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Verwechslung von Autor und Figur

Seniors
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08.11.2001
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2.834

Verwechslung von Autor und Figur

Hi Leute!
ich weiß, wir haben über ähnliche Themen schon diskutiert

Wie geht ihr mit real Erlebtem um?

Woher stammen Eure Ideen?

aber gerade in letzter Zeit fällt mir wieder verstärkt auf, daß Autoren und ihre Figuren immer wieder verwechselt oder vermischt werden. Wieso?
Wenn ich etwas schreibe, dann schreibe ich Fiktion, nämlich Kurzgeschichte, und keine Autobiographie oder Tagebücher. Warum fragt dann ständig jemand, ob ich das bin?

Verstehen kann ich Fragen wie: "Ist Dir sowas auch schon passiert?" oder so... klar, manche Szenen hat man selbst ( ähnlich ) erlebt...

Ich weiß auch, daß es einige gibt, die tatsächlich nur oder fast nur über ihr Leben schreiben. [ by the way: Findest Ihr nicht auch, daß man das meistens "hört"? ]
Interessant ist es vor allem in Foren wie "Romantik / Erotik". Da findet diese Verwechslung sehr häufig statt. In anderen Foren seltener.
Welche Konsequenzen es gerade in Genres wie Horror oder Fantasy oder Krimi hätte, wenn die Identiät zuträfe...! <img src="graemlins/eek2.gif" border="0" alt="[eek2]" />

Ich möchte hier also mal zur Diskussion stellen, warum es immer wieder vorkommt, daß Autoren mit ihren Figuren verwechselt werden!

Liebe Grüße,

Frauke

[Beitrag editiert von: arc en ciel am 08.04.2002 um 12:59]

 

Ein Grund: die Schulen...habe das Gefühl, sowas wird im Deutschunterricht nicht deutlich genug durchgenommen. Nicht jeder hatte nen Deutsch-LK, nicht jeder besucht(e) ein Gymnasium...was in Schulen falsch läuft, ist ne ewig lange Diskussion für sich, soweit ich mich erinnern kann, wurde das an meinem Gymnasium so in der 7. Klasse zum ersten Mal irgendwie erwähnt, verstehe eigentlich nicht, warum man das nicht schon beim Aufsatzschreiben in der Grundschule mal anspricht, ist ja eigentlich nicht sonderlich schwer zu verstehen.

Erzählweise könnte ein weiterer Grund sein...1. Person Singular verführt halt, ähnlich wie das Phänomen, wann sich Leser bei der 2. Person als sich selbst angesprochen fühlen...

Hier auf der Site liegt es wohl auch daran, dass Autoren selber oft den Fehler machen, wenig bis keine Distanz zwischen sich und Protagonist entstehen zu lassen...und schließen dann genauso auf andere...quasi ein doppelter Fehler.

San

Frauke, lösch mal was in deiner pm-box...ich komme da nämlich seit Tagen nicht rein!! ;)

 

Hallo Arc,
ich finde Deine Beobachtung ziemlich interessant, auch wenn mir es gerade umgekehrt immer wieder auffällt. Es gibt nämlich einige Autoren, die Kritiken in Bezug auf ihre Geschichten auf sich selbst beziehen, was meistens ziemlich blöd endet.

Aber zu Deinen Fragen/Bemerkungen:
Warum es zu diesen Verwechslungen kommt, weiß ich nicht. Aber ein Grund, den ich vermute, ist, dass diese Leute selbst autobiographisch schreiben und von sich auf Andere schließen.
Grundsätzlich würde ich Dir raten, einfach darauf hinzuweisen, dass Deine Geschichte fiktiv ist, wenn man Dich so etwas fragt.

Ansonsten finde ich es sehr problematisch, eigenes Erlebtes in Geschichten zu verarbeiten. Meistens fehlt dann die Distanz zu der Story, was man an den Reaktionen auf die Kritiken sehen kann.
Aber ich muss Dir Recht geben, oft "hört" man es schon, wenn der Text autobiographische Züge hat. In dem Fall ignoriere ich es einfach, weil sich meine Kritiken sowieso immer nur auf die Geschichten beziehen. Wenn ich allerdings das Gefühl habe, dass es sich um ein sehr empfindliches Thema handelt, denk ich mir meinen Teil und schreib lieber nichts dazu.
Soviel erstmal zu diesem Thema..

Ugh

 

San,
Deinen Gesichtspunkt finde ich sehr interessant. Immerhin ist es so, dass die ersten Aufsätze - also quasi Geschichten - die man in der Grundschule schreibt, den Titel "Mein schönstes Ferienerlebnis" oder so haben und somit autobiographisch sind.

Ich hab damals allerdings schon immer gelogen und was erfunden, hehe..

Auch wenn man das nie wirklich in der Schule, bzw. in allen Schulen, durchnimmt, sollte doch der gesunde Menschenverstand einem sagen, dass nicht alle Geschichten auf eigene Erlebnisse beruhen. Oder?

Ugh

 

Hmja, ein weites Feld, dieses Phänomen. Allein das entsetzte Gesicht meiner Freundin müsstet ihr sehen, nachdem sie "Fregmusch" gelesen hat... ;) Danach habe ich ihr davon abgeraten "Die Ficker" zu lesen. :D
Auch immer wieder beliebt ist es, zu fragen "nimmst du Drogen" oder "Bist du irgendwie krank oder so, dass du sowas schreibst".
Naja, aber was soll man dagegen tun? Man könnte sich höchstens in einem Vorwort von den handelnden Personen distanzieren, aber das wäre albern.
Ähnlich ist es oft mit den Inhalten von Songtexten, Filmen, etc. ... den Leuten entgeht Ironie, oder ihnen kommt nie der Gedanke, dass der Inhalt der Werke vielleicht doch nicht ganz unreflektiert vom Autor veröffentlicht wurde, etc.
Gutes Beispiel: Der Song "Creeping Death" von Metallica (Spitzenbeispiel ;) ). Sollte mal irgendwann wegen "Gewaltverherrlichung" indiziert werden, bevor herauskam, dass die im Song geschilderten Erignisse direkt aus der Bibel strammten.Aber hört mich an: Ich schwafele schon wieder. Und schweife ab.
Aber das und das vorherige Thema hängen irgendwie zusammen: Man muss als Künstler damit zurechtkommen, dass viele der Rezipienten fürchterliche Ignoranten sind.


Ein anderes Extrem gibt es aber auch: Dass der Autor selbst sich zu sehr mit seinem Protagonisten/seinem Werk identifiziert.
Ich nenn' hier mal keine Namen, aber hier gibt es jemanden, der ständig eine Art wirrer, aus dem Kontext gerissener Tagebucheinträge veröffentlicht, deren Protagonist er meist höchstselbst ist. Das resultiert dann darin, dass der Autor Kritik an seiner Geschichte immer als Kritik an seiner Person und Weltanschauung versteht und daraufhin verzweifelt versucht, zu erklären, was der Kritiker für ein Mensch ist, da er die Geschichte nicht mag, anstatt auf die Kritikpunkte einzugehen.

Tja, so siehddas aus.

[Beitrag editiert von: Ben Jockisch am 08.04.2002 um 14:02]

 

Um auch mal meinen stephy-Senf dazu zu geben; ich denke, Ihr habt alle Recht und von jedem fließt etwas ein.

1. Es stimmt, daß man im Deutschunterricht immer zuerst nach den Parallelen zwischen Autor und seiner Geschichte (seinen Figuren) sucht. Das ist so, das war auch schon immer so... Und im Deutschunterricht gilt ja grundsätzlich; der Autor hat jedes einzelne Wort bewußt geschrieben. Das ist Grundvoraussetzung (und meiner Meinung nach; absolut beschissen!) :(
Und ich denke, weil das schon in viele hineingetrichtert wurde, wird's halt auch in die Anschauungsweise übernommen. Z.B. wäre dann Bret Easton Ellis ("American Psycho" heißt das Werk, das ich anspreche... hihi) ein perverses Dreckschwein, das hinter Gittern gehört. Und Vladimir Nabokov ("Lolita") wäre der Kinderschänder hoch 10... :( So sehen's manche leider. Und ich denke, daran haben wirklich die Schulen schuld.

2. Es ist auch oft so (wie ebenfalls schon angesprochen wurde), daß der Autor selbst keine Steine zwischen sich und seinem Protagonisten legt. D.h. Autor = Hauptfigur. Freundin des Autors = Nebenfigur... usw... Ich halte genau DAS für ziemlich gefährlich, weil man da leicht in Rage gerät, wenn man kritisiert wird... Ich meine; wenn die GESCHICHTE kritisiert wird. So. ;)

Das wäre jetzt mal mein Wort zum Sonntag... ähm... Montag, mein ich ;)

Gruß
stephy

[Beitrag editiert von: stephy am 08.04.2002 um 15:00]

 

Bib,

genau, statt 'Mein schönstes Ferienerlebnis' sollte es öfter mal heißen 'Mein bester Freund Soundso', denn nicht die Beschäftigung mit sich selbst, sondern die Beschäftigung mit dem anderen, ob bekannt oder unbekannt, beseitigt ja irgendwie automatisch das 'auf sich selbst fixiert sein' und trainiert jene nötige Distanz zwischen Autor und Text. In der Grundschule können und sollen keine Autoren ausgebildet werden, allerdings wäre es, wie in so vielen Bereichen der (Schul-)Politik mehr als lobenswert, endlich mal über langfristige Konsequenzen bzw. langfristigen Aufbau nachzudenken... leider hört immer keiner, wenn ich mit meinem Schild alleine vor dem Bildungsministerium stehe und 'hallo' piepse. ;)

San

Habe übrigens aufgegeben, gesunden Menschenverstand als Voraussetzung anzusehen... Ignoranz scheint viel weiter verbreitet ;)

[Beitrag editiert von: Rabenschwarz am 08.04.2002 um 15:51]

 

hallo!
Ihr sprecht mir aus sämtlichen Seelen!
auf diese Auto-Biographie-KGs antworte ich eigentlich auch nicht gerne, jedenfalls oft nur mit einem mulmigen Gefühl... obwohl manche hier ja beweisen, daß man durchaus real Erlebtes in einer Geschichte "verarbeiten" oder "aufarbeiten" oder "erzählen" kann, ohne daß es entgleist... [ Hiermit offizielle Anspielung auf Häferls PHÖNIX !! ]... aber mein Rat an alle Autoren: sich das zuzutrauen... dazu gehört eine Menge... und gerade als Anfänger läßt man besser die Finger davon. Jedenfalls braucht man eine Menge Abstand zu der ganzen Sache.

Was ich eigentlich nicht vorhatte, war über jede Geschichte ein Vorwort zu schreiben:
Ich kenne keinen der Charaktere persönlich, ich BIN keiner der Charaktere, ich will nicht mit einem von ihnen verwechselt werden.

hatte im Ernst schon überlegt, ob ich soetwas in mein Profil schreibe... aber ich dachte, ich versuche es erstmal auf diesem Wege ( 20 Mal unter meine und andere KGs zu schreiben, daß es so ist, hat ja nichts geholfen ).

Ich denke auch, daß eben viele von sich auf andere schließen, aber muß man sich damit abfinden? und JEDES Mal wieder wiedersprechen?

Lieben Gruß,
Frauke

 

@Ben
Jetzt bin ich natürlich neugierig und will wissen auf wen Du da anspielst... :susp:


@San
Ich muss Dir wirklich Recht geben.
Mein höchstes Ziel ist es ja eigentlich, das (bay.) Kultusministerium einzunehmen. :D
Wenn Du das nächste Mal vor hast zu "piepsen", sag Bescheid und ich mach mit..
Außerdem muss ich jetzt doch mal Walt Disney zitieren:

Denkt immer daran:/ Mit einer Maus fing alles an.

@Arc,
ich glaube nicht, dass autobiographische Geschichten nur den "Profis" vorbehalten sind. Ich denke, es ist noch einmal was anderes wie lange/gut man schreibt oder wie man mit den Kritiken umgeht.

Ansonsten denke ich, Du musst Dich einfach damit abfinden.
Oder wenn es sich nur um eine oder zwei Personen dreht, sprich diese gezielt an und stell die Dinge klar.


Ugh

[Beitrag editiert von: Bibliothekar am 08.04.2002 um 16:53]

 

Hi Leuts

Diese Fragestellung einnert mich an eine Diskussion in meinem Freundeskreis am Samstag, wo es darum ging, ob bei Kg.de das Schriftstellerische im Vordergrund steht, oder vermehrt Psychologische Fellpflege betrieben wird.
Ich vertrat/vertrete den Standpunkt, daß das Schriftstellerische zwar den Hauptanteil einnimmt, aber ein gewisses verantwortungsgefühl nicht draußen bleiben kann, alleine schon durch die Art und weise miteinander in Kritiken umzugehen.

MeinGesprächsgegenüber vertrat die Ansicht, das dieser Spagat nicht zu schaffen sei, und ich wiederspreche dem immer noch.
Die frage, von den nämlich das Funktionieren abhängt, ist Sorgfalt(nicht unerhrlichkeit bzw Bauchpinseln) und Repekt inm Umgang untereinander, und ich denke nicht daß die Authentizität darunter leidet, und schon gar nicht ein Schriftstellerisches Fortkommen behindert.

Lord

 

@Bib:
ich wollte nicht sagen, daß nur Profis solche KGs schreiben sollen. Ich wollte damit nur sagen: man muß in der Regel schon "gut" sein, um es auch gut hinzubekommen. Andere Dinge sind leichter... also denke ich, gerade, wenn man noch nicht viel Erfahrung mit dem Schreiben an sich hat, sollte man an diese Art von Texten sehr vorsichtig angehen.
Ich wollte damit nur betonen, daß ich nichts dagegen habe, wenn jemand seine persönlichen Erlebnisse schreibt... ich stelle daran aber dieselben Ansprüche, wie an fiktive KGs. Und diesen Ansprüchen werden eben einige der Texte nicht gerecht.

Daß die Autoren dann bei Kritken gleich hochgehen, kann ich aus ihrer Sicht noch irgendwie verstehen. Aber gerade das zeigt mir dann, daß der nötige Abstand fehlt.

Gruß,
Frauke

 

@Arc

Ich gebe Dir bei Deinen Bedenken recht, und gestehe gerne, daß ich bei manchen Geschichten auch nicht gleich zwischen Autor und Protagonist trennen kann, in solchen Fällen frage ich dann lieber nach, um nichts falsch zu verstehen...ist mir dann doch sicherer...
Bis jetzt hat mir das auch hoffentlich noch keiner übelgenommen, und schließlich ist es in gewisser Weise auch eine Auszeichnung für den Stil der Geschichte, da sie ja sehr "Echt" rüberkommt.

Lord ;)

 

hi Mylord!
gegen solche Nachfragen habe ich gar nichts... die können für den Autor sehr erheiternd sein, wenn sie mit Nein beantwortet werden und sehr bestätigend, wenn die Antwort Ja lautet... :D

Ich frage ja durchaus auch nach. Vor allem, wenn sich der Eindruck stark aufdrängt... und freue mich bei guten Texten auch über jedes "Ja!"...

aber es gibt da noch die "Automatik-Unterstellung" und die ist es, gegen die ich mich wehre...
Da schreibe ich eine KG über eine Frau, die schließlich mit jemandem schläft - und das 1. Posting dazu beginnt mit: hast du jetzt mit einem Kumpel geschlafen? -- nicht daß die Frage jetzt darauf abzielte, ob ICH die Hauptfigur wäre... es ging um den Mann... war das ein Kumpel? oder wer sonst...

bei sowas stehen mir die Haare zuberge und nicht genügend Smilies zur Verfügung, denen die Kinnlade runterklappen kann.
Ok, zugegeben, es war jemand, der selbst meist über sich schreibt. Aber auch diese Autoren sollten bei den Texten anderer Leute differenzieren. --- finde ich jedenfalls.

Lieben Gruß
Frauke

 

Naja, also persönlich ist mir beim Lesen schon mal aufgefallen, dass gewisse Autoren in den meisten ihrer Geschichten um ein und dasselbe Thema kreisen. Zum Beispiel um "Einsamkeit" oder darum, wie unerträglich der Alltag empfunden wird. Oder der Autor flirtet in mindestens 7 von 10 seiner Geschichten mit dem Thema "Selbstmord" oder "Selbstverstümmelung" in allen möglichen Variationen.

Gut, man kann ja MAL solche Geschichten schreiben, experimentell, sozusagen zum Ausprobieren. Man kann sich in seinen Geschichten umbringen, zum Killer werden, in ein Monster verwandeln und was weiß ich nicht noch, was man im wahren Leben nicht kann. Das ist ja gerade das Faszinierende am Schreiben. Ich identifiziere mich jedenfalls immer mit irgendeiner meiner Figuren. Doch wenn fast jede Geschichte auf denselben Plot hinausläuft... ist doch verständlich, wenn ich mich dann fragen muß, ob der Autor mit diesem speziellen Thema vielleicht ein persönliches Problem hat. Ich kann kaum glauben, dass bei anderen dieser Eindruck nicht entsteht.

Und gerade beim Forum "Romantik/Erotik" habe ich den Eindruck, dass es benutzt wird, um irgendwelche Beziehungskisten aufzuarbeiten. Mir fällt da speziell eine "Serie" ein, bei der die handelnden Figuren immer dieselben Namen haben, Daniel und Philipp oder so ähnlich. Deswegen lese ich dort auch so ungerne; jeder lebende Mensch hat im Laufe seines Lebens mehrere zerbrochene Beziehungen zu bewältigen, und dieses Ereignis ist so alltäglich, dass es mir als Stoff für einen Erfahrungsbericht zu langweilig geworden ist. Den "Weltschmerz-und-ich-kann-nicht-mehr-und-ich-werde-nie-wieder-so-lieben"-Tenor zerrt mir persönlich an den Nerven, der Autor selbst wird in einem halben Jahr bereits darüber lachen. Darüber hinaus komme ich mir beim Lesen stets so vor, als würde ich durch das Schlüsselloch in jemandes Zimmer gucken, und das macht mir ein peinliches Gefühl. So, als würde mir jemand ungefragt seine intimsten Gedanken aufdrängen, an denen ich aber absolut nicht interessiert bin. Deshalb lese ich dort auch nur, wenn ich überall sonst bereits durch bin und mir gar nichts mehr einfällt, also höchst selten.

Also, die Therorie, dass man Autor und Protagonist strikt trennen sollte, mag ja durchaus ihre Berechtigung haben. Nur denke ich, sie findet in der Praxis wenig Anwendung.

[Beitrag editiert von: Pipilasovskaya am 09.04.2002 um 08:59]

 

Da kann ich Dir nur zustimmen, Pipi!

Besonders, was Du bezüglich Romantik/Erotik schreibst, möchte ich unterstreichen!

Was die Aufarbeitung von real Erlebtem (also nicht die Kinkerlitzchen, von Trennungsschmerz und so, eher Kindheitstraumen usw.) betrifft:

Gewiß gibt es Geschichten, die für die Autoren persönliche Aufarbeitung sind.

Klingt eine Geschichte so, als wäre sie real und der/die Autor/in scheint noch nicht sehr viel davon aufgearbeitet zu haben, dann ist es doch kein Fehler, wenn man dem/derjenigen ein bisschen Mitgefühl entgegenbringt.
War es vergebene Liebesmüh, weil die Geschichte gar nicht so real ist, dann denke ich, sollte der Autor soweit sein, daß er das nicht böse auffasst.
Wenn sich jemand in die Darstellung bzw. das Problem seines Protagonisten derartig reinkniet, daß die Geschichte so echt klingt, dann sollte der/diejenige das zu Unrecht angekommene Mitleid leichter verkraften, als es umgekehrt der Fall wäre, wenn die Geschichte real ist und niemand reagiert entsprechend.

Es geht also eigentlich nicht um ein Verwechseln des Protagonisten mit dem Autor, sondern vielmehr um ein manchmal zuviel verstreutes Mitleid, das aber doch niemandem weh tut...

Im Übrigen glaube ich, kommt so eine "Verwechslung" eher nur bei neu hier Schreibenden vor, da man das ja nach längstens zwei, drei Geschichten dann weiß.

Aber wer könnte es verantworten, wenn jemand hier einen Hilfeschrei in Form einer Selbstmordgeschichte hereinstellt, und dann kommt keine andere Reaktion als "Deine Geschichte ist scheiße" und dann - nichts mehr....

Der fiktiv schreibende Autor kann ja ein "Verwechseln" in so einem Fall doch als großes Lob sehen, oder?

(Puuh, hoffentlich war das jetzt nicht lauter Topfen....)

Liebe Grüße
Susi :)

[Beitrag editiert von: Häferl am 09.04.2002 um 09:38]

 

Hallo Susi,

ja, ich reagiere auch auf solche Geschichten, doch habe ich den Eindruck, dass das nicht so gerne gesehen wird.

Jedenfalls habe ich schon öfter Kommentare gelesen, in denen es hiess, man solle sich mehr auf Rechtschreibung, Stilmittel etc. konzentrieren, das hier sei schliesslich ein Forum für Kurzgeschichten und kein Psycho-Forum. Stimmt ja auch irgendwo, nur habe ich damit halt meine Schwierigkeiten.

Wenn ich dann lese "ob das jetzt real ist oder nicht interessiert mich einen großen Haufen, die Geschichte ist vom literarischen her gesehen jedenfalls scheiße", muss ich auch immer ein wenig schlucken. Ob jemand, der sich derzeit sowieso in einer Krise befindet, nun DAS auch noch braucht, wage ich zu bezweifeln. Ich für mich persönlich habe das so gelöst, dass ich, wenn ich zur Geschichte selbst gar nichts einfällt und ich nicht als Psycho-Suse oder ungefragter Seelentröster auftreten möchte, dann lieber gar nichts schreibe. Eine PM an jemanden zu schreiben, den ich gar nicht kenne und von dem ich nicht sicher bin, ob er mit mir überhaupt was anfangen kann, finde ich ebenfalls zu aufdringlich, darum lasse ich es lieber.

Gut finde ich, wenn der Autor - wie ja auch schon hier und da geschehen - ein kurzes Posting hinterherschickt mit dem Vermerk "alles hier Geschriebene hat nichts mit mir persönlich zu tun und ist frei erfunden" oder so. Dann weiß man wenigstens, wo man dran ist, und dass man sich hier wirklich auf nicht mehr als eine fiktive Geschichte einzulassen braucht.

 

@Pipi
Das stimmt schon, daß hier mehr auf Stil, Ausdruck usw. Wert gelegt wird und werden soll. Aber wenn sich eins oder zwei von fünf Postings mehr mit dem Inhalt beschäftigen, ist das ja wirklich kein Drama....

Wie ich schon mal sagte: Besser einmal zuviel als einmal zuwenig. ;)

Und ich halte mich ja gegen früher schon sehr zurück....
- Mit der Zeit lernt man auch das.... :cool:

Liebe Grüße
Susi :)

[Beitrag editiert von: Häferl am 09.04.2002 um 10:30]

 

Hi Pip, Hi Su..

Ich schließe mich auch weiterhin euren verschiedenen Meinungen an, und möchte noch anmerken, daß wir ja auch die Möglichkeit haben Gedankliche Schwaächen innerhalb einer "Realen" Geschichte dahingehend zu hinterfragen indem wir sagen "Das Handeln deiner Person ab Punkt X, war nicht nachvollziehbar, oder zuwenig durchdacht, "..oder ähnliches, und ich halte das für den goldenen Mittelweg.
Vielleicht ist eine solche Aussage für den geplagten Autor ja sowohl privat, als auch schriftstellerisch zu verwerten.

Lord :teach: ;)

 

hi Pip und Häferl!

genau Euer Problem habe ich mit diesen Verarbeitungsgeschichten auch... soll man was sagen? wie weit darf man gehen?
und mein Problem ist dann auch, daß ich mich zu einer "formalen" Kritik nur schwer überwinden kann. Soll ich dann schreiben: der Stil ist holprig und die Ausdrucksweise ist unklar? soll ich schreiben: das ganze wirkt sehr naiv und oberflächlich?

ich erinner mich daran, daß neulich jemand zu so einem Text geschrieben hat, die Darstellungsweise sei nicht interessant .. und zurück kam tut mir leid, wenn mein Leben für Dich nicht interessant ist... wovon ja niemand geredet hat ( => fehlender Abstand! )

auf die "Hintergrundebene" lasse ich mich trotzdem oder gerade deshalb immer wieder ein. Nur eben mit einem flauen Gefühl, weil man nicht einmal ansatzweise weiß, wen man in welcher Situation vor sich hat....

@Pip: ja, ich muß Dir recht geben... R/E wird von vielen als Forum für eine gewisse Form von Aufarbeitung oder Exhibitionismus verwendet. ( je nach Text-Inhalt )
oder zum "Konservieren" von Erinnerungen.
Ich denke, solche Zwecke kann ruhig jeder verfolgen. Aber wa Aufarbeitung und Erinnerung betrifft, sollte man das seinem Tagebuch oder persönlichen Freunden anvertrauen. Aber nicht alles aufschreiben, und dann sagen: das ist Literatur, und wenn Ihr es nicht gut findet, dann sagt Ihr, mein Exfreund ist ein gemeiner Kerl oder so...

Exhibitionismus liegt MIR persönlich nicht. Deshalb habe ich mich lange schwer getan, etwas für dieses Forum zu schreiben. Ich hatte Angst, mir würde dazu gar nichts "Unpersönliches" einfallen. Aber die Herausforderung hat sich für mich gelohnt. Gerade in diesem Bereich muß ich meine Phantasie entsprechend mehr anstrengen, um mir fremde Dinge zu schreiben. Zum Teil hätte ich gar nichts für di praktische Umsetzung übrig und bin dann fast "überrascht", daß andere es erotisch finden.
Solltest Du also durch Schlüssellöcher ( oder Fenster ) gucken, die aus meiner Feder stammen, sei beruhigt: das sind fiktive Schlüssellöcher.

Und genau das ist der Grund, warum ich mich dagegen wehre,mit meinen Charakteren verwechselt zu werden.
Ich kann über SM schreiben ohne zu offenbaren, ob ich das selbst mag. Über bestimmte Szenen und habe sie nie erlebt. - will ich vielleicht noch nichteinmal.
Trotzdem kommt dann "Wie bist Du denn drauf?" "Warum hast Du das gemacht?"... jemand, der wie der Lord nachfragt: hat das was mit Dir zu tun... ok, gern, dann sage ich "Oh, mein Gott, nein!" oder "Leider, leider nicht!" und gut.

Ich wollte mit diesem Thread nur mal die allgemeine Aufmerksamkeit darauf lenken, daß längst nicht alle Situationen, die jemand aufschreibt, selbst erlebt sind. und daß man sich auf Fiktion auch als solche einlassen sollte.
-- eines Tages steht bei mir die Polizei vor der Tür und liest mir einen 5-seitigen Haftbefehl vor.. mit all meinen schriftlich gestandenen Greultaten. Oder der Leichenwagen will mihc nach meinem 17. Selbstmord endlich abholen und ich renn ihm davon ;) :p

Lieben Gruß,
frauke

 

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