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Untergrund
„Pst... sei still!“
Diese verdammte Stille ist irgendwie unheimlich, dachte sich Frank, aber er sagte nichts.
„Er versucht sich zu erinnern“, raunte Sarah ihm zu.
Warum hören wir uns das eigentlich an? Die Worte des Mittlers sind ein Potential und auch dieses kann er meistens nur in Fragmenten erspüren. Anja meint, es wäre wichtig, ihn zu hören. Nungut...
Frank fühlte sich nicht wohl.
Das Medium begann, einzelne Worte zu formulieren – am Anfang kamen sie stockend, doch dann wurden sie deutlicher.
Frank fragte nach jener geheimnisvollen Höhle: „Wo wird sie sein?“
„Überall“ Der Mann, der ihnen gegenübersaß, hatte die Augen geschlossen. Seine Antwort kam langsam.
„Was soll das heißen, überall?“ Frank wurde unruhig.
„Überall heißt überall!“ Die Stimme war klar und deutlich. Sie hallte von den Wänden und füllte die Dunkelheit des spärlich eingerichteten Raumes.
„Was siehst du?“, flüsterte Sarah.
„Sie tanzen!“
„Sie werden tanzen?“ fragte Frank ungläubig.
Das Medium fuhr fort: „Es ist sehr hell und es ist laut. Und in den Spiegeln der Wände werden sie sich tanzen sehen und sie werden sich erinnern - in jeder Sekunde tausendfach". Die Stimme wurde leiser:„Auch wenn sie nichts von dem Leben wissen, an das sie sich erinnern.“
Ein ungutes Gefühl machte sich in Franks Magengegend breit. Er hatte sonst eine hohe Achtung vor diesem gebildeten Mann. Nun aber ängstigte es ihn und er bereute es schon fast, daß er dieses Mal selbst mitgekommen war. Er wollte den Raum verlassen, doch irgendetwas hinderte ihn daran. Wie in weiter Ferne hörte er nun seine eigene Stimme: „Werden sie die Höhle wieder verlassen können?“
„Die Frage ist nicht relevant.“
„Warum?“
„Sie werden keinen Grund haben.“
Die Stimme des Mediums war nun völlig monoton. Frank schauderte, und das ungute Gefühl im Magen stieg nun langsam nach oben. Ihm war, als würde sich eine unsichtbare Hand auf seinen Hals legen.
„Und wenn ihnen einer gegeben würde?“ fragte er.
Das Medium antwortete nicht. Die Stille wurde ihm unerträglich.
Er hörte Sarah neben sich atmen. Die Hand an seinem Hals begann, langsam zuzudrücken. Sarahs Herz pochte. Es hallte in seinem Kopf wieder.
Hastig stand Frank auf und verließ den Raum. Die kalte Nacht umfing ihn. Keine Wolke war am Himmel zu sehen. Gedankenverloren sah er zu den Sternen hinauf.
Sarah trat leise neben ihn. Lange sagte sie nichts.
Leise fragte sie ihn schließlich: „Glaubst Du an Wunder?“
Frank wußte nicht, was er antworten sollte. Schließlich fasste er sie am Arm und flüsterte: „Wir dürfen diese Realität nicht zulassen... wir werden sie niemals zulassen...“