierseidel.
Mit einem fröhlichen „guten Morgen, die Herrschaften“ in die Runde ging sie zu einem Tisch, der neben einer Pergola, die völlig umschlossen von Ranken und Blüten war und stellte einem jungen, blassen Mann, der Eleonore jetzt erst auffiel, das Getränk hin.
„Wohl bekomms der Herr!“
Dann fragte sie beim Zurückgehen die Anwesenden:
„Haben die Herrschaften irgendeinen Wunsch, den ich erfüllen kann?“
Dankendes Kopfschütteln und die Wirtin verschwand mit samt ihres verbindlichen Lächelns im Wirtshaus.
Eleonore sah immer noch zu dem jungen Mann hin, der begonnen hatte, sein helles Bier in kleinen Schlucken zu trinken. Ihr fiel eine hölzerne Krücke auf, die gegen den Tisch gelehnt dicht bei ihm stand.
Ein Kriegsversehrter dachte sie und „armer Bursche“. Dennoch erkannte sie in den ebenmäßigen Gesichtszügen des Mannes keine Verbitterung, wie man sie bei vielen der Geschädigten entdecken konnte; sie meinte sogar eine gewisse Heiterkeit zu sehen und zu empfinden.

Das Posthorn riss sie aus den Gedanken. Es wurde erstaunlich gut geblasen.
Wenig später hielt ein nicht sehr großer gelb- schwarzer Wagen, noch in eine Staubwolke gehüllt, vor dem Wirtshaus.
Der beleibte Postillion sprang noch vor seinem dünne Assistenten herunter und begrüßte pauschal die vermuteten Reisenden.
Die Wirtin war indessen mit einem Krug verdünnten Weins und einem wie immer überaus freundlichen Lächeln auf dem Gesicht aus dem Haus getreten und überreichte ihn dem durstigen, königlichen Postmeister.
Der Mann blinzelte der Frau mehrdeutig zu und machte gleichzeitig seinem Assistenten eine dienstliche Anweisung:
„Karl, gib den Pferden nicht zu viel Hafer in den Sack, du sitzt ja nicht hinter Paul!“
Mit Paul war eines der Pferde gemeint und Karl hieß der dünne Posthelfer.

Der königlich Postillion fuhr heute, es war ein Montag, vornehmlich Briefe und sperriges Postgut, das festgezurrt erstaunlich hoch auf dem Dach und über dem Kofferraum Platz gefunden hatte. Die gespannten Blattfedern des Gefährtes hätten einem Kenner das Gewicht erahnen lassen können.

Nun hatten sich vor dem „Kühlen Krug“ in Wittich nur vier Menschen zur Reise in Richtung Berlin eingefunden, Eleonore Bösel, Mamsell Giesbert, der Bauer in hellgrauem Gehrock und der junge Mann, deren Name Eleonore erst erfahren sollte.
Sie konnten es sich bequem machen, denn die Kutsche war für sechs Reisende ausgelegt.
Sicher war es für die Fahrt ganz angenehm, nicht so eng beieinander zu sitzen, denn die Sonne erwärmte allmählich alles, was sie beschien, sommerlich heiß.

„Nein, Mademoiselle, sie können sich ruhig in Fahrtrichtung setzen, mir macht es nichts aus, rückwärts zu fahren“, erklärte der Bauer und reichte Eleonore beim Einsteigen die Hand. Die Damen hatten nebeneinander Platz genommen. Mamsell Giesbert schob ihren Korb unter die Sitzbank und Eleonore behielt den ihren auf dem Schoß.
„Lassen sie sich man Zeit, junger Mann“, rief der Postillion dem Kriegsversehrten zu, der sich bemühte, mit der hölzernen Krücke schnell an das Gefährt zu kommen,
„...die Pferde müssen noch aussaufen“, und lachte.
Eleonore ergriff den ledernen Koffer des jungen Mannes, den er nicht ohne Anstrengung mit der rechten Hand in die Kutsche schob. Sie war schwere Lasten zu bewegen durch die Arbeit im Hause Ihrer Herrin gewöhnt.
„Vielen Dank, Fräulein,“ sagte er und sprang behende herauf; er konnte sich Visavis vor Eleonore auf die Bank setzen.
Nun entdeckte sie, dass dem jungen Mann der rechte Unterschenkel fehlte, das Hosenbein war entsprechend gekürzt und vernäht.
„Am Rhein hat es mich erwischt“, bemerkte der junge Mann, der in den ratlosen Gesichtern der Mitreisenden eine seine Verletzung betreffende Frage erahnte.
„Einem Vetter von mir ist es genauso ergangen“, plauderte der Bauer, von der Peinlichkeit der Situation nun erlöst, „... das Leder der Krücke wird durch den ständigen Schweiß ganz hart. Sie müssen sich um den Steg sauber ein paar alte Tücher wickeln. Ich kann mir vorstellen... “
Mamsell Giesbert unterbrach die Erklärung des Bauern:
„Lieber Mann, vielleicht benötigt der Herr ihre Ratschläge gar nicht.“
„Oh doch,“ entgegnete der junge Mann diplomatisch,“ ich habe mir oft darüber Gedanken gemacht, wie ich die Rötungen unter der Achsel verhindern kann, aber vielleicht ist das tatsächlich kein Thema in Gegenwart der Damen.“
Auf dem Gesicht des Bauern zeichnete sich eine zufriedene Miene ab und Mamsell Giesbert fühlte sich als Dame wahrgenommen.
Die plaudernden Reisenden erschreckten etwas als der Postillion in den Wagen „Es geht los“ rief.
Das Gefährt setzte sich in Bewegung und die Pferdehufe knallten auf dem kleinen Kopfsteinpflaster beim Anfahren der schweren Kutsche.
Karl blies wieder sauber ins Horn als sie Wittich verließen.
Man erreichte einen erdigen Weg und die Räder liefen leise. Gemächlich durchfuhr das Fahrzeug die Landschaft. Vorbei an kleinen Feldern, deren reifes Korn ein wenig wogte, an Wasserläufen mit Weiden, die gerade beschnitten wurden.
„Das Gehölz ist weich“, erwähnte der Bauer, der auch aus dem Fenster gesehen hatte,“ da kann man gut drei Körbe am Tag flechten „.
Eleonore hatte aus ihrem Zehrkorb eine geklapptes Brot mit Käse entnommen und fragte den jungen Mann, ob er es mit ihr teilen wolle.
„Vielen Dank, gern“.
„Sie fahren auch nach Berlin?“, fragte Eleonore, die das Gesicht ihres Gegenüber immer sympathischer fand.
„Ja, ich werde eine Stelle als Zeichner beim königlichen Oberbaurat Schinkel antreten.“
„Oh, wie schön für sie.“
„Er braucht Leute für die Konstruktionszeichnungen der Neuen Wache unter den Linden, die der König in Auftrag gegeben hat. Zu anderem werde ich nicht mehr taugen.“
„Ich bitte Sie, dass ist eine sehr ehrenvolle Aufgabe und eine hervorragende Arbeit, die sie da leisten wollen. Und – wie viele junge Männer hat der Krieg verletzt... die jetzt keine Aufgabe mehr haben.“
Dem jungen Mann wurde bewußt, dass seine Bemerkung über seinen körperlichen Zustand zu provokativ gewesen ist und beeilte sich ein anderes Thema anzusteuern.
„Ich heiße übrigens – wie mein künftiger Brotherr – Karl-Friedrich, Karl – Friedrich Meißner, wenn ich mich vorstellen darf.“
„Angenehm“, sagte Eleonore und stellte sich ebenso vor.
Mamsell Giesbert, die inzwischen Strickzeug aus ihrem Korb geholt hatte und die Nadeln emsig bewegte, denn die Straße, die sie fuhren und die sie kannte, war für eine viertel Stunde so eben, dass sich das bewerkstelligen ließ, hörte gezwungener Maßen zu. Auf ihrem Gesicht hätte man eine Art Verzückung in den Worten: - ja, die jungen Leute - lesen können.
Das Gespräch der beiden „jungen Leute“ war inzwischen bei Eleonores Mission, dass sie bei irgendeinem königlichen Finanzsekretär ein wichtiges Schreiben zu offerieren hätte, ein Hilfeersuchen der Baronin, die als gute deutsche Patriotin Gold für Eisen hingegeben hatte, dass Napoleon bekämpft und vertrieben werden solle.
Und nun, da das Gut in Schwierigkeiten sich befinde, könnte es ja sein, dass staatlicher seits...
„Alles?“ platzte es aus dem Munde der Mamsell.
„Wie meinen sie Madame?“ , fragte Eleonore erschrocken zurück.
„Ich meine das Gold, hat ihre Baronesse jeden Goldschmuck eingetauscht?“
Einen Moment zögerte Eleonore, sie wußte im Grunde keine zutreffende Antwort zu geben, antwortete jedoch:
„ Ja, ich denke schon, denn nie wieder habe ich an ihrem Hals oder Finger Gold gesehen.“
Mamsell Giesbert ließ diese Antwort im Raum stehen, erkannte jedoch wie töricht ihrer Frage war.
„Wir werden pünktlich sein“, ließ sich unvermittelt der Bauer vernehmen, er hatte die Taschenuhr aus seiner gelben Weste gezogen und ließ den Deckel aufspringen. Dann fügte er scherzend hinzu: „Es lebe die königliche, deutsche Post.“
Er lehnte sich aus dem Fenster und stellte befriedigt fest, dass der Kirchturm von Teupitz bereits zu sehen war.
„Ich muß nämlich um elf Uhr bei diesem Großbauern Harnack sein, der Halsabschneider, um mir für die Ernte vier Knechte auszubitten. Das Korn ist überreif!“
Seine Bemerkungen interessierten zwar keinen, gaben aber Anlass, mal wieder hinaus zu sehen.
In dem Moment verdeckte ein Waldstück den Blick auf die kleine Stadt in Fahrtrichtung. Aber die Kutsche hatte eine Pflasterstraße erreicht und die Unterhaltung hätte lauter geführt werden müssen.
Karl blies schon ins Horn und kündigte damit das baldige Eintreffen der königlichen Postkutsche an. Sie wurde etwas langsamer, den es ging eine kleine Anhöhe hinauf.
„Darf ich sie, Mademoiselle, in der Poststation zu einem kleinen Glas Wein einladen?“ , fragte Karl-Friedrich.
„Das ist sehr artig, Herr Meißner, wenn es ihnen nichts ausmacht, nehme ich diese Einladung dankend an.“

Während die Pferde getauscht wurden, saßen die drei Reisenden im Schatten eines Jasminstrauchs, der an einer kleinen, absterbenden Pappel hochgerankt war.
Karl-Friedrich entnahm seiner zierlichen aber speckigen Lederbörse einen halben Silbergroschen und war im Begriff, sich vom Tisch zu erheben.
„Was wollen sie tun?“, fragte Eleonore erstaunt.
„Sehen sie den blinden Mann dort neben dem Kücheneingang? Er ist nicht älter als ich, sein Leben wird verblühen, der Krieg...“
„Warten sie, geben sie mir das Geld“, erwiderte Eleonore spontan, das Ansinnen ihres Reisepartners erkennend,
„ich lege noch den gleichen Anteil dazu und wir spenden dem Mann gemeinsam ein wenig mehr...“
Auch Mamsell Giesbert, von diesen Worten in leichte Beschämung getrieben, öffnete ihre Geldtasche und tat einen ganzen Silbergroschen in Eleonores Hand.
„Hier Kind, werfen Sie es für mich in den Hut des Ärmsten.“

Sie wurden als Dank mit einem kleinen Liedchen, dass der so beschenkte mit einer angenehmen Baritonstimme zur Leier sang, belohnt.
Dabei berührte Karl-Friedrich Eleonores Hand und sie ließ ihn gewähren.

„Die Reisenden der königlichen Post nach Berlin wollen dann wieder Platz in der Kutsche nehmen!“ , tönte die Stimme des Postillions über den wirtlichen Platz, ohne allerdings den musikalischen Dank des Blinden gestört zu haben.

Zwei weitere Fahrgäste stiegen mit ein, doch das war den jungen Leuten ziemlich egal, hatten sie doch nunmehr und lediglich Augen und Ohren für sich selbst. Es gab so viel voneinander zu hören, so viel zu sagen.
Mamsell Giesbert nahm es hin und ihre Ohren waren ein nicht störender Gast bei den beiden. Nebenher versuchten ihre flinken Hände auf ebenen Strecken das Strickzeug ordentlich zu handhaben. Hin und wieder aß sie von ihrem Kuchen.
Als Karl nach dreieinhalb Stunden das Posthorn blies und die Ankunft am späten Nachmittag in Berlins Mitte signalisierte, erschien es Eleonore und Karl-Friedrich als sei die Fahrt wie im Fluge vergangen. Und der unangenehme Stadtgeruch machte ihnen nichts aus, sie nahmen ihn gar nicht wahr. Im Gegensatz zu Mamsell Giesbert, die sich ein parfümiertes Taschentuch vors Gesicht hielt.
Sie würde aber nach einer Stunde Gewöhnung diese hinderliche Handstellung aufgeben.
„Adieu – ihr beiden“, wisperte sie – sich als verständnisvolle Vertraute verstehend - und ging ihres Weges.

„Lassen sie mir ihre postalische Anschrift zukommen, Karl-Friedrich, ...bitte ... und rasch, dass ich sie besuchen kann. Ich bin sicher drei Tage in Berlin!“, sprach Eleonore und hielt seine Hand fest.
„Aber ja, wir sehen uns bald wieder!“, entgegnete er und steckte die kleine handgeschriebene Karte mit der Adresse Eleonores in die Rocktasche.
Wenn er nun Geld verdienen wird, vielleicht könnte er sich dann ein künstliches Bein machen arbeiten lassen, einige Apotheken in Berlin verstünden was davon, dachte er und wartete bis die winkende Eleonore hinter der Mauer der Toreinfahrt verschwand.
Und Oberbaurat Schinkel stellte seinen Vornamensvetter, wenige Stunden nach dem die Pferde aus der Postkutsche gespannt wurden, ein.

 

Hallo Norbert,


Textzeug:

Der neue Frieden war noch nicht alt genug und man wußte nicht, was für...
wusste (da du ja die neue Rechtschreibung verwendest)

- redete pausenlos auf sie ein, dass sie auf sich aufpassen solle, insonders möge sie ein...
insbesondere

Eleonore knickste, als sie sich von der Herrin verabschiedete.

Eleonore wußte natürlich nicht, dass die getrocknete...
wusste

Artig erwiderte Eleonore aber „das Adieu“, in dem sie und im Gehen zurückwinkte.
Der Satz ist ziemlich unverständlich. "Artig erwiderte Eleonore aber das "Adieu", indem sie im Gehen zurückwinkte." Ist etwas weniger unverständlich.

Der Zehrkorb war leicht, so dass Eleonore ihn in der linken Armbeuge tragen konnte.
sodass

Aber die Erfüllung ihres Auftrags bedarf eines gediegenen Habitusses.
Tempusfehler. Schreib "bedurfte"

Eleonore stellte Ihren Korb auf einen der vier hölzernen Tische und setzte sich auf einen davor stehenden Stuhl.
Klein. Ist ja keine Anrede...

Mamsell Giesbert erkannte sie an Ihrem dunkelgrünen Kleid
das Gleiche wie oben

Die Mamsell unterhielt sich mit einem ihr namentlich nicht bekannten Bauern, der einen für diesen Wochentag zu festlichen Anzug trug.
Woher weiß deine Protagonistin das?

„Wohl bekomms, der Herr!“
Anreden werden durch Kommata abgetrennt

Dankendes Kopfschütteln, und die Wirtin verschwand mit samt ihres verbindlichen Lächelns im Wirtshaus.
mitsamt

Ein Kriegsversehrter, dachte sie und „armer Bursche“.
"Ein Kriegsversehrter", dachte sie, und "armer Bursche".

Die Wirtin war indessen mit einem Krug verdünnten Weins und einem wie immer überaus...
Wieder stellt sich die Frage, woher die Prot davon weiß. Ich würde "verdünnten" streichen.

„Lassen sie sich man Zeit, junger Mann“
wirkt deplaziert

Sie war schwere Lasten zu bewegen durch die Arbeit im Hause Ihrer Herrin gewöhnt.
Eh schon wissen...

„Vielen Dank, Fräulein,“ sagte...
Das Komma kommt nach den Anführungsstrichen

er konnte sich Visavis vor Eleonore auf die Bank setzen.
vis-a-vis

Nun entdeckte sie, dass dem jungen Mann der rechte Unterschenkel fehlte, das Hosenbein war entsprechend gekürzt und vernäht.
Glaub mir, so ein Detail hätte sie schon beim Wirtshaus bemerkt

Die plaudernden Reisenden erschreckten etwas, als der Postillion in den Wagen „Es geht los“ rief.

„Das Gehölz ist weich“, erwähnte der Bauer, der auch aus dem Fenster gesehen hatte, da kann man gut drei Körbe am Tag flechten „.
hier sind die Satzzeichen sind völlig außer Rand und Band geraten

„Oh, wie schön für sie.“
Anreden wie "Sie" oder "Ihnen" sowie "Ihr" und "Euer" werden groß geschrieben. Ich werde die kommenden Fehler dieser Art nicht mehr hervorheben.

„Er braucht Leute für die Konstruktionszeichnungen der Neuen Wache unter den Linden, die der König in Auftrag gegeben hat. Zu anderem werde ich nicht mehr taugen.“
Klein. Es sei denn, es ist ein Eigenname.

Dem jungen Mann wurde bewußt, dass...
ss

...über seinen körperlichen Zustand zu provokativ gewesen ist und beeilte sich, ein anderes Thema anzusteuern.
war

Mamsell Giesbert, die inzwischen Strickzeug aus ihrem Korb geholt hatte, und die Nadeln emsig bewegte, denn die Straße, die sie fuhren und die sie kannte, war für eine viertel Stunde so eben, dass sich das bewerkstelligen ließ, hörte gezwungener Maßen zu.
→...die Straße, auf der sie fuhren...
→ Viertelstunde
→ gezwungenermaßen
→ Der Satz liest sich sehr holprig. Mach zwei draus oder stell die Satzglieder um

Und nun, da das Gut in Schwierigkeiten sich befinde, könnte es ja sein, dass staatlicher seits...
Holterdipolter. Besser:"...da sich das Gut in Schwierigkeiten befinde..."

...könnte es ja sein, dass staatlicher seits...
staatlicherseits

Einen Moment zögerte Eleonore, sie wußte im Grunde keine zutreffende Antwort zu geben, antwortete jedoch:
wusste

Mamsell Giesbert ließ diese Antwort im Raum stehen, erkannte jedoch, wie töricht ihrer Frage war.
→ ihre
→ die gelegentliche Perspektivenlosigkeit schadet der Geschichte. Oder ist die Einsicht von Mamsell Giesbert klar erkenntlich?

„Ich muß nämlich um elf Uhr bei diesem Großbauern Harnack
muss

Aber die Kutsche hatte eine Pflasterstraße erreicht, und die Unterhaltung hätte lauter geführt werden müssen.
Das Komma ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben, aber der Satz liest sich dadurch flüssiger

Karl blies schon ins Horn, und kündigte damit das baldige Eintreffen der königlichen Postkutsche an.

Sie wurde etwas langsamer, den es ging eine kleine Anhöhe hinauf.
denn

Karl-Friedrich entnahm seiner zierlichen, aber speckigen Lederbörse einen halben Silbergroschen und war im Begriff, sich vom Tisch zu erheben.

Auch Mamsell Giesbert, von diesen Worten in leichte Beschämung getrieben, öffnete ihre Geldtasche, und tat einen ganzen Silbergroschen in Eleonores Hand.

„Adieu – ihr beiden“
den Bindestrich kannst du streichen

Wenn er nun Geld verdienen wird, vielleicht könnte er sich dann ein künstliches Bein machen arbeiten lassen, einige Apotheken in Berlin verstünden was davon, dachte er und wartete bis die winkende Eleonore hinter der Mauer der Toreinfahrt verschwand.
→ würde
→ Mach es erkenntlich, wenn jemand etwas denkt
→ Außerdem: Die vielen Perspektivenwechsel am Schluss stören. Würde ich ändern.


Also, vielleicht gefällt ja jemand anderem der Stil, aber mein Fall war er nicht. Die Sätze waren (besonders am Anfang) nur schwer verständlich.
Und: Für so eine abgehobene Sprache hast du erstaunlich viele Rechtschreibfehler eingebaut.
Immerhin wurde es zum Schluss immer besser.

Die Perspektivenwechsel stören das Lesevergnügen. Es wäre besser, wenn du alles aus der Sicht deiner Protagonistin schilderst.

Zur Geschichte selbst: Sie war zwar nicht sonderlich spannend, die Handlung äußerst dünn gesät, aber die Schilderung einer vergangenen Epoche hast du mE gut hinbekommen.


Gruß,
131aine

 

Hallo 131aine,

herzlichen Dank für die intensive Korrekturlesung, das hätte ich nicht gedacht, dass mir doch noch so viele Fehler unterlaufen sind, da hätte ich mir doch wohl ein bisschen mehr Zeit lassen, oder das Manuskript einer Sekretärin vorlegen sollen.
Verwerflich ist selbstverständlich auch, dass ich die neue Rechtschreibung für meinen PC noch nicht installierte. Da geht einem doch - ohne den neuesten Duden auf den Knien zu haben - eine Menge unter, immerhin ist mein Abitur schon über dreißig Jahre alt. Da fällt man leicht in die alte Schreibweise zurück oder vermischt das ganze. Ich bin tief zerknirscht.

Ja, natürlich kann ich mir vorstellen, dass der Stil nicht Dein Fall war.
Wie Du richtig bemerkst, ging es mir weniger um die dünne Handlung als mehr um die Schilderung der Phase in einer Epoche. Die Geschichte war für ein jüngeres Familienmitglied gedacht, die daraufhin eine Menge Fragen zur Zeit nach Napoleon hatte.
Aber einige Deiner Anmerkungen muß ich sozusagen widererklären (nimm das letzte Wort einfach als meine willkürliche dichterische ausgeübte Freiheit):

1. Zitat – redete pausenlos auf sie ein, dass sie auf sich aufpassen solle, insonders (von Dir zu insbesondere korrigiert) möge sie...
Das Wort war bis in die zwanziger Jahre hinein Bestandteil der Wörterbücher und Lexika. In dem Fall soll es tatsächlich anachronistisch klingen.

2. Zitat – Die Mamsell unterhielt sich mit einem ihr namentlich nicht bekannten Bauern, der einen für diesen Wochentag...
Deine Frage: Woher weiß Deine Protagonistin das?
Sie hat ihn nur optisch als bekannt analysiert.

3. Zitat – „Lassen sie sich man Zeit, junger Mann.
Deine Bemerkung: wirkt deplaziert.
Dieser Satz des Postkutschers ist mundartlich gemeint und man hört das “man“ als Interjektion sowohl im nördlichen Brandenburg – viel mehr noch in Mecklenburg Vorpommern und in Schleswig Holstein.

4. Zitat - er konnte sich Visavis vor Eleonore auf die Bank setzen.
Du korrigierst ins französische vis-a-vis. Ich meine aber die bewußt die Eindeutschung, wie sie Friedrich II hoffähig machte und noch lange gebräuchlich war.

5. Zitat – Er braucht Leute für die Konstruktionszeichnungen der Neuen Wache ...
Es handelt sich hier um ein Berliner Bauwerk, das Schinkel als Oberbaumeister als erstes in seinem Amt für Majestät errichtet. Daher tatsächlich Eigenname.

6. Zitat - Und nun, da das Gut in Schwierigkeiten sich befinde, könnte es ja sein...
Deine Bemerkung: Holterdipolter ..
Das würde ich in Kenntnis der althochdeutschen Wortgebräuche nicht so in Bausch und Bogen abweisen.

Gut, lassen wirs. Es war schön, mal wieder auf der Schulbank zu sitzen.

Gruß Norbert

 

Nochmal Hallo,

Danke, dass du im Gegenzug meine Bildungslücken aufgezeigt hast.
Wieder mal was gelernt :D

Ich muss zugeben, dass mein Spezialgebiet eher das Mittelalter ist...

Die Wörter, die heute nicht mehr verwendet werden (oder anders geschrieben werden), würde ich trotzdem nur in der direkten wörtlichen Rede verwenden (der Text wird dann auch für Nichthistoriker verständlich).

Gruß,
131aine

 

Hallo Norbert,

Fehler hat Blaine ja schon herausgesucht, da muss ich es ja nicht noch wiederholen ;) Dafür gefiel mir die Sprache, immerhin trägt sie zur Authentizität bei. Ich muss sagen, besonders spannend fand ich Deine Geschichte nicht, da muss ich Blaine zustimmen. Am Anfang hatte ich noch darauf gehofft, dass irgendetwas passiert, wo doch der Brief, den Eleonore mit sich trägt, so wichtig ist. Aber ziemlich schnell wurde klar, worauf die Geschichte hinausläuft.

Das mit dem Perspektivenwechsel solltest Du Dir vielleicht wirklich noch einmal überlegen, das ist mir auch aufgefallen. Ansonsten ließ sich die Geschichte gut lesen, sehr flüssig geschrieben.

Liebe Grüße,
gori

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo NOVO und herzlich willkommen auf kg.de!*

Seit 44 Tagen harrt dieses vierseitige Manuskript eines Kommentars und ich glaube zu wissen, warum es so lange warten musste.

Du schilderst in behäbiger Sprache eine Kutschfahrt von vier Personen (zwo Mamsellen, Eleonore Bösel und Frau Giesbert, den jungen Kriegsveteran Karl-Friedrich Meißner und eines Bauern, der einiges vor Berlin die Kutsche und somit die Reisegesellschaft verlässt) zu Beginn des 19. Jahrhunderts durchs Brandenburgische nach Berlin Mitte (die keineswegs mit der heutigen Mitte identisch sein muss, dafür hat sich Berlin viel zu sehr verändert). Die behäbige, den meisten antiquiert wirkende Sprache wird in jedem Fall den Mainstream an dieser Geschichte vorbeileiten. Man liebt heute halt idR blinden Aktionismus, den Du nun mal überhaupt nicht bedienst. Wie dem auch sei: gerade durch diese "antiquierte" Sprache und die Behäbigkeit entsteht der Geschichte die Einheit von Form und Inhalt, ist doch eine Postkutsche - selbst in unruhigen Zeiten, wie von Dir beschrieben - kein Porsche oder gar Raumschiff.

Gleichwohl wären einige Schnitzer anzumerken (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

>Aber die Erfüllung ihres Auftrags bedarf eines gediegenen Habitusses.< Hier kannstu ruhig in der Vergangenheit bleiben, also "bedurfte" und am Habitus erwiese sich ein Apostroph als nützlich, um die vielen Zischlaute zu reduzien. Also "Aber die Erfüllung ihres Auftrags bedurfte eines gediegenen Habitus'."

>Mit einem fröhlichen „guten Morgen, die Herrschaften“ in die Runde ging sie zu einem Tisch, der neben einer Pergola, ...< nach Herrschaften vllt ein Satzzeichen, evtl. Ausrufezeichen

>Der königlich Postillion fuhr heute, es war ein Montag, vornehmlich Briefe und sperriges Postgut, das festgezurrt erstaunlich hoch auf dem Dach und über dem Kofferraum Platz gefunden hatte.< Zumindest das "erstaunlich", evtl. auch das hoch könnte entfallen, hat doch eine Kutsche idR eh eine "erstaunliche Höhe".

>Auf dem Gesicht des Bauern zeichnete sich eine zufriedene Miene ab und Mamsell Giesbert fühlte sich als Dame wahrgenommen.< Wäre da nicht besser "Der Bauer war's zufrieden ...", denn die zufriedene Miene ist ja das Gesicht des Bauern.

>Karl blies wieder sauber ins HornKOMMA als sie Wittich verließen<, da ein Nebensatz eingeleitet wird.

„Vielen Dank, gern“. Besser Ausrufezeichen, aber gleichgültig, welches Satzzeichen gewählt wird, es gehört vors Gänsefüßchen.

> ...“, fragte Eleonore, die das Gesicht ihres Gegenüber immer sympathischer fand.< Ist ein Gegenüber vom Genitiv-s befreit?

>„Alles?“ platzte es aus dem Munde der Mamsell.
„Wie meinen sie Madame?“ , fragte Eleonore erschrocken zurück.< Auch hinter die wörtl. Rede des ersten Satzes ist ein Komma anzubringen.

> ... zögerte Eleonore, sie wußte im Grunde keine zutreffende Antwort zu geben, ...< Doppel-s beim wissen.

>Pflasterstraße< könnte vllt durch gepflasterte Straße ersetzt werden.

>„Darf ich sie, Mademoiselle, in der Poststation zu einem kleinen Glas Wein einladen?“ , fragte Karl-Friedrich.
„Das ist sehr artig, Herr Meißner, wenn es ihnen nichts ausmacht, nehme ich diese Einladung dankend an.“< Hier wären die Pronomen "sie" und "ihnen" großzuschreiben, konnte man früher doch die Höflichkeit in der Anrede förmlich hören.

Mit Sicherheit ließen sich noch mehr kleinere Schnitzer finden, aber derzeit erscheint mir das Folgende viel gravierender: Da wird gejubelt >„Es lebe die königliche, deutsche Post“<, die es niemals gab, schon gar nicht während der Zeit Deiner Geschichte. Deutschland/dt. Reich waren Fiktionen und 1871 dann gleich "kaiserlich". Wenn, dann war's eine "preußisch-königliche", und selbst die gab's nicht. Das Postwesen war total zersplittert und erst 1868 (!) gelang's, im Norddeutschen Bund die Post zu vereinheitlichen.

Der erwähnte Reichsfreiherr von und zum Stein (1757 - 1831) war mit einer Unterbrechung von 1804 bis 1808 Minister im Akzise-, Zoll-, Fabrik- und Handelswesen, also mindestens Steinbrück und Guttenberg in Einem - anders hätte er auch gar nicht seine Reformpolitik beginnen können, aber 1808 fiel er in Ungnade und durfte gehn.

Deine Geschichte müsste also nach dem 9. Juli 1807 spielen, aber eindeutig vor 1809, denn kein Amt wird da mehr nach dem Reformer benannt sein, derart ist er in Ungnade bei den Hohenzollern gefallen, also war für mich das Wahrscheinlichste der Sommer 1807, direkt nach dem vierten Koalitionskrieg. Dann taucht der Name Schinkels auf und es entsteht eine zeitliche Lücke: wurde der doch erst 1810 an der Oberbaudeputation beamtet und gar erst 1815 begann der Bau der Neuen Wache.

Wenn wir alles auf die Zeit des Wiener Kongresses verlegen, müsstestu den Namen Steins "verschweigen", obwohl in der beginnenden Restauration seine Reformen Bestand hatten.

Gern gelesen & nix für ungut + schönes Wochenende

Friedel

*Zur Erklärung ein kleiner Schriftwechsel bis zum 16.07.09
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Friedvolle Grüße

Die Geschichte Postkutschenfahrt wurde, wie Du richtig bemerkt hast, neu eingestellt. Diese neue Version wurde gelöscht, und die dazu geschrieben Kritiken der alten zugefügt. Dabei kann so was schon mal passieren.

Deinen neuen Beitrag** habe ich glöscht, der er Off-Topic war.

Kane


** Zuvor schrieb ich:
Ei der dautz,

wie geriet denn diese Geschichte UNTER/mit NO(rbert)VO(oigt) unter die "unbeantworteten" Themen?, was keine Änderung des Beitrags vom 11. d. M. bedeutet.

Nix für ungut

Friedel

 

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