Folgenden Propheten finde ich nicht im AltenTestament und auch nicht in den Apokryphen:
»Mahne mich nicht an die Zeit!, erwidert' ich; es war ein göttlich Leben und der Mensch war da der Mittelpunkt der Natur. Der Frühling, als er um Athen her blühte, war er, wie eine bescheidne Blume an der Jungfrau Busen; die Sonne ging schamrot auf über den Herrlichkeiten der Erde.
[…]
Ich sah, und hätte vergehen mögen vor dem allmächtigen Anblick.
Wie ein unermesslicher Schiffbruch, wenn die Orkane verstummt sind und die Schiffer entflohn, und der Leichnam der zerschmetterten Flotte unkenntlich auf der Sandbank liegt, so lag vor uns Athen, und die verwaisten Säulen standen vor uns, wie die nackten Stämme eines Walds, der am Abend noch grünte, und des Nachts darauf im Feuer aufging.
[…]
*Hier lernt man stille sein über Alles, fuhr ich fort. Hätten die Schnitter, die dies Kornfeld gemäht, ihre Scheunen mit seinen Halmen bereichert, so wäre nichts verloren gegangen, und ich wollte mich begnügen, hier als Ährenleser zu stehn; aber wer gewann denn?
Ganz Europa, erwidert' einer von den Freunden.
O, ja! rief ich, sie haben die Säulen und Statuen weggeschleift und an einander verkauft, haben die edlen Gestalten nicht wenig geschätzt, der Seltenheit wegen, wie man Papagaien und Affen schätzt.
Sage das nicht! erwiderte derselbe; und mangelt' auch wirklich ihnen der Geist von all' dem Schönen, so wär' es, weil der nicht weggetragen werden konnte und nicht gekauft.
Ja wohl!, rief ich. Dieser Geist war auch untergegangen noch ehe die Zerstörer über Attika kamen. Erst, wenn die Häuser und Tempel ausgestorben, wagen sich die wilden Tiere in die Tore und Gassen.
[…]
Ich habe Dir's schon einmal gesagt, ich brauche die Götter und die Menschen nicht mehr. Ich weiß, der Himmel ist ausgestorben, entvölkert, und die Erde, die einst überfloss von schönem menschlichen Leben, ist fast wie ein Ameisenhaufe geworden. Aber noch gibt es eine Stelle, wo der alte Himmel und die alte Erde mir lacht. Denn alle Götter des Himmels und alle göttlichen Menschen der Erde vergess' ich in Dir.
Was kümmert mich der Schiffbruch der Welt, ich weiß von nichts, als meiner seligen Insel.
[…] «
Friedrich Hölderlin: HYPERION oder der Eremit in Griechenland, Zweites Buch, Tübingen 1797, S. 150 – 157 (angepasste Rechtschreibung)