Was ist neu

alltag

Genre: alltag

  1. Die Glückseligkeit der Wellen

    Arnos Blick streift im Raum umher, wie der eines Kindes im Süßwarenladen. Fette Anlage. Große Glotze. Eine Rolex in der Vitrine, eine am Handgelenk. So würde sein Leben auch mal aussehen. Sein Gegenüber sitzt breitbeinig auf der Couch und mustert ihn. „Willst dir also was dazuverdienen, hm?“...
  2. Taubenherz

    Fünfunddreißig Häuser. Alle Straßen hier trugen Vogelnamen: Amsel, Drossel, Fink und so weiter. Der Kuckuck bringt das Hochzeitskleid, hatte Papa mal gesagt. Langsam ließ er den Wagen ausrollen. Vor der Garage stand Opas Mercedes, der nur noch zur Pflege ausgefahren wurde. Wir liefen durchs...
  3. Demenz-Wahnsinn

    Das grelle Licht im Flur der Station 13b leuchtet beständig und mit voller Überzeugung, als wolle es den Patienten vermitteln "Ich bin da. Ich denke an euch. Ich leuchte euch den Weg". Unangenehm. Meine Oma war schon oft in diesem Haus gewesen. Sie kennt sich aus. Vor vielen Jahrzehnten, als die...
  4. Das Klavier

    alltag 
    Wenn ich neuen Besuch bekomme, ist es stets das Klavier, dem der erste Ausruf gilt. Du hast ja ein Klavier! Toll! Spielst du? Dann folgt stets meine Geschichte: Habe mal gespielt. Mit neun angefangen. Schrecklicher Lehrer. Hat mitgesungen, auch wenn es ein instrumentalmusikalisches Stück war...
  5. Bestandsaufnahme

    alltag 
    In einem vergeblichen Versuch, dem Regen zu entkommen, drückt sie sich mit dem Rücken gegen das poröse Mauerwerk, aber aus der durchgerosteten Regenrinne tropft ihr weiter Wasser auf den Kopf. Neben ihr klafft ein großes, offenes Fenster wie eine Wunde im alten Haus und verströmt den dumpfen...
  6. Der Trost

    Es war kalt, viel zu kalt. Zumindest ohne wirkliches Zuhause und in der U-Bahn Passage des Hauptbahnhofes. Olaf lebte am Rande der Gesellschaft, ohne Aussicht auf Besserung. Es war Mitte November und die Sonne peilte bereits das Ende des Horizonts an. Die Wintermonate entsprachen der härtesten...
  7. Norwegian Wood

    Im Radio liefen die Beatles. I once had a girl Or should I say she once had me She showed me her room Isn’t it good Norwegian wood? „Was war das Hässlichste in den Wohnungen eurer Mädels?“, fragt Hein in die Runde, während er die Säge auf den Tisch legt. Drei Augenpaare betrachten ihn...
  8. Der Fahrstuhl

    alltag 
    „Tschüss, mach’s gut, wir sehen uns morgen wieder!“, sagte Tina, während sie ihre Jacke vom Kleiderständer nahm und sich überstreifte. Ihre Kollegin entgegnete ihr: „Hast du die Aufträge noch fertig gemacht?“ „Ja klar, die Kundin war zwar echt ätzend, aber ich hab’s noch gut über die Bühne...
  9. Äußeres und Inneres

    Nick steuerte zielstrebig das Buch an. Dann atmete er einmal tief durch. Er las leise den Titel des Buches mit innerer Genugtuung: „Der Steinkönig“. Der Titel war wie Musik in Nicks Ohren. Schlicht gehalten und mit einer gewissen Macht. Genauso war auch das Cover gestaltet: ein nach vorne...
  10. Nächtlicher Augenblick

    Die kalten Knospen des kahlen Baumes winden sich leicht in der Melodie des eisigen Windes. Vergessen und einsam. Das Autofenster des parkenden Autos auf der Straße spiegelt in der Dunkelheit die gerade erleuchteten blauen Schriftzüge des Kiosks im Erdgeschoss wider. Ein Radfahrer kämpft auf der...
  11. Kenny und sein Date oder (über die Notwendigkeit sozialer Masken)

    Wieso sollte ich meinen Netflix Account nicht upgraden? Ich wette, ich erkenne den Unterschied durch die Ultra HD Auflösung. Die meisten sehen das nicht. Zumindest nicht so richtig. Hoffentlich bringt Eric etwas Gras mit. Wäre echt blöd wenn er es wieder zu Hause vergisst, angeblich. Was für ein...
  12. Meisterin der Demotivation

    „Meister der Demotivation gesucht“. Conny konnte nicht glauben, was sie las. Die Anzeige war sexy minimalistisch: eine Zeile, eine Telefonnummer. Da wusste jemand, was er wollte. Noch mehr war sie von der unauffälligen Effizienz beeindruckt. Frech oder ein Versehen im sonst üppigen...
  13. Sugar Boy

    Manchmal war Liebe die Summe zweier Zahlen, bei der es besser war, das Ergebnis für sich zu behalten. Früher hatte Flora nie über Herbst-Frühlingsbeziehungen nachgedacht, über Altersunterschiede, die andere zum Lästern brachten, und nun hatte es sie selbst erwischt: Sie war seine Frühlingsrolle...
  14. Freundschaftsspiel

    Ich gab meinem Vater einen Kuss auf die Wange und stieg aus dem Wagen. Am Eingang zur Umkleide sah ich Max stehen; ich grüßte ihn und er nickte mir zu, wartete aber nicht auf mich. Peter saß mit einem Karton Trikots in der Umkleide, gab jedem High five und teilte kleine Snickers aus. Während wir...
  15. Überholspur

    Jeden Morgen das Gleiche. Vorbei an vielen Häusern, Menschen und Fahrzeugen. Dort ein Volkswagen, hier ein Porsche. Die Menschen wollen Hektik. Schneller an ihr Brötchen, schneller erledigt, schneller zum Ziel kommen. Eile und keine Zeit. Denn Zeit ist Geld. Freizeit ist Arbeit. Schneller...
  16. Den Geist tragen

    Da ist wieder dieses Mädchen. Den fünften Tag in Folge. Sie kommt kurz vor Ladenschluss und setzt sich an den Tisch neben dem Fenster. Ein paar Minuten bleibt sie sitzen, bevor sie an den Tresen kommt. Sie betrachtet den übriggebliebenen Kuchen in der Auslage und bestellt schwarzen Kaffee...
  17. Grillfest

    Vormittags parkt meine Mutter auf einem der Parkplätze vor dem Wohnhaus. Vom Küchenfenster aus sehe ich sie aus dem Wagen steigen. Sie streift sich durch die kurzen, rot getönten Haare. Sie wird 59 dieses Jahr. Sie steht auf dem Gehweg neben dem Wagen und trägt noch ihre Arbeitsklamotten: das...
  18. Grau

    alltag 
    Grau 1. Wenn sie in ihren eigenen vier Wänden saß, fürchtete sie sich davor, nach draußen zu gehen. Ihr kam der Straßenlärm beängstigend laut vor. Sie stellte sich vor, dass man sie sogleich ansprechen würde und dazu zwingen wollte, einen langen Monolog zu halten. Wahrscheinlich würde man...
  19. Wegkreuzungen

    alltag 
    Heute würde alles anders werden. Heute würde der erste Tag eines völlig neuen Lebens beginnen. Allzu oft war er immer schon den üblichen, alt bekannten Weg gefahren. Doch nicht heute! Die üblichen Straßen, die üblichen Dörfer, die er durchqueren musste, um zur Arbeit zu kommen, fühlten sich...
  20. Verflüchtigt

    Das Bettlaken neben mir ist kühl. Ich greife nach dem Kissen, rieche daran. Ihr Duft hat sich verflüchtigt. Ich fahre mit den Fingern durchs Haar, streife Boxershorts über und taumle an Wäschebergen und leeren Flaschen vorbei in die Küche. Tageslicht zwängt sich durch die Ritzen der Jalousie...

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