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Stille Nacht

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10.08.2018
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Stille Nacht

Ich kenne ein Viertel, in dem gibt es vor jedem Geschäft blaues Licht, damit Süchtige ihre Venen nicht mehr finden. Hier drinnen gab es die schwächste Lampe der Welt, damit Jugendliche aus dem Schulorchester ihre Noten nicht lesen konnten. Üben sollten wir woanders, dafür gab es im Gebäude schalldichte Räume. Der Nachteil war, dass in denen mehr los war – und man wollte ja unter sich sein.

In den letzten Jahren häuften sich die Baustellen an dieser Schule. Überall, von Mensa bis Pausenraum, gab es Absperrungen. Teilweise waren bestimmte Flure und Aufzüge außer Betrieb, Umwege und Ärger mit dem Lehrer somit vorprogrammiert. Selbst im Eingangsbereich fehlte der Platz für einen Tannenbaum. Doch im Musikraum stand die Zeit still.

Sorgfältig in Regale verfrachtet lagen dutzende Koffer herum, viele davon offen. Vereinzelt blinzelten mir schwarze und goldene Mundstücke zu. Dicke und schlanke Korpusse schlummerten in ihren perfekt auf sie zugeschnittenen Betten aus rotem Samt, während ein paar Gurte schlaff heraushingen, als hätten sie nach dutzenden Fluchtversuchen endgültig den Geist aufgegeben.

Mit meinem Koffer in der Hand wartete ich auf den Rest des Orchesters, allmählich wurde mein Arm steif. Ich war viel zu früh da – wie immer. Das hatte nichts mit Pünktlichkeit oder Strebertum zu tun, ich hatte es einfach nicht so mit Uhrzeiten. Es war die Paranoia, die mich aus der Wohnung scheuchte und vor jedem Termin zittern ließ. Das Scharnier klickte, ich holte mein Instrument aus dem Koffer. Aufgrund seiner Form habe ich mich damals für ein Saxophon entschieden. Bekommen habe ich eines der Sopransaxophone. Blöd nur, dass die aussehen wie Klarinetten.

„Hier dürft ihr nicht rein, der Raum ist nur für Musiker!“, hörte ich eine Stimme herannahen. Es war Pascal, ein Mitschüler. Hastig drängelte er an mir vorbei, während seine Verfolger ihr übriges Gift absonderten. Sie machten kehrt, als sie mich sahen.
„Was geht, Pascal? Alles klar?“, fragte ich mit gesenkter Stimme.
„Hallo.“
„Was wollten die schon wieder von dir?“
Ein zaghaftes Kopfschütteln bekam ich zur Antwort.
„Frau Janning!“, brach es plötzlich ihm Pascal heraus, als unsere Musiklehrerin um die Ecke bog.
„Ich habe ganz viel geübt, ich kann jedes Stück“, sagte er.
„Schön, Pascal“, entgegnete sie.
„Und meine Mutter hilft am Konzerttag gerne beim Transport mit, soll ich ausrichten."
"Das ist aber nett", sagte Frau Janning und schloss das Lehrerzimmer im Musikbereich auf. Pascal trat einen Schritt herein.
„Wie wärs, Pascal, wenn du dein Instrument schon mal aufbauen würdest?" Lächelnd reichte sie ihm ein Schlüsselbund.
„Aber später zurückgeben, ja?"

„Nussknacker, der Marsch!“, rief Frau Janning und sah dabei zu, wie wir in Reih und Glied dasaßen und die Noten aufschlugen. Diese hatte ohrenscheinlich nicht Musik, sondern Lautmalerei studiert. Kaum hatte das Lied begonnen, winkte sie ab und wollte wissen, ob wir Saxophone eher wie „Pfwha“ oder „Thw, thw“ pusteten.
„Thw, thw, Frau Janning!“, klärte Pascal auf.
Sie nickte, hob den Taktstock, zählte an. Das Orchester spielte, erneut winkte sie ab, rief: „Trompeten, pianissimo! Leise!“ Der Junge ganz hinten an der Tuba lachte. Der nächste Anlauf glückte, im letzten Drittel hieß es:
„Okay, können wir, können wir.“ Sie griff zur Partitur und rief: „Little Drummer Boy!“
Sie konnte das „The“ nicht aussprechen, ließ es daher gerne weg. Das war schon damals bei „The Entertainer“ von Scott Joplin so und fand seinen Höhepunkt in „The Good, The Bad and The Ugly“ von Ennio Morricone. Eine Handvoll durchschnittlich gespielter Weihnachtslieder später läutete die Schulglocke, wir bauten ab. „Das war‘s! Wir sehen uns morgen, 10:30 Uhr!“

In der Bahn pulte ich das Preisschild von meinem Koffer. 1100 Euro. Ganz schön viel, dachte ich. Als Frau Janning mir damals das Sopransaxophon überreichte, tat sie das mit einem schlecht ausgeführten Zwinkern. Das war viel komischer, als es cool war. Sie wollte sagen, dass sie mir vertraute. Oder: „Guck, wie lässig ich mit haufenweise Geld umgehe!“ Ein bisschen von beidem, vermutlich. Außerdem: Die ließen die Preisschilder doch nur dran, damit die Schüler besser auf ihre Instrumente aufpassten. Ich sah aus dem Fenster. Draußen lag Schnee. Allmählich zogen mehr und mehr Plattenbauten und Reihenhäuser an mir vorbei. Der Weihnachtsschmuck wurde mit jeder Haltestelle spärlicher. Bald zu Hause.

Ich aß, was übrig geblieben war und verschwand in mein Zimmer. Meine Eltern arbeiteten noch. Das passte mir gut. Ich legte meinen Koffer aufs Bett und öffnete ihn. Das Instrument war schnell aufgebaut. Ich fing an, zu spielen: F, hohes F, hohes F, C, B, hohes F, hohes C, Gis, hohes F – Thrift Shop, die coolen Töne aus dem Background. Die gehörten eigentlich mehrfach wiederholt. Mein Handy vibrierte.
„Hallo? Ich bin es. Pascal.“
Der schon wieder.
„Was geht?“, fragte ich.
„Du erscheinst morgen, nicht wahr? Bei dir kann man sich nicht sicher sein, denke ich.“
Das beleidigte mich, wo Musik doch das einzige Fach war, was mir Spaß machte.
„Klar, wird ja diesmal benotet. Haste Angst, das einzige Sopransaxophon zu sein oder wie?“
Stille. Ich habe vergessen, wie sensibel er war.
„Nein“, sagte er langgezogen, „aber Frau Janning braucht einen Vergleich, wenn sie sehen will, wie gut ich bin.“
„Ich werd kommen, Spinner“, sagte ich unbeteiligt und wollte gerade auflegen – da tat er es schon.

Das Blättchen an seinem Mundstück war so hochwertig, so weiß, es blendete mich fast. Aufrecht wie nie saß Pascal mit seinem Instrument in den Händen da und sah zu Frau Janning auf. Vermutlich kam er eines Tages mit blutigen Lippen nach Hause und gab seinem Holzblättchen die Schuld. Die splitterten in Wahrheit zwar nicht, seine Eltern aber hätten bereitwillig jede Lüge geschluckt. Welches Perfektionistenpärchen wollte sich schon eingestehen, dass ihr einziges Kind Probleme mit seinen Mitschülern hatte? Nachdem die beiden Posaunen benotet wurden, waren wir dran. „Saxophone, 74 mit Auftakt!“

Ich hatte die zweite Stimme, zusammen mit den anderen Saxophonen entstand ein schöner – wie hieß das noch? Akkord oder so. Dreiklang? Ach, was weiß ich. Ton für Ton glitten meine Finger über die Klappen. Vor ein paar Jahren achtete ich noch darauf, die richtigen Töne zu erwischen. Inzwischen gab ich mich dem Klang meines Instruments hin. Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Falsche Töne, vereinzeltes Quietschen. War ich das? Ich schielte zur Seite. Pascal lief rot an. Fast unmerklich setzte ich ab.
„Dis, nicht D“, flüsterte ich.
Einige der jüngeren Schüler hielten sich die Ohren zu. Einer trug ein kurzes „Buh!“ zur knisternden Atmosphäre bei.
Frau Janning runzelte die Stirn.
„Danke. Einmal nur die Sopransaxophone, bitte.“ Sie zählte an, Pascal und ich fingen an zu spielen. „O Holy Night“, mein liebstes Weihnachtslied. Doch klang wieder einiges nicht, wie es sollte. Mit jedem Griff, jedem Atemzug fühlte ich mich schlechter damit, keine Fehler zu machen. Ich spürte die Blicke auf meiner Haut, während meine Augen zwischen den Noten und Pascals feurigem Schädel hin- und herflackerten. Wir näherten uns dem Refrain. Plötzlich legte er sein Instrument auf die Schenkel, hielt seine gefalteten Hände vor die Stirn, die Daumen dabei seinen Kiefer umfassend.
„Pascal kneift!“, tuschelte jemand seinem Sitznachbarn zu. "Ausgerechnet der!"
Es fühlte sich nicht richtig an, die zweite Stimme ganz ohne den Rest zu spielen. Ich sah kurz zu Frau Janning, sie verzog keine Miene, also spielte ich weiter. Meine Augen lachten. Ich dachte an die Parodie des Liedes aus South Park, in der Cartman den Text vergisst und stattdessen auf bewegende Weise davon singt, wie er – Jesus sei Dank! – jährlich Geschenke bekommt.
„Danke“, unterbrach Frau Janning. „Ihr wisst selbst, wer von euch beiden geübt hat und wer nicht und dass sich das dementsprechend auf eure Noten auswirkt.“ Das hat sie aber diskret ausgedrückt, dachte ich, dann aber fügte sie hinzu: „Pascal. Das Konzert ist schon diesen Freitag und ich bin mir nicht sicher, ob du daran teilnehmen wirst.“
Keine Antwort.

Zu Hause erhielt ich einen Anruf, eine aufgekratzte Stimme drang an mein Ohr. Es war – na wer wohl?
„Hallo. Deine Familie und du, ihr habt kein Geld oder?“
„Bist du bescheuert? Was soll das?", blaffte ich ihn an.
„Ich habe den Schlüssel für den Musiksaal.“
„Was willst du? Probesessions nachholen?“
„Der Musiksaal knüpft an den Raum mit den Instrumenten an“, sagte Pascal.
„Na und?“
„Wollen wir was mitgehen lassen?“, fragte er.
„Willst du mich verarschen?“
„Nein!“
„Du bist doch nur sauer, weil die Janning dich hat absaufen lassen", sagte ich.
„Also, bist du dabei?“
„Nö.“
Ich legte auf.

Der wird es schon dabei belassen, dachte ich. Doch was, wenn nicht? Schon seit Ewigkeiten machten sich die anderen über ihn lustig, schikanierten ihn, wurden gewalttätig. Pascal kannte das also. Die meisten Lehrer drückten regelmäßig das eine oder andere Auge zu. Doch Frau Janning tat mehr. Die beschützte ihn, wo sie nur konnte. Heute aber war ihre Enttäuschung so groß gewesen, dass sie geschwiegen hatte. Vielleicht war sie inzwischen auch einfach genervt von ihm, wer weiß? Ich warf mich auf mein Bett, schloss die Augen.

Um diese Zeit stritt das arabische Ehepaar von oben, kreischten Kinder um die Wette und wenn nicht, näherte sich ein überlautes Gefährt und ließ die Nachbarschaft hellwach werden und das nur, um anschließend wieder kehrt zu machen und in die Nacht zu entschwinden. Doch heute war es ungewöhnlich still, ich genoss die schüchternen Laute, die sich allmählich auf die freie Bühne wagten und ihre Soli zirpten, klirrten und fauchten. Wer genau hinhörte, konnte Goethe vernehmen, wie er sich unbemerkt in seinem Grabe umdrehte, nachdem meine Kitschgedanken zu ihm herübergeweht waren.

In dem Irrgarten des Umbaus, welcher sich Gesamtschule schimpfte, stapfte ich gemächlich den Flur Richtung Musikbereich entlang. Natürlich war ich wieder zu früh, doch anstatt am Zielort blöde herumzustehen, ließ ich mir mit dem Gehen einfach Zeit. Aktives Warten. Draußen war es noch zappenduster und dementsprechend still. Das ist doch eigentlich Unsinn, dachte ich. Vor dem Konzert am Freitag gab es keine Proben mehr. Was machte ich dann hier? Gerade wollte ich umdrehen, da betäubte etwas mein Ohr. Mit zugekniffenen Augen warf ich mich auf den glatten Boden. Die Stille wich einem unerhört lauten Piepen. Vorsichtig hob ich den Kopf. Ein Junge rannte an mir vorbei, beachtete mich nicht, knallte gegen die Wand, fiel um wie ein Sack Kartoffeln. Reglos blieb er liegen, ich tat Gegenteiliges, richtete mich schlagartig auf und stürzte auf die Jungstoilette zu. Meine Lunge verlangte nach mehr Luft, als meine Schnappatmungen zuließen. Eine der Klotüren war abgeschlossen. Mein Herz setzte aus.

„Wer ist da?“, fragte ich und erschrak durch den Klang meiner eigenen Stimme. Das Schloss ging lautstark auf, ein Gesicht lugte hervor.
„Pascal! Was passiert hier?“
„Wir laufen Amok“, antwortete er und knallte die Tür wieder zu.
Ich schlug dagegen.
„Hey!", rief ich verärgert, gab dann aber nach und verließ ihn wieder.
Ein Schuss fiel, hallte wie ein Donnerschlag durch die Flure, kam Richtung Eingangshalle, ließ mich in den Musikbereich flüchten. Meine Knie schmerzten, die Beine wollten nicht mehr, trotzdem rannte ich weiter. In den Raum für die Instrumente wollte ich. Abgeschlossen. Reflexartig griff ich mir in die Taschen, holte ein Schlüsselbund hervor, öffnete die Tür.

„Was geht denn hier ab?“, flüsterte ich.
Mit aufgerissenen Augen starrte ich auf jemandes Rücken. Es war Pascal.
„Wie bist du so schnell hierhergekommen?“ Er ignorierte mich, hatte besseres zu tun. Erst fummelte er an einem der Koffer herum, dann erhob er sich, hielt in den Händen ein Gewehr, schulterte es und stolzierte wie ein Zinnsoldat an mir vorbei.
„Wo willst du hin?“, brüllte ich. Wie die besorgte rechte Hand eines tyrannischen Herrschers lief ich ihm hinterher, spielte dabei nervös mit den Fingern. Ich biss die Zähne zusammen und hielt mir die Ohren zu, als Pascal erst einen und dann einen weiteren herrannahenden Jungen erschoss.
„Hier dürft ihr nicht rein“, sagte er, „hier ist nur für Musiker.“
Er betrat einen der Übungsräume.
„Komm her“, sagte er. „Man kann uns hier drinnen nicht hören.“

Ich gab nun endgültig nach, folgte ihm in den Raum. Dunkel war es hier. Jemand war an einen Stuhl festgebunden. Es war Frau Janning. Mit ruhiger Hand schloss ich die Tür und machte einen Schritt auf sie zu. Langsam hob ich das Gewehr. Ich hob das Gewehr. Ich zielte auf diesen Kopf, der wie der Zeiger eines Metronoms hin- und herpendelte. Dann drückte ich ab. Frau Jannings Körper verlor nun vollständig an Spannung, sah ruhig aus, friedlich fast. Als wäre sie bloß eingeschlafen. Ich klopfte mir mit der linken Hand auf die Schulter.
„Das haben wir gut gemacht“, flüsterte ich. Auf dem filzigen Teppichboden breitete sich eine blutige Pfütze. Für einen Moment lang meinte ich mein wahres Gesicht in ihr zu erkennen. Dann wachte ich auf.

 

Hej N.Ostrich,

ich kann erstmal bestätigen, dass (bis auf den ersten Satz, der thematisch nichts mit dem Rest zu tun hat, ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren) ziemlich klar ist, wo Deine Geschichte spielt. Positiv aufgefallen ist mir tatsächlich, dass Dein Erzähler jetzt Schüler ist und nicht irgendein dubioser Mitspieler. Das ist eindeutiger.

Ich hab einfach mal beim Lesen und nochmal Lesen mitgeschrieben, wieder rausgenommen, dazugeschrieben ...

Ich kenne ein Viertel, in dem gibt es vor jedem Geschäft blaues Licht, damit Süchtige ihre Venen nicht mehr finden.
Geht mir wie NGK, würd ich streichen. Führt auf eine falsche Fährte.
By the way: Welchen Sinn macht es, dass man bei einer Probe die Noten nicht lesen kann? Üben woanders hin oder her. Oder soll das die Baustellensituation beschreiben? Wenn ja, dann wird das nicht deutlich, es klingt als wäre das schwache Licht gewollt und das wär einfach Blödsinn.

Selbst im Eingangsbereich fehlte der Platz für einen Tannenbaum
Besser ohne "Selbst".

Sorgfältig in Regale verfrachtet lagen dutzende Koffer herum, viele davon offen. Vereinzelt blinzelten mir schwarze und goldene Mundstücke zu. Dicke und schlanke Korpusse schlummerten in ihren perfekt auf sie zugeschnittenen Betten aus rotem Samt, während ein paar Gurte schlaff heraushingen, als hätten sie nach dutzenden Fluchtversuchen endgültig den Geist aufgegeben.
Schönes Bild, aber unrealistisch. Wer lässt die Koffer malerisch offen, wenn kein Geld für Instrumente da ist und man die pflegen muss, die man hat. Überhaupt, kofferweise Instrumente ... warum benutzt die niemand, welche Schule kann es sich leisten, die einfach so herumliegen zu lassen? Das würde besser in Dein Traumszenario am Ende passen.

Mit meinem Koffer in der Hand wartete ich auf den Rest des Orchesters, allmählich wurde mein Arm steif. Ich war viel zu früh da – wie immer. Das hatte nichts mit Pünktlichkeit oder Strebertum zu tun, ich hatte es einfach nicht so mit Uhrzeiten. Ein Stück weit war es Paranoia, die mich aus der Wohnung scheuchte und vor jedem Termin zittern ließ.
Du beschreibst jemanden, der nicht auf die Idee kommt, einen Koffer abzustellen, der "es nicht so mit der Uhrzeit hat" und obendrein noch Wohnungs-Paranoia. Das klingt nach einer Persönlichkeit, von der ich mir gut vorstellen kann, dass sie von anderen als eigenartig wahrgenommen wird und gepiesackt wird. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Du so Pascal beschreibst. Es wundert mich halt, dass es Dein Erzähler ist.

Bekommen habe ich eines der Sopransaxophone. Blöd nur, dass die aussehen wie Klarinetten.
Treffender und trotzdem pingelig, weil er das Instrument umsonst bekommen hat, wäre: Dass sie dieselbe Form haben wie Klarinetten. Dass Laien sie für Klarinetten halten könnten.

Es war Pascal, ein Mitschüler.
Wird auch so deutlich.
Warum hören die auf Pascal, solange kein Lehrer da ist?
Warum machen sie kehrt, was für eine Autorität hat Dein Erzähler da?
Was bedeutet "übriges Gift" und warum nicht überhaupt zeigen, was sie genau sagen oder tun?

Lächelnd reichte sie ihm ein Schlüsselbund.
Wozu?

„Nussknacker, der Marsch!“, rief Frau Janning und sah dabei zu, wie wir in Reih und Glied dasaßen und die Noten aufschlugen. Diese hatte ohrenscheinlich nicht Musik, sondern Lautmalerei studiert.
Fettmarkiertes: Sitzen die nicht schon bevor Frau Janning das sagt in Reih und Glied und würde sie deswegen nicht eher nur darauf warten, bis alle die Noten aufgeschlagen haben?
Kursiv: Wozu Frau Jannings hier so merkwürdig betonen? Natürlich ist nichts daran falsch, aber es scheint mir nicht zum sonstigen Stil zu passen.

Ich aß, was übrig geblieben war
übrig wovon?

Du erscheinst morgen
klingt mir sehr gestelzt

wo Musik doch das einzige Fach war, was mir Spaß machte.
Was mich erstaunt, weil ich bisher von anderen Fächern nichts gehört habe und es ist, als wäre Musik sein einziges Fach. Auch, weil der Spaß an der Musik für mich bisher nicht gezeigt wurde ... ich les jetzt nochmal von vorne, unter dem Spaß-Aspekt ... hm ... bis auf die Tatsache, dass er freiwillig zu Hause übt, kommt er mir mit seiner Musik nirgends spaßig engagiert vor.

Vermutlich kam er eines Tages mit blutigen Lippen nach Hause und gab seinem Holzblättchen die Schuld. Die splitterten in Wahrheit zwar nicht,
Das finde ich umständlich verpackt. Weil Du zuerst das Augenmerk auf das Blättchen richtest. Weil von Schuld geben die Rede ist, anstatt von einer Ausrede. Weil die Formulierung "eines Tages" suggeriert, dass es bisher noch nicht passiert ist, was mich fragen lässt, warum Dein Erzähler in Bezug auf Pascals mögliche Verletzungen in naher oder ferner Zukunft so vorprescht.

wie hieß das noch? Akkord oder so. Dreiklang?
Seltsam nicht nur, dass er jahrelang spielt und den Unterschied nicht kennt, sondern auch, dass es ihm scheinbar egal ist, er sich aber doch um den korrekten Begrifft bemüht - und es dann wieder sein lässt. Das ist eben diese schlaffe Müdigkeit, die er seinem Instrument und Musik im Allgemeinen gegenüber zu haben scheint und die mir nicht nach Spaß klingt.

„O Holy Night“, mein liebstes Weihnachtslied.
Hier habe ich den Eindruck, er hat festgelegt, was gespielt wird, weil vorher nicht erwähnt wird, welches Lied geprobt wird.

Meine Augen lachten. Ich dachte an die Parodie des Liedes aus South Park, in der Cartman den Text vergisst und stattdessen auf bewegende Weise davon singt, wie er – Jesus sei Dank! – jährlich Geschenke bekommt.
Ich verstehe Deinen Erzähler hier nicht. Er fühlt sich mies, weil er ohne es zu wollen demonstriert, wie schlecht Pascal spielt und dann lachen seien Augen?
Die Szene aus South-Park oder die Lied-Parodie kenne ich nicht. Mir bleibt da ein Rätsel, was das alles mit Deiner Geschichte zu tun hat.

Keine Antwort.
Wenn Du den Satz weg lässt, hat Pascal auch keine Antwort gegeben, ohne dass Du das extra sagen musst.

Pascal kannte das also. Die meisten Lehrer drückten regelmäßig das ein oder andere Auge zu.
Ich verstehe hier nicht, was mit dem gemeint ist, was Pascal kennt. Die Gewalttätigkeit macht ihm offensichtlich immer noch etwas aus.
Und meint "ein Auge zu drücken", dass sie seine schlechten Leistungen tolerieren? Wenn ja, warum schreibst Du es nicht?

Die beschützte ihn, wo sie nur konnte.
Wie macht sie das, wenn Pascal z.B. in den Pausen geärgert wird? Wie sieht das konkret aus?

Heute aber war ihre Enttäuschung so groß gewesen, dass sie geschwiegen hatte.
Sie hat doch aber nur nicht geschwiegen, sondern deutlich gesagt, dass Pascal nicht geübt hat und damit nicht nur nicht beschützt, sondern null Verständnis gehabt.

die schüchternen Laute, die sich allmählich auf die freie Bühne wagten und ihre Soli zirpten, klirrten und fauchten.
Und die schüchternen Laute kommen von wem oder was?

konnte Goethe vernehmen, wie er sich unbemerkt in seinem Grabe umdrehte, nachdem meine Kitschgedanken zu ihm herübergeweht waren.
Soll mir das sagen, dass die Geschichte in Weimar spielt? Hier endet der reale Teil der Geschichte ("Dann wachte ich auf." zähle ich jetzt mal nicht dazu, weil das kaum noch Handlung ist, sondern nur verdeutlicht, dass alles davor nicht real war). Ich find das führt schon sehr weg, von der Thematik, die sich mit Pascal und diese Vorspiel-Situation ergeben hat. Ist Dir das wirklich so wichtig?

Draußen war es noch zappenduster
Welche Tages- oder Nachtzeit haben wir denn? Ich fühle mich da orientierungslos.

Das ist doch eigentlich Unsinn, dachte ich. Vor dem Konzert am Freitag gab es keine Proben mehr. Was machte ich dann hier?
Wenn es keine weiteren Proben mehr gibt, würde es da nicht Sinn machen, zumindest diese Probe noch mitzunehmen?

Gerade wollte ich umdrehen, da betäubte etwas mein Ohr. Mit zugekniffenen Augen warf ich mich auf den glatten Boden.
Ich verstehe im Nachhinein, was Du hier willst, aber es funktioniert nicht so gut. Dein Erzähler oder dessen imaginärer Körper mag verstehen, was passiert, ohne dass es dazu Worte gibt, aber ich als Leserin verstehe es erstmal gar nicht. Warum lässt Du den Schuss weg?

Reglos blieb er liegen, ich tat Gegenteiliges, richtete mich schlagartig auf
Würd ich streichen, weil diese gezierte Sprache überhaupt nicht der Situation entspricht.

Die Beschreibungen der Traumsequenz haben mir gefallen, ich fand die stimmiger als vieles was die Realität deiner Geschichte beschreibt. Trotzdem finde ich sie als Schluss unbefriedigend. Der Traum verdeutlicht gut, wie das Unterbewusstsein des Erzählers Pascal und dessen Situation und das Verhalten von Frau Janning bewertet. Aber dann wacht er auf und - das war's.

Du hast in meinen Augen schon mehr Struktur in die Handlung gebracht, aber durch den Traum am Ende im Grunde weniger Handlung als in der ersten Version.
Immer noch uneindeutig finde ich, welches Verhältnis Pascal und Dein Erzähler zueinander haben, was ihr jeweiliges Verhalten dem anderen gegenüber antreibt und rechtfertigt. Das hängt für mich noch in der Luft.
Vielleicht hast Du ja noch ein bisschen Puste übrig und feilst weiter.

Gruß
Ane

 

Hallo N. Ostrich, der Text hat einige Probleme, sowohl im mikroskopischen als auch im makroskopischen Bereich, sozusagen. Doch erst mal das Positive. Ich finde viele Passagen gelungen, originell beschrieben, lebhaft und anschaulich. Das ist gut und macht beim Lesen Spaß. Trotzdem zeigt sich insgesamt, wie schwierig es ist, einen Text über die ganze Länge befriedigend zu gestalten.

Das Hauptproblem scheint mir zu sein, dass Du zwar ein Thema (Mobbing) und ein Szenario (der wenig wahrgenommene und wenig geschätzte Schüler Pascal) hast, aber Du weißt nicht, wie Du dieses Szenario auflösen sollst. Ich habe gesehen, dass Du den Text ein paar Mal umgeschrieben hast. Ich weiß, wie mühevoll das ist. Doch das aktuelle Resultat ist noch dürftig, finde ich.

Die abrupte Wende im Lauf der Ereignisse (der Amoklauf) ist wenig überzeugend, denn Mobbing allein führt nicht zum Amoklauf und andere Faktoren wurden bisher nicht genannt. Auch wenn sich schließlich herausstellt, dass es nur ein Traum ist, macht das die Sache nicht besser. Träume sind stets eine schlechte Wahl, wenn sie als Rechtfertigung für zentrale Überraschungen dienen. Ich verwende Träume auch ab und zu in meinen Geschichten, aber nicht als Auflösung eines zentralen Rätsels.

So wie es jetzt da steht, sieht man, dass ein realer Amoklauf zu unglaubwürdig gewesen wäre. Deshalb wählt der Autor die abgeschwächte Variante des Traums. Das ist aber kaum glaubhafter, denn solche erkenntnisträchtigen Träume, der Marke »Achtung! Hier spricht das Unbewusste!« sind in Wirklichkeit äußerst selten.

Natürlich ist es schwierig, ein anderes Finale einfach so zu erfinden, wenn man entdeckt hat, dass das gewählte Finale nicht überzeugt. Trotzdem würde ich es hier empfehlen, denn so wie es jetzt ist, scheint es wirklich nur eine Notlösung zu sein.

Gruß Achillus

 

Moin, moin Niklas!
Voll im Stress oder gerade ein wenig untermotiviert? Ich könnte es nachvollziehen, mir geht es mit meiner Geschichte jedenfalls gerade so, viele tolle Tipps, aber die zündende Idee ... Also ein nicht böse, das ich jetzt auch noch einen Komm reinschiebe, Du weißt, ich habe bei Dir ein chronisch schlechtes Gewissen (aber nur ein kleines :Pfeif:) und muss das jetzt mal endlich schaffen.
Und für meinen Geschmack, hat sich schon richtig viel getan in der "Koffer-Geschichte"

Ich kenne ein Viertel, in dem gibt es vor jedem Geschäft blaues Licht, damit Süchtige ihre Venen nicht mehr finden.
Ich würde das als spannenden Einstiegssatz empfinden, allerdings in eine ganz andere Geschichte. Hier ist es mehr ein Fragezeichen am Ende der Geschichte.

Hier drinnen gab es die schwächste Lampe der Welt, damit Jugendliche aus dem Schulorchester ihre Noten nicht lesen konnten. Üben sollten wir woanders, dafür gab es im Gebäude schalldichte Räume. Der Nachteil war, dass in denen mehr los war – und man wollte ja unter sich sein.
Für mich persönlich passen diese Sätze einen Absatz weiter, hinter die beschriebenen Koffer. Und auch da fragt mich eine kleines Teufelchen auf meiner Schulter, warum erzählst Du mir von dem Kofferraum? Dein Prot hat seinen Koffer inkl. Instrument anscheinend zu Hause, warum ist es also wichtig. Komm schon, Du hast Fantasie, mach was auch der schönen Beschreibung der Koffer. (oder nimm den schön geschriebenen Absatz wirklich weg :sconf:

Ich war viel zu früh da – wie immer. Das hatte nichts mit Pünktlichkeit oder Strebertum zu tun, ich hatte es einfach nicht so mit Uhrzeiten. Ein Stück weit war es Paranoia, die mich aus der Wohnung scheuchte und vor jedem Termin zittern ließ.
Ich mag Deinen Prot, er ist schon recht vielschichtig. Was mir etwas fehlt, ist der Kontrast zu Pascal. Für mich haben die beide das Gleiche Problem, nur einer ist der Sache vielleicht schon etwas entkommen, Alter, Größe ..., aber sie sind beide Eigen. Aus meiner Sicht wäre entweder ein Kontrast oder halt das Aufbauen auf diese "Gemeinsamkeiten" irgendwie sinnvoll.

„Frau Janning!“, brach es plötzlich ihm Pascal heraus, als unsere Musiklehrerin um die Ecke bog.
„Ich habe ganz viel geübt, ich kann jedes Stück“, sagte er.
„Schön, Pascal“, entgegnete sie.
„Und meine Mutter hilft am Konzerttag gerne beim Transport mit, soll ich ausrichten."
Schön gezeigt, seine Bemühtheit, sein Bedürfnis nach Anerkennung und sein nach "vorne drängen"

sah dabei zu, wie wir in Reih und Glied dasaßen und die Noten aufschlugen.
Warum ist das in Reih und Glied sitzen wichtig? So eine Probe hat fast jeder schon mal erlebt oder zumindest gesehen. Gib mir doch etwas spezielles, einen Tick von ihr, eine Witz der Gruppe, irgend eine kleine Panne ...

„Okay, können wir, können wir.“ Sie griff zur Partitur und rief: „Little Drummer Boy!“
Sie konnte das „The“ nicht aussprechen, ließ es daher gerne weg. Das war schon damals bei „The Entertainer“ von Scott Joplin so und fand seinen Höhepunkt in „The Good, The Bad and The Ugly“ von Ennio Morricone.
Ja, so hab ich die Lady viel besser vor mir.

Draußen lag Schnee. Allmählich zogen mehr und mehr Plattenbauten und Reihenhäuser an mir vorbei. Der Weihnachtsschmuck wurde mit jeder Haltestelle spärlicher. Bald zu Hause.
Ich mag den ganzen Absatz, aber dies hier empfinde ich als richtig gut gelungen.

„Nein“, sagte er langgezogen, „aber Frau Janning braucht einen Vergleich, wenn sie sehen will, wie gut ich bin.“
Kleines A...loch

Welches Perfektionistenpärchen wollte sich schon eingestehen, dass ihr einziges Kind Probleme mit seinen Mitschülern hatte?
Vielleicht habe ich es überlesen, dann sorry. Aber woher kommt hier jetzt das "Perfektionistenpäärchen". Für mich könnte Pascal genau wie Dein Prot aus einem wenige gepolsterten Milieu stammen. Wenn er perfekt sein soll, dann wäre vielleicht ein Hinweis vorher gut, das er Druck vom Elternhaus hat.

veinzeltes Quietschen.
da warst Du einfach nur zu schnell

Meine Augen lachten.
Warum? Möchtest Du meine Sympathien mit Deinem Prot testen? Hier verliert er, das ist doof gefühllos.

Sorry, die Anrufsituation kann ich so einfach nicht glauben. Das wirkt so undurchdacht, die sind doch beide nicht doof. Also kein Mensch macht da so mal einen Vorschlag und begibt sich ja damit auch ein wenig in die Hand des anderen. Andeutungen vielleicht, rhetorische Fragen, theoretische Überlegungen. Ne, so glaube ich beiden ihr Verhalten nicht.

Doch Frau Janning tat mehr. Die beschützte ihn, wo sie nur konnte. Heute aber war ihre Enttäuschung so groß gewesen, dass sie geschwiegen hatte.
Das hakt bei mir. Sie beschützt ihn doch wahrscheinlich, indem sie ihn in der Nähe behält, ihn lobt, die anderen zur Ordnung ruft oder ähnliches. In der Probe musste sie ihn aber nicht beschützen. Er hat ihren Anforderungen nicht genügt, sie ist von ihm enttäuscht. Maximal kann er sich noch ungerecht von ihr behandelt fühlen (warum auch immer). Also das "sie geschwiegen " leuchtet mir nicht ein.

Und leider klappt der Traum, mit dem nicht ganz durchdachten Amoklauf, auch bei mir nicht. Ganz oder gar nicht. Also eigentlich möchte ich hier wirklich keine total brutalen Ablauf als Ende, aber wenn Deine Prots das tun, dann ist es so. Doch ich möchte es nachvollziehen können. Also irgendwo noch ein paar Hinweise und dann eine saubere Szene. Oder doch eine Süße, Kleine von der Reeperbahn einbauen.
Ich hoffe, Du schickst mir jetzt Dein nettes schiefes Grinsen und ich nicke und sage, ist schon okay, ich geh und bastle an meiner Geschichte.

In der Hoffnung, das ihr den Bremer Weihnachtsmarkt gerockt habt
Beste Wünsche
witch

 

Gude @N. Ostrich,

mir gefällt dein Erzählstil in dieser Geschichte sehr. Sätze wie der allererste greifen wunderbar eine bestimmte Stimmung auf.
Solchen Sätzen, die mit wenigen Stichpunkten Atmosphäre schaffen, gibt es aber auch ein paar, die für mich sehr erklärend wirken - und das obwohl du vieles bereits sehr deutlich gezeigt hast.
Zum Beispiel:

Das beleidigte mich, wo Musik doch das einzige Fach war, was mir Spaß machte.
-> Seine bisherige Darstellung ist sehr auf Musik fixiert, daher kann ich mir das als Leser eigentlich auch so denken :shy:
Oder auch:
Ich habe vergessen, wie sensibel er war.
-> Ich finde auch das hast du bereits deutlich gemacht (z.B. diese anbiedernde Art, mit der an Frau Janning anspricht oder dass er auch von anderen Jungs "verfolgt" wurde).

Hier würde ich empfehlen, mehr Vertrauen in deinen Text zu haben und diese Redundanzen zu kürzen. Weitere, die mir direkt aufgefallen sind:

Welches Perfektionistenpärchen wollte sich schon eingestehen, dass ihr einziges Kind Probleme mit seinen Mitschülern hatte?
Es war – na wer wohl?
-> Die beiden Sätze finde ich vor zudem zu erzählend, zu ironisch.

In einem Kommentar hatte ich gelesen:

Nein, der Protagonist ist kein Schüler mehr.
-> Da weiß ich nicht, wo mir das im Text klar werden kann / soll. Ich halte es zwar auch nicht für essentiell zum Verständnis des Textes, aber vielleicht entgeht mir da ja auch etwas. :sealed:

Insgesamt muss ich sagen: Mir gefallen der Aufbau und der Stil deines Textes. Aber leider verliert er mich dann im letzten Drittel oder Viertel. Pascals Angebot ist noch spannend, ein Versuch, eine Falle zu stellen (denke ich). Aber dann kommt ein offensichtlicher Traum und die ganze Szenerie endet damit. Damit wird kein Konflikt gelöst, höchstens weiter angedeutet. In Träume kann man ja alles mögliche hineinlegen, aber sofern sie in der Geschichte nicht weiter verhandelt werden, bleiben sie für mich als Leser hermetisch bzw. genau genommen sehe ich eigentlich nicht mal einen Grund, ihn zu entschlüsseln (ich würde mich da stark an Achillus' Gedanken anschließen). Am Tag vor einem wichtigen Termin träumt man häufiger Schmarrn. :lol:
Ich würde mir also eine weitere Verhandlung des Traumes wünschen, was den Text aber in die Länge zieht. Aber dann vielleicht auch zu einem Ende?


Liebe Grüße
Vulkangestein

 

2019 gilt das Saxophon als „Instrument des Jahres“. Mit dem Saxophon steht in diesem Jahr ein verhältnismäßig junges Holzblasinstrument im Mittelpunkt. „Das Instrument ist Symbol, Klischee und Mythos; wehrt sich gegen die Vereinnahmung durch das Establishment; wird heute aber nicht nur im Jazz für seine Klangvielfalt geschätzt und bewundert. Träger des Projektes ist der Landesmusikrat Schleswig-Holstein“, heißt es soeben vom (Kieler) Abendblatt bis zum ZDF. Grund genug für mich,

lieber Niklas,

noch mal in Deine feine, antiweihnachtliche Schülergeschichte jenseits teutschen Humores (aber eigenem, was spätestens die Laute

„Pfwha“ oder „Thw, thw“
belegen mögen) hineinzuschauen, obwohl ich – als ich das Instrument die ersten Male bewusst wahrnahm – es eher ruppig empfand – wie Charlie „Bird“ Parker es spielte. Nun, wem der Name Birds nix sagt, dem nenn ich für die Gitarre Jimmie Hendrix zum Vergleich (deren Parallelität bis in den allzu frühen Tod hineinreicht).

Ein Stück weit war es Paranoia, die mich aus der Wohnung scheuchte und vor jedem Termin zittern ließ.*
steht weniger Freude und Freiheit als Zwang und Furcht im Raum, wobei auch bzgl. des Saxophons
Aufgrund seiner Form habe ich mich damals für ein Saxophon entschieden. Bekommen habe ich eines der Sopransaxophone. Blöd nur, dass die aussehen wie Klarinetten.
Enttäuschung mitschwingt, was das Problem der ungeliebten Pädagogik eher verschärft denn abmildert.

Aber die Geschichte soll ja auch gelesen werden, dass ich die Nacherzählung lasse, die eh auf die Schulbank gehört, das Gehirn zu trainieren.

Was mir zunächst ins Gesicht springt, ist der fälschliche Gebrauch des doppel-s statt des „ß“, das Du auf der Tastatur haben musst, wie das „Paranoia“-Zitat bereits belegt (und hernach auch durchgehalten wird).

Teilweise waren bestimmte Flure und Aufzüge ausser Betrieb, ...
(keine Bange, ist halt eine kleine Flüchtigkeit), aber Grund genug, alles nochmals zu durchforsten, denn die nächste Flüchtigkeit lauert
Ein zaghaftes Kop[f]schütteln bekam ich zur Antwort.

„Wie wärs, Pascal, wenn du dein Instrument schon[…] mal aufbauen würdest?"
(eigentlich ein verkürztes „schon einmal“, bisher hat sich die Zusammenschreibung - im Gegensatz zu „nochmal, eigentlich ein verkürztes „noch einmal“, beide Schreibweisen sind amtlich beglaubigt und zugelassen, noch nicht durchgesetzt -

Falsche Töne, [ver]einzeltes Quietschen.
... drückten regelmäßig das ein[e] oder andere Auge zu.
Slbstverständlich könnte man ach den Apostroh nutzen "ein'"

In dem Irrgarten des Umbaus, welche[r] sich Gesamtschule schimpfte, …
nicht de Schule, sondern der Irrgarten, der Umbau ist gemeint, folglich > welcher

Draußen war es noch zappenduster, dementsprechend still war es.
Einfacher + eleganter: „Draußen war es noch zappenduster und dementsprechend still.“

Tschüss

Friedel

Lieber @N. Ostrich - vllt. hastu den Text schon abgeschrieben und aufgegeben, aber antworten solltestu schon ...

* Ursprünglich hieß es:

Es war die Paranoia, die mich aus der Wohnung scheuchte und bereits Stunden vor jedem Termin zittern ließ.
Hier hab ich dann noch die Frage, warum die Relativierung, ein „bissken“ Angst ist immer auch „Angst“, die übers natürliche Maß an Emotion zur Vorsicht und Selbsterhaltung hinausgeht

 

Besser spät als nie, schätze ich.

Hallo @greenwitch,

der Winter zieht sich wie ein Kaugummi, ich habe mir zu viel auf den Rücken geladen. Da kommt die Schreiberei leider zu kurz. Ich brauche einen Laster voll Geduld und Sorgfalt, damit auch was Handfestes dabei herauskommt. Aber es wird allmählich besser, vielleicht bekomme ich demnächst einen festen Studienplatz - das wäre mein Befreiungsschlag. Dann wäre ich nicht mehr so rastlos und dürfte in meiner freien Zeit endlich wieder Welten erschaffen.

Ich merke, dass du an einigen Stellen ganz gut mitfühlen konntest. Das ist doch schon was. Inzwischen habe ich deinen Beitrag echt zigmal gelesen, eine Rückmeldung zum Inhalt fällt mir aber immernoch schwer. In meinem Kopf gleicht der Text einer Sisyphusarbeit. Ich weiß auch gar nicht mehr, wo ich ansetzen soll. Ich nehme also erstmal keine Änderungen mehr am Text vor, Korrekturen in der Rechtsschreibung sind die Ausnahme.
Greenwitch, entschuldige die späte Rückmeldung bitte, das war nicht gerade die feine Englische!

Liebe Grüße


Hallo @Nichtgeburtstagskind, @Ane, @Achillus und @Vulkangestein,

das Ende ist dem Thema der Challenge geschuldet. Ich dachte, dass ein Was dann? von ganz allein sichtbar wird, sobald ich die Ängste und Gefühle des Protagonisten darstelle und genug Kontext liefere. Daher griff ich zum Traum, ich lasse das Unterbewusstsein des Protagonisten sprechen und hinterlasse Eindrücke, die den Leser in seinem Weiterdenken der Geschichte beeinflussen sollen. Vorallem aber hängt der Schluss davon ab, wie der Leser Pascal einschätzt. Vor dem Traum steht die Frage, ob Pascal sich in einer Nacht und Nebel-Aktion auf die Instrumente stürzt oder ob er erst am nächsten Morgen tätig wird und die Lehrerin während der Schulzeit attackiert. Vielleicht passiert auch nichts von alledem, darum geht es doch.

Ich meine das nicht rechtfertigend, ich möchte nur den Grund für den Aufbau dieser Geschichte schildern. Inzwischen sehe ich ein, dass ein Traum nicht zur Auflösung eines Geschehens verwendet werden sollte und dass einige Formulierung noch zu schwammig oder unpassend sind. Das Thema hat mich beim Schreiben gehemmt, eine kristallklare Auflistung der Ereignisse erschien mir unangemessen. Ich kann mir ganz gut vorstellen, den Schluss in Zukunft um eine Szene zu erweitern. Im Moment möchte ich mich aber nicht weiter mit dem Text auseinandersetzen. Es tut mir Leid, dass ich nicht im Detail auf eure Beiträge eingegangen bin.

Liebe Grüße


Hallo @Friedrichard,

2019 wird auch mein persönliches Jahr des Saxophons. Nach einer viel zu langen musikalischen Pause bin ich nun endlich wieder festes Mitglied eines Ensembles. Zum ersten Mal übe ich nur für mich selbst und nicht für die Endnote.
Zwar habe ich keinen Beitrag mehr erwartet, in Wahrheit sogar gehofft, keinen mehr zu bekommen, doch bin ich jetzt trotzdem froh drum.

Mensch, da waren ja einige seltsame Flüchtigkeitsfehler dabei. Sind jetzt allesamt korrigiert.

Einfacher + eleganter: „Draußen war es noch zappenduster und dementsprechend still.“
Das macht den Satz sehr viel schöner, habe ich gerne übernommen.

Hier hab ich dann noch die Frage, warum die Relativierung, ein „bissken“ Angst ist immer auch „Angst“, die übers natürliche Maß an Emotion zur Vorsicht und Selbsterhaltung hinausgeht
Ich bin ein wenig unsicher, was du damit meinst. Mit "ein Stück weit" meine ich nicht "ein bisschen / ein wenig", sondern eher sowas wie "unter anderem". Vielleicht magst du mir das nochmal erklären, da hänge ich etwas fest. Nur für den Fall habe ich jetzt wieder "Es war die Paranoia, die [...]" geschrieben. So gefiel mir der Satz ohnehin etwas besser.

Danke für deinen Beitrag!

Liebe Grüße

 

ich schrieb:
Hier hab ich dann noch die Frage, warum die Relativierung, ein „bissken“ Angst ist immer auch „Angst“, die übers natürliche Maß an Emotion zur Vorsicht und Selbsterhaltung hinausgeht
worauf Du antwortest:
Ich bin ein wenig unsicher, was du damit meinst. Mit "ein Stück weit" meine ich nicht "ein bisschen / ein wenig", sondern eher sowas wie "unter anderem". Vielleicht magst du mir das nochmal erklären, da hänge ich etwas fest. Nur für den Fall habe ich jetzt wieder "Es war die Paranoia, die [...]" geschrieben. So gefiel mir der Satz ohnehin etwas besser.
und es geht um den Satz
Es war die Paranoia, die mich aus der Wohnung scheuchte und vor jedem Termin zittern ließ.
, der zuvor mit dem "Stückweit" als Attribut der Paranoia formuliert wurde, wobei Deine Reaktion eigentlich paradox ist, wie ja das Bekenntnis zur Formulierung ohne Attribut zeigt (wobei ich vor allem die Wendung
Mit "ein Stück weit" meine ich nicht "ein bisschen / ein wenig", sondern eher sowas wie "unter anderem".
schon fast paranoid (i. D. paránoia = Torheit: pará = neben und noũs = Verstand) halte. Lass Dich niht verwirren, Dein Bauchgefühl "So gefiel mir der Satz ohnehin etwas besser", trügt ja nicht.

Tschüss und Glückwunsch zur Drittel Stimme, die ich einstweilen treuhänderisch verwalten werde. Ich finde, 3 3/4 Stimme als eine interessantere Zahl als diese ewig glatten ...

Friedel

 

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