Was ist neu

Der dunkle Wein des Madiran

Monster-WG
Seniors
Beitritt
10.09.2014
Beiträge
1.786
Zuletzt bearbeitet:

Der dunkle Wein des Madiran

Dieser Wein ist rau und grob, beinahe brutal.
Als Robert hier war, hat auch Lotta ihn probiert – und ausgespuckt. „Ich denke, du hast Weinverstand?“, hat sie gesagt, „Und dann trinkst du so was?“
Was konnte ich darauf antworten? Natürlich hatte sie recht.
Sie ist verstimmt, weil der Wein wirklich Ecken und Kanten hat – und ich bin beleidigt, weil sie mich vor Robert wie einen Trottel dastehen lässt. Wieso putzt sie mich in seiner Anwesenheit runter?
Hätte sie nicht sagen können: „Wow, ein echter Herrenwein!“ und gut wär’s gewesen – aber nein, sie muss den Finger in die offene Wunde legen. Solche Situationen zu schaffen, hat sie besonderes Talent.
Okay, der Wein ist zu jung. Ein wilder Kerl aus dem Vorland der Pyrenäen, das Gegenteil eines samtigen Burgunders – doch nach einigen Jahren wird er nicht nur runder, sondern erlangt eine beeindruckende Größe. Vielleicht reißt sich deshalb die ganze Welt um ihn; er gehört in die Kategorie ‚Must unbedingt have’. Ich hätte reifen Wein im Keller, muss mich selbst fragen, warum ich den Madiran raufgeholt habe. Aber eigentlich weiß ich es schon.
Es ist meine Eitelkeit. Ich wollte wieder mal angeben, zeigen, welche Schätzchen ich habe. Statt irgendeinen genussversprechenden Roten zu köpfen, musste es dieser Exot sein. “Irouléguy, Domaine Arretxea“ sage ich beiläufig.
Robert sieht mich verwundert an und meint: „Hubby, wär’s nicht besser, den noch paar Jahre liegen zu lassen?“, und ich muss kontern: „Ach, wollte nur mal sehen, wie weit er schon ist.“
Das war schon blöd genug, aber ich muss noch hinzufügen: „Macht nichts, hab ja genug davon.“
„Dir geht’s wirklich zu gut“, grummelt Robert, ich will ihn besänftigen und sage: „Nee, das nun nicht gerade, nur: Bordeaux hat jeder – den aber nicht!“
Wir haben bald aufgehört, zu politisieren, er müsse früh raus, sagte er. War sein letzter Besuch bei uns. Liegt schon viele Jahre zurück. Im gleichen Jahr ging Lotta.

Ich drehe am Dimmer der Schreibtischlampe, weich und milde wird das Licht, Lebenslicht! fährt es mir durch den Kopf. Ich kann bestimmen: hell oder dunkel, ein oder aus – nur so als Idee. Oder ich zerdeppere alles mit dem Hammer.
Solche Gedanken überkommen mich in letzter Zeit häufig. Ich merke, dass ich mich verändere, langsam, aber fortwährend. Seit Roberts letztem Besuch wird mir das klar. Weiß nicht, ob sich nur unangenehme Eigenschaften verstärken, oder auch die positiven. Schließlich soll man im Alter gütig und weise werden, mild und nachsichtig.
Sich selbst gegenüber nachsichtig? Oder doch eher grüblerisch, pessimistisch, an manchen Tagen depressiv.
Was soll dieses freudlose Siechen, der stumpfsinnige Tagesablauf? Zwar könnte ich machen, was mir einfällt, Geld hätte ich. Ein Trip nach New York, oder doch lieber Ladakh? Gott bewahre.
Ohne Lotta dimmt sich das Licht beinahe von selbst.

Dunkle Eiche, darauf die alte Briefwaage, Drehscheibentelefon, ein schwerer Brieföffner – Überbleibsel einer vergangenen Zeit, Deko für den matt glänzenden PC.
Vergangene Zeit? Nicht ganz, ich leb’ ja noch!
Und ich schreibe. Nach einigen Kurzgeschichten nun mein erstes Buch. Es handelt nur von mir, von Jugendsünden und Erwachsenwerden, geschäftlichem Erfolg und verratener Freundschaft. Das Drama mit Lotta bleibt ausgespart, das würde mich beim Schreiben nur verbittern. Wozu Frauen fähig sind! Da könnte ich ins Glas beißen, auch wenn sich der Mund mit Blut füllt statt mit Wein.

Je nun, sie hatte ihren Teil bekommen, hundertmal mehr als ihr zustünde. Es war ein scheußliches Ping-Pong – des einen Triumph war des anderen Schmach. Da wurde gefetzt und niedergemacht; vom Honorar der Anwälte hätten wir uns ein Schloss kaufen können. Unterm Strich blieb Verbitterung, auch Verwunderung, wie idiotisch sich erwachsene Menschen verhalten können. Ja, das galt auch für mich.
Wie oft hatte Lotta gesagt, dass mein Geld für sie keine Rolle spiele. Nur der Mann Hubertus würde ihr imponieren und nur wegen seiner Vorzüge und Fähigkeiten liebe sie ihn.
Weil aber mein Anwalt gerissener war als der Gegenspieler, vergaß sie ihre Beteuerungen und beschimpfte mich: Was ich mir einbilde, wie ich sie schikaniere, schließlich habe ich sie nicht auf dem Sklavenmarkt gekauft. Ist eine Frau aus Litauen weniger wert als eine deutsche? Und ich brauche mich nicht zu wundern, nur weil sie sich genommen habe, was ihr zustünde. Schließlich wäre es ihr gutes Recht, sich mit meinem Geld freizukaufen!
Ich greife zum Korkenzieher. Das kann sie nicht gemeint haben, der Anwalt hat ihr das eingeflüstert. Lotta ist anders.
Werden echte Gefühle als gefälschte dargestellt? Spielt jeder – sogar ich – nur eine Rolle, des eigenen Vorteils oder verletzter Gefühle wegen?

Ich werde noch verrückt, muss dieses Buch schreiben; meine letzte Chance, etwas Sinnvolles zu tun. Beim Schreiben werden sich die Gedanken ordnen. Und auch, wenn es kein Schwein lesen will, dann tu’ ich es eben für mich, basta.

Zu Ostern ist es so weit, dass ich allen Ernstes sage: „Das Werk ist vollendet“.
Das hallt merkwürdig in den hohen Räumen. Dass es gestelzt wirkt, nehme ich hin.
Ist doch einerlei, es hört ja niemand.

Bald kommen mir allerdings Zweifel, mir fehlt Lottas Urteil.
Die Selbstsicherheit ist weg und ich beginne, am Text herumzuoperieren.
Meine damals aufregenden Erlebnisse erscheinen jetzt immer läppischer und fader. Ich könnte sie anreichern mit tollen Begebenheiten, die ich irgendwann aufgeschnappt habe. Und das Gerede um Authentizität – da pfeif’ ich drauf! Wäre immer noch meine Geschichte, nur etwas ausgeschmückt. Die Leute wollen Sensationen. Es muss krachen und spritzen, Champagner, Blut, Sperma. Hauptsache Action.
Alles Blödsinn, einen Bestseller hab ich nicht im Sinn. Ich hantiere mit Worten, stelle um und tausche aus. Wie ein Maurer mit zu dünnem Mörtel die Steine nicht ordentlich in die Reihe bekommt, so verschiebe ich Sätze und Abschnitte; die Wand wird krumm, die Schreiberei strapaziert mich.
Etwas fehlt, das ich nicht genau benennen kann. Etwas Großes, Tiefes, Edles oder Tragisches – jedenfalls mehr als ein mit Vollgas gelebtes, aber flaches Leben.
Im Grunde genommen hab ich nur gekauft und verkauft, erst Zigarren und Wein, später Immobilien. Hab kein Menschenleben gerettet, niemandem geholfen, keinen Frevel verhindert – und eine Familie, für die ich mich hätte aufopfern können – hehe, die hätte mir gerade noch gefehlt!
Aber dann bin ich doch nach Vilnius gefahren.

Durch das ständige Grübeln entsteht das merkwürdige Gefühl, Termiten im Kopf zu haben, irre zu werden. Eine Cohiba wäre gut, doch die hat der Arzt verboten. Also muss kühler Wein her! Den gieße ich in hohem Strahl ins Glas, damit sich der leichte Rote mit dem Beerenduft wie ein magischer Trank mit tausend Luftbläschen vermählt und champagnergleich über die Zunge bizzelt. Der Sex der alten Herren – mit einem schiefen Lächeln strecke ich mich. Wie konnte sich dieser Wahnsinn mit Lotta entwickeln, hochschaukeln, aus dem Ruder laufen?

Der Lemberger ist ausgetrunken, doch ich fühle mich unzufrieden und verspannt. Der Wein war nett, mehr nicht – jetzt muss stärkeres Kaliber her.
Der Keller ist mein Stolz; es gibt Weine für jede Gemütslage, allerdings kann ich mich nicht entscheiden. Vielleicht ein Spanier, oder einer von der Rhône? Doch dann fällt mein Blick auf den Madiran – ich weiß noch, wie ich die Karte nahm und auf ein Kaff tippte, irgendwo zwischen Bordelais und Pyrenäen.
„Ich fahr’ mal ’ne Woche nach Maumusson“, sagte ich und wusste, dass Lotta sowieso zu Hause bleiben würde.
Dann düste ich dahin, mit dem großen Schlitten – achtzehn Stunden am Stück, kein Problem. Nur einmal hatte ich Sekundenschlaf, als mich die Motorradfahrer überholen wollten. Aber die sind ja für ihre gute Reaktion bekannt. Lotta hätte einen Nervenzusammenbruch gekriegt.

Fürs Dekantieren fehlt die Zeit, trotzdem ist der Wein großartig; nach neun Jahren hat er die Kratzbürstigkeit verloren und ein wundervolles Bukett entwickelt. Ich versuche, einen philosophischen Gedanken zu formen über Alter und Reife von Mensch und Wein, leider gerät mir alles zu platt.
Man sagt, bei Texten sei es auch so – die sollten ebenfalls etwas liegen, und obwohl sie allein dadurch nicht besser werden, gewinnt der Autor Distanz und erkennt bei erneutem Annähern gute und schlechte Seiten seines Werkes. Ich komme nicht umhin – Lotta muss mit ins Buch.
In dunklem Lila hockt dieser Koloss von einem Wein im Glas. Soviel Substanz sollte mein Text haben! Ich schwenke das Glas um und um, violette Schlieren haften am Inneren, eine betäubende Wolke von Schwarzbeer-Kirsch, Gewürzbasar und Eichenfass steht über meinem Schreibtisch. Ich trinke in kleinen Schlucken, bin in Gedanken wieder dort unten, sitze unter gigantischen Zedern und bekomme Appetit auf Ente mit Trüffeln. Und auf Leben.
Aber dieser Zug ist abgefahren. Mir bleibt die Tastatur des PC.
Mit Lotta war das besser, viel besser. Nur hat es keinen Sinn, daran zu denken. Und vielleicht vermisse ich sie nur, weil ich sie nicht mehr habe?
Ich weiß es nicht. Wäre sie da, würde ich zurückrudern in meinem verletzten Stolz, jetzt wäre ich bereit einzusehen, dass ich verrückt war, im Suff, im Erfolg, in meiner Rolle als Hans Dampf in allen Gassen.
Einmal geriet sie in Rage und hat mich ‚Egomane’ genannt. Ich weiß nicht, ob sie recht hat, doch möglich wär’s. Aber wie sonst hätte ich überleben können?

Ich fühle mich nicht gut, bleibe oft im Bett. Meine Freunde sind nicht mehr, aus verschiedenen Gründen. Alle Welt hat sich zurückgezogen. Nachdem Lotta gegangen war, fiel die Temperatur im Haus ganz empfindlich. Plötzlich Stille. Keine Musik, mal ein Zischen beim Espressomachen, das Summen der Mikrowelle – aber sonst? Ein Totenhaus.
Einmal hatte ich Dvoȓák aufgelegt. Jessas, da stiegen mir die Tränen in die Augen – so viel Schönheit, so viel Hoffnung, wie die Musik anschwillt, immer kraftvoller emporschwingt, mich herausreißen will aus meinem Trübsinn – aber ich umklammere mein Glas und heule. Alleinsein ist eine harte Disziplin.
Lotta war laut, oft zu laut. Ständig am Plappern, am Telefonieren, Schlagermusik, Stilettostakkato, Haarföhn.
Doch diese Stille quält.

Jetzt, wie der Wein Luft bekommt, dehnt er sich aus. Ich sehe die Reben hinter weißen Feldsteinmauern, mit wilden Brombeeren und Berberitzen, Maulbeerbäumen und Ginster. Im ganzen Raum wabert sein herrlicher Duft. Er kriecht in mich, mit jedem Schluck, knetet Herz und Seele. Wie ungestüm verliebt zu sein – ich denke an unser erstes Treffen in Vilnius und gieße andächtig nach, sitze in diesem verschnörkelten Kaffeehaus, mit seinen befrackten Obern und den verschnörkelten Törtchen. Eine große schöne Frau kommt herein, Haar wie Strandhafer, strahlende Augen, obwohl es ein regnerischer Tag ist. Ich glaube an ein Versehen, als sie auf mich zugeht. Aber nein, das ist mein Date!

Wir hatten uns beschwatzen lassen von ‚neuer litauischer Küche’, Restaurant „Avantgarde“ – unbedingt probieren!
Es war grauenhaft, glücklicherweise brach sie das Menü ab. Der Oberkellner fiel aus allen Wolken, zieh uns der Unkenntnis, und sie kochte für uns zu Hause etwas Schönes. Weiß gar nicht mehr, was das genau war, ich aß mit hungrigen Augen. Und es sprühte Gold, als wir feststellten, dass wir nicht nur bei Tageslicht fantastisch zusammen passten. Sie faszinierte mich, in ihren schönen Armen, zwischen ihren festen Schenkeln.

Der Wein füllt mich aus mit seiner geballten Kraft und Wärme. Winzer hätte ich werden sollen – etwas erschaffen aus Reben und Erde! Alles bestimmen, einen Wein keltern nach den eigenen Vorstellungen, als Kopie des eigenen Charakters. Mit einem Schuss Spiritualität die Kraft des Bodens verbinden mit dem Universum, um der kosmischen Unendlichkeit etwas irdisch Fortwährendes zur Seite zu stellen. Aber vielleicht würde der Charakter zerbrechen – wenn die Natur alle Bemühungen zunichte macht durch Hagel und Frost, durch Dauerregen oder Dürre – nur ein furchtsamer, demütiger Mensch bliebe übrig?

Die Beine werden schwer, doch vom Nabel aufwärts fühle ich mich federleicht.
Ich gieße den restlichen Wein ins Glas, leider gerät etwas Depot mit hinein. So ziehe ich den letzten Schluck durch die Zähne, und es knirscht ein wenig. Ich denke an die Erde des Weinbergs – Erde, zu der auch ich werde. Ich könnte sogar das Wann bestimmen. Das schwarze Eisen des Brieföffners schimmert. An schlimmen Tagen stelle ich mir vor, wie es sich blutrot überzieht – so dunkel wie der Wein des Madiran.

Nein. Ich werde von Lotta schreiben. Von mir natürlich auch, nichts werde ich auslassen, keinen meiner Fehler, und ihre Zickigkeit auch nicht.
Sie wird das Buch lesen, mich anrufen, und dann fahren wir los. In Nimes werden wir übernachten und in Maumusson unter Riesenzedern sitzen, getrüffelte Ente essen und dazu reifen Madiran trinken. Das wird ganz wunderbar, ich weiß es.

 

Hallo josefelipe,
da ist sie also, die versprochene Reallife-Geschichte.

Kategorie ‚Must unbedingt Have’
:)

Ich habe ein bisschen gebraucht, um Hubertus einzuordnen, in welcher Beziehung er zu den anderen beiden steht. Und mir ist immer noch nicht ganz klar, welche Rolle Robert spielt. Ist er ein Freund der beiden, der zu ihrem neuen Liebhaber wird? Du springst in verschiedenen Zeiten umher. Das ist vielleicht gewollt, aber ich bin darüber gestolpert. Im ersten Absatz schreibst du in einer anderen(jüngeren) Sprache als im weiteren Text. Das passt gut.

Stellen, die ich mir beim Lesen notiert habe:

und ich bin brüskiert, weil sie mich vor Robert wie einen Trottel dastehen lässt.
Brüskiert ist mir zu aufgesetzt. Warum nicht einfacher: gekränkt oder verletzt?


Ich wollte wieder mal angeben, zeigen, welche Schätzchen ich habe.
Schätzchen klingt nach einem Kosenamen. Schätze fände ich bezeichnend genug.


Wir haben bald aufgehört, zu politisieren, er müsse früh raus, sagte er.
Politisieren empfinde ich in diesem Kontext als nicht richtig.


Weiß nicht, ob sich nur unangenehme Eigenschaften verstärken, oder auch die positiven. Schließlich soll man im Alter gütig und weise werden, mild und nachsichtig.
Sich selbst gegenüber nachsichtig? Oder doch eher grüblerisch, pessimistisch, an manchen Tagen depressiv.
Was soll dieses freudlose Siechen, der stumpfsinnige Tagesablauf?
Das ist mir zu erklärend, pseudo-philosophisch und gewollt.


Ohne Lotta dimmt sich das Licht beinahe von selbst.
Schöner Satz. :shy:


Je nun, sie hatte ihren Teil bekommen, hundertmal mehr als ihr zustünde. Eigentlich war es ein scheußliches Ping-Pong – des einen Triumph war des anderen Schmach.
Je nun? Vorschlag: Sei`s drum, …
Nur ne Idee. Du bist der Chef.


Die Leute wollen Sensationen. Flott soll es sein, kurz und zackig.
Roman und kurz passt für mich nicht.


Man sagt, bei Texten sei es auch so – die sollten ebenfalls etwas liegen, und obwohl sie allein dadurch nicht besser werden, gewinnt der Autor Distanz und erkennt bei erneutem Annähern gute und schlechte Seiten seines Werkes.
Ich befürchte das ist für manche irgendwie Erklärbär, doch vielleicht nur, weil deine ersten Leser selbst Autoren sind.


Nachdem Lotta gegangen war, fiel die Temperatur im Haus ganz empfindlich.
Das würde ich streichen. Du hast doch schon das mit dem Licht das sich beinahe von selbst dimmt. Und gleich hinterher beschreibst du die Stille seiner Einsamkeit im Haus.


Doch diese Stille ertrage ich nicht.
Noch ein Streichkandidat für mich.


Er kriecht in mich, mit jedem Schluck, knetet Herz und Seele.
Schön.


Es war grauenhaft, glücklicherweise brach sie das Menü ab. Der Oberkellner improvisierte einen Herzanfall, zieh uns der Unkenntnis und sie kochte für uns zu Hause etwas Schönes.
Fehlt da etwas oder kapier ich es nur nicht?


Ich könnte sogar das Wann bestimmen. Das schwarze Eisen des Brieföffners schimmert.
Das ist toll unterschwellig.

An schlimmen Tagen stelle ich mir vor, wie es sich blutrot überzieht – so dunkel wie der Wein des Madiran.
Er?- der Brieföffner


Sie wird das Buch lesen, mich anrufen, und dann fahren wir los... Das wird ganz wunderbar, ich weiß es.
Das ist traurig schön.


Ich war beim Lesen nah bei Hubertus. Das hat mir wirklich gut gefallen. Auch seine Entwicklung, von Starrköpfigkeit über Rechtfertigung bis hin zur Reue, Hilflosigkeit und Hoffnung hast du für mich gut dargestellt.
Gehe jetzt Wein kaufen. :D
Viele Grüße. Einen schönen Abend.
wegen

 

Hallo Josefelipe!

Ich mag diesen Text. Er wiederholt die Gemütslage des Ich-Erzählers in seiner äußeren Form. Er ist fragmentarisch oder gar zerbrochen, so wie die ziemlich großspurige Lebendigkeit des Ich-Erzählers auch schön langsam am Alter zerbricht. Das hat was sehr Berührendes. Da ist jemand, der das Leben genossen hat, den Wein, gutes Essen und Frauen, ein gut situierter Mann, aber seine Frau ist ihm davongelaufen, sie hatten einen schrecklichen Rosenkrieg und trotzdem fehlt sie ihm noch immer.

Dieser Wein ist rau und grob, beinahe brutal
Lass dir nix einreden, der Eingangssatz ist perfekt. Besonders die rollenden "r"-s drinnen sind gut. Der Wein ist klarerweise das Leitmotiv der Geschichte. Und dieser erste Satz nimmt noch etwas anderes vorweg: Der Ich-Erzähler will nichts mehr beschönigen, er geht in gewisser Weise "brutal" und ehrlich mit sich selbst um, er hat wenig Sinnvolles getan in seinem Leben, gut und aus dem Vollen gelebt, aber er fühlt Leere in sich. Er will sich selbst niederschreiben, so wie er sich auch in einem Wein hätte verwirklichen können, der seine Persönlichkeit widerspiegeln hätte sollen. Aber nur aus ihm selbst heraus, nur sich selbst beschreibend - das ist zu wenig, wie er endlich bemerkt. Auch die Sprache dieser Geschichte macht einem nichts mehr vor, sie ist "rau und grob" - nur da, wo der Ich-Erzähler Wein beschreibt, ist sie elegant und prunkend, wenn er über sich selbst schreibt, verwendet er eine sehr klare und eher spröde Sprache. Ein Beispiel:

Ich fühle mich nicht gut, bleibe oft im Bett. Meine Freunde sind nicht mehr, aus verschiedenen Gründen. Alle Welt hat sich zurückgezogen
Er erkennt, dass er noch jemanden braucht, dass er Lotta braucht, er wird das Buch quasi wie einen Brief an sie schreiben und will sie damit wieder zurückgewinnen. Er will am Ende ins Leben zurück, aber es klingt eher wie ein Wunschtraum, vom berauschenden Wein geboren.

Mein einziges Problem mit der Geschichte sind die Zeitebenen. Warum verwendest du im ersten Absatz teilweise das Präsens? Es stört mich. Es ist mir schon klar, dass du damit eine Szene vergegenwärtigen willst, aber braucht es das wirklich?
Sprachlich habe ich nichts zu mäkeln, irgendwo gibt es mal eine "wunde Seele", das fand ich zu schwülstig, aber sonst passt das schon.

Gruß
Andrea

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola wegen,

besten Dank für Deinen Post.
Bei Roberts Rolle meinte ich, auf Details verzichten zu können:

wegen: schrieb:
Und mir ist immer noch nicht ganz klar, welche Rolle Robert spielt.
Er hat ja nur einen Gastauftritt und ist blitzschnell verschwunden. Ich habe ihn mit reingenommen, damit im Dialog die snobby Haltung des Protas deutlich wird. Dass Deine wundervolle weibliche Fantasie
Ist er ein Freund der beiden, der zu ihrem neuen Liebhaber wird?
hier vielleicht etwas zu kurz kommt, hatte ich nicht bedacht;).
Du springst in verschiedenen Zeiten umher. Das ist vielleicht gewollt, ...
Wenn es Dir nicht gefällt, nutzt das ‚Gewollthaben’ nichts. Ich habe bei jedem Zeitwechsel eine Leerzeile eingebaut, was aber trotzdem etwas unruhig bleibt – da hast Du recht. Weil aber die Handlung an nur einem Ort stattfindet, dachte ich, das sei sogar von Vorteil.
wegen: schrieb:
Brüskiert ist mir zu aufgesetzt.
Na ja, der Wortschatz eines alten Lebemannes halt. Aber ich höre auf Dich, jetzt heißt es ‚beleidigt’.
Schätzchen klingt nach einem Kosenamen. Schätze fände ich bezeichnend genug.
Ich finde, gerade ‚Schätzchen’ passt zu seiner Ausdrucksweise (Dann düste ich dahin, mit dem großen Schlitten ...). ‚Schätze’ habe ich verworfen, dass empfand ich als zu simpel.
wegen: schrieb:
Politisieren empfinde ich in diesem Kontext als nicht richtig.
Versteh ich. Ich habe dem Prota so einiges in den Mund gelegt, um ihn darzustellen. Er war lange Zeit der große Zampano, da hat er sich so eine leichte Süffisanz / Großkotzigkeit zugelegt. Aber das gibt sich, als er dann den Fokus auf seine letzte Lebensetappe richtet – da wird er beinahe weinerlich.
Josè: schrieb:
Weiß nicht, ob sich nur unangenehme Eigenschaften verstärken, oder auch die positiven. Schließlich soll man im Alter gütig und weise werden, mild und nachsichtig.
Sich selbst gegenüber nachsichtig? Oder doch eher grüblerisch, pessimistisch, an manchen Tagen depressiv.
Was soll dieses freudlose Siechen, der stumpfsinnige Tagesablauf?
wegen: schrieb:
Das ist mir zu erklärend, pseudo-philosophisch und gewollt.
Völlig richtig. Ich dachte, das geht in Ordnung, wenn er seine Gedanken denkt, durch das Fragezeichen wollte ich den Zeigefinger knicken:).
José: schrieb:
Die Leute wollen Sensationen. Flott soll es sein, kurz und zackig.
wegen: schrieb:
Roman und kurz passt für mich nicht.
Stimmt. Ist gestrichen. Hab ich wirklich von einem Roman geschrieben?
Doch diese Stille ertrage ich nicht.
Noch ein Streichkandidat für mich.
Aber nicht für mich. Ich habe diesen Kitsch bewusst benutzt, um den Ernst seiner Lage klarzumachen. Von der Überheblichkeit zum Aufschrei.
Einigen wir uns auf Geschmackssache?
José: schrieb:
Es war grauenhaft, glücklicherweise brach sie das Menü ab. Der Oberkellner improvisierte einen Herzanfall, zieh uns der Unkenntnis und sie kochte für uns zu Hause etwas Schönes.
wegen: schrieb:
Fehlt da etwas oder kapier ich es nur nicht?
Der Herr Ober hat sie als kenntnislose Banausen bezeichnet, nur eben höflicher.
An schlimmen Tagen stelle ich mir vor, wie es sich blutrot überzieht – so dunkel wie der Wein des Madiran.
Er?- der Brieföffner
Nein, ‚es’ – das Eisen. Denn:
Das schwarze Eisen des Brieföffners schimmert.
Sie wird das Buch lesen, mich anrufen, und dann fahren wir los... Das wird ganz wunderbar, ich weiß es.
Das ist traurig schön.
Jou, hätte fast geweint, wie er sich voll des guten Weines wegfantasiert.
wegen: schrieb:
Gehe jetzt Wein kaufen.
Gib nicht zu viel Geld aus. Es muss nicht immer Madiran sein:D.

Liebe wegen, wegen Deines Komms danke ich Dir und verabschiede mich.

José

 

josefelipe
Hi, ich ganz kurz nochmal.

An schlimmen Tagen stelle ich mir vor, wie es sich blutrot überzieht – so dunkel wie der Wein des Madiran.
Er?- der Brieföffner
Nein, ‚es’ – das Eisen. Denn:
Das schwarze Eisen des Brieföffners schimmert.
Ja, stimmt natürlich. Habe ich verquert gelesen.

Doch diese Stille ertrage ich nicht.
Noch ein Streichkandidat für mich.
Aber nicht für mich. Ich habe diesen Kitsch bewusst benutzt, um den Ernst seiner Lage klarzumachen. Von der Überheblichkeit zum Aufschrei.
Einigen wir uns auf Geschmackssache?
Absolut, José. Dein Text. Dein Geschmack. Der Satz drückt was aus an dieser Stelle. Da gebe ich dir Recht. Aber er ist für sich schon ziemlich phrasenhaft, kitschig wie du selbst sagst. Vllt. fällt dir noch eine originellere Alternative ein.
Doch diese Stille erdrückt.
Doch diese Stille quält/ malträtiert/ foltert.

Viele Grüße
wegen

 

Na dann josefelipe ,

Dieser Wein ist rau und grob, beinahe brutal.
Uh, schöner, erster Satz.

und ich bin beleidigt, weil sie mich vor Robert wie einen Trottel dastehen lässt.
"und es ist voll scheiße, dass sie das auch noch vor Robert zu mir sagt."
Wäre das besser? Ich fände das näher an der Figur ran.

„Hubby, wär’s nicht besser, den noch paar Jahre liegen zu lassen?“, und ich muss kontern: „Ach, wollte nur mal sehen, wie weit er schon ist.“
Haha.

Ich merke, dass ich mich verändere, langsam, aber fortwährend.
"Ich merke" kann ruhig raus.

Wozu Frauen fähig sind! Da könnte ich ins Glas beißen, auch wenn sich der Mund mit Blut füllt statt mit Wein.
Schönes Bild.

ich verkneife mir den Kalauer und strecke mich.
Ich mag es nicht, wenn man schreibt "Ich mache dies ... ich mache das". Vielleicht kannst du das mehr mit den eigenen Gedanken verweben, indem du etwas schreibst im Sinne "Nein, kein Kalauer. Oh, mein Rücken. Ich sollte mich mal strecken."

Ich sehe die Reben hinter weißen Feldsteinmauern, mit wilden Brombeeren und Berberitzen, Maulbeerbäumen und Ginster.
Schön.

Es war grauenhaft,
Ich finde diese Stelle sehr schön, weil sie in der Vergangenheit geschrieben ist. Weiß nicht, ich finde es passt stärker zum Thema Wein. Vielleicht würde es der KG gut tun, wenn sie von Anfang bis Ende in der Vergangenheit stehen würde. Dass du zum Großteil in der Gegenwart schreibst, ergibt aber auch Sinn, weil die Figuren ja auch bei einer Stelle über einen unreifen Wein reden ... Aber hey, ich interpretiere wieder zu viel.

getrüffelte Ente essen und dazu reifen Madiran trinken. Das wird ganz wunderbar, ich weiß es.
Aww, ich habe jetzt Lust auf getrüffelte Ente. Aber das ist ein schönes Ende.

Hoffe, das konnte dir helfen.
Liebe grüße,
alexei

 

Hola Manlio,

Deinen Komm, für den ich bestens danke, will ich nicht Zitat für Zitat beantworten, denn das wäre nur Ping-Pong. Nehmen wir den Text als Ganzes.

Manlio: schrieb:
... ich habe ... ... Probleme mit dem Grundkonzept des Textes.

Ich fand Deine Verkürzungs- bzw. Verstärkungsvorschläge interessant. Leider ist das eine Richtung, der ich nicht unbedingt folgen will.
Selbstverständlich muss man seinen Text ausmisten; zumindest mir geht es so, dass ich zu oft abschweife, und noch ein Nebengedanke, und noch einer. Allerdings muss jeder Autor selbst wissen, bis zu welchem Punkt die Verknappung geführt werden soll. Ich war jedenfalls erstaunt, wie viel ersatzlos gestrichen werden konnte. Aber ich sehe, Du wärst noch weiter gegangen (Vielleicht bis zu ‚Türholz, rot’:shy::)).

Manlio, Du warst ja höflich genug, zu verschweigen, dass Du die Geschichte nicht bis zum Ende gelesen hast – was ich Dir nicht übel nehme. Einer entscheidet sich für Fisch und Gemüse, ein anderer für Steak. Ich habe lange am Text gebastelt, vieles verworfen – und wenn diese KG nicht auf große Gegenliebe stößt, dann muss ich mich damit abfinden. Der kleine Trost, nicht geschludert zu haben, bleibt mir jedenfalls – ich hab den Text genau so gewollt.
Alles kein Problem. Wir haben eh noch einen langen Weg vor uns bis zur Meisterschaft:bib:.
Sei gegrüßt und viel Spaß beim experimentellen Schreiben!
José


Hola wegen,

da hast Du mir einen guten Tipp gegeben:

wegen: schrieb:
Der Satz drückt was aus an dieser Stelle. Da gebe ich dir Recht. Aber er ist für sich schon ziemlich phrasenhaft, kitschig wie du selbst sagst. Vllt. fällt dir noch eine originellere Alternative ein.
Warum soll ich mein bisschen Hirn anstrengen, wenn Du so gute Vorschläge lieferst? Ich habe mich für ‚quält’ entschieden.
Doch diese Stille quält.

Besten Dank!

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Andrea H.,

wie ich den Absender des Kommentars las, dachte ich spontan an einen Eimer Salzsäure.
Dann trau’ ich meinen Augen kaum:

Andrea H.: schrieb:
Ich mag diesen Text.
Das nenne ich sportlich-fair – ach, was sage ich, das hat schon mit einem großen Herzen zu tun, mit Edelmut (ernsthaft). Es ist tatsächlich so, dass ich seit meiner Mitgliedschaft einiges gelernt habe im Umgang mit anderen (wie Dein Beispiel zeigt, aber Du bist ja Forums-Urgestein). Vorher konnte ich ohne Korrektiv schalten wie ich wollte, hier aber muss man einen für alle akzeptablen Ton treffen (Darf gar nicht an meine früheren Ausrutscher denken:D).
Ich staune nicht schlecht, wie treffend Du den Ablauf der Geschichte beschreibst – ich hatte es mir genau so vorgestellt.
Aber nur aus ihm selbst heraus, nur sich selbst beschreibend - das ist zu wenig, wie er endlich bemerkt. Auch die Sprache dieser Geschichte macht einem nichts mehr vor, sie ist "rau und grob" - nur da, wo der Ich-Erzähler Wein beschreibt, ist sie elegant und prunkend, wenn er über sich selbst schreibt, verwendet er eine sehr klare und eher spröde Sprache.
Das finde ich toll, dass Du einen so guten Sensor hast.
Er erkennt, dass er noch jemanden braucht, dass er Lotta braucht, er wird das Buch quasi wie einen Brief an sie schreiben und will sie damit wieder zurückgewinnen. Er will am Ende ins Leben zurück, aber es klingt eher wie ein Wunschtraum, vom berauschenden Wein geboren.
Ja, das ist das wehmütige Ende – da macht er sich kräftig etwas vor. Mit Wein im Blut geht das, hält nur nicht lange vor, leider.

Andrea H.: schrieb:
Mein einziges Problem mit der Geschichte sind die Zeitebenen.
Kein Wunder, da war ich unsicher. Ich habe wegen dazu geschrieben:
Ich habe bei jedem Zeitwechsel eine Leerzeile eingebaut, was aber trotzdem etwas unruhig bleibt .... Weil aber die Handlung an nur einem Ort stattfindet, dachte ich, das sei sogar von Vorteil.
Tja, die rückbezogenen Abschnitte hätte ich kursiv kenntlich machen können, das wäre vielleicht auch eine Möglichkeit. Ich will aber nicht flunkern und den Anschein erwecken, die ganze Geschichte umschreiben zu wollen – das wäre gestrunzt. Ich stecke den dazu nötigen Aufwand lieber in den nächsten Text, aber werde beim nächsten Mal daran denken.*)

... irgendwo gibt es mal eine "wunde Seele", das fand ich zu schwülstig, ...
Ja, hier:
Der Wein war nett, mehr nicht – meine wunde Seele hat er nicht erreicht.
Da muss ich Dir Recht geben, jetzt heißt es:
Der Lemberger ist ausgetrunken, doch ich fühle mich unzufrieden und verspannt. Der Wein war nett, mehr nicht – jetzt muss stärkeres Kaliber her.
Danke für den Anstoß.

Liebe Andrea, hat mich sehr gefreut, dass zwischen uns kein Palisadenzaun steht – dann bis zum nächsten Mal!

José
*) Das steht jetzt im Präsenz:

Zu Ostern ist es so weit, dass ich allen Ernstes sage: „Das Werk ist vollendet“.
Das hallt merkwürdig in den hohen Räumen. Dass es gestelzt wirkt, nehme ich hin.
Ist doch einerlei, es hört ja niemand.

Hola Manlio,

Manlio: schrieb:
mir schweben Ideale vor, wenn ich Texte lese, das ist meine persönliche Brille: karges, verknapptes Erzählen.
Das klingt gut, hat einen hohen Anspruch. Jimmy hat das auch im Sinn. Ich finde allerdings, dass nur Du selbst solche Texte schreiben solltest – denn dass Dir andere Autoren diesen Wunsch erfüllen, glaube ich nicht (von den darauf spezialisierten einmal abgesehen). Und Du solltest die Texte der anderen auch nicht durch Deine Spezialbrille lesen, sondern so, wie sie gemeint sind. Oder Dich nur Deinen Lieblingsautoren zuwenden.
Manlio: schrieb:
Insofern komme ich mit dem Text nicht klar, weil ich voreingenommen bin.
Hmm, da weiß ich auch nicht weiter. Da fehlt mir auch der Sinn des Kommentierens.

Nicht einmal gegen Abschweifungen ist doch was einzuwenden. Haben nicht auch bekannte Autoren die verwendet?
Das sagt der Minimalist Manlio?
Passt "brutal" auf einen Wein?
Ja, wie die Faust aufs Auge. Es gibt eine Sammlung von Adjektiven, die je zur Beschreibung eines Weincharakters bemüht wurden – die ist so krass, dass man es nicht glauben will. Hat aber mit Literatur nichts zu tun. Brutal hat zu tun mit Tannin, Google informiert.

Lieber Manlio, das war interessant, Deinen Standpunkt zu erfahren – vielleicht verstehst Du auch meinen?

Weiterhin auf fruchtbare Mitgliedschaft

José

 

Hallo josefelipe,

... Entsagung ist die letzte Herausforderung im Alter, das muss auch Dein Prot lernen - er sieht es zwar noch nicht ein, sieht sich noch als authentisch an, aber es fehlen ihm noch Dankbarkeit, Akzeptanz und Einfühlung. Er wittert die ungeschminkte Wahrheit hinter seinem egoistischem Weltbild, aber wer kann im Alter zugeben, dass das Wertvollste, was Du besitzt, das ist, was Du bei einem Schiffbruch nicht verlieren kannst.
Dein Prot hängt sich noch arg an sein ausgekostetes Leben, an seine Gedanken darüber, an seine Erkenntnisse; der Narziss hat Angst, seine nicht artikulierte Abhängigkeit zu verlieren.
Du beschreibst das sehr dicht, sehr reif, denn Du hebst nicht den Zeigefinger oder versuchst, zu erörtern, also Dein Wissen zu vermitteln, sondern Du benutzt die Geschichte, um uns den "Sinn des Lebens" vorzuführen. Nur ein Ausschnitt. Dieser Ausschnitt riecht wie ein ganzes Leben. Ist aber nur eine Facette, ein Augenblick. Ein Blick, den Du uns durch Deine Augen gewährst. Danke.
Herzlich - Detlev

 

Hola Bas,

ich danke bestens für Deinen ‚Fanboykommentar’.

Du kriegst bestimmt noch ein paar fundiertere Kommentare, ...
So schrecklich fundiert müssen die gar nicht sein, ist nur anstrengend – Fan-Post wie von Dir finde ich viel herziger:herz::D.

Dass ich die Spielregeln für eine ‚echte KG’ nicht hundertprozentig befolgt habe, werden mir große Geister – wie Du – hoffentlich nachsehen. Wenn es der Autor schafft, den Leser zu erreichen, dann ist schon viel gewonnen. Wir müssen’s immer wieder probieren.

Bas: schrieb:
... eine Kurzgeschichte ist das nicht, mehr eine Lebensgeschichte, mit all den Verstrickungen und Höhen und Tiefen. Und ich glaube, das genau das deine Stärke ist.
Na ja, ich musste ja mal aufhören mit den lekkerrr-Eeten-und-schöne-Frauen-Geschichten, doch ob man hier schon von ‚Stärke’ reden kann? Nichtsdestotrotz sind diese lebensbezogenen Themen schon ein großer Anreiz.
KG: schrieb:
Mir bleibt die Tastatur des PC.
Bas: schrieb:
Was ein Glück, dass wenigstens die bleibt! Wobei ich ja fast behaupten würde, dass der Quell dieses Gedankens der Wein ist und bei klarer Sicht auch dem Erzähler deutlich wird, dass viel mehr bleibt.
Ja, ich hatte schon das Wort ‚Suff’ fallen lassen; er war zwar Weinhändler gewesen und somit im kontrollierten Umgang mit Alkohol erfahren, doch auch diese Spezies gerät hin und wieder aus dem Takt. Besonders wenn es, wie in seinem Fall, keine Tagesstruktur mehr gibt.
Bas: schrieb:
Der Fluss, der da beim Schreiben entsteht, ist nämlich viel klarer und ehrlicher als irgend so ein Kunstkniff und in der Wirkung dem Alkohol gegensätzlich, geistesanregend, nicht vernebelnd.
Dem schließe ich mich ohne die geringste Einschränkung an.

Aber weil ich hier irgendwie angesteckt wurde von dem Fluss und ein bisschen in Rätseln spreche, werde ich noch mal deutlich … Ich habe deine Geschichte wieder sehr genossen, ...
Darauf bilde ich mir etwas ein, denn das sagt ja nicht irgendwer. Aber, lieber Bas, sollte es einmal nötig sein, dann nimm die Bratpfanne und hau kräftig drauf! Auf Dich höre ich.

Nochmals bedankt und hüte Dich vor einem Gipsbein! Unser mediterranes Pécs (Eigenwerbung) hat jetzt auch ‚Land unter’ – sagt man das bei Hochschnee so?
Viele Grüße!
José

 

Hallo josefelipe,

ich rede gar nicht lange rum: deine neue Geschichte finde ich wieder sehr gelungen,
ich bin richtig drin in deinem Hubertus mit seinen Erinnerungen, seiner Wut, seiner Einsicht, seiner Hoffnung, seiner Verzweiflung und seinem Suff :wein: ...

Habe deshalb auch nur Krümelmist:

Als Robert hier war, hat auch Lotta ihn probiert – und ausgespuckt.

Der Robert ist an dieser Stelle gleich so prominent, dass es verwirrt, da er ja später keine so besonders große Rolle mehr spielt. Ich fände es besser, Lotta zuerst zu nennen, Vorschlag:
Lotta hat ihn auch probiert, damals, als Robert da war - und ausgespuckt.

er gehört in die Kategorie ‚Must unbedingt Have’.

have klein, oder Must-Unbedingt-Have


weich und milde wird das Licht, ‚Lebenslicht!’ fährt es mir durch ...

Lebenslicht würde ich kursiv besser finden, die Anführungszeichen haben meinen Lesefluss gestoppt.


Eigentlich war es ein scheußliches Ping-Pong – des einen Triumph war des anderen Schmach.
Eigentlich könnte mMn weg, weil, es war doch ein scheußliches Ping-Pong, nicht nur eigentlich.


Der Sex der alten Herren – ich verkneife mir den Kalauer und strecke mich.

Er verkneift sich den Kalauer doch gar nicht ... Er steht doch da, und er denkt ihn also, zum Reden ist doch niemand bei ihm in dem Moment. Also, von mir aus könntest du ihn dir auch verkneifen. ;)

Lotta war laut, oft zu laut. Ständig am Plappern, am Telefonieren, Schlagermusik, Stilettostakkato, Haarföhn.
Doch diese Stille quält.

Das ist schöner Absatz - einer von vielen natürlich.


Jessas, da stiegen mir die Tränen in die Augen – so viel Schönheit, so viel Hoffnung, wie die Musik anschwillt, immer kraftvoller emporsteigt, mich herausreißen will aus meinem Trübsinn – aber ich umklammere mein Glas und heule.

Hast du mit Absicht zwei Zeiten in einem Satz?

In Nimes werden wir übernachten und in Maumusson unter Riesenzedern sitzen, getrüffelte Ente essen und dazu reifen Madiran trinken. Das wird ganz wunderbar, ich weiß es.

Das ist ganz wunderbar traurig. :sad:


¡Salud
Viele Grüße von Raindog

 

Hola alexei,

ich danke Dir für Deinen Kommentar. Wenn ein alter Autor jüngere Leser hat, dann freut er sich – so wie ich.
Allerdings muss ich auf jugendliche Ausdrucksformen verzichten (außer in wörtlicher Rede). Ich würde sicherlich was auf die Nuss bekommen, wenn ich Deinen Vorschlag annähme:

... und ich bin beleidigt, weil sie mich vor Robert wie einen Trottel dastehen lässt.
"und es ist voll scheiße, dass sie das auch noch vor Robert zu mir sagt."
alexei: schrieb:
Wäre das besser? Ich fände das näher an der Figur ran.
Ich finde, diese rustikale Frische passte besser zu einem Deiner Texte; Autor und Werk sollten ja immer eine Einheit bilden:dozey:.

... ich verkneife mir den Kalauer und strecke mich.
Ich mag es nicht, wenn man schreibt "Ich mache dies ... ich mache das". Vielleicht kannst du das mehr mit den eigenen Gedanken verweben, indem du etwas schreibst im Sinne "Nein, kein Kalauer. Oh, mein Rücken. Ich sollte mich mal strecken."
Ja, da hast Du recht – Raindog hat auch diese Stelle gerügt. Da geh’ ich noch mal ran.

Vielleicht würde es der KG gut tun, wenn sie von Anfang bis Ende in der Vergangenheit stehen würde. Dass du zum Großteil in der Gegenwart schreibst, ergibt aber auch Sinn, weil die Figuren ja auch bei einer Stelle über einen unreifen Wein reden
Das ist das Problem! Einige Kommentatoren haben die Zeitsprünge beanstandet, völlig zu Recht. Eventuell rückwärtsgewandte Gedanken kursiv ... eine Möglichkeit.

alexei: schrieb:
Aber hey, ich interpretiere wieder zu viel.
Ganz und gar nicht. Um besser zu werden, müssen wir schon über unsere Texte nachdenken, und ich danke Dir, dass Du das hier getan hast.

Lieber alexei, für heute beste Wünsche – auch damit Du Deinen weltmännischen Neigungen nachkommen kannst:

Aww, ich habe jetzt Lust auf getrüffelte Ente.
Dann bin ich einer Meinung mit Dir:
alexei: schrieb:
Aber das ist ein schönes Ende.

José

 

Hallo josefelipe,
ich möchte nichts wiederholen, was schon vor mir andere geschrieben haben. Ausserdem bin ich absoluter Anfänger sowohl hier im Forum, als auch was das Schreiben selbst betrifft. Daher hier nur ein paar Eindrücke aus Lesersicht. Eine tolle Erzählung, dicht, spannend. Gut zu lesen. Dennoch bleibt ein fader Nachgeschmack. Ein alter Mann versucht dem Tod noch ein paar schöne Stunden abzuluchsen indem er vergangene bessere Zeiten wieder aufleben lässt. Und dazu benötigt er eine Frau, die sein Leben verlassen hat. Zurückgewinnen will er sie indem er seine schlechten Seiten offenlegt und Reue zeigt. Bitte nicht böse sein, dass ich deine wunderbare Geschichte so trivial zusammenfasse. Nicht die gut gemachte Erzählung ist daran schuld. Ich zweifle am Inhalt. Diese Reue, verursacht durch Einsamkeit und nahendem Tod ist "alter Wein in neuen Schläuchen", um mit deinen Metaphern zu sprechen. Egozentriert. Dein Protagonist will seine Schwäche und Reue benutzen, um eine alte Liebe zu manipulieren. Ich zweifle, das das gelingt. Das macht mich als Leserin (!) traurig.
Liebe Grüße
Heike

 

Hola Detlev,

Detlev: schrieb:
... Entsagung ist die letzte Herausforderung im Alter, das muss auch Dein Prot lernen ... aber es fehlen ihm noch Dankbarkeit, Akzeptanz und Einfühlung.
Weise Worte, fürwahr! Diese Etappe hat er noch vor sich, das wird er hoffentlich noch kapieren. Momentan will er versuchen, das gewohnte Leben zu reaktivieren – und der gute Wein macht ihn glauben, das auch zu können. Tragisch.
Dein Prot hängt sich noch arg an sein ausgekostetes Leben, an seine Gedanken darüber, an seine Erkenntnisse; der Narziss hat Angst, seine nicht artikulierte Abhängigkeit zu verlieren.
Tja, so sieht’s aus. Zu Recht hat er Angst, es ist, wie Du sagst:
Detlev: schrieb:
Er wittert die ungeschminkte Wahrheit hinter seinem egoistischem Weltbild, ...
Da hat er noch einige Lektionen vor sich.
Hier allerdings bin ich unsicher:
Detlev: schrieb:
... dass das Wertvollste, was Du besitzt, das ist, was Du bei einem Schiffbruch nicht verlieren kannst.
Bislang dachte ich, dass ich bei so einem Debakel alles verliere, und wenn ich nicht gerettet werde, verliere ich auch mein Leben. Oder dachtest Du an so etwas wie Seele?

Lieber Detlev, für Deinen Kommentar danke ich Dir, es freut mich, dass Dir diese Gedanken gekommen sind – Dein Prota in Deinem ‚Der Weinberg’ war klüger, als er mit Berit den aufgegebenen Weinberg zu neuer Blüte bringen will; meinem Hubertus kommen zwar auch ähnliche Gedanken:

KG: schrieb:
Winzer hätte ich werden sollen – etwas erschaffen aus Reben und Erde! Alles bestimmen, einen Wein keltern nach den eigenen Vorstellungen, als Kopie des eigenen Charakters.
Leider, aber auch realistischerweise, sieht er Mühsal und Risiko. Trotzdem müsste er noch etwas auf die Beine stellen, um Zufriedenheit zu erlangen – aber ich fürchte, der Hubertus wird sich langsam um den Verstand saufen, und die Lotta kann er sich auch abschminken.

Einen schönen Gruß!
José

Hola Manlio,

ich schlage vor, wir beenden die Debatte. Unterschiedliche Standpunkte zu haben ist ja nichts Schlimmes, zumal es in unserem Fall um Korinthen geht.

Wir werden schon wieder einmal einen gemeinsamen Nenner finden.
Mach’s gut!
José

 

Hola Raindog,

das freut mich sehr, dass Du die Nase reinsteckst – und Deine Zeit. Vielen Dank.
All Deine Verbesserungsvorschläge hab ich übernommen / eingebaut, nur den ersten nicht:

KG: schrieb:
Als Robert hier war, hat auch Lotta ihn probiert – und ausgespuckt.
..., Vorschlag:
Lotta hat ihn auch probiert, damals, als Robert da war - und ausgespuckt.
Dem Robert kommt keine Bedeutung zu, den brauch ich nur, um im Mini-Dialog Hubertus’ Angeberei vorzuführen. Dann taucht der ab, hat endgültig die Nase voll von Hubby-Prahlhans.
have klein, oder Must-Unbedingt-Have
Danke.
Lebenslicht würde ich kursiv besser finden, die Anführungszeichen haben meinen Lesefluss gestoppt.
Danke.
KG: schrieb:
Der Sex der alten Herren – ich verkneife mir den Kalauer und strecke mich.
Er verkneift sich den Kalauer doch gar nicht ... Er steht doch da, und er denkt ihn also, zum Reden ist doch niemand bei ihm in dem Moment. Also, von mir aus könntest du ihn dir auch verkneifen.
Ich? Du kennst die alten Herren nicht! Außerdem: Gedanken sind frei, aber das verkneifen hab ich mir jetzt verkniffen:shy::
KG: schrieb:
Der Sex der alten Herren – mit einem schiefen Lächeln strecke ich mich.
Hast du mit Absicht zwei Zeiten in einem Satz?
Ist korrigiert.
KG: schrieb:
In Nimes werden wir übernachten und in Maumusson unter Riesenzedern sitzen, getrüffelte Ente essen und dazu reifen Madiran trinken. Das wird ganz wunderbar, ich weiß es.
Raindog: schrieb:
Das ist ganz wunderbar traurig.
Ja, finde ich auch.
Trotzdem noch ’n Kalauer von mir: Die Hoffnung stirbt zuletzt bzw. wenn die Weinvorräte zu Ende gehen.
So, jetzt reicht’s aber.

Ich aale mich noch einmal in Deinen Worten:

deine neue Geschichte finde ich wieder sehr gelungen, ...
bedanke mich für Deinen Kommentar
und grüße Dich

Dein Dir sehr ergebener José:cool:

Halt, da ist noch was: Herzlichen Glückwunsch zu Deinem tollen Abschneiden bei der Challenge!
Und auch Dir, lieber Bas, Gratulation! Das war wirklich überzeugend, meine Herrschaften!

 

Hola Heike Hatzmann,

für Deinen Kommentar meinen Dank!
Ich nehm’ mal gleich den für mich wichtigsten Satz als Erstes:

Ich zweifle am Inhalt.
Das wundert mich ebenso wenig wie eine Bestätigung: Ja, so isses!
Über die Zeit hab ich aufgehört, mir zu überlegen, ob das menschliche Verhalten – im echten Leben oder wie im Text irgendeiner Geschichte geschildert – überhaupt nachvollziehbar ist.
Uns allen schwirren Tausende von Beispielen durch den Kopf, dass sich jemand so simpel voraussehbar oder so unvorstellbar / unerwartet anders verhalten hat, dass es einem den Atem verschlägt (in krassen Fällen:D). Das sind die Sensationen, die uns stark berühren, obwohl sie stets nur Kopien und Varianten einiger fester Verhaltensweisen sind, die schon Jahrtausende alt sind:teach:.
Deswegen trifft auch Deine Feststellung ins Schwarze:
Bitte nicht böse sein, dass ich deine wunderbare Geschichte so trivial zusammenfasse.
Wenn es nicht gerade um Heldentum und Edelmut geht, wird so etwas trivial sein, egal wie geschickt es verkauft / gepimpt ist (Was ich aber nicht von meiner KG behaupten will:dozey:.
Dein Protagonist will seine Schwäche und Reue benutzen, um eine alte Liebe zu manipulieren. Ich zweifle, das das gelingt.
Auch ich bezweifle das – sie wird ihm ein’s husten. Aber smart, wie er nun einmal ist, mutiert er zum Romancier und kann nebenbei die Reifeentwicklung seiner Weine weiter verfolgen:D.
Ich finde, er versucht aus seiner Situation das Beste (und Bequemste) zu machen, kein Smiley.
Das macht mich als Leserin (!) traurig.
Och nee – soweit, liebe Frau Hatzmann, sollte es nicht kommen oder gehen! Aber ernsthaft: Traurigkeit ist nicht mein Ding – obwohl ich sie vielleicht durch ungeschicktes Schreiben oder fehlende Überlegung auslöse? Weiß ich nicht.
Die letzte Lebensetappe unter die Lupe zu nehmen, hat ein bisschen mit meinem Alter zu tun.
Die ganzen Erinnerungen und Erfahrungen ähneln immer mehr der zunehmenden Datenflut der Klimaforscher – bis hin zum Widerspruch in sich.
Da wird man ganz kleinlaut.

Schöne Grüße!
José

 

Hallo josefelipe,

freut mich, dass du mit meinem Kleinkram etwas anfangen konntest,
und durch das verkniffene Verkneifen stört mich der Kalauer auch gar nicht mehr ;) .

Dem Robert kommt keine Bedeutung zu, den brauch ich nur, um im Mini-Dialog Hubertus’ Angeberei vorzuführen.

Das hatte ich schon so verstanden, deshalb war ja auch der Vorschlag, den erst nach Lotta zu nennen, aber wenn du es so lässt ist es ja auch nicht verkehrt, ist nur Pillepalle und persönliches Empfinden und du bist der Boss, und - falls du dich nochmal in meinen Worten aalen möchtest:
Deine Geschichte gefällt mir trotzdem gut! :)

Liebe Grüße von Raindog

 

Hola josefelipe,

"Dieser Wein ist rau, grob, beinahe brutal." Damit hast du die Gesamtstimmung der Geschichte gut zusammengefasst, finde ich. Ein alter depressiver Mann, der mit dem Leben abgeschlossen zu haben scheint, begegnet mir hier, wäre da nicht noch das Romanprojekt.

Die erste Szene zeigt das Verhältnis des Prot zu seinen Freunden/ seiner Frau. Die Stimmung ist eisig, keiner scheint dem anderen was zu gönnen, bzw. macht das, was die anderen tun, jeweils schlecht. Nur Robert wird verschont, teilt aber seinerseits aus, Lotta zickt rum, Hubert will seinem Freund beweisen, was für ein toller Hecht er ist. Klingt nicht nach einem gemütlichen Abend unter Freunden. Und es war ja auch der letzte in der Konstellation, wie wir erfahren.

" ... Hubby, wär's nicht besser ..." Hubby? Das klingt echt fies. So nach Kleinkind. Oder noch schlimmer: Nach Hund. Mich würde interessieren, wie gut Robert (Robby?) und Hubby sich kennen, denn der Name wäre allenfalls für einen running gag gut.

Im Folgenden klingt es, als wäre Hubby so unmöglich, dass sich alle von ihm abgewendet haben. Ist Hubby wirklich so schlimm? Oder spricht da sein Selbsthass aus ihm? Er scheint ja ziemlich einsam zu sein, was ist da schief gegangen? Das Leben als solches? Oder hat Hubby ständig Mist gebaut? Hier hätte ich mir etwas Konkreteres gewünscht, wie es dazu kommen konnte, dass Ehe und Freundschaften gescheitert sind. Ich weiß, du bist eher ein Erzähler und weniger szenisch, aber mir hat die eine oder andere Situation gefehlt, die zeigt, was da eigentlich genau passiert ist, dann könnte ich Hubbys Depression besser nachvollziehen. Er reflektiert zwar über seine Fehler (Angeber, Egomane usw.), abet das sind ja viele Menschen, da hätte es für mich noch eine weitere Szene wie am Anfang geben können.

Kleinigkeiten:

" ... Seit Roberts letzten Besuch ..." letztem

Mit dem "strahlenden Meer" hab ich Probleme. Die Sonne strahlt aber das Meer? Glitzert das nicht eher?

" ... Der Oberkellner improvisierte einen Herzanfall ..." Das hab ich nicht verstanden. Wieso tut er das?

Insgesamt fand ich die Situation, in der der Erzähler sich befindet gut beschrieben, aber um wirklich mitfühlen zu können, hätte ich mehr Hintergrundinfo gebraucht.

Liebe Grüße von Chai

 

Hola Chai,

Dein fairer Kommentar lässt mich hoffen, dass Dein – von mir unterstellter – Zorn über meinen Post weitestgehend verraucht ist. Das freut mich sehr und ich danke für Deinen Leseeindruck.

"Dieser Wein ist rau, grob, beinahe brutal." Damit hast du die Gesamtstimmung der Geschichte gut zusammengefasst, ...
Klingt nicht nach einem gemütlichen Abend unter Freunden. Und es war ja auch der letzte in der Konstellation, wie wir erfahren.
Ja, so sehe ich das: Sicherlich kann ich die Atmosphäre beeinflussen – so oder so – doch verändere auch ich mich durch das Verhalten der anderen. Alles fließt, Beständigkeit bleibt ein Wunsch.

" ... Hubby, wär's nicht besser ..." Hubby? Das klingt echt fies. So nach Kleinkind. Oder noch schlimmer: Nach Hund.
Na ja, ich hab`s ertragen ( steht im Perfekt, weil meine Freunde alle weggestorben sind:crying: ) Sie nannten mich ‚Hugenin, der Wahnsinnsgeiger’ – also Huggy. Hab’s zart geändert.
Mich würde interessieren, wie gut Robert (Robby?) und Hubby sich kennen, denn der Name wäre allenfalls für einen running gag gut.
Nix Robby, nix running gag. Robert blieb immer Robert. Den gab's wirklich. Abgesehen von meiner stabilen Ehe könnten ein paar autobiografische Pünktchen eingearbeitet sein.

Im Folgenden klingt es, als wäre Hubby so unmöglich, dass sich alle von ihm abgewendet haben.
‚Alle’ gab’s nie. Hubertus ist (war) Einzelgänger. Hat sich in der Weltgeschichte herumgetrieben und ist erst ziemlich spät eingefangen worden. Du hast es ja auch so verstanden:
Er scheint ja ziemlich einsam zu sein, ...
Ist Hubby wirklich so schlimm?
‚Schlimm’ weiß ich nicht – eher eigen. Konnte sich nie unterordnen, musste immer sein eigenes Ding machen.
... was ist da schief gegangen? Das Leben als solches? Oder hat Hubby ständig Mist gebaut?
Vielleicht konnte es gar nicht anders laufen. ‚Mist’ hat er nicht ständig gebaut, im Gegenteil: Er war erfolgreich, aber nicht weit entfernt von einem echten Hagestolz:shy:.
Hier hätte ich mir etwas Konkreteres gewünscht, wie es dazu kommen konnte, dass Ehe und Freundschaften gescheitert sind
.
Wäre vielleicht zu ausschweifend geworden. Ein paar Sachen hatte ich eingestreut, die ein grobes Bild von seiner Person zeichnen, aber ob auch deutlich genug?
... mir hat die eine oder andere Situation gefehlt, die zeigt, was da eigentlich genau passiert ist, dann könnte ich Hubbys Depression besser nachvollziehen.
Ganz ohne Frage hätte ich das ausbauen können. Ich war aber schon erstaunt, welchen Umfang die als Szene gedachte Geschichte annahm. Doch vielleicht sollte man es so nehmen,
dass ein einsamer Mann am Schreibtisch sitzt und beim Weintrinken seinen Gedanken nachhängt. Der Dampf ist schon längst abgelassen:D.
" ... Seit Roberts letzten Besuch ..." letztem
Danke
Mit dem "strahlenden Meer" hab ich Probleme. Die Sonne strahlt aber das Meer? Glitzert das nicht eher?
Stimmt, hab’s geändert: ‚strahlende Augen ...’
" ... Der Oberkellner improvisierte einen Herzanfall ..." Das hab ich nicht verstanden. Wieso tut er das?
Ich stellte mir vor, der sei so geschockt von diesen uninformierten Gästen, die keinen Sinn für Kochexperimente haben, dass es ihm das Herz zusammenkrampft. Aber hast schon recht, jetzt heißt es: ... und fiel aus allen Wolken
Insgesamt fand ich die Situation, in der der Erzähler sich befindet gut beschrieben, aber um wirklich mitfühlen zu können, hätte ich mehr Hintergrundinfo gebraucht.
Das alte Dilemma. Ich hab so viel gestrichen, weil ich nicht riskieren wollte, dass der Leser abspringt – naja, weißt schon ...

Jedenfalls habe ich mich über Deinen Komm sehr gefreut – die Leute in Goa scheinen mir tiefenentspannt. Aber Neid kenne ich nicht, wir leben hier auch in sanatoriumsähnlichen Umständen. Unsere geniale Tourismuswerbung hat den Spruch kreiert: „Träum dich weg.“

Liebe Chai – meine besten Wünsche!
José

 

Hola josefelipe,

nee, zornig war ich nicht über deinen Kommentar, da hast du grad noch so die Kurve gekriegt. Tiefenentspannt bin ich aber auch nicht, und die Leute in Goa ... Denken wir doch mal an Josef aus meiner letzten Geschichte. Ich weiß, die hast du weitestgehend verdrängt, aber die Josefs sind keine Seltenheit hier ...

Nochmal zu Hubby. Das ist ja bekanntlich Geschmackssache, aber für mich klingt der Name wirklich albern. Huggy wäre cool gewesen, aber Hubby ... Nee. Aber gut, ist dein Text.

Mit Hintergrundinfo meinte ich nicht, dass noch mehr erzählt werden muss. Aber dadurch, dass Hubby - 'tschuldigung, ich kann's nich lassen - in Gedanken über sein Leben hinwegfegt und eben in einer depressiven Stimmung ist, klang es für mich so, als würde er vieles bereuen, auch was sein Verhalten angeht. Naja, nu weiß ich's.

Sonnige Grüße von Chai

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom