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Serie Kreis mit Kreuz: Isabel

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02.09.2015
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Kreis mit Kreuz: Isabel

I.

»Nein, was du nicht sagst? So ein Arschloch! Sag' mir Bescheid, wenn ich es tun soll! Ich fahre gleich morgen bei ihm vorbei, Schätzchen, du Arme! Wer hätte das gedacht? Wie viele Jahre waren es? Aber ich wusste es gleich. Tom hat euch nie gefragt, ob ihr zu ihm ziehen wollt. Dabei hat er ein Hundertquadratmeterpenthouse in Schwabing! Und du? Tut mir leid, deine Wohnung ist ja nett, aber für Mutter mit Kind ... Und das macht man doch schon aus Anstand: dich und Lisa fragen …« Zitas Stimme dröhnt so laut aus dem Smartphone, dass ich es von meinem Ohr weghalte, während ich die Rolltreppe mit den Frusteinkäufen im OEZ zur nächsten Etage hochfahre.

Ich blubbere etwas, das Zustimmung sein soll, aber in einem Stöhnen verendet. Zita redet sich in Rage wie damals, als Joachim mich quasi am Traualtar stehen ließ, als er zwei Nächte vor unserer Standesamtlichen plötzlich nicht mehr erreichbar war. Ein halbes Jahr später erfuhr ich, dass sie Veronika heißt und neun Monate später erfuhr ich … ach, egal. Ihr könnte es Euch denken. Und dann war da Hans-Peter, der »Opi«, wie ihn Zita stets nannte. Ich gebe zu, er war älter als ich, viel älter, aber ich dachte, der Mann weiß wenigstens, was er will. Wusste er auch, nämlich drei Jahre später seine zwanzigjährige Physiotherapeutin. Ich redete mir ein, dass das wohl seine Masche sei, aber Pustekuchen, die beiden waren eine Dekade zusammen, bis sein Herzinfarkt sie schied. Aber nichts übertraf Jan-Thorsten, den »Boomerang«. Mit keinem Mann war ich so lange und so oft zusammen. Ich verzieh ihm Rita, Aja, Wanda, Isolde, Olga, wie hieß die kleine Blonde noch einmal? Aber gut, irgendwann machte das Leben mit uns Schluss. Er bekam einen Job in Australien. Außerhalb meines damaligen Urlaubsbudgets. Und ich bekam Lisa, auch außerhalb des Budgets.

»Isabel, Schatz«, ruft es aus dem Smartphone, »du solltest wirklich einmal eine Auszeit nehmen. Zu dir selbst finden. Nicht wieder von eine Beziehung in die nächste. So warst du doch früher nicht!«
Ich grunze etwas ins Smartphone, stolpere am Ende der hochfahrenden Rolltreppe fast über eine meiner Tüten, die ich auf der Stufe vor mir abstellte. »Auszeit«, wiederhole ich. Zita hat mit ihren Yoga-Buddha-Tantra-Weisheiten gut reden. Sie ist seit drei Jahren mit Enrico verheiratet, einem italienischen Botschaftsmitarbeiter mit einem geerbten Haus am Gardasee und einem schicken Cabriolet. Ich dagegen habe soeben einen Großteil meines Gewinns diesen Monat versetzt und werde heute Abend mit einer XXL-Chipstüte heulend vor dem Fernseher einschlafen – nein, stopp. Ich werde heulend alleine vor dem Fernseher einschlafen. Außer Puste von dem Marathon-Shopping lasse ich die Einkäufe fallen, drücke das Smartphone näher ans Gesicht. »Ich muss jetzt Schluss machen, Liebes.« Bevor ich auf die rote Taste drücke, höre ich noch ein aufgeregtes »Isabel« aus dem Handy krächzen. Aber Zita wird mir verzeihen. Wir kennen uns seit der Schule. Sie ist Kummer mit mir gewohnt.

Ich stehe mit der Rolltreppe im Rücken mitten im größten Einkaufszentrum Münchens und fange an zu weinen. Auf einmal kommt es raus, das ganze Aufgestaute: meine unruhigen Nächte, in denen ich mich fragte, ob Tom wirklich auf Geschäftsreise war, die ständigen Anrufe auf sein Handy und wie er mir entglitt. Ich spürte es richtig, dass wir nicht mehr länger Tom und Isa waren, sondern Tom und die schöne Unbekannte und Isa allein in Berg am Laim. Und heute ist der Tag, an dem er mir verkündete, dass Schluss sei. Einfach so. Es hätte jeder beliebige Tag sein können, aber es war heute. Dabei hätten wir eine Woche nur für uns gehabt.
Ich wünsche ihn mir so sehr: den sicheren Hafen, von dem alle reden, als wären wir alle Schiffe auf offener See, die früher oder später vor Anker gehen müssen.
Mein Kahn lief dagegen wieder einmal kräftig auf Grund. Vielleicht lag ich da auch schon die ganze Zeit und redete mir nur ein, auf dem Meer zu segeln. Vielleicht bin ich einfach nicht der Beziehungstyp und steuere diesen Hafen nur an, weil meine Freundinnen dort auch ankern. Ich verdränge den Gedanken, so schnell wie er gekommen ist. Alle Menschen sind Beziehungstypen! Wir sind schließlich von der Evolution auf Fortpflanzung getrimmt?!
Also bleibt mir eine Erkenntnis: Ich schmecke schlechter als Ananas-Gummibärchen. Ich bin das ultimative Grapefruit-Gummibärchen oder noch schlimmer: Hustensaft-Gummibärchen. So eines, das man eine Zeit lang nehmen muss und doch am liebsten ausspucken würde. Und jetzt heule ich erst recht.
»Hey, Sie da!« Ein Schlag in den Rücken lässt mich aus meinen Fruchtgummi-Gedanken aufwachen. Ein Herr in grauem Anzug drängt sich an mir vorbei. Die Leute, die hinter mir die Rolltreppe verlassen wollen, schupsen schließlich mich und meine Tüten beiseite. Sie beachten mich nicht, schauen allenfalls genervt. Nur eine ältere Dame sieht für einen Moment besorgt aus, biegt dann aber in das nächste Geschäft ab. Die Nase hochziehend nehme ich meine Taschen auf und die Rolltreppe nebenan nach unten. Das Shopping ist ohnehin vorbei.

II.

Zuhause angekommen setze ich mich mit den Chips und einer Familienpackung Taschentücher vor den Fernseher. Reiße beides nacheinander auf und stopfe mir anschließend eine Handvoll Kesselchips in den Mund. Die zwischen meinen Beinen geklemmte Tüte knistert bei jeder Bewegung. Während die Couch zukrümelt und sich eine salzig-klebrige Masse zwischen meinen Zähen bildet, zappe ich durch das Abendprogramm. Wie gut, dass Lisa mich so nicht sieht. Ich würde ihr erklären müssen, das Tom nicht mehr kommt. Sie mag ihn. Er brachte oft etwas zum Spielen mit und er ist ein guter Geschichtenerzähler – war ein guter Geschichtenerzählter, jedenfalls für mich und Lisa.
Die Fernbedienung ist schon so fettig wie meine Finger. Krimi, Krimi, Kochsendung, Schlagershow mit einem gegelten blonden Typen … Ich bleibe auf irgendeinen der Dritten an einer Meerlandschaft mit Hügeln hängen. Die Stimme aus dem Off erzählt etwas über Corniches und Socca. Genau an einem solchen Ort sollte ich jetzt sein.

Mein Smartphone klimpert. Kennt Ihr diesen Sternenschnuppen-Sound? Für mich heißt er Zita. Ich zögere, den Blick auf den Fernseher gerichtet, nehme dann aber doch ab und wie auf Abruf rinnen mir die Tränen aus den Augen. »Ich bin ein Hustensaft-Gummibärchen!«, schluchze ich, während ich zeitgleich ungelenk mit der freien Hand meine Nase in ein Papiertaschentuch schnäuze.
»Du bist was?« Zitas Stimme klingt schrill. »Schätzchen, geht es dir wirklich …?«
Eine unsichtbare Hand schreibt weiße Letter im Kalligrafiestil auf den Fernsehbildschirm , bevor ein alter Markt gezeigt wird mit wackeligen Ständen und roten Planen, Bergen von Gemüse, Blumen … traumhaft. Dort will ich hin – sofort, auf der Stelle.
Tapfer reibe ich mir die Tränen aus den Augen, entziffere die Buchstaben auf dem TV und schniefe. »Ich fahre nach Nizza.«
»Was? Isabel?« Jetzt klingt Zita wirklich aufgeregt.
Ich lege auf und stelle das Smartphone ab. Noch mehr Zita-Schätzchen ertrage ich heute nicht. Nizza. Sofort muss ich an den Film von Alfred Hitchcock denken, während dessen Dreharbeiten sich Grace Kelly in den Fürsten von Monaco verliebte … romantisch! Ich schniefe erneut in mein Taschentuch. Und sofort male ich mir aus, wie ich meinen Traummann auf einem Ausflug nach Monaco finde; vor dem Casino steigt er aus einem prähistorischem Rolls Royce in einem weißen Anzug mit Zylinder und Zigarre … nein, den Zylinder und die Zigarre lassen wir weg. Mein Freund soll ja nicht aussehen, als käme er gerade vom Fasching, oder als würde er in drei Jahren an Lungenkrebs sterben.
Aber die Côte d‘Azur, das ist realistisch. Von meiner reisegeilen Schwester Karla weiß ich, dass es Direktflüge von München nach Nizza gibt. Und sie sagt immer wieder, dass wir uns von unserem Erbe auch einmal etwas gönnen sollen. Aber ich bin halt mehr der »Sparfuchs-«, als der »Ich-werfe-mein-Geld-aus-dem-Fenster-Typ«. Ich rufe eine der Flugpreisvergleich-Apps auf dem Smartphone auf. Es ist Herbst. Die Flüge günstig. Perfekt!
Lisa ist zudem über die Schulferien bei ihrer Tante, der anderen, der sesshaften, auf der Hallig gut versorgt. Meine Kunden und Kundinnen können warten. Ich kann tun und lassen, was ich will. Und auf einmal steht für mich fest: Ich werde Zitas Ratschlag befolgen und mir eine Auszeit nehmen. In Nizza.

III.

Die Treppe des Flugzeugs ist steil, die warme Luft des südfranzösischen Indian Summers haut mich fast aus den violetten Pumps. Wie auf Eiern verlasse ich den Flieger und drängele mich in den Rollfeldbus, der nicht nur unser, sondern noch zwei andere Flugzeuge aufnimmt. Der Flughafen von Nizza ist klein und liegt weit ab vom Ortskern. So viel Wissen habe ich mir bereits in München zusammengegoogelt. Ich winke ein Taxi herbei, zumindest ein fescher, neuer Mercedes. Ich lasse mich in die lederne Rückbank fallen, nenne den Namen meines Hotels so gut wie mein français brisé es zulässt. Ich schnappe wieder mein Smartphone; während der Fahrt werde ich mein frisch angelegtes Tinder-Profil aktualisieren. Schließlich bringt es nichts, wenn mich Männer in München suchen und ich in Nizza bin. Und Auszeit hin oder her. Vielleicht gibt es hier ja tatsächlich den Typen mit oder ohne Zylinder.

Auf einmal merke ich, dass mich der Taxifahrer immer noch anstarrt.
»Hôtel de la Solitude, s‘il vous plaît«, wiederhole ich so langsam und akzentuiert, wie es mir möglich ist. Der Taxifahrer nickt und fährt in die aufkommende Dunkelheit; irgendwann macht er so viele Biegungen, dass ich nicht mehr weiß, wo ich mich befinde. Jedenfalls waren wir kaum zehn Minuten unterwegs. Als er anhält, sich umdreht und freundlich lächelnd »Cinquante euros, fifty euros« sagt, bleibt mir fast die Spucke weg, aber zähneknirschend zücke ich einen Fünfziger und werfe ein Zwei-Euro-Stück dazu. Ich quäle mich mit meinem Handgepäck von der Rückbank und stehe vor dem beigen Hotel mit ziemlich wacklig ausschauenden Balkonen. »Home, sweet home«, denke ich laut, doch weiß ganz genau, dass es das ist, was ich jetzt brauche. Einen Ort zum Abtauchen. Mein Vater hätte sich über meine Hotelwahl aufgeregt. Er stieg immer nur in den besten Häusern ab. Meine Kindheit bestand aus Swimming-Pools mit Bergkulisse in der Schweiz, marmornen Hotelhallen in Dubai und weißen Karibikstränden. Ich schmunzle. Vielleicht fällt meine Wahl deswegen auf Häusern wie diese, in denen sich kaum einer um einen kümmert und man nicht ständig von einer Servicekraft mit Cocktail-Tablett verfolgt wird. Einfach perfekt.

Im Hotelzimmer angekommen, inspiziere ich erst einmal die in der Hotel-App niedergemachte Mini-Dusche, die lediglich mit einem Vorhang vom Raum abgetrennt ist. Sie ist sauber. Mehr will ich gar nicht. Das Bett, im typischen französischen Presswurst-Stil arrangiert, ist groß genug für zwei. Ich verdränge den innerlichen Seufzer und lasse mich auf die Laken fallen, schnappe das Smartphone und öffne Tinder. Ich wische die ersten fünf Typen weg, der sechste scheint okay zu sein, doch auch ihn wische ich beiseite und dann bleibe ich an dem Bild eines dunkelgelockten Mannes mit stahlblauen Augen hängen. Er trägt ein Tennisoutfit samt Schläger und ein Haarband. Ich wische in die andere Richtung und erst einmal passiert – nichts.

Ich schnappe mir mein Buch, lese drei, vier Seiten. Ich habe den rosa Schinken mit Glitzerschrift noch schnell am Flughafen erstanden. Die Geschichte von Amelie zwischen zwei Männern sprach mich irgendwie an, genauso wie die Tatsache, dass ich bereits beim Lesen des Buchrückentextes wusste, welcher der beiden Auserwählten am Ende als stolzer Sieger aus der Dreihundertseitenschlacht hervorgehen würde. Das Cover zeigt eine Hochzeitstorte mit zwei Händen, die weibliche ist von der muskulös männlichen fast verdeckt, nur der goldene Ehering blinkt, haptisch hervorgehoben, die Lesenden an. Seufzend starre ich auf das Buch. Wann endlich ist es bei mir soweit? Wo wartet das fehlende Gummibärchen? Als Studentin habe ich mich noch lustig über Frauen gemacht, die solche Schmachtfetzen lesen. Doch dann heiratete eine Freundin nach der nächsten und aus ausgelassenen Clubabenden mit Hugo und Aperol Spritz wurden Treffen im Café um die Ecke mit Kinderwagen und Milchfläschchen. Und auf einmal fühlte ich mich, als müsste ich noch schnell aufspringen auf diesen Zug. Und wie ich aufsprang. Gleich mehrere Male und irgendwann saß ich dann selbst mit einem Kinderwagen im Café, nur dass er wie ein ICE Sprinter ohne mich nach Australien weiterfuhr.

Es piepst. Tinder. Schnell werfe ich den Lesestoff beiseite und öffne ich die App.
»Hi! Machst Du auch Urlaub in Nizza?«, steht dort.
Ich schaue auf das Handy. Grinse. Der Tennismann.
»Ja, eine Woche Auszeit am Meer :-)«, tippe ich.
»Wenn Du wegen des Meeres hier bist, wirst Du enttäuscht werden.«
»???«
»Steinstrand. Äußerst schmerzhaft ;-)«
Steinstrand. Davon hatte ich im Bericht gehört. Aber nicht wirklich darüber nachgedacht.
»Ich habe gute Hornhäute :-D«, schreibe ich zurück.
»:-D – das können wir ja morgen einmal ausprobieren.«
Ich zögere. Will ich das tatsächlich? Gleich am ersten Urlaubstag einen Mann daten? Obwohl, vielleicht ist das Schicksal! Ob ihm ein Zylinder steht? Ich schmunzle den Gedanken weg. »Ich habe für den Vormittag schon etwas vor, aber ab ca. 17:00 Uhr hätte ich Zeit für Strandbesuch und Hornhauttest.«
»Prima! Treffen wir uns in einem der Cafés an der Promenade des Anglais auf Höhe des Negresco. Ich heiße übrigens Per.«
Negresco! Das muss ein Omen sein, denke ich. Das Hotel aus dem Hitchcock-Film und zudem die teuerste Adresse in Nizza. Papa wäre stolz auf mich. »Klingt nordisch Dein Name…«, tippe ich.
»Yau, bin ein Hamburger Jong«
»Und ich ein Münchner Dirndl :-). Isa, heiße ich übrigens. Eigentlich Isabel. Aber alle nennen mich Isa.« Außer Zita.
»Hallo Isa, ich freue mich.«
»:)«

Am nächsten Morgen bin ich ziemlich früh wach. Das karge französische Frühstück kommt mir gerade recht, denn ich kann es gar nicht erwarten, mir die Marktstände in der Innenstadt von Nizza anzusehen und mich durch diese zu schlemmen.
Ich gehe Richtung Promenade des Anglais und atme die salzige Meeresluft ein. Es ist etwas diesig, aber bereits wohlig warm. Ich wechsle die Straßenseite und lasse mich auf einen der zahlreichen blauen Stühle fallen. Am Strand ist kaum jemand unterwegs. Wie hypnotisiert starre ich in das teils türkise, teils dunkelblaue Wasser. Für einen Moment kreuzt Tom meine Gedanken. Ich mochte sein Lächeln, seinen Geruch. Etwas in mir will immer noch nicht glauben, dass es vorbei ist. Wir tatsächlich keine Chance mehr haben. Ich löse mich vom Anblick des Meeres.
Ich bin jetzt hier! Eine Woche Zeit, ins Meer zu sehen, Rotwein zu trinken, Käseplatten zu genießen und mit einem der E-Leihfahrzeuge die Corniches abzufahren. Ich wiederhole es wie ein Mantra: Isa ist allein in Nizza. Aber meine innere Stimme antwortet mir: Und Tom ist mit seiner Neuen in München.

Ich navigiere mich mit meinem Smartphone durch die Altstadt von Nizza. Die Menschen, die am Strand fehlten, scheinen sich hier zu versammeln. Ich drängele mich durch die Menge, vorbei an duftende Oliven, Orangen, Zitronen, Basilikum, Mangold und getrocknete Lavendelsträuße. Die Gerüche und bunten Farben unter den roten Planen überfordern mich. Mir wird leicht schwindelig von all den Eindrücken. Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll mit Schauen, Probieren, Fotografieren … Während ich durch die Gassen treibe, sehe ich einen jungen Mann mit langen schwarzen Locken, einem Grübchen am Kinn und einem leichten Oberlippenbart. Er ist braun gebrannt und ganz in weiß gekleidet. Ich grinse. Er erinnert mich an den Mann aus meinen Tagträumen. Eigentlich fehlen ihm nur noch der Zylinder und der Rolls Royce. Er redet mit einer der Marktfrauen, lacht. Sicher nur ein französischer Gigolo. Früher hätte ich ihn angesprochen. Immer bereit für ein Abenteuer, wie Zita mich neckte, wenn ich wieder einmal nach einer heißen Clubnacht verschwunden bin. Aber jetzt bin ich Mutter. Eine Mutter ohne den dazugehörigen Vater. Ich wende mich ab. Gehe weiter zwischen den Ständen entlang, immer meiner Nase nach. Vor einem Stand bildet sich eine lange Schlange. Auf einem Holzschild steht »Socca«. Ich erinnere mich an dem Bericht im Fernsehen und stelle mich an. Es duftet. Die Menschen vor mir, die bereits eine der crêpesartigen Fladen in den Händen halten, bekommen einen seligen Gesichtsausdruck. So einen möchte ich auch, unbedingt.

IV.

Vor dem kleinen Spiegel in meinem Hotelzimmer binde ich meine blonden Locken zu einem lockeren Dutt. Ich trage ein langes weißes Kleid, das ich letzten Sommer kaufte und noch nie trug, da Tom keine wallenden Kleider an mir mochte.
Ich binde noch ein weißes Schleifenband um den Dutt. Das gibt mir etwas mädchenhaftes mit meinen fünfundvierzig Jahren. Ich seufze, gehe schnell noch zur Toilette und wechsle mein Tampon. Meine Tage werden seit einigen Monaten kürzer. Die Hormone stellen sich auf den Exit ein. Lisa wird vielleicht mein einziges Kind bleiben. Lisa mein Zitronenbärchen. Wie gerne hätte ich ihr ein Waldmeisterbrüderchen oder eine Himbeerschwester geschenkt. Eine echte Familie. Ich hätte auch die Rolle des Ananasbärchens übernommen, wie Lisa mich ohnehin schon manchmal neckisch nennt, weil sie vermutlich meint, ich würde diese mögen. Dabei esse ich die klaren Klebedinger als Muttertier nur, damit die leckeren für Lisa übrig bleiben.

Ich blicke in den Spiegel. Ist unser Leben wirklich so unglücklich?
Wenn ich ehrlich bin: Lisa fragt nie nach einem kleinen Bruder oder ein Schwesterchen. Sie ist dicke mit Annika, der Nachbarstochter, und mit Heide, ihrer Cousine auf der Hallig. Sie hängen ständig vor Skype und tuscheln über Dinge, die wir Mütter nicht wissen sollen. Sie mochte Tom, aber sie fragte nie danach, ob Tom ihr neuer Papa werden würde. Vielleicht ist diese heile Familie, dieser sichere Hafen, die Gummibärenbande tatsächlich nur mein Traum. Ich krame Schuhe aus dem Koffer.

Zurück an der Promenade des Anglais finde ich das kleine Lokal sehr schnell, dessen Adresse mir Per vor einigen Stunden schickte. Ich finde ihn sofort, den Mann vom Tinder-Profil. Per sitzt zurückgelehnt auf dem Bistrostuhl. Seine schwarzen Locken sind etwas kürzer als auf den Fotos, ringeln sich aber charmant auf seiner Stirn. Die Schläfen glänzen leicht silbern. Ich kann es kaum fassen: Er sieht toll aus. Ich lächele, als er seine Blick von der Karte löst und mir zuwinkt. Bevor ich den Tisch erreichen kann, springt er auf und haucht mir französische Küsse auf die Wangen.
»Per«, sagt er, wartet bis ich sitze und lässt sich schließlich selbst wieder, mir gegenüber, nieder.
Ich hebe die Schultern, versuche ein Grinsen wegzupressen und piepse schließlich: »Isa.«
»Und, wie gefällt es dir in Nizza? Hast du schon den Steinstrand inspiziert?« Seine Augen sind blau und groß und ich meine, die Ränder von Kontaktlinsen sehen zu können.
Ich lecke mir über die Lippen. »Bislang ganz gut. Ich habe Socca probiert.«
»Sokker? Fußball?« Er kneift seine blauen Augen leicht zusammen.
Ich schüttele schnell den Kopf. »Nein, nein … diese Fladen aus Kichererbsenmehl. Sie sind …«
»Achso. Was zum Essen.« Er wirkt erleichtert.
»Kein Fußball.« Ich kichere. »Diese himmlischen Fla…«
»Hätte irgendwie auch nicht zur dir gepasst.« Er sieht mich intensiv an.
»Warum nicht?«, frage ich. Für einen kurzen Moment bin ich irritiert.
»Männersportart.« Ich merke, wie seine Blicke meine nackten, schlanken Arme entlang gleiten.
»Meine Tochter spielt seit letztem Sommer Fußball«, sage ich, beobachte ihn.
»Du hast eine Tochter?« Er klingt ganz souverän. Gar nicht erschrocken.
»Ja, Lisa. Sie ist neun.« Das läuft doch super. Gleich reinen Wein einschenken ist doch die beste Strategie. Tom habe ich es viel zu spät erzählt. Das brachte uns die erste Krise ein, bevor unsere Beziehung richtig losging. Auch, wenn Tom sich dann als Glücksgriff … nein, stopp … das ist vorbei.
»Und sie ist nicht hier, deine Tochter?« Die Frage wirkt aufrichtig interessiert.
»Sie ist mit meiner jüngeren Schwester Karla zu meiner älteren Schwester Martina an die Nordsee gefahren oder besser gesagt in die Nordsee. Meine Schwester wohnt auf einer Hallig.«
»Du bist also ein Sandwichkind.« Er richtet sich auf, so als hätte er eine große Erkenntnis gewonnen.
»Ja, Beschützte und Beschützerin zugleich.« Ich zucke mit den Schultern.
Er lacht, nickt. »Von beidem das Beste, also. Das heißt, du bist gar kein echtes Münchner Kindl?«
»Doch, doch. Aber unsere Eltern haben Wert darauf gelegt, dass wir Hochdeutsch sprechen. Ich bin in so einer Art Privilegiertenghetto aufgewachsen. Mit Privatschule und so.« Ich werde leicht rot. Es ist mir bis heute peinlich, hinter den Mauern von Grünwald aufgewachsen zu sein. »Meine Schwester hat dann einen Landwirt geheiratet, der eine Hallig bewirtschaftet. Nach seinem Tod hat sie einfach weitergemacht. Sie ist tough.«
»Und das war im Sinne der Eltern?« Er hüstelt, als hätte er sich verschluckt. »‘Tschuldigung.«
»Meine Eltern sind bereits tot. Sie haben das alles gar nicht mehr mitbekommen. Autounfall. Meine Schwestern und ich waren noch am Studieren.«
»Oh, das tut mir leid. Und dein – Mann?« Jetzt wirkt er verunsichert.
»Ich war nie verheiratet. Lisas Vater war … eine sehr lange Beziehung.«
»Vermisst – Lisa ihren Vater sehr? Vielleicht deshalb Fußball?«
Ich schüttle den Kopf. »Mein Ex, Lisas Vater ist wirklich nicht sehr sportlich. Und sie kennt ihn so gut wie gar nicht. Er bekam vor ihrer Geburt eine einmalige berufliche Chance. In Australien. Wir lesen seinen Namen nur noch im Betreff der Unterhaltszahlungen.«
»Australien. Das klingt gut.« Per pfeift leise. »Da bist du nicht mitgegangen?«
Ich schüttle den Kopf. Vielleicht etwas zu energisch. Per soll ja nicht glauben, ich wäre nicht bereit, für meine große Liebe umzuziehen. »Nein, ich war für Australien damals etwas knapp bei Kasse. Meine Schwester hatte ja ihren Mann verloren und ich habe ihr einen nicht unerheblichen Teil meines Erbes geliehen. Außerdem dachte ich damals, dass ich selbst die große Karriere in der Marketing-Agentur machen würde, in der ich arbeitete.«
»Dachte?«
»Ja, ist alles anders gekommen. Ich bin jetzt selbstständig. Als Grafik-Designerin. War für mich der besser Weg. Und was machst du?« Ich streiche mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Über meinen glanzvollen Abgang bei Hahnentritt und Jahnke möchte ich jetzt gerade nicht reden.
»Ich bin Proktologe. ich habe ein private Praxis in der Hamburger City.«
»Proktologe, das ist …?«
»Darmkrebsvorsorge, vor allem.«
»Ah, klingt – spannend.«
»Ist sehr rentabel jedenfalls.« Er lacht. »Was magst du essen? Die Esgarcot sind hier fabelhaft.« Er schaut in die Karte, die uns zwischenzeitig ein Kellner hinlegte.
Ich krame mein Französisch zusammen. »Esgar… das sind Schnecken, nicht wahr? Ich habe ein kleines Schneckentrauma, seitdem ich gesehen habe, wie meine Schwester sie mit Salz bestreut hat, um den Hallig-Salat zu schützen.«
»Oh.« Jetzt wirkt er enttäuscht. Ein Gourmet, also. Ich muss mir wohl besonders viel Mühe geben. Aber Fisch geht ja eigentlich immer. »Ich glaube, ich nehme den gemischten Salat mit dem Lachs.« Ich klappe die Karte zu.
Er wirkt immer noch enttäuscht. Vielleicht klingt Salat zu sehr nach Kalorienphobie?
Wir bestellen beim Kellner, das heißt, er bestellt, und zwar im perfekten Französisch. Etwas eingeschüchtert frage ich: »Wo hast du so gut französisch gelernt?«
»Zwei Semester Paris und zwei Jahre in einem Krankenhaus in Lyon.«
»Interessant. Das war sicher eine spannende Zeit? Mein Französisch ist etwas eingerostet. Das ist auch zugegebenermaßen nicht nur mein erster Besuch in Nizza. Ich war noch nie in Frankreich.«
»Wirklich nicht? Da hast du aber einiges nachzuholen. Nach Paris muss du unbedingt einmal.«
»Das stimmt wohl. Meine jüngere Schwester Karla sagt das auch immer; ich bin nicht so die Wanderratte. Mit meinen Eltern reisten wir viel. Das reicht eigentlich für ein Leben.«
Er schmunzelt. »Nein, eine Ratte bist du ganz und gar nicht. Eher eine Taube.« Seine weißen Zähne blitzen mit seinen blauen Augen um die Wette. Ich lehne mich zurück. Leute, das hier ist ganz sicher das beste Tinder-Date, das es jemals gab.

V.

Hätte es mir jemand vorher erzählt, ich hätte nicht geglaubt, dass drei Tage Nizza so schnell vergehen können. Mit Per erscheint alles so leicht. Er ist belesen, klug und charmant. Ich finde einfach keinen Haken an ihm, außer vielleicht, dass er kein Socca mag, das himmlischste Streetfood, das ich jemals gegessen habe. Per biss nur einmal in den Fladen aus Kichererbsenmehl, um festzustellen, dass dieses »orientalische« Zeug nicht sein Ding ist. Stattdessen führte er mich jeden Abend in ein anderes Restaurant aus und versucht mich, von Seeigeln, Schnecken und Muscheln zu überzeugen. Noch verweigere ich mich beharrlich, aber ich merke, wie meine Schale bröckelt. Ein wenig erinnert Per mich an meinen Vater, der immer sagte, dass ich alles probieren müsse, bevor ich entscheiden könne, dass ich es nicht mag.
Trotzdem ist da dieses Gefühl, dass alles etwas schnell geht. Per drängte gestern darauf, dass wir heute nach Monaco fahren, aber ich war bislang kaum eine Stunde alleine. Und eigentlich bin ich deswegen nach Nizza: um Zeit für mich zu haben. Zita machte mir am Telefon schon Vorwürfe. Per sei nur die nächste Seifenblase, der ich hinterherrennen würde. Es fühlt sich aber so gar nicht nach Urlaubsflirt an. Trotzdem habe ich mich mit einer Ausrede davon geschlichen. Migräne – von der Regelblutung, die neuerdings nach drei Tagen endet. Aber das wusste Per ja nicht.

Jetzt sitze ich hier alleine in Cannes und starre in das blaue Meer. Die Wechseljahre sind schon eigenartig. Hitzeschauer, Stimmungsschwankungen. Ist es eine Stimmungsschwankung, dass ich Per heute nicht sehen will? Oder stehe ich nur unter dem schlechten Einfluss von Zita? Oder Karla, die mir Cannes als schönste Stadt an der Côte d‘Azur anpries.

Ich atme noch einmal durch. Dann stehe ich von der Mauer auf, die das Meer säumt. Cannes soll eine tolle Stadt zum Shopping sein, sagt auf jeden Fall Karla.

VI.

»Ohweh«, stöhnt Zita ins Telefon, »nach dem Opi, dem Boomerang und dem Arschloch nun Tinder-Man?«
»Er ist nicht Tinder-Man«, verteidige ich einmal wieder meine neue Eroberung. »Er ist Arzt und er hat ein Jakuzi im Garten. Du solltest einmal sein Haus sehen. Eine echte Villa …«
»Ich denke, du verabscheust Villen, nachdem du zwischen den Mauern von Grünwald aufgewachsen bist.«
Ich ziehe mir ein buntes Sommerkleid mit Blumendruck über, während ich das Smartphone zwischen Kinn und Schulter festklemme. »Es geht ja nicht nur um mich, sondern auch um Lisa. Sie hat ein stabiles Zuhause verdient.«
»Erzähle doch keinen Unsinn. Die Lisa würde Luftsprünge machen, wenn du zu Martina auf den Hallig-Hof ziehen würdest, aber sicher nicht in eine durchgestylte Villa in Hamburg.«
»Aber Hamburg ist näher an der Hallig«, sage ich trotzig.
»Du musst es ja wissen. Ich rede dir da nicht mehr ein. Du kennst ja meine Meinung zu deinem Beziehungs-Hopping in den letzten Jahren.«
»Du hast gut Reden, du hast auch Enrico.« Ich rolle meine Augen.
Zita stöhnt. »Enrico war auch nicht geplant. Er ist mir in der Therme Erding quasi in die Arme geschwommen.«
Ich schlüpfe in die neuen, roten Sandalen, die ich in Cannes erwarb. »Ja, ja. Aber ich muss jetzt Schluss machen. Per und ich treffen uns später und ich möchte vorher noch einmal auf der Promenade des Anglais spazieren gehen. Es ist schließlich mein letzter Abend in Nizza. Und ich habe bislang kaum auf einen der blauen Stühle gesessen.«

VII.

Der junge Mann kommt mir bekannt vor. Seine langen Locken sind zu einem lässigen Pferdeschwanz gebunden, als er in weißer Jeans und wehendem weißem Hemd an mir vorbeimarschiert. Ich sitze derweilen auf einer Mauer in der Nähe des Hafens, nachdem die blauen Stühle allesamt besetzt sind.
Ich möchte den Abend genießen. Meine letzte Verabredung mit Per beginnt in einer Stunde. Natürlich hat er schon Folgepläne und in meinem Kalender stehen bereits vier rote Kreuze für das erste Treffen in Hamburg. Ich müsste nur noch Karla überreden, auf Lisa aufzupassen. Wie Lisa wohl reagieren wird auf einen neuen Freund, dazu noch in Hamburg? Aber schulde ich ihr nicht langsam eine Familie? Ich tue das doch für Lisa, oder? Gleichzeitig hallen Zitas mahnenden Worte in meinem Kopf und ich frage mich, ob die Einladung nach Hamburg nicht doch vielleicht nur Pers Enthusiasmus für einen Urlaubsflirt ist, der mit Einstieg ins Flugzeug zurück nach Hause sich in Luft auflösen würde.

»Ich kenne dich!«
Ich schrecke auf und Blicke in das Gesicht des jungen Mannes. So frontal sieht er noch jünger aus, dreißig vielleicht.
»Ich habe dich auf dem Markt gesehen, vor einigen Tagen. Du hast Socca gegessen.» Er spricht Englisch mit einem starken französischen Akzent.
»Oh, ja …«, antworte ich auf deutsch und schiebe ein fragendes »Yes« unbeholfen hinterher.
»Du bist mir aufgefallen«, sagt der junge Mann.
»Wirklich? Really?« Prompt frage ich mich, ob er die Wahrheit sagt oder er es nur so behauptet.
Er lächelt verschmitzt, setzt sich neben mich auf die Mauer und hält mir die Hand hin. »Jean-Luc.«
»Isa«, sage ich. Er riecht nach einer Mischung aus Zedernholz und Meersalz. Ein warmer Schauer läuft mir über den Rücken. Seine Augen sind dunkelbraun, fast schwarz. Und wie auf Abruf greift er sich ins Haar, löst seinen Zopf und seine schwarzen Locken purzeln wie in Zeitlupe auf seine Schultern. Okay, das mit der Zeitlupe bilde ich mir ein. Jedenfalls bin ich wirklich von den Socken.
»Bist du noch lange in Nizza?«, fragt Jean-Luc.
Ich schüttele den Kopf. »Nein, mein letzter Abend.«
»Wie schade. Jetzt, wo ich dir wieder begegne, fährst du?« Er schüttelt die lange Mähne. »Ich habe kein gutes Karma.«
»Vielleicht besser spät als gar nicht«, antworte ich, bevor ich den Sinngehalt meiner eigenen Antwort richtig erfassen konnte.
Für einen Moment sind wir still und schauen gemeinsam auf das Meer. Die Ruhe wird von dem Gelächter einiger Männer gestört.
Nicht unweit von uns springen sie einem Ding hinterher. Einer von ihnen, ein sehr großer schlacksiger Mann mit viel zu großen Sportshorts stolpert über seine Beine, die sich beim Sturz auch noch gekonnt verknoten.
Ich presse meine Hand vor den Mund.
Jean-Luc lacht auf. »Sie spielen Pilou«
»Pilou?«, wiederhole ich. Mein Blick fällt auf das Ding, es ist klein und sie kicken es mit den Füßen und Knien. Und schon wieder liegt jemand auf dem Boden, dieses Mal ein kleinerer gedrungener Mann.
»Schau einmal seine Hosen …« Jean-Luc zeigt auf den Verunglückten.
Erst jetzt sehe ich, dass seine blauen Shorts von Ernie und Bert verziert werden, und zwar direkt auf seiner jeweiligen Pobacke. Ich lache. »Die sind ja grandios! Famous!«
»Du bist Deutsche«, stellt Jean-Luc auf Englisch fest. »Ich spreche leider kein Deutsch. Eine schwere Sprache, nicht wahr?«
Ich zucke mit den Schultern. »Wie geht dieses Spiel?«, frage ich. »Und was kicken sie da?«
»Eine alte Münze, 25 Centime. Sie hat ein Loch in der Mitte und daran befestigen sie Papier.«
»Und das funktioniert?« Ich betrachte neugierig die vier Männer. Der Schlacksige kickt die Münze zu dem Gedrungenen der Herrn. »Ist so etwas wie Sokker?«
»Nein, eher wie Federball. Badminton. Nur mit dem Fuß und im Doppel.«
»Und wer gewinnt?«
»Wer am häufigsten den Pilou in einen der gegnerischen Kreise kickt.«
Ich stehe auf, um besser sehen zu können. Tatsächlich hatten die Männer mit weißer Kreide Kreise und eine Art Spielfeld auf die Strandpromenade gemalt.
Ein blonder Spieler, der viel jünger zu sein scheint, als die anderen drei, kickt die Münze gekonnt von einem Knie zum anderen.
»Angeber!«, sagt Jean-Luc. Auf seinem Gesicht bilden sich Lachfalten.
Der Blonde geht schließlich in die Offensive, lässt die Münze auf seinen Fuß fallen und kickt diese in den gegnerischen Kreis, der von dem vierten Mann verteidigt wird.
Der Blonde und der Gedrungene jubeln, fallen sich in die Arme. Ernie und Bert scheinen dabei im Takt zu wippen.
»Sesamstraße hat gewonnen!«, rufe ich und klatsche in die Hände.
»Vielleicht hast du einmal gesehen. Sie spielen Pilou auch in diesem Hitchcock-Film.«
»Über den Dächern von Nizza.« Ich strahle ihn an.
»Du kennst ihn?« Seine Mundwinkel gehen noch weiter nach oben, als sie es ohnehin schon taten.
Ich werde leicht rot. »Ja, einer meiner Lieblingsfilme mit Grace Kelly.«
»Sie lernte den Fürsten von Monaco bei den Dreharbeiten kennen«, sagen wir annähernd gleichzeitig und fallen schließlich in ein Gelächter. In diesem Moment fällt der ganze Druck von mir.
Ich ringe nach Luft, halte mit meiner Rechten meinen Bauch.
Er nimmt meine Hand, als wären wir ein altes Paar. »Hast du Lust, mit mir auf das Meer zu fahren? Die Sonne geht gleich unter.«
Für einen Moment bin ich sprachlos und Tausende von Gedanken wirbeln durch meinen Kopf. »Meer?«
Er lacht auf. »Keine Sorge. Ich bin Fischer. Ich habe ein kleines Boot.«
»Ich, ähm.« Hektisch schaue ich auf die Uhr. Ich müsste mich jetzt schon beeilen, um pünktlich in dem Lokal zu sein, in dem Per auf mich wartet. Per, der Proktologe aus Hamburg, an dem alles perfekt ist. Von der eigenen Praxis bis zum Jakuzi im Garten.
»Wirst du erwartet?«, fragt Jean-Luc. In seinem Blick meine ich so etwas wie Enttäuschung zu sehen. Doch er fasst sich schnell. Lächelt und streicht eine Locke aus seinem Gesicht, die der Wind hinein wehte.
In meinem Kopf purzeln die Gedanken durcheinander. Per, Tom, der für Zita neuerdings das »Arschloch« ist, der »Opi« und »Boomerang«. Fast die Hälfte meines Lebens rannte ich der Idee der perfekten Familie hinterher. Und nun sitze ich hier am Strand von Nizza und vor mir sitzt dieser Gigolo mit seiner einmaligen Einladung zu einem Sonnenuntergang auf dem Meer. Mit zwanzig wäre ich sofort in sein Boot gesprungen . Und nun? Ich verbrachte seit meiner Ankunft alle Abende mit Per. Mit dem Traum von einem sicheren Hafen. Dies könnte mein einziger Abend auf offener See werden. Für einen Moment fühle ich mich hin- und hergerissen. Ich schließe kurz die Augen, atme tief die Meeresluft ein. »Nein, es wartet niemand.« Und ich kann kaum glauben, dass ich das wirklich sagte.

Jean-Luc nimmt meine Hand und führt mich an den Hafen. Das Fischerboot ist klein und weiß mit einer Plane. Ein wenig fürchte ich mich, dass ich ins Wasser fallen könnte. Schwimmen Gummibärchen eigentlich? Ich lache.
»Was lachst du?«, fragt er.
»Ich lache über Gummibärchen.«
»Gummibärchen?« Er schaut nur für einen Moment verwirrt aus, als er mir ins Boot hilft. Es wackelt.
»Gummibärchen«, wiederhole ich.

Jean-Luc wirft den Motor an und wir fahren hinaus auf das Meer, gerade soweit, dass ich noch gemütlich zum Ufer schwimmen könnte, wenn ich wollte.
Ich schaue auf die Wellen. Der Anblick beruhigt mich. Jean-Luc zieht derweilen eine Champagnerflasche aus den Planen hervor, als hätte sie dort für seine nächste Eroberung gewartet. Typisch Franzose, denke ich und lasse mich in seine Arme fallen mit dem Champagnerglas in der Hand. Die Perlen prickeln in meiner Nase. Der Himmel über uns wird rot. Ich spüre Jean-Lucs warmen Lippen auf meinem Hals. Und obwohl es ganz furchtbar wippt im Fischerboot, fühle ich mich auf einmal wieder frei.

VIII.

Ich habe keine Ahnung, wo meine roten Sandalen sind. Ich gehe alleine zurück zum Hotel, am Steinstrand entlang, auf dem Smartphone sind verzweifelte Nachrichten von Per, ich ignoriere sie. Ich gehe barfuß durch Nizza und das tut auf dem Steinstrand verdammt weh. Es ist aber wunderschön.
Und wisst ihr was das Beste ist? Jean-Luc erzählte mir, dass Gummibärchen sich nach Farben kaufen lassen. Ich werde nur noch gelbe kaufen. Die Lieblingsfarbe meiner Tochter. Und wisst ihr was das Allerbeste ist? Möglicherweise bin ich gar kein Gummibärchen. Kein Ananas-Gummibärchen und erst recht kein Hustensaft-Gummibärchen. Vielleicht bin ich ganz einfach nur – Socca.

 

Hallo @Maedy!

Insgesamt hat mir deine Geschichte sehr gut gefallen - nur mit dem Ende habe ich (größere) Probleme. Aber ich gehe mal im Einzelnen drauf ein.

Wer behauptet, das Leben sei wie eine Pralinenschachtel, der hat keine Ahnung. Denn man findet wirklich für jede Praline einen Abnehmer, gleich wie eklig sie ist. Das gilt sogar für Ananas-Gummibärchen. Mein Leben ist dagegen wie eine Hochzeitstorte – mitten in meinem Gesicht.
Der kursive Anfang gefiel mir beim ersten Mal lesen gut - aber dann habe ich ihn ein zweites Mal gelesen, weil der Vergleich mir nicht ganz rund vorkam. Das ist jetzt natürlich auch Ansichtssache und dieser Einstieg ist ja auch aus der Sicht der Hauptfigur geschrieben, daher kann es gut sein, dass sie es so sieht - ich bin über 3 Sachen gestolpert: 1) Der Spruch "Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel" ist für mich eine Aussage, die mit Überraschungen arbeitet - man weiß nicht, ob eine Praline gut schmeckt oder nicht; deshalb findet vermutlich jede - egal wie ecklig sie ist - einen Abnehmer, aber damit passt der Nebensatz "der hat keine Ahnung" nicht ganz ins Bild. Weil ja die Aussage mit der Pralinenschachtel bestätigt wird, neu wäre nur - und das wird nicht explizit gesagt: dass die Praline, obwohl sie eklig ist, nicht gleich wieder ausgespuckt wird. 2) Wie kommt es von Pralinen zu den Ananas-Gummibärchen? Das ist jetzt wirklich kleinlich, aber ich meine es nicht mal als Kritik, ich verstehe es einfach nicht. Und 3) DIe Hochzeitstorte? Ich dachte, das verstehe ich im Verlauf der Geschichte vielleicht, aber da geht es eher um die Gummibärchen.

Ich gebe zu, er war älter als ich, viel älter, aber ich dachte, der Mann weiß wenigstens, was er will. Wusste er auch, nämlich drei Jahre später seine zwanzigjährige Physiotherapeutin.
Hier musste ich schmunzeln - ich bin ja ein großer Fan von Selbstironie.

Eine Woche, in der ich ihm hätte beweisen können, dass ich die Richtige bin und nicht sie. Wer immer sie auch ist.
Hier - überhaupt im Text, aber an der Stelle viel es mir das erste Mal auf - charakterisierst du schon sehr gut, was für eine Person Isa ist. Alleine diese zwei Sätze zeigen auf, wie verzweifelt sie sich einen (perfekten) Mann an ihrer Seite wünscht und wie sehr sie nach der Anerkennung strebt, ganz gleich, wie oft jemand sie betrügt (wie das später mit dem Bommerang - glaub ich - eh noch aufgegriffen wird.

Ich wünsche ihn mir so sehr: den sicheren Hafen, von dem alle reden, als wären wir alle Schiffe auf offener See, die früher oder später vor Anker gehen müssen.
Das ist ein richtig schönes Bild - also ... die Vorstellung finde ich schrecklich (Ich bin eher der Typ "offenes Meer") - aber das Bild finde ich schön gewählt. Und auch später Isa, die sich vorstellt, sie liegt schon auf dem Grund und erreicht den Hafen darum nicht; das war insgesamt ein "schönes" Bild.

Mir bleibt eine Erkenntnis: Ich schmecke schlechter als Ananas-Gummibärchen. Ich bin das ultimative Grapefruit-Gummibärchen oder noch schlimmer: Hustensaft-Gummibärchen.
Hier fand ich schön, dass die Gummibärchen vom kursiven Text wiederkommen und die begleigten mich dann auch weiter durch den Text. Das finde ich schön, charakterisiert auch ihr Denken und zeichnet sie aus.

»Du bist was?« Zitas Stimme klingt schrill. »Schätzchen, geht es dir wirklich …?« Geschnörkelt schreibt eine unsichtbare Hand weiße Letter im Kalligrafiestil auf den Bildschirm, bevor ein alter Markt gezeigt wird mit wackeligen Ständen und roten Planen, Bergen von Gemüse, Blumen … traumhaft. Dort will ich hin – sofort, auf der Stelle.
Tapfer reibe ich mir die Tränen aus den Augen, entziffere die Buchstaben auf dem TV und schniefe. »Ich fahre nach Nizza.«
Bei dem "Geschnörkelt" - auch mit dem Absatz vorher - hat es mich einen Moment raus gerissen, ich musste zweimal lesen, um zu begreifen, dass es sich hier um einen Text handelt, der einfach im Fernseher "geschrieben" wird. - Das nur als Anmerkung.

während der Fahrt werde ich mein frisch angelegtes Tinder-Profil aktualisieren. Schließlich bringt es nichts, wenn mich Männer in München suchen und ich in Nizza bin.
Seit meinem Fünfzehnten bin ich von einer Beziehung in die nächste gejettet. Ich muss wirklich einmal zu mir finden, rede ich mir ein. Im Hintergrund höre ich den Wellenschlag des Mittelmeers.
Hier finde ich auch sehr schön den Konflikt dagestellt. Zum einen hat sie sich schon vorbereitet mit dem Tinder-Profil und zum anderen will sie zu sich finden und eigentlich für sich sein. Aber sie schafft es nicht, das wird hier schon schön angedeutet.


»Ja, eine Woche Auszeit am Meer :-)«, tippe ich in das Smartphone.
"in das Smartphone" könnte man theoretisch weglassen. Man weiß ja, womit sie tippt. Aber das ist wohl Geschmackssache.

Ich zögere. Will ich das tatsächlich? Gleich am ersten Urlaubstag einen Mann daten? Obwohl, vielleicht ist das Schicksal!
Uff... gut geschrieben, aber mich haben echt Aggressionen gepackt, als ich das "Obwohl, vielleicht ist das Schicksal!" gelesen habe - ich war zu oft auf der Seite von Zita; das Wort "Schicksal" im Zusammenhang mit Liebe kann ich nicht mehr hören. Aber gut geschrieben, ich spüre die Wut, getragen von machtloser Enttäuschung. :D

»Hätte irgendwie auch nicht zur dir gepasst.« Er sieht mich intensiv an.
»Warum nicht?«, frage ich. Für einen kurzen Moment bin ich irritiert.
»Männersportart.« Ich merke, wie seine Blicke meine nackten, schlanken Arme entlang gleiten.
Das wäre der Moment gewesen, indem ich aufgestanden und gegangen wäre (keine Kritik, der Text berührt mich an dieser Stelle einfach so sehr, dass ich sie rausholen musste), aber Isa macht/denkt das:

Ich schüttle den Kopf. Vielleicht etwas zu energisch. Per soll ja nicht glauben, ich wäre nicht bereit, für meine große Liebe umzuziehen.
Er wirkt immer noch enttäuscht. Vielleicht klingt Salat zu sehr nach Kalorienphobie?
Sie ignoriert die roten Flaggen, redet sich (vor allem später) auch ein, sie macht das für Lisa, nur für sie sucht sie nach der perfekten Familie; gleichzeitig ist sie aber schon seit sie 15 war von einer Beziehung zur nächsten gesprungen und das weiß sie, doch sie ist nicht in der Lage, aus diesem Kreislauf auszubrechen. Das ist schmerzhaft anzusehen, toll geschrieben.

»Nein, eine. Ratte bist du ganz und gar nicht.
Hier gehört der Punkt vor Ratte weg.

Leute, das hier ist ganz sicher das beste Tinder-Date, das es jemals gab.
Die zynische Stimme in meinem Hinterkopf an dieser Stelle: "Wundervoll."
Aber das war nicht der einzige Grund, weshalb ich die Szene raus geholt habe - ich glaube du machst das öfter in dem Text, nur verstehe ich nicht, warum du es tust - warum redet Isa den Leser (ich schätze mal, der Leser wird hier direkt angesprochen) teilweise an? An der Stelle ist es mir das erste Mal aufgefallen, am Schluss kommt es auch noch mal, dort allerdings aufdringlicher - aber dazu später mehr.

Ich ziehe mir ein buntes Sommerkleid mit Blumdendruck über,
Ich glaub das sollte "Blumendruck" heißen.

Mauer in der Nähe des Hafens
Hier fehlt ein Punkt. :)

Er lächelt verschmitzt, setzt sich neben mir auf die Mauer und hält mir die Hand hin.
Hier war ich mir nicht ganz sicher, aber ich glaube es ist "neben mich" auf die Mauer. Weil ich eher nach dem "wen" fragen würde als nach dem "wem". Aber kann sein, dass das wieder so eine Dialektsache ist. Wir sagen in der Steiermark ja auch "ich tue mir schwer" und nicht "Ich tue mich schwer" - weil wir da wiederum nach dem "wem tue ich schwer" fragen.

Denn so plötzlich am Anfang der Wechseljahre fühlt sich alles auf einmal befreiend an. Ich muss keiner Beziehung mehr hinterher jagen.
Das kam für mich schon ein wenig plötzlich, aber es ist noch glaubhaft. Sie hat ja zuvor schon den Arzt versetzt, um den Tag mit Fischer zu verbringen. Dann kommen für mich aber die Probleme.

Mir geht es finanziell gut, mein Job macht mir Freude und lässt mir genug Freizeit.
Das mit dem Job und der Freizeit muss ich dir glauben, das wird im Text nicht angesprochen - zumindest nicht in einer Situation, in der ich als Leser der Protagonistin vertraue - nämlich spricht sie nur gegenüber des Arztes vom Job und da will sie ihm imponieren. Daher muss ich das als Leser schon einmal hinnehmen - was ich als Leser aber nicht hinnehmen kann ist, dass es ihr angeblich finanziell gut geht. Anfangs wird mir gesagt, sie wohnt in einer Mini-Wohnung - einer Bruchbude quasi in der sie mit ihrer Tochter wohnt und sie shoppt drei Monatsgehälter weg - was heißt, dass sie entweder echt wenig Einkommen hat oder aber echt schlecht mit Geld umgehen kann; wohlmöglich beides. Außerdem ist Geld auch bei dem Taxifahrer und bei der Bruchbude von Hotel ein Thema. Es kommt Anfangs als so großes Thema daher, dass ich dachte, als sie auf einmal Urlaub fliegt, dass sie sich damit finanziell in den Ruin stürzt. Aber der Traum vom Reichen Mann lässt sie fortfahren.

Und vor allem, ich brauche keinen Mann, um glücklich zu sein. Und ich sollte mir nicht länger einreden, dass nur eine Ehe mich vollständig machen wird. Lisa und ich sind vollständig. Vielleicht wird es in Zukunft weitere Jean-Lucs und Pers geben, vielleicht auch einmal eine Alexandra. Aber nicht, um mich glücklich zu machen, sondern um sie an meinem Glück teilhaben zu lassen.
Und das war mir dann zu viel Friede-Freude-Eierkuchen. Sie hat es eine Nacht geschafft sich nicht bei einem Typen zu melden, weil sie einen One-Night-Stand mit einem anderen hatte und das führt nach 30 Jahren Beziehungsspringen zu einer absoluten Heilung? So zumindest fühlen sich die nachgesetzten Sätze hier an. Der letzte Absatz handelt dann wieder von Jean-Luc und redet scheinbar den Leser persönlich an. Dann kommt noch die Erleuchtung - so als müsste alles rund sein, dass sie kein Gummibärchen, sondern Socca ist -> was wiederum nicht wirklich etwas mit Jean-Luc zu tun hat, der ja nur gesagt hat, dass Gummibärchen sich in verschiedenen Farben kaufen lassen; ich schätze, das soll eine Anspielung auf die Prallinenbackung sein, bei der man nicht weiß, was man kauft und dass sie nur noch die gelben kauft, heißt, sie kauft nur noch "gute Männer"? So ganz werde ich daraus nicht schlau. Vor allem, wenn das das bedeuten soll, frage ich mich, inwieweit sie wirklich von ihrer "Suche" geheilt wurde.


Ich habe keine Ahnung, wo meine roten Sandalen sind. Ich gehe alleine zurück zum Hotel, am Steinstrand entlang, auf dem Smartphone sind verzweifelte Nachrichten von Per, ich ignoriere sie. Ich gehe barfuß durch Nizza und das tut auf dem Steinstrand verdammt weh. Es ist aber wunderschön.
Das ist meiner Meinung nach das schöne Ende für die Geschichte. Hier wird mir nichts aufgezwungen, hier kann ich mir als Leser selbst Gedanken darüber machen, was es bei ihr bewirkt hat, dass sie Per versetzt hat. Ich habe trotzdem drinnen, dass sie alleine zurück zum Hotel geht und dass sie es wunderschön findet. Das reicht eigentlich, um als Leser eine Wandlung zu erkennen.


So viel zu meinen Anmerkungen. :)

LG Luzifermortus

 

Hallo Maedy,

danke für die Geschichte, gerne gelesen. Die Dialoge fand ich sehr flüssig und ausgereift.
Auch der rote Faden ging nie verloren. Aber ...
... trotzdem wirkt die Story auf mich zu sehr konstruiert - nicht böse sein, aber so ein bisschen Gaby-Hauptmann-mäßig ... alles passt, alles wird ein wenig beleuchtet, shoppen gehen, tolles Kleid, Selbstzweifel, heulen und Chips auf dem Sofa, immer tolle Jobs und komplizierte Familienbande ... auch diese "Sehnsucht" nach einer festen Bindung, diese "überzogenen" Ansprüche an die Männer - reich, groß. lockig - alles so Standard-Klischees ... und dann plötzlich eine Nacht auf dem Boot eines franz. Fischers ... alles vorbei, sie ist befreit von ihren Glaubenssätzen und dem sich selbst auferlegten Gesellschaftsdruck. Nein, da kollabierte mein Mitgefühl und verwandelte sich in einen schalen Nachgeschmack.
Die Geschichte, gut geschrieben, aber dass sie mich vom Hocker gerissen hätte kann ich nicht behaupten.
Grüße - Detlev

 

Liebe @mae,

du verstehst es aber wirklich Deine Frauenprotagonistinen zu quälen. Und zugegebener Weise auch mich als Leserin. ich möchte die Frau schütteln, Mensch. mit fünfundvierzig noch so neben der Spur, so ohne eigenes Leben, immer auf andere bezogen. Aber ja, es gibt davon wohl viele und auch die finden ihren Weg im Leben und sei es im Beziehungshoppen.
Auf alle Fälle hast Du es aus meiner Sicht gut dargstellt, vieles lass sich locker flockig und das war, soweit ich Dich verstanden hatte , auch der Plan. Natürlich habe ich dennoch ein bisschen was gefunden, wo es für mich etwas hakelte. Lass mal schauen:

Wer behauptet, das Leben sei wie eine Pralinenschachtel, der hat keine Ahnung. Denn man findet wirklich für jede Praline einen Abnehmer, gleich wie eklig sie ist.
Ich glaube hier hatte @Luzifermortus auch schon etwas angemerkt. Für mich steht der erste Satz für Vielfalt, für jeden etwas dabei. Okay, das könnte man auch ins negative lesen, so wie hier Deine Protagonistin. Aber hält sie sich echt für eklig, ungut, unschön - na halt negativ? Das kommt im Text nicht so raus, sie flirtet ja sehr überzeugt, macht sich mit Mitte vierzig Mädchenhaft zurecht, also eigentlich gesundes Selbsbewusstsein. Nur halt Beziehungsunfähig oder eher nicht sehr treffsicher in ihrer Männerwahl.

Das gilt sogar für Ananas-Gummibärchen. Mein Leben ist dagegen wie eine Hochzeitstorte – mitten in meinem Gesicht.
Die Gummibären passen für mich nicht zu den Pralinen, sind aber im Zusammenhang mit dem Bild der Gummibärenbande vielleicht das bessere Bild. Und die Hochzeitstorte kann ich da überhaupt nicht einsortieren.

»Nein, was du nicht sagst? So ein Arschloch! Sag' mir Bescheid, wenn ich es tun soll! Ich fahre gleich morgen bei ihm vorbei, Schätzchen, du Arme! Wer hätte das gedacht? Wie viele Jahre waren es? Aber ich wusste es gleich. Er hat euch nie gefragt, ob ihr zu ihm ziehen wollt.
Klasse, ich höre die überschlagende Stimme der besten Freundin ganz deutlich, atemlos!

während ich die Rolltreppe mit den Frusteinkäufen im OEZ hochhaste.
Das habe ich erst beim zweiten Lesen registriert, sie fährt aufwärts? Okay, und warum hastet sie? Frustshoppen geht im Schnelldurchlauf? Sorry, da fehlt mir jegliche Erfahrung, bitte um Aufklärung.

aber in einem Stöhnen verendet.
Das Stöhnen finde ich gut, aber "verenden" ist bei mir wirklich mit toter Ratte oder ähnlichem besetzt.

Zita redet sich in Rage wie damals, als Joachim mich quasi am Traualtar stehen ließ,
Ich habe es verstanden, denn dannach wird ja deutlich, dass sie mehrere Männer hatte. Aber hier stutzt man doch , weil der derzeitige bzw. letzte Typ keinen Namen hat. Oder habe ich bishierher etwas überlesen.

Ihr könnte es Euch denken. Und dann war da Hans-Peter
Klar, Ansprachen sind immer Geschmackssache, aber ich gestehe, mich stört es hier. Ich nehme ihr einfach nicht dieses Denken an andere ab, sie ist doch sehr auf sich programmiert. Nur eine Idee, aber würde ein allgemeineres "man kann es sich ja denken" vielleicht weniger herausstechen?

Ich verzieh ihm Rita, Aja, Wanda, Isolde, Olga, wie hieß die kleine Blonde noch einmal?
Fand ich sehr lustig, also von der Formulierung her, nicht vom Inhalt.

Ich stehe mit der Rolltreppe im Rücken mitten im größten Einkaufszentrum
Ich gestehe, für mich ragte die Rolltreppe hinter ihr auf. Aber da hast Du nichts falsch gemacht, ich habe nur falsch interpretiert.

Auf einmal kommt es raus, das ganze Aufgestaute:
Oho, schlechtes Timing, so im Einkaufszentrum. "Aufgestaut" hört sich recht technisch an, aber mir fällt gerade auch nur das ausgelutschte "Alle Dämme brechen" ein.

Und heute ist der Tag, an dem er mir verkündete, dass Schluss sei. Einfach so. Es hätte jeder beliebige Tag sein können, aber es war heute. Dabei hätten wir eine Woche nur für uns gehabt. Eine Woche, in der ich ihm hätte beweisen können, dass ich die Richtige bin und nicht sie. Wer immer sie auch ist.
Ich gestehe - keine Ahnung was für mich besser wäre? Grammatikalisch richtig ist es bestimmt, ich kenne Deine Genauigkeit. Aber es klingt unschön. Wenn es meine Geschichte wäre, käme ich in Versuchung, den Teil einfach zu streichen. Nimm es einfach als HInweis, Ideen kann ich leider nicht bieten.

Mir bleibt eine Erkenntnis: Ich schmecke schlechter als Ananas-Gummibärchen. Ich bin das ultimative Grapefruit-Gummibärchen oder noch schlimmer: Hustensaft-Gummibärchen.
Ich finde die Gummibärenbilder wirklich gut, würde sie aber konsequent nehmen.

schupsen schließlich mich und meine Tüten beiseite.
Das wirkt so sehr verzögert, als hätten sie erst noch abgewartet, aber das geht ja bei nachschiebenden Menschen nicht.

setze ich mich mit meiner Tüte Chips und einer Familienpackung Taschentücher vor den Fernseher. Reiße sie krachend auf
Korinthenkram, sorry! Momentan bezieht sich das aufreißen auf die Familienpackung, oder?

Kennt Ihr diesen Sternenschnuppen-Sound? Für mich heißt er Zita
Ja, ich würde es allgemeiner machen. "Man kennt ja ...". Was soll die direkte Ansprache erreichen?

»Du bist was?« Zitas Stimme klingt schrill. »Schätzchen, geht es dir wirklich …?«
Haha, schon eine ziemliche Herausforderung für die Freundin.

Ich lege auf und stelle das Smartphone ab. Noch mehr Zita-Schätzchen ertrage ich heute nicht.
Mh, schon ziemlich egoistisch. Aber okay, natürlich reagieren wir nicht immer alle nett.

Und sofort male ich mir aus, wie ich meinen Traummann auf einem Ausflug nach Monaco finde; vor dem Casino steigt er aus einem prähistorischen Rolls Royce in einem weißen Anzug mit Zylinder und Zigarre … nein, den Zylinder und die Zigarre lassen wir weg. Mein Freund soll ja nicht aussehen, als käme er gerade vom Fasching, oder in drei Jahren an Lungenkrebs sterben
Boa, hier wäre ich fast ausgestiegen. Solche Frauen nerven mich ohne Ende - was für Seifenblasen. Im letzten Teil fehlt meiner Meinung nach etwas (würde?)

haut mich fast aus den violetten Pumps, die ich trage.
Ja, du wolltest irgendwas beim formulieren umgehen, aber es klingt schon umständlich.

Ich winke ein Taxi herbei,
Wieso? Sie war doch in den Bus gestiegen?

Ich schnappe wieder mein Smartphone; während der Fahrt werde ich mein frisch angelegtes Tinder-Profil aktualisieren.
Hatte sie vorher am Smartphon rumgespielt? Un dklar, das Tinderprofil brngt mihc zum Kopfschütteln. Was für eine konsequente Frau.

Ich quäle mich mit meinem Handgepäck von der Rückbank raus
Regional oder doch Geschmackssache? Ich würde das "raus" weglassen, das Aussteigen ist ja klar.

Seit meinem Fünfzehnten bin ich von einer Beziehung in die nächste gejettet. Ich muss wirklich einmal zu mir finden, rede ich mir ein
Ja, das macht sie wirklich toll. Aber ich denke, dass hast Du gut eingefangen, die Damen ticken eben so.

»Ich habe gute Hornhäute :-D«, schreibe ich zurück.
Grins. Meinst Du wirklich, dass eine Frau einem potentiellem Date etwas über Hornhäute erzählt? Nicht sexy!

Ich drängele mich durch die Menge vorbei an duftende Oliven
Ich bin das grammatikalische Rindvieh! Da stehe ich zu. Aber hier fehlt doch ein Komma hinter "Menge", oder?

bekommen einen seligen Gesichtsausdruck. So einen möchte ich auch, unbedingt.
Das fand ich super! Man kann es auf die Fladen oder den Gesuchtsausdruck beziehen - das mag ich sehr.

Meine Hormone stellen sich auf den Exit ein
Häh! Hormone weg - Tot?

Aber ist mein Leben wirklich so unglücklich?
Fand ich gut, dass Du sie zumindest im Ansatz mal nachdenken lässt. Das rettet sie vor meinem Schütteln :-)

Per soll ja nicht glauben, ich wäre nicht bereit, für meine große Liebe umzuziehen.
Wie anstrengend, dieses imme rüberlegen, wie es wirkt, wie man ankommt, auch ziemlich berechnend.

»Proktologe, das ist …?«
»Darmkrebsvorsorge, vor allem.«
»Ah, klingt – spannend.«
Grins! Okay, bei der Berufswahl für deinen Protagonisten, kannst Du sie auch über Hornhaut schwätzen lassen. Ich dachte immer, solche Themen werden erst bei über sechzig Jährigen Salonreif.

Leute, das hier ist ganz sicher das beste Tinder-Date, das es jemals gab.
Das geht für mich, so allgemein, wie an ihren Freundeskreis gedacht. Ich fühle mich nicht angesprochen.

Trotzdem ist da dieses Gefühl, dass alles etwas schnell geht.
Mal was neuen, eigentlich wir ja in Romanen immer den Frauen das drängeln unterstellt. Mich würde j aglatt interessieren, warum er mehr als einen Urlaubsflirt will, was gefällt ihm an ihr?

Und eigentlich bin ich deswegen nach Nizza: um Zeit für mich zu haben.
Doch ein bisschen Vernunft in der Frau!

Dann stehe ich von der Mauer auf, die am Meer säumt.
ne, der letzte Teil ist irgendwie schief. Die Mauer säumt das Meer (ein), aber nicht am Meer.

Es geht ja nicht nur um mich, sondern auch um Lisa. Sie hat ein stabiles Zuhause verdient.«
Brrr, wie gesagt, solche Frauen sind mein Untergang. Schön gezeigt, wenn ichmich auch zunehmend frage, ob es sowas tatsächlich gibt.

vor mir sitzt dieser Gigolo mit seiner einmaligen Einladung zu einem Sonnenuntergang auf dem Meer.
Okay, den Zufall lasse ichin einer Geschichte gelten, aber echt jetzt, sie greift nicht nach der potentiell Super-Ehemann-Version sondern geht mit. Und ist dennoch soo reflektiert, das sie ihn als Gigolo erkennt und akzeptiert. Ne, das glaube ich nicht! Da fehlt mir Schlüssigkeit in der Person, aber das kannst Du gerne ignorieren, mir ist die Frau jetzt einfach unsympathisch, da lese ich nicht mehr richtig. Sorry!

»Gummibärchen?« Er schaut nur für einen Moment verwirrt aus, als er mir ins Boot hilft. Es wackelt.
»Gummibärchen«, wiederhole ich.
Mag ich !

Ich lasse mich in seine Arme fallen mit dem Champagnerglas in der Hand. Die Perlen prickeln in meiner Nase. Der Himmel über uns wird rot. Ich spüre Jean-Lucs warmen Lippen auf meinem Hals. Ich fühle mich frei.
Wie gesagt, das schlucke ich nicht, so habe ich sie nicht wahrgenommen. Also mitfahren und eine heiße Nacht ja, aber nicht den Gedankenwechsel.

Denn so plötzlich am Anfang der Wechseljahre fühlt sich alles auf einmal befreiend an. Ich muss keiner Beziehung mehr hinterher jagen.
Schon ein ziemlicher Erklärbär ...

. Ich verstehe zum ersten Mal, was Freiheit bedeutet. Mir geht es finanziell gut
Ich hatte auch die ganze Zeit das gefühl, das sie finanziell an der Grenze ist. Vielleicht einfach den Anspruch auch relativieren, Ihr reicht es wirklich so.


Vielleicht wird es in Zukunft weitere Jean-Lucs und Pers geben, vielleicht auch einmal eine Alexandra.
Ne, jetzt ärgerst du mich! Es gab im Leben der Frau bisher nur Kerle, seltsame Typen, aber eindeutig Männer. Musst jetzt hier noch mal eine derzeit gängigen Multikultidinger rein? Da gibt es keine Herleitung für, da fühle ich mich als Leserin jetzt draufgestupst.

Kein Zitronen-Gummibärchen, kein Ananas-Gummibärchen und erst recht kein Hustensaft-Gummibärchen. Vielleicht bin ich ganz einfach nur – Socca.
Das ist eine lustige Klammer!
Also mir hat diese leichtere Geschichte viel Spaß gemacht, Ja, auch diese Form von Zwang, Druck, Unglück gibt es, auch wenn man von außen nur den Kopf schüttelt. Insgesamt hast Du das für mich gut eingefangen, der Rest ist halt Geschmack und Blick von Außen.
Schön, das noch eine Geshcichte in Arbeit ist!
Liebe Grüße
witch

 

Lieben Dank @Luzifermortus , @greenwitch und @Detlev für die Kommentare.
Bevor ich mich an die Antworten wage, sammle ich etwas. Ich bekomme so langsam ein Bild, wo es bei dieser Geschichte noch hapert, aber kriege noch nicht ganz zu fassen, was und wie ich es ändern könnte.

 

Hey @Maedy,

leider hat es mir irgendwie meinen Kommentar zerschossen, sodass der jetzt hier kürzer wird. Aber ich versuchs noch mal.
1. Ich lese den Text als hurmorvolle Chick Lit, so wie Bridget Jones oder eine unterhaltsame KG in der Brigitte, falls es dort sowas gibt. Das ist alles nicht despektierlich gemeint.

2. Die kurisve Intro haut für mich nicht hin.

Wer behauptet, das Leben sei wie eine Pralinenschachtel, der hat keine Ahnung. Denn man findet wirklich für jede Praline einen Abnehmer, gleich wie eklig sie ist. Das gilt sogar für Ananas-Gummibärchen. Mein Leben ist dagegen wie eine Hochzeitstorte – mitten in meinem Gesicht.
Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel bedeutet, es steckt voller Überraschungen, man weiß nicht, obs süß wird oder Hartalk. Der das sagt, hat keine Ahnung, weil man für jede Praline einen Abnehmer findet, egal wie eklig. Die Begründung dafür, dass jemand keine Ahnung hat, ist aber total ohne Zusammenhang zur Behauptung. Die Begründung sagt ja quasi für jeden Topf gibts ein Deckelchen, für jeden Arsch ein Eimerchen. Also steht da sinngemäß: Wer behauptet das Leben sei überraschend, hat keine Ahnung, weil es für jeden Topf einen Deckel gibt. Und dann kommt noch die Hochzeitstorte, die über das eigene Leben reflektiert und wieder ganz ohne Zusammenhang da steht und weder etwas mit den Pralinen noch mit Gummibärchen zu tun hat. Ok, es ist auch eine Süßspeise ...

3. Ich finde Zita überzeichnet. Bei Schätzchen und meine Liebe usw denke ich an 80jährige Omis (das gilt für Zita und die Prota). Insgesamt kommt Zita bei mir schon gleich im ersten Monolog zu kreischig an und das zieht sich dann durch den Text. Ich denke, das Überzeichnete soll Teil der Komik sein, ich glaube aber, wenn du sie weniger kreischig anlegst, verlierst du den Humor nicht, denn der wird mMn eher über diese selbstironische Art der Prota erreicht.


4. Hatte ich ein paar Probleme mit der Verortung an der Rolltreppe. Mir war nicht klar, dass sie da mitten davor stehen bleibt und sie dann im Rücken hat und sie dann beiseite geschubst wird. Dazwischen sind so viele Gedanken, dass auch irgendwie Zeit vergeht ... in meiner Lesart. Vielleicht kannst du das noch etwas klarer machen.

5. Kram

Ich dagegen habe soeben das Gehalt von drei Monaten versetzt
Das hat mich auch rausgekickt. Weil ich mich gefragt habe, wie das geht bzw. wieviel denn drei Monatsgehälter sind, dass kann ja von 1500€ bis 30.000€ gehen.

Eine Woche, in der ich ihm hätte beweisen können, dass ich die Richtige bin und nicht sie. Wer immer sie auch ist.
Oje ...
»Isabel, Schatz«, ruft es aus dem Smartphone, »du solltest wirklich einmal abschalten. Zu dir selbst finden. Nicht wieder von eine Beziehung in die nächste. «
Abschalten kam für mich überraschend und unpassend. Für mich bedeutet das sowas wie "die Seele baumeln lassen". Und es ist schon seltsam, dass Zita zu ihrer Freundin deren Freund gerade Schluss gemacht hat, sagt: Du solltest mal die Seele baumeln lassen. Zu dir selbst finden, zur Ruhe kommen, zu dir kommen - das alles ja, aber Seele baumeln lassen?

Mir bleibt eine Erkenntnis: Ich schmecke schlechter als Ananas-Gummibärchen. Ich bin das ultimative Grapefruit-Gummibärchen oder noch schlimmer: Hustensaft-Gummibärchen. So eines, das man eine Zeit lang nehmen muss und doch am liebsten ausspucken würde.
Hier kommen noch mal die Gummibärchen und ich lese das als: Für mich gibts keinen Abnehmer, kein Deckelchen. Aber ich verstehe nicht: wieso muss man sie eine Zeit lang nehmen?
Reiße sie krachend auf
Knistert das nicht eher? Und krachend versteh ich eher, wenn man die aufbläst und dann zuhaut ...
Lisa würde vielleicht mein einziges Kind bleiben
Lisa wird ...?

6. Zusammenfassung & Ende
Beim ersten Lesen bin ich gut durchgerutscht, flüssig und locker und leicht geschrieben. Jetzt wo ich noch mal mit dem Kommentar angefangen hab, kommt mir manches anders vor. Mir ist nicht klar, ob es wirklich witzig ist, weil eigentlich ist es das ja nicht und ihre Selbstironie kommt irgendwie nicht mehr bei mir an, sodass es eigentlich doch nicht wie Bridget Jones ist (da kenne ich den Film). Das sie sich dann sofort auf den Arzt stürzt, hab ich sogar noch glauben können, aber das dann gleich so ernst zu meinen, nach ein paar Tagen, er ja offenbar auch, das war für mich nicht glaubhaft. Und dass sie sich dann auf diesen einen Abend mit dem Gigolo stürzt, hab ich auch nicht kapiert. Eigentlich hat sie bzw. die Geschichte mich schon bei dem Proktologen ein Stück weit verloren, beim Gigolo dann vollends. Ich versteh es so, dass sie wohl durch ihn mal ein bisschen lockerer wird, nicht gleich heiraten will, sich frei fühlt. Aber das glaub ich nicht. Die letzten beiden Absätze fand ich auch überflüssig und würde hinter "wunderschön" enden. Ja, so richtig rund ist die Geschichte mMn noch nicht. Irgendwie ein bisschen Fisch, ein bisschen Fleisch. Ich glaube, die Prota ist mir zu krass irgendwie, um dann darüber zu lachen. Keine Ahnung, ich kann das schlecht in Worte fassen. Du hast, wie gesagt, einen witzig, ironischen Ton, aber der verliert sich im Lauf der Geschichte und erst recht beim zweiten Lesen. Dann hat sie mir nur noch leid getan oder ich hab sie schütteln wollen.

Hoffe, es ist etwas dabei, womit du etwas anfangen kannst.
Viele Grüße
Katta

 

Liebe @Luzifermortus , @greenwitch und @Katta ,
lieber @Detlev und lieber @Nico Levin (der in einem Workshop einen Kommentar abgegeben hat) ,

erst einmal vielen Dank für Eure Kommentare. Die haben mir bislang zumindest die Augen geöffnet, dass die Geschichte nicht so funktioniert wie ich es mir wünschen würde. Dass es noch holpert, habe ich auch geahnt, denn der Plot in meinem Kopf war dann doch schwieriger auf das Papier zu kriegen, als ich dachte.

Ich machte jetzt einmal kurz den Erklärbar, aber nicht, weil ich meine, das hättet ihr sehen müssen, sondern weil ich Euch einfach mitteilen möchte, was ich wie transportieren wollte. Dass es immer schlecht ist, seine eigene Geschichte erläutern zu müssen, ist mir dabei klar, aber vielleicht gibt es noch die eine oder andere Idee. Nichtsdestotrotz habe ich das Gefühl, dass ich an der Geschichte so Einiges ändern muss, damit sie rund wird.

Intention 1: Ich wollte in der Mitte der Serie eine humorvolle Geschichte setzen, die jedoch, wie alle Geschichten im Kern ein ernstes Thema behandelt. Allerdings wollte ich nicht in die Satire oder Persiflage abdriften.

Intention 2: Ich wollte starten wie eine typische Chick-Lit-Geschichte (Frau zwischen zwei Männern nach schmerzvoller Trennung), aber ein genrefremdes Ende dran hängen.

Intention 3: Ich wollte diese Geschichte wie alle Geschichten mit einem leicht offen stehenden Ende schreiben, also die Lesenden erfahren nicht, ob die Heldin aus der Situation gelernt hat, wirklich etwas zu ändern, aber es besteht die Möglichkeit dazu (Heike radelt von ihrem Mann weg; Doro ist erst einmal alleine in Afrika und Carmen steht an der Bushaltestelle). Isabel sollte zur Erkenntnis gelangen, dass man aus eingeübten Verhaltensmustern ausbrechen kann, wenn man will.

Das schicke ich jetzt einfach einmal so vorab:

Insgesamt hat mir deine Geschichte sehr gut gefallen - nur mit dem Ende habe ich (größere) Probleme. Aber ich gehe mal im Einzelnen drauf ein.

Das scheint wirklich das Kernproblem der Geschichte zu sein, dass Isabel unglaubwürdig erscheint, weil sie aus ihrem Muster fällt. Ich überlege wirklich intensiv, wie ich das ändern kann. Die Idee von @Nico Levin , das Ende dahingehend zu überarbeiten, nicht ins Boot zu steigen, sondern auf das Hotelzimmer zu gehen, ist mir fast zu kompliziert für ein Ende und würde natürlich das Bild des Meeres und des Bootes (das ja schon vorher aufgegriffen wurde) zerstören. Ich weiß auch nicht, ob ihr Umdenken dadurch realistischer wird. Was mir fehlt ist vermutlich, der für Lesende glaubhafte Anstoß, dass sie genau in diesem Moment aus ihrem erlernten Verhaltensmuster ausbricht und nicht den Mann mit der Option “da-könnte-meh-draus-werden” wählt, sondern den Mann, der eindeutig nur einen One-Night-Stand will.

Der kursive Anfang gefiel mir beim ersten Mal lesen gut - aber dann habe ich ihn ein zweites Mal gelesen, weil der Vergleich mir nicht ganz rund vorkam.
Ich glaube, den streiche ich einfach komplett. Der war vorher viel länger, aber inhaltlich wiederholend. Dann habe ich ihn wohl tot gekürzt und er hat seine Existenzberechtigung verloren. Das löse ich dann irgendwie anders. Umso mehr ich darüber nachdenke, reichen auch die Gummibärchen als Bild an dieser Stelle und die Anleihe bei Forrest Gump braucht es gar nicht, um die Lesenden in die Geschichte zu holen.
die mit Überraschungen arbeitet - man weiß nicht, ob eine Praline gut schmeckt oder nicht; deshalb findet vermutlich jede - egal wie ecklig sie ist - einen Abnehmer, aber damit passt der Nebensatz "der hat keine Ahnung" nicht ganz ins Bild
Der Gedanke dahinter war, dass jede Praline einen Abnehmer findet, der sie für wohlschmeckend hält und es deswegen eigentlich keine objektiv schlechten Pralinen gibt. Hustensaftgummibärchen sind dagegen wohl für jeden ih-bäh.
Hier - überhaupt im Text, aber an der Stelle viel es mir das erste Mal auf - charakterisierst du schon sehr gut, was für eine Person Isa ist. Alleine diese zwei Sätze zeigen auf, wie verzweifelt sie sich einen (perfekten) Mann an ihrer Seite wünscht und wie sehr sie nach der Anerkennung strebt, ganz gleich, wie oft jemand sie betrügt (wie das später mit dem Bommerang - glaub ich - eh noch aufgegriffen wird.
Das ist schon einmal gut.
Bei dem "Geschnörkelt" - auch mit dem Absatz vorher - hat es mich einen Moment raus gerissen, ich musste zweimal lesen, um zu begreifen, dass es sich hier um einen Text handelt, der einfach im Fernseher "geschrieben" wird. - Das nur als Anmerkung.
Ja, das muss ich dringend überarbeiten. Manchmal hapert es bei mir so profane Dinge schriftstellerisch gut umzusetzen.
"in das Smartphone" könnte man theoretisch weglassen. Man weiß ja, womit sie tippt. Aber das ist wohl Geschmackssache.
Äh, nee. Sehr gute Idee.
Die zynische Stimme in meinem Hinterkopf an dieser Stelle: "Wundervoll."
Aber das war nicht der einzige Grund, weshalb ich die Szene raus geholt habe - ich glaube du machst das öfter in dem Text, nur verstehe ich nicht, warum du es tust - warum redet Isa den Leser (ich schätze mal, der Leser wird hier direkt angesprochen) teilweise an? An der Stelle ist es mir das erste Mal aufgefallen, am Schluss kommt es auch noch mal, dort allerdings aufdringlicher - aber dazu später mehr.
Ich habe versucht, jeder Geschichte einen anderen Ton zu geben. Dieses die Lesenden ansprechen ist, das war auch bezweckt, ein Mittel diese zum Stolpern zu bringen. Ich habe hier eigentlich ganz bewusst versucht, die Lesenden nach ihrer Meinung zu fragen. Deine Reaktion “Wundervoll” hier würde für mich eher bestätigen, dass es funktioniert hat. Ob es zur Geschichte und dem Reststil passt, ist natürlich eine andere Frage. Das werde ich beim Überarbeiten mir noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
Das mit dem Job und der Freizeit muss ich dir glauben, das wird im Text nicht angesprochen - zumindest nicht in einer Situation, in der ich als Leser der Protagonistin vertraue - nämlich spricht sie nur gegenüber des Arztes vom Job und da will sie ihm imponieren. Daher muss ich das als Leser schon einmal hinnehmen - was ich als Leser aber nicht hinnehmen kann ist, dass es ihr angeblich finanziell gut geht.
Ah, nee. Da habt ihr was falsch verstanden bzw. habe ich das nicht gut rübergebracht, was ihr denken solltet. In München beklagt man sich ständig über zu wenig Geld, zu kleinem Wohnraum für zu viel Geld, das heißt aber nicht, dass man an der Armutsgrenze lebt. Sie sollte schon ganz gut über die Runden kommen, ohne gleich reich zu sein.
Jedenfalls ist mir hier auch ein Fehler aufgefallen. Als Selbstständige kriegt sie ja kein Gehalt, sondern macht allenfalls Umsätze.
dass sie entweder echt wenig Einkommen hat oder aber echt schlecht mit Geld umgehen kann; wohlmöglich beides.
Frustkauf halt.
Außerdem ist Geld auch bei dem Taxifahrer und bei der Bruchbude von Hotel ein Thema. Es kommt Anfangs als so großes Thema daher, dass ich dachte, als sie auf einmal Urlaub fliegt, dass sie sich damit finanziell in den Ruin stürzt. Aber der Traum vom Reichen Mann lässt sie fortfahren.
Ja, auch das muss ich näher erklären. Taxis in Nizza sind übermäßig teuer. Vom Flughafen bis zur City fährt man mit dem Auto keine zehn Minuten, aber es kostet tatsächlich 50 EUR, und zwar auf direkter Strecke und ohne Touristenumwege.
das führt nach 30 Jahren Beziehungsspringen zu einer absoluten Heilung? So zumindest fühlen sich die nachgesetzten Sätze hier an.
Nein, nein. Heilung sollte es nicht sein. Vielleicht empfindet sie das persönlich in genau diesem Moment so, was vielleicht sogar zu ihrem Charakter passen würde. Den Lesenden sollte eher vermittelt werden, dass sie eine Einsicht gewonnen hat (die bekanntlich der erste Schritt zur Besserung sein kann).
was wiederum nicht wirklich etwas mit Jean-Luc zu tun hat, der ja nur gesagt hat, dass Gummibärchen sich in verschiedenen Farben kaufen lassen; ich schätze, das soll eine Anspielung auf die Prallinenbackung sein, bei der man nicht weiß, was man kauft und dass sie nur noch die gelben kauft, heißt, sie kauft nur noch "gute Männer"?
Die Tochter war ja das Zitronengummibärchen. Das habe ich wohl zu verklausuliert. Ich denke, ich streiche das einfach.
Das ist meiner Meinung nach das schöne Ende für die Geschichte. Hier wird mir nichts aufgezwungen, hier kann ich mir als Leser selbst Gedanken darüber machen, was es bei ihr bewirkt hat, dass sie Per versetzt hat. Ich habe trotzdem drinnen, dass sie alleine zurück zum Hotel geht und dass sie es wunderschön findet. Das reicht eigentlich, um als Leser eine Wandlung zu erkennen.
Vielleicht so, obwohl ich das Socca-Ende auch mag. Ich überlege hier noch einmal. Vielleicht baue ich das Socca-Ende auch in einen Dialog um, um das zu behalten. Die Meerszene, soweit mag ich den Vorschlag von @Nico Levin außerhalb des Forums gerne, würde ich eh noch etwas ausbauen.
lockig - alles so Standard-Klischees ...
Danke für Deinen netten Kommentar. Ich bin auch nicht beleidigt. Die Gschichte sollte wirklich wie Chick-Lit beginnen und die Figuren sollten auch Klischees erfüllen und auch des Humors wegen etwas überzogen sein. Damit kann ich gut leben.
ich möchte die Frau schütteln, Mensch. mit fünfundvierzig noch so neben der Spur, so ohne eigenes Leben, immer auf andere bezogen. Aber ja, es gibt davon wohl viele und auch die finden ihren Weg im Leben und sei es im Beziehungshoppen.
Beziehung sshoppen gefällt mir prima.
Klasse, ich höre die überschlagende Stimme der besten Freundin ganz deutlich, atemlos!
Also verschiedene Meinungen zu dem Thema, hm …
Das habe ich erst beim zweiten Lesen registriert, sie fährt aufwärts? Okay, und warum hastet sie? Frustshoppen geht im Schnelldurchlauf? Sorry, da fehlt mir jegliche Erfahrung, bitte um
Ich merke gerade, dass ich die zitierten Stellen nicht verschieben kann. Wollte Dich eigentlich unter den Kommentar von @Luzifermortus schieben. Also, ich schreibe das um. Mies erklärt.
Klar, Ansprachen sind immer Geschmackssache, aber ich gestehe, mich stört es hier. Ich nehme ihr einfach nicht dieses Denken an andere ab, sie ist doch sehr auf sich programmiert. Nur eine Idee, aber würde ein allgemeineres "man kann es sich ja denken" vielleicht weniger herausstechen?
Auch hier: Hätte ich nach oben verschoben, klappt aber gerade mit dem iPad nicht. Mache ich mir Gedanken drüber.
ch finde die Gummibärenbilder wirklich gut, würde sie aber konsequent nehmen.
Ai, Ma’m!
Boa, hier wäre ich fast ausgestiegen. Solche Frauen nerven mich ohne Ende - was für Seifenblasen. Im letzten Teil fehlt meiner Meinung nach etwas (würde?)
Hehe, haben wir die nicht alle manchmal?
Häh! Hormone weg - Tot?
Nein, Exit aus der Periode. Wenn nicht verständlich, schreibe ich das um.
Grins! Okay, bei der Berufswahl für deinen Protagonisten, kannst Du sie auch über Hornhaut schwätzen lassen. Ich dachte immer, solche Themen werden erst bei über sechzig Jährigen Salonreif.
Dachte ich bis 40 auch …
Mal was neuen, eigentlich wir ja in Romanen immer den Frauen das drängeln unterstellt. Mich würde j aglatt interessieren, warum er mehr als einen Urlaubsflirt will, was gefällt ihm an ihr?
Ja, das ist so eine Sache. Darauf hat ja auch @Katta verwiesen. Was er eigentlich will und denkt, das erfahren wir nicht, da ja Isa aus der Ich-Perspektive erzählt und sie gleich bei jedem Mann ausschweift und ihre Seifenblasen bildet. Ob er tatsächlich ans Heiraten denkt und er sie deswegen nach Hamburg eingeladen hat, bleibt offen. Wir kennen nur Isas Gedanken.
Okay, den Zufall lasse ichin einer Geschichte gelten, aber echt jetzt, sie greift nicht nach der potentiell Super-Ehemann-Version sondern geht mit. Und ist dennoch soo reflektiert, das sie ihn als Gigolo erkennt und akzeptiert. Ne, das glaube ich nicht! Da fehlt mir Schlüssigkeit in der Person, aber das kannst Du gerne ignorieren, mir ist die Frau jetzt einfach unsympathisch, da lese ich nicht mehr richtig. Sorry!
Ich sehe es ein, da seid Ihr Euch ja einig. Isa wird unglaubwürdig. Wenn ich sie etwas persönlichkeitsfremdes machen lasse, dann muss da noch irgendeine Aktivierungsenergie geben, die es nachvollziehbar macht.
Ich hatte auch die ganze Zeit das gefühl, das sie finanziell an der Grenze ist. Vielleicht einfach den Anspruch auch relativieren, Ihr reicht es wirklich so.
Auch hier: Verschieben leider misslungen. Siehe oben.
Ne, jetzt ärgerst du mich! Es gab im Leben der Frau bisher nur Kerle, seltsame Typen, aber eindeutig Männer. Musst jetzt hier noch mal eine derzeit gängigen Multikultidinger rein? Da gibt es keine Herleitung für, da fühle ich mich als Leserin jetzt draufgestupst.
So habe ich das gar nicht überdacht. Für mich war das nur eine von Isas Gedankenauswüchsen, ob ernst gemeint oder nicht, bleibt offen.
Das ist eine lustige Klammer!
Hm … unterschiedliche Meinungen. Einmal sehen, was ich daraus machen werde.
leider hat es mir irgendwie meinen Kommentar zerschossen, sodass der jetzt hier kürzer wird. Aber ich versuchs noch mal.
Lieben Dank, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, ihn noch einmal zu schreiben!!!! Ich weiß, wie nervig das ist.
1. Ich lese den Text als hurmorvolle Chick Lit, so wie Bridget Jones oder eine unterhaltsame KG in der Brigitte, falls es dort sowas gibt. Das ist alles nicht despektierlich gemeint.
So war es für den Anfang auch gemeint.
3. Ich finde Zita überzeichnet. Bei Schätzchen und meine Liebe usw denke ich an 80jährige Omis (das gilt für Zita und die Prota). Insgesamt kommt Zita bei mir schon gleich im ersten Monolog zu kreischig an und das zieht sich dann durch den Text. Ich denke, das Überzeichnete soll Teil der Komik sein, ich glaube aber, wenn du sie weniger kreischig anlegst, verlierst du den Humor nicht, denn der wird mMn eher über diese selbstironische Art der Prota erreicht.
Hm ... nehme ich einmal zur Kenntnis. @greenwitch sah es etwas anders, wenn ich sie richtig verstanden habe. Muss ich mir überlegen, ob ich die Rolle Zitas verändere/abschwäche.
4. Hatte ich ein paar Probleme mit der Verortung an der Rolltreppe. Mir war nicht klar, dass sie da mitten davor stehen bleibt und sie dann im Rücken hat und sie dann beiseite geschubst wird. Dazwischen sind so viele Gedanken, dass auch irgendwie Zeit vergeht ... in meiner Lesart. Vielleicht kannst du das noch etwas klarer machen.
Mea Culpa. Leider konnte ich den Kommentar nicht nach oben schieben. @Luzifermortus hatte es bereits erwähnt, siehe oben.
Das hat mich auch rausgekickt. Weil ich mich gefragt habe, wie das geht bzw. wieviel denn drei Monatsgehälter sind, dass kann ja von 1500€ bis 30.000€ gehen.
Auch hier. Das habe ich falsch rüber gebracht, das mit dem Geld.
Abschalten kam für mich überraschend und unpassend. Für mich bedeutet das sowas wie "die Seele baumeln lassen". Und es ist schon seltsam, dass Zita zu ihrer Freundin deren Freund gerade Schluss gemacht hat, sagt: Du solltest mal die Seele baumeln lassen. Zu dir selbst finden, zur Ruhe kommen, zu dir kommen - das alles ja, aber Seele baumeln
Gemeint war: Gönn Dir Ruhe, mache Dir keine Gedanken über Gott und die Welt. Prüfe ich noch einmal bei der Überarbeitung.
Hier kommen noch mal die Gummibärchen und ich lese das als: Für mich gibts keinen Abnehmer, kein Deckelchen. Aber ich verstehe nicht: wieso muss man sie eine Zeit lang nehmen?
Ist so ein depressiver Gedanke von ihr: Mich nimmt man nur, wenn man muss (dass tatsächlich kein Mann eine Beziehung eingehen muss, ist ihr dabei schon klar).
Knistert das nicht eher? Und krachend versteh ich eher, wenn man die aufbläst und dann zuhaut ...
Gute Frage. Stimmt eigentlich.
ob es wirklich witzig ist, weil eigentlich ist es das ja nicht und ihre Selbstironie kommt irgendwie nicht mehr bei mir an, sodass es eigentlich doch nicht wie Bridget Jones ist (da kenne ich den Film). Das sie sich dann sofort auf den Arzt stürzt, hab ich sogar noch glauben können, aber das dann gleich so ernst zu meinen, nach ein paar Tagen, er ja offenbar auch, das war für mich nicht glaubhaft.
Ja, das ist nun so ein bisschen der Gratgang zwischen dem ernsten Thema und der humorvollen Darbietung.
Ob der Arzt es auch ernst meint, wollte ich eigentlich offen lassen. Das sollte nicht so rüber kommen. Für Isa ist es eher typisch, dass sie gleich an Ehe denkt. In meinem Umfeld habe ich das auch oft erlebt, dass gleich bei jeder neuen Beziehung der Gedanke kam, dass “er” jetzt vielleicht der Richtige für Kind und Kegel ist. Wenn man gerade nicht auf dem Trip ist, kommt einem das tatsächlich komisch vor. Deswegen habe ich sie so gestaltet.
Ich versteh es so, dass sie wohl durch ihn mal ein bisschen lockerer wird, nicht gleich heiraten will, sich frei fühlt. Aber das glaub ich nicht.
:-(
Du hast, wie gesagt, einen witzig, ironischen Ton, aber der verliert sich im Lauf der Geschichte und erst recht beim zweiten Lesen. Dann hat sie mir nur noch leid getan oder ich hab sie schütteln wollen.
Das ist natürlich nicht gut. Wie gesagt, mir ist der Gratgang zwischen ernstem Thema und humorvoller Darstellung noch nicht wirklich gelungen. Aber der Humor sollte gegen Ende auf keinen Fall verloren gehen.


So, Ihr Lieben, ich habe jetzt noch nicht überarbeitet, weil ich das gerne auf einen Rutsch machen würde. Ich denke, es wird sich noch Einiges in der Geschichte ändern. Wenn Ihr aber Ideen und Eingebungen zu meiner Zielsetzung habt, lasst hören. Gerne natürlich auch am Sonntag in der Runde mit den Teilnehmenden, die fast identisch mit den Kommentatoren hier sind.

Ich werde auf jeden Fall die Geschichte noch einmal neu aufsetzen an einem ruhigen Wochenende. Sie ist mir doch zu wichtig, als sie so halb funktionierend stehen zu lassen.

Liebe Grüße
Mae

 

Isabel sollte zur Erkenntnis gelangen, dass man aus eingeübten Verhaltensmustern ausbrechen kann, wenn man will.
Hallo @Maedy ,

das wird kein komplexer Kommentar, ich wollte nur eine weiter Sicht aufploppen lassen.

Ich habe in deiner Geschichte eine Strömung wahrgenommen, die ich mit dem aktuellen Ende nicht aufgefangen empfinde. Es kommt immer wieder das Thema auf, dass sie sich eigentlich mit sich selbst beschäftigen soll (Rat ihrer Freundin) und will (eigentlich wollte sie alleine Nizza erkunden).
Ich hatte gehofft, dass ihre sich immer enger ziehenden Kreise um dieses Bedürfnis zu einem Nicht-Treffen mit dem Proktologen führen - Yeah - aber anstatt sich mit sich selbst zu beschäftigen landet sie im one-night-stand - hm.
Ist das nicht nur wieder das anhängen an jemanden anderes, ein praktischer Weg sich nicht mit sich selbst zu beschäftigen? Torpdiert das nicht jede mögliche Erkenntnis über das ausbrechen aus Verhaltensmustern?
Dazu muss man sich doch mal wirklich mit sich selbst befassen und eben nicht mit einer Ablenkung von sich selbst, wie ein anderer Mann. Und während der ganzen Geschichte führst du dieses Bedürfnis immer wieder auf, aber du lässt es letztlich nicht zu.
Ich hätte gerne gelesen, wie sie alleine Socca isst, ohne dass im Hintergrund ein Mann wartet, ein Erlebnis hat, ganz alleine und einfach zufrieden ist und zur Ruhe kommt. Alleine. Einfach mit der Erkenntnis, dass alleine sein schön sein kann und ihre Tochter glücklich ist.

Grüße
Feurig

 

Hallo lieber @feurig,

vielen Dank für Deinen Kommentar und Deinen scharfen Blick.

Ich hätte gerne gelesen, wie sie alleine Socca isst, ohne dass im Hintergrund ein Mann wartet, ein Erlebnis hat, ganz alleine und einfach zufrieden ist und zur Ruhe kommt. Alleine. Einfach mit der Erkenntnis, dass alleine sein schön sein kann und ihre Tochter glücklich ist.

Ja, Du hast natürlich recht. Das wäre der Königsweg. Ich werde mir noch einmal Gedanken machen, wie ich das umgestalte und Euch noch einmal taggen. Derzeit bin ich noch etwas gefangen in meinem Gedankenkarussell. Der einzige Grund, warum die Geschichte so nicht endet, ist eigentlich, dass mir das Ende zu nah an “Heike” wäre. Ich habe versucht, Isabel hier eine Variante leben zu lassen, die Männer nicht ganz ausschließt. Aber dadurch und durch die Art und Weise ist sie unglaubhaft geworden. Ich mache mir da wirklich gerade tiefgreifende Gedanken, wie ich das löse und wovon ich mich verabschiede. Aber es dauert noch etwas mit der Überarbeitung.

Liebe Grüße
Mae

 

Liebe @Luzifermortus , liebe @Katta, liebe @greenwitch , lieber @Detlev , liebe @feurig und lieber @Nico Levin ,

jetzt hat es etwas gedauert, aber endlich hatte ich einmal einen Sonntagnachmittag für meine Isabel.

Das größte Problem war die Glaubwürdigkeit der Charaktere. Das hieß für mich, dass ich entweder den Charakter oder den Plot ändern musste. Da ich an letzterem hing, habe ich etwas an Isabels Charakter geschraubt und ich hoffe, dass ihr Handeln jetzt nicht mehr ganz so persönlichkeitsfremd ist. Ich bin gespannt auf Eure Reaktionen.

An der Rolltreppe, deren Verortung wohl schwierig war, habe ich auch geschraubt. Einige Stellen habe ich stark gekürzt, vor allem Anfang und Ende. Zudem habe ich versucht, sie aus der Armutsspirale zu holen, in die sie unbeabsichtigt gerutscht ist.

Ich bin dann einmal gespannt.

Liebe Grüße Mae :schiel:

 

Hallo @Maedy!

Jetzt bin ich endlich dazu gekommen, die überarbeitete Version zu lesen und für mich funktioniert sie - Isas Entscheidungen sind nachvollziehbar und weder am Plot noch am Charakter hab ich was zu meckern.

Ich dagegen habe soeben einen Großteil meines Gewinns diesen Monat versetzt und werde heute Abend mit einer XXL-Chipstüte heulend vor dem Fernseher einschlafen – nein, stopp.
Hier hat mich "Gewinn" ein wenig irritiert - meinst du damit schon Gehalt oder Lohn? :)

Vielleicht bin ich einfach nicht der Beziehungstyp und steuere diesen Hafen nur an, weil meine Freundinnen dort auch ankern. Ich verdränge den Gedanken, so schnell wie er gekommen ist. Alle Menschen sind Beziehungstypen! Wir sind schließlich von der Evolution auf Fortpflanzung getrimmt?!
Das fand ich sehr gut- also dieser Übergang vom Hafen hin zu den ersten Zweifeln - vielleicht sind ja nicht alle Beziehungstypen, aber noch ist sie noch zu sehr in "dieser gesellschaftlichen Rolle" gefangen - gerade als Mutter muss sie doch für eine stabile Familie sorgen und stabil ist sie erst mit Vater. Aber hier hinterfragt sie das erste Mal schon recht früh diese Rolle und auch zwischendurch immer mal, wodurch die Entscheidung am Ende meiner Ansicht nach sehr gut funktioniert.

Also bleibt mir eine Erkenntnis: Ich schmecke schlechter als Ananas-Gummibärchen. Ich bin das ultimative Grapefruit-Gummibärchen oder noch schlimmer: Hustensaft-Gummibärchen. So eines, das man eine Zeit lang nehmen muss und doch am liebsten ausspucken würde. Und jetzt heule ich erst recht.
Die Gummibärmetapher kam für mich ein wenig holprig nach der Hafenmetapher, vielleicht fehlt mir da ein wenig der Übergang, vielleicht ist sie auch ein wenig zu spät oder vielleicht war das jetzt auch nur ein Eindruck beim Lesen jetzt - ich schreibs dir trotzdem mal, dass du es weißt und dir vielleicht anschauen kannst.

Er brachte oft etwas zum Spielen mit und er ist ein guter Geschichtenerzähler – war ein guter Geschichtenerzählter, jedenfalls für mich und Lisa.
Hier fand ich die Doppeldeutigkeit ganz gut. :)

Als Studentin habe ich mich noch lustig über Frauen gemacht, die solche Schmachtfetzen lesen. Doch dann heiratete eine Freundin nach der nächsten und aus ausgelassenen Clubabenden mit Hugo und Aperol Spritz wurden Treffen im Café um die Ecke mit Kinderwagen und Milchfläschchen. Und auf einmal fühlte ich mich, als müsste ich noch schnell aufspringen auf diesen Zug. Und wie ich aufsprang. Gleich mehrere Male und irgendwann saß ich dann selbst mit einem Kinderwagen im Café, nur dass er wie ein ICE Sprinter ohne mich nach Australien weiterfuhr.
Hier wird Isas Charakter noch einmal mehr greifbarer - ich weiß gar nicht mehr, ob das in der ersten Version drinnen war, aber ich kann sie durch diesen Absatz sehr gut verstehen. auch wie sie in ihre jetzige Situation kam. Diesen Stress den man auf einmal bekommt, wenn alle anderen Kinder bekommen und dann zweifelt man, ob man wirklich nicht will auch einen Partner mit dem man eine Familie gründen kann und irgendwann ist man so sehr in der Mutterrolle, dass man sich in ihr verliert - in dem Sinne, dass man glaubt, als Mutter unbedingt auch einen Vater zu brauchen, weil das ist ja das was zum eigenen Rollenbild gehört - die Mutter braucht den Vater, nur so kann man "Familie spielen" - überspitzt gesagt.

»Per«, sagt er, wartet bis ich sitze und lässt sich schließlich selbst wieder, mir gegenüber, nieder.
Das wieder könntest du theoretisch streichen, weil man sieht vorher eh wie er aufsteht und weiß, dass er gesessen ist und wieder-nieder liest sich irgendwie komisch.

»Sokker? Fußball?« Er kneift seine blauen Augen leicht zusammen.
Ich schüttele schnell den Kopf. »Nein, nein … diese Fladen aus Kichererbsenmehl. Sie sind …«
»Achso. Was zum Essen.« Er wirkt erleichtert.
»Kein Fußball.« Ich kichere. »Diese himmlischen Fla…«
»Hätte irgendwie auch nicht zur dir gepasst.« Er sieht mich intensiv an.
»Warum nicht?«, frage ich. Für einen kurzen Moment bin ich irritiert.
»Männersportart.« Ich merke, wie seine Blicke meine nackten, schlanken Arme entlang gleiten.
»Meine Tochter spielt seit letztem Sommer Fußball«, sage ich, beobachte ihn.
»Du hast eine Tochter?« Er klingt ganz souverän. Gar nicht erschrocken.
»Ja, Lisa. Sie ist neun.« Das läuft doch super. Gleich reinen Wein einschenken ist doch die beste Strategie. Tom habe ich es viel zu spät erzählt. Das brachte uns die erste Krise ein, bevor unsere Beziehung richtig losging. Auch, wenn Tom sich dann als Glücksgriff … nein, stopp … das ist vorbei.
»Und sie ist nicht hier, deine Tochter?« Die Frage wirkt aufrichtig interessiert.
»Sie ist mit meiner jüngeren Schwester Karla zu meiner älteren Schwester Martina an die Nordsee gefahren oder besser gesagt in die Nordsee. Meine Schwester wohnt auf einer Hallig.«
»Du bist also ein Sandwichkind.« Er richtet sich auf, so als hätte er eine große Erkenntnis gewonnen.
Das Gespräch fand ich auc hsehr gut geschrieben - ich habe auch hier nicht mehr genau im Kopf, wie es in Version 1 war, aber das fand ich sehr organisch und flüssig geschrieben. :)

Ich schüttle den Kopf. Vielleicht etwas zu energisch. Per soll ja nicht glauben, ich wäre nicht bereit, für meine große Liebe umzuziehen. »Nein, ich war für Australien damals etwas knapp bei Kasse. Meine Schwester hatte ja ihren Mann verloren und ich habe ihr einen nicht unerheblichen Teil meines Erbes geliehen. Außerdem dachte ich damals, dass ich selbst die große Karriere in der Marketing-Agentur machen würde, in der ich arbeitete.«
»Dachte?«
»Ja, ist alles anders gekommen. Ich bin jetzt selbstständig. Als Grafik-Designerin. War für mich der besser Weg. Und was machst du?«
Hier kommt auch noch mal raus, dass Isa eigentlich eine selbstständige Frau war oder zumindest danach gestrebt hat eine zu sein - in dem Sinne der Unabhängigkeit, so habe ich den Absatz gelesen, was ic hauch ganz gut finde. Ich habe das Gefühl, sie schön zu fassen zu bekommen und das Bild, dass ich mir von ihr machen kann, passt meiner Ansicht nach auch gut zu ihren Entscheidungen.

Leute, das hier ist ganz sicher das beste Tinder-Date, das es jemals gab.
Ja, den Satz kann ich noch immer nicht leiden - also das mit dem Anreden "Leute" - die Sache mit dem besten Tinder-Date finde ich witzig. Aber diese plötzliche direkte Anrede reißt mich irgendwie aus der Geschichte.

Und ich habe bislang kaum auf einen der blauen Stühle gesessen.«

Ich möchte den Abend genießen. Meine letzte Verabredung mit Per beginnt in einer Stunde. Natürlich hat er schon Folgepläne und in meinem Kalender stehen bereits vier rote Kreuze für das erste Treffen in Hamburg. Ich müsste nur noch Karla überreden, auf Lisa aufzupassen. Wie Lisa wohl reagieren wird auf einen neuen Freund, dazu noch in Hamburg? Aber schulde ich ihr nicht langsam eine Familie? Ich tue das doch für Lisa, oder? Gleichzeitig hallen Zitas mahnenden Worte in meinem Kopf und ich frage mich, ob die Einladung nach Hamburg nicht doch vielleicht nur Pers Enthusiasmus für einen Urlaubsflirt ist, der mit Einstieg ins Flugzeug zurück nach Hause sich in Luft auflösen würde.
Hier find ich auch ganz gut, dass mehr herauskommt, wieso Isa glaubt, dass es sich um mehr als um einen Urlaubsflirt handelt und das die Pläne von Per ausgehen - gleichzeitig aber auch ihr Zweifel auch hier wieder. Man sieht auch gut den Konflikt in ihr, der aber dann langsam auch immer weniger wird und meiner Meinung nach den Höhepunkt an der Stelle erreicht:
Und nun sitze ich hier am Strand von Nizza und vor mir sitzt dieser Gigolo mit seiner einmaligen Einladung zu einem Sonnenuntergang auf dem Meer. Mit zwanzig wäre ich sofort in sein Boot gesprungen . Und nun? Ich verbrachte seit meiner Ankunft alle Abende mit Per. Mit dem Traum von einem sicheren Hafen. Dies könnte mein einziger Abend auf offener See werden.
Sie denk hier daran, was sie früher getan hätte und findet sich an dem Punkt - zumindest für diesen Abend - selbst wieder. Lässt den Mann, der ihr den sicheren Hafen verspricht saußen und genießt das Leben auf offener See. Ich finde das funktioniert jetzt sehr gut!

Und wisst ihr was das Beste ist?
... siehe oben, du weißt, was ich an dem Satz nicht mag. Ich bin generell kein großer Fan davon als Leser angesprochen zu werden. ^^

LG Luzifermortus

 

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