Was ist neu

Schlechte Nerven

Seniors
Beitritt
12.02.2004
Beiträge
1.233
Zuletzt bearbeitet:

Schlechte Nerven

Vor der Terrasse des Schrebergartenhäuschens zog sich über mehrere Meter ein frisch ausgehobener Graben. Davor standen drei Männer in weißen Hemden mit Krawatte: einer groß und schlank, mit teuren Schuhen. Er hieß Dr. Reinhard Gruber und galt als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge des Direktors des Ziegelwerks in Leonberg, das zu einem international tätigen Baukonzern gehörte. Seit kaum zwei Monaten war er dort als Sekretär des Direktors und Controller tätig. Er verfügte über großartige Referenzen einer amerikanischen Unternehmensberatung und hatte sein Doktoratsstudium mit Auszeichnung absolviert. Er sagte: "Recht tief für ein Blumenbeet, nicht?"

Die anderen beiden waren Martin Petersen, Leiter der Exportabteilung und sein Stellvertreter Ossi Stickler. Martin verkniff das breite Gesicht. Er fand den Anlass für den Besuch der Kollegen eher traurig: Vor wenigen Stunden hatte nämlich der Direktor, ein Sechzigjähriger namens Dr. Viktor Blauensteiner, seinen Rücktritt noch für dieses Jahr angekündigt, um sich, wie er sagte, ein paar Lebensträume zu erfüllen, solange dafür noch Zeit war. Seine beiden Besucher kannte er, seit sie zusammen studiert hatten.

Martin sagte: "Ich bin noch nicht dazu gekommen, die Blumenzwiebeln einzusetzen. In der Firma war diese Woche einfach zuviel los und meine Frau hat nicht viel Sinn für Gartenarbeit."
Ossi fand das witzig. Reinhard verstand nicht, warum und meinte: "Immerhin weißt du ja seit heute, dass man etwas pflanzen muss, wenn man etwas ernten will."
Martins Blick verfinsterte sich.
"Immer mit der Ruhe!", sagte Ossi.

Der Schlüsselbund klimperte einige Male, als Martin die Tür öffnete.
Klick machte der Schalter und eine rustikale Deckenleuchte tauchte den Raum mit Minibar, Hometrainer, einem Computerarbeitsplatz und viel zu vielen Dingen in gelbes Licht.

Martin ging zum Kaminofen: "Ich mache erst einmal Feuer, damit es hier gemütlicher wird. Ossi! Könntest du schon mal den Wein aufmachen?"

Reinhard betrachtete die Fotos an den Holzwänden, als handelte es sich um anatomische Präparate: Sie zeigten Martins zwei Kinder, seine dickliche Frau und ihn selbst in verschiedenen Posen, dazu einen struppigen Hund.

Ossi schenkte in der Kochnische umständlich den Wein, einen Friulano, in drei unterschiedliche Gläser. Zusammenpassende gab es anscheinend nicht.
In dieser Stimmung missglückter Beschaulichkeit sagte Martin: "Erinnert ihr euch noch an die Was-wäre-wenn-Spiele, die wir früher gespielt haben? Ich mochte die Frage, was man mit einer Leiche tun würde. Du findest eine Lösung, denkst ein wenig nach und siehst, dass es doch nicht geht."

Er setzte sich auf das Sofa, nahe am Ofen. Reinhard nahm auf dem Lehnstuhl Platz, sonst Lieblingsplatz von Martins Hund. Vor ihnen stand ein Glastisch mit einer alten Zeitung und den klebrigen Abdrücken von Bechern mit Himbeersaft. Ossi brachte den Wein. Reinhard betrachtete die blassgelbe Flüssigkeit, nahm vorsichtig einen Schluck.

"Heute würde ich sie einfach in einem Loch im Garten verscharren", sagte Martin.
"In so einem wie vor dem Gartenhäuschen?"
"Warum nicht? Ein Loch ist für diesen Zweck so gut wie jedes andere. Nur tief genug muss es sein."

Der Wein schmeckte weder gut noch schlecht. Früher hatten sie Bier getrunken.

Reinhard sagte freundlich: "Das ist Blödsinn! Die Spurensicherung wäre keine zehn Minuten auf deinem Grundstück und würde die Leiche finden. Du machst es dir wieder mal zu leicht, mein Lieber!"

Dann erklärte er, wie die Polizei von Motiven ausging und zuerst bei Leuten mit einem Motiv suchte. Jeder lässt Spuren zurück, bei allem was er tut. Du musst nur genau untersuchen, was die Leute, die ein Motiv haben könnten, vor und nach dem Mord tun und du findest deinen Mörder. Er nahm noch einen Schluck Wein. Der war doch nicht so schlecht: voller Geschmack, dabei weich und leicht bitter. Martin sagte: "Wenn du die Leiche wärst, würden sie wohl zuerst an meine Tür klopfen, nachdem was heute geschehen ist."

Reinhard ignorierte ihn: "Wenn ich daran denke, was für Einfälle wir hatten! Die Leiche mit Salzsäure in der Badewanne auflösen. Das gäbe eine Sauerei und es ist noch nicht mal gesagt, dass es funktioniert. Hahaha!"

Martin sagte: "Inzwischen habe ich begriffen, dass man sich nicht auf die Leiche konzentrieren darf. Das ist falsch. Du musst den Schein wahren, damit die Suche erst gar nicht anfängt."

Die Frage, was das bedeuten sollte, blieb unbeantwortet, weil Ossi Anstalten machte, sich zu verabschieden.
"Wie, du willst schon gehen?"
"Ja. Ich möchte morgen für den Segeltörn ausgeschlafen sein. Also dann! Wir sehen uns am Montag!"

Als Ossi weg war, sagte Martin: "Es ist sicher zehn Jahre her, dass wir uns das letzte Mal allein unterhalten haben."
"Da hast du recht. Und viel hat sich verändert."
"Nur eines ist gleich geblieben: Du bist immer noch ein Arschloch!"
Reinhard zuckte zusammen.
"...Aber morgen ist Freitag und da muss ich dich nicht sehen, weil ich den ganzen Tag genau hier verbringen werde, zusammen mit meiner Familie. Wie fast jeden Freitag. Offiziell werde ich natürlich in der Firma sein und die Besprechung für Montag vorbereiten. Oh, jetzt schaust du blöd! Stechuhren haben den Vorteil, dass jeder sie betätigen kann und das Zeitalter der modernen Telekommunikation hat uns die Rufumleitung geschenkt."

Er erklärte ausführlich, wie es ihm gelungen war, das Zeiterfassungssystem auszutricksen.
Reinhard sagte: "Ich kann das jetzt nicht glauben, dass es dir nicht zu blöd ist, so eine Szene zu machen, bloß weil Du eine Beförderung, die dir überhaupt nicht zustehen würde, nicht bekommst."
"Die mir nicht zustehen würde? Wer entscheidet denn das?"
"Verantwortungsbewusste erwachsene Menschen. Praktisch ist es ja schon entschieden."
Halb flüsternd sagte Martin: "Fünf Jahre lang bin ich jetzt in der Firma. So eine Chance wie diese gibt es höchstens alle zehn Jahre. Und da kommst du daher, frisch von so einer Scheiß Unternehmensberatung, schleimst dich bei der Zentrale ein und schnappst dir einen Job, der mir zusteht. Obwohl du alle Möglichkeiten hättest."
"So ist das im Leben: Man muss nur nett fragen. Meine Güte, Martin! Sieh dich nur an, was für ein kindischer Trottel du bist!"

Martin sog an seiner Unterlippe. Er nahm einen neuen Anlauf: "Und was wäre, wenn ich dich jetzt fragen, oder bitten... Also: Stell dir vor, ich bitte dich, die Stelle nicht anzunehmen."
Kopfschüttelnd, und um das Ganze zu Ende zu bringen, sagte Reinhard: "Mein schlechtes Gewissen hält sich sehr in Grenzen. Wenn diese Geschichte mit den Freitagen stimmt, verdienst du sowieso, mit einem Tritt in den Arsch an die Luft gesetzt zu werden. Aber ich glaube dir nicht. Die Sekretärin in eurer Abteilung, diese Frau Neumaier, die macht einen guten Eindruck. Die würde euch das nicht durchgehen lassen."

"Oh, ja. Die ist eine gute Sekretärin. Aber sie schätzt es auch, wenn wir ihre Abwesenheit an Montagen und Dienstagen decken. Dein Problem ist, dass du die Menschen nicht verstehst. Du weißt nichts über ihre Bedürfnisse und wozu sie fähig sind. Ich zum Beispiel habe über Jahre an einem System gebaut, in dem einige gute Leute ein geruhsames Leben führen und sich mit meiner Hilfe verbessern. Aber jetzt kommst du..."
"Weißt du was? Ich gehe jetzt einfach."
Reinhard machte einen Schritt zur Tür.
Martin sagte: "Ich will dir ja nur begreiflich machen, warum ich dich töten muss."

Reinhard stutzte. Er starrte in das gerötete Gesicht, die fanatischen Augen.
"Mehrere Leute wissen, dass ich hier bin. Ossi hat sogar mitbekommen, wie du angefangen hast, zu stänkern."

"Jaja, der Ossi... "
Dieser Gedanke schien ihm kurz zu denken zu geben, bis er sagte:
"Der konnte dich auch nie leiden."

"Ich gehe jetzt durch diese Tür. Wenn du mich erschießen oder erschlagen willst, musst du es gleich tun."
Martin deutete auf Reinhards Glas Wein: "Wer redet denn von erschießen oder erschlagen? Vergiften war einfacher. Manche Gifte lassen sich schwer nachweisen. Dafür wirken sie nur langsam. Sag: Spürst du es nicht schon?"

Reinhard kam es vor, als ob die Säfte, die überall in seinem Körper pulsierten, sich verlangsamten. Ein Schwindelgefühl und eine plötzliche Wärme. Er glaubte es! Seine Verzweiflung schlug in Wut um: Er griff den Schürhaken vor dem Kaminofen und stolperte auf Martin zu.

Der zog unter einem Sofakissen eine Pistole hervor und höhnte: "Komm nur her! Ich knall dich ab wie einen Hund!"
Er hob die Waffe, zielte...

Reinhard warf sich hinter den Lehnstuhl, stürzte zur Tür. Martin drückte ab: Peng!
Reinhard riss die Tür auf, lief wie ein gehetztes Tier über den Rasen. Martin folgte dem Lauf mit der Pistole und zwei weitere Schüsse hallten durch die Nacht: Peng! Peng!

Sekunden später war Reinhard in der Dunkelheit verschwunden. Nur das Gartentor, das er aufgestoßen hatte, quietschte in den Angeln.
Martin stand noch eine Weile in der Tür. Die Pistole lag in seiner Hand wie ein Fremdkörper. Er atmete einmal tief durch, ging hinein, machte die Tür zu. Das Hemd klebte ihm feucht am Leib.

Er stellte sich vor, was jetzt geschehen würde: Reinhard, der wie ein Irrsinniger herumlief, irgendwo mit zitternden Fingern sein Handy herausholte, die Nummer der Rettung wählte und gleich danach die Nummer der Polizei. Ob er es noch schaffte, den Chef anzurufen?
Dieser Gedanke ließ ein Lächeln über Martins Gesicht huschen.
Möglicherweise würde es eine Untersuchung der Anwesenheitslisten geben. Er stellte sich vor, wie man Frau Neumaier misstrauisch beäugte und ihr die eine oder andere Frage stellte...

Da konnte er sich nicht mehr halten: Er musste lachen!
Die Waffe in seiner Hand? Eine Schreckschusspistole. Er hatte sie gekauft, nachdem sein Fünfjähriger in der Spielwarenabteilung eines großen Kaufhauses unbedingt eines von diesen Dingern aus Plastik haben wollte. Da war ihm die Idee gekommen, dass es für seine Zwecke praktisch sein konnte, eine zu kaufen, die echt aussah und klang. Der durchdringend-peitschenartige Klang war das wichtigste. Jetzt brauchte er sie nicht mehr. Er steckte sie zusammen mit der Munition und einem Ziegelstein in einen Jutesack. Er schlich in den Garten, band den Sack zu, kletterte über den Zaun in den Garten seines Nachbarn Dr. Kröger, versenkte den Sack in Krögers Gartenteich, wo er sich gluckernd in siebzig Zentimeter Tiefe verabschiedete. Das würde fürs erste genügen. In seinem Häuschen gab es nämlich noch eine zweite Pistole: das Plastikding aus dem Kaufhaus. Die legte er auf den Tisch, falls die Polizei unbedingt eine Waffe brauchte.

Als nächstes fiel sein Blick auf die Gläser. In dem von Reinhard war noch ein winziger Rest von dem Wein. Er roch daran, nahm den letzten Schluck. Der Geschmack war herb. Es würde nicht lange dauern und auch er würde müde werden und einschlafen.
Er spülte die Gläser aus. Dann zog er sich aus und ging unter die Dusche. Das Schlafmittel, das Ossi in Reinhards Wein gemixt hatte, dämpfte seine Wahrnehmung: Das Rauschen, die Wasserstrahlen, die auf seinen Körper prasselten. Mit etwas Glück habe ich bis morgen Ruhe. Oder ist es doch besser, wenn sie sofort kommen? Die Polizisten aus dem Revier unten an der Straße.

Er lächelte. Natürlich würde er morgen zur Arbeit gehen und alle Vorwürfe leugnen und natürlich war die Sache mit den arbeitsfreien Freitagen eine Erfindung, der er Nahrung gab, indem er in den letzten beiden Monaten seine Leute dazu gebracht hatte, so oft wie möglich am Freitag frei zu nehmen. Sollte Reinhard nur herumlaufen, Untersuchungen anstellen und alle gegen sich aufbringen! Dazu ein paar Gerüchte würden genügen, um die Zentrale zu überzeugen, dass ihr hochgelobter Kandidat an Wahnvorstellungen litt und als Blauensteiners Nachfolger keinesfalls in Frage kam: Ein fähiger Mann, doch leider mit zu schwachen Nerven!

 

Hallo Berg!

Irgendwie hast Du das mit den Vorabkritiken glaub ich falsch verstanden - es geht darum, Kritiken zu bekommen, bevor man die Geschichten zum Wettbewerb einsendet, nicht um bereits eingesendete Geschichten zu präsentieren. Aber gelesen hab ich sie trotzdem. ;)

Und ich finde, da ist Dir eine ganz fiese Geschichte gelungen! :)
Am Anfang sind die Beschreibungen der drei Männer ein bisschen langgezogen, aber sonst gefällt mir die Geschichte recht gut. Die Beschreibungen, auch die des eigentlichen Konfliktes bezüglich der Nachbesetzung, könntest Du evtl. mehr in die Handlung einbauen, statt sie so voranzustellen. Und da Du sie ohnehin beschreibst, ist es überflüssig, dem Leser zu sagen, daß es sich um recht unterschiedliche Typen handelt.

Auch wenn's Dir für den Wettbewerb nichts mehr bringt, noch ein paar Anmerkungen:

Ossi schenkte im Küchenblock umständlich den Wein, einen Friulano, in drei unterschiedliche Gläser. Anscheinend verfügte dieses Häuschen nicht einmal über drei zusammenpassenden Gläser...
Die drei Punkte würde ich auf alle Fälle durch einen einzigen ersetzen, sie machen es nicht spannender - ich habe mich auch so gefragt, warum das wohl erwähnenswert ist.
"im Küchenblock" klingt irgendwie seltsam, vielleicht durch "in der Kochnische" ersetzen?

Du findest eine Lösung, denkst ein wenig nach und siehst, dass es doch nicht geht..."
Die drei Punkte sind überflüssig; wenn sie aber bleiben, gehört eine Leertaste davor, das gilt auch für die anderen (außer, die drei Punkte ersetzen einen Wortteil).

Du musst nur genau untersuchen, was die Leute mit einem Motiv getan haben, und du findest deinen Mörder.
Klingt irgendwie seltsam, meinst Du nicht vielleicht "welche Leute ein Motiv hätten" oder so?

Reinhard nahm noch einen Schluck Wein: Ein voller Geschmack, dabei weich und zugleich leicht bitter.
Kein ganzer Satz nach dem Doppelpunkt, daher klein weiter, würde allerdings das "Ein" streichen.

"...Aber morgen ist Freitag und da muss ich dich nicht sehen, weil ich den ganzen Tag genau hier verbringen werde, zusammen mit meiner Familie. Wie fast jeden Freitag. Offiziell werde ich natürlich in der Firma sein und die Besprechung für Montag vorbereiten. Oh, jetzt schaust du blöd! Stechuhren haben den Vorteil, dass jeder sie betätigen kann und das Zeitalter der modernen Telekommunikation hat uns die Rufumleitung geschenkt..."
Auch diese drei Punkte (vorn und hinten) finde ich überflüssig.

Da überkam es ihn: Er warf sich auf das Sofa und bekam einen irrsinnigen Lachanfall!
überkam/bekam


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi,

danke für die schnelle Kritik - obwohl es ja nicht eilt, weil der Text längst unterwegs ist. ;) Hätte ich nicht mitgemacht, hätte es mir doch ein wenig leid getan, also habe ich an den letzten beiden Tagen vor Einsendeschluss diesen Text fabriziert.

Deine Anmerkungen habe ich umgesetzt. Perfekt ist es natürlich immer noch nicht. ;) Ich sehe auch, dass es dem Text guttun würde, die Einleitung zu kürzen, oder diese Informationen ganz in die Gespräche einzuflechten.

Danke fürs Lesen und liebe Grüße zurück,

Berg

 

Hallo alle,

bei der Durchsicht meiner alten Texte bin ich auf diesen gestoßen, der vor zweieinhalb Jahren mein Beitrag zum Agatha Christie-Krimiwettbewerb war. Ich fand, es könnte sich lohnen, daran weiterzuarbeiten, habe ihn etwas gekürzt und geglättet (vor allem von überflüssigen Adjektiven befreit) und sim gebeten, ihn aus den Vorab-Kritiken in die Rubrik Spannung/Krimi zu verschieben.

Beste Grüße,

Berg

 

Hey Berg,

ich kenne ja die erste Version nicht, aber die hat was. Die Idee finde ich gut, auch wenn mir es fast zu lang dauerte, bis es dann endlich spannend wurde. Außerdem lieber Berg, ist das hier weibliche Kriegsführung ... hast Du mal über drei Frauen nachgedacht? Die könnten sich da so hübsch anzicken :).

Davor standen drei Männer in weißen Hemden mit Krawatte: einer groß und schlank, mit teuren Schuhen.

Das sind so typische Krimisätze, dass lese ich ständig in dem Genre - da steht einer und dann werden drei Merkmale von Körper und Kleidung an den Leser gebracht. Ich hab schon ne richtige Abneigung dagegen entwickelt ;).

Er sagte: "Recht tief für ein Blumenbeet, nicht?"

:)

Die anderen beiden waren Martin Petersen, Leiter der Exportabteilung und sein Stellvertreter Ossi Stickler, dem eine Föhnfrisur, Bräune und trainierte Muskeln das Aussehen eines Surflehrers verliehen. Martin war kräftig gebaut, hatte ein breites Gesicht und seine Haare lichteten sich schon.

Da, schon wieder!

Es gab auch einen Kaminofen.

So wie der Satz jetzt da steht, wirkt er, wie hinten dran geklebt.

Diese hatte er zusammen mit seinem Fünfjährigen in der Spielwarenabteilung eines großen Kaufhauses entdeckt, sie gekauft, abgeschliffen und lackiert.

Und die klingt auch echt? Ich meine, er schießt drei Mal damit und es hört sich an wie ein richtiger Schuss? Mmmhh.

Wenn jetzt noch die Charaktere durch typische Gesten mehr an den Mann gebracht werden würde, als durch die Farbe ihre Kleidung, da irgendwie mehr Zack und Peng und Tempo aufkommen würde ... ja das wäre doch schön.

Aber eigentlich hab ich sie auch so schon sehr gern gelesen. Doch, hat mir gefallen.

Lieben Gruß Fliege

 

Hey Fliege,

Das sind so typische Krimisätze, dass lese ich ständig in dem Genre - da steht einer und dann werden drei Merkmale von Körper und Kleidung an den Leser gebracht. Ich hab schon ne richtige Abneigung dagegen entwickelt
Daraus kombiniere ich messerscharf, dass Du Krimis liest. Es ist seltsam, wie auch meine Geschichte diesen genretypischen Manierismus übernimmt, obwohl ich schon ewig keine klassischen Krimis mehr gelesen habe. Wie würdest Du das mit der Charakterisierung der Figuren denn angehen?

Der möglicherweise nicht echte Klang der Spielzeugpistole ist so ein Punkt, den ich nochmal überlegen muss. Eine echte Waffe oder eine Schreckschusspistole wirft das Problem auf, sie verschwinden zu lassen.

Aber eigentlich hab ich sie auch so schon sehr gern gelesen. Doch, hat mir gefallen.
Wie war das nochmal mit dem Immer-nett-sein? ;)

Liebe Grüße,

Berg

 

Hallo Mr. Satire!

Er sagte: "Recht tief für ein Blumenbeet, nicht?"

Find ich toll. Da fängt der Spannungsbogen an. Natürlich kann man sich einiges denken, und so kommt es dann auch, wie es in einer gut durchdachten Geschichte kommen muss, nämlich ganz anders.

Der Ton ist sehr nüchtern, erinnert mich an Baldacci, der schreibt streckenweise auch so, fast berichtend, aber mit Details über typischen Berichtsinhalt hinaus gehend. Dann und wann aber auch aus dem Stil ausbrechend, wie du hier:
„Reinhard kam es vor, als ob die Säfte, die überall in seinem Körper pulsierten, sich verlangsamten. Ein Schwindelgefühl und eine plötzliche Wärme. Er glaubte es! Seine Verzweiflung schlug in Wut um:“

Gefällt mir gut, diese Mischung.

Ist ja bereits angesprochen: Das Pistölchen ist problematisch. Nicht nur die Lautstärke.
Bin die Tage nicht dazu gekommen, mir so eine Spielzeugpistole anzuschauen. Kann also nur aus dem Gedächtnis, so von ganz früher, sagen, auch diese haben Metallteile. Der Mechanismus: Abzug, dann irgendeine Rückspannfeder und der Schlagbolzen.

Vielleicht wäre es am besten,du fändest ein sicheres Versteck für die Waffe.


Seine beiden Besucher kannte er, seit sie zusammen studiert hatten.
Ich nehme an, Martin kannte die beiden Besucher. Ist aber verwirrend, weil vorher vom alten Direktor berichtet wird. Ich würd „Martin“ einsetzen oder besser den Satz verschieben, der passt da nicht hin.

Die anderen beiden waren Martin Petersen, Leiter der Exportabteilung und sein Stellvertreter Ossi Stickler, dem eine Föhnfrisur, Bräune und trainierte Muskeln das Aussehen eines Surflehrers verliehen. Martin war kräftig gebaut, hatte ein breites Gesicht und seine Haare lichteten sich schon.
Ich kann mir den Martin nicht recht vorstellen. Das ist zu kompliziert, lichte Haare, aber Föhnfrisur; trainierte Muskeln, aber kräftig gebaut. Verwirrend ist auch dieses Durcheinander: Frisur – Körper – Körper – Gesicht – und wieder Haare.
Und: Wo hast du so einen Surflehrer gesehen? Im Altersheim? Surflehrer sind typischer Weise schlank und durchtrainiert, und eine Föhnfrisur macht wenig Sinn, wenn man berufsbedingt ständig ins Wasser plumpst.

Vor wenigen Stunden hatte nämlich der Direktor, ein braungebrannter Sechzigjähriger namens Dr. Viktor
Da er nicht in Erscheinung tritt, kann das raus. Evtl. „ein müde gewordener sechzigjähriger Choleriker“ oder so, oder einfach nur sechzigjähriger Direktor.

"Ich bin noch nicht dazu gekommen, die Blumenzwiebeln einzusetzen.
Hebt man für ein Zwiebelblumenbeet so viel Erde aus? Ich meine, da sticht man mit einem Zwiebelpflanzer zylindrische Löcher in die Erde.

Klick machte der Schalter und eine rustikale Deckenleuchte tauchte den Raum mit Minibar, Hometrainer, einem Computerarbeitsplatz und viel zu vielen Dingen, die überall herumlagen, in gelbes Licht. Es gab auch einen Kaminofen.
„Klick machte der Schalter“ und „viel zu“ kann raus.
Kaminofen ist wichtig, könnte aber eleganter eingebunden werden. Etwa im nächsten Absatz: Martin ging zum Kaminofen. „Ich mache erst einmal Feuer, …“

wurde die Stimmung gleichzeitig feindseliger und intimer
Ich weiß nicht, ob dieser Vorgriff Not tut. Schock den Leser doch so wie Martin den Reinhard.

Er hob die Waffe, zielte langsam...
Ich würds umdrehen. Er hob langsam die Waffe und zielte … Oder „langsam“ weglassen, denn R. stolpert auf M. zu, und der Raum ist nicht groß. Vielleicht ein bisschen Tempo rein bringen: Er hob blitzschnell die Waffe und zielte … Denn es geht ja flott weiter: „Reinhard warf sich hinter den Lehnstuhl, stürzte zur Tür.“

Außer die Polizei will mich heute noch besuchen.
Das sollte sie, denn sonst funktioniert sein Plan nicht.

Gern gelesen!

Liebe Grüße

Asterix

 
Zuletzt bearbeitet:

Mallo Mr. Multi-Moderator,

danke für die Anmerkungen, wo die Geschichte noch sanierungsbedürftig ist. Wird umgehend korrigiert. ;) Die Charakterisierung der Protagonisten, die ja Fliege schon angesprochen hat, ist anspruchsvoller als ich gedacht hätte. Werde mal, wenn ich den nächsten Roman lese, die Augen offen halten, wie gute Autoren das machen. Was die Pistole betrifft: Ein Versteck bringt immer das Risiko mit sich, gefunden werden zu können. Die muss verschwinden.

Update: 13. 11.: Jetzt ist die Sache mit der Pistole hoffentlich plausibler. ;)

Jedenfalls danke fürs Lesen!

Berg

 

Asterix an Berg: Hallo? Bist du da?

Hatte gestern erst dein Update entdeckt, weil ich dir empfehlen wollte, die Schreckschusspistole in Nachbars Regentonne zu versenken.
He, he, nun ruht sie in Nachbars Gartenteich. Da lagen wir auf gleicher Wellenlänge.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Spielzeugpistole auf dem Tisch liegen muss. Warum soll die Polizei eine Waffe finden? Martins Grundgedanken, Reinhard als komplett verwirrt hinzustellen, würde dieser Fund entgegen wirken.
Einziger Vorteil: Die Polizei sucht vielleicht nicht weiter. Aber nur vielleicht, vielleicht sehen die Polizisten die Spielzeugpistole als das, was sie ist, eine Finte.
Ich meine, soweit über die Geschichte hinaus denken brauchst du in diesem Fall nicht. Das kannst du dem Leser überlassen, denn es gibt einfach zu viele Möglichkeiten.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo Berg!

Mir hat die Geschichte ziemlich gut gefallen. Der Schreibstil ist verständlich und nüchtern und es baut sich Spannung auf, die mit einem schönen Dreh am Schluß aufgelöst wird. Sehr schön. Bin kein Krimileser, aber ich mag Spannung.
Ein Stirnrunzeln kam bei mir auf, als Ossi, der zuvor den Wein eingeschenkt hat, sich auf den Nachhauseweg macht, bevor er sich irgendwie am Gespräch beteiligt hat. Wäre mir jedenfalls seltsam vorgekommen ...aber gut. Das ist ja nur eine Kleinigkeit, die ich etwas unpassend finde.

Ansonsten hat mich das Ende überrascht, weil du geschickte Andeuungen gemacht hast, dass er iohn tatsächlich um die Ecke bringen wird (das mit dem Loch etc.) Dass er es dann nicht tut und trotzdem sein Ziel erreichen wird, finde ich noch viel besser.

Gruß
Jan

 

Hallo Asterix & herrlollek,

beim nächsten Polieren an dieser Geschichte werde ich die Spielzeugpistole im Schrank lassen, falls die Polizei nach einer Waffe sucht. Von all meinen Geschichten hier habe ich an dieser am meisten überarbeitet und das Überarbeiten hat beinahe soviel Spaß wie das Schreiben gemacht, was es sonst nicht tut. Vielleicht sollte ich also öfter Krimis schreiben. ;)

@herrlollek: Wenn Ossi geblieben wäre, wäre es Martin schwerer gefallen, seinem Konkurrenten Reinhard Angst einzujagen. Deshalb ließ ich ihn früh vom Schauplatz verschwinden.

Freundliche Grüße,

Berg

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom